Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 27



Urteilskopf

134 III 27

  4. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Z. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
  4A_155/2007 vom 9. Oktober 2007

Regeste

  Gerichtsstand der Streitgenossenschaft; doppelrelevante Tatsachen (Art. 6
Ziff. 1 LugÜ; Art. 129 Abs. 3 IPRG und Art. 7 Abs. 1 GestG).

  Gerichtsstand der Streitgenossenschaft: Gefahr sich widersprechender
Urteile (E. 5).

  Bei freiwilliger passiver Streitgenossenschaft kann die nicht an ihrem
ordentlichen Gerichtsstand belangte Partei nach Art. 6 Ziff. 1 LugÜ die
Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auch gestützt auf Umstände
bestreiten, aus denen sich die Unbegründetheit der Klage gegenüber dem
Streitgenossen ergibt, sofern es sich dabei um mit Blick auf die gegen sie
selbst gerichteten Ansprüche nicht doppelrelevante Tatsachen handelt (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 27

  A.- 24 in Deutschland domizilierte Investoren (Z. und Mitb.;
Beschwerdegegner) klagen vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich auf
Schadenersatz für ihre Verluste. Sie machen geltend, A. und B. hätten seit
1995 öffentlich Anlagen angeboten, zunächst über eine auf den British Virgin
Islands eingetragene Gesellschaft und hernach über die von ihnen erworbene
"YB., Inc." (YBI) mit Sitz in Chicago, Illinois, für welche X.
(Beschwerdeführer), der in Lugano eine Anwaltskanzlei führt, als Anwalt und
Notar mandatiert worden sei. Zahlreiche Personen hätten seit dem 28. Oktober
1996 Anlageverträge mit der YBI abgeschlossen, ihr Geld aber nicht oder nur
zum Teil zurückerhalten, denn die YBI habe nach dem Schneeballprinzip

funktioniert: Die Einlagen seien für Ausschüttungen an andere Kunden,
Vermittlerprovisionen, Akquisitionsspesen und einen aufwändigen Lebensstil
verwendet worden. A. und B. sowie weitere Beteiligte seien im Frühjahr 2000
wegen gemeinschaftlichen Betrugs vom Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilt
worden.

  B.- Mit Klage vom 30. Oktober 2006 forderten die Beschwerdegegner vor dem
Handelsgericht vom Beschwerdeführer sowie von der miteingeklagten V.
Versicherungsgesellschaft (Beklagte 1), bei welcher der Beschwerdeführer
gegen seine Berufshaftpflicht versichert ist, Ersatz für den jedem Einzelnen
von ihnen aus seiner Anlage bei der YBI entstandenen Schaden. Die
Beschwerdegegner begründen die Haftung der Beklagten 1 damit, dass es diese
beim Abschluss der Berufshaftpflicht-Police mit dem Beschwerdeführer an der
besonderen Sorgfalt habe fehlen lassen, die sie angesichts der möglichen
Publikumsgefährdung im Interesse Dritter hätte aufwenden müssen. Darüber
hinaus stützen sie sich auf eine Abtretung der Ansprüche des
Beschwerdeführers auf Versicherungsdeckung für die ihnen diesem gegenüber
bestehenden Haftungsansprüche sowie auf ihr gesetzliches Pfandrecht (Art. 60
VVG; SR 221.229.1). Die Schadenersatzpflicht des Beschwerdeführers führen
sie auf die Übernahme des Mandats als solche zurück, und sie werfen ihm vor,
seine Treue- und Sorgfaltspflichten als Rechtsanwalt und Notar verletzt zu
haben. Zudem leiten sie seine Verantwortlichkeit aus dem Anlagefondsgesetz
ab. Der Beschwerdeführer erhob die Einrede der örtlichen und sachlichen
Unzuständigkeit, hauptsächlich wegen der fehlenden Passivlegitimation der
Beklagten 1 und wegen des fehlenden Sachzusammenhangs der Klagen. Er wie
auch die Beklagte 1 verlangten, das Verfahren zunächst auf das Prozessthema
der Passivlegitimation der Beklagten 1 zu beschränken. Diesen Antrag sowie
die Einrede der fehlenden örtlichen Zuständigkeit wies das Handelsgericht am
29. März 2007 ab. Über die Frage der sachlichen Zuständigkeit wurde noch
nicht entschieden.

  C.- Der Beschwerdeführer hat den Beschluss des Handelsgerichts mit
Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht angefochten. Er stellt das
Rechtsbegehren, auf die gegen ihn gerichtete Klage nicht einzutreten, und
ersucht um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Die Beschwerdegegner
beantragen im Wesentlichen, auf die Beschwerde nicht einzutreten,
eventualiter diese wie auch das Gesuch um aufschiebende Wirkung abzuweisen.
Der Beschwerde wurde am 29. Mai 2007 superprovisorisch die aufschiebende
Wirkung erteilt.

Mit dem vorliegenden endgültigen Entscheid über die Beschwerde wird die
Frage der aufschiebenden Wirkung obsolet.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Die Beschwerdegegner wohnen in Deutschland, beide Beklagten haben
ihren Sitz bzw. Wohnsitz in der Schweiz, womit ein internationales
Verhältnis zur Beurteilung steht, für welches die Frage der internationalen
Zuständigkeit vom Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (LugÜ; SR 0.275.11) beherrscht wird.

  2.1  Zu Recht unumstritten ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit
des angerufenen Gerichts am Sitz der Beklagten 1 (KROPHOLLER, Europäisches
Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Frankfurt a.M. 2005, N. 3 vor Art. 2 EuGVO),
soweit sich die Klage gegen diese richtet.

  2.2  Anders verhält es sich mit Bezug auf den Beschwerdeführer, der in F.
(Kanton Tessin) wohnt und nicht im Handelsregister eingetragen ist. Wäre er
allein eingeklagt worden, wäre das Handelsgericht Zürich weder örtlich noch
sachlich zuständig, wie es zutreffend anführt. Indessen leitet die
Vorinstanz ihre örtliche Zuständigkeit aus Art. 6 Ziff. 1 LugÜ
(Gerichtsstand des Zusammenhangs) ab. In Auseinandersetzung mit den
unterschiedlichen Lehrmeinungen kommt sie zum Ergebnis, diese Bestimmung
regle auch die innerstaatliche Zuständigkeit, wenn alle Beklagten im
Gerichtsstaat Sitz oder Wohnsitz haben und dieser Staat - wie die Schweiz in
Art. 7 Abs. 1 GestG (SR 272) - die passive subjektive Klagenhäufung kennt.
Die Vorinstanz bejahte den nach der genannten Konventionsbestimmung
erforderlichen Sachzusammenhang aus der Überlegung, dass der von den
Beschwerdegegnern gestützt auf die behauptete Zession geltend gemachte
Deckungsanspruch aus der Berufshaftpflichtversicherung dem Beschwerdeführer
nur dann entstehe, wenn dieser den Beschwerdegegnern gegenüber aus
mangelnder Sorgfalt hafte. Die Ausübung des angeblichen Pfandrechts
gegenüber der Beklagten 1 sei ebenfalls nur unter dieser Voraussetzung
möglich. Die Vorinstanz erachtete daher eine gemeinsame Verhandlung und
Entscheidung über diese Ansprüche als geboten, so dass von Konnexität im
Sinne von Art. 6 Ziff. 1 LugÜ auszugehen sei. Dabei hob die Vorinstanz
hervor, dass die Konnexität, mithin auch die Zuständigkeit, verneint werden
müsste, sollte die Passivlegitimation der Beklagten 1 nicht gegeben sein.

  2.3  Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts 4C.84/2004 vom 9.
Juni 2004 lehnte es die Vorinstanz sodann ab, über die Rechtsfrage der
"Passivlegitimation der Beklagten 1" (recte: Aktivlegitimation der Kläger
und heutigen Beschwerdegegner) im Rahmen der Entscheidung über ihre
Zuständigkeit zur Beurteilung der Klage gegen den Beschwerdeführer zu
befinden und die dazu nötigen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Sie erwog,
der für das Fehlen der Passivlegitimation massgebliche Sachverhalt sei nicht
unbestritten und ergebe sich nicht ohne Weiteres aus den Akten. Die
Vorinstanz stellte aus diesen Gründen "einstweilen" auf die bestrittenen
Behauptungen der Beschwerdegegner ab und merkte an, aufgrund der "jetzigen
Aktenlage" könne "nicht leichthin gesagt werden", die Beschwerdegegner
hätten den Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach Art. 6 Ziff. 1 LugÜ
rechtsmissbräuchlich beansprucht. Dies führte zur Abweisung der Einrede der
fehlenden örtlichen Zuständigkeit.
  (...)

Erwägung 5

  5.  Für den Fall, dass Art. 6 Ziff. 1 LugÜ zur Anwendung kommt, macht der
Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe der Rechtsprechung des EuGH
entgegen den bundesgerichtlichen Vorgaben keine Beachtung geschenkt. Im
Urteil vom 13. Juli 2006 in der Rechtssache C-539/03, Roche Nederland BV
u.a. gegen Frederick Primus und Milton Goldberg, Slg. 2006, I-06535, habe
der EuGH seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass widersprüchliche
Urteile nunmehr dann vermieden werden müssten, wenn beiden Klagen dieselbe
Sach- und Rechtslage zugrunde liege. Auch nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung sei Art. 6 Ziff. 1 LugÜ als Ausnahme von der Regel des
Wohnsitzgerichtsstandes restriktiv auszulegen.

  5.1  Art. 6 Ziff. 1 LugÜ enthält eine Zuständigkeitsbestimmung für die
passive Streitgenossenschaft. Wenn mehrere Personen zusammen verklagt
werden, kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines
Vertragsstaates hat, auch vor dem Gericht belangt werden, in dessen Bezirk
einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat. Diese Vorschrift regelt die
internationale und, nach ihrem Wortlaut zu schliessen (Bezirk), auch die
örtliche Zuständigkeit (KROPHOLLER, a.a.O., N. 3 vor Art. 2 EuGVO und N. 5
zu Art. 6 EuGVO; DONZALLAZ, La Convention de Lugano, Bd. 3, Rn. 5444 S. 490
mit Hinweisen). Der Streitfrage, ob Art. 6 Ziff. 1 LugÜ auch Anwendung
findet, wenn mehrere Beklagte ihren Wohnsitz in demselben Staat haben

(vgl. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, Kommentar, 2. Aufl., München 2003, N.
2 zu Art. 6 EuGVVO; KROPHOLLER, a.a.O., N. 2 zu Art. 6 EuGVO), kommt in der
Schweiz keine massgebliche Bedeutung zu. In der Schweiz gilt nicht nur im
Binnenverhältnis eine Art. 6 Ziff. 1 LugÜ nachempfundene Bestimmung (Art. 7
Abs. 1 GestG; vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in
Zivilsachen vom 18. November 1998, BBl 1999 S. 2848). Auch im
internationalen Verhältnis steht für Klagen aus unerlaubter Handlung, sofern
für mehrere Beklagte eine Zuständigkeit in der Schweiz gegeben ist, nach
Art. 129 Abs. 3 IPRG der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft zur
Verfügung, der wie Art. 6 Ziff. 1 LugÜ einen hinreichenden Konnex zwischen
den verschiedenen Ansprüchen voraussetzt (vgl. VOLKEN, Zürcher Kommentar, 2.
Aufl., N. 113 zu Art. 129 IPRG; UMBRICHT/ZELLER, Basler Kommentar, 2. Aufl.,
N. 30 zu Art. 129 IPRG).

  5.2  Art. 6 Ziff. 1 LugÜ stellt einen weiteren, vom Grundsatz der
Zuständigkeit am Wohnsitz des Beklagten abweichenden Gerichtsstand für Fälle
zur Verfügung, in denen zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben
ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um
zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen
ergehen könnten (vgl. Art. 6 Nr. 1 der Verordnung [EG] 44/2001 des Rates
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung
von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000
[EuGVO], dessen Wortlaut die zur früheren, Art. 6 Ziff. 1 LugÜ
entsprechenden Fassung entwickelte Lehre und Rechtsprechung aufnimmt;
KROPHOLLER, a.a.O., N. 8 zu Art. 6 EuGVO; CZERNICH/TIEFENTHALER/KODEK,
Kurzkommentar Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht: EuGVO
und Lugano-Übereinkommen, 2. Aufl., Wien 2003, N. 1 und 10 zu Art. 6 EuGVO).

  5.3  Der Beschwerdeführer weist zu Recht darauf hin, dass im Bereich des
Lugano-Übereinkommens den Urteilen des EuGH zum EuGVÜ gebührend Rechnung zu
tragen ist (BGE 133 III 282 E. 3.1 S. 285 mit Hinweisen). Der EuGH hat in
der zitierten Rechtssache C-539/03 indessen nicht abschliessend beurteilt,
wie weit der Begriff der widersprechenden Entscheidungen auszulegen sei. Er
hielt vielmehr fest, selbst wenn der Begriff in einem weiten Sinn zu
verstehen wäre, seien im zu beurteilenden Fall sich widersprechende Urteile
nicht denkbar, da es dazu nicht genüge, wenn es zu einer abweichenden
Entscheidung des Rechtsstreits komme. Diese Abweichung müsse

ausserdem bei derselben Sach- und Rechtslage auftreten (zit. Urteil des EuGH
C-539/03 Randnr. 26 f.). In der vom EuGH beurteilten Streitsache ging es um
die Verletzung eines europäischen Patents. Den eingeklagten Personen wurden
einerseits nicht dieselben Verletzungshandlungen vorgeworfen, so dass nach
Auffassung des EuGH unterschiedliche Entscheide nicht dieselbe Sachlage
betrafen. Andererseits unterliegt ein europäisches Patent weiterhin dem
nationalen Recht der Vertragsstaaten, für die es erteilt worden ist, weshalb
die Gerichte verschiedener Vertragsstaaten ihren Entscheiden nicht dieselbe
Rechtslage zu Grunde legen, wie der EuGH weiter ausführte.

  5.4  Mit der vom EuGH entschiedenen Rechtssache ist der zu beurteilende
Fall nicht vergleichbar. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf,
theoretische Überlegungen zur Rechtsprechung des EuGH und des Bundesgerichts
anzustellen und zu behaupten, die Klagen gegenüber der Beklagten 1 müssten
abgewiesen werden, unabhängig davon, ob die Klagen gegen den
Beschwerdeführer begründet seien oder nicht. Damit zeigt er aber nicht auf,
dass sich bezüglich der Ansprüche der Beschwerdegegner gegenüber der
Versicherung nicht dieselben Sach- und Rechtsfragen stellen wie bei der
Beurteilung seiner Haftpflicht. Er behauptet vielmehr sinngemäss, die
Ansprüche gegenüber der Versicherung würden neben seiner Haftpflicht in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht von weiteren Voraussetzungen
abhängen, die nicht gegeben seien. Die Gefahr sich widersprechender Urteile
kann aber nur ausgeschlossen werden, falls dies zutreffen sollte. Die
Vorbringen des Beschwerdeführers beschlagen die Frage, ob darüber schon im
Rahmen der Zuständigkeitsprüfung entschieden werden muss. Die Vorinstanz hat
unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den
doppelrelevanten Tatsachen einstweilen auf die Behauptungen der
Beschwerdegegner abgestellt und gestützt darauf die Gefahr sich
widersprechender Urteile bejaht. Ob dieses Vorgehen richtig ist, bleibt
nachfolgend zu prüfen.

Erwägung 6

  6.  Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, fälschlicherweise
angenommen zu haben, entscheidwesentliche Tatsachenbehauptungen seien
umstritten. Der Beschwerdeführer habe keineswegs die Echtheit der von den
Beschwerdegegnern eingereichten Unterlagen angezweifelt, sondern einzig die
daraus von den Beschwerdegegnern abgeleitete Rechtsfolge der Zession
bestritten. Dazu habe sich die Vorinstanz zu Unrecht nicht geäussert. Der
Beschwerdeführer ist der Meinung, nach Art. 102 Abs. 2 des Bundesgesetzes
vom 17. Juni

2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) könne und müsse das
Bundesgericht diese Rechtsfrage entscheiden. Im Einzelnen bringt er vor, es
sei gerichtsnotorisch und ergebe sich aus den von den Beschwerdegegnern
eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), dass die Ansprüche
des Versicherungsnehmers ohne vorgängige Zustimmung des Versicherers nicht
abgetreten werden könnten. Dieses pactum de non cedendo im Sinne von Art.
164 OR stehe der Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
entgegen, und das von den Beschwerdegegnern als Zustimmung gewertete
Schreiben lasse sich nicht in diesem Sinne verstehen. Auch ihrem Inhalte
nach stellten die von den Beschwerdegegnern eingereichten Urkunden keine
rechtsgültigen Abtretungserklärungen dar, und bei gewissen als angebliche
Zession ins Recht gelegten Aktenstücken handle es sich um Telefaxschreiben,
auf denen die notwendige Unterschrift des Verfügungsberechtigten fehle.
Zudem könne ein unbeteiligter Dritter nicht feststellen, wer Zessionar der
Forderungen sei. Sei die Beklagte 1 demgemäss nicht als debitor cessus zu
betrachten, entfalle der zuständigkeitsbegründende Konnex, was zum
Nichteintreten auf die Klage gegen den Beschwerdeführer führen müsse.

  6.1  Art. 6 Ziff. 2 LugÜ betreffend den Gerichtsstand der Streitverkündung
enthält ein ausdrückliches Verbot des Rechtsmissbrauchs. Danach steht der
betreffende Gerichtsstand nicht zur Verfügung, "wenn die Klage nur erhoben
worden ist, um diese Person dem für sie zuständigen Gericht zu entziehen".
Dieses Verbot des Gerichtsstandsmissbrauchs ist auch im Rahmen von Art. 6
Ziff. 1 LugÜ zu beachten (KROPHOLLER, a.a.O., N. 15 zu Art. 6 EuGVO; GEIMER/
SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., München 2004, N. 23 zu
Art. 6 EuGVVO), zumal das Missbrauchspotential bei der gewählten Regelung
manifest ist, bleibt es doch der Willkür des Klägers überlassen, sich unter
mehreren international und örtlich in Betracht kommenden Gerichtsständen den
ihm genehmen auszusuchen (SCHLOSSER, a.a.O., N. 2 zu Art. 6 EuGVVO). Gerade
weil es zur Kompetenzbegründung im Grundsatz nicht darauf ankommt, ob die
Klage gegen den im Gerichtskreis wohnenden Beklagten zulässig oder begründet
ist (KROPHOLLER, a.a.O., N. 16 zu Art. 6 EuGVO), besteht die Gefahr, dass
der Sachzusammenhang nur vorgeschoben wird, um den Gerichtsstand zu
begründen (CZERNICH/TIEFENTHALER/KODEK, a.a.O., N. 2 zu Art. 6 EuGVO). So
dürfte es sich verhalten, wenn schon bei summarischer Prüfung der behauptete

Sachzusammenhang nicht gegeben sein kann (CZERNICH/TIEFENTHALER/KODEK,
a.a.O., N. 2 zu Art. 6 EuGVO) oder wenn die Zuständigkeit durch den Wohnsitz
jenes Streitgenossen begründet wird, dem gegenüber offensichtlich kein
Anspruch besteht (SCHLOSSER, a.a.O., N. 3 zu Art. 6 EuGVVO).

  6.2  Nach dem Gesagten können sich die Beschwerdegegner nicht auf Art. 6
Ziff. 1 LugÜ berufen, sofern sich die gegen die Beklagte 1 eingereichte
Klage als offensichtlich unzulässig erweist. Nicht ausser Acht bleiben darf
aber, dass sich der erforderliche Sachzusammenhang in der Regel aus einer
doppelrelevanten Tatsache ergibt, einem Umstand, der sowohl für die
Zuständigkeit als auch für die materielle Begründetheit der bzw. einer der
Klage(n) von Bedeutung, mithin doppelrelevant ist, wie etwa Solidarität
(CZERNICH/TIEFENTHALER/KODEK, a.a.O., N. 7 zu Art. 6 EuGVO). Das LugÜ
enthält keine Regel, wie beim Vorliegen doppelrelevanter Tatsachen zu
verfahren ist. Massgebend sind daher die für das nationale Gericht geltenden
nationalen Rechtsvorschriften, auf welche zurückzugreifen ist, soweit deren
Anwendung die praktische Wirksamkeit des Übereinkommens nicht beeinträchtigt
(Urteil des EuGH vom 7. März 1995 in der Rechtssache C-68/93, Fiona Shevill
u.a. gegen Presse Alliance SA, Slg. 1995, I-415, Randnr. 35 f. mit Hinweis;
vgl. auch BGE 122 III 249).

  6.2.1  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Beurteilung
der Zuständigkeit primär auf den eingeklagten Anspruch und dessen Begründung
abzustellen; die diesbezüglichen Einwände der Gegenpartei sind in diesem
Stadium grundsätzlich nicht zu prüfen. Das gilt indessen nur, wenn der
Gerichtsstand von der Natur des eingeklagten Anspruchs abhängt. Ist eine
Tatsache in dem Sinn doppelrelevant, dass sie sowohl für die Zulässigkeit
der Klage als auch für deren Begründetheit von Bedeutung ist, wird sie nur
einmal untersucht, und zwar im Moment der Prüfung des eingeklagten
Anspruchs. Dieses Vorgehen dient dem Schutz der beklagten Partei und soll
ihr ermöglichen, einer zweiten identischen Klage die Einrede der
abgeurteilten Sache entgegenzuhalten, wenn sie sich ohnehin gegen die
Richtigkeit einer bestimmten (doppelrelevanten) Sachbehauptung zur Wehr
setzen muss. Erhebt die beklagte Partei hingegen die Einrede der
Unzuständigkeit gestützt auf eine Behauptung, die allein mit Bezug auf die
Frage der Zuständigkeit relevant ist, und stellt die Klagpartei diese
Sachbehauptung in Abrede, muss darüber im Zeitpunkt der
Zuständigkeitsprüfung Beweis geführt werden

(BGE 133 III 295 E. 6.2 S. 298 f.; 122 III 249 E. 3b/bb und cc S. 252 f. mit
Hinweisen).

  6.2.2  Beruft sich die nicht an ihrem ordentlichen Gerichtsstand belangte
Partei auf Umstände, aus denen sich die Unbegründetheit der Klage gegen den
Streitgenossen ergibt, kann es sich dabei um eine mit Bezug auf sie selbst
exorbitante, d. h. ausschliesslich kompetenzbegründende, nicht
doppelrelevante Tatsache handeln, über welche im Rahmen des
Zuständigkeitsentscheides Beweis zu führen und zu befinden ist (BGE 133 III
295 E. 6.2 S. 299; 122 III 249 E. 3b/cc S. 252 f. mit Hinweisen). In BGE 124
III 382 E. 3b S. 387 erwog das Bundesgericht mit Bezug auf die gegen die
Zuständigkeit eingewendete Immunität, es wäre mit dem Konzept der Immunität
selbst kaum vereinbar, eine Prozesspartei zu zwingen, das Verfahren in der
Sache durchzuführen, obwohl sich diese der staatlichen Zuständigkeit
entzogen erachtet.

  6.2.3  Analog präsentiert sich die Interessenlage im vorliegenden Fall.
Wollte man die Klärung jener Tatsachen, welche die Unzulässigkeit der Klage
ausschliesslich gegenüber der Beklagten 1 begründen könnten, im Stadium der
Prüfung der vom Beschwerdeführer erhobenen Unzuständigkeitseinrede
verweigern, wäre der Beschwerdeführer faktisch gezwungen, einen Prozess vor
einem möglicherweise unzuständigen Gericht vollständig durchzuführen, was
darauf hinausliefe, ihm das Recht, sich auf den ordentlichen Gerichtsstand
zu berufen, zu verschliessen. Denn nach dem Grundsatz der perpetuatio fori
bliebe das Gericht für die Klage gegen den Beschwerdeführer zuständig, auch
wenn die Klage gegen die Streitgenossin mit Teilurteil abgewiesen werden
sollte (BGE 122 III 249 E. 3b/cc S. 253 mit Hinweis; vgl. auch SCHLOSSER,
a.a.O., N. 3 zu Art. 6 EuGVVO; DONZALLAZ, a.a.O., Rn. 5485 S. 506, mit
Hinweisen; KROPHOLLER, a.a.O., N. 16 zu Art. 6 EuGVO).

  6.2.4  Bei einfacher passiver Streitgenossenschaft muss es dem nicht an
seinem ordentlichen Gerichtsstand in Anspruch genommenen Belangten erlaubt
sein, unter Berufung auf nicht doppelrelevante Tatsachen zur Bestreitung der
Zuständigkeit die Unbegründetheit der gegen den Streitgenossen an dessen
ordentlichem Gerichtsstand erhobenen Klage geltend zu machen, ohne sich
bereits selbst auf die Sache einlassen zu müssen. Dieses Vorgehen erscheint
umso eher angezeigt, als dadurch Missbräuche verhindert werden können, ohne
dass der Klagpartei oder dem an seinem ordentlichen Gerichtsstand

eingeklagten Streitgenossen ein nennenswerter Nachteil erwächst. Erstere hat
den entsprechenden Beweis ohnehin zu führen, der Streitgenosse sich ohnehin
dagegen zu verteidigen. Faktisch wird lediglich die Durchführung des
Verfahrens gegenüber der am ordentlichen Gerichtsstand verklagten Partei mit
Bezug auf die vom Streitgenossen erhobenen Einwände vorgezogen, was übrigens
auch die Beklagte 1 selbst beantragt hat.

  6.3  Diese Grundsätze hat die Vorinstanz missachtet, indem sie unter
Berufung auf eine angebliche Doppelrelevanz der Tatsache bezüglich der
"Passivlegitimation" der Beklagten 1 einstweilen auf die Behauptungen der
Beschwerdegegner abstellte. Für die materielle Beurteilung der gegenüber dem
Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche ist irrelevant, ob den
Beschwerdegegnern auch noch Ansprüche gegenüber der Beklagten 1 zustehen.
Alle Umstände, die nicht die Haftung des Beschwerdeführers betreffen,
erweisen sich mit Bezug auf den Beschwerdeführer als exorbitant. Der
Anspruch der Beschwerdegegner gegen die Beklagte 1 hängt namentlich von den
Fragen ab, ob ihnen die Deckungsansprüche des Beschwerdeführers gegenüber
der Beklagten 1 gültig abgetreten wurden oder ob der Beklagten 1 eine
Sorgfaltspflichtsverletzung bei Abschluss der Versicherung vorgeworfen
werden kann. Diese Fragen sind nur bedeutsam zur Beurteilung, ob die Gefahr
sich widersprechender Urteile eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung
geboten erscheinen lässt (Art. 6 Ziff. 1 LugÜ). Bezüglich dieser für den
Beschwerdeführer nur mit Bezug auf den zuständigkeitsbegründenden Konnex
massgebenden Aspekte kann nicht auf die Behauptungen der Beschwerdegegner
abgestellt werden, sondern es sind bei der Beurteilung der Zuständigkeit die
vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände zu prüfen und falls nötig darüber
Beweis abzunehmen.

  6.4  Da die Vorinstanz zu den entsprechenden Fragen keine Stellung bezogen
und auch keine Feststellungen getroffen hat, kann das Bundesgericht entgegen
der Auffassung des Beschwerdeführers die Prüfung nicht selbst vornehmen. Der
angefochtene Entscheid ist vielmehr aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz wird, um in der Terminologie der
Parteien zu bleiben, vorab die "Passivlegitimation" der Beklagten 1 und die
diesbezüglichen Einwände des Beschwerdeführers zu prüfen haben
(beziehungsweise die Aktivlegitimation der Beschwerdegegner bezüglich der
Deckungsansprüche einerseits und den Bestand des auf ein eigenes
Fehlverhalten der Beklagten 1 gestützten Anspruchs andererseits).

Nur bezüglich der die Schadenersatzpflicht des Beschwerdeführers
begründenden Tatsachen darf die Vorinstanz bei der Zuständigkeitsprüfung auf
die von den Beschwerdegegnern erhobenen Behauptungen abstellen, sofern sich
diese nicht als offensichtlich unzutreffend erweisen.