Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 166



Urteilskopf

134 III 166

30. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Documed AG
gegen A. und ywesee GmbH (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_404/2007 vom 13. Februar 2008

Regeste

Art. 2 URG; urheberrechtlicher Schutz für ein Sprachwerk; Werk-Individualität,
statistische Einmaligkeit. Verneinung des Schutzes für ein Kompendium mit
Arzneimittelinformationen, weil die sprachliche Gestaltung der Texte die
erforderliche Individualität nicht erreicht (E. 2).

Regeste

Art. 5 lit. c UWG; unlauterer Wettbewerb; Übernahme eines Arbeitsergebnisses
"ohne angemessenen eigenen Aufwand". Bei der Beurteilung, ob die Übernahme ohne
angemessenen eigenen Aufwand erfolgte, ist auch zu berücksichtigen, ob der
Erstkonkurrent seinen Aufwand im Zeitpunkt der Übernahme bereits amortisiert
hat. Der "Amortisationsgedanke" ist sowohl bei der zeitlichen Beschränkung des
aus Art. 5 lit. c UWG fliessenden Schutzes als auch bei der Aufwandbemessung
von Bedeutung (E. 4.2 und 4.3).

Sachverhalt ab Seite 167

BGE 134 III 166 S. 167
A. Die Documed AG (Beschwerdeführerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in
Basel. Ihr Geschäftszweck ist unter anderem der Betrieb eines
medizinisch-pharmazeutischen Verlags. Sie gibt seit dem Jahre 1979 das
"Arzneimittel-Kompendium der Schweiz" heraus.
Das Arzneimittelkompendium enthält einerseits Fachinformationen, das heisst
Informationen über die Medikamente, die sich an die Abgabeberechtigten richten,
andererseits Patienteninformationen, die den Informationen auf den
Beipackzetteln der Arzneimittel entsprechen. Es wird von der Beschwerdeführerin
in Zusammenarbeit mit den Arzneimittelherstellern bzw. -importeuren publiziert,
die damit einer gemäss Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung des
Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November
BGE 134 III 166 S. 168
2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln
(Arzneimittel-Zulassungsverordnung, AMZV; SR 812.212.22) bestehenden Pflicht
nachkommen. Das Kompendium ist seit 1998 auf den Websites www.documed.ch sowie
www.kompendium.ch aufgeschaltet und dort unentgeltlich abrufbar. Daneben
erscheint es weiterhin in Buchform, in der es unentgeltlich an die zur Abgabe
von Medikamenten berechtigten Personen abgegeben wird.
A. (Beschwerdegegner 1) ist Inhaber und Geschäftsführer der Firma ywesee GmbH
(Beschwerdegegnerin 2) in Zürich. Zweck der Firma bildet die Gestaltung,
Programmierung sowie das Hosting von Internetlösungen. Die Beschwerdegegnerin 2
betreibt unter der Domain "oddb.org" eine Datenbank mit
Arzneimittelinformationen. Über diese Website sind die im Kompendium der
Beschwerdeführerin enthaltenen Fach- und Patienteninformationen ebenfalls
abrufbar.
Die Beschwerdeführerin wirft den Beschwerdegegnern vor, sie hätten dadurch,
dass sie systematisch die von ihr betriebene Datenbank aufgerufen und dieselben
Patienten- und Fachinformationen wie die Beschwerdeführerin für ihre Datenbank
verwendet hätten, deren Urheberrechte sowie lauterkeitsrechtlichen
Schutzansprüche verletzt.

B. Am 16. Januar 2004 erhob die Beschwerdeführerin beim Zivilgericht
Basel-Stadt Klage wegen Verletzung von Art. 10 URG und Art. 5 lit. c UWG gegen
den Beschwerdegegner 1, wobei später die Ausdehnung des Verfahrens auf die
Beschwerdegegnerin 2 bewilligt wurde.
Mit Urteil vom 8. Mai 2007 wies das Zivilgericht Basel-Stadt die Klage ab.

C. Die Beschwerdeführerin stellt mit Beschwerde in Zivilsachen folgende
Rechtsbegehren:
1. Es sei das Urteil des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 8. Mai 2007
(Aktenzeichen P 2004/7) vollumfänglich aufzuheben.
2. Es seien die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin gemäss Klagebegründung
vom 11. Februar 2005 gutzuheissen, d.h.
2.1 Es sei festzustellen, dass die Übernahme der Daten und der Anordnung der
Daten des Arzneimittelkompendiums der Schweiz ohne Zustimmung der
Beschwerdeführerin durch die Beschwerdegegner und die Festlegung, öffentliche
entgeltliche oder unentgeltliche Vertreibung, das Anbieten oder die sonst wie
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geartete Nutzung das Urheberrecht der Beschwerdeführerin verletzt sowie
unlauteren Wettbewerb darstellt.
2.2 Es sei den Beschwerdegegnern zu untersagen, in Verletzung von Art. 10 URG
und Art. 5 Bst. c UWG die Daten und die Anordnung der Daten des
Arzneimittelkompendiums der Schweiz ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin auf
Datenträger zu übertragen, in irgendwelcher Form festzulegen und öffentlich
entgeltlich oder unentgeltlich zu verbreiten, anzubieten oder sonst wie zu
nutzen.
2.3 Das Urteil sei auf Kosten der Beschwerdegegner in solidarischer
Verbundenheit in den folgenden pharmazeutischen und medizinischen Zeitschriften
zu publizieren:
- Schweizerische Ärztezeitung
- Rx-World
- Supplementa zum Schweizerischen Arzneimittelkompendium Documed AG.
2.4 Es seien die Beschwerdegegner in solidarischer Verbundenheit zur Zahlung
von Schadenersatz in der Höhe von CHF 20'000.- an die Beschwerdeführerin,
zusätzlich Verzugszinsen von 5 % ab Datum der Klageanhebung, zu verurteilen.
Mehrforderung wird durch die Beschwerdeführerin ausdrücklich vorbehalten.
3. Eventualiter zu 2. sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung
zurückzuweisen."
A. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Umstritten ist, ob es sich bei den Texten des Arzneimittelkompendiums um ein
urheberrechtlich geschütztes Werk handelt.

2.1 Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen der
Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben (Art. 2 Abs. 1 URG [SR
231.1]). Dazu gehören insbesondere literarische, wissenschaftliche und andere
Sprachwerke (Art. 2 Abs. 2 lit. a URG). Bei den Texten des
Arzneimittelkompendiums handelt es sich um Sprachwerke im Sinne von Art. 2 Abs.
2 lit. a URG.
Sprachwerke geniessen urheberrechtlichen Schutz, wenn sie als geistige
Schöpfungen mit individuellem Charakter anzusehen sind. Der urheberrechtliche
Schutz hängt gemäss der Legaldefinition vom individuellen Charakter der
geistigen Schöpfung ab. Originalität im Sinne einer persönlichen Prägung durch
den Urheber oder
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die Urheberin ist nach dem revidierten Gesetz nicht erforderlich. Vorausgesetzt
wird, dass der individuelle Charakter im Werk selbst zum Ausdruck kommt.
Massgebend ist die Werk-Individualität und nicht die Urheber-Individualität (
BGE 130 III 168 E. 4.4 S. 172, BGE 130 III 714 E. 2.1; ROLAND VON BÜREN/MICHAEL
A. MEER, Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, in: Schweizerisches
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. II/1, 2. Aufl., Basel 2006,
S. 70 ff.).

2.2 Die Vorinstanz stellte zunächst klar, dass es nicht um den Inhalt der Texte
der Arzneimittelinformationen gehe. Dieser sei offensichtlich urheberrechtlich
nicht schützbar, weil es sich dabei um Informationen handle, die nicht
monopolisierbar seien. Dies werde von den Parteien nicht bestritten. Nicht
geltend gemacht werde sodann, dass eine bestimmte äusserliche, grafische
Gestaltung der Texte die Schutzwürdigkeit begründen würde. Umstritten sei
jedoch, ob die Formulierung der Texte, also deren sprachliche Gestaltung
Urheberrechtsschutz erlangen könne.
Die Vorinstanz bejahte, dass es sich dabei um eine "geistige Schöpfung" im
Sinne von Art. 2 Abs. 1 URG handle, sie verneinte aber den individuellen
Charakter derselben. Bei der Beurteilung des individuellen Charakters ging die
Vorinstanz von den beiden Bundesgerichtsentscheiden BGE 130 III 168 und BGE 130
III 714 aus, in denen sich das Bundesgericht zur Schutzfähigkeit von
Fotografien geäussert und namentlich auf die von MAX KUMMER geprägte Theorie
der "statistischen Einmaligkeit" Bezug genommen hatte. Gestützt auf die
Erwägung im zweitgenannten Entscheid, wonach das Bundesgericht den
individuellen Charakter der dort zu beurteilenden Fotografie verneinte, weil
ihre Gestaltung nicht vom "allgemein Üblichen" abweiche (BGE 130 III 714 E. 2.3
S. 720), folgerte die Vorinstanz, dass die statistische Einmaligkeit in dem
Sinn nicht ausreiche, dass die gleiche Kombination der Wortfolgen sich zufällig
kein zweites Mal ereignen könne. Zusätzlich müsse verlangt werden, dass diese
Einmaligkeit einer Unterscheidbarkeit in wesentlichen Merkmalen entspreche.
Diese Voraussetzung sei dann nicht gegeben, wenn die Gestaltung in allen Teilen
dem Alltäglichen, Üblichen entspreche.

2.3 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz stelle damit Anforderungen an
die Schutzvoraussetzung der Individualität, die dem Bundesrecht und namentlich
der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprächen.

2.3.1 Auf den ersten Blick könnte das Kriterium der statistischen Einmaligkeit
dahingehend verstanden werden, dass die rein
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statistische Einmaligkeit des Vorhandenseins eines Ereignisses oder einerSache
genüge, um die Werk-Individualität zu bejahen (vgl. dagegen BGE 130 III 714 E.
2.3 S. 719). So will offenbar die Beschwerdeführerin das Kriterium der
statistischen Einmaligkeit verstehen und zur alleinigen Voraussetzung der
Werkindividualität erheben.
Indessen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für das Vorliegen der
statistischen Einmaligkeit als Voraussetzung der Werk-Individualität nicht die
rein statistische Einmaligkeit "des Vorhandenseins eines Ereignisses oder einer
Sache" gefordert, sondern die statistische Einmaligkeit der Werk gestaltung,
die sich vom allgemein Üblichen abheben muss (BGE 130 III 714 E. 2.3 S. 719 f.
bezüglich der Gestaltung einer Fotografie, insbesondere mit Hinweis auf Alois
Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. I, 3. Aufl., Basel 1983, S. 387; vgl. dazu
den Urteilskommentar von HANS PETER WALTER in: ZBJV 141/2005 S. 795 ff., 797).
Danach mangelt es einer Fotografie am individuellen Charakter, wenn ihre
Gestaltung sich nicht vom allgemein Üblichen abhebt. Dann ist sie nicht
einmalig, weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei gleicher
Aufgabenstellung die gleiche bzw. im Wesentlichen gleiche Fotografie
resultierte.
Auf Sprachwerke übertragen bedeutet dies, dass die sprachliche Gestaltung eines
Textes, die nicht vom allgemein Üblichen abweicht, die erforderliche
Individualität nicht erreicht. Entsprechendes wird auch in der Literatur
ausgeführt: So entfällt nach Denis Barrelet/ Willi Egloff ein
Urheberrechtsschutz, wenn der Text zwar statistisch einmalig ist, insgesamt
aber doch als banale Zusammenstellung von Alltagsredewendungen oder als durch
die Sachlogik vorgegeben erscheint (Barrelet/Egloff, Das neue Urheberrecht, 2.
Aufl., Bern 2000, N. 13 zu Art. 2 URG; ähnlich Kamen Troller, Grundzüge des
schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2. Aufl., Basel 2005, S. 134 und 146).
Es sind die Vielzahl persönlicher Entscheidungen des Urhebers, überraschende
und ungewöhnliche Kombinationen, welche die Individualität des Werks ausmachen.
Individualität grenzt sich ab von der Banalität oder routinemässiger Arbeit
(IVAN CHERPILLOD, in: Müller/Oertli [Hrsg.], Urheberrechtsgesetz, Kommentar,
Bern 2006, N. 30 und 31 zu Art. 2 URG).

2.3.2 Die Vorinstanz schloss, die statistische Einmaligkeit allein genüge für
den urheberrechtlichen Schutz nicht und es müsse als zusätzliche Voraussetzung
verlangt werden, dass diese Einmaligkeit in einer Unterscheidbarkeit in
wesentlichen Merkmalen
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entspreche, was nicht gegeben sei, wenn die Gestaltung in allen Teilen dem
Alltäglichen, Üblichen entspreche. Damit hat sie nach dem in vorstehender
Erwägung 2.3.1 Ausgeführten keine zusätzliche Voraussetzung zum Vorliegen der
statistischen Einmaligkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
aufgestellt, sondern erläutert, wie das Kriterium der statistischen
Einmaligkeit von ihr verstanden wird. Im Ergebnis decken sich ihre
Anforderungen an die Schutzvoraussetzung der Individualität des Werks mit denen
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die verlangt, dass die Gestaltung
des Sprachwerks sich vom Alltäglichen, allgemein Üblichen abhebt, so dass es
als ausgeschlossen erscheint, dass bei gleicher Aufgabenstellung von einem
Dritten das gleiche oder im Wesentlichen gleiche Werk geschaffen würde. Dies
verkennt die Beschwerdeführerin, wenn sie der Vorinstanz vorwirft, Art. 2 URG
verletzt zu haben, indem sie neben dem von der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung verlangten Kriterium der statistischen Einmaligkeit zusätzliche
und erhöhte Anforderungen an die Individualität gestellt habe. Die Rüge erweist
sich daher als unbegründet.

2.4 Die Vorinstanz erwog, bei den strittigen Fach- und Patienteninformationen
handle es sich um wissenschaftliche Texte, die zum Zweck hätten, Fachpersonen
beziehungsweise Patienten über die wesentlichen Eigenschaften eines
Arzneimittels aufzuklären. Der Inhalt der betreffenden Informationen sei im
Anhang zur Arzneimittel-Zulassungsverordnung detailliert geregelt (Anhang 4
Ziff. 3, Anhang 5.1 Ziff. 3, Anhang 5.2 Ziff. 3 und Anhang 5.3 Ziff. 4 AMZV).
In den genannten Bestimmungen werde in Bezug auf die Fachinformationen
detailliert der Aufbau derselben geregelt einschliesslich der Reihenfolge der
zu nennenden Eigenschaften; in Bezug auf die Patienteninformation seien darüber
hinaus sogar die Formulierungen der Überschriften wie auch einzelne Textblöcke
vorgegeben. Während die Fachinformationen zum Teil nur aus stichwortartigen
Aufzählungen bestünden, seien die Patienteninformationen stets als vollständige
Sätze formuliert, enthielten aber im Wesentlichen dieselben Informationen.
Die sogenannten "Pseudo-Fachinformationen" stellten freiwillige Informationen
dar, welche die Beschwerdeführerin auf Wunsch der Zulassungsinhaber des
Medikaments erstelle. Dabei handle es sich jedoch um eine reine Umgestaltung
der Patienteninformationen, welche ebenfalls nach festen Regeln vorzunehmen
sei. Auch hier sei der Inhalt durch Regelungen, allgemeinen medizinischen
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Sprachgebrauch und wissenschaftliche Fakten weitestgehend vorgegeben. Die
strittigen Texte seien nach festen Regeln zu formulieren. Die Autoren hätten
kaum je eine Einzelentscheidung zu fällen. Sie hätten sich vielmehr an die
Vorgaben zu halten und den Text so zu formulieren, wie dies von der zuständigen
Behörde und den Benutzern der Textsammlung erwartet werde. Den Texten gehe
somit der individuelle Charakter ab.

2.5 Dieser Beurteilung ist beizupflichten. Mit Blick auf die detaillierten
gesetzlichen Vorgaben zu Inhalt und Aufbau der Informationen und aufgrund der
Zweckgebundenheit der Informationen, des allgemeinen medizinischen
Sprachgebrauchs sowie der sachlichen Logik ist der gestalterische Spielraum
sowohl bezüglich der Auswahl und Anordnung der Textbestandteile als auch in
sprachlicher Hinsicht derart gering, dass den Fach- und Patienteninformationen
kein selbständiges, vom Üblichen abweichendes sprachliches Gepräge gegeben
werden kann. Diesen muss daher ein urheberrechtlicher Schutz selbst bei
niedrigen Anforderungen an die Individualität versagt bleiben.
Der Beschwerdeführerin gelingt es denn auch nicht, ein selbständiges, vom
Üblichen abweichendes sprachliches Gepräge der Informationen aufzuzeigen. Sie
verweist zur Illustration der angeblichen statistischen Einmaligkeit lediglich
auf den Vergleich der Texte für Originalpräparate und Generika und führt das
Beispiel der Fachinformationen zu Ponstan und Mephadolor an, das zeige, dass
die Arzneimitteltexte bereits in Bezug auf einzelne Abschnitte voneinander
fundamental differierten. Indessen genügt dieser Vergleich nicht, um die
Individualität der Arzneimittelinformationen zu begründen. Die Behauptung der
Beschwerdeführerin, Generika und Originalpräparate seien hinsichtlich ihrer
Zusammensetzung, Eigenschaften und Indikationen (stets) identisch, findet in
den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze, sodass die
Beschwerdeführerin damit mangels Sachverhaltsrüge im Sinne von Art. 105 Abs. 2
und Art. 97 Abs. 1 BGG nicht zu hören ist (vgl. dazu BGE 133 II 249 E. 1.4.3;
BGE 133 III 350 E. 1.3, BGE 133 III 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auch lässt sich
nicht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sagen, dass es sich beim
Originalpräparat und dem Generikum stets exakt um identische Medikamente
handelt, auch wenn sie auf den gleichen Wirkstoffen beruhen mögen. Vor allem
aber ist nicht dargetan, dass die angeführten Texte aus dem gleichen Jahr
stammen, bei gleichen Vorgaben und gleichem Wissensstand. Vielmehr wird
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im Kompendium, das bei den Akten liegt (25. Aufl. 2004), angemerkt, dass die
Informationen zu Ponstan auf dem Stand November 1994 und diejenigen zu
Mephadolor auf dem Stand Juli 2000 beruhen. Die Vergleichbarkeit ist daher
nicht gegeben, und das Beispiel vermag die sprachlich eigenständige Gestaltung
der Texte nicht zu belegen.
Im Ergebnis folgt, dass den Texten der Arzneimittelinformationen die
erforderliche Individualität abgeht, weshalb ihnen kein urheberrechtlicher
Schutz zukommt (zustimmend von Büren/Meer, a.a.O., S. 95; das Beispiel ohne
Kritik erwähnend CHERPILLOD, a.a.O., N. 44 zu Art. 2 URG).
(...)

4. (...)

4.2 Vorliegend stand für die Vorinstanz fest, dass die übernommenen Texte der
Arzneimittelinformationen ein marktreifes Arbeitsergebnis sind, und dass der
Download der Daten ein technisches Reproduktionsverfahren im Sinne von Art. 5
lit. c UWG (SR 241) darstellt. Hingegen verneinte sie die Voraussetzung, dass
die Übernahme und Verwertung der Daten durch die Beschwerdegegner "ohne
angemessenen eigenen Aufwand" erfolgt sei.
Dabei ging sie von den vom Bundesgericht in BGE 131 III 384 E. 4.4 zum
Kriterium des "angemessenen eigenen Aufwands" dargestellten Grundsätzen aus und
hielt insbesondere fest, dass danach auch die Amortisierung des Aufwands des
Erstkonkurrenten zu berücksichtigen sei. Sie erwog, die Vertriebsberechtigten,
die gegenüber der Swissmedic verpflichtet seien, die Arzneimittelinformationen
in einer vollständigen Sammlung publizieren zu lassen, kämen nicht darum herum,
mit der Beschwerdeführerin einen Vertrag abzuschliessen, in welchem sie sich zu
Zahlungen an Letztere verpflichteten. Durch diese Zahlungen würden die
Bemühungen der Beschwerdeführerin abgegolten, welche diese mit der Aufbereitung
der Sammlung der Arzneimittelinformationen habe. Weil die Swissmedic verlange,
dass die Sammlung in Buchform den daran hauptsächlich Interessierten gratis
abgegeben werde und dass die auf dem Internet einsehbaren Daten unentgeltlich
konsultiert werden könnten, könne davon ausgegangen werden, dass die
Beschwerdeführerin mit den entsprechenden Zahlungen ihre gesamten
Entwicklungskosten von den Lieferanten der Daten, den Vertriebsberechtigten der
Medikamente, erhältlich machen könne. Wohl sei anzunehmen, dass sie mit dem
Verkauf von Büchern und
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Datenträgern zusätzlich gewisse Erträge erzielen könne. Jedoch sei nicht
anzunehmen, dass diese Einkünfte derart ins Gewicht fielen, dass sie die Höhe
der von den Datenlieferanten erhobenen Beiträge massgeblich beeinflussten.
Sei aber anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin ihre Entwicklungskosten zum
Zeitpunkt der Übernahme bereits angemessen habe amortisieren können, so seien
diese Kosten bei der Gegenüberstellung des Aufwands der Parteien im Sinne von
Art. 5 lit. c UWG nicht zu berücksichtigen. Dann aber stünde der Aufwand für
die Übernahme der Daten durch die Beschwerdegegner nicht in einem
unangemessenen Verhältnis zum Aufwand der Beschwerdeführerin beziehungsweise zu
Kosten auf ihrer Seite, die noch nicht amortisiert seien.

4.3 Die Beschwerdeführerin rügt in grundsätzlicher Hinsicht, die von der
Vorinstanz praktizierte Ausdehnung des Amortisationsgedankens zur
Aufwandbemessung verletze Art. 5 lit. c UWG. Soweit die Amortisationstheorie
nicht gänzlich abzulehnen sei, müsse ihre Bedeutung auf eine Befristung des
lauterkeitsrechtlichen Schutzes beschränkt werden.
Es trifft zu, dass der Amortisationsgedanke vorab im Zusammenhang mit der Frage
einer zeitlichen Beschränkung des aus Art. 5 lit. c UWG fliessenden Schutzes
diskutiert wird, und einzelne Autoren eine Befristung ablehnen (Pedrazzini/
Pedrazzini, Unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl., Bern 2002, S. 201 Rz. 9.45.; Alois
Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. II, 3. Aufl., Basel 1985, S. 958). Andere
sprechen sich hingegen mit guten Gründen für eine zeitliche Beschränkung aus,
wobei für die Schutzdauer auf die ausreichende Gelegenheit zur Amortisation
zurückgegriffen wird (Carl Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Kommentar zum UWG,
Basel 2001, N. 69-75 zu Art. 5 UWG; MARKUS FIECHTER, Der Leistungsschutz nach
Art. 5 lit. c UWG, Diss. St. Gallen 1992, S. 172 ff., insbes. S. 198 m.w.H.)
und ebenso das Bundesgericht (BGE 118 II 459 E. 4b S. 466; vgl. auch E. 3d S.
464 f., wo es die Frage noch offenliess). Ein ungerechtfertigter
Wettbewerbsvorteil des Übernehmers und damit die Unlauterkeit seines Handelns
entfallen, wenn es dem Erstkonkurrenten möglich war, die getätigte Investition
zu amortisieren.
Der Amortisationsgedanke findet aber auch seine Berechtigung bei der Frage der
Aufwandbemessung. Bereits die Botschaft zum UWG hält dies fest: "Das Kriterium
des angemessenen Aufwands
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ermöglicht danach auch die Berücksichtigung der Amortisierung des Aufwands des
Erstkonkurrenten für die Schaffung des übernommenen Produkts" (Botschaft vom
18. Mai 1983 zu einem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BBl BGE
1983 II 1071). Das Bundesgericht hat diese Aussage übernommen (BGE 131 III 384
E. 4.4.1 S. 392). Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Aufwand des
Erstkonkurrenten und demjenigen des Übernehmers besteht nicht mehr, wenn der
Erstkonkurrent seine Kosten bereits abschreiben konnte. Dann endet der aus Art.
5 lit. c UWG fliessende Schutz, und es ist nicht unlauter, wenn ein solches
Arbeitsergebnis übernommen wird (vgl. LUCAS DAVID, Ist der Numerus clausus der
Immaterialgüterrechte noch zeitgemäss-, AJP 1995 S. 1403 ff., 1408). Mit
anderen Worten fällt die Berücksichtigung des Amortisationsgedankens bei der
Aufwandbemessung mit der Bestimmung des zeitlichen Schutzes zusammen, wenn
anzunehmen ist, dass der Erstkonkurrent seine Investition im Zeitpunkt der
Übernahme bereits amortisiert hat.
Die Vorinstanz hat mithin Art. 5 lit. c UWG nicht verletzt, indem sie bei der
Aufwandgegenüberstellung berücksichtigte, dass die Beschwerdeführerin die
Kosten für ihre Tätigkeit bereits angemessen amortisiert hatte.