Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 V 249



Urteilskopf

133 V 249

  33. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Amt für
Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich gegen M. und i. S. M. gegen Amt für
Wirtschaft und Arbeit sowie Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  C 36/06 / C 39/06 vom 16. April 2007

Regeste

  Art. 27 ATSG: Aufklärung und Beratung.

  Solange der Versicherungsträger bei einem durchschnittlichen Mass an
Aufmerksamkeit nicht erkennen kann, dass die Situation einer versicherten
Person den Leistungsanspruch zu gefährden vermag, trifft ihn keine
Aufklärungs- und Beratungspflicht im Sinne von Art. 27 ATSG (E. 7.2).

Sachverhalt

  A.- M. war seit 1. Februar 1996 als Leiter Administration für die
Genossenschaft Gärtnerei X. (nachfolgend: Gärtnerei) tätig. Dieses
Arbeitsverhältnis wurde infolge des gegen die Gärtnerei ausgesprochenen
behördlichen Verbots, die bisherige Geschäftstätigkeit fortzuführen, durch
Kündigung der Arbeitgeberin auf den 30. November 2000 aufgelöst. Die
Arbeitslosenkasse GBI (ab 1. Januar 2005: Unia Arbeitslosenkasse) richtete
seit 1. Dezember 2000 Arbeitslosentaggelder aus. M. wurde von der Gärtnerei
in der Folge auf Abruf beschäftigt. Das dabei erzielte Einkommen
berücksichtigte die Kasse als Zwischenverdienst. Ab 1. Dezember 2002 wurde
eine zweite Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet. Die
Zwischenverdiensttätigkeit führte er bis März 2003 fort. Ab 12. April 2003
attestierte Dr. med. B., Allgemeine Medizin FMH, eine vollständige
Arbeitsunfähigkeit (Arztzeugnis vom 10. Juni 2003). Mit Verfügung vom 20.
Januar 2004 verneinte das Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich (AWA) die
Vermittlungsfähigkeit und damit auch den Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung rückwirkend ab 1. Dezember 2000. Zur Begründung
wurde angegeben, M. sei (...) der Arbeitsvermittlung infolge Aufbaus einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit nur noch sehr bedingt zur Verfügung
gestanden. Auf Einsprache hin hielt das AWA an der Ablehnung der
Anspruchsberechtigung fest, gab nunmehr aber als Begründung an, M. habe bei
der Firma R. AG und bei der Firma G. AG eine arbeitgeberähnliche Stellung
bekleidet (Einspracheentscheid vom 21. März 2005).

  B.- In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid auf
und stellte fest, die Anspruchsberechtigung für die Zeit vom 1. Januar 2003
bis 21. Januar 2004 könne nicht in

analoger Anwendung von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG verneint werden; die Sache
werde an das AWA zurückgewiesen, damit es über die Vermittlungsfähigkeit für
die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 entscheide; im Übrigen werde
die Beschwerde abgewiesen (Entscheid vom 20. Dezember 2005).

  C.- M. lässt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen,
es sei festzustellen, dass er ab 1. Dezember 2000 zum Bezug von Leistungen
der Arbeitslosenversicherung berechtigt sei, und die Verwaltung sei zu
verpflichten, ihm die ausstehenden Arbeitslosentaggelder auszurichten.

  Das AWA reicht seinerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem
Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei insoweit aufzuheben, als
die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen werde, damit sie über die
Vermittlungsfähigkeit des Versicherten für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis
21. Januar 2004 entscheide, und die Verwaltung verpflichtet werde, dem
Versicherten eine Prozessentschädigung von Fr. 900.- zu bezahlen.

  M. (nachfolgend: Beschwerdeführer 1) lässt auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde des AWA schliessen. Das AWA (nachfolgend:
Beschwerdeführer 2) reicht keine Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde des M. ein. Das Staatssekretariat für
Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme zu beiden
Verwaltungsgerichtsbeschwerden.

  D.- In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des AWA hebt das
Bundesgericht den Entscheid des kantonalen Gerichts vom 20. Dezember 2005
auf; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des M. weist das Bundesgericht ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

  4.  Der Versicherte ist Genossenschafter der Gärtnerei und hält 25 der
insgesamt 185 Anteilscheine. Die Genossenschaft bezweckt den Betrieb der
Gärtnerei als Selbstbewirtschafterin und auf Selbsthilfebasis; jeder
Genossenschafter ist verpflichtet, voll oder teilzeitlich im
Gärtnereibetrieb mitzuarbeiten. Der Beschwerdeführer 1 war zudem Mitglied
(vom 30. Juni 1998 bis 29. März 1999) und anschliessend (vom 30. März 1999
bis 4. Juli 2002 sowie vom 28. November 2003 bis 8. Januar 2007) Präsident
des Verwaltungsrates der Firma R. AG. Diese Gesellschaft befindet sich seit
18. Januar 2007 in Liquidation. Sie konzentrierte sich auf den Handel mit
Gärtnereiartikeln

und -einrichtungen, Saatgut und Pflanzen, Produkten jeglicher Art und den
Anbau sowie die Aufzucht von Pflanzen. Für die Firma G. AG, welche sich
ebenfalls dem Handel mit Gartenbauartikeln, Saatgut und Pflanzen widmete,
war der Versicherte in der vorliegend massgebenden Zeit ab 1. Dezember 2000
zunächst als Verwaltungsratspräsident und später als Verwaltungsratsmitglied
eingesetzt. Zudem war er vom 16. November 2001 bis 14. Februar 2007
Geschäftsführer mit Einzelunterschrift der H. GmbH, welche sich die
Herstellung von und den Handel mit Süsswaren und Genussmitteln zum Zweck
gesetzt hat. Alle drei Gesellschaften sind eng mit der Gärtnerei verbunden.
Auf Grund der konkreten Umstände, welche im angefochtenen Gerichtsentscheid
umfassend dargelegt werden, ist von einem Firmenkonglomerat auszugehen und
es ist offensichtlich, dass der Versicherte in diesem Verbund eine
arbeitgeberähnliche Stellung eingenommen hat. Die vom Beschwerdeführer 1
dagegen erhobenen Einwände erschöpfen sich in reinen Behauptungen. Darauf
kann nicht abgestellt werden, insbesondere weil alle tatsächlichen
Gegebenheiten für die einflussreiche Führungsposition des Versicherten
sprechen, aber keine Anhaltspunkte für seine Angaben auszumachen sind,
wonach er im Rahmen seiner Verwaltungsratsmandate für die
Tochtergesellschaften weisungsgebunden gewesen sei und auch die
Entscheidungen der Gärtnerei als Muttergesellschaft nicht massgeblich habe
beeinflussen können. Es kann in diesem Zusammenhang vollumfänglich auf die
Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid verwiesen werden, welchen das
Bundesgericht nichts beizufügen hat. Demnach haben Verwaltung und Vorinstanz
den Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung für die Dauer vom
1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2002 zu Recht verneint.

Erwägung 5

  5.  Für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 geht das kantonale
Gericht davon aus, dass die Anspruchsberechtigung nicht unter Verweis auf
die arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten verneint werden könne. Die
Verwaltung habe ihre Auskunftspflicht verletzt, indem sie es unterlassen
habe, den Beschwerdeführer 1 über die mit der arbeitgeberähnlichen Stellung
verbundenen Risiken hinsichtlich seines Leistungsanspruchs aufzuklären. Die
Sache sei daher an das AWA zurückzuweisen, damit es die
Vermittlungsfähigkeit prüfe und hernach über die Anspruchsberechtigung in
der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 neu entscheide. Fest stehe
hingegen schon jetzt, dass die Anspruchsberechtigung

für die Zeit ab 22. Januar 2004 (mithin nach Erlass der Verfügung vom 20.
Januar 2004, mit welcher die Vermittlungsfähigkeit rückwirkend ab 1.
Dezember 2000 verneint worden ist) abzusprechen sei, da dem Versicherten mit
der Verfügungseröffnung hätte bewusst werden müssen, dass seine anhaltende
Organstellung die Anspruchsberechtigung gefährden könnte. Der
Beschwerdeführer 1 sei aber auch heute noch Verwaltungsratspräsident der
Firma R. AG und Verwaltungsratsmitglied der Firma G. AG.

  5.1  Gemäss Art. 27 des - im vorliegenden Fall für die Zeit ab 1. Januar
2003 anwendbaren - Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) sind die
Versicherungsträger und Durchführungsorgane der einzelnen
Sozialversicherungen verpflichtet, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches
die interessierten Personen über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären (Abs.
1). Jede Person hat Anspruch auf grundsätzlich unentgeltliche Beratung über
ihre Rechte und Pflichten. Dafür zuständig sind die Versicherungsträger,
denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen
sind. Für Beratungen, die aufwendige Nachforschungen erfordern, kann der
Bundesrat die Erhebung von Gebühren vorsehen und den Gebührentarif festlegen
(Abs. 2). Stellt ein Versicherungsträger fest, dass eine versicherte Person
oder ihre Angehörigen Leistungen anderer Sozialversicherungen beanspruchen
können, so gibt er ihnen unverzüglich davon Kenntnis (Abs. 3).

  Nach der gleichzeitig mit dem ATSG am 1. Januar 2003 in Kraft gesetzten
Ausführungsbestimmung des Artikels 19a AVIV klären die in Art. 76 Abs. 1
lit. a-d AVIG genannten Durchführungsstellen die Versicherten über ihre
Rechte und Pflichten auf, insbesondere über das Verfahren der Anmeldung und
über die Pflicht, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und zu verkürzen (Abs. 1).
Die Kassen klären die Versicherten über die Rechte und Pflichten auf, die
sich aus dem Aufgabenbereich der Kassen ergeben ([Art. 81 AVIG]; Abs. 2).
Die kantonalen Amtsstellen und die regionalen Arbeitsvermittlungszentren
(RAV) klären die Versicherten über die Rechte und Pflichten auf, die sich
aus den jeweiligen Aufgabenbereichen ergeben ([Art. 85 und 85b AVIG]; Abs.
3).

  Die Kasse kann einen Fall der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid
unterbreiten, wenn Zweifel bestehen, ob der Versicherte anspruchsberechtigt
ist (Art. 81 Abs. 2 lit. a AVIG). Im Kanton Zürich ist

gemäss § 1 der Verordnung vom 26. Oktober 2000 zum Einführungsgesetz zum
Arbeitslosenversicherungsgesetz (Zürcher Gesetzessammlung 837.11) das Amt
für Wirtschaft und Arbeit zuständige kantonale Amtsstelle für den Vollzug
des Arbeitslosenversicherungsgesetzes.
  (...)

Erwägung 7

  7.

  7.1  Den Akten lässt sich entnehmen, dass der Versicherte mit Schreiben
vom 3. Februar 2002 dem RAV X. und mit Schreiben vom 5. Februar 2002 der
Arbeitslosenkasse GBI Meldung erstattete, dass er als Verwaltungsrat für die
Firma R. AG und die Firma G. AG für das Jahr 2000 Honorare erhalten habe,
die zusätzlich zu seinem für die Beschäftigung auf Abruf in der Gärtnerei
erzielten Lohn als Zwischenverdienst anzurechnen seien. Die Vorinstanz ist
der Auffassung, dass der Verwaltung die Gefährdung der Anspruchsberechtigung
durch diese Funktionen auf Grund der Mitteilungen des Beschwerdeführers 1
vom 3. und 5. Februar 2002 seit Februar 2002 bekannt gewesen sei. Aus dem
Umstand, dass der Versicherte für das Jahr 2000 Verwaltungsratshonorare
bezogen hat, folgt allerdings nicht ohne weiteres die Annahme einer
andauernden arbeitgeberähnlichen Stellung. Nachdem die Gärtnerei als
Muttergesellschaft das Arbeitsverhältnis mit dem Versicherten auf den 30.
November 2000 aufgelöst hatte und dieser bereits mit Verfügung der
Bezirksanwaltschaft X. vom 12. Oktober 2000 mit einem "Berufsverbot" im
Zusammenhang mit dem Betrieb der Gärtnerei aber auch mit "zugehörenden oder
artverwandten Betrieben" belegt wurde (Weisung, inskünftig jegliche
Mitwirkung oder Tätigkeit beim Anbau von hoch THC-haltigen Hanfpflanzen
sowie bei deren Verarbeitung und Verkauf zu unterlassen), lag im Gegenteil
die Vermutung nahe, dass er seine für die Tochtergesellschaften
wahrgenommenen Funktionen gleichzeitig mit der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses mit der Muttergesellschaft ebenfalls niedergelegt hat.
Zu jenem Zeitpunkt war Art. 27 ATSG, welcher die Aufklärungs- und
Beratungspflicht der Versicherungsträger statuiert, noch nicht in Kraft. Ob
die Verwaltung, hätte sich diese Tatsachenlage unter der Geltung des ATSG
verwirklicht, gehalten gewesen wäre, zusätzliche Abklärungen zu treffen, um
ihrer Aufklärungspflicht nachzukommen, kann demnach offen bleiben.

  7.2  Die Verwaltung hatte folglich bei Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar
2003 keine Kenntnis von einer Situation, welche geeignet

gewesen wäre, die Anspruchsberechtigung des Versicherten in Frage zu
stellen. Erst im Laufe des Jahres 2003 ergaben sich auf Grund ihrer
Nachforschungen Anhaltspunkte für eine mögliche arbeitgeberähnliche Stellung
des Beschwerdeführers 1. Seine nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses
mit der Gärtnerei beibehaltenen Aufgaben für das Firmenkonglomerat waren
weder Thema in den Beratungsgesprächen, noch hatte er von sich aus über
seine Aufgaben in den diversen Betrieben informiert. So war es der
Verwaltung nur nach langwierigen Abklärungen möglich, sich ein Bild über die
mannigfaltigen Verflechtungen zwischen den erwähnten und weiteren
involvierten Gesellschaften und die jeweilige Einbindung des
Beschwerdeführers 1 in die Betriebsabläufe sowie über seine Funktionen zu
machen, welche er im Firmenkonglomerat über den 30. November 2000 hinaus
wahrnahm.

  Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ATSG, am 1. Januar 2003, hatte die
Verwaltung bei dieser Sachlage keinen Anlass, die Anspruchsberechtigung des
Versicherten in Frage zu stellen. Sie war noch nicht darüber informiert,
dass er sich in einem Firmenkonglomerat engagierte. Wie sich seine Einsätze
gestalteten, wusste sie ebenfalls noch nicht. Zu Nachforschungen nach
allfälligen Umständen, welche die Anspruchsberechtigung in Frage hätten
stellen können, war sie demgemäss nicht verpflichtet.

  Die Vorinstanz ist gegenteiliger Auffassung. Indem sie in Nachachtung des
Vertrauensschutzes annimmt, die arbeitgeberähnliche Stellung wirke in der
Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 nicht anspruchsaufhebend, geht
sie implizit davon aus, die Verwaltung hätte auf den 1. Januar 2003 hin das
Dossier des Versicherten nach allfälligen Gründen, welche einer
Anspruchsberechtigung hätten entgegenstehen können, durchsuchen, allfällige
zusätzliche Abklärungen treffen und den Versicherten unverzüglich
informieren müssen.

  Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Im Februar 2002, als
die Verwaltung einen ersten, allerdings nicht eindeutigen Hinweis auf eine
mögliche arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten erhielt, bestand noch
keine umfassende Auskunfts- und Beratungspflicht der Behörden. Am Tag der
Einführung der allgemeinen Aufklärungs- und Beratungspflicht musste den
involvierten Behörden auf Grund der gegebenen Umstände weder bewusst sein,
dass der Anspruch des Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung gefährdet
war, noch konnte von ihnen erwartet werden, dass sie - ohne konkreten Anlass
- Nachforschungen in die Wege leiteten.

Solange aber der Versicherungsträger bei einem durchschnittlichen Mass an
Aufmerksamkeit noch nicht erkennen kann, dass die Situation einer
versicherten Person den Leistungsanspruch zu gefährden vermag, trifft ihn
auch noch keine Beratungspflicht. Als sich vorliegend Anhaltspunkte dafür
ergaben, dass der Sachverhalt nur lückenhaft bekannt war, drängten sich
weitere Abklärungen auf. Diese Abklärungen wurden im Jahr 2003 denn auch
ohne Verzögerung an die Hand genommen. Sobald sich das AWA ein Bild über die
Einbindung des Versicherten in die verschiedenen Gesellschaften machen
konnte, erliess es am 20. Januar 2004 eine leistungsablehnende Verfügung.
Die zeitliche Verzögerung war auf die komplizierten Verhältnisse und die
mangelnde Mitwirkung des Versicherten zurückzuführen. Das Vorgehen der
Verwaltung ist mit Blick auf diese Umstände nicht zu beanstanden.

  7.3  Im vorliegenden Fall geht es - im Unterschied zum Sachverhalt, wie er
BGE 131 V 472 zu Grunde liegt - nicht um ein künftiges Verhalten der
versicherten Person, sondern um ihre bisherigen Funktionen in verschiedenen
Gesellschaften. Ein Hinweis der Verwaltung, eine beabsichtigte, den
Leistungsanspruch gefährdende Handlung zu überdenken, war darum nicht
möglich. Das AWA hatte die Aufgabe, über die Anspruchsberechtigung des
Versicherten zu entscheiden. Dabei stellte es zu Recht auf die Sachlage ab,
wie sie sich nach seinen zusätzlichen Abklärungen im Januar 2004
präsentierte. Aus der Aufklärungs- und Beratungspflicht gemäss Art. 27 ATSG
kann nicht abgeleitet werden, dass der versicherten Person vorgängig einer
ablehnenden Verfügung Gelegenheit zur Änderung der angetroffenen Situation
eingeräumt wird, falls die bisherigen Verhältnisse auf das Fehlen einer
Anspruchsvoraussetzung zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern schliessen
lassen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts C 9/05 vom 21. Dezember 2005,
E. 5.2). Der angefochtene Gerichtsentscheid orientiert sich am Urteil C
157/05 vom 28. Oktober 2005. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug begann
für die versicherte Person in jenem Fall allerdings erst am 1. Januar 2003,
am Tag als auch das ATSG in Kraft trat. Im Unterschied dazu hatte der
Versicherungsträger vorliegend keine Veranlassung, die Anspruchsberechtigung
auf das Inkrafttreten des ATSG erneut zu überprüfen, nachdem die zweite
Rahmenfrist für den Leistungsbezug bereits am 1. Dezember 2002 begonnen
hatte und sich an der Situation des Beschwerdeführers 1 seit dem
Leistungsbezug in der ersten Rahmenfrist keine erkennbaren Änderungen
ergeben haben.