Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 314



Urteilskopf

134 III 314

53. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S.
Migros-Genossenschafts-Bund gegen Kraft Foods Schweiz Holding AG (Beschwerde in
Zivilsachen)
4A_347/2007 vom 11. März 2008

Regeste

Art. 1, Art. 2 lit. a MSchG; markenrechtliche Schutzfähigkeit eines
Einzelbuchstabens. Ein alleinstehender Buchstabe weist die Begriffsmerkmale
einer Marke nach Art. 1 MSchG auf. Da ein Einzelbuchstabe an sich, d.h. ohne
jegliche originelle oder phantasiereiche graphische Merkmale, dem Gemeingut
angehört, setzt ein markenrechtlicher Schutz voraus, dass sich das Zeichen im
Verkehr als Marke durchgesetzt hat (Art. 2 lit. a MSchG). Die
Verkehrsdurchsetzung begründet aber dann keinen markenrechtlichen Schutz, wenn
am Zeichen ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht (E. 2.3).

Sachverhalt ab Seite 315

BGE 134 III 314 S. 315
A.

A.a Kraft Foods Schweiz Holding AG, Zürich, (Beschwerdegegnerin) vertreibt in
der Schweiz über mit ihr verbundene Unternehmen Nahrungsmittel, insbesondere
die MILKA-Schokoladenprodukte.
Der Migros-Genossenschafts-Bund, eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich,
(Beschwerdeführerin) bietet eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen an,
die sich an den Schweizer Endabnehmer richten. Die Beschwerdeführerin ist unter
anderem Inhaberin der Marken
[displayima]
(nachfolgend "CH 369 547 M"),
[displayima]
(nachfolgend "CH 406 736 M")
und der Marke CH 439 963 M BUDGET.

A.b Am 12. November 2002 hinterlegte die Beschwerdegegnerin die Marke CH 506
766 M-JOY für die internationalen Klassen 29 und 30. Unter dieser Marke
vertreibt sie in Deutschland und Österreich MILKA-Schokoladenprodukte. Das
Zeichen wird dabei in folgender graphischer Gestaltung verwendet (nachfolgend
"M-joy [fig.]"):
[displayima]
Gegen die Markenhinterlegung erhob die Beschwerdeführerin am 5. Mai 2003
gestützt auf ihre Marken CH 369 547 M und CH 439 963 M BUDGET Widerspruch. Mit
Entscheid vom 8. September 2004 hiess das Eidgenössische Institut für Geistiges
Eigentum die
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Widersprüche gut, woraufhin die Beschwerdegegnerin am 4. Oktober 2004
Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Eigentum
einreichte. Das entsprechende Verfahren ist (nunmehr vor dem
Bundesverwaltungsgericht) pendent.

A.c Im Januar 2005 fand in Wengen das 75. Lauberhornrennen statt. An diesem
Anlass wurde die Marke CH 506 766 M-JOY in der vorstehend gezeigten Gestaltung
von der Beschwerdegegnerin auf grossformatigen Transparenten am Pistenrand
beworben. Mit Schreiben vom 21. Januar 2005 teilte die Beschwerdeführerin der
Beschwerdegegnerin daraufhin mit, dass sie die Verwendung der Marke M-JOY in
der Schweiz ebenso wenig tolerieren werde wie deren Registrierung und forderte
die Beschwerdegegnerin auf, ab sofort von jeglicher Verwendung der Marke
abzusehen bzw. auf deren Bewerbung in der Schweiz zu verzichten.
Die Beschwerdegegnerin entgegnete mit Schreiben vom 31. Januar 2005, dass die
Marke M-JOY ihrer Auffassung nach nicht vom Schutzbereich der Marken der
Beschwerdeführerin erfasst sei, weshalb sie ihrer Forderung nicht nachkommen
könne.

B. Am 15. April 2005 reichte die Beschwerdeführerin beim Handelsgericht Zürich
ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein, das sie anlässlich der
mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2005 zurückzog.
Mit Eingabe vom 4. August 2005 klagte die Beschwerdegegnerin beim
Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Beschwerdeführerin, unter anderem
mit dem Begehren, es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin
und/oder mit ihr verbundene Unternehmen durch den Gebrauch des Kennzeichens
M-JOY für Schokoladenprodukte die Rechte der Beschwerdeführerin an den Marken
CH 369 547 M und/oder CH 439 963 M BUDGET nicht verletzen (Ziffer 2 des
Klagebegehrens). Die Beschwerdeführerin erhob Widerklage und beantragte, der
Beschwerdegegnerin sei zu verbieten, in der Schweiz das folgende Kennzeichen
für Schokoladenprodukte zu gebrauchen (Ziffer 1 des Widerklagebegehrens):
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[displayima]
Zudem beantragte die Beschwerdeführerin, die Eintragung der Schweizer Marke CH
506 766 M-JOY sei vollumfänglich für nichtig zu erklären und das Urteil dem
Institut für Geistiges Eigentum zwecks Löschung der Marke und der
Rekurskommission für geistiges Eigentum (nunmehr Bundesverwaltungsgericht)
zwecks Einstellung des Verfahrens MA-WI 64/04 mitzuteilen (Ziffer 2 des
Widerklagebegehrens).
Soweit das Handelsgericht auf die Klage der Beschwerdegegnerin eintrat bzw. die
Klage nicht infolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abschrieb, stellte es mit
Urteil vom 29. Juni 2007 - in Gutheissung von Ziffer 2 des Klagebegehrens -
fest, dass die Beschwerdegegnerin und/oder mit ihr verbundene Unternehmen durch
den Gebrauch der Marke CH 506 766 M-JOY für Schokoladenprodukte die Rechte der
Beschwerdeführerin an den Marken CH 369 547 M und CH 439 963 M-BUDGET (recte: M
BUDGET) nicht verletzen (Ziffer 1). Die Widerklage der Beschwerdeführerin wies
das Handelsgericht ab (Ziffer 2). Im Weiteren regelte es die Kosten und
Entschädigungen (Ziffern 3-5).

C. Gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 2007
hat die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen
erhoben. Sie verlangt die Aufhebung der Ziffern 1, 2, 4 und 5 des Urteils des
Handelsgerichts sowie die Abweisung der Klage, soweit das Handelsgericht auf
die Klage eingetreten ist bzw. diese nicht als gegenstandslos abgeschrieben
hat. Im Weiteren beantragt die Beschwerdeführerin die Gutheissung ihrer
Widerklagebegehren, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Ergänzung des
Sachverhalts und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gut und weist
die Streitsache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Die Vorinstanz ist bei der Prüfung der Frage, ob die Marke CH 506 766 M-JOY
und das Zeichen M-joy (fig.) mit den beiden Marken CH 369 547 M und CH 406 736
M verwechselbar sind, davon
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ausgegangen, dass eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr ausgeschlossen
sei, wenn das als verletzt gerügte Zeichen gar nicht schutzfähig sei. Da am
Grossbuchstaben "M" ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe, sei dieser als
solcher nicht schutzfähig, weshalb den Marken CH 369 547 M und CH 406 736 M nur
in Verbindung mit ihrer graphischen Gestaltung kennzeichnende Kraft zukommen
könne. Da die graphische Gestaltung der Marken CH 369 547 M und CH 406 736 M
keine originellen Elemente aufweise, komme eine Schutzfähigkeit nur bei einer
Durchsetzung der Zeichen im Verkehr in Betracht. Ein Beweisverfahren zur Frage
der Verkehrsdurchsetzung könne jedoch unterbleiben, da eine Verwechselbarkeit
der beiden Marken mit der Marke CH 506 766 M-JOY und dem Zeichen M-joy (fig.)
selbst bei Bejahung einer Verkehrsdurchsetzung bzw. unter Annahme der von der
Beschwerdeführerin behaupteten hohen Bekanntheitswerte der beiden Marken zu
verneinen wäre. Auch wenn nämlich von einer Verkehrsdurchsetzung der beiden
Marken CH 369 547 M und CH 406 736 M auszugehen wäre, sei eine
Verwechslungsgefahr, die auf der Übereinstimmung der verwendeten
Grossbuchstaben beruhe, aufgrund des absoluten Freihaltebedürfnisses des
Einzelbuchstabens "M" rechtlich von vornherein irrelevant. Gestützt auf diese
Erwägung blendete die Vorinstanz dieses Element bei der Beurteilung der
Verwechselbarkeit aus und verglich ausschliesslich die graphische Darstellung
der verschiedenen Zeichen.

2.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass am Grossbuchstaben "M" weder gemäss
Gesetz noch gemäss Rechtsprechung ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe, wie
dies die Vorinstanz erwogen habe. Die Begründung der Vorinstanz, wonach es
keine Produkte oder Dienstleistungen gebe, in Bezug auf welche einzelne
Buchstaben des Alphabets zur Kennzeichnung allgemein nicht erforderlich seien,
sei unhaltbar. Selbstverständlich könnte der Inhaber einer Wort- bzw.
Buchstabenmarke "M" nicht verhindern, dass andere Marken diesen Buchstaben
enthalten. Die Wirtschaftsteilnehmer könnten aber nach Ansicht der
Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihren Produkten oder Dienstleistungen
ohne weiteres auf den Buchstaben "M" in Alleinstellung oder als vorangestelltes
Präfix verzichten. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, den
Schutzbereich ihrer Marken CH 369 547 M und CH 406 736 M zu Unrecht auf die
konkrete graphische Gestaltung eingeschränkt und damit Art. 1 Abs. 2 sowie Art.
2 lit. a MSchG (SR 232.11) verletzt zu haben.
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2.2 Die Beschwerdegegnerin stellt sich auf den Standpunkt, die
Beschwerdeführerin verfüge gerade über keine reine Wortmarke, die allein aus
dem Buchstaben "M" bestehe. Der Gesetzestext (Art. 1 Abs. 2 MSchG) spreche von
"Buchstaben", nicht von "einzelnen Buchstaben". Gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung (BGE 131 III 121 E. 4.2) bestehe ein absolutes
Freihaltebedürfnis an Worten, wie etwa Brot, Schuhe, Kleider, touring oder
beau, bel, super, bon oder fin. Unter Berufung auf BGE 113 II 204 E. 3 S. 206
macht die Beschwerdegegnerin geltend, einzelne Buchstaben gälten als
nichtregistrierungsfähige Typen- oder Sachbezeichnungen. Der Buchstabe "M" sei
als Abkürzung aus dem täglichen Sprachgebrauch (z.B. als Grössenangabe
"Medium") nicht wegzudenken, weshalb dem Versuch der Beschwerdeführerin, diesen
Buchstaben für praktisch sämtliche Waren zu monopolisieren, entgegenzutreten
sei. Das Bestehen einer Vielzahl von Marken Dritter mit dem Bestandteil "M" in
Alleinstellung oder am Wortanfang dokumentiere das grosse Freihalteinteresse am
einzelnen Buchstaben "M".

2.3 Im Zentrum des vorliegenden Verfahrens steht die Frage, ob ein
alleinstehender Einzelbuchstabe eine Marke sein kann bzw. ob für solche Zeichen
ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht und daher ein markenrechtlicher Schutz
auch im Falle der Verkehrsdurchsetzung ausgeschlossen ist.

2.3.1 Gemäss Art. 1 Abs. 2 MSchG kommen als Marken insbesondere Wörter,
Buchstaben, Zahlen, bildliche Darstellungen, dreidimensionale Formen oder
Verbindungen solcher Elemente untereinander oder mit Farben in Frage.
Anders als das alte Markenschutzgesetz von 1890 (Bundesgesetz vom 26. September
1890 betreffend Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der
Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen [aMSchG;
BS 2 S. 845]) sieht das geltende MSchG die markenrechtliche Schutzfähigkeit von
Buchstaben ausdrücklich vor.

2.3.2 Da es sich bei einem einzelnen Buchstaben wie dem Grossbuchstaben "M",
wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, um ein elementares Zeichen
handelt, das dem Gemeingut angehört, ist zu prüfen, ob ein markenrechtlicher
Schutz eines derartigen Zeichens in jedem Fall ausser Betracht fallen muss.
Vom Markenschutz ausgeschlossen sind nach Art. 2 lit. a MSchG Zeichen, die
Gemeingut sind, sofern sie sich nicht als Marke für die
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Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden.
Zum Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG gehören nach der üblichen
Einteilung, neben hier nicht zur Diskussion stehenden Freizeichen (BGE 130 III
113 E. 3.1 S. 116 ff.) und Herkunftsangaben (BGE 128 III 454 E. 2.1 S. 458),
die elementaren Zeichen (BGE 131 III 121 E. 4.3 S. 128) sowie beschreibende
Angaben (EUGEN MARBACH, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III, Kennzeichenrecht, Basel 1996,
S. 33 ff.; LUCAS DAVID, Basler Kommentar, N. 5 zu Art. 2 MSchG; CHRISTOPH
WILLI, MSchG, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht, Zürich 2002, N. 34 zu
Art. 2 MSchG).
Im Gegensatz zur Regelung von Art. 2 lit. b MSchG, die ein absolutes
Freihaltebedürfnis vorsieht für Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und
Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind, behält Art. 2
lit. a MSchG für im Gemeingut stehende Zeichen einen markenrechtlichen Schutz
im Falle der Verkehrsdurchsetzung ausdrücklich vor. Während sich demnach
Zeichen, die als Gemeingut gelten, im Verkehr als Marke für die beanspruchten
Waren oder Dienstleistungen durchsetzen können, lässt sich das Schutzhindernis
bei den von Art. 2 lit. b MSchG erfassten Formen auch nicht durch
Verkehrsdurchsetzung überwinden (BGE 131 III 121 E. 2; BGE 129 III 514 E. 2.3
S. 518). Zeichen, die Gemeingut sind, können daher grundsätzlich nach Art. 2
lit. a MSchG mittels Durchsetzung im Verkehr Kennzeichnungskraft und
markenrechtlichen Schutz erlangen, soweit im Einzelfall nicht ein absolutes
Freihaltebedürfnis besteht.

2.3.3 Elementare Zeichen werden als im wirtschaftlichen Verkehr unabdingbar und
demzufolge freihaltebedürftig erachtet; dennoch wird die Berücksichtigung einer
allfälligen Verkehrsdurchsetzung durch markenmässigen Gebrauch in der Lehre
nicht durchwegs ausgeschlossen (vgl. LUCAS DAVID, a.a.O., N. 31 ff. zu Art. 2
MSchG; KAMEN TROLLER, Grundzüge des schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2.
Aufl., Basel/Genf/München 2005, S. 102; CHRISTOPH WILLI, a.a.O., N. 148-151
sowie N. 157 zu Art. 2 MSchG; EUGEN MARBACH, a.a.O., S. 49 f.; vgl. auch IRÈNE
JENE-BOLLAG, Die Schutzfähigkeit von Marke und Ausstattung unter dem
Gesichtspunkt des Freihaltebedürfnisses, Basel 1981, S. 74 f.; ALOIS TROLLER,
Immaterialgüterrecht, Bd. II, 3. Aufl., Basel/Frankfurt a.M. 1983, S. 309 f.).
Das Bundesgericht geht bei elementaren Zeichen unter Berücksichtigung der
gesamten Umstände gegebenenfalls von einem absoluten
BGE 134 III 314 S. 321
Freihaltebedürfnis aus, das durch Verkehrsdurchsetzung nicht überwunden werden
kann. Die offensichtliche Banalität des betreffenden Zeichens allein ist jedoch
nicht entscheidend (BGE 131 III 121 E. 4.3 S. 129 mit Hinweisen). Von einem
absoluten Freihaltebedürfnis, das eine Durchsetzung als Marke in jedem Fall
ausschliesst, darf nur ausgegangen werden, wenn der Verkehr auf die Verwendung
des Zeichens angewiesen ist, wobei diese Bedingung nicht allgemein, sondern im
Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen zu prüfen ist, für die das Zeichen
bestimmt ist. Ein Markenschutz infolge Verkehrsdurchsetzung kann nicht von
vornherein ausgeschlossen werden für ein banal erscheinendes Zeichen, falls
dieses in einem konkreten Zusammenhang im geschäftlichen Verkehr nicht
erforderlich ist, da es nicht allgemein gebräuchlich ist und durch zahlreiche
gleichwertige Zeichen ersetzt werden kann (BGE 131 III 121 E. 4.4 S. 130).

2.3.4 Bereits unter Geltung des aMSchG hatte das Bundesgericht alleinstehende
Buchstaben als dem Gemeingut zuzurechnende Zeichen betrachtet (BGE 113 II 204
E. 3 S. 206; BGE 109 II 256 E. 2; siehe nunmehr BGE 131 III 121 E. 4.1 S. 127;
Urteil 4A.13/1995 vom 20. August 1996, E. 4a, Pra 86/1997 Nr. 73 S. 378 sowie
sic! 2/1997 S. 159). Ausgehend von der mangelnden Unterscheidungskraft solcher
Zeichen wurde unter dem alten Recht etwa gewissen Buchstabenkombinationen die
Eintragung in das Markenregister versagt (vgl. etwa den von der
Beschwerdegegnerin zitierten BGE 113 II 204 E. 3 ["RFS" für Hard- und
Software]). Anders als im vorliegenden Beschwerdeverfahren ging es dabei
jeweils um das Eintragungsverfahren, wobei die ursprüngliche
Unterscheidungskraft der beantragten Zeichen geprüft wurde, und eine
Verkehrsdurchsetzung nicht in Frage stand. Die Möglichkeit eines
markenrechtlichen Schutzes infolge Durchsetzung im Verkehr hatte das
Bundesgericht auch bei den im konkreten Fall zurückgewiesenen Zeichen
vorbehalten (siehe BGE 113 II 204 E. 3 S. 206; betreffend Zahlen: vgl. BGE 118
II 181 E. 3c; Urteil des Bundesgerichts vom 12. November 1974, Schweizerisches
Patent-, Muster- und Markenblatt [PMMBl.] 1975 I S. 9; siehe auch IRÈNE
JENE-BOLLAG, a.a.O., S. 74; ALOIS TROLLER, a.a.O., S. 309 f.).

2.3.5 Es ergibt sich, dass ein alleinstehender Buchstabe nach Art. 1 Abs. 2
MSchG grundsätzlich als Marke schutzfähig ist. Allerdings gehört ein
Einzelbuchstabe an sich - das heisst ohne jegliche originelle oder
phantasiereiche Merkmale - als Teil des
BGE 134 III 314 S. 322
Buchstabenbestands dem Gemeingut an. Ein markenrechtlicher Schutz setzt demnach
voraus, dass sich das Zeichen im Verkehr als Marke durchgesetzt hat. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass umso höhere Anforderungen an den Nachweis der
Verkehrsdurchsetzung eines Zeichens zu stellen sind, je banaler dieses
erscheint (BGE 131 III 121 E. 7.4; BGE 130 III 328 E. 3.4 S. 333). Die
Verkehrsdurchsetzung begründet aber dann keinen markenrechtlichen Schutz, wenn
am Zeichen ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht. Dieses ist konkret im
Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu prüfen.

2.4 Im vorliegenden Fall bejahte die Vorinstanz ausgehend von der Erwägung,
dass keine Produkte oder Dienstleistungen denkbar seien, "in Bezug auf welche
gesagt werden könnte, dass einzelne Buchstaben des Alphabets zur Kennzeichnung
allgemein nicht erforderlich sind", ein absolutes Freihaltebedürfnis einzelner
Buchstabenzeichen. Sie prüfte hingegen nicht, ob die Verwendung des
Einzelbuchstabens "M" in Alleinstellung oder als vorangestelltes Präfix als
beschreibende Angabe für die vorliegend relevanten Schokoladenprodukte im
wirtschaftlichen Verkehr unverzichtbar ist. Die Beschwerdegegnerin bringt vor,
der Grossbuchstabe "M" sei als Abkürzung aus dem täglichen Sprachgebrauch,
insbesondere als Grössenangabe ("Medium"), nicht wegzudenken. Dieser Ansicht
kann im Hinblick auf Schokoladenprodukte nicht gefolgt werden. Es ist nicht
ersichtlich, dass eine Beschreibung der Art, der Beschaffenheit, der
Bestimmung, des Wertes oder sonstiger Merkmale solcher Waren mit dem einzelnen
Grossbuchstaben "M" im wirtschaftlichen Verkehr erforderlich wäre. Ein
absolutes Freihaltebedürfnis des Einzelbuchstabens "M" in Alleinstellung oder
als vorangestelltes Präfix für die fraglichen Schokoladenprodukte kann demnach
ausgeschlossen werden.

2.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass der alleinstehende Grossbuchstabe "M" die
Begriffsmerkmale einer Marke nach Art. 1 MSchG aufweist. Allerdings gehört das
Zeichen "M" an sich, das heisst ohne jegliche originelle oder phantasiereiche
graphische Merkmale, als Teil des Buchstabenbestands dem Gemeingut an. Der
Grossbuchstabe "M" als solcher ist daher vom Markenschutz ausgeschlossen, es
sei denn, er hat sich im Verkehr gemäss Art. 2 lit. a MSchG durchgesetzt. Ein
absolutes Freihaltebedürfnis im Hinblick auf die beanspruchten
Schokoladenprodukte besteht nicht.