Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 IV 308



Urteilskopf

133 IV 308

  46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen A. sowie
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde und
Nichtigkeitsbeschwerde)
  6P.232/2006 / 6S.532/2006 vom 5. Juli 2007

Regeste

  Schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB), Rassendiskriminierung (Art.
261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB); Idealkonkurrenz.

  Eine schwere Körperverletzung im öffentlichen Raum kann in Idealkonkurrenz
auch den Tatbestand der Rassendiskriminierung erfüllen, allerdings nur, wenn
sie für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten
Umstände klar erkennbar als rassendiskriminierender Akt erscheint (E. 8).
Diese Voraussetzung war im beurteilten Fall nicht erfüllt (E. 9).

Sachverhalt ab Seite 308

  A.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern wirft X. vor, zusammen mit
einem Mittäter drei tätliche Angriffe auf Ausländer verübt zu haben. Die
beiden Männer sollen am 14., 15. und 21. Mai 2002 jeweils kurz nach
Mitternacht an der Bernstrasse in Luzern drei verschiedene Personen
verprügelt und verletzt haben, nämlich am 14. und am 15. Mai 2002 je einen
Tamilen und am 21. Mai 2002 A. aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dabei sollen
sie gegen die Opfer mit Stahlkappen verstärkte Schuhe und am 21. Mai 2002
zudem den Gehstock des Opfers eingesetzt haben. Das Motiv soll in der
rechtsradikalen Grundeinstellung und im Fremdenhass gelegen haben.

  B.- Das Kriminalgericht des Kantons Luzern sprach X. am 4. März 2005 in
Bezug auf die Vorfälle vom 14. und vom 15. Mai 2002 der einfachen
qualifizierten Körperverletzung unter Verwendung eines gefährlichen
Gegenstandes (Art. 123 Ziff. 2 StGB) und - in Idealkonkurrenz - des
vollendeten Versuchs der schweren Körperverletzung (Art. 122 in Verbindung
mit Art. 22 StGB) schuldig. Betreffend den Vorfall vom 21. Mai 2002 sprach
es ihn der schweren Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB) schuldig. Es
verurteilte ihn wegen dieser Taten sowie wegen Widerhandlung gegen das
Waffengesetz (begangen durch Erwerb eines Springmessers) zu drei Jahren
Zuchthaus. Von den Anklagen der versuchten vorsätzlichen Tötung, angeblich
begangen am 21. Mai 2002, und der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne
von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB, angeblich begangen durch die
inkriminierten Gewalttätigkeiten, sprach es ihn frei.

  Sowohl X. als auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und der
Geschädigte A. appellierten gegen diesen Entscheid.

  Das Obergericht des Kantons Luzern sprach X. am 22. März 2006 der
mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 in
Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (begangen am 14. und 15. Mai 2002), der
schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB (begangen am 21.
Mai 2002), der mehrfachen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB
(begangen am 14., 15. und 21. Mai 2002) sowie der mehrfachen Widerhandlung
gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG) schuldig und verurteilte
ihn zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus. Vom Vorwurf der versuchten Tötung sprach es
ihn frei.

  C.- X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei
aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Im Einzelnen stellt er die Anträge, er sei in Bezug auf die
Vorfälle vom 14. und 15. Mai 2002 statt wegen mehrfacher versuchter schwerer
Körperverletzung lediglich wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung
gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen, er sei in allen
Punkten vom Vorwurf der mehrfachen Rassendiskriminierung freizusprechen und
er sei zu einer bedingt vollziehbaren Zuchthausstrafe von 18 Monaten zu
verurteilen.

  D.- Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft beantragen in ihren
Vernehmlassungen, die Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf

einzutreten sei. Der Geschädigte A. hat auf eine Vernehmlassung zur
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch wegen Rassendiskriminierung
verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 8

  II. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde

  8.  Gemäss Art. 261bis StGB wird wegen Rassendiskriminierung bestraft, wer
öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer
Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft (Abs. 1);
wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung
oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet
sind (Abs. 2);
wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran
teilnimmt (Abs. 3);
wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in
anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse,
Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise
herabsetzt oder diskriminiert (Abs. 4 erste Hälfte) oder aus einem dieser
Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet,
gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht (Abs. 4 zweite Hälfte);
wer eine von ihm angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt
ist, einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie
oder Religion verweigert (Abs. 5).

  8.1  Die amtlich publizierte Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffend
die Rassendiskriminierung hat sich bis anhin insbesondere mit den
Tatbestandsvarianten im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB befassen müssen,
nämlich mit der Herabsetzung durch Wort oder Schrift (Abs. 4 erste Hälfte)
einerseits (siehe BGE 131 IV 23) und mit der Leugnung bzw. der gröblichen
Verharmlosung von Völkermord (Abs. 4 zweite Hälfte), namentlich des
Holocausts, andererseits (siehe BGE 127 IV 203). Strittig waren dabei im
Wesentlichen die Fragen, wie eine schriftliche Äusserung von einem
unbefangenen durchschnittlichen Dritten im Gesamtzusammenhang interpretiert
wird (BGE 131 IV 23), inwiefern bei der Auslegung von Art. 261bis StGB dem
Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit Rechnung zu tragen (siehe BGE 131
IV 23 E. 3) und wie das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit auszulegen ist
(vgl. BGE 130 IV 111 E. 3-6).

  Das Bundesgericht hat sich in seiner amtlich publizierten Rechtsprechung
noch nicht mit der Frage befassen müssen, ob und unter welchen
Voraussetzungen eine Gewalttätigkeit, z.B. eine Körperverletzung, auch den
Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllen kann.

  8.2  Die Strafbestimmung betreffend die Rassendiskriminierung bezweckt
unter anderem, die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen zu
schützen. Im Lichte dieser Zielsetzung erscheinen als Herabsetzung oder
Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB alle
Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe
aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als
menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die
Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt wird (BGE 131
IV 23 E. 3 mit Hinweisen). Der Tatbestand im Sinne von Art. 261bis Abs. 4
erste Hälfte StGB schützt unmittelbar die Würde des einzelnen Menschen in
seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion. Der
öffentliche Friede wird mittelbar geschützt als Folge des Schutzes des
Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe
(BGE 131 IV 23 E. 1.1; 128 I 218 E. 1.4; 123 IV 202 E. 2 mit Hinweisen).

  8.3  Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis StGB ist - mit
Ausnahme der Leistungsverweigerung gemäss Absatz 5 - nur strafbar, wenn sie
öffentlich begangen wird. Zwar sind Äusserungen und Verhaltensweisen, die
andere Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Ethnie
oder Religion in ihrer Würde unmittelbar oder mittelbar verletzen, in einem
Rechtsstaat inakzeptabel und an sich schon strafwürdig (BGE 130 IV 111 E.
5.2.1). Dem Gesetzgeber erschien es aber angezeigt, solche Äusserungen und
Verhaltensweisen - abgesehen vom Fall der Leistungsverweigerung - nur unter
der Voraussetzung unter Strafe zu stellen, dass sie öffentlich erfolgen.

  Öffentlich sind Äusserungen und Verhaltensweisen nach allgemeiner
Auffassung, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem
grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden
Personenkreis wahrgenommen werden können (BGE 130 IV 111 E. 3.1 mit
Hinweisen). In Bezug auf den Tatbestand der Rassendiskriminierung im
Besonderen geht die neuere Rechtsprechung mit Rücksicht auf das geschützte
Rechtsgut der Menschenwürde von

einem etwas weiteren Begriff der Öffentlichkeit aus. Öffentlich sind danach
Äusserungen und Verhaltensweisen, die nicht im privaten Rahmen erfolgen.
Privat sind Äusserungen und Verhaltensweisen im Familien- und Freundeskreis
oder sonst in einem durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen
geprägten Umfeld (BGE 130 IV 111 E. 5.2).

  8.4  Eine Äusserung oder Verhaltensweise kann den Tatbestand von Art.
261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB nur erfüllen, wenn sie vom unbefangenen
durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten konkreten Umstände als
rassendiskriminierender Akt erkannt wird. Dies ergibt sich auch aus dem
Erfordernis der Öffentlichkeit. Denn öffentlich ist eine
Rassendiskriminierung nur, wenn sie von der Öffentlichkeit als solche
wahrgenommen wird.

  8.5
  8.5.1  Mündliche und schriftliche Äusserungen können mehrdeutig sein. Für
die strafrechtliche Beurteilung einer Äusserung ist nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich der Sinn massgebend, welchen
ihr der unbefangene durchschnittliche Dritte unter den gesamten konkreten
Umständen beilegt. Erfüllt die in diesem Sinne verstandene Äusserung einen
bestimmten objektiven Straftatbestand, so ist zu prüfen, ob ihr Urheber auch
den erforderlichen subjektiven Tatbestand erfüllt. Genügt insoweit
Eventualvorsatz, so ist der subjektive Tatbestand erfüllt, wenn der Urheber
der Äusserung eine Interpretation in dem Sinne, in welchem sie vom
unbefangenen durchschnittlichen Dritten verstanden wird, in Kauf genommen
hat. Dies gilt etwa bei der üblen Nachrede (siehe BGE 131 IV 160 E. 3.3.3)
und bei unlauteren Angaben (vgl. BGE 124 IV 162 E. 3; 123 IV 211).

  Diese Grundsätze gelten auch bei Äusserungen, die unter dem Gesichtspunkt
der Rassendiskriminierung relevant sein können (BGE 131 IV 23). Eine
Äusserung in der Öffentlichkeit erfüllt mithin den Tatbestand der
Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB,
wenn sie von einem unbefangenen durchschnittlichen Dritten unter den
gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne
verstanden wird und der Beschuldigte eine Interpretation seiner Äusserung in
diesem Sinne in Kauf genommen hat.

  8.5.2  Äusserungen können nicht nur verbal, in Wort und Schrift, sondern
auch non-verbal getan werden, etwa in Bildern, Gebärden

und Tätlichkeiten. Diese Tatmittel werden im Tatbestand der Herabsetzung
gemäss Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB - genauso wie im Tatbestand der
Beschimpfung (Art. 177 StGB) - ausdrücklich genannt. Die Tätlichkeiten
werden in Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB - wie in Art. 177 Abs. 1 StGB
- neben den Gebärden erwähnt, damit kein Wertungswiderspruch zwischen
Gebärden und Tätlichkeiten entsteht (DORRIT SCHLEIMINGER, Basler Kommentar,
StGB II, Art. 261bis StGB N. 47). Tätlichkeiten im Sinne von Art. 261bis
Abs. 4 erste Hälfte StGB sind kommunikative Gebärden mit Körperkontakt
(MARCEL ALEXANDER NIGGLI, Rassendiskriminierung, Ein Kommentar zu Art.
261bis StGB und Art. 171c MStG, 1996, N. 920). Die Ermittlung des Sinns
namentlich von Gebärden und von Tätlichkeiten ist allerdings grundsätzlich
schwieriger als die Interpretation von verbalen Äusserungen.

  8.6  Die Herabsetzung oder Diskriminierung in einer gegen die
Menschenwürde verstossenden Weise kann gemäss Art. 261bis Abs. 4 erste
Hälfte StGB nicht nur durch die darin ausdrücklich genannten Mittel, sondern
auch "in anderer Weise" erfolgen. Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB
entspricht insoweit im Wesentlichen Art. 176 StGB ("Gemeinsame Bestimmung"),
wonach der mündlichen üblen Nachrede und der mündlichen Verleumdung die
Äusserung durch Schrift, Bild, Gebärde oder durch andere Mittel
gleichgestellt ist.

  8.6.1  Schon der Vorentwurf des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartements sah eine entsprechende Aufzählung der Tatmittel vor.
Gemäss Art. 261bis Ziff. 2 VE sollte, auf Antrag, mit Gefängnis bis zu drei
Monaten oder mit Busse bestraft werden, "wer durch Wort, Schrift, Bild,
durch Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise jemanden in
beleidigender Weise in seiner Menschenwürde angreift, namentlich indem er
ihm aus Gründen der Rassendiskriminierung eine öffentlich angebotene
Dienstleistung verweigert". Im Erläuternden Bericht zum Vorentwurf vom 4.
Dezember 1989 wird ausgeführt, es bestehe eine gewisse Verwandtschaft
zwischen Art. 261bis Ziff. 2 VE und dem Tatbestand der Beschimpfung gemäss
Art. 177 StGB. Der Unterschied liege darin, dass die Beschimpfung die Ehre
des Betroffenen verletze, während die neue Bestimmung ein anderes Rechtsgut
schützen solle, nämlich die Menschenwürde. Hinzu komme, dass ein
diskriminierendes Verhalten geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu
beeinträchtigen, da es den Hass schüren und auch zu gewaltsamen
Gegenreaktionen herausfordern könne. Das diskriminierende Verhalten könne
die Menschenwürde verletzen

durch beleidigende Worte, Schmähungen oder ungehörige Gebärden, aber auch
durch die Umstände, in denen es sich manifestiere. Dies sei insbesondere der
Fall, wenn einem Einzelnen der Zutritt zu öffentlichen Lokalen verwehrt oder
eine öffentlich angebotene Dienstleistung verweigert werde (Erläuternder
Bericht S. 9).

  Gemäss Art. 261bis Abs. 4 des bundesrätlichen Entwurfs sollte mit
Gefängnis oder mit Busse bestraft werden, "wer öffentlich durch Wort,
Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person
oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit zu
einer ethnischen oder religiösen Gruppe in ihrer Menschenwürde angreift oder
aus einem dieser Gründe das Andenken von Verstorbenen verunglimpft". In der
Botschaft des Bundesrates wird ausgeführt, eine weitere Form, den
öffentlichen Frieden durch rassistisches Verhalten zu gefährden, liege in
der konkreten Beschimpfung oder Beleidigung gewisser Personen wegen deren
Zugehörigkeit zu einer Rasse oder einer ethnischen oder religiösen Gruppe.
Im Unterschied zu den Ehrverletzungsdelikten handle es sich hier nicht um
einen Angriff auf die Ehre des Verletzten. Dem Opfer werde vielmehr seine
Qualität als Mensch schlechthin abgesprochen. Die Gefährdung des geschützten
Rechtsgutes liege in der Unentrinnbarkeit der Kriterien, da sich diese jeder
Bemühung um Integrierung entzögen. Die Verunglimpfung des Andenkens
Verstorbener werde im Hinblick auf die "Auschwitz-Lüge" in den Tatbestand
aufgenommen (Botschaft des Bundesrates, BBl 1992 III 269 ff., S. 313 f.).

  Gemäss dem Antrag der Kommission des Nationalrats sollte nach Art. 261bis
Abs. 4 StGB bestraft werden, "wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild,
Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe
von Personen wegen ihrer Rasse, Religion oder Ethnie in ihrer Menschenwürde
angreift oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen
gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen
sucht". Diesem Antrag der Kommission stimmte der Nationalrat zu (AB 1992 N
2650 ff., S. 2674 ff.).

  Der Antrag der Kommission des Ständerates betreffend Art. 261bis Abs. 4
entsprach dem Beschluss des Nationalrates mit der geringfügigen
Modifikation, dass nach der "Rasse" an zweiter Stelle die "Ethnie" und erst
an dritter Stelle die "Religion" genannt werden sollte. Ständerat Küchler
stellte den Antrag, dass die Tathandlung

zum Zwecke einer gewissen Einschränkung etwas anders zu umschreiben sei.
Strafbar sollte nicht sein, wer einen anderen "in seiner Menschenwürde
angreift", sondern, wer einen anderen "in einer gegen die Menschenwürde
verstossenden Weise erniedrigt oder diskriminiert". Diesem Antrag stimmte
der Ständerat zu mit der Modifikation, dass der Begriff "erniedrigt" durch
den Begriff "herabsetzt" ersetzt wurde (AB 1993 S 90 ff., S. 96 ff.).

  Der Nationalrat hielt zunächst an der von ihm beschlossenen Fassung von
Art. 261bis Abs. 4 fest (AB 1993 N 1075 ff., S. 1080), stimmte aber
schliesslich dem Beschluss des Ständesrats zu (AB 1993 N 1300).

  Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, was unter der
Generalklausel "in anderer Weise" im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste
Hälfte StGB im Einzelnen zu verstehen ist.

  8.6.2  Die Ausführungen in der Lehre zur Bedeutung und zum
Anwendungsbereich der Generalklausel "in anderer Weise" in Art. 261bis Abs.
4 erste Hälfte StGB sind relativ spärlich. Für die Generalklausel dürften
sich angesichts der weiten Umschreibung der Beispiele kaum Anwendungsfälle
finden (STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2.
Aufl. 1997, Art. 261bis StGB N. 33). Die Herabsetzung oder Diskriminierung
kann auf beliebige Weise kommuniziert werden (DORRIT SCHLEIMINGER, a.a.O.,
Art. 261bis StGB N. 47). Ausführungsmodalitäten, Kommunikationswege und
Kommunikationsmittel sind irrelevant. Aufgrund der Generalklausel erhält die
gesetzliche Aufzählung der Tatmittel einen bloss beispielhaften Charakter,
so dass eine (irgendwie noch denkbare?) Einschränkung hinfällig ist. Die
Herabsetzung oder Diskriminierung kann damit auf jede denkbare Weise
erfolgen (HANS VEST, Stämpflis Handkommentar, Art. 261bis StGB N. 70). Die
Generalklausel kann nichts anderes bezwecken, als die ohnehin schon opulente
Aufzählung möglicher Begehensweisen zu ergänzen (MARCEL ALEXANDER NIGGLI,
a.a.O., N. 927). Bei der ausführlichen Aufzählung von denkbaren Formen einer
herabsetzenden Äusserung hat der Gesetzgeber offenbar noch mehr für möglich
gehalten als bei der Ehrverletzung (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil II, 5. Aufl. 2000, § 39 N. 36). In der Lehre
werden als Beispiele für Tatmittel im Sinne der Generalklausel, teilweise
unter Hinweis auf die Lehre zu Art. 176 StGB, Karikaturen, Skulpturen, Filme
und Theaterdarstellungen genannt (ROBERT ROM, Die Behandlung der
Rassendiskriminierung

im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1995, S. 134), ferner die Pantomime
sowie das Tragen und Vorzeigen von Symbolen und Fahnen (ALEXANDRE GUYAZ,
L'incrimination de la discrimination raciale, Diss. Lausanne 1996, S. 283).

  Die Lehre äussert sich, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich zur Frage,
ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Gewalttätigkeiten,
beispielsweise schwere Körperverletzungen und Brandstiftungen, als solche
auch den Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllen
können. Allerdings wird einhellig die Auffassung vertreten, dass zwischen
Art. 261bis StGB und anderen Straftaten, beispielsweise Körperverletzung
(Art. 122 f. StGB) oder Brandstiftung (Art. 221 StGB), "echte Konkurrenz"
bestehen kann (vgl. nur ANDREAS DONATSCH/WOLFGANG WOHLERS, Strafrecht IV,
Delikte gegen die Allgemeinheit, 3. Aufl. 2004, S. 221; HANS VEST, a.a.O.,
Art. 261bis StGB N. 122). Aus der Lehre wird allerdings nicht klar
ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen "echte Konkurrenz"
besteht und ob damit Realkonkurrenz (so ausdrücklich STEFAN TRECHSEL,
a.a.O., Art. 261bis StGB N. 46) oder aber Idealkonkurrenz (so ausdrücklich
ALEXANDRE GUYAZ, a.a.O., S. 227) gemeint ist. Im Falle einer von
fremdenfeindlichen Parolen begleiteten Brandstiftung (siehe das Beispiel bei
STRATENWERTH, a.a.O., § 39 N. 44) besteht zweifellos "echte Konkurrenz". Der
Täter erfüllt durch die fremdenfeindlichen Parolen eine Tatbestandsvariante
von Art. 261bis StGB (beispielsweise Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB)
und durch die Brandstiftung den Tatbestand von Art. 221 StGB; in diesem Fall
besteht Realkonkurrenz. Es stellt sich indessen die Frage, ob die
Brandstiftung als solche neben dem Tatbestand von Art. 221 StGB in
Idealkonkurrenz auch eine Tatbestandsvariante von Art. 261bis StGB erfüllt,
wenn und weil sie von fremdenfeindlichen Parolen begleitet wird, und ob eine
Brandstiftung selbst bei Fehlen solcher Parolen neben dem Tatbestand von
Art. 221 StGB in Idealkonkurrenz auch eine Tatbestandsvariante von Art.
261bis StGB erfüllt, wenn und weil sie vom unbefangenen durchschnittlichen
Dritten in Anbetracht der gesamten Umstände als ein fremdenfeindlicher Akt
verstanden wird. Entsprechend stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls
unter welchen Voraussetzungen eine schwere Körperverletzung neben dem
Tatbestand von Art. 122 StGB in Idealkonkurrenz auch den Tatbestand von Art.
261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllen kann.

  8.7  Das Internationale Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 zur
Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (RDK; SR 0.104),

das für die Schweiz am 29. Dezember 1994 in Kraft getreten ist, verpflichtet
die Vertragsstaaten, mit allen geeigneten Mitteln unverzüglich eine Politik
der Beseitigung der Rassendiskriminierung in jeder Form und der Förderung
des Verständnisses unter allen Rassen zu verfolgen (Art. 2 RDK). Die
Vertragsstaaten werden die Rassendiskriminierung in jeder Form verbieten und
beseitigen und das Recht jedes Einzelnen, ohne Unterschied der Rasse, der
Hautfarbe, des nationalen Ursprungs oder des Volkstums, auf Gleichheit vor
dem Gesetz gewährleisten (Art. 5 RDK). Dies gilt unter anderem für das Recht
auf Sicherheit der Person und auf staatlichen Schutz gegen Gewalttätigkeit
oder Körperverletzung, gleichviel ob sie von Staatsbediensteten oder von
irgendeiner Person, Gruppe oder Einrichtung verübt werden (Art. 5 lit. b
RDK).

  Gewalttätigkeiten aller Art sind nach dem schweizerischen Strafrecht
ohnehin schon gemäss den einschlägigen Normen strafbar, etwa als
Körperverletzung (Art. 122 f. StGB) oder als Brandstiftung (Art. 221 StGB).
Den rassendiskriminierenden Tatmotiven ist bei der Strafzumessung gemäss
Art. 63 StGB straferhöhend Rechnung zu tragen. De lege ferenda wird von
einem Teil der Lehre die Schaffung eines speziellen Qualifikationsgrundes
der rassistischen Tatmotive bei einzelnen Tatbeständen gefordert (so ROBERT
ROM, a.a.O., S. 55 ff., 167; ablehnend MARCEL ALEXANDER NIGGLI, a.a.O., N.
1236).

  Durch Art. 261bis StGB sollten in Befolgung der durch die Unterzeichnung
der Rassendiskriminierungskonvention eingegangenen Verpflichtungen gewisse
Lücken im schweizerischen Strafrecht geschlossen werden. Art. 261bis StGB
erfasst in erster Linie rassendiskriminierende Gedankenäusserungen aller Art
in der Form von Aufrufen, Propagandaaktionen, Verbreitung von Ideologien
sowie von Beleidigungen.

  8.8  Eine Herabsetzung oder Diskriminierung in einer gegen die
Menschenwürde verstossenden Weise kann auch mittels einer Gewalttätigkeit
manifestiert beziehungsweise kommuniziert werden. Eine Gewalttätigkeit kann
unter Umständen auch die Einschätzung der Minderwertigkeit des Opfers zum
Ausdruck bringen und den objektiven Erklärungswert haben, dass das Opfer
kein vollwertiger Mensch sei. Durch eine Körperverletzung beispielsweise
kann nicht nur die körperliche Integrität, sondern, je nach den konkreten
Umständen des Einzelfalls, auch die Menschenwürde der angegriffenen Person
verletzt werden. In diesem Fall besteht zwischen dem

Tatbestand der Körperverletzung gemäss Art. 122 f. StGB und dem Tatbestand
der Herabsetzung nach Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB echte Konkurrenz
im Sinne der Idealkonkurrenz, wenn auch die übrigen Voraussetzungen des
letztgenannten Tatbestands erfüllt sind.

  Eine öffentlich verübte Gewalttätigkeit erfüllt neben dem objektiven
Tatbestand etwa der Körperverletzung (Art. 122 f. StGB) in Idealkonkurrenz
auch den objektiven Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinne von Art.
261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB, wenn durch die Gewalttätigkeit für den
unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar das Opfer wegen
seiner Rasse, Ethnie oder Religion als minderwertig hingestellt wird, wenn
mit anderen Worten die Gewalttätigkeit für den unbefangenen
durchschnittlichen Dritten klar erkennbar zum Ausdruck bringt und somit den
Erklärungswert hat, dass das Opfer wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion
kein vollwertiger Mensch sei, kurz, wenn die Gewalttätigkeit für den
unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar als
rassendiskriminierender Akt erscheint.

  Ob eine Gewalttätigkeit, etwa eine Körperverletzung, für einen
unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar als
rassendiskriminierender Akt erscheint, beurteilt sich - ähnlich wie die
Interpretation von Äusserungen durch Worte - aufgrund der gesamten Umstände
des konkreten Falles. Von Bedeutung sind dabei die in der Person des
Beschuldigten und in der Person des Opfers liegenden Umstände sowie die
Tatumstände als solche. Verbale rassistische Äusserungen im Rahmen einer
Gewalttätigkeit sind für die Einschätzung der Gewalttätigkeit als
rassistischer Akt zwar hilfreich, doch sind sie nicht notwendig. Eine in der
Öffentlichkeit begangene Gewalttätigkeit, etwa eine schwere
Körperverletzung, kann den objektiven Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4
erste Hälfte StGB auch erfüllen, wenn sie nicht von verbalen rassistischen
Äusserungen begleitet wird. Massgebend sind vielmehr die gesamten Umstände
des konkreten Einzelfalls.

Erwägung 9

  9.

  9.1  Der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst als "rechtsextrem". Er
gibt an, dass er Ausländer hasst. Gemäss den tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz beging er die ihm zur Last gelegten Taten aus Rassenhass
beziehungsweise aus ausländer- respektive fremdenfeindlichen Motiven. Die
Einwände in der Beschwerdeschrift,

dass Gewalttätigkeiten von jungen Männern, insbesondere von Skinheads,
Hooligans und Jugendbanden, auf dem Gefühl eigener Minderwertigkeit und
Ohnmacht beruhten und mit politischen Inhalten kaum etwas zu tun hätten,
gehen daher an der Sache vorbei. Die Vorfälle ereigneten sich im
öffentlichen Raum. Der Beschwerdeführer beging die Taten werktags, kurz nach
Mitternacht, auf der gut beleuchteten Hauptverbindungsstrasse zwischen
Luzern und Littau, an welcher viele Wohnhäuser stehen. Aufgrund dieser
örtlichen und zeitlichen Umstände bestand die konkrete Möglichkeit, dass die
Angriffe von unbeteiligten Dritten - Passanten und/oder Anwohnern -
wahrgenommen wurden. Dass die Taten allenfalls von niemandem im Einzelnen
beobachtet wurden, wie in der Beschwerde behauptet wird, ist unerheblich.

  Dies reicht indessen für eine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung im
Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB nicht aus. Zur Erfüllung des
Tatbestands ist zudem erforderlich, dass die Gewalttätigkeit für den
unbefangenen durchschnittlichen Dritten in Anbetracht der gesamten konkreten
Umstände klar erkennbar als rassistisch begründeter Akt erscheint, mithin
als eine Verhaltensweise, durch welche das Opfer im Sinne von Art. 261bis
Abs. 4 erste Hälfte StGB wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion in einer
gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabgesetzt wird, und dass der
Beschwerdeführer eine solche Einschätzung seiner Handlung durch den
unbefangenen durchschnittlichen Dritten im Sinne des Eventualvorsatzes in
Kauf genommen hat. Dies ist im Folgenden zu prüfen.

  9.2
  9.2.1  Gemäss den Ausführungen der ersten Instanz waren der
Beschwerdeführer und sein Komplize nach eigenen Aussagen zur Zeit der Taten
rechtsradikal. Bei allen drei Vorfällen hätten sie Kleidung getragen, welche
typischerweise in rechtsradikalen Kreisen getragen werde. Die rechtsextreme
Grundhaltung sei das Motiv für die Taten gewesen. Entgegen der Auffassung
der Staatsanwaltschaft hätten die vom Beschwerdeführer verübten
Gewalttätigkeiten indessen für sich allein genommen nicht zum Ausdruck
gebracht, dass dadurch die Opfer gerade wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Rasse beziehungsweise Ethnie als minderwertig hingestellt worden
seien. Einen im jeweils konkreten Fall dafür erforderlichen verbalen
Kommentar hätten der Beschwerdeführer und sein Komplize

nie abgegeben. Daher sei der Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte
StGB nicht erfüllt.

  9.2.2  Die Vorinstanz ist demgegenüber der Auffassung, die Anwendung von
Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB setze nicht voraus, dass der Angriff
auf das Opfer von verbalen rassistischen Kommentaren seitens des Täters
begleitet werde. Die rassistische Äusserung könne sich auch allein in
Tätlichkeiten - oder eben (wie im vorliegenden Fall) in schwerer wiegenden
Angriffen auf die körperliche Integrität - manifestieren. Gemäss den
Feststellungen der Vorinstanz trug der Beschwerdeführer bei den Taten
jeweils stahlkappenverstärkte Schuhe, eine schwarze Jeanshose, einen grauen
Pullover der - von Rechtsradikalen (wegen der darin enthaltenen
Buchstabenfolge "nsda") bevorzugten - Marke "Lonsdale" und eine schwarze
Jacke derselben Marke mit orangem Innenfutter. Auf seiner Jacke waren die
Aufschrift "Skinhead" sowie ein Abzeichen der "SS-Totenkopfverbände"
aufgenäht. Die Haare des Beschwerdeführers waren sehr kurz geschnitten. Nach
der Auffassung der Vorinstanz entsprach das äussere Erscheinungsbild des
Beschwerdeführers "ganz demjenigen, das landläufig mit einem Neonazi
beziehungsweise einem Rechtsradikalen assoziiert wird". Der Beschwerdeführer
habe selber von einer "Uniform" gesprochen, mit der er habe zum Ausdruck
bringen wollen, dass "Rechts" nicht am Verschwinden sei. Aufgrund der
Aufmachung des Beschwerdeführers sowie des Aussehens der Opfer kam die
Vorinstanz zum Schluss, dass ein Dritter den rassendiskriminierenden
Hintergrund der Taten ohne weiteres erkennen konnte.

  9.2.3  Der Beschwerdeführer macht geltend, die Tätlichkeit eines
kahlgeschorenen Schweizers gegen einen Ausländer dunkler Hautfarbe erfülle
als solche noch nicht den Straftatbestand der Rassendiskriminierung. Dass
die betroffene Person eben gerade wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in
einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabgesetzt werde, müsse
sich durch eine zusätzliche äussere Handlung, nämlich durch einen verbalen
Kommentar, manifestieren. Bei tätlichen Auseinandersetzungen zwischen
Angehörigen verschiedener Rassen, Ethnien oder Religionen sei eine
diskriminierende (Mit-)Motivation eines Kontrahenten nie auszuschliessen.
Damit eine Strafbarkeit nach Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB deshalb
nicht beliebig und aleatorisch werde, sei für den Fall einer tätlichen
Auseinandersetzung die genannte zusätzliche Manifestation der
Diskriminierung mittels verbaler Äusserung unabdingbar. Da diese

Voraussetzung hier unstreitig nicht erfüllt sei, habe er den Tatbestand von
Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB nicht erfüllt.

  9.2.4  Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Vernehmlassung aus, eine
Herabsetzung oder Diskriminierung könne gemäss Art. 261bis Abs. 4 erste
Hälfte StGB nicht nur durch Worte, sondern auch in Form von Tätlichkeiten
oder auf andere Weise erfolgen. Entscheidend sei, dass sich die tätlichen
Angriffe in der Öffentlichkeit auf eine Weise ereigneten, bei welcher der
rassistische Zusammenhang und die damit verbundene Erniedrigung der Opfer
für unbeteiligte Dritte erkennbar sei.

  9.3
  9.3.1  Tätlichkeiten und Gewalttätigkeiten können den Tatbestand von Art.
261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB auch erfüllen, wenn sie nicht von
rassistischen Kommentaren begleitet sind. Zwar sind solche Parolen für die
Beurteilung hilfreich, da die Einschätzung von Tätlichkeiten und
Gewalttätigkeiten schwierig sein kann (siehe in Bezug auf Gebärden und
Tätlichkeiten ANDREAS DONATSCH/WOLFGANG WOHLERS, a.a.O., S. 216; MARCEL
ALEXANDER NIGGLI, a.a.O., N. 918). Doch sind solche Kommentare nicht
notwendig. Entscheidend ist vielmehr, ob die öffentlich verübte
Gewalttätigkeit für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund
der gesamten Umstände des konkreten Falles klar erkennbar als rassistischer
Akt erscheint, mithin als ein Verhalten, durch welches das Opfer wegen
seiner Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde
verstossenden Weise herabgesetzt wird (siehe E. 8.8 hievor).

  9.3.2  In der heutigen Zeit werden Auseinandersetzungen zunehmend
ungeniert auch im öffentlichen Raum gewalttätig ausgetragen. Soweit solche
Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Rassen oder Ethnien
stattfinden, werden sie vom unbefangenen durchschnittlichen Dritten nicht
ohne weiteres als rassistische Akte eingeschätzt, da auch für solche
Auseinandersetzungen in einer Gesellschaft, in welcher viele Angehörige
verschiedener Rassen und Ethnien nebeneinander und miteinander leben,
zahlreiche andere Gründe - Streit um Geldforderungen, um Drogen oder um ganz
alltägliche Dinge - vorstellbar sind.

  9.3.3  Bei den beiden Vorfällen vom 14. und 15. Mai 2002 war das Opfer
jeweils ein Tamile dunkler Hautfarbe. In beiden Fällen beschlossen der
Beschwerdeführer und sein Mittäter spontan, das Opfer zu verprügeln. Sie
folgten ihm, holten es ein und schlugen es

zusammen. Das Opfer konnte flüchten, die Täter holten es nach kurzer Zeit
wieder ein und verprügelten es weiter. Auch als es am Boden lag, traten sie
mit den Füssen weiterhin auf das Opfer ein, insbesondere gegen den Bauch und
den Kopf. Als ein Auto nahte (beim Vorfall vom 14. Mai 2002) respektive ein
Anwohner aus einem Fenster etwas rief (beim Vorfall vom 15. Mai 2002),
liessen sie vom Opfer ab. Beim Vorfall vom 15. Mai 2002 kehrte der
Beschwerdeführer wenige Sekunden später zum weiterhin am Boden liegenden
Opfer zurück, um diesem einen weiteren Tritt gegen das Gesicht zu versetzen.

  Die beiden Vorfälle vom 14. und 15. Mai 2002 würden neben den
einschlägigen Körperverletzungstatbeständen auch den objektiven Tatbestand
der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB
erfüllen, wenn der Beschwerdeführer und sein Mittäter entsprechend der
Einschätzung der Vorinstanz aufgrund ihrer Aufmachung als "Neonazis"
beziehungsweise "Rechtsextreme" erkennbar gewesen wären. Dieser Einschätzung
der Vorinstanz kann indessen in Anbetracht der in den Akten enthaltenen
polizeilichen Fotoaufnahmen nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer trug
unter der schwarzen Jacke einen grauen Pullover, auf dem in grosser Schrift
die Marke "Lonsdale" mit dem Zusatz "London" aufgenäht ist. Der unbefangene
durchschnittliche Dritte weiss nicht, dass Kleider dieser Marke wegen der
darin enthaltenen Buchstabenfolge "...nsda..." (anklingend an "NSDAP" für
"Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei") offenbar (damals) von
Rechtsradikalen gerne getragen wurden. Der unbefangene durchschnittliche
Dritte erkennt die in der genannten Marke enthaltene Buchstabenfolge
"...nsda...", falls er diese innerhalb des gesamten Wortes überhaupt
wahrnimmt, nicht als Anspielung auf die "NSDAP". Die Jacken, welche der
Beschwerdeführer und sein Komplize trugen, sind für einen unbefangenen
durchschnittlichen Dritten ziemlich unauffällig. Dass "Neonazis"
beziehungsweise "Rechtsextreme" (damals) offenbar Jacken mit orangem
Innenfutter bevorzug(t)en, ist allenfalls Insidern bekannt. Allerdings waren
auf der Jacke zwei Aufnäher angebracht, nämlich zum einen das (ca. 4 cm
lange und knapp 1 cm hohe) Wort "Skinhead" und zum anderen (in ähnlichen
Dimensionen) ein Abzeichen, bei dem es sich nach der Meinung der Vorinstanz
um ein Abzeichen der "SS-Totenkopfverbände" handeln soll und welches eine
Art "Reichsadler" zeigt, der in seinen Krallen das "Hakenkreuz" trägt. In
Anbetracht dieser beiden Aufnäher waren der

Beschwerdeführer und sein Mittäter zweifellos der Szene der "Neonazis"
beziehungsweise "Rechtsradikalen" zuzuordnen, die, wie allgemein bekannt
ist, unter anderem von Hass gegen Ausländer getrieben sind und zur
Artikulierung dieses Hasses auch vor feiger, brutaler Gewalt nicht
zurückschrecken. Die beiden Aufnäher waren indessen klein und schon aus
wenigen Metern Entfernung nicht mehr zu entziffern bzw. zu erkennen. Der
Beschwerdeführer trug Halbschuhe, die für einen unbefangenen
durchschnittlichen Dritten relativ unauffällig sind. Sein Mittäter trug
allerdings Stiefel von der Art, wie sie nach landläufiger Auffassung auch
von "Neonazis" beziehungsweise "Rechtsextremen" getragen werden. Der
Beschwerdeführer und sein Mittäter waren nach dem Gesamteindruck, den sie
durch ihre Aufmachung vermittelten, für einen unbefangenen
durchschnittlichen Dritten schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr
als "Neonazis" beziehungsweise als "Rechtsextreme" erkennbar.

  In Anbetracht der gesamten Umstände erscheinen die beiden Vorfälle vom 14.
und 15. Mai 2002 für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten nicht
klar erkennbar als rassistische Akte, durch welche die Opfer wegen ihrer
Rasse als minderwertige Menschen hingestellt werden sollten.

  9.3.4  Beim Vorfall vom 21. Mai 2002 war das Opfer ein 53-jähriger Mann
aus Bosnien, der wegen einer leichten Gehbehinderung einen Stock mitführte.
Der Beschwerdeführer und sein Mittäter folgten dem Opfer. Der Mittäter
entriss diesem den Gehstock und schlug damit auf das Opfer ein. Der
Beschwerdeführer warf es zu Boden. Die beiden Täter traten in der Folge
mehrmals insbesondere gegen den Kopf des wehrlos am Boden liegenden Opfers
und liessen schliesslich von ihm ab. Im Zeitpunkt dieses Vorfalls trugen der
Beschwerdeführer und sein Mittäter ihre Jacken mit dem orangen Innenfutter
nach aussen, so dass die beiden Aufnäher ("Skinhead" sowie der "Reichsadler"
mit dem "Hakenkreuz") nicht sichtbar waren.

  In Anbetracht der gesamten Umstände erscheint auch dieser Vorfall für
einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten nicht klar erkennbar als
rassistischer Akt, durch welchen das Opfer wegen seiner Rasse als
minderwertiger Mensch hingestellt werden sollte. Entgegen der Meinung der
Vorinstanz ist es nicht allgemein bekannt, dass von Rechtsextremen getragene
Bomberjacken ein oranges Innenfutter aufweisen. Im Gegenteil, ist doch die
orange Farbe das Kennzeichen zahlreicher demokratischer Parteien in Europa.

  9.4  Der Beschwerdeführer hat somit durch die inkriminierten
Gewalttätigkeiten entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht auch den
Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste
Hälfte StGB erfüllt. In diesem Punkt ist daher die Nichtigkeitsbeschwerde
gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben.

  Infolge des Wegfalls dieses Schuldspruchs wird die Vorinstanz die Strafe
neu bemessen. Sie wird allerdings im Rahmen der Strafzumessung für die
Schuldsprüche wegen mehrfacher (teils versuchter) schwerer Körperverletzung
straferhöhend berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer diese Delikte
tatsächlich aus rassistischen beziehungsweise fremdenfeindlichen und somit
besonders verwerflichen Beweggründen verübte und dass die Opfer die
Gewalttätigkeiten als rassistische Akte empfanden, wodurch sie zusätzlich in
besonderem Masse gedemütigt wurden.