Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 V 450



Urteilskopf

133 V 450

  57. Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons
St. Gallen gegen G. sowie Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  I 211/05 vom 23. Juli 2007

Regeste

  Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 9 BV; Art. 9 ATSG; Art. 42 IVG; Art. 37 Abs. 3
lit. e und Art. 38 IVV; Bundesgesetz über die Beseitigung von
Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG; SR 151.3):
Lebenspraktische Begleitung.

  Die "lebenspraktische Begleitung" beinhaltet weder die (direkte oder
indirekte) "Dritthilfe bei den sechs alltäglichen Lebensverrichtungen" noch
die "Pflege" noch die "Überwachung". Sie stellt vielmehr ein zusätzliches
und eigenständiges Institut der Hilfe dar. Die vom BSV vorgenommene
Konkretisierung der Anwendungsfälle der lebenspraktischen Begleitung (Rz.
8050-8052 des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der
Invalidenversicherung [KSIH] in der seit 1. Januar 2004 gültigen Fassung)
erweist sich grundsätzlich als sachlich gerechtfertigt und damit als
gesetzes- und verordnungskonform (E. 9).

  Rz. 8053 KSIH beinhaltet keine Verletzung des Gebots der rechtsgleichen
Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV), des Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2
BV), des Willkürverbots (Art. 9 BV) oder des BehiG (E. 6.2).

  Im Rahmen der lebenspraktischen Begleitung nach Art. 38 Abs. 1 lit. a IVV
ist die direkte und indirekte Dritthilfe zu berücksichtigen. Demnach kann
die Begleitperson die notwendigerweise anfallenden Tätigkeiten auch selber
ausführen, wenn die versicherte Person dazu gesundheitsbedingt trotz
Anleitung oder Überwachung/Kontrolle nicht in der Lage ist (E. 10.2).

Sachverhalt

  A.- Der 1984 geborene G. leidet an Geburtsgebrechen (frühkindliche
Hirnschädigung mit motorischen Störungen, schwerer psychointellektueller und
motorischer Entwicklungsrückstand, Epilepsie). Im Jahre 1985 wurde er bei
der Invalidenversicherung angemeldet, worauf ihm diese diverse medizinische,
pädagogisch-therapeutische und sonderschulische Massnahmen zusprach. Mit
Verfügung vom 16. Februar 2001 sprach ihm die IV-Stelle des Kantons St.
Gallen vom 13. August 2001 bis 15. Juli 2003 berufliche Massnahmen
(erstmalige berufliche Ausbildung in allgemeiner Industriearbeit bei der
Bildungsstätte Y.; Schlussbericht vom 8. Juli 2003) zu. Am 3. Juli 2002
wurde der Versicherte durch die Vormundschaftsbehörde der Gemeinde nach Art.
369 ZGB entmündigt und gemäss Art. 385 Abs. 3 ZGB unter die elterliche Sorge
gestellt. Mit Verfügung vom 13. Juni 2003 verneinte die IV-Stelle den
Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2003
sprach sie dem Versicherten ab 1. Juli 2003 eine ausserordentliche
Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 90 % zu. Am 11. Februar 2004
meldete er sich erneut zum Bezug einer Hilflosenentschädigung an. Die
IV-Stelle zog diverse Arztberichte sowie einen Bericht betreffend Abklärung
für eine Hilflosenentschädigung für Erwachsene aufgrund lebenspraktischer
Begleitung, der gestützt auf eine Abklärung an Ort und Stelle am 24. März
2004 erstattet wurde, bei. Mit Verfügung vom 21. April 2004 verneinte die
IV-Stelle den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung, da es dem
Versicherten nicht möglich sei, selbstständig zu wohnen. Verschiedene
Verrichtungen müssten durch Dritte erledigt werden. Er wohne zu Hause bei
den Eltern. Ein Versuch für selbstständiges Wohnen habe aufgegeben werden
müssen, da es ihm nicht möglich gewesen sei, die Wohnung trotz Anleitung
selber zu bewirtschaften. Die dagegen erhobene Einsprache wies die IV-Stelle
ab. Zur Begründung führte sie aus, der Versicherte

lebe zu Hause bei seinen Eltern und werde von diesen betreut. Weil er in
einer kollektiven Wohnform lebe, sei ein Bedarf an lebenspraktischer
Begleitung von vornherein nicht gegeben (Entscheid vom 2. Juli 2004).

  B.- In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde sprach das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen dem Versicherten ab 1. Januar
2004 eine Entschädigung bei einer Hilflosigkeit leichten Grades zu
(Entscheid vom 17. Februar 2005).

  C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle die
Aufhebung des kantonalen Entscheides.

  Das kantonale Gericht und der Versicherte schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Letzterer verlangt zusätzlich eventuell die
Rückweisung der Sache zur ergänzenden Abklärung an die IV-Stelle. Das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

  Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                   Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

  1.

  1.1  Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 S. 1205, 1243).
Damit wurden das Eidg. Versicherungsgericht und das Bundesgericht in
Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten)
zusammengefügt (SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, Bundesgerichtsgesetz [BGG],
Bern 2007, S. 10 Rz. 75) und es wurden die Organisation und das Verfahren
des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach
seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar,
auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene
Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs.
1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid am 17. Februar 2005 und somit vor
dem 1. Januar 2007 ergangen war, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31.
Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über
die Organisation der Bundesrechtspflege (OG [BS 3 S. 531]; vgl. BGE 132 V
393 E. 1.2 S. 395).

  1.2  Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der
Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff.
III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung

des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann in Verfahren um die Bewilligung
oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104
und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilt
werden, wobei das Gericht an die vorinstanzliche Feststellung des
Sachverhalts nicht gebunden ist. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese
Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der
Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 gilt indessen bisheriges Recht für die im Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Änderung beim Eidg. Versicherungsgericht hängigen
Beschwerden. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim
Eidg. Versicherungsgericht hängig war, richtet sich die Kognition des
nunmehr urteilenden Bundesgerichts nach der bis Ende Juni 2006 gültigen
Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht.

Erwägung 2

  2.

  2.1  Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf
Hilflosenentschädigung bei Angewiesenheit auf dauernde lebenspraktische
Begleitung zur Ermöglichung des selbstständigen Wohnens (Art. 37 Abs. 3 lit.
e in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 lit. a IVV in der seit 1. Januar 2004
geltenden Fassung) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

  2.2
  2.2.1  Zu ergänzen ist, dass als hilflos eine Person gilt, die wegen der
Beeinträchtigung der Gesundheit für alltägliche Lebensverrichtungen dauernd
der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf (Art. 9 ATSG).
Der Gesetzgeber hat mit Art. 9 ATSG die bisherige Definition der
Hilflosigkeit nach aArt. 42 Abs. 2 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig
gewesenen Fassung) übernommen (vgl. BBl 1991 II 249; BGE 133 V 42 E. 3.4 S.
45 mit Hinweisen), weshalb die hiezu ergangene Rechtsprechung weiterhin
anwendbar ist.

  2.2.2  Nach Art. 42 IVG (in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung)
haben Versicherte mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in
der Schweiz, die hilflos (Art. 9 ATSG) sind, Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung. Vorbehalten bleibt Art. 42bis (Abs. 1). Es ist zu
unterscheiden zwischen schwerer, mittelschwerer und leichter Hilflosigkeit
(Abs. 2). Als hilflos gilt ebenfalls eine Person, welche zu Hause lebt und
wegen der Beeinträchtigung

der Gesundheit dauernd auf lebenspraktische Begleitung angewiesen ist. Ist
nur die psychische Gesundheit beeinträchtigt, so muss für die Annahme einer
Hilflosigkeit mindestens ein Anspruch auf eine Viertelsrente gegeben sein.
Ist eine Person lediglich dauernd auf lebenspraktische Begleitung
angewiesen, so liegt immer eine leichte Hilflosigkeit vor. Vorbehalten
bleibt Art. 42bis Abs. 5 (Abs. 3).

  2.2.3  Nach Art. 38 Abs. 1 IVV liegt ein Bedarf an lebenspraktischer
Begleitung im Sinne von Art. 42 Abs. 3 IVG auch vor, wenn eine volljährige,
versicherte Person ausserhalb eines Heimes lebt und infolge Beeinträchtigung
der Gesundheit für Verrichtungen und Kontakte ausserhalb der Wohnung auf
Begleitung einer Drittperson angewiesen ist (lit. b) oder ernsthaft
gefährdet ist, sich dauernd von der Aussenwelt zu isolieren (lit. c).

  Ist lediglich die psychische Gesundheit beeinträchtigt, so muss für die
Annahme einer Hilflosigkeit gleichzeitig ein Anspruch auf mindestens eine
Viertelsrente bestehen (Art. 38 Abs. 2 IVV).

  Zu berücksichtigen ist nur diejenige lebenspraktische Begleitung, die
regelmässig und im Zusammenhang mit den in Abs. 1 erwähnten Situationen
erforderlich ist. Nicht darunter fallen insbesondere Vertretungs- und
Verwaltungstätigkeiten im Rahmen vormundschaftlicher Massnahmen nach Art.
398-419 des Zivilgesetzbuches (Art. 38 Abs. 3 IVV).

  Der Anspruch auf lebenspraktische Begleitung ist nicht auf Menschen mit
Beeinträchtigung der psychischen oder geistigen Gesundheit beschränkt. Es
ist durchaus möglich, dass auch andere Behinderte einen Bedarf an
lebenspraktischer Begleitung geltend machen können. Zu denken ist
insbesondere an hirnverletzte Menschen (vgl. Rz. 8042 des vom BSV
herausgegebenen Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der
Invalidenversicherung [KSIH] in der seit 1. Januar 2004 gültigen Fassung; zu
Art. 38 IVV: vgl. die Erläuterungen des BSV in: AHI 2003 S. 327 f.).

  2.2.4  Verwaltungsweisungen richten sich an die Durchführungsstellen und
sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Dieses soll sie
bei seiner Entscheidung aber berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall
angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen
Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund
von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung
der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben

der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung
zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 132 V 121 E. 4.4 S. 125 mit
Hinweisen).

Erwägung 3

  3.

  3.1  Streitig und zu prüfen ist, ob der Versicherte dauernd auf
lebenspraktische Begleitung angewiesen ist (Art. 42 Abs. 3 IVG in Verbindung
mit Art. 37 Abs. 3 lit. e sowie Art. 38 IVV in der seit 1. Januar 2004
geltenden Fassung).

  Vorab ist festzuhalten, dass die in Art. 42 Abs. 3 Satz 2 IVG und Art. 38
Abs. 2 IVV statuierte Voraussetzung eines Rentenanspruchs erfüllt ist, da
der Versicherte seit 1. Juli 2003 eine ganze Invalidenrente bezieht.

  3.2  Die IV-Stelle trat auf die Neuanmeldung des Versicherten vom 11.
Februar 2004 ein und wies den Anspruch ab, da eine lebenspraktische
Begleitung nicht erforderlich sei. Die Vorinstanz hat erwogen, die IV-Stelle
sei auf die Neuanmeldung zu Recht eingetreten.

  Die Eintretensfrage steht vorliegend nicht mehr zur Beurteilung (vgl. BGE
109 V 108 E. 2b S. 114; Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts I 117/05 vom
28. Juli 2005, E. 3, und I 359/04 vom 12. Oktober 2004, E. 1.2.2).

Erwägung 4

  4.

  4.1  Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen
erwogen, die lebenspraktische Begleitung solle nicht das allein Wohnen,
sondern der behinderten Person ermöglichen, den Alltag so weit zu bewältigen
(z.B. durch eine Hilfe bei der Tagesstrukturierung, Unterstützung bei der
Bewältigung der Alltagsprobleme oder durch die Anleitung zur Erledigung des
Haushalts), dass sie zu Hause wohnen könne und nicht in einem
Behindertenheim untergebracht werden müsse. Laut den Ausführungen des BSV im
IV-Rundschreiben Nr. 201 vom 19. Mai 2004 solle der Anspruch auf
Hilflosenentschädigung nicht mehr auf jene Personen beschränkt sein, die -
meist als Folge eines körperlichen Gebrechens - auf eine Hilfe bei den
alltäglichen Lebensverrichtungen angewiesen seien. Die Situation der
psychisch und geistig Behinderten solle verbessert werden, also die
Situation derjenigen, die grundsätzlich in der Lage seien, mit ihrem
Lebensalltag in erheblichem Umfang selbst fertig zu werden, wenn sie dabei
begleitet würden. Auch diesen Personen solle es ermöglicht werden, zu Hause
zu wohnen und

die dadurch entstandenen Kosten für die Begleitung zu decken. Der Zweck der
Schaffung eines neuen Tatbestandes der Hilflosigkeit zeige, dass der Begriff
des selbstständigen Wohnens nicht die Fähigkeit, dank einer
lebenspraktischen Begleitung allein wohnen zu können, sondern nur die
Fähigkeit, nicht in einem Heim wohnen zu müssen, beinhalte. Der Versicherte
sei dank der lebenspraktischen Begleitung seiner Eltern in der Lage, zu
Hause zu wohnen. Ohne diese wäre er gezwungen, in einem Behindertenheim zu
leben. Er erfülle somit die Voraussetzungen einer Hilflosenentschädigung
gemäss Art. 37 Abs. 3 lit. e IVV.

  4.2  Die IV-Stelle wendet letztinstanzlich ein, sie anerkenne, dass der
Versicherte nicht in einem Heim lebe und somit ein Anspruch auf
lebenspraktische Begleitung grundsätzlich möglich wäre. Ebenfalls anerkenne
sie, das Erfordernis des selbstständigen Wohnens bedeute lediglich, dass
einem Versicherten so geholfen werde, damit er nicht in ein Heim eintreten
müsse. Die Vorinstanz habe indessen nicht geprüft, ob das Erfordernis der
Regelmässigkeit gemäss Art. 38 Abs. 3 Satz 1 IVV erfüllt sei. Die
Regelmässigkeit sei gegeben, wenn die lebenspraktische Begleitung über eine
Periode von drei Monaten im Durchschnitt mindestens zwei Stunden pro Woche
benötigt werde (Rz. 8053 KSIH). Relevant für die geforderten zwei Stunden
wöchentlich könnten nur Tätigkeiten Dritter sein, die sich als (indirekte)
Hilfe in Form einer Anleitung oder einer Art Hilfe zur Selbsthilfe
definieren liessen. Jede Form (direkter) Hilfe, wo die eigentliche Tätigkeit
durch eine Drittperson erledigt werde, könne nicht berücksichtigt werden.
Gemäss der Abklärung an Ort und Stelle vom 24. März 2004 sei der Versicherte
bei der Tagesstrukturierung selbstständig, soweit nicht Ungewohntes
dazwischen komme. Die Anrechnung eines Zeitbedarfs für die lebenspraktische
Begleitung komme demnach diesbezüglich nicht in Frage. Kochen könne der
Versicherte nicht alleine, da dies zu gefährlich sei; dies übernehme die
Drittperson, weshalb eine Anrechnung ebenfalls nicht in Frage komme. Für
einfache administrative Angelegenheiten werde er einmal monatlich von einem
Elternteil zur Bank begleitet, was einen Aufwand von einer Stunde ausmache.
Lediglich einmal pro Jahr erfolge noch eine Begleitung bei einem
Behördengang, was ca. 1 Stunde dauere. Haushaltarbeiten (Bett frisch
anziehen, Zimmer aufräumen, Wäsche, kochen) würden praktisch gänzlich durch
Dritte erledigt, weswegen keine Anrechnung erfolgen könne. Einkäufe erledige
der Versicherte nicht selbst, zum Coiffeur gehe er allein und

zum Hausarzt werde er viermal jährlich während ca. 90 Minuten sowie ins
Kinderspital dreimal jährlich während 4 Stunden 45 Minuten begleitet. Zu
diversen Anlässen werde er mitgenommen. Dort könne keine Anrechnung
geschehen, da die Eltern offenbar ohnehin dorthin gingen und ihren Sohn
einfach mitnähmen. Die Fahrdienste für das Schwimmen und Turnen würden mit
anderen Eltern aufgeteilt; offenbar benötige er diesen Fahrdienst nicht,
sondern man habe sich mit anderen Eltern aus praktischen Gründen
organisiert. Insgesamt fielen jährlich rund 35 Stunden an lebenspraktischer
Begleitung an, was weit entfernt von der Schwelle von 2 Stunden wöchentlich
sei. Da das Erfordernis der Regelmässigkeit nicht gegeben sei, könne offen
bleiben, auf Grund welcher der drei in Art. 38 Abs. 1 IVV vorgesehenen
Konstellationen die lebenspraktische Begleitung letztendlich zu bejahen
wäre.

  4.3  Die Vorinstanz legt letztinstanzlich dar, gemäss IV-Stelle seien als
lebenspraktische Begleitung nur jene Tätigkeiten der Drittpersonen zu
betrachten, die sich als "indirekte" Dritthilfe in Form einer Anleitung oder
einer Art Hilfe zur Selbsthilfe definieren liessen; die Eltern des
Versicherten leisteten laut IV-Stelle praktisch nur "direkte" Hilfe (z.B.
Kochen, Aufräumen des Zimmers, Besorgen der Wäsche). Die IV-Stelle wolle nur
die für die indirekte Hilfe verwendete Zeit berücksichtigen, also nicht
diejenige, die nötig wäre, um den Versicherten beim Kochen, Wäsche Besorgen
etc. anzuleiten und zu überwachen. Mit der Aufforderung an den Versicherten,
eine bestimmte Tätigkeit im Haushalt vorzunehmen, wäre es aber nicht getan.
Der Versicherte müsste dabei auch überwacht werden, was nach der Auffassung
der IV-Stelle ebenfalls als indirekte Dritthilfe zu definieren wäre. Die
Grenze von zwei Stunden wöchentlich wäre damit ohne Weiteres überschritten.
Schon deshalb sei die Argumentation der IV-Stelle nicht stichhaltig; denn
zumindest die Zeit, die für die Anleitung und Überwachung nötig wäre, wenn
die Hilfe nicht direkt erbracht würde, müsse Berücksichtigung finden. Die
IV-Stelle könne ihre Auffassung, wonach zwischen direkter und indirekter
Hilfe zu unterscheiden und nur letztere zu berücksichtigen sei, nicht
begründen oder belegen. Diese Unterscheidung hätte zur Folge, dass nur
diejenigen behinderten Personen ein relevantes Bedürfnis nach
lebenspraktischer Begleitung hätten, die noch recht weitgehend selbstständig
seien, da sie nur angewiesen werden müssten, eine bestimmte Arbeit zu
erledigen, und diese dann selbstständig ausführten. Allerdings benötigten
derartige Anweisungen nur

wenig Zeit, so dass die Grenze von zwei Stunden wöchentlich kaum je
überschritten würde. Die Auffassung der IV-Stelle würde mithin den Kreis der
Leistungsberechtigten sehr eng halten. Es bestehe jedoch kein Grund, jene
behinderten Personen von der Leistungsberechtigung auszuschliessen, die
nicht nur eine Anweisung zu einer bestimmten Arbeit benötigten, sondern die
auch noch bei der Ausführung überwacht werden müssten. Ob die Drittperson
die Arbeit überwacht oder sie die Arbeit gleich selber ausführt, weil das
auch nicht mehr Zeit erfordere, sei dann nicht von Belang. Es sei aber auch
kein Grund ersichtlich für den Ausschluss jener Personen von der
Leistungsberechtigung, die alltägliche Arbeit selbst dann nicht ausführen
könnten, wenn sie angeleitet und überwacht würden, denn für sie, die
"schweren" Fälle, werde es ebenfalls erst durch die Dritthilfe möglich,
selbstständig zu wohnen. Die Unterscheidung zwischen indirekter und direkter
Dritthilfe erweise sich im Zusammenhang mit der Interpretation des Begriffs
der lebenspraktischen Begleitung nach Art. 38 Abs. 1 lit. a IVV als
untauglich. Massgebend sei nicht die Art der Dritthilfe, sondern
ausschliesslich die durch die Dritthilfe zu erreichende Selbstständigkeit
des Wohnens. Die dem Versicherten erbrachte Dritthilfe erlaube es ihm,
selbstständig zu wohnen, weshalb er Anspruch auf eine Entschädigung für
Hilflosigkeit leichten Grades habe.

  4.4  Der Versicherte bringt letztinstanzlich vor, mit der engen Auslegung
der IV-Stelle könne das Ziel der IV-Revision, behinderten Menschen mit
Assistenzbedürfnissen vermehrte Autonomie und Selbstbestimmung zu
ermöglichen, nicht erreicht werden. Wäre nur die indirekte Hilfe (Anleitung,
Überwachung usw.) anrechenbar, so könnten Menschen mit psychischen und
leichten geistigen Behinderungen in den meisten Fällen die
Anspruchsvoraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung auch nach neuem
Recht nach wie vor nicht erfüllen. Die Auslegung der IV-Stelle könne weder
dem Gesetz noch der Verordnung entnommen werden und widerspreche dem
Grundgedanken der Gesetzesrevision, mit der die oben erwähnte Gruppe
behinderter Menschen, zu denen auch der Versicherte gehöre, bessergestellt
werden sollte. Bei Hilflosigkeit werde grundsätzlich sowohl die direkte als
auch indirekte Hilfe berücksichtigt. Eine Ausnahme nur für Menschen, die auf
lebenspraktische Begleitung angewiesen seien, sei nicht sachgerecht. Das
Gesetz sehe nicht vor, dass lebenspraktische Begleitung nur jenen
Versicherten entschädigt werde, die völlig selbstständig wohnen könnten.
Dies würde

zum Ergebnis führen, dass leicht behinderte Personen eher in den Genuss
einer Hilflosenentschädigung gelangen würden als Personen mit einer
schwereren Behinderung. Eine derartige Interpretation von Art. 42 Abs. 3 IVG
könne nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprechen. Denn es sei gerade
Ziel der Gesetzesrevision gewesen, dass auch geistig Behinderte mit direkter
und indirekter Unterstützung selbstständig wohnen könnten und nicht in ein
Heim eintreten müssten. Vorliegend komme hinzu, dass der Versicherte neben
der direkten Hilfe (z.B. beim Wäsche Waschen) mehr als zwei Stunden pro
Woche auf indirekte Hilfe angewiesen sei. Dies betreffe die Küchenarbeit
(Kochen nur unter Aufsicht der Eltern, mehrmals monatlich Kuchen backen
unter Anleitung), die Reinigungsarbeiten (Aufräumen, Staubsaugen, Betten neu
beziehen), die Tagesstruktur usw. Grundsätzlich könnte er unter
Beaufsichtigung und Anleitung auch die Wäsche selber sortieren, die Maschine
selber bedienen sowie die Wäsche aufhängen und verräumen. Dies tue er
gelegentlich zusammen mit seiner Mutter auch. Diese indirekte Hilfe im
Bereich Waschen sei aber zeitaufwendiger für die Eltern als die direkte
Hilfe. Um die Selbstständigkeit des Versicherten zu fördern, leisteten sie
jedoch in vielen anderen Bereichen (Küchenarbeit, Zimmer aufräumen) die
aufwendigere indirekte Dritthilfe regelmässig in erheblichem Umfang
(deutlich mehr als 2 Stunden wöchentlich). Da der Versicherte antriebsarm
sei, werde er von den Eltern zur Mitarbeit aufgefordert sowie angeleitet und
überwacht. So beim Besorgen der Tiere (Füttern, Kaninchenstall ausmisten),
Rasenmähen, Einkaufen usw. Zu beachten sei auch, dass er, um Isolation zu
vermeiden, von den Eltern ein- bis zweimal wöchentlich zu Anlässen begleitet
werde (Restaurantbesuch, Konzerte, Theater, Kino usw.). Sollte das Gericht
zum Schluss kommen, dass die Unterscheidung in direkte und indirekte Hilfe
massgeblich und der Anspruch des Versicherten auf Grund der Akten noch nicht
ausgewiesen sei, werde eine neue Abklärung beantragt, da der
Abklärungsbericht an Ort und Stelle sehr ungenau sei. So werde in den
Bereichen "einfache administrative Tätigkeiten..." und "Reinigungsarbeiten"
sowohl "Erledigung durch Dritthilfe" als auch gleichzeitig "Anleitung
genügt" vermerkt. Weiter werde der zeitliche Aufwand für die Kontrolle und
Anleitung, Begleitung, Aufsicht sowie die direkte Hilfe nicht in allen
Punkten aufgeführt.

Erwägung 5

  5.  Die Vorinstanz hat richtig erwogen, dass das Wohnen des Versicherten
bei seinen Eltern den Anspruch auf lebenspraktische Begleitung

nicht ausschliesst. Massgebend ist einzig, dass sich die versicherte Person
nicht in einem Heim aufhält (Botschaft vom 21. Februar 2001 über die 4.
Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [nachfolgend
Botschaft], BBl 2001 S. 3289). Für die ständerätliche Kommission hielt
Ständerätin Forster-Vannini fest, Ziel der lebenspraktischen Begleitung sei
es, den Eintritt in eine stationäre Einrichtung nach Möglichkeit
hinauszuschieben oder zu verhindern (AB 2002 S 757). Das BSV führt denn auch
im IV-Rundschreiben Nr. 201 vom 19. Mai 2004 S. 2 Ziff. 2 aus, es sei
unerheblich, in welcher Umgebung sich die versicherte Person - abgesehen
davon, dass sie ausserhalb eines Heims wohnen müsse - aufhalte und ob sie
auf die Hilfe des Ehegatten, der Kinder oder Eltern zählen könne. Die
versicherte Person müsse nicht alleine wohnen. Diese Auffassung wird von der
IV-Stelle nunmehr anerkannt und entspricht der bisherigen, auch hier
anwendbaren Rechtsprechung, wonach es objektiv, nach dem Zustand des
Versicherten, zu beurteilen ist, ob die entsprechende Hilfsbedürftigkeit
besteht. Grundsätzlich unerheblich ist die Umgebung, in welcher sich der
Versicherte aufhält (BGE 98 V 23 E. 2 S. 25 mit Hinweisen; Urteile des Eidg.
Versicherungsgerichts H 163/04 vom 7. Juni 2005, E. 4, und I 104/01 vom 15.
Dezember 2003, E. 4.1.2), im Rahmen der lebenspraktischen Begleitung
allerdings vorbehältlich eines Heimaufenthalts.

Erwägung 6

  6.

  6.1  Gemäss den Erläuterungen des BSV zu den Änderungen der IVV vom 21.
Mai 2003 (Anpassung an die 4. IV-Revision) sind weitere Kriterien auf
Weisungsebene zu regeln, damit der Anspruch auf Hilflosenentschädigung auf
Grund lebenspraktischer Begleitung zuverlässig und möglichst rechtsgleich
ermittelt werden kann. So sind z.B. Hauptanwendungs-/Modellfälle zu
umschreiben, ein zeitliches Mindestmass der lebenspraktischen Begleitung in
Stunden festzulegen, die "Regelmässigkeit" und die "Dauerhaftigkeit" zu
definieren, die Grundsätze für die Ermittlung der Wartefrist und die
Häufigkeit von Revisionen festzulegen etc. (vgl. AHI 2003 S. 329).

  6.2  In Rz. 8053 KSIH hat das BSV festgelegt, dass die lebenspraktische
Begleitung im Sinne von Art. 38 Abs. 3 Satz 1 IVV regelmässig ist, wenn sie
über eine Periode von drei Monaten gerechnet im Durchschnitt mindestens 2
Stunden pro Woche benötigt wird.

  Die zeitliche Vergleichsbasis von drei Monaten erscheint im Hinblick auf
die praktische Durchführung als zweckmässig und sinnvoll.

Mit der Quantifizierung der lebenspraktischen Begleitung von 2 Stunden pro
Woche wird eine minimale durchschnittliche Intensität an lebenspraktischer
Begleitung normiert. Dies korreliert mit der Wertung des Gesetzgebers, dass
der Anspruch auf Hilflosenentschädigung nicht bereits bei jeder Form und
Dauer der Inanspruchnahme lebenspraktischer Begleitung gegeben sein soll,
sondern vielmehr einen bestimmten minimalen Schweregrad der Hilflosigkeit
voraussetzt, damit eine entsprechende Entschädigung durch die
Invalidenversicherung gerechtfertigt ist. Diese Wertvorstellung des
Gesetzgebers kommt auch darin zum Ausdruck, dass für die Annahme einer
Hilflosigkeit mindestens ein Anspruch auf eine Viertelsrente gegeben sein
muss, wenn nur die psychische Gesundheit beeinträchtigt ist (Art. 42 Abs. 3
IVG; vgl. auch Botschaft, BBl 2001 S. 3289).

  Rz. 8053 KSIH erweist sich als vernünftig und durch Sinn und Zweck der
Verordnungsbestimmung abgedeckt. Es wird damit eine Erheblichkeitsgrenze
statuiert, die den durch Gesetz und Verordnung vorgegebenen Rahmen nicht
sprengt, sondern vielmehr eine praktische Abgrenzung zwischen
anspruchsbegründendem und -ausschliessendem Schweregrad an Hilflosigkeit
beim Bedarf an lebenspraktischer Begleitung statuiert und insofern die
vorgegebene Norm konkretisiert. In diesem Sinne erweist sich die in Rz. 8053
KSIH enthaltene Definition der Regelmässigkeit als sachlich gerechtfertigt
und damit als gesetzes- und verordnungskonform.

  In BGE 133 V 472 hat das Bundesgericht in E. 5.3.1 zudem festgestellt,
dass Rz. 8053 KSIH keine Verletzung des Gebots der rechtsgleichen Behandlung
(Art. 8 Abs. 1 BV), des Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV), des
Willkürverbots (Art. 9 BV) oder des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002
über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen
(BehiG; SR 151.3) beinhaltet (vgl. die dazu ergangene Rechtsprechung: BGE
131 V 9 ff.; 130 I 352 ff.).

Erwägung 7

  7.

  7.1  Die IV-Stelle vertritt die Auffassung, im Rahmen der
lebenspraktischen Begleitung sei nur indirekte Hilfe der Drittperson
(Anleitung, Hilfe zur Selbsthilfe) anrechenbar, nicht aber direkte Hilfe,
bei der die Tätigkeit durch die Drittperson selber erledigt werde.

  7.2  Die Verwaltung knüpft bei ihrer Argumentation an die Rechtsprechung
an, die zwischen direkter und indirekter Dritthilfe differenziert,

welche sich - anders als die in Art. 37 IVV verwendeten Begriffe "Pflege"
und "Überwachung" - auf die sechs massgeblichen alltäglichen
Lebensverrichtungen (Ankleiden, Auskleiden; Aufstehen, Absitzen, Abliegen;
Essen; Körperpflege; Verrichtung der Notdurft; Fortbewegung [im oder ausser
Haus], Kontaktaufnahme) beziehen (Art. 9 ATSG; BGE 127 V 94 E. 3c S. 97 mit
Hinweisen; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 678/03 vom 12. Februar
2004, E. 1). Danach kann die benötigte Hilfe nicht nur in direkter
Dritthilfe, sondern auch bloss in Form einer Überwachung der versicherten
Person bei Vornahme der relevanten Lebensverrichtungen bestehen, indem etwa
die Drittperson sie auffordert, eine Lebensverrichtung vorzunehmen, die sie
wegen ihres psychischen Zustandes ohne besondere Aufforderung nicht
vornehmen würde (indirekte Dritthilfe; BGE 121 V 88 E. 3c S. 91; 107 V 145
E. 1c S. 149 und 136 E. 1b S. 139; 106 V 157 f.; 105 V 52 E. 4a S. 56;
Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 296/05 vom 29. Dezember 2005, E.
2.2.2).

  Die IV-Stelle will im Rahmen der vom Gesetzgeber seit 1. Januar 2004 neu
eingeführten lebenspraktischen Begleitung eine direkte Dritthilfe nicht
berücksichtigen.

Erwägung 8

  8.

  8.1  Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist
der Text unklar oder lässt er verschiedene Deutungen zu, so muss unter
Berücksichtigung aller Auslegungselemente (insbesondere
Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Zweck der Bestimmung) nach der
wahren Tragweite der auszulegenden Norm gesucht werden. Dabei hat sich die
höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Auslegung von Erlassen stets von
einem pragmatischen Methodenpluralismus leiten lassen und es abgelehnt, die
einzelnen Auslegungselemente einer Prioritätsordnung zu unterstellen (zum
Ganzen BGE 131 III 33 E. 2 S. 35; 130 V 229 E. 2.2 S. 232; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts U 129/05 vom 7. Juni 2006, E. 5.1).

  8.2
  8.2.1  Der Bundesrat führte in der Botschaft aus, Menschen mit psychischen
oder leichten geistigen Behinderungen seien auf Hilfe und Assistenz im
persönlichen Leben angewiesen. Um auch ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen, solle die Assistenzentschädigung auch für sie eingeführt
werden. In der Regel benötigten psychisch und leicht geistig Behinderte
hauptsächlich lebenspraktische

Begleitung. Da das geltende System in erster Linie auf die Beeinträchtigung
körperlicher Funktionen abstelle, erhielten heute psychisch und leicht
geistig Behinderte oftmals keine Hilflosenentschädigung. Weil auch bei
diesen Personen ein Assistenzbedarf vorliegen könne, werde vorgeschlagen,
eine Assistenzentschädigung für lebenspraktische Begleitung einzuführen. Die
Anspruchsvoraussetzungen seien in der Verordnung klar zu umschreiben. So
dürfte ein Anspruch beispielsweise dann gegeben sein, wenn eine behinderte
Person auf Grund ihrer psychischen Erkrankung ohne Begleitung nicht
selbstständig wohnen könne, oder wenn sie nicht in der Lage sei, das Haus
zum Einkaufen oder zum Kontakt mit Ämtern oder Medizinalpersonen zu
verlassen, oder wenn auf Grund ihrer psychischen Erkrankung die Gefahr
bestehe, dass sie sich dauernd isoliere. Massgebend könne zudem nur
diejenige Hilfe sein, die nicht bereits durch einen Vormund, Beirat oder
Beistand erbracht werde. Auch die Tatsache, dass der Gesundheitszustand von
Menschen mit psychischen Behinderungen in der Regel grösseren Schwankungen
unterliege, sei Rechnung zu tragen (BBl 2001 S. 3245 f. Ziff. 2.3.1.5.2.3).
Die lebenspraktische Begleitung stelle weder eine Hilfe bei den alltäglichen
Lebensverrichtungen noch eine Überwachung dar und müsse deshalb speziell
erwähnt werden. Der Begriff "Begleitung" meine Begleitung und Beratung, die
zur Bewältigung des praktischen Alltags diene (BBl 2001 S. 3289).

  8.2.2  Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen führte Ständerat Wicki
am 25. September 2002 aus, es sei eine Klärung des Begriffs der
"lebenspraktischen Beratung" nötig. Er sei dankbar, wenn man hier im Rat
sagen könne, was er bedeute, denn nachher - vor allem in der Praxis -
brauche es entsprechende Materialien. Die Geheimnisse der Kommission
genügten nicht. Für die Kommission führte Ständerätin Forster-Vannini aus,
sie versuche, diese Frage in dem Sinne zu beantworten, wie sie darüber in
der Kommission gesprochen hätten. Heute hätten psychisch Behinderte zwar
einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung, doch seien die
Anspruchsvoraussetzungen sehr eng formuliert. Die Abgrenzung zwischen
psychischer und geistiger Behinderung sei in der Praxis schwierig
durchzuführen, und die Grenzen seien oft fliessend. Auf der anderen Seite
dürfe gemäss Art. 8 Abs. 2 BV kein Mensch "wegen einer körperlichen,
geistigen oder psychischen Behinderung" diskriminiert werden. Weil die
Hilflosenentschädigung auf die körperlichen Lebensfunktionen in den
Bereichen Anziehen, Ausziehen,

Essen usw. zugeschnitten sei, sei sie für psychisch und geistig Behinderte
nicht von Relevanz, weil sich bei ihnen andere Probleme stellten. Deshalb
müsse der Anspruch auf lebenspraktische Begleitung auch für psychisch
Behinderte eingeführt werden, und zwar aus den Gründen, die sie zu erklären
versucht habe. Es gehe also um das Einkaufen oder andere Tätigkeiten, die
von solchen Personen nicht allein, sondern nur mit Begleitung getätigt
werden könnten. ... Sie wisse nicht, ob sie die Frage erschöpfend
beantwortet habe. Vielleicht könne Frau Bundesrätin Dreifuss noch etwas
nachhelfen. Diese legte dar, in Ziff. 2.3.1.5.2.3 der Botschaft finde man
die bundesrätliche Umschreibung der lebenspraktischen Begleitung. Die
geltende Gesetzgebung, die den Akzent auf die Hilfsmittel, die materielle,
physische Hilfe, setze, berücksichtige ungenügend das Risiko der
Verschlechterung des Zustandes von Invaliden, die in Situationen grösster
Invalidität fallen könnten, wenn sie zum Beispiel nicht den Besuch einer
psychiatrischen Krankenpflegerin erhielten, die dafür sorge, dass sie
aufstünden oder rausgingen, oder die sie zum Arzt begleite. Dies sei
beabsichtigt und auch in der Botschaft umschrieben. Es sei Sache der
Verordnung, die Voraussetzungen der Gewährung der Begleitung zu umschreiben.
Es sei beabsichtigt, die Leistungen, die sich aus diesem Bedürfnis nach
Begleitung ergäben, durch Verordnung und Weisungen sehr strikt zu
definieren. Sie sei völlig damit einverstanden, dass die Sache klar geregelt
sein müsse, um nicht falsche Hoffnungen zu wecken, aber sie erinnere daran,
dass im System der Sozialversicherung zahlreiche Leistungsdefinitionen auf
Verordnungs- und nicht auf Gesetzesebene bestünden. Es liege in der Logik
des Gesetzes, dass eine Delegationskompetenz an die IV-Durchführungsorgane
zur Leistungsdefinition bestehe (vgl. AB 2002 S 759 f.).

  8.2.3  Rz. 8050 KSIH betrifft die lebenspraktische Begleitung im Rahmen
der Ermöglichung des selbstständigen Wohnens (vgl. Art. 38 Abs. 1 lit. a
IVV). Sie ist notwendig, damit der Alltag selbstständig bewältigt werden
kann, und liegt vor, wenn die betroffene Person auf Hilfe bei mindestens
einer der folgenden Tätigkeiten angewiesen ist:
- Hilfe bei der Tagesstrukturierung;
- Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagssituationen (z.B.
  nachbarschaftliche Probleme, Fragen der Gesundheit, Ernährung und Hygiene,
  einfache administrative Tätigkeiten etc.);

- Anleitung zur Erledigung des Haushalts sowie Überwachung/Kontrolle.

  Nach Rz. 8051 KSIH ist bei ausserhäuslichen Verrichtungen (vgl. Art. 38
Abs. 1 lit. b IVV) die lebenspraktische Begleitung notwendig, damit die
versicherte Person in der Lage ist, das Haus für bestimmte notwendige
Verrichtungen und Kontakte zu verlassen (Einkaufen, Freizeitaktivitäten,
Kontakte mit Amtsstellen oder Medizinalpersonen, Coiffeurbesuch etc.). Es
muss sich um eine tatsächliche Begleitung handeln.

  Gemäss Rz. 8052 KSIH ist die lebenspraktische Begleitung notwendig, um der
Gefahr vorzubeugen, dass sich die versicherte Person dauernd von sozialen
Kontakten isoliert (vgl. Art. 38 Abs. 1 lit. c IVV) und sich dadurch ihr
Gesundheitszustand erheblich verschlechtert. Die rein hypothetische Gefahr
einer Isolation von der Aussenwelt genügt nicht; vielmehr müssen sich die
Isolation und die damit verbundene Verschlechterung des Gesundheitszustandes
bei der versicherten Person bereits manifestiert haben. Die notwendige
lebenspraktische Begleitung besteht in beratenden Gesprächen und der
Motivation zur Kontaktaufnahme (z.B. Mitnehmen zu Anlässen).

Erwägung 9

  9.  Nach dem Gesagten entspricht es der gesetzlichen Konzeption, dass die
"lebenspraktische Begleitung" weder die (direkte oder indirekte) "Dritthilfe
bei den sechs alltäglichen Lebensverrichtungen" noch die "Pflege" noch die
"Überwachung" beinhaltet (vgl. E. 7.2 hievor). Sie stellt vielmehr ein
zusätzliches und eigenständiges Institut der Hilfe dar (vgl. E. 8.2.1 f.
hievor).

  Die vom BSV vorgenommene Konkretisierung der Anwendungsfälle der
lebenspraktischen Begleitung (Rz. 8050-8052 KSIH) erweist sich grundsätzlich
als sachlich gerechtfertigt und damit als gesetzes- und verordnungskonform.
Beizupflichten ist der Verwaltung insbesondere auch darin, dass sich die
Begleitung zur Ermöglichung des selbstständigen Wohnens (Art. 38 Abs. 1 lit.
a IVV) auf die Haushaltsarbeiten erstreckt, zumal diese nicht zu den
alltäglichen Lebensverrichtungen nach Art. 9 ATSG in Verbindung mit Art. 37
IVV gehören (ZAK 1971 S. 35 E. 3b, H 35/70; weitere Urteile des Eidg.
Versicherungsgerichts H 299/03 vom 7. Juni 2004, E. 3.4, und H 128/03 vom 4.
Februar 2004, E. 3.2).

Erwägung 10

  10.  Die Verwaltung vertritt die Auffassung, eine direkte Dritthilfe könne
bei der lebenspraktischen Begleitung nicht berücksichtigt

werden (E. 7 hievor), was sich unter anderem darin manifestiert, dass sie im
Rahmen von Art. 38 Abs. 1 lit. a IVV bei der Erledigung des Haushalts nur
die Anleitung sowie Überwachung/Kontrolle durch den Dritten als relevant
erachtet (vgl. Rz. 8050 KSIH). Dem kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt
werden.

  10.1  Der Wortlaut "lebenspraktische Begleitung" impliziert für sich
allein nicht, dass eine direkte Hilfe der Drittperson nicht berücksichtigt
werden darf.

  In der bundesrätlichen Botschaft und in der parlamentarischen Beratung
wurde die lebenspraktische Begleitung in erster Linie von der Hilfe bei den
sechs alltäglichen Lebensverrichtungen und von der persönlichen Überwachung
(vgl. E. 7.2 und 9 hievor) abgegrenzt. Aus der Formulierung in der
Botschaft, es gehe um Begleitung und Beratung, die zur Bewältigung des
praktischen Alltags diene (BBl 2001 S. 3289), kann nicht geschlossen werden,
direkte Dritthilfe sei unbeachtlich, zumal an anderer Stelle gesagt wurde,
die Menschen mit psychischen oder leichten geistigen Behinderungen seien auf
Hilfe und Assistenz im persönlichen Leben angewiesen (BBl 2001 S. 3245 Ziff.
2.3.1.5.2.3). Zur Problematik direkte/indirekte Dritthilfe enthalten die
Materialien keinerlei Ausführungen.

  10.2  Die Vorinstanz und der Versicherte haben einlässlich und zutreffend
dargelegt, dass es gerechtfertigt ist, im Rahmen der lebenspraktischen
Begleitung nach Art. 38 Abs. 1 lit. a IVV neben der indirekten auch die
direkte Dritthilfe zu berücksichtigen. Demnach kann die Begleitperson die
notwendigerweise anfallenden Tätigkeiten auch selber ausführen, wenn die
versicherte Person dazu gesundheitsbedingt trotz Anleitung oder
Überwachung/Kontrolle nicht in der Lage ist. Auf die überzeugenden
Ausführungen der Vorinstanz und des Versicherten kann verwiesen werden (E.
4.3 f. hievor).

  Zu ergänzen ist, dass der Bundesrat in der Botschaft zu Recht darauf
hingewiesen hat, der Gesundheitszustand von Menschen mit psychischen
Behinderungen unterliege in der Regel grösseren Schwankungen (BBl 2001 S.
3246 Ziff. 2.3.1.5.2.3). Dies kann dazu führen, dass sie die gleiche
Tätigkeit in besseren psychischen Phasen unter blosser Anleitung oder
Kontrolle/Überwachung selber vornehmen können, in schlechteren Phasen aber
auf direkte Dritthilfe angewiesen sind. Es ist auch deshalb nicht
sachgerecht und kaum praktikabel, im Rahmen der lebenspraktischen Begleitung

zwischen indirekter und direkter Dritthilfe zu differenzieren und letztere
nicht zu berücksichtigen.

Erwägung 11

  11.

  11.1
  11.1.1  Bei der Erarbeitung der Grundlagen für die Bemessung der
Hilflosigkeit ist eine enge, sich ergänzende Zusammenarbeit zwischen Arzt
und Verwaltung erforderlich. Ersterer hat anzugeben, inwiefern die
versicherte Person in ihren körperlichen bzw. geistigen Funktionen durch das
Leiden eingeschränkt ist. Der Versicherungsträger kann an Ort und Stelle
weitere Abklärungen vornehmen. Bei Unklarheiten über physische oder
psychische bzw. geistige Störungen oder deren Auswirkungen auf alltägliche
Lebensverrichtungen sind Rückfragen an die medizinischen Fachpersonen nicht
nur zulässig, sondern notwendig. Weiter sind die Angaben der Hilfe
leistenden Personen zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der
Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext schliesslich muss
plausibel, begründet und detailliert bezüglich der einzelnen alltäglichen
Lebensverrichtungen sowie der tatbestandsmässigen Erfordernisse der
dauernden persönlichen Überwachung und der Pflege sein. Schliesslich hat er
in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben zu stehen.
Das Gericht greift, sofern der Bericht eine zuverlässige
Entscheidungsgrundlage im eben umschriebenen Sinne darstellt, in das
Ermessen der die Abklärung tätigenden Person nur ein, wenn klar
feststellbare Fehleinschätzungen vorliegen. Das gebietet insbesondere der
Umstand, dass die fachlich kompetente Abklärungsperson näher am konkreten
Sachverhalt ist als das im Beschwerdefall zuständige Gericht (BGE 130 V 61
ff.; erwähntes Urteil I 296/05, E. 2.2.3).

  Im Falle einer Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit stellt der
Abklärungsbericht im Haushalt ein geeignetes Beweismittel für die Bemessung
der Invalidität der betroffenen Personen dar. Stimmen jedoch die Ergebnisse
der Haushaltabklärung nicht mit den ärztlichen Feststellungen der
Behinderungen im gewohnten Tätigkeitsbereich überein, so haben Letztere in
der Regel mehr Gewicht als die im Haushalt durchgeführte Abklärung (vgl. SVR
2005 IV Nr. 21 S. 81, E. 5.1.1, I 249/04; AHI 2004 S. 137, I 311/03).

  Diese Rechtsprechung gilt entsprechend auch für die Abklärung der
Hilflosigkeit unter dem Gesichtspunkt der lebenspraktischen Begleitung.

  11.1.2  Gemäss Rz. 8144 KSIH (vgl. auch AHI 2003 S. 329) hat zusätzlich
der regionale ärztliche Dienst (RAD) die Angaben des Berichts über die
Abklärung an Ort und Stelle zu visieren. Falls sich bereits ein
spezialisierter Dienst (z.B. sozialpsychiatrischer Dienst oder
Beratungsstelle) mit der versicherten Person befasst hat, hat die IV-Stelle
einen Bericht dieses Dienstes einzuholen.

  11.1.3  Hinsichtlich des Beweiswerts eines Arztberichts ist entscheidend,
ob er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen
Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in
Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung
der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet
und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet und nachvollziehbar
sind (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; SVR 2006 IV Nr. 27 S. 92, E. 3.2.4, I
3/05, je mit Hinweisen).

  11.2
  11.2.1  Die IV-Stelle stützte sich bei der Prüfung des Anspruchs auf den
Bericht über die Abklärung an Ort und Stelle vom 24. März 2004, dessen
Ergebnis umstritten ist.

  11.2.2  In medizinischer Hinsicht liegen als aktuellste Unterlagen die
EEG-Berichte des Spitals X. vom 27. Januar 2004 und 21. Oktober 2003 sowie
der Bericht des Dr. med. A., Kinder- und Jugendmedizin FMH, vom 29.
September 2002 bei den Akten. Dr. med. A. diagnostizierte eine
komplex-partielle Epilepsie sowie eine geistige Behinderung mit autistischen
Zügen. Im Bericht vom 21. Oktober 2003 wurde unter dem Titel "Klinische
Angaben" ausgeführt, der Versicherte leide an komplex-partieller Epilepsie,
behandelt zwischen 1989 und 1992 sowie ab 1999, anfallsfrei seit Juni 1999.
Es bestehe eine geistige Behinderung mit Beschäftigung in beschützender
Werkstätte. Der Versicherte sei anfallsfrei auch unter zwischenzeitlicher
vorsichtiger Reduktion der Medikation. Am 27. Januar 2004 wurde unter der
Rubrik "Klinische Angaben" zusätzlich dargelegt, nach zwischenzeitlicher
Einstellung der Medikation seien am 10. Oktober 2003 und im Dezember 2003
Anfallsrezidive aufgetreten. Die Medikation sei in angepasster Dosierung
wieder aufgenommen worden.

  Diese drei ärztlichen Berichte enthalten keinerlei Angaben zur Frage,
inwiefern der Versicherte durch das Leiden im Hinblick auf die Frage der
lebenspraktischen Begleitung in seinen psychischen oder

geistigen Funktionen eingeschränkt ist. Beispielsweise fehlen aktuelle
ärztliche Angaben zu der vom Versicherten geltend gemachten Antriebsarmut
(E. 4.4 hievor).

  Bezüglich des erforderlichen RAD-Visums (vgl. Rz. 8144 KSIH) ist Folgendes
festzuhalten: Die Akten enthalten ein Feststellungsblatt vom 13. April 2004,
worin unter Verweis auf den Abklärungsbericht vor Ort vom 24. März 2004 die
Abweisung der lebenspraktischen Beratung beantragt wird. Weiter befindet
sich bei den Akten ein Blatt mit der Überschrift "Stellungnahme zum
Feststellungsblatt/IV-Word durch RAD", worin unter Verweis auf das
Feststellungsblatt vom 13. April 2004 unter der Rubrik "Beschluss/IV-Word
i.O." die Abkürzung "i.O." vermerkt ist. Auf diesem Blatt steht zuunterst
computerschriftlich der Passus "Datum/Name oder Kurzzeichen: 20.4.04/Z.".
Eine Unterschrift oder ein handschriftliches Visum figuriert auf diesem
Blatt jedoch nicht, was nicht rechtskonform ist. Arztberichte sind
handschriftlich zu unterzeichnen oder zu visieren, damit darauf abgestellt
werden kann.

  Im medizinischen Punkt ist das Vorgehen der IV-Stelle mithin nicht
rechtsgenüglich.

  11.2.3  Weiter ist zu beachten, dass der Versicherte in der Anmeldung für
eine Hilflosenentschädigung vom 11. Februar 2004 die Frage bejahte, ob sich
ein spezialisierter Dienst mit ihm befasst habe, und diesbezüglich die
Institution L. angab. Ein Bericht dieser Institution liegt jedoch entgegen
Rz. 8144 KSIH nicht bei den Akten.

  11.3  Nach dem Gesagten genügen die von der IV-Stelle durchgeführten
Abklärungen nicht, um die Hilflosigkeit und die Notwendigkeit einer
lebenspraktischen Begleitung rechtsgenüglich zu beurteilen. Auf den Bericht
über die Abklärung an Ort und Stelle vom 24. März 2004 kann für sich allein
nicht abgestellt werden, zumal er in den vom Versicherten angeführten
Punkten (vgl. E. 4.4 hievor am Ende) ungenau ist. Die Sache ist demnach an
die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie zusätzliche Berichte des
behandelnden Arztes sowie der Institution L. einhole und erforderlichenfalls
eine weitere medizinische Abklärung, insbesondere psychiatrischer Richtung,
vornehme. Sie wird weiter zu entscheiden haben, ob eine neue Abklärung an
Ort und Stelle durchgeführt werden soll oder aber der Bericht vom 24. März
2004 unter Beizug eines Arztes daraufhin zu überprüfen ist, inwieweit er den
medizinisch festgestellten Beeinträchtigungen

hinreichend Rechnung trägt (vgl. auch erwähntes Urteil I 296/05, E. 5.2, und
Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 728/03 vom 3. Februar 2004, E.
2.2). Zudem ist der Bericht an Ort und Stelle vom RAD nachvollziehbar und
folglich handschriftlich visieren zu lassen. Danach wird die IV-Stelle über
das Leistungsbegehren neu befinden. Gestützt auf die ergänzende medizinische
Abklärung wird sie zum Beginn eines allfälligen Leistungsanspruchs im Lichte
von Art. 42 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 IVG Stellung zu
nehmen haben (vgl. hiezu auch Rz. 8096 ff. KSIH).

  Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Vertretungs-
und Verwaltungstätigkeiten, welche die Eltern in ihrer Vormundfunktion nach
Art. 398-419 ZGB zu erledigen haben, nicht zu berücksichtigen sind (Art. 38
Abs. 3 Satz 2 IVV; vgl. auch Rz. 8054 KSIH).

Erwägung 12

  12.  Die Vorinstanz hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass ein allfälliger
Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung leichten Grades wegen
Angewiesenheit auf dauernde lebenspraktische Begleitung in
übergangsrechtlicher Hinsicht frühestens ab 1. Januar 2004 entstehen kann
und kein vor dieses Datum zurück reichender Nachzahlungsanspruch besteht.
Dies ist denn auch unbestritten und entspricht dem Grundsatz der
Nichtrückwirkung gesetzlicher Bestimmungen; Streitfragen sollen nicht nach
einem Recht beurteilt werden, das zur Zeit ihrer Entstehung noch nicht in
Geltung stand (BGE 132 V 93 E. 2.3 S. 97; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts I 807/04 vom 10. Juli 2006, E. 1.2).

Erwägung 13

  13.  Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 134 OG in der bis Ende
Juni 2006 gültig gewesenen Fassung; vgl. E. 1.2 hievor). Die Voraussetzungen
für die Zusprechung einer Parteientschädigung für das letztinstanzliche
Verfahren sind nicht erfüllt (Art. 159 in Verbindung mit Art. 135 OG). Die
Rückweisung gilt praxisgemäss (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235 mit Hinweisen)
für die Frage der Parteientschädigung als volles Obsiegen, unabhängig davon,
ob sie überhaupt beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder
im Eventualantrag gestellt wird. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens
steht demzufolge dem Beschwerdegegner als unterliegender Partei keine
Entschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 OG). Der obsiegenden IV-Stelle wird
gestützt auf Art. 159 Abs. 2 Teilsatz 2 OG sodann keine Parteientschädigung
zugesprochen, zumal die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zusprechung
einer

Entschädigung nicht gegeben sind (BGE 128 V 124 E. 5b S. 133; 123 V 290 E.
10 S. 309, je mit Hinweisen).

  Für das vorinstanzliche Verfahren hat das kantonale Gericht dem
Versicherten eine Parteientschädigung zugesprochen. Diese ist trotz des
letztinstanzlichen Prozessausgangs zu bestätigen, denn unter dem
Gesichtspunkt des bundesrechtlichen Anspruchs auf eine Parteientschädigung
gilt es im Streit um eine Sozialversicherungsleistung praxisgemäss wiederum
bereits als Obsiegen, wenn die versicherte Person ihre Rechtsstellung im
Vergleich zu derjenigen nach Abschluss des Administrativverfahrens insoweit
verbessert, als sie die Aufhebung eines ablehnenden Einspracheentscheides
und die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur ergänzenden Abklärung
und neuen Beurteilung erreicht (BGE 132 V 215 E. 6.2 S. 235).