Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 306



Urteilskopf

134 III 306

52. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. C. Inc. gegen
S. AG und T. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_305/2007 vom 3. März 2008

Regeste

Patentverletzung; Gewinnherausgabe nach Art. 423 OR. Ermittlung des durch die
Patentverletzung erzielten Gewinns; abzugsfähige Kosten; Beweislast (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 306

BGE 134 III 306 S. 306
A.

A.a Die C. Inc. mit Sitz in den USA (Klägerin und Beschwerdeführerin) befasst
sich mit Ladendiebstahl-Sicherungssystemen. Sie ist Inhaberin des Europäischen
Patents EP 1 (Resonanzetikette) und besitzt die Rechte am Schweizer Patent CH
2.
Die S. AG (Beklagte und Beschwerdegegnerin 1) ist eine Tochtergesellschaft der
US-amerikanischen E. Ltd., die ebenfalls im Bereich der Ladensicherheitssysteme
tätig ist. Sie vertreibt unter anderem Sicherheitssysteme und
Erkennungsetiketten auf der Basis der Radiofrequenztechnologie.
Die T. AG (Beklagte und Beschwerdegegnerin 2) arbeitet in Teilbereichen mit der
Beschwerdegegnerin 1 zusammen. Sie stellt Resonanzetiketten her, die mit den
Sicherheitssystemen der Beschwerdeführerin kompatibel sind, und vertreibt
diese.

A.b Am 21. April 1998 gelangte die Beschwerdeführerin an das Kantonsgericht Zug
unter anderem mit den Begehren, es sei
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festzustellen, dass die Beschwerdegegnerinnen ihre Patente verletzten, es sei
ihnen die Verletzung zu verbieten, es sei die Beschlagnahme der
patentverletzenden Etiketten anzuordnen, die Beschwerdegegnerinnen seien zur
Auskunfterteilung zu verpflichten und sie seien solidarisch zu verurteilen,
nach Wahl der Beschwerdeführerin den Schaden zu ersetzen oder den Gewinn
herauszugeben.

A.c Mit Teilurteil vom 29. November 2001 stellte das Kantonsgericht des Kantons
Zug fest, dass die Beschwerdegegnerinnen durch Herstellung, Anpreisung,
Feilbieten, Verkauf und Inverkehrbringen sowie durch die gewerbliche Benutzung
der Etiketten gemäss Anlage I das europäische Patent EP 1 und das Schweizer
Patent CH 2 der Beschwerdeführerin verletzten. Das Gericht sprach das
beantragte Verbot aus und verpflichtete die Beschwerdegegnerinnen, dem
Kantonsgericht innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Teilurteils Auskunft zu
erteilen über Gestehungskosten, Einkaufspreise, Umsatz und erzielte Erlöse im
Zusammenhang mit Etiketten gemäss Anlage I durch Herausgabe der Buchhaltung und
aller Belege über den Verkauf oder anderweitiges Inverkehrbringen von
resonanzfähigen Etiketten.
Das Bundesgericht wies die Berufung der Beschwerdegegnerinnen gegen dieses
Teilurteil am 11. April 2002 ab (Verfahren 4C.26/2002).

B. Mit Urteil vom 21. Juni 2007 verpflichtete das Kantonsgericht des Kantons
Zug die Beschwerdegegnerin 1, der Beschwerdeführerin Fr. 28'550.- zuzüglich
Zins zu 5 % auf Fr. 14'275.- vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 und auf Fr.
28'550.- seit 1. Januar 2003 zu bezahlen; im Übrigen wies es die Klage ab. Die
Klageabweisung betrifft insbesondere die Forderung auf Herausgabe des Gewinns
der Beschwerdegegnerin 2 von insgesamt Fr. 1'299'378.- mit Zins zu
unterschiedlichen Fälligkeiten. Das Gericht holte eine Expertise zum Gewinn
ein, den die Beschwerdegegnerinnen mit den in Verletzung des Patents der
Beschwerdeführerin hergestellten Etiketten erzielt hatten. Gestützt darauf
wurde die Beschwerdegegnerin 1 verpflichtet, den Nettoerlös für die Jahre 1996
bis 2002 in Höhe von insgesamt Fr. 28'550.- herauszugeben. Dagegen folgte das
Gericht der Beschwerdeführerin nicht, soweit diese den massgebenden Gewinn der
Beschwerdegegnerin 2 für die Zeit vom 1. April 1992 bis 31. März 1996 aus den
umstrittenen Etiketten mit Fr. 1'229'378.- bezifferte. Vom Bruttoerlös, der
nach der Expertise Fr. 4'619'570.- beträgt, brachte das Gericht dabei nicht
nur, wie von der
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Beschwerdeführerin befürwortet, die Materialkosten von Fr. 3'320'192.-, sondern
auch sämtliche Fertigungskosten von Fr. 2'426'516.- in Abzug, so dass ein
Verlust von Fr. 1'127'138.- resultierte.

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. August 2007 stellt die
Beschwerdeführerin die Rechtsbegehren, das Urteil des Kantonsgerichts sei
aufzuheben und die Beschwerdegegnerin 2 sei zu verpflichten, ihr insgesamt Fr.
1'229'378.- nebst Zins zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin
kritisiert die Methode der Gewinnberechnung und rügt in diesem Zusammenhang die
Verletzung von Art. 423 OR, Art. 8 ZGB und Art. 42 Abs. 2 OR.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt den angefochtenen
Entscheid auf, soweit die Forderung der Beschwerdeführerin gegen die
Beschwerdegegnerin 2 von insgesamt Fr. 1'229'378.- nebst Zins abgewiesen wird,
und weist die Sache zu neuer Beurteilung dieses Begehrens an die Vorinstanz
zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Feststellungen zu Bestand und Umfang eines Gewinns sind tatsächlicher Natur
und daher grundsätzlich vom kantonalen Gericht abschliessend zu beurteilen
(Art. 97 BGG); dagegen sind die Definition des Gewinns und die Art der
Gewinnberechnung als Rechtsfragen vom Bundesgericht frei zu prüfen (vgl.
entsprechend zum Schaden BGE 130 III 145 E. 6.2 S. 167; BGE 128 III 22 E. 2e S.
26; BGE 127 III 73 E. 3c S. 75, je mit Hinweisen).

4.1.1 Der Gewinn besteht in der Differenz zwischen dem tatsächlichen Vermögen
des Verletzers und dem Wert, den es ohne die Patentverletzung aufweisen würde.
Er kann in einer Zunahme der Aktiven oder in einer Abnahme der Passiven bzw.
einer Verlustverminderung bestehen (vgl. BGE 133 III 153 E. 3.5 S. 165; BGE 133
V 205 E. 4.7 S. 212 f., analog für die Bereicherung). Massgebend ist der
Nettogewinn; vom Erlös, der mit patentverletzenden Produkten erzielt worden
ist, sind die Kosten abzuziehen, die dem Verletzer für die Erzielung dieses
Ertrages erwachsen (vgl. SCHMID, Zürcher Kommentar, N. 114 zu Art. 423 OR;
WEBER, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2007, N. 14 f. zu Art. 423 OR; HÉRITIER
LACHAT, Commentaire Romand, N. 19 zu Art. 423 OR, je mit Hinweisen; HOFSTETTER,
Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, Schweizerisches
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Privatrecht, Bd. VII/6, S. 276; RETO M. JENNY, Die Eingriffskondiktion bei
Immaterialgüterverletzungen, Diss. Zürich 2005, S. 149; MARKUS NIETLISPACH, Zur
Gewinnherausgabe im schweizerischen Privatrecht, Diss. Zürich 1994, S. 123 f.;
BEAT WIDMER, Vermögensrechtliche Ansprüche des Inhabers und des Lizenznehmers
bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten, Diss. Basel 1985, S. 94).

4.1.2 Stützt sich der Anspruch auf Herausgabe des aus der Patentverletzung
erzielten Gewinnes auf Art. 423 OR (BGE 97 II 169 E. 3a S. 177 f.), so ist der
Geschäftsherr berechtigt, die sich aus der Führung seiner Geschäfte
entspringenden Vorteile anzueignen (Abs. 1). Zur Ersatzleistung an den
Geschäftsführer ist dagegen der Geschäftsherr nur so weit verpflichtet, als er
bereichert ist (Abs. 2). Daraus ergibt sich, dass der Geschäftsherr die
Beweislast für den durch die Führung des fremden Geschäfts erzielten
Bruttoerlös (plus Zinsen) trägt, während der Geschäftsführer seine dafür
erbrachten Aufwendungen zu beweisen hat (vgl. HÉRITIER LACHAT, a.a.O., N. 19 zu
Art. 423 OR; CHAPPUIS, La restitution des profits illégitimes, Diss. Genf 1991,
S. 50 f.; SCHMID, a.a.O., N. 127 zu Art. 423 OR; JENNY, a.a.O., S. 148; vgl.
auch HUBERT STÖCKLI, Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung, Diss. Freiburg 1999,
S. 269, Rz. 1185). Eine Schätzung des Gewinnes ist in analoger Anwendung von
Art. 42 Abs. 2 OR zulässig (BGE 133 III 153 E. 3.3 S. 162). Die Voraussetzungen
für die Schätzung müssen aber auch hier erfüllt sein. Die beweisbelastete
Partei, die sich auf diese Erleichterung beruft, muss alle Umstände, die für
die Erzielung eines Gewinnes oder für dessen Verminderung sprechen, soweit
möglich und zumutbar behaupten und beweisen (BGE 122 III 219 E. 3a S. 221). Der
Schädiger, der die Höhe seiner Gewinne bestreitet, muss dies spezifiziert unter
Vorlage von Detailzahlen tun und kann sich nicht mit pauschaler Bestreitung
begnügen (DAVID, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, Schweizerisches
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. I/2, 2. Aufl. 1998, S. 121).

4.1.3 Inwieweit Gestehungskosten vom Verkaufserlös in Abzug gebracht werden
können, wenn die verkauften Waren in Verletzung eines Patentes im eigenen
Betrieb hergestellt worden sind, ist in der Lehre umstritten. So wird zum Teil
die Auffassung vertreten, die Aufwendungen könnten pauschal in dem Umfang in
Abzug gebracht werden, in dem sie üblicherweise anfallen (vgl. HÉRITIER LACHAT,
a.a.O., N. 26 zu Art. 423 OR), während nach anderer Ansicht allein als richtig
erscheint, dem Eigengeschäftsführer die konkreten
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Aufwendungen zu ersetzen (HOFSTETTER, a.a.O., S. 276), teilweise begrenzt auf
die üblichen Unkosten als Höchstgrenze (SCHMID, a.a.O., N. 119 zu Art. 423 OR).
Eine Vergütung wird dem Geschäftsführer teilweise für seine Arbeit zum Ersatz
zugestanden, sofern und soweit eine solche üblich ist (vgl. CHAPPUIS, a.a.O.,
S. 55 ff. mit Hinweis auf BGE 34 II 694 E. 4 S. 700 und BGE 35 II 643 E. 11 S.
660; HÉRITIER LACHAT, a.a.O., N. 27 zu Art. 423 OR; dagegen SCHMID, a.a.O., N.
118 zu Art. 423 OR). Nach einem Teil der Lehre sind sodann die allgemeinen
Geschäftsunkosten nicht, auch nicht anteilsmässig abzugsfähig (ALOIS TROLLER,
Immaterialgüterrecht, Bd. II, 3. Aufl. 1985, S. 995, und ihm folgend das Urteil
des Obergerichts Solothurn vom 1. Januar 1988, bestätigt vom Bundesgericht am
22. November 1988, publ. in: SMI 1989 S. 105/108; SCHMID, a.a.O., N. 118 zu
Art. 423 OR; WEBER, a.a.O., N. 18 zu Art. 423 OR; JENNY, a.a.O., S. 154 f.;
vgl. zum deutschen Recht der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn auch
die Urteile des BGH vom 2. November 2000, in: GRUR 2001 S. 329/331, und vom 21.
September 2006, in: GRUR 2007 S. 431/433 f. mit Literaturhinweisen), während
nach anderer Ansicht ein angemessener Teil der betrieblichen Gemeinkosten zur
Ermittlung des Reinerlöses immerhin so weit zu berücksichtigen ist, als sich
diese wegen der Aufnahme der verletzenden Tätigkeit erhöht haben (vgl. DAVID,
a.a.O., S. 120; FRITZBLUMER, Patentverletzungsprozess, in: Bertschinger/Münch/
Geiser [Hrsg.], Schweizerisches und europäisches Patentrecht, S. 830 f.; zu den
unterschiedlichen Lehrmeinungen vgl. auch ALEXANDER CHRISTOPH BÜRGI-WYSS, Der
unrechtmässig erworbene Vorteil im schweizerischen Privatrecht, Diss. Zürich
2005, S. 228 ff.).

4.1.4 Der erzielte Gewinn, den der Geschäftsherr nach Art. 423 OR aus der
Eigengeschäftsführung beanspruchen kann, ist konkret festzustellen. Da es
ausschliesslich darum geht, die Wertdifferenz im Vermögen des Geschäftsführers
abzuschöpfen, die kausal auf die Geschäftsanmassung zurückzuführen ist, kann
nicht erheblich sein, welche Unkosten dem Geschäftsherrn selber angefallen
wären oder welche Kosten durchschnittlich anfallen. Zur Ermittlung des
Nettogewinns sind vielmehr die konkret dem Geschäftsführer erwachsenen Unkosten
festzustellen, während allfällige branchenübliche Kosten allenfalls für eine
Schätzung nach Art. 42 Abs. 2 OR berücksichtigt werden können, wenn die
Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die Abgrenzung der abzugsfähigen
Aufwendungen erfolgt grundsätzlich danach, ob sie vom Geschäftsführer besonders
für den
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gewinnbringenden Umsatz getätigt wurden und dafür auch objektiv erforderlich
waren oder ob sie ebenfalls anderen Zwecken dienen konnten. Nur soweit
feststeht, dass Kosten ausschliesslich für die Herstellung der
patentverletzenden Produkte angefallen sind, besteht der erforderliche
Zusammenhang zum erzielten Bruttogewinn. Eine "Quersubventionierung" anderer
Betriebszweige hat für die Berechnung des massgebenden Nettogewinns jedenfalls
ausser Betracht zu bleiben.

4.1.5 Es gibt grundsätzlich keine Kosten, welche ihrer Art nach nicht zum Abzug
zugelassen werden können, sofern sie zur Erzielung des Gewinnes aus der
Geschäftsanmassung tatsächlich anfallen und dafür auch erforderlich sind.
Grundsätzlich ist auch nicht entscheidend, ob die verwendeten und
erforderlichen Produktionsmittel vor der Aufnahme der Produktion schon zur
Verfügung stehen oder eigens angeschafft bzw. hergestellt werden, um die
patentverletzenden Waren zu produzieren. Fixkosten bzw. die nicht konkret
zurechenbaren Gemeinkosten bei der Verwendung von Infrastruktur für die
Herstellung verschiedener Güter fallen immerhin dann ausser Betracht, wenn
vorhandene Produktionsmittel ohne die patentverletzende Produktion nicht
ausgelastet wären oder nicht verwendet werden könnten und somit durch die
Patentverletzung Verluste vermieden oder vermindert werden. Da diese Kosten dem
Geschäftsführer ohnehin anfallen würden, sind sie zur Ermittlung des
massgebenden Nettogewinns vom Bruttoerlös jedenfalls für die Zeit nicht in
Abzug zu bringen, welche für eine Liquidation oder Verkleinerung der
entsprechenden betrieblichen Infrastruktur erforderlich wäre. Soweit die
strengen Voraussetzungen für eine Schätzung fehlen, trägt der Geschäftsführer
die Beweislast für die Ersatzfähigkeit seiner Kosten, auch soweit sich die
Ausscheidung der spezifisch für die patentverletzenden Produkte verwendeten
Produktionsmittel als schwierig erweist.

4.2 Der Beschwerdeführerin kann grundsätzlich nicht gefolgt werden, wenn sie
die Ansicht vertritt, mit Ausnahme der Materialkosten seien sämtliche für die
Herstellung der patentverletzenden Produkte erbrachten Aufwendungen als fixe
Kosten oder Gemeinkosten zu qualifizieren, die vom massgebenden Gewinn nicht in
Abzug gebracht werden könnten. Soweit die Kosten der für die Produktion
erforderlichen Maschinen, Gebäude, Personen etc. ebenso wie das verwendete
Material zur Herstellung der patentverletzenden Erzeugnisse angefallen sind,
können sie grundsätzlich vom erzielten Verkaufserlös in Abzug gebracht werden.
Allerdings trägt die
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Beschwerdegegnerin 2 die Beweislast dafür, dass die entsprechenden Kosten
konkret für die Herstellung der in Verletzung des Patents der
Beschwerdeführerin produzierten Etiketten angefallen sind. Dass dafür keine
Infrastruktur verwendet wurde, die andernfalls hätte liquidiert oder
verkleinert werden müssen, muss sie dabei nur beweisen, wenn die
Beschwerdeführerin die Abzugsfähigkeit der Kosten mit dieser Begründung
bestritten hat. Soweit sie diesen Beweis nicht zu erbringen vermag, kann sie
die entsprechenden Kosten nicht vom Gewinn abziehen. Eine Schätzung kommt nach
Art. 42 Abs. 2 OR nur so weit in Betracht, als ein Beweis nicht möglich oder
nicht zumutbar ist, was für Tatsachen grundsätzlich nicht zutrifft, die ein
buchführungspflichtiger Betrieb mit einer gehörigen Buchhaltung erbringen kann.

4.3 Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine Schätzung der von
der Beschwerdegegnerin 2 zum Ersatz beanspruchten Aufwendungen für die in
Verletzung des Patents der Beschwerdeführerin produzierten Etiketten insoweit
nicht gegeben, als aufgrund einer gehörig geführten Buchhaltung eine eindeutige
oder mindestens eine verlässlichere Zuordnung der Infrastrukturkosten der
Beschwerdegegnerin 2 zur betrieblichen Tätigkeit möglich wäre. Entgegen der
Annahme der Vorinstanz kann eine Schätzung der zur Erzielung des
Bruttoverkaufserlöses getätigten und erforderlichen Kosten nicht damit
begründet werden, dass die buchführungspflichtige Beschwerdegegnerin 2 ihre
Bücher nicht länger als 10 Jahre aufbewahren muss und diese Frist im Zeitpunkt
der Erstellung der Expertise abgelaufen war. Die vorliegende Klage wurde im
Jahre 1998 eingereicht und seither musste die Beschwerdegegnerin 2 damit
rechnen, allenfalls Auskunft über die von ihr erzielten Gewinne für die Jahre
1992 bis 1996 erteilen zu müssen. Mit dem gestützt auf die pauschale Schätzung
des Experten gezogenen Schluss, die Beschwerdegegnerin 2 habe über die rund
vier Jahre ihrer Tätigkeit die in Verletzung des Patents hergestellten
Etiketten für gut 5 Rappen pro Stück verkauft, aber für gut 6 Rappen produziert
und damit einen Verlust erwirtschaftet, hat die Vorinstanz zu Unrecht
angenommen, die Voraussetzungen für eine Schätzung der Kosten seien erfüllt,
die die Beschwerdegegnerin 2 gemäss Art. 423 Abs. 2 OR zum Abzug beansprucht.

4.4 Im angefochtenen Entscheid wird verkannt, dass die Beschwerdegegnerin 2
gemäss Art. 423 Abs. 2 OR die Beweislast für ihre zum Abzug vom Gewinn
beanspruchten Gestehungskosten trägt. Mit der pauschalen Schätzung des
Nettogewinns bzw. eines entsprechenden
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Verlustes hat die Vorinstanz auch zu Unrecht bejaht, dass die Voraussetzungen
einer Schätzung in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR erfüllt seien. Der
Beschwerdegegnerin 2 als Eigengeschäftsführerin wäre möglich und zumutbar
gewesen, den Beweis der ihr für die Erzielung des Verkaufserlöses erwachsenen
Gestehungskosten mit geeigneten Mitteln, insbesondere mit einer gehörigen
Buchhaltung zu erbringen. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist insoweit
begründet.