Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 273



Urteilskopf

134 III 273

47. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. ExxonMobil
Aviation International Limited und Mitb. gegen Swissair Schweizerische
Luftverkehr-Aktiengesellschaft in Nachlassliquidation (Beschwerde in
Zivilsachen)
5A_418/2007 vom 4. Februar 2008

Regeste

Art. 285 ff., 292, 331 SchKG; Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung;
Anfechtung von Rechtshandlungen; Verwirkung. Beim Nachlassvertrag mit
Vermögensabtretung verwirkt das Recht zur Anfechtung von Rechtshandlungen nach
Ablauf von zwei Jahren nach Bestätigung des Nachlassvertrages (E. 2-5).

Sachverhalt ab Seite 274

BGE 134 III 273 S. 274
A. Am 5. Oktober 2001 wurde der Swissair Schweizerische
Luftverkehr-Aktiengesellschaft die provisorische Nachlassstundung gewährt, und
am 16. Juni 2003 wurde die Bestätigung des von der Schuldnerin mit den
Gläubigern geschlossenen Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung
rechtskräftig.

B. Am 23. Mai 2005 leitete die Swissair Schweizerische
Luftverkehr-Aktiengesellschaft in Nachlassliquidation (Klägerin) bei den
Friedensrichterämtern Klage gegen ExxonMobil Aviation International Limited und
8 Mitbeteiligte (Beklagte) ein. Die Klägerin focht gestützt auf Art. 287 und
Art. 288 SchKG eine von der Schuldnerin am 5. Oktober 2001 (am Tag der
provisorischen Nachlassstundung) veranlasste und von der UBS AG ausgeführte
Überweisung von USD 2'500'000.- an die ExxonMobil Aviation International
Limited an, welche vermutlich an die übrigen Beklagten weitergeleitet worden
sei. Am 2. November 2005 reichte sie beim Handelsgericht Zürich Klage ein mit
dem Rechtsbegehren, dass die Erstbeklagte zu verpflichten sei, ihr USD
2'500'000.- zuzüglich Zinsen zu bezahlen; eventualiter seien die übrigen
Beklagten zu (bestimmten) Teilzahlungen zu verpflichten, wobei sämtliche
Beträge eventuell in Schweizer Franken zu bezahlen seien.

C. Das Handelsgericht Zürich beschränkte das Verfahren auf die Frage, ob mit
der Anfechtungsklage die Verwirkungsfrist gemäss Art. 331 SchKG gewahrt worden
sei. Mit Vorurteil vom 22. Juni 2007 stellte das Handelsgericht fest, dass die
Klägerin die zweijährige Verwirkungsfrist des Art. 331 i.V.m. Art. 292 SchKG
bezüglich ihrer Anfechtungsklage gegen die Beklagten gewahrt hat.

D. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 26. Juli 2007 beantragen die ExxonMobil
Aviation International Limited und die 8 Mitbeteiligten (Beschwerdeführer) dem
Bundesgericht, es sei das Vorurteil des Handelsgerichts vom 22. Juni 2007
aufzuheben und es sei die Anfechtungsklage abzuweisen.
Die Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft in
Nachlassliquidation (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der
Beschwerde. Gegen das Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung hat
sie keine Einwände erhoben. Das Handelsgericht hat auf eine Stellungnahme
verzichtet.
Mit Präsidialverfügung vom 21. August 2007 wurde der Beschwerde aufschiebende
Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
BGE 134 III 273 S. 275

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Das Handelsgericht ist zur Auffassung gelangt, dass das Anfechtungsrecht
nach Ablauf von zwei Jahren seit der Bestätigung des Nachlassvertrages
verwirke. Dies ergebe sich aus der Anwendung der Grundsätze nach Art. 285-292
SchKG, wie sie gemäss Art. 331 Abs. 1 SchKG für die Anfechtung von
Rechtshandlungen beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung massgebend seien;
Art. 331 Abs. 2 SchKG sei einzig für die Verdachtsfristen massgebend. Die
vorliegende Klage sei fristgerecht erhoben worden.
Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, dass das Anfechtungsrecht
nach Ablauf von zwei Jahren seit der Bewilligung der Nachlassstundung verwirke
und deshalb die vorliegende Klage verwirkt sei. Dabei stützen sie sich in
erster Linie auf den Wortlaut von Art. 331 Abs. 2 SchKG, welcher die Berechnung
der Fristen betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen regle. Nach dieser
Bestimmung werde nicht zwischen Verdachts- und Klagefristen unterschieden. Wo
immer in den Art. 285-292 SchKG eine Frist an den Zeitpunkt der Pfändung oder
Konkurseröffnung anknüpfe, laufe diese Frist im Falle der Anfechtung im
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung seit der Bewilligung der
Nachlassstundung oder des Konkursaufschubs, wenn ein solcher der
Nachlassstundung vorangegangen sei. Es gebe keinen triftigen Grund, vom
Wortlaut des Gesetzes abzuweichen, weshalb die Klage als verwirkt betrachtet
werden müsse. Die Beschwerdegegnerin bestätigt die Auffassung des
Handelsgerichts. Beide Parteien haben zur Begründung ihrer Standpunkte
verschiedene Gutachten eingereicht.

3. Umstritten ist, wann das Recht zur Anfechtung von Rechtshandlungen nach Art.
286 ff. SchKG beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung verwirkt ist. Gemäss
Art. 292 SchKG verwirkt das Anfechtungsrecht nach Ablauf von zwei Jahren seit
Zustellung des Pfändungsverlustscheines bzw. seit der Konkurseröffnung. Gemäss
Art. 331 Abs. 1 SchKG unterliegen die vom Schuldner vor der Bestätigung des
Nachlassvertrages vorgenommenen Rechtshandlungen der Anfechtung nach den
Grundsätzen der Art. 285-292 SchKG. Gemäss Art. 331 Abs. 2 SchKG ist für die
Berechnung der Fristen anstelle der Pfändung oder der Konkurseröffnung die
Bewilligung der Nachlassstundung oder des Konkursaufschubes (Art. 725a, 764,
817 oder 903 OR), wenn ein solcher der Nachlassstundung vorausgegangen ist,
massgebend.
BGE 134 III 273 S. 276

3.1 In der Lehre hat die Frage des Beginns der Verwirkungsfrist gemäss Art. 292
SchKG beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung Anlass zu Stellungnahmen
gegeben. Bereits im Jahre 1996 hielt Fridolin Walther in seiner Untersuchung zu
den Fristen im teilrevidierten SchKG (Inkrafttreten am 1. Januar 1997) fest,
dass Art. 331 Abs. 2 SchKG unklar sei (Neue und angepasste Fristen im
revidierten Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, AJP 1996 S. 1392
Fn. 174). Henri-Robert Schüpbach kommt nach eingehender Auseinandersetzung zum
Schluss, dass Wortlaut und Systematik von Art. 331 Abs. 2 SchKG fehlerhaft
seien und nichts rechtfertige, von der Parallelität zum Konkurs abzuweichen,
weshalb die Bestätigung des Nachlassvertrages die Verwirkungsfrist des Art. 292
SchKG auslöse. Wäre die Bewilligung der Nachlassstundung, oder erst recht ein
vorausgegangener Konkursaufschub fristauslösend, könne das Anfechtungsrecht von
der Nachlassmasse nicht innert nützlicher Frist ausgeübt werden (Droit et
action révocatoires, Basel 1997, N. 60 f., N. 68 ff. zu Art. 292 SchKG). Die
ganz überwiegende Lehre teilt diese Meinung (Thomas Bauer, in: Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 9 zu Art. 292 SchKG; Alain
Winkelmann et al., in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs, N. 10 zu Art. 331 SchKG; Franco Lorandi, Genehmigungsbedürftige
Geschäfte während der Nachlassstundung [Art. 298 Abs. 2 SchKG], Schweizerische
Zeitschrift für Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht [ZZZ] 2004 S. 77,
S. 116 Fn. 253; Henry Peter, in: Commentaire Romand, Poursuite et faillite, N.
8 zu Art. 292 SchKG; Dominique Junod Moser/Louis Gaillard, in: Commentaire
Romand, Poursuite et faillite, N. 19 zu Art. 331 SchKG; Pauline Erard-Gillioz,
Die Anfechtung, SJK 742, Stand: 1999, Ziff. I.E.2; Thomas Rebsamen, Die
Gleichbehandlung der Gläubiger durch die Aktiengesellschaft, Diss. Freiburg
2004, S. 97 Rz. 314; Stefan Knobloch, Die zivilrechtlichen Risiken der Banken
in der sanierungsbedürftigen Unternehmung, Diss. Zürich 2006, S. 106).
Pierre-Robert Gilliéron hält die Ansicht, dass Art. 331 Abs. 2 SchKG nur für
Verdachtsfristen gilt, für vernünftig und fragt sich, ob die negativen Folgen
vom Gesetzgeber gewollt seien, wenn die Bewilligung der Nachlassstundung
massgebend sei; dennoch hält er die Anordnung der (provisorischen)
Nachlassstundung für den fristauslösenden Zeitpunkt (Commentaire de la loi
fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 17 zu Art. 292 SchKG).
Rudolf Tschäni
BGE 134 III 273 S. 277
schliesst aus Art. 331 Abs. 2 SchKG ohne weitere Begründung, dass die
Anfechtungsfrist mit Bewilligung der Nachlassstundung beginnt (M&
A-Transaktionen nach Schweizer Recht, Zürich 2003, S. 122 Fn. 354); ebenso
Charles Jaques (Le "rang" des créances dans l'exécution forcée: Le cas des
subordinations de créance [postpositions], Diss. Lausanne 1999, S. 731 Rz.
1786). Widersprüchlich äussern sich schliesslich KURT AMONN/FRIDOLIN WALTHER
sowie Kurt Amonn/Dominik Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und
Konkursrechts, 7. Aufl. 2003 bzw. 6. Aufl. 1997, § 52 Rz. 34 bzw. § 55 Rz. 34).

3.2 Das Bundesgericht hat bis anhin keine Gelegenheit gehabt, über den Beginn
der Verwirkungsfrist gemäss Art. 292 SchKG für die Anfechtung beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zu entscheiden. In BGE 125 III 154 wurde
unter anderem auf Art. 331 Abs. 2 SchKG Bezug genommen, als es um die Frage
ging, ob im Nachlassverfahren eine Forderung nach der alt- oder neurechtlichen
Privilegienordnung zu kollozieren sei, und in diesem Zusammenhang die Wirkungen
von Konkurseröffnung und Bewilligung der Nachlassstundung zu vergleichen waren
(E. 3b S. 158). Über den Beginn der Verwirkungsfrist für die Anfechtung beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung wurde damit nicht entschieden.

4. Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und
die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten (BGE 128 I 34
E. 3b S. 41). Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom
daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür
bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann. Solche Gründe
können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem
Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Insoweit wird
vom historischen, teleologischen und systematischen Auslegungselement
gesprochen. Bei der Auslegung einer Norm sind daher neben dem Wortlaut diese
herkömmlichen Auslegungselemente zu berücksichtigen (BGE 133 III 257 E. 2.4 S.
265 mit Hinweisen).

4.1 Nach dem Wortlaut von Art. 331 Abs. 2 SchKG, der sich in den drei
Amtssprachen nicht unterscheidet, ist "für die Berechnung der Fristen anstelle
der Pfändung oder der Konkurseröffnung die Bewilligung der Nachlassstundung
oder des Konkursaufschubes, wenn ein solcher der Nachlassstundung
vorausgegangen ist,
BGE 134 III 273 S. 278
massgebend". Die Bestimmung spricht - wie die Beschwerdeführer zu Recht
festhalten - einzig von "Fristen", ohne zwischen Verdachts- oder Klagefristen
zu unterscheiden. Nach dem Wortlaut der Norm und der darin enthaltenen
Verweisung wird die "Pfändung" oder "Konkurseröffnung" in Art. 286-288 SchKG
durch die Bewilligung der Nachlassstundung oder des Konkursaufschubes, wenn ein
solcher der Nachlassstundung vorausgegangen ist, ersetzt, um den Beginn der
Verdachtsfristen zu bestimmen. Für den Beginn der Verwirkungsfrist gilt gemäss
Art. 292 SchKG die "Zustellung des Pfändungsverlustscheines" (Ziff. 1) oder die
"Konkurseröffnung" (Ziff. 2). Da Art. 331 Abs. 2 SchKG nicht von der
"Zustellung des Pfändungsverlustscheines" spricht, sondern nur von der
"Pfändung" bzw. "Konkurseröffnung", passt der Wortlaut im Rahmen der Verweisung
einzig auf Art. 292 Ziff. 2 SchKG. Wird hier "Konkurseröffnung" entsprechend
Art. 331 Abs. 2 SchKG ersetzt, so führen Wortlaut und Verweisung zum Ergebnis,
dass die Anfechtungsfrist im Falle der Anfechtung im Nachlassvertrag mit
Vermögensabtretung ab der Bewilligung der Nachlassstundung oder des
Konkursaufschubs, wenn ein solcher der Nachlassstundung vorangegangen sei,
läuft.

4.2 Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass Art. 331 SchKG nur
teilweise mit aArt. 316s SchKG übereinstimmt. Während Abs. 1 die Regelung von
aArt. 316s Abs. 1 erster Satz SchKG übernommen hat, sind die Änderungen in Abs.
3 redaktioneller Art und betreffen nur den französischen Text. Die Botschaft
über die Änderung des SchKG hält fest (BBl 1991 III 194 Ziff. 210.69): "Die
Berechnung der Verdachtsfristen wird in Absatz 2 geregelt. Im Übrigen wird
dieser Absatz redaktionell nur geringfügig geändert." In den eidgenössischen
Räten hat die vom Bundesrat vorgeschlagene Bestimmung so wenig als diejenige
von Art. 292 SchKG Anlass zu Voten gegeben (AB 1993 N S. 39, 46; AB 1993 S S.
655, 657). Zu Art. 292 SchKG hält die Botschaft allerdings fest, dass die bei
der Anfechtung relevanten zwei Zeitfragen klar getrennt würden: Die
Verdachtsperiode in den Anfechtungstatbeständen (Art. 286 ff. SchKG) sage, wann
der Schuldner die Handlung vorgenommen haben muss, damit sie anfechtbar ist;
währenddem Art. 292 SchKG nur noch sage, innert welcher Zeit die Anfechtbarkeit
geltend zu machen sei. Diese Frist begrenze das Anfechtungsrecht; ihr Ablauf
bedeute Verwirkung desselben (Botschaft, a.a.O., S. 179 Ziff. 209.5). Dennoch
spricht die Botschaft zu Art. 331 Abs. 2 SchKG einzig
BGE 134 III 273 S. 279
von der Regelung der Verdachtsfristen. Die Erklärung hierfür liegt in der
Grundlage, auf welche sich die Formulierung in der Botschaft stützt. Der
Wortlaut von Art. 331 Abs. 2 SchKG wurde praktisch unverändert vom Vorentwurf
der Expertenkommission übernommen (vgl. Art. 331 Abs. 2 des Vorentwurfes für
die Gesamtüberprüfung des SchKG vom Dezember 1981). Die Verweisung in Art. 331
Abs. 2 SchKG des Vorentwurfs bezog sich allerdings auf die mit Pfändung und
Konkurseröffnung beginnenden Verdachtsfristen, da im Vorentwurf keine
Verwirkungsfristen vorgesehen waren, welche ab Zustellung des
Pfändungsverlustscheines bzw. Konkurseröffnung zu laufen beginnen (vgl. Art.
292 des Vorentwurfes; Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, S. 102
f.). Zu Recht hält WALTHER (a.a.O.) fest, dass sich Art. 331 Abs. 2 SchKG
gemäss Botschaft nur auf die Verdachtsfristen und nicht auf die
Verwirkungsfrist bezieht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer bietet
die Entstehungsgeschichte einen triftigen Anhaltspunkt für die Annahme, dass
Art. 331 Abs. 2 SchKG nur für die Verdachtsfristen, und nicht auch für die
Verwirkungsfristen gemäss Art. 292 SchKG gelten soll.

4.3 In der Lehre wird - in systematischer Hinsicht - darauf hingewiesen, dass
bei Annahme, die Verwirkungsfrist beginne im Zeitpunkt der Bewilligung der
Nachlassstundung oder des vorausgegangenen Konkursaufschubs, das
Anfechtungsrecht verwirkt wäre, bevor es überhaupt geltend gemacht werden könne
(u.a. WINKELMANN et al., a.a.O., N. 10 zu Art. 331 SchKG).

4.3.1 Die Beschwerdeführer bringen in diesem Zusammenhang vor, dass auch
Konkurse länger als zwei Jahre dauern und auch hier Anfechtungsansprüche
verwirken könnten, bevor sie entstehen würden, nämlich wenn sie zwei Jahre nach
Konkurseröffnung vorgenommen würden. Das Vorbringen geht an der Sache vorbei.
Rechtshandlungen nach Konkurseröffnung können nicht angefochten werden, weil
sich die Verdachtsperioden von der Konkurseröffnung an rückwärts berechnen
(Art. 286 ff. SchKG); sodann gehen Handlungen während des Konkurses nicht vom
Gemeinschuldner (dessen Rechtshandlungen nach Konkurseröffnung ungültig sind;
Art. 204 SchKG), sondern von der Konkursverwaltung aus (FRANCO LORANDI, Die
Wirkungen des Konkursaufschubs, in: Festschrift für Karl Spühler, Zürich 2005,
S. 223). Die Vorbringen sind nicht geeignet, um darzulegen, dass der
Gesetzgeber in Art. 292 SchKG
BGE 134 III 273 S. 280
die Verwirkung von Anfechtungsansprüchen hinnehme, bevor sie überhaupt geltend
gemacht werden können.

4.3.2 Eine Nachlassstundung kann für maximal 24 Monate gewährt werden (Art. 295
Abs. 4 SchKG). Diese Frist kann sich verlängern, einerseits um die
vorausgegangenen zwei Monate einer provisorischen Nachlassstundung (Art. 293
Abs. 3 und 4, Art. 295 Abs. 1 SchKG), andererseits um die Dauer des Verfahrens
für die gerichtlichen Verfahren zur Bestätigung des Nachlassvertrages (Art. 308
Abs. 2 SchKG). Die Nachlassstundung kann demnach länger als zwei Jahre dauern.
Sodann fehlen für die Dauer des Konkursaufschubes nach Art. 725a OR Minimal-
oder Maximalfristen, sondern ist einzig das richterliche Ermessen aufgrund des
Sanierungsplanes massgebend (HANS ULRICH HARDMEIER, Zürcher Kommentar, N. 1324
zu Art. 725a OR). Würde die zweijährige Verwirkungsfrist gemäss Art. 292 SchKG
mit der Bewilligung der Nachlassstundung oder dem vorangegangenen
Konkursaufschub zu laufen beginnen, könnte sie abgelaufen sein, bevor der
Nachlassvertrag bestätigt wird.
Dieses Ergebnis steht in Widerspruch zu Art. 331 Abs. 1 SchKG, wonach die vom
Schuldner vor der Bestätigung des Nachlassvertrages vorgenommenen Handlungen
der Anfechtung unterliegen (Art. 331 Abs. 1 SchKG): Die während der Dauer der
Nachlassstundung vorgenommenen Handlungen sind anfechtbar, wobei die Anfechtung
auch möglich ist, wenn während der Stundung sowohl der Sachwalter als auch der
Nachlassrichter einem Geschäft zugestimmt haben (LORANDI,
Genehmigungsbedürftige Geschäfte während der Nachlassstundung [Art. 298 Abs. 2
SchKG], ZZZ 2004 S. 105 und106). Folgte man der Auffassung der
Beschwerdeführer, könnten Handlungen während der Nachlassstundung zwar
anfechtbar sein, aber nicht angefochten werden, weil die Klage bereits verwirkt
ist; überdies würden Gläubiger in einem Nachlassverfahren mit vorangegangenem
Konkursaufschub benachteiligt. Dieses aus dem Zusammenhang mit anderen
Vorschriften fliessende Ergebnis stellt einen triftigen Grund für die Annahme
dar, dass Art. 331 Abs. 2 SchKG die Verwirkungsfrist nicht regelt.

4.3.3 Die Beschwerdeführer halten demgegenüber fest, dass die Nachlassstundung
nur in Extremfällen die Maximaldauer erreichen würde; in der Praxis würden sich
bei einem Beginn der Anfechtungsfrist im Zeitpunkt der Bewilligung der
Nachlassstundung keine Probleme stellen; die Berücksichtigung von Extremfällen
sei
BGE 134 III 273 S. 281
nicht ein gesetzessystematisches, sondern rechtspolitisches Argument. Der
Einwand geht fehl. Zum einen ist notorisch, dass durch das Verfahren zur
Bestätigung des Nachlassvertrages die effektive Stundungsdauer erheblich länger
als die formell bewilligte sein kann (DANIEL HUNKELER, Streiflichter durch das
gerichtliche Nachlassverfahren, ZZZ 2004 S. 300). Zum anderen hat der
Gesetzgeber die Möglichkeit der Verlängerung der Stundungsdauer gerade für
"besonders komplexe Fälle" vorgesehen (Art. 295 Abs. 4 SchKG). Es ist nicht
anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Nachlassstundung in "besonders komplexen
Fällen" regeln, jedoch in diesen Fällen oder den Fällen mit vorausgegangenem
Konkursaufschub die faktische Unanfechtbarkeit von Rechtshandlungen als
"Extremfälle" hinnehmen wollte. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer
sprechen nicht rechtspolitische, sondern gesetzessystematische Überlegungen für
die Annahme, dass die Anfechtungsfrist nicht mit Bewilligung der
Nachlassstundung oder mit dem vorausgegangenen Konkursaufschub zu laufen
beginnt bzw. Art. 331 Abs. 2 SchKG sich nicht auf die Verwirkungsfrist bezieht.

4.4 Was den Zweck der Norm anbelangt, machen die Beschwerdeführer geltend, dass
die Anfechtungsklage einerseits dem Gläubigerschutz, andererseits der
Rechtssicherheit und dem Schutz der Vertragspartner des Schuldners diene. Wegen
der gegenläufigen Interessen könnten aus dem Zweck der Norm keine Rückschlüsse
für ein überzeugendes Ergebnis gezogen werden.

4.4.1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung
zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Art. 286-288 SchKG
entzogen worden sind (Art. 285 Abs. 1 SchKG), und mit der Verwirkung des
Anfechtungsrechts nach Ablauf von zwei Jahren (Art. 292 SchKG) soll der Zustand
der Rechtsunsicherheit begrenzt werden (BAUER, a.a.O., N. 1 zu Art. 292 SchKG).
Wenn Art. 331 Abs. 2 SchKG auch für die Verwirkungsfrist gelten würde bzw. die
Bewilligung der Nachlassstundung fristauslösend wäre, hätten die Liquidatoren,
welche nach Bestätigung des Nachlassvertrages das abgetretene Vermögen zu
liquidieren haben (Art. 319 Abs. 3 und 4 SchKG), weniger als zwei Jahre Zeit,
um durch Anfechtung Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zuzuführen, sofern
das Anfechtungsrecht nicht bereits im Zeitpunkt der Bestätigung des
Nachlassvertrages verwirkt ist. Das Gleiche gilt für die Gläubiger, wenn ihnen
- nach einem Verzicht auf Geltendmachung des Anspruchs durch die Liquidatoren
BGE 134 III 273 S. 282
und des Gläubigerausschusses - der Anfechtungsanspruch nach Art. 260 SchKG
abgetreten wird (Art. 325 SchKG). Noch weniger Zeit hätten die Liquidatoren
(bzw. die Abtretungsgläubiger), wenn der Nachlassstundung ein Konkursaufschub
vorausgegangen ist.
Dies ist mit dem Zweck der Anfechtung nicht vereinbar. Diese soll nicht nur
Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zuführen, die ihr durch eine anfechtbare
Rechtshandlung entzogen worden sind, sondern auch - unter Vorbehalt
gesetzlicher Ausnahmen - die Gleichbehandlung der Gläubiger gewährleisten. Im
Konkurs gilt grundsätzlich das Prinzip der Gleichbehandlung der Gläubiger,
ebenso im gerichtlichen Nachlassvertrag als einem Konkurssurrogat (BGE 50 II
501 E. 2 S. 504; BGE 105 III 92 E. 2a S. 94; vgl. Amonn/ Walther, a.a.O., § 35
Rz. 3, § 53 Rz. 12). Es gibt keinen sachlichen Grund, die Gläubiger beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung schlechter zu stellen als die Gläubiger
im Konkurs oder - umgekehrt formuliert - die Anfechtungsgegner beim
Nachlassvertrag günstiger zu stellen als die Anfechtungsgegner beim Konkurs.
Vielmehr ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes, dass dem Liquidator beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung - wie der Konkursverwaltung im Konkurs -
ebenfalls zwei volle Jahre zur Verfügung stehen sollen (vgl. SCHÜPBACH, a.a.O.,
N. 70 zu Art. 292 SchKG), um die Anfechtungsansprüche geltend zu machen. Der
Zweck der Norm spricht gegen die Auffassung, dass Art. 331 Abs. 2 SchKG auch
auf die Verwirkungsfrist gemäss Art. 292 SchKG verweist.

4.4.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, dass nicht erst der Liquidator nach
Bestätigung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung, sondern nach
Bewilligung der Nachlassstundung bereits der Sachwalter berechtigt sei, eine
Anfechtungsklage zu führen; der Sachwalter könne bei Erkennen eines
Anfechtungstatbestandes an den Nachlassrichter gelangen und sich zur
Anfechtungsklage ermächtigen lassen.
Die während der Dauer der Nachlassstundung vorgenommenen Handlungen unterliegen
- wie dargelegt (E. 4.3.2) - der Anfechtung (Art. 331 Abs. 1 SchKG); dies gilt
auch dann, wenn der Sachwalter oder der Nachlassrichter einem Rechtsgeschäft
zugestimmt haben (Art. 298 Abs. 2 SchKG). Eine Anfechtung ist
verfahrensrechtlich jedoch nur möglich, sofern es zu einem Nachlassvertrag mit
Vermögensabtretung kommt (Art. 331 SchKG). Während der
BGE 134 III 273 S. 283
Nachlassstundung (oder bei einem ordentlichen Nachlassvertrag) können
Anfechtungsansprüche nicht geltend gemacht werden (Franco LORANDI,
Sicherungsgeschäfte in der Insolvenz des Sicherungsgebers, AJP 2005 S. 1301).
Mangels einer verselbständigten Liquidationsmasse besteht während der
Nachlassstundung (wie beim ordentlichen Nachlassvertrag) keine
Anfechtungsmöglichkeit (vgl. Amonn/Walther, a.a.O., § 55 Rz. 34 a.E.). Im
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung stehen hingegen die Anfechtungsansprüche
der Nachlassmasse zu; diese ist berechtigt, die Ansprüche geltend zu machen,
wobei zunächst nur die Liquidatoren (Art. 319 Abs. 3 und 4 SchKG)
Anfechtungsklage erheben können (Gilliéron, a.a.O., N. 45 zu Art. 285, N. 16 zu
Art. 317 SchKG). Wenn die Liquidatoren und der Gläubigerausschuss auf die
Geltendmachung verzichten und es zur Abtretung gemäss Art. 260 SchKG (i.V.m.
Art. 325 SchKG) kommt, so ist derjenige Nachlassgläubiger zum
Abtretungsbegehren legitimiert, der im Kollokationsplan berücksichtigt worden
ist (BGE 128 III 291 E. 4c S. 292). Einen Kollokationsplan (Art. 321 SchKG)
gibt es indessen erst nach Bestätigung des Nachlassvertrages mit
Vermögensabtretung. Im Übrigen hat das Bundesgericht bereits aufgrund der
Rechtslage vor 1997 entschieden, dass im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs den Liquidatoren zusteht, welche
die Klage nach Bestätigung des Nachlassvertrages einreichen können (BGE 106 III
40 E. 4 S. 45). Sodann behaupten die Beschwerdeführer selber nicht, dass
bereits während des Konkursaufschubs gemäss Art. 725a OR Anfechtungsansprüche
geltend gemacht werden könnten (LORANDI, Die Wirkungen des Konkursaufschubs,
a.a.O., S. 224 f., mit Hinweisen). Entgegen der Darstellung der
Beschwerdeführer ist demnach eine Anfechtung erst möglich, wenn es nachfolgend
zu einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kommt. Mit Blick auf den Zweck
der Norm ergibt sich, dass Art. 331 Abs. 2 SchKG nicht die Verwirkungsfrist
regelt.

4.5 Nach dem Dargelegten ist festzuhalten, dass der Wortlaut von Art. 331 Abs.
2 SchKG die Anwendung auf die Verwirkungsfrist gemäss Art. 292 SchKG wohl
zulässt. Aus der Entstehungsgeschichte, dem Zusammenhang mit anderen
Vorschriften und dem Zweck ergeben sich jedoch triftige Gründe, dass der
Gesetzgeber dies nicht gewollt haben kann, sondern dass sich Art. 331 Abs. 2
SchKG nur auf die Verdachtsfristen bezieht.
BGE 134 III 273 S. 284

4.6 Gemäss Art. 331 Abs. 1 SchKG unterliegen die vom Schuldner vor der
Bestätigung des Nachlassvertrages vorgenommenen Rechtshandlungen der Anfechtung
"nach den Grundsätzen der Art. 285-292 SchKG". Da sich Art. 331 Abs. 2 SchKG -
wie dargelegt (E. 4.1-4.5) - nur auf die Verdachts-, nicht aber auf die
Verwirkungsfristen bezieht, ist in Anwendung der für die Anfechtung
massgebenden Grundsätze zu prüfen, in welchem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist
gemäss Art. 292 SchKG ausgelöst wird.

4.6.1 Der Hinweis der Beschwerdeführer auf BGE 125 III 154 führt nicht weiter.
Im erwähnten Urteil entschied das Bundesgericht, der Zeitpunkt der Bewilligung
der Nachlassstundung und nicht jener der Bestätigung des Nachlassvertrages sei
entscheidend, ob eine Forderung nach der alten oder neuen Privilegienordnung zu
kollozieren ist (BGE 125 III 154 E. 3b und 3c S. 156 ff.). Entscheidend hierfür
war der Vergleich der Wirkungen der Konkurseröffnung und der Bewilligung der
Nachlassstundung. Daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, dass einzig die
Bewilligung der Nachlassstundung gleichartige Wirkungen wie die
Konkurseröffnung zeitige. Notwendig ist vielmehr ein Vergleich mit der
Konkurseröffnung, um zu erkennen, wann die Anfechtungsfrist beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zu laufen beginnt.

4.6.2 Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung handelt es sich um eine
konkursähnliche Generalliquidation des Schuldnervermögens (BGE 108 III 83 E. 3
S. 87; BGE 114 III 120 f.); wie im Konkurs wird das Schuldnervermögen
verselbständigt und bildet die Nachlassmasse (BGE 106 Ib 357 E. 3c S. 367;
Amonn/Walther, a.a.O., § 55 Rz. 22). So wie der Konkursmasse stehen die
Anfechtungsansprüche beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung der
Nachlassmasse zu; so wie die Konkursverwaltung sind die Liquidatoren
berechtigt, die Anfechtungsansprüche geltend zu machen, wobei nur die
Konkursverwaltung bzw. Liquidatoren, subsidiär die Konkursgläubiger bzw.
Nachlassgläubiger (Art. 325 SchKG) Anfechtungsklage erheben können (Art. 285
Abs. 2 Ziff. 2 SchKG; GILLIÉRON, a.a.O., N. 45 zu Art. 285 SchKG). Während die
Konkursmasse mit der Konkurseröffnung entsteht (Art. 197 Abs. 1 SchKG), bildet
sich die Nachlassmasse mit Bestätigung des Nachlassvertrages mit
Vermögensabtretung (Art. 319 SchKG).

4.6.3 Aus dem Dargelegten ergibt sich der Schluss, dass die zweijährige
Verwirkungsfrist von Art. 292 SchKG - in Parallelität zum
BGE 134 III 273 S. 285
Konkurs (SCHÜPBACH, a.a.O., N. 60 zu Art. 292 SchKG) - mit der rechtskräftigen
Bestätigung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung zu laufen beginnt.

5. Vorliegend ist unstrittig, dass der Liquidator vor Ablauf von zwei Jahren
seit der rechtskräftigen Bestätigung des Nachlassvertrages Anfechtungsklage
gegen die Beschwerdeführer eingereicht hat. Wenn das Handelsgericht
festgestellt hat, dass die Klägerin die Verwirkungsfrist gemäss Art. 331 i.V.m.
Art. 292 SchKG gewahrt hat, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar.