Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 V 57



Urteilskopf

133 V 57

  9. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i.S.
N. gegen Zürich Versicherungs-Gesellschaft und Zürich
Versicherungs-Gesellschaft gegen N. und Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  U 455/05 / U 457/05 vom 29. November 2006

Regeste

  Art. 10 und 16 UVG; Art. 17 ATSG: Rückwirkende Anpassung von
Heilbehandlung und Taggeld der Unfallversicherung.

  Heilbehandlung und Taggeld der Unfallversicherung können unter der
Herrschaft des ATSG weiterhin rückwirkend angepasst werden. Art. 17 Abs. 2
ATSG ändert hieran schon deswegen nichts, weil die genannten Leistungen der
Unfallversicherung keine Dauerleistungen im Sinne dieser Bestimmung
darstellen (E. 6.6 und 6.7).

  Frage offen gelassen, ob Art. 17 Abs. 2 ATSG überhaupt - wie Art. 17 Abs.
1 ATSG ausdrücklich für die Invalidenrente - eine rückwirkende Anpassung
untersagt (E. 6.8).

  Frage offen gelassen, ob die Heilbehandlung als Sachleistung überhaupt
unter die gesetzessystematisch bei den Geldleistungen eingeordnete Regelung
des Art. 17 Abs. 2 ATSG fallen könnte (E. 6.8).

Sachverhalt

  A.- Der 1950 geborene italienische Staatsangehörige N. war als Chef de
Service im Restaurant X. angestellt und dadurch bei der "Zürich"
Versicherungs-Gesellschaft obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Er
stürzte am 31. Dezember 2002 mit dem Scooter und schlug mit der rechten
Körperseite an den Trottoirrand. Wegen thorakalen Flankenschmerzen rechts
suchte er die Notfallstation des Spitals Y. auf, wo zwei frakturierte Rippen
festgestellt wurden. Ab 16. Januar 2003 war N. in Behandlung bei Dr. med.
K., Rheumatologie FMH. Dieser bestätigte mit Bericht vom 17. Januar 2003
eine volle Arbeitsunfähigkeit und machte hiefür mit Bericht vom 17. März
2003 auch im Verlauf hinzugekommene lumbale Schmerzen verantwortlich. Die
"Zürich" erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung; Taggeld). Im
Rahmen der Sachverhaltsabklärungen holte der Unfallversicherer nebst
Berichten des behandelnden Arztes ein Gutachten des Dr. med. S., Innere
Medizin spez. Rheumatologie FMH, Manuelle Medizin, vom 27. Juni 2003 ein.
Gestützt darauf eröffnete die "Zürich" dem Versicherten mit Schreiben vom 1.
Oktober 2003, dem Unfall vom 31. Dezember 2002 komme lediglich bis 31. Juli
2003 eine kausale Bedeutung für die noch bestehende Problematik im
Rückenbereich zu. Sie gewähre dennoch entgegenkommenderweise Heilbehandlung
bis 7. August 2003; das

Taggeld habe sie bis 31. Juli 2003 ausgerichtet. Somit stelle sie ihre
Leistungen in Bezug auf das Taggeld ab 1. August 2003 und in Bezug auf die
Heilbehandlung ab 8. August 2003 ein. Nachdem N. hiegegen opponiert hatte,
bestätigte die "Zürich" mit Verfügung vom 2. Dezember 2003 die
Leistungseinstellung. Daran hielt sie auf Einsprache des Versicherten hin
fest (Einspracheentscheid vom 13. Mai 2004).

  B.- Beschwerdeweise beantragte N., es sei der Einspracheentscheid vom 13.
Mai 2004 aufzuheben und die "Zürich" zu verpflichten, die UVG-Leistungen
auch nach dem 1. August 2003 zu erbringen; eventuell sei die Sache zur
Neubeurteilung an die "Zürich" zurückzuweisen. Das
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt zog die IV-Akten hinzu, lud die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), den für ein früheres
Unfallereignis vom 10. September 1998 zuständigen UVG-Versicherer, bei und
gewährte N. die unentgeltliche Verbeiständung. Mit Entscheid vom 29.
September 2005 hob das Gericht in teilweiser Gutheissung der Beschwerde den
Einspracheentscheid der "Zürich" vom 13. Mai 2004 in Bezug auf die
Befristung von Heilbehandlung und Taggeld auf, und es verpflichtete die
"Zürich", diese Leistungen bis 31. Oktober 2003 zu erbringen. Im Übrigen
wurde die Beschwerde abgewiesen.

  C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt N. beantragen, es sei der
kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
"Zürich" zurückzuweisen. (...)
  Die "Zürich" erhebt ihrerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei, soweit auf Gutheissung
der Beschwerde lautend, aufzuheben.

  N. und die "Zürich" beantragen je die Abweisung der von der anderen Seite
eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde (...). Das kantonale Gericht
schliesst auf Abweisung beider Verwaltungsgerichtsbeschwerden. Die SUVA
beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des N. und enthält
sich einer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich". Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet in beiden Verfahren auf eine
Vernehmlassung.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

  4.  Streitig und zu prüfen bleibt der Zeitpunkt, ab welchem die "Zürich"
die Heilbehandlung und das Taggeld einstellen durfte. Das

kantonale Gericht hat hiezu erwogen, Heilbehandlung und Taggeld stellten
Dauerleistungen im Sinne von Art. 17 Abs. 2 des am 1. Januar 2003 in Kraft
getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG; SR 830.1) dar. Die
Anpassung solcher Leistungen dürfe, sofern diese hier formell rechtskräftig
zugesprochen worden seien, nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Diese
gesetzliche Regel habe die "Zürich" missachtet, indem sie am 2. Dezember
2003 die rückwirkende Einstellung der gesetzlichen Leistungen zum 31. Juli
resp. 7. August 2003 verfügt habe. Mit Blick darauf, dass dem Versicherten
erstmals im Oktober 2003 die Gelegenheit gegeben worden sei, sich zur
beabsichtigten Leistungseinstellung zu äussern, könne letztere frühestens
mit Wirkung ab 1. November 2003 in Betracht fallen. Bis dahin habe die
"Zürich" Heilbehandlung und Taggeld zu leisten.

  In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich" wird vorgebracht,
Heilbehandlung und Taggeld der sozialen Unfallversicherung seien entgegen
der vorinstanzlichen Auffassung nicht als Dauerleistungen nach Art. 17 Abs.
2 ATSG zu betrachten und könnten daher zulässigerweise bereits mit dem
Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit resp.
Behandlungsbedürftigkeit, mithin zum 31. Juli 2003 - in Bezug auf die
Heilbehandlung entgegenkommenderweise zum 7. August 2003 - angepasst werden.
Demgegenüber schliesst sich der Versicherte der Auffassung des kantonalen
Gerichts an.

Erwägung 5

  5.  Art. 17 ATSG bestimmt unter dem Titel "Revision der Invalidenrente und
anderer Dauerleistungen" Folgendes: Ändert sich der Invaliditätsgrad einer
Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von
Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht,
herabgesetzt oder aufgehoben (Abs. 1). Auch jede andere formell
rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf
Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde
liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat (Abs. 2).

  Laut Art. 2 ATSG sind die Bestimmungen dieses Erlasses auf die
bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit
die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen. Gemäss Art. 1 Abs. 1
UVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden

Fassung) sind die Bestimmungen des ATSG auf die Unfallversicherung - mit in
Art. 1 Abs. 2 UVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung) genannten,
hier nicht interessierenden Ausnahmen - anwendbar, soweit das UVG nicht
ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.

Erwägung 6

  6.  Ob der gesetzliche Begriff der "anderen Dauerleistung" nach Art. 17
Abs. 2 ATSG auch die hier streitigen Leistungen Heilbehandlung und Taggeld
der Unfallversicherung umfasst, bedarf, wie das kantonale Gericht erkannt
hat, der Auslegung (vgl. auch: KIESER, ATSG-Kommentar, N. 25 zu Art. 17).

  6.1  Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist
der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung
aller Auslegungselemente; dabei kommt es namentlich auf den Zweck der
Regelung, die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf den
Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Gesetzesmaterialien sind
zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, den Sinn
der Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von
Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (BGE 132 V 101 E.
5.2.1; 131 II 31 E. 7.1; 131 V 93 E. 4.1, 128 E. 5.1; 130 V 232 E. 2.2; 129
II 118 E. 3.1; 125 II 196 E. 3a, je mit Hinweisen).

  6.2  Eine eigentliche Auslegung des Begriffes Dauerleistung hat das
kantonale Gericht nicht vorgenommen. Bei der Qualifikation des Taggeldes als
Dauerleistung nach Art. 17 Abs. 2 ATSG stützt es sich auf die Auffassung von
KIESER. Dieser beruft sich seinerseits auf die Gesetzesmaterialien
(ATSG-Kommentar, N. 25 zu Art. 17). In Bezug auf die Heilbehandlung wird im
angefochtenen Entscheid zunächst ebenfalls auf eine Aussage von KIESER
(ATSG- Kommentar, N. 24 zu Art. 17) verwiesen, wonach unter anderem auch
medizinische Massnahmen eine Dauerleistung im Sinne von Art. 17 Abs. 2 ATSG
darstellen können. Die Vorinstanz hat hiezu weiter erwogen, die zahlreichen
Atteste des Hausarztes liessen auf periodische Konsultationen und damit
darauf schliessen, dass dem Versicherten Heilbehandlung im Sinne einer
Dauerleistung zuteil geworden sei.

  6.3  Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, was unter den
Dauerleistungen gemäss Art. 17 Abs. 2 ATSG zu verstehen

ist. Es ergibt sich einzig aus der Verwendung des Begriffes "andere"
Dauerleistung (italienisch: "altra prestazione durevole"; französisch:
"autre prestation durable" in der Überschrift und, unter den gegebenen
Umständen mit demselben Bedeutungsgehalt, "de même, toute prestation
durable" im Text des Gesetzes), dass es nicht um die in Art. 17 Abs. 1 ATSG
gesondert geregelten Invalidenrenten geht. Welche Leistungen unter den
anderen Dauerleistungen nach Art. 17 Abs. 2 ATSG zu verstehen sind, sagt das
Gesetz hingegen nicht. Es bietet sich daher in der Tat an, zum Verständnis
des Normgehalts auf die Gesetzesmaterialien zurückzugreifen.

  6.4  KIESER leitet aus den Materialien ab, dass der Gesetzgeber mit Art.
17 ATSG nebst der Rente auch etwa Taggelder und Hilflosenentschädigungen
erfassen und grundsätzlich die bisherige Praxis habe weiterführen wollen.
Insofern sei von einem weiten Begriff der Dauerleistung auszugehen, der
grundsätzlich jede periodisch zu erbringende Leistung erfasse
(ATSG-Kommentar, N. 25 zu Art. 17, auch zum Folgenden; vgl. auch KIESER,
Auswirkungen der sozialversicherungsrechtlichen Revision auf das
Privatversicherungs- und Haftpflichtrecht, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.],
Invalidität im Wandel, St. Gallen 2005, S. 141). KIESER stützt sich hiebei
auf eine Aussage im Bericht der vorberatenden Kommission des Nationalrates
für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK NR) vom 26. März 1999 zur
Parlamentarischen Initiative "Allgemeiner Teil des
Sozialversicherungsrechts" (BBl 1999 S. 4523 ff., 4558). Darin wurde der
Grossen Kammer beantragt, dem bereits am 25. September 1991 von der
erstberatenden Kleinen Kammer gestützt auf den Bericht einer ständerätlichen
Kommission vom 27. September 1990 beschlossenen Art. 23 (vorläufige
Nummerierung des späteren Art. 17), welcher lediglich die Anpassung der
Invalidenrente beinhaltet hatte (BBl 1991 II 185 ff., S. 192; Amtl. Bull.
1991 S 778), einen zweiten Absatz über die anderen Dauerleistungen
hinzuzufügen. Dabei führte der Bericht der SGK NR vom 26. März 1999, wie von
KIESER zutreffend zitiert, aus, es solle damit auch der in der Praxis geübte
Grundsatz für die Revision "anderer Dauerleistungen", wie beispielsweise der
Hilflosenentschädigung oder des Taggeldes, kodifiziert werden (BBl 1999 S.
4558). Der Nationalrat folgte dem Antrag seiner Kommission am 17. Juni 1999
diskussionslos (Amtl. Bull. 1999 N 1239). Demgegenüber äusserte sich der
Sprecher der Kommission des Ständerates für soziale Sicherheit und
Gesundheit bei der Beratung in der Kleinen Kammer vom 22. März 2000
dahingehend,

dass in dem vom Nationalrat hinzugefügten Abs. 2 des Art. 23 (später: Art.
17) "zusätzlich festgehalten wird, dass jede Dauerleistung - beispielsweise
auch eine Hilflosenentschädigung - revidiert werden kann." Das Taggeld wurde
mithin nicht erwähnt. Der Sprecher begründete dann den Antrag der
ständerätlichen Kommission auf Zustimmung zum Beschluss des Nationalrates
damit, dass die Verankerung dieser bereits dem heutigen Rechtszustand
entsprechenden Regelung die gewünschte Klärung mit sich bringe. Der
Ständerat stimmte diesem Antrag seinerseits ohne weitere Wortmeldungen zu
(Amtl. Bull. 2000 S 178). In der so beschlossenen Form trat Art. 17 ATSG am
1. Januar 2003 in Kraft.

  6.5
  6.5.1  Zusammenfassend findet sich somit lediglich eine isolierte Aussage
in einem Kommissionsbericht, wonach Taggelder zu den Dauerleistungen zählen
sollen. Dass dies dem vom Gesetzgeber gewollten Sinn der Norm entsprechen
soll, ist damit nicht als gesichert zu betrachten, zumal sich hiefür weder
im besagten Bericht noch in den weiteren Materialien eine Erläuterung findet
(vgl. auch die Stellungnahmen des Bundesrates vom 17. April 1991 [BBl 1991
II 910], 17. August 1994 [BBl 1994 V 921] und 26. Mai 1999 [im Bundesblatt
nicht veröffentlicht; siehe Amtl. Bull. 1999 N 1241 und 1244]). Gleiches
gilt in Bezug auf die in den Gesetzesmaterialien überhaupt nicht erwähnte
Heilbehandlung.

  6.5.2  Unmissverständlich ergibt sich aus den Materialien aber die Absicht
des Gesetzgebers, mit der Regelung in Art. 17 ATSG den bisherigen
Rechtszustand fortzuführen (vgl. auch BGE 130 V 343 ff., namentlich S. 349
ff. E. 3.5 und 3.6). Insoweit ist KIESER (und THOMAS LOCHER, Grundriss des
Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl., Bern 2003, S. 257 Rz. 15)
beizupflichten. Es gilt daher zu prüfen, wie das Taggeld und die
Heilbehandlung der Unfallversicherung - als hier einzig interessierende
Sozialversicherungsleistungen - bis zur Einführung des ATSG rechtlich
qualifiziert wurden.

  6.6
  6.6.1  Als klassische Dauerleistungen gelten namentlich die auf
unbestimmte Zeit zugesprochenen Invalidenrenten (für die Unfallversicherung:
RKUV 2006 Nr. U 570 S. 80 E. 2.1 [Urteil vom 22. September 2005, U 357/04];
vgl. auch MAURER, Bundessozialversicherungsrecht, Basel 1993, S. 59; PETER
OMLIN, Dauerrenten - Zeitrenten - Terminierte Renten, in:
Schaffhauser/Schlauri

[Hrsg.], Die Revision von Dauerleistungen in der Sozialversicherung, St.
Gallen 1999, S. 133; KIESER, Die Abänderung der formell rechtskräftigen
Verfügung nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts,
in: SZS 1991 S. 137).

  6.6.2  Anders verhält es sich in Bezug auf die Heilbehandlung und das
Taggeld der Unfallversicherung. Von Gesetzes wegen wird die Heilbehandlung
(und das Taggeld) nur solange gewährt, als von der Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes
erwartet werden kann. Trifft dies nicht mehr zu, fallen die Heilbehandlung
und die Taggeldleistungen dahin und die versicherte Person erhält, falls
eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt und diese die Mindestschwelle von 10 %
erreicht, eine Invalidenrente (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 und Art. 19 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 UVG in der seit 1. Juli 2001 geltenden, durch
das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG - soweit hier von Interesse -
nicht geänderten Fassung [AS 2001 1491 f.]; zur Frage des für die
Rentenberechtigung mindestens erforderlichen Invaliditätsgrades davor: BGE
122 V 335). In der Unfallversicherung sind Heilbehandlung und Taggeld somit
klassische vorübergehende Leistungen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass
Heilbehandlung und Taggeldbezug gegebenenfalls mehrere Jahre andauern
können, auf welchen Tatbestand Art. 15 Abs. 3 lit. a UVG und Art. 24 Abs. 2
UVV Bezug nehmen.

  Auch die Rechtsprechung ist, soweit ersichtlich, stets vom vorübergehenden
Charakter der Heilbehandlung ausgegangen (RKUV 1992 Nr. U 142 S. 78; vgl.
auch BGE 127 V 104 E. 5c und 105 E. 5e). Das gleiche Verständnis ergibt sich
weitestgehend auch für das Taggeld der Unfallversicherung (RKUV 2004 Nr. U
501 S. 182 E. 2.4 [Urteil vom 1. Oktober 2003, U 301/02], 2002 Nr. U 451 S.
64 [in BGE 127 V 456 nicht veröffentlichte] E. 3c in fine [Urteil vom 10.
Dezember 2001, U 427/99], 1995 Nr. U 232 S. 208 E. 3c, 1992 Nr. U 142 S. 78;
gleicher Meinung: MAURER, a.a.O., S. 59, welcher für die Taggelder den
Begriff Übergangsleistungen verwendet, und LOCHER, Grundriss des
Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl., Bern 1997, S. 5 f. Rz.17, S. 194 Rz.
24; 3. Aufl., Bern 2003, S. 52 Rz. 20, S. 246 Rz. 5, S. 287 Rz. 1). Eine
abweichende Auffassung in Bezug auf das Taggeld der Unfallversicherung lässt
sich einzig zumindest sinngemäss BGE 130 V 385 oben entnehmen. Dies wird im
betreffenden Urteil aber nicht näher begründet.

  6.7  Gemäss dem nach dem Willen des Gesetzgebers ins ATSG überführten
früheren Rechtszustand (E. 6.5.2 hievor) stellten Heilbehandlung und Taggeld
der Unfallversicherung somit vorübergehende und nicht Dauerleistungen dar.
Art. 17 Abs. 2 ATSG ist daher auf diese Leistungen nicht anwendbar, zumal
auch keine Sonderregelung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UVG Entsprechendes
vorsieht. Soweit die Vorinstanz unter Berufung auf KIESER eine andere
Auffassung vertritt, kann ihr - jedenfalls für die Unfallversicherung -
nicht gefolgt werden. Namentlich erhellt aus den bisherigen Erwägungen auch,
dass die ins ATSG überführte Praxis zu Heilbehandlung und Taggeld der
Unfallversicherung die Unterscheidung zwischen Dauer- und anderen Leistungen
nicht von deren periodischen Erbringung abhängig macht, wie KIESER
(ATSG-Kommentar, N. 25 zu Art. 17) anführt und auch LOCHER (zumindest
a.a.O., 3. Aufl., S. 257 Rz. 16, anders hingegen offenbar S. 52 Rz. 20, S.
246 Rz. 5, S. 287 Rz. 1) anzunehmen scheint. Massgebend ist vielmehr, ob die
Leistung vorübergehenden Charakter hat oder nicht.

  6.8  Zählen Heilbehandlung und Taggeld der Unfallversicherung nach dem
Gesagten nicht zu den Dauerleistungen nach Art. 17 Abs. 2 ATSG, ist die am
2. Dezember 2003 verfügte und mit Einspracheentscheid vom 13. Mai 2004
bestätigte Einstellung dieser Leistungen nicht zu beanstanden.

  Soweit die Vorinstanz zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunktes weiter
anführt, der Unfallversicherer habe mit dem Erlass der Verfügung zu lange
zugewartet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Einem verspäteten
Verfügungserlass käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt des
Vertrauensschutzes Bedeutung zu, wenn es um die Frage einer Rückerstattung
zu Unrecht bezogener Leistungen ginge. Dies ist hier nicht der Fall, sind
doch über den 31. Juli resp. 7. August 2003 hinaus keine Heilbehandlungs-
und Taggeldleistungen geflossen.

  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich" ist somit gutzuheissen,
ohne dass zwei weitere von der Vorinstanz aufgeworfene Fragen abschliessend
zu beantworten sind. Die erste Frage lautet, ob die Dauerleistungen nach
Art. 17 Abs. 2 ATSG tatsächlich nur mit Wirkung für die Zukunft angepasst
werden können, obwohl der Wortlaut der Bestimmung dies, anders als Art. 17
Abs. 1 ATSG für die Invalidenrente, nicht vorsieht. Das kantonale Gericht
hat dies mit Hinweis auf KIESER (ATSG-Kommentar, N. 27

zu Art. 17 mit Hinweis auf JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die
Militärversicherung [MVG; SR 833.1] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N. 12 zu
Art. 102; offenbar gleicher Meinung: LOCHER, a.a.O., 3. Aufl., S. 257 Rz. 17
in Verbindung mit S. 256 Rz. 10) bejaht. Eine andere Sichtweise geht aus dem
- Ergänzungsleistungen betreffenden - Urteil vom 22. April 2005, P 51/04, E.
2, hervor. Die zweite Frage lautet, ob die Heilbehandlung als Sachleistung
(Art. 14 ATSG) überhaupt unter die Dauerleistungen gemäss Art. 17 Abs. 2
ATSG fallen kann, findet sich doch letztere Bestimmung gesetzessystematisch
im mit "Geldleistungen" überschriebenen 2. Abschnitt des 3. Kapitels des
ATSG. Das kantonale Gericht bejaht dies ebenfalls unter Hinweis auf KIESER
(ATSG-Kommentar, N. 2 und 24 zu Art. 17). Anderer Auffassung ist LOCHER
(a.a.O., 3. Aufl., S. 257 Rz. 16).