Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 V 205



Urteilskopf

133 V 205

  28. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. L.
gegen Vorsorgeeinrichtung der Versicherungs-Gruppe X. sowie
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  B 93/06 vom 22. Januar 2007

Regeste

  Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 22 FZG; Art. 122 und 142 ZGB; Art. 62 ff. OR
(Rechtslage vor Inkrafttreten des Art. 35a BVG am 1. Januar 2005).

  Der blosse Umstand, dass eine Barauszahlung geleistet worden ist, ohne
dass die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 FZG vorliegen, berechtigt die
Vorsorgeeinrichtung nicht zur Rückforderung der Leistung (E. 4.3-4.9).

  Hat die Ehefrau der Barauszahlung nicht im Sinne von Art. 5 Abs. 2 FZG
zugestimmt und muss die Vorsorgeeinrichtung der Ehefrau in der Folge bei der
Scheidung ihren Anteil erneut bezahlen, kann sie diesen vom insoweit
ungerechtfertigt bereicherten (geschiedenen) Ehemann (unter Vorbehalt von
Art. 64 OR) zurückfordern (E. 5.2); Anforderungen an den Beweis (E.
5.3-5.5).

Sachverhalt

  A.- L., geb. 1946, war bei der Versicherung X. tätig und bei der
Vorsorgeeinrichtung der Versicherungs-Gruppe X. berufsvorsorgeversichert. Am
26. September/21. Oktober 1997 schloss er mit der Generalagentur der
Lebensversicherungs-Gesellschaft Y. einen Vertrag, in welchem vorgesehen
war, dass er per 1. Januar 1998 als Vorsorgeberater in dieselbe eintreten
werde. Am 29. Oktober 1997 kündigte er sein Arbeitsverhältnis bei der
Versicherung X. mit Wirkung per Ende Februar 1998 und beantragte zugleich
die Barauszahlung seines Freizügigkeitsguthabens unter Hinweis darauf, dass
er eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehme. Am 27. Januar 1998
überwies die Vorsorgeeinrichtung die Barauszahlung im Betrag von Fr.
251'147.65 (entsprechend der Austrittsleistung per 31. Dezember 1997) auf
das Konto von L.

  Mit Teil-Urteil vom 28. März 2001 schied das Kantonsgericht von Appenzell
Ausserrhoden die am 18. März 1988 zwischen L. und M. geschlossene Ehe und
legte fest, dass die während der Ehe erworbenen Austrittsleistungen hälftig
zu teilen seien. Mit Bezug auf die Frage, ob M. für die durch die
Vorsorgeeinrichtung am 27. Januar 1998 an L. ausgerichtete Barauszahlung
gestützt auf Art. 124 ZGB eine angemessene Entschädigung zustehe, wurde das
Verfahren sistiert, bis das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden

über die Rechtmässigkeit der Barauszahlung rechtskräftig entschieden habe.
Die Sache wurde gemäss Art. 142 Abs. 2 ZGB an das Verwaltungsgericht von
Appenzell Ausserrhoden zur Durchführung der Teilung überwiesen. Dieses
verpflichtete die Vorsorgeeinrichtung mit Entscheid vom 27. August 2003, an
die Pensionskasse von M. den Betrag von Fr. 120'278.85 nebst Zinsen zu
bezahlen. In der Begründung führte es aus, die Vorsorgeeinrichtung vermöge
nicht nachzuweisen, dass M. der Barauszahlung zugestimmt habe; die
Barauszahlung sei daher ungültig und werde gegenüber der Ehegattin so
behandelt, wie wenn sie nicht aus dem Kreislauf der 2. Säule ausgeschieden
sei. Diese Zahlung sei daher wie wenn noch vorhanden zu berücksichtigen.
Demgemäss wurde die M. zustehende Hälfte der Austrittsleistung unter
Aufrechnung der bar ausbezahlten Fr. 251'147.65 berechnet. Die
Vorsorgeeinrichtung überwies nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids
per 31. Oktober 2003 den Betrag von Fr. 131'878.85 (Fr. 120'278.85 plus
Zinsen) an die Pensionskasse von M.

  Mit Schreiben vom 16. Februar 2004 forderte die Vorsorgeeinrichtung L.
auf, ihr den Betrag von Fr. 131'878.85 zurückzuzahlen, da es sich dabei um
einen Teil der ihm bar ausbezahlten Austrittsleistung handle. Die Zahlung
unterblieb.

  B.- Am 9. Juli 2004 erhob die Vorsorgeeinrichtung beim
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Klage mit dem Rechtsbegehren, L.
sei zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 251'147.65 nebst Zinsen,
eventuell den Betrag von Fr. 131'878.85 nebst Verzugszinsen seit 8. März
2004 zu bezahlen. In Gutheissung der Klage verpflichtete das kantonale
Gericht L., der Vorsorgeeinrichtung den Betrag von Fr. 251'147.65 zuzüglich
Zins zu 5 % ab 16. Februar 2004 auf Fr. 131'878.85 und Zins zu 5 % ab 9.
Juli 2004 auf Fr. 251'147.65 zu bezahlen (Entscheid vom 17. Mai 2006). Zur
Begründung führte es aus, L. sei nach seiner Anstellung bei der Versicherung
X. wiederum als Arbeitnehmer tätig gewesen, weshalb das Begehren um
Barauszahlung und die Ausrichtung der Leistung zu Unrecht erfolgt seien. Da
L. bösgläubig gewesen sei, sei die zu Unrecht erhaltene Leistung auch dann
zurückzuerstatten, wenn die Bereicherung nicht mehr vorhanden sei.

  C.- L. hat Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben, eventualiter sei die Sache an die
Vorinstanz zu weiteren Erhebungen zurückzuweisen.

  Die Vorsorgeeinrichtung beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt
für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1  Streitig ist die Rückerstattung einer ausbezahlten Austrittsleistung.
Deren Beurteilung fällt in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte gemäss
Art. 73 BVG (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 41/99 vom 20. März
2000, E. 3b, SZS 2001 S. 485) und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist
zulässig (Art. 73 Abs. 4 BVG [in der bis 31. Dezember 2006 geltenden
Fassung]).

  2.2  Beim Prozess um Ausgleichszahlungen aus beruflicher Vorsorge im
Scheidungsfall handelt es sich wie bei Austrittsleistungen (Entstehung,
Höhe, Erfüllung usw.) um einen Streit um Versicherungsleistungen, weshalb
sich die Kognition des Bundesgerichts nach Art. 132 Abs. 1 OG richtet (BGE
129 V 251 E. 1.2 S. 253). Das gilt auch für die Rückforderung von
unrechtmässig erbrachten Leistungen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts
K 52/02 vom 29. Oktober 2002, E. 1, publiziert in: RKUV 2003 Nr. KV 236 S.
17). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an und ist an die
Begründung der Begehren nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG).

Erwägung 3

  3.  Die fragliche Barauszahlung erfolgte im Jahre 1998, die Rückforderung
wurde im Jahre 2004 geltend gemacht. Mit Recht hat daher die Vorinstanz die
Streitfrage nicht aufgrund des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Art.
35a BVG beurteilt (BGE 131 V 107 E. 1 S. 109 mit Hinweisen; Urteile des
Eidg. Versicherungsgerichts B 45/05 vom 13. April 2006, E. 2; B 4/04 vom 6.
April 2006, E. 3.1.2; B 50/05 vom 10. November 2005, E. 1; vgl. auch E. 7
hiernach). Vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung beurteilte sich die
Rückerstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen aus beruflicher Vorsorge
sowohl im obligatorischen als auch im weitergehenden Bereich in erster Linie
nach den Kassenreglementen und subsidiär nach Art. 62 ff. OR (BGE 132 V 404
E. 2 S. 407; 130 V 414 E. 2 S. 417; 128 V 50 und 236 E. 2 S. 239 f.).

Erwägung 4

  4.

  4.1  Art. 3.5 Abs. 6 des Reglements der Beschwerdegegnerin lautet:
"Infolge Irrtums oder Verletzung von Informationspflichten zuviel

ausgerichtete Leistungen sind der Vorsorgeeinrichtung zurückzuerstatten."
Die Vorinstanz hat die Rückforderung auf diese Bestimmung gestützt mit der
Überlegung, die Barauszahlung sei unrechtmässig erfolgt, weil der
Beschwerdeführer bis Ende 1997 bei der Versicherung X. Arbeitnehmer gewesen
und anschliessend per 1. Januar 1998 nahtlos in ein neues
Anstellungsverhältnis getreten sei. Da die Beschwerdegegnerin im Irrtum über
ihre Leistungspflicht gewesen sei, könne sie die unrechtmässig ausbezahlte
Barauszahlung zurückverlangen.

  4.2  Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er sei selbstständig
erwerbend gewesen, weshalb die Barauszahlung nicht zu Unrecht erfolgt sei.
Wie es sich damit verhält, kann offen gelassen werden, weil sich die
Auffassung der Vorinstanz auch dann als unrichtig erweist, wenn davon
ausgegangen wird, die Barauszahlung sei zu Unrecht erfolgt:

  4.3  Die Folgen einer unrechtmässig geleisteten Barauszahlung sind im
Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Im Falle von Art. 5 Abs. 2 FZG, wonach
bei verheirateten Anspruchsberechtigten die Barauszahlung nur zulässig ist,
wenn der Ehegatte schriftlich zustimmt, kann nach der Rechtsprechung trotz
Fehlens dieser Zustimmung die Vorsorgeeinrichtung mit befreiender Wirkung
leisten, sofern sie nachweist, dass sie kein Verschulden trägt; andernfalls
riskiert sie, dem geschädigten Ehegatten ein zweites Mal leisten zu müssen
(BGE 130 V 103 E. 3 S. 108 ff.; Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts B
126/04 vom 20. März 2006, E. 2, und B 98/04 vom 17. März 2005, E. 2 [mit
Zusammenfassung in: SZS 2006 S. 460]; vgl. dazu auch Felix Schöbi,
Barauszahlung trotz fehlender Zustimmung des Ehegatten, Bemerkungen zum
Urteil B 98/04 des Eidg. Versicherungsgerichts vom 17. März 2005, in: recht
2005 S. 139 ff.). In diesem Fall kann sie den Betrag, den sie dem Ehegatten
ein zweites Mal bezahlen muss, vom Vorsorgenehmer, der sich die
Austrittsleistung ohne Zustimmung seines Ehegatten bar auszahlen liess,
zurückverlangen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 87/00 vom 10.
Februar 2004, E. 2.3-2.5 [mit Zusammenfassung in: SZS 2004 S. 461]). Sodann
riskiert die Vorsorgeeinrichtung, sich gegenüber einem Pfandgläubiger
ersatzpflichtig zu machen, wenn sie eine Barauszahlung leistet, obwohl der
Anspruch auf Vorsorgeleistung gemäss Art. 30b BVG verpfändet ist: Auch in
diesem Fall kann sie die geleistete Barauszahlung vom Empfänger
zurückverlangen, weil sie nicht befreiend an diesen leisten konnte (Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts

B 50/05 vom 10. November 2005, E. 3.2). Dies ergibt sich jedoch aus
pfandrechtlichen Gründen. Ob die Vorsorgeeinrichtung eine Barauszahlung auch
dann zurückverlangen kann, wenn sie geleistet wurde, ohne dass die
Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 FZG erfüllt sind, wurde höchstrichterlich
noch nicht entschieden (soweit in E. 3.1 des Urteils B 50/05 vom 10.
November 2005 auch der Verstoss gegen Art. 5 Abs. 1 FZG als einer unter
mehreren Unrechtmässigkeitsgründen genannt wurde, war dies neben dem
ausschlaggebenden pfandrechtlichen Grund nicht entscheiderheblich).

  4.4  Die Frage nach dem Vorliegen eines Rückforderungsrechts kann nicht
schon gestützt auf die Rechtsprechung zu Art. 5 Abs. 2 FZG bejaht werden:
Wie aus derselben hervorgeht, ist die unrechtmässig erbrachte Barauszahlung
nicht etwa nichtig (BGE 130 V 103 E. 3.2 S. 109). Weil aber die Verletzung
von Art. 5 Abs. 2 FZG geeignet ist, die Interessen und Rechtsansprüche des
zustimmungsberechtigten Ehegatten zu beeinträchtigen, wird die ohne
Zustimmung erfolgte Barauszahlung im Verhältnis gegenüber dem Ehegatten
behandelt, wie wenn sie nicht erfolgt wäre, soweit dieser sonst um seinen
Schutz gebracht würde, namentlich im Hinblick auf den Vorsorgefall oder die
Scheidung. Dies hat zur Folge, dass die Vorsorgeeinrichtung unter Umständen
ein zweites Mal leisten muss, wodurch sie ihrerseits geschädigt ist. Im
entsprechenden Umfang ist der Versicherte, der die Barauszahlung ohne
Zustimmung seines Ehegatten erwirkt hat, unrechtmässig bereichert, weil er
einen Betrag erhalten hat, der seinem Ehegatten zustünde. Er hat deshalb
diesen Betrag der Vorsorgeeinrichtung zurückzuerstatten. Dies gilt aber
nicht für die ganze erhaltene Austrittsleistung, sondern nur für denjenigen
Betrag, den die Vorsorgeeinrichtung dem Ehegatten (doppelt) leisten musste.
Nur in diesem Umfang wurde denn auch im Urteil B 87/00 vom 10. Februar 2004
eine Rückerstattung verlangt und bejaht. Im Urteil B 50/05 vom 10. November
2005 musste die ganze bar ausbezahlte Austrittsleistung rückerstattet
werden, weil einerseits eine pfandrechtliche Bindung vorlag (vgl. E. 4.3
hiervor) und andererseits über den Anteil der Ehefrau noch nicht entschieden
worden war und deshalb das ganze Guthaben verfügbar bleiben musste (Urteil B
50/05 vom 10. November 2005, E. 3.2). Soweit jedoch eine Verletzung von Art.
5 Abs. 1 FZG zur Diskussion steht, verhält es sich anders:

  4.5  Mit den Beiträgen, welche im Rahmen der beruflichen Vorsorge
geleistet werden, wird für den Versicherten ein individuelles
Vorsorgeguthaben geäufnet. Versicherte, welche eine Vorsorgeeinrichtung
verlassen, bevor ein Vorsorgefall eintritt, haben Anspruch auf eine
Austrittsleistung (Art. 2 Abs. 1 FZG), welche nach Art. 15 ff. FZG berechnet
wird. Die Austrittsleistung wird mit dem Austritt aus der
Vorsorgeeinrichtung fällig (Art. 2 Abs. 3 FZG; BGE 129 V 440 E. 4 S. 441).
Sie wird geleistet entweder durch Überweisung an eine neue
Vorsorgeeinrichtung des ausgetretenen Arbeitnehmers (Art. 3 Abs. 1 FZG),
durch Überweisung an eine andere Form des Vorsorgeschutzes (Art. 4 FZG; Art.
10 ff. FZV) oder in den gesetzlich vorgesehenen Fällen durch Barauszahlung
(Art. 5 FZG). In jedem Fall ist somit die Vorsorgeeinrichtung beim Austritt
des Vorsorgenehmers leistungspflichtig, ausser wenn das Vorsorgeverhältnis
aufgrund besonderer Abmachung weitergeführt wird (Art. 47 BVG;
RIEMER/RIEMER-KAFKA, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2.
Aufl., Bern 2006, S. 133 N. 101).

  4.6  Gemäss Art. 3 Abs. 1 FZG hat die frühere Vorsorgeeinrichtung die
Austrittsleistung an die neue zu überweisen, wenn Versicherte in eine neue
Vorsorgeeinrichtung eintreten. Dementsprechend kann nach Art. 11 Abs. 2 FZG
die neue Vorsorgeeinrichtung die Austrittsleistung aus dem früheren
Vorsorgeverhältnis für Rechnung des Versicherten einfordern. Aus diesem
Wortlaut ergibt sich klar, dass die neue Vorsorgeeinrichtung nicht etwa ein
eigenes Forderungsrecht gegenüber der früheren Vorsorgeeinrichtung auf
Zahlung der Austrittsleistung hat, sondern diese Zahlung nur für den
Vorsorgenehmer verlangen kann. Dies geht auch aus der Entstehungsgeschichte
hervor: Der Entwurf des Bundesrates hatte eine entsprechende Pflicht der
neuen Vorsorgeeinrichtung vorgesehen (BBl 1992 III 640). Begründet wurde sie
damit, dass das Gesetz zur Sicherstellung des Vorsorgeschutzes eine "gewisse
Bevormundung" des Vorsorgenehmers bezwecke, um im Sinne der Konzentration
der Vorsorgegelder die Austrittsleistung aus dem früheren Vorsorgeverhältnis
in die neue Vorsorgeeinrichtung einzubringen (Botschaft des Bundesrates zu
einem Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 26. Februar 1992, BBl 1992 III 582
f.). Die Bundesversammlung änderte dies in eine "Kann"-Formulierung ab mit
der Begründung, die neue Einrichtung sei gar nicht mehr in der Lage, die
Austrittsleistung einzufordern, wenn z.B. der Versicherungsnehmer

beim Verlassen der früheren Stelle die Errichtung einer Freizügigkeitspolice
verfügt habe. Zudem wurde in grundsätzlicher Weise argumentiert, dass die
Austrittsleistung dem Arbeitnehmer und nicht der neuen Vorsorgeeinrichtung
geschuldet sei; die Freizügigkeit könne ohne aktives Mitwirken des
Vorsorgenehmers nicht funktionieren; die Tendenz zur Entmündigung der
Vorsorgenehmer sei nicht zu unterstützen (AB 1992 N 2440, Votum Allenspach;
vgl. auch AB 1993 S 566). Auch diejenigen Votanten, die an der Fassung des
Bundesrates festhalten wollten, betonten, dass damit nicht etwa ein
Gläubigerverhältnis zwischen der neuen und der alten Vorsorgeeinrichtung
entstehen solle (AB 1992 N 2441, Voten Deiss und Brunner). Die in Art. 3
Abs. 1 FZG statuierte Pflicht der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, die
Austrittsleistung an die neue Vorsorgeeinrichtung zu überweisen, begründet
somit keinen Rechtsanspruch der neuen Vorsorgeeinrichtung. Gläubiger der
Austrittsleistung bleibt der Versicherte. Anders als im Falle einer
Verletzung von Art. 5 Abs. 2 FZG riskiert die Vorsorgeeinrichtung deshalb
nicht, bei einer nach Art. 5 Abs. 1 FZG unzulässigen Barauszahlung ein
zweites Mal bezahlen zu müssen: Leistet sie an den Vorsorgenehmer direkt
statt an die neue Vorsorgeeinrichtung, so leistet sie nicht an eine falsche
Person, was eine befreiende Leistung ausschlösse (SCHÖBI, a.a.O., S. 142 mit
Hinweisen), sondern nur an eine falsche Zahlungsadresse. Die neue
Vorsorgeeinrichtung kann nicht im eigenen Namen die Barauszahlung erneut von
der bisherigen Vorsorgeeinrichtung einfordern; sie könnte nur auf Rechnung
des Versicherten diejenige Leistung einfordern, welche diesem gegenüber der
bisherigen Vorsorgeeinrichtung zusteht. Der Versicherte hat jedoch keinen
solchen Anspruch mehr, nachdem er selber die falsche Zahlung veranlasst
(ELISABETH GLÄTTLI, Die Folgen der Barauszahlung der Austrittsleistung ohne
Zustimmung des Ehegatten [Art. 5 Abs. 2 FZG] in den neueren Entscheiden des
Eidg. Versicherungsgerichts, in: SZS 2005 S. 184 ff., 191 Fn. 18 und 19, mit
Hinweisen) und die Austrittsleistung bereits erhalten hat: Er kann weder für
sich noch zuhanden seiner allfälligen neuen Vorsorgeeinrichtung die Leistung
ein zweites Mal verlangen.

  4.7  Unter diesen Umständen stehen bereicherungsrechtliche Überlegungen
einem Rückerstattungsanspruch der bisherigen Vorsorgeeinrichtung entgegen:
Eine Bereicherung besteht in der Differenz zwischen dem jetzigen
Vermögensstand und demjenigen, der ohne das bereichernde Ereignis vorläge.
Dies kann eine Zunahme der

Aktiven oder eine Abnahme der Passiven oder eine sog. Ersparnisbereicherung
sein (BGE 129 III 646 E. 4.2 S. 652; CLAIRE HUGUENIN, Obligationenrecht,
Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 2006, S. 159 Rz. 1028;
GUHL/KOLLER/SCHNYDER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht mit
Einschluss des Handels- und Wertpapierrechts, 9. Aufl., Zürich 2000, S. 219;
INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4.
Aufl., Bern 2006, S. 387 Rz. 55.07). Keine Bereicherung liegt vor, wenn
lediglich ein Aktivum durch ein gleichwertiges anderes Aktivum ersetzt wird.
Der aus der Vorsorgeeinrichtung austretende Vorsorgenehmer hat einen
Rechtsanspruch auf die Austrittsleistung (E. 4.5 hiervor), welche eine (wenn
auch zweckgebundene) Forderung gegenüber der Vorsorgeeinrichtung darstellt.
Erhält er eine Barauszahlung, ist er nicht bereichert, denn im gleichen
Umfang reduziert sich seine Forderung gegenüber der Vorsorgeeinrichtung.
Umgekehrt ist auch die Vorsorgeeinrichtung nicht entreichert: Wird ein
Barauszahlungsgesuch gestellt, so hat sie zwar in zumutbarer Weise zu
prüfen, ob die Voraussetzungen gemäss Art. 5 Abs. 1 FZG erfüllt sind (BGE
119 III 18 E. 3b/bb S. 20 f.; RIEMER/RIEMER-KAFKA, a.a.O., S. 138 f.) und
kann die Auszahlung verweigern, wenn sie zum Ergebnis kommt, die
Voraussetzungen seien nicht hinreichend erstellt (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts B 24/96 vom 9. Dezember 1996, E. 2, publiziert in: SZS
1998 S. 119). Leistet sie aber, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen,
so kann - sofern nicht Dritte (Ehegatten, Pfandgläubiger) einen Anspruch
haben - niemand von ihr eine erneute Zahlung verlangen. Sie leistet mithin
befreiend. Es besteht auch kein Vorsorgeverhältnis zu ihrem ehemaligen
Vorsorgenehmer mehr. Könnte sie nun die geleistete Barauszahlung
zurückverlangen, so wäre sie ihrerseits ungerechtfertigt bereichert: Sie
verfügte über den entsprechenden Betrag, obwohl der Vorsorgenehmer nicht
mehr bei ihr versichert ist und sie ihm keine Austrittsleistung mehr
schulden kann.

  4.8  Schliesslich spricht auch die ratio legis gegen einen
Rückforderungsanspruch der Vorsorgeeinrichtung: Das Ziel von Art. 5 Abs. 1
FZG besteht darin, den Vorsorgeschutz zu erhalten. Lässt sich jemand seine
Austrittsleistung bar auszahlen, ohne dass die Voraussetzungen erfüllt sind,
ist zwar die gesetzlich vorgesehene Form des Vorsorgeschutzes (Art. 3 oder 4
FZG) nicht erfüllt, dafür hat der Empfänger immerhin die baren Mittel, mit
welchen er eine private Altersvorsorge sicherstellen kann. Eine
Rückerstattung

könnte im Lichte der gesetzlichen Zielsetzung höchstens insoweit in Frage
kommen, als mit dem zurückzuerstattenden Betrag eine der gesetzlich
vorgesehenen Vorsorgeformen wieder hergestellt würde. Hingegen kann es nicht
in Frage kommen, dass die ehemalige Vorsorgeeinrichtung zuhanden ihrer
freien Mittel diesen Betrag zurückverlangt. Der Versicherte wäre dadurch
doppelt benachteiligt: Er hätte den gesetzlichen Versicherungsschutz nicht
mehr und würde zudem noch die privaten Mittel verlieren, mit denen er
allenfalls anstelle der gesetzlich vorgesehenen eine private Altersvorsorge
aufbauen könnte. Der mit Art. 5 Abs. 1 FZG angestrebte Schutzzweck würde
damit erst recht nicht erreicht, sondern in sein Gegenteil verkehrt. Eine
solche Rückerstattung hätte rein pönalen Charakter und wäre mit dem Gesetz
klarerweise unvereinbar.

  4.9  Es steht fest und ist unbestritten, dass das Arbeitsverhältnis
zwischen dem Beschwerdeführer und der Versicherung X. per Ende 1997
aufgelöst worden ist. Von keiner Seite wird geltend gemacht, das
Vorsorgeverhältnis mit der Beschwerdegegnerin sei über dieses Datum hinaus
weitergeführt worden. Die Beschwerdegegnerin war somit verpflichtet, die
Austrittsleistung zu Gunsten des Beschwerdeführers auszubezahlen, und zwar
auch dann, wenn man mit Vorinstanz und Beschwerdegegnerin davon ausgeht, der
Beschwerdeführer sei ab Januar 1998 wieder in einer unselbstständigen
Stellung erwerbstätig gewesen. Auch in diesem Fall hat die
Beschwerdegegnerin nicht mehr ausbezahlt als sie schuldete, sondern
lediglich die Zahlung an die falsche Adresse geleistet (Barauszahlung an den
Beschwerdeführer statt Überweisung an die neue Vorsorgeeinrichtung). Der
blosse Umstand, dass eine Barauszahlung geleistet worden ist, ohne dass die
Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 FZG vorliegen, berechtigt jedoch - wie
dargelegt - die ehemalige Vorsorgeeinrichtung nicht zur Rückforderung der
Auszahlung. Die Beschwerdegegnerin hat auch nicht etwa in ihrer Klage die
Rückerstattung zuhanden einer zu Gunsten und auf Rechnung des
Beschwerdeführers zu errichtenden Vorsorgeform verlangt, sondern den Betrag
in eigenem Namen eingeklagt, was unzulässig ist. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als begründet, soweit sie
sich dagegen wendet, dass der gesamte ausbezahlte Betrag rückzuerstatten
sei.

Erwägung 5

  5.

  5.1  Anders verhält es sich bezüglich desjenigen Teils, den die
Beschwerdegegnerin aufgrund des Entscheids des Verwaltungsgerichts

von Appenzell Ausserrhoden vom 27. August 2003 der Vorsorgeeinrichtung der
geschiedenen Ehefrau überweisen musste. Für diesen Betrag kann eine
Rückerstattung in Frage kommen (E. 4.3 hiervor). Rechtsgrund für diese
allfällige Rückerstattung ist nicht, dass die Barauszahlung in Verletzung
von Art. 5 Abs. 1 FZG, sondern dass sie ohne die in Art. 5 Abs. 2 FZG
vorgeschriebene Zustimmung der damaligen Ehefrau erfolgt ist. Dabei sind
zwei Fälle denkbar:

  5.2  Entweder hat die (nunmehr geschiedene) Ehefrau dem
Barauszahlungsbegehren nicht zugestimmt. In diesem Falle hätte die
Barauszahlung richtigerweise nicht geleistet werden dürfen, so dass das
Freizügigkeitsguthaben im Falle der Scheidung noch vorhanden gewesen wäre
und im Rahmen des Vorsorgeausgleichs gemäss Art. 22 FZG zu teilen gewesen
wäre. Hat nun der Beschwerdeführer die gesamte Austrittsleistung in bar
erhalten, so war er insoweit ungerechtfertigt bereichert, als ein Teil
dieser Leistung seiner geschiedenen Ehefrau zustehen würde. Die
Vorsorgeeinrichtung, welche die Barauszahlung irrtümlich geleistet hat und
in der Folge der geschiedenen Ehefrau ihren Anteil erneut bezahlen muss,
kann diesen vom Ehemann zurückverlangen (E. 4.3 hiervor; Urteil B 87/00 vom
10. Februar 2004, E. 2.3-2.5). Dass sie den Irrtum selber verschuldet hat,
ändert daran nichts (Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts B 4/04 vom 6.
April 2006, E. 3.2; B 87/00 vom 10. Februar 2004, E. 2.4, je mit Hinweis).
Des Weitern ist unerheblich, ob die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 FZG
vorgelegen haben, denn die in Abs. 1 und 2 statuierten Anforderungen müssen
kumulativ erfüllt sein.

  5.3  Oder die (nunmehr geschiedene) Ehefrau hat der Auszahlung zugestimmt
und die Beschwerdegegnerin konnte bloss das Dokument mit der Unterschrift
nicht mehr auffinden. In diesem Fall ist die Barauszahlung zu Recht erfolgt.
Weder hat die Beschwerdegegnerin irrtümlich geleistet noch ist der
Beschwerdeführer ungerechtfertigt bereichert. Die Barauszahlung war nicht in
den Vorsorgeausgleich einzubeziehen (Art. 22 Abs. 2 Satz 3 FZG), sondern es
war allenfalls gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB eine angemessene Entschädigung
zuzusprechen (BGE 127 III 433 E. 2b S. 437), wofür das Scheidungsgericht
zuständig ist (BGE 132 V 332 E. 3; 129 V 251 E. 2.2 S. 254). Es bestand
keine materiellrechtliche Verpflichtung der Beschwerdegegnerin, der
geschiedenen Ehefrau erneut einen Teil auszubezahlen. Dass das
Verwaltungsgericht von Appenzell

Ausserrhoden am 27. August 2003 anders entschieden hat, muss die
Beschwerdegegnerin ihrer eigenen Nachlässigkeit zuschreiben - sie konnte das
Dokument nicht mehr finden und daher den ihr obliegenden Nachweis der
Rechtmässigkeit der Auszahlung nicht erbringen. Dabei geht es einzig um das
Verhältnis zwischen der Beschwerdegegnerin und der ehemaligen Ehefrau des
Beschwerdeführers. In diesem Fall besteht kein Rückerstattungsanspruch der
Beschwerdegegnerin gegenüber dem Beschwerdeführer.

  5.4  Der angefochtene Entscheid enthält keine Aussage darüber, welche
dieser beiden Sachverhaltsvarianten (E. 5.2 oder 5.3) vorliegt, und hat
damit die rechtserheblichen Tatsachen unvollständig festgestellt. (...).

  Das kantonale Gericht ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die
(nunmehr geschiedene) Ehefrau der Barauszahlung nicht zugestimmt hat, was
allerdings nicht positiv bewiesen, sondern wegen Beweislosigkeit angenommen
wurde. Auch die heutige Beschwerdegegnerin hat dies offensichtlich (damals
zu ihrem Nachteil) eingestanden. Im vorliegenden Verfahren würde sich die
fehlende Zustimmung der Ehefrau zum Vorteil der heutigen Beschwerdegegnerin
auswirken. Der blosse Umstand, dass sie sich im früheren Verfahren das
Fehlen der Zustimmung entgegenhalten liess, stellt allerdings noch keinen
rechtsgenüglichen Beweis dar. Der heutige Beschwerdeführer hatte in jenem
Verfahren kein Interesse, dieses Eingeständnis in Frage zu stellen, betraf
es doch nur das Verhältnis zwischen seiner geschiedenen Ehefrau und der
heutigen Beschwerdegegnerin. Er war durch den Entscheid auch nicht beschwert
und hatte keinen Anlass, ihn anzufechten. Im vorliegenden Verfahren könnte
er hingegen allfällige Gegenbeweise erbringen. Die Vorinstanz hatte aufgrund
ihrer Rechtsauffassung keinen Grund, zur Zustimmung der Ehefrau Beweis zu
führen. Da sich diese Frage nach dem Gesagten indessen als rechtserheblich
erweist, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den in
diesem Punkt unvollständig festgestellten Sachverhalt ermittle, wozu
namentlich eine Zeugenaussage der geschiedenen Ehefrau des Beschwerdeführers
in Betracht zu ziehen sein wird.

  5.5  Im Hinblick auf das weitere Vorgehen ist zudem festzuhalten: Die
Beschwerdegegnerin, welche gegenüber dem Beschwerdeführer einen Anspruch
erhebt, trägt die materielle Beweislast für das Vorliegen der
Voraussetzungen (Art. 8 ZGB). Sie trägt somit die

Beweislast dafür, dass die Ehefrau nicht zugestimmt hat, weil sie nur in
diesem Fall eine Rückforderung geltend machen kann (E. 5.2 und 5.3 hiervor).
Der Umstand, dass dazu negative Tatsachen bewiesen werden müssen, ändert
grundsätzlich nichts an der Beweislast, führt jedoch dazu, dass die
Gegenpartei nach Treu und Glauben bei der Beweisführung mitwirken muss,
namentlich indem sie einen Gegenbeweis erbringt (BGE 119 II 305 E. 1b/aa S.
306; Urteil des Bundesgerichts 4C.64/2003 vom 18. Juli 2003, E. 4,
publiziert in: Pra 2004 Nr. 28 S. 135; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts P 11/88 vom 1. März 1989, E. 3b, ZAK 1989 S. 408).
Soweit der rechtsgenügliche Nachweis erbracht werden kann, dass die Ehefrau
nicht schriftlich zugestimmt hat, wird der Beschwerdeführer grundsätzlich
rückerstattungspflichtig, unter Vorbehalt freilich von Art. 64 OR, worüber
ebenfalls Beweis zu führen sein wird. Der in diesem Rahmen zu prüfende gute
Glaube bezieht sich nach dem Gesagten nicht darauf, ob der Beschwerdeführer
erkennen musste, dass er unselbstständig erwerbend war, sondern ob er
erkennen musste, dass die Ehefrau hätte zustimmen müssen und er mangels
Zustimmung mit einer Rückforderung rechnen musste.

Erwägung 6

  6.  Insgesamt erweist sich somit die Rückerstattungsforderung der
Beschwerdegegnerin unter den vorne genannten Voraussetzungen höchstens
insoweit als begründet, als sie denjenigen Betrag betrifft, den die
Beschwerdegegnerin der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers bezahlen
musste (Fr. 131'878.85), zuzüglich Zins zu 5 % seit 16. Februar 2004 (BGE
130 V 414 E. 5.1 S. 421). Im darüber hinausgehenden Umfang ist die Klage
abzuweisen.

Erwägung 7

  7.  Wie zu entscheiden wäre, wenn die Bestimmung des seit 1. Januar 2005
in Kraft stehenden Art. 35a Abs. 1 BVG Anwendung fände, ist im vorliegenden
Verfahren nicht zu prüfen (vgl. E. 3 hiervor).