Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 420



Urteilskopf

133 II 420

  38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Eheleute X. gegen Kantonales Steueramt Nidwalden und Verwaltungsgericht des
Kantons Nidwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  2A.710/2005 vom 8. Oktober 2007

Regeste

  Zuordnung der Privatwohnung des Betriebsinhabers zum Privat- oder
Geschäftsvermögen (Art. 16 Abs. 1 und 3, Art. 18 Abs. 2, Art. 21 DBG).

  Bei den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten ist eine
Betriebsleiterwohnung unter der Geltung des Art. 18 Abs. 2 DBG in der Regel
dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen (Anpassung der Praxis an
die veränderten Verhältnisse; E. 4.5).

Sachverhalt

  Die Eheleute X. führten bis 2001 einen Bäckereibetrieb in der eigenen
Liegenschaft an der W.strasse in V./NW. Im Erdgeschoss der Liegenschaft
befand sich der Bäckereibetrieb mit Backstube, Verkaufsladen und
Nebenräumen. Die Obergeschosse umfassen drei Wohnungen: eine 7
1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung, die vom Eigentümer selbst bewohnt wird, sowie
eine 2 1/2-Zimmer- und eine 3-Zimmerwohnung, die an Dritte vermietet sind.
Im Jahr 2001 stellten die Eheleute X. den Bäckereibetrieb ein und
vermieteten auch die Geschäftslokalitäten.

  Das Kantonale Steueramt Nidwalden veranlagte in der Folge die Eheleute X.
für die direkte Bundessteuer 2001 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr.
481'100.-. Darin enthalten ist ein Kapitalgewinn von Fr. 411'000.- aus der
Überführung der Liegenschaft W.strasse in V. vom Geschäfts- in das
Privatvermögen im Zuge der Betriebsaufgabe. Das Verwaltungsgericht des
Kantons Nidwalden bestätigte die grundsätzliche Steuerbarkeit des
Überführungsgewinns.

  Die Eheleute X. haben gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons
Nidwalden Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie
machen geltend, die Steuerbehörden und das Verwaltungsgericht hätten die
betreffende Liegenschaft zu Unrecht dem Geschäftsvermögen zugeordnet;
richtigerweise liege Privatvermögen vor, weshalb die Besteuerung eines
Überführungsgewinns unzulässig sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde
gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen
Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der

Veräusserung von Privatvermögen (Art. 16 Abs. 1 und 3 des Bundesgesetzes vom
14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Steuerbar
sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und
Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen
selbständigen Erwerbstätigkeit (Art. 18 Abs. 1 DBG). Dazu zählen auch alle
Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von
Geschäftsvermögen. Der Veräusserung gleichgestellt ist unter anderem die
Überführung von Geschäfts- in Privatvermögen (Art. 18 Abs. 2 DBG).

  3.2  Als Geschäftsvermögen gelten alle Vermögenswerte, die ganz oder
vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Art. 18 Abs. 2 Satz 3
erster Teil DBG). Ob ein Wertgegenstand dem Privat- oder dem
Geschäftsvermögen zuzuordnen ist, entscheidet sich aufgrund einer Würdigung
aller in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände. Ausschlaggebendes
Zuteilungskriterium ist dabei, wie sich aus der zitierten gesetzlichen
Begriffsumschreibung ergibt, die aktuelle technisch-wirtschaftliche Funktion
des fraglichen Vermögensgegenstands; massgebend ist also in erster Linie, ob
der Gegenstand tatsächlich dem Geschäft dient (vgl. MARTIN ARNOLD,
Geschäfts- und Privatvermögen im schweizerischen Einkommenssteuerrecht, in:
ASA 75 S. 265 ff., insbesondere S. 274 und 281, mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung).

  Die buchmässige Behandlung eines Gegenstands insbesondere ist im Rahmen
der Gesamtwürdigung als Indiz zu werten. Vermag auf der einen Seite die
Aufnahme in die Buchhaltung für sich allein die Zuteilung eines
Vermögensobjekts zum Geschäftsvermögen nicht zu bewirken, so kann auf der
anderen Seite ein Gegenstand - aufgrund seiner technisch-wirtschaftlichen
Funktion - auch dann Geschäftsvermögen darstellen, wenn er nicht in die
Buchhaltung aufgenommen worden ist. Zu berücksichtigen ist also nicht nur
die formelle Aufnahme (oder Nichtaufnahme) des Gegenstands in die Bilanz,
sondern die konkrete buchhalterische Behandlung insgesamt (also etwa auch:
die Vornahme von Abschreibungen oder die Verbuchungsweise von einschlägigen
Aufwands- und Ertragspositionen usw.). Von Bedeutung kann ebenfalls die
Qualität der Buchführung des Steuerpflichtigen sein (vgl. dazu ARNOLD,
a.a.O., S. 280 f., mit Hinweis).

  3.3  Auch bei Liegenschaften (oder Teilen davon), die sich grundsätzlich
sowohl für geschäftliche als auch für rein private Nutzung eignen,
entscheidet in erster Linie deren konkrete technisch-wirtschaftliche

Funktion darüber, ob sie zum Geschäfts- oder zum Privatvermögen des
Steuerpflichtigen gehören. Das ergibt sich nunmehr, wie gesagt, aus der
Legaldefinition des "Geschäftsvermögens" in Art. 18 Abs. 2 DBG, galt aber
schon nach altem Recht (Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die
Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt; BS 6 S. 350]). Die massgebenden
Zuteilungskriterien haben sich mit dem Übergang zum neuen Recht (DBG) nicht
grundlegend geändert (vgl. ARNOLD, a.a.O., S. 269 f., mit Hinweisen auf die
Praxis zum BdBSt; Urteil 2A.700/2004 vom 26. Mai 2005, E. 4.4.2, mit
Hinweisen).

  Eine wesentliche Neuerung brachte hingegen der in Art. 18 Abs. 2 DBG
begründete Wechsel (von der Wertzerlegungs-) zur Präponderanzmethode. Nach
dieser werden ab dem 1. Januar 1995 diejenigen gemischt, d.h. teils
geschäftlich, teils privat genutzten Objekte, die ganz oder vorwiegend der
selbständigen Erwerbstätigkeit dienen, in ihrer Gesamtheit dem
Geschäftsvermögen zugewiesen. Die nicht vorwiegend geschäftlich genutzten
Objekte gehören demgegenüber gesamthaft zum Privatvermögen, auch wenn sie
teilweise geschäftlich genutzt werden.

  Nach den Richtlinien der Eidgenössischen Steuerverwaltung sind alle den
geschäftlich genutzten Liegenschaftsteil betreffenden Erträge ins Verhältnis
zum Gesamtertrag aus der Liegenschaft zu setzen. Dieser umfasst sämtliche
auf die Liegenschaft entfallenden Einkünfte gemäss Art. 21 DBG, unter
Einbezug des zum Marktwert festgesetzten Eigenmietwerts für den geschäftlich
genutzten Teil. Beträgt der so ermittelte Anteil der geschäftlichen Nutzung
mehr als 50 %, liegt eine vorwiegend geschäftliche Nutzung vor und gilt die
Liegenschaft insgesamt als Geschäftsvermögen (vgl. Ziff. 2.1 des Merkblatts
"Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach Artikel 18 DBG.
Ausdehnung der Kapitalgewinnsteuerpflicht, Übergang zur Präponderanzmethode
und deren Anwendung", Anhang zum gleichnamigen Kreisschreiben der
Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. November 1992, in: ASA 61 S. 507
ff.; vgl. auch PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, Therwil/Basel 2001, N. 146
ff. zu Art. 18 DBG; MARKUS REICH, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht
[I/2a], Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Basel/Genf/München
2000, N. 54 ff. zu Art. 18 DBG; FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN KAUFMANN,
Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N. 81 f. zu Art. 18 DBG; vgl. auch
Urteil 2A.700/2004 vom 26. Mai 2005, E. 3.3 und 3.4, mit Hinweisen).

Erwägung 4

  4.  Im vorliegenden Fall wurde die Liegenschaft der Beschwerdeführer an
der W.strasse in V. anerkanntermassen sowohl geschäftlich (Bäckereibetrieb)
als auch privat (Mietwohnungen) genutzt. Allerdings gehen die Auffassungen
bezüglich des Ausmasses der geschäftlichen und der privaten Nutzung
auseinander. Dies deshalb, weil die Beschwerdeführer Marktwerte zu Grunde
legen und dabei die von ihnen selbst bewohnte 7
1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung zum Privatvermögen rechnen, wogegen die
Steuerbehörden die Ausscheidung anhand der verbuchten Mietwerte und
Mietzinseinnahmen vornehmen und dabei die Privatwohnung als
Geschäftsvermögen qualifizieren.

  4.1  Nach der Berechnung der Beschwerdeführer beträgt der privat genutzte
Anteil im Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe 66 %, womit die Liegenschaft in
Anwendung der Präponderanzmethode gesamthaft dem Privatvermögen zuzuordnen
wäre. Für die Vorinstanzen überwiegt demgegenüber der geschäftlich genutzte
Anteil (72 %), mit der Konsequenz, dass die gesamte Liegenschaft als
Geschäftsvermögen zu gelten hätte. Ob das eine oder das andere zutrifft,
hängt nach beiden Ausscheidungsmethoden letztlich davon ab, ob die von den
Beschwerdeführern selbst bewohnte 7 1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung Geschäfts-
oder Privatvermögen darstellt.

  4.2  Die Vorinstanz rechnet die fragliche Wohnung zum einen deshalb zum
Geschäftsvermögen, weil die Beschwerdeführer aus geschäftlichen Gründen in
besonderem Mass daran interessiert seien, im gleichen Haus zu wohnen, wo sie
das Geschäft betreiben; sie verweist dabei auf die einschlägige Praxis des
Bundesgerichts zum BdBSt. Zum anderen wertet die Vorinstanz die ganze
Liegenschaft W.strasse als Geschäftsvermögen, weil diese "seit 1992 und bis
zur Geschäftsaufgabe per 31. Juli 2001 zu 100 % in der Geschäftsbuchhaltung
als Aktivum (Anlagevermögen) enthalten war".

  4.3  Unter der Geltung des BdBSt hatte sich das Bundesgericht wiederholt
mit der Frage zu befassen, ob die vom Betriebsinhaber im eigenen Haus selbst
genutzte Wohnung zum Geschäfts- oder zum Privatvermögen gehöre:
  Im Fall eines Bäckerei- und Gastwirtschaftsbetriebs beurteilte das
Bundesgericht die zwei vom damaligen Betriebsinhaber und seiner Familie im
Haus belegten Wohnungen als zum Geschäftsbetrieb gehörend, weil diese
Verwendung offensichtlich den Geschäftsinteressen entsprochen habe; denn die
Bäckerei/Konditorei und die Wirtschaft

wären weniger leicht zu führen gewesen, wenn der Inhaber und seine
Angehörigen nicht in unmittelbarer Nähe gewohnt hätten (BGE 85 I 243 E. 3 S.
250 f.).

  In einem Urteil aus dem Jahr 1986, wo ebenfalls die Zuordnung der
Privatwohnung eines Bäckers umstritten war, erkannte das Bundesgericht, eine
Zuteilung der privat genutzten Wohnung zum Geschäftsvermögen könne "in den
Fällen ausnahmsweise sachgerecht sein, wo der Steuerpflichtige aus
geschäftlichen Gründen in besonderem Masse daran interessiert ist, im
gleichen Haus zu wohnen, wo er beispielsweise sein Ladengeschäft betreibt".
Auf den Einwand des damaligen Betriebsinhabers hin, er habe die
Broterzeugnisse schon seit mehreren Jahren von einer Gemeinschaftsbäckerei
bezogen und nicht mehr selbst hergestellt, räumte das Bundesgericht ein, mit
dem Wegfall der selbständigen Brotherstellung sei in der Tat ein gewichtiger
Grund für die Zuweisung der Privatwohnung zum Geschäftsvermögen beim
Bäckermeister weggefallen. Es liess aber die "Frage der sachlich richtigen
Zuordnung" in jenem Fall ausdrücklich offen, weil die gesamte Liegenschaft
bis zur Geschäftsaufgabe zu 100 % in der Geschäftsbuchhaltung als Aktivum
enthalten war und der betreffende Beschwerdeführer selber die Qualifikation
der Privatwohnung als Geschäftsvermögen bis zur Aufgabe der eigenen
Brotherstellung als begründet anerkannt hatte (ASA 57 S. 271, E. 3 S. 274
f.).

  In einem Urteil aus dem Jahr 1998 bestätigte das Bundesgericht den
Grundsatz, dass die Zuweisung des zu privaten Wohnzwecken genutzten Teils
einer Liegenschaft zum Geschäftsvermögen "nur ausnahmsweise" erfolge, wenn
"das Wohnen im Geschäftsgebäude eine rationelle Geschäftsführung erst
ermöglicht oder wesentlich fördert". Diese restriktiven Voraussetzungen
erachtete das Bundesgericht für die in jenem Fall von einem Gastwirt selbst
genutzte Wohnung (2-Zimmerwohnung mit Kochnische) als erfüllt (Urteil
2A.391/1995 vom 2. September 1998, E. 3a, mit Hinweisen, publ. in: StE 1999
B 23.2 Nr. 21).

  4.4  Diese Kasuistik aus der Rechtsprechung zum alten Recht (BdBSt)
belegt, dass die Zuteilung einer vom Betriebsinhaber selbst genutzten
Wohnung zum Geschäftsvermögen nur ausnahmsweise als sachgerecht erachtet
wurde. Dabei wurden die Voraussetzungen für eine solche Zuweisung mit der
Zeit tendenziell verschärft: Genügte es anfänglich, dass das "private"
Wohnen in der Betriebsliegenschaft

offensichtlich den Geschäftsinteressen entsprach, so wurde in der Folge
verlangt, dass der Betriebsinhaber in besonderem Mass daran interessiert
sein musste, und schliesslich, dass eine rationelle Geschäftsführung dadurch
erst ermöglicht oder wesentlich gefördert werde. So wurde etwa für
Gastronomiebetriebe angenommen, das Wohnen in der Betriebsliegenschaft
erleichtere dem Wirt eine den jeweiligen Bedürfnissen angepasste, flexible
Handhabung seiner Präsenzzeiten (Urteil 2A.391/1995 vom 2. September 1998,
E. 3b/aa).

  Im Vergleich dazu umschreibt das neue Recht (Art. 18 Abs. 2 DBG) die
Voraussetzungen nunmehr noch enger, indem Betriebswohnungen nur dann
Geschäftsvermögen darstellen, wenn sie "ganz oder vorwiegend der
selbständigen Erwerbstätigkeit dienen". Zudem hat die Zuweisung zur einen
oder anderen Vermögensmasse steuerlich eine grössere Tragweite erhalten,
weil nach der nach neuem Recht geltenden Präponderanzmethode der Kapital-
oder Überführungsgewinn auf der ganzen Liegenschaft entweder steuerbar oder
steuerfrei ist (vgl. oben E. 3.3).

  Der vorliegende Fall gibt Anlass, die aufgeworfene Frage unter
Berücksichtigung der erwähnten rechtlichen Neuerungen sowie der geänderten
tatsächlichen Verhältnisse neu zu überdenken und zu beantworten.

  4.5  Als Grundsatz kann weiterhin gelten, dass eine vom Inhaber selbst
genutzte Wohnung in einer Betriebsliegenschaft nur ausnahmsweise zu seinem
Geschäftsvermögen gehört. Das ist von Gesetzes wegen der Fall, wenn die
Wohnung ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit des
Betriebsinhabers dient. Ob dies im Einzelfall zutrifft, ist aufgrund der
konkreten Umstände zu entscheiden, in erster Linie aufgrund der
technisch-wirtschaftlichen Funktion des betreffenden Objekts. Der
Ansatzpunkt ist damit unter dem neuen Recht, wie gesagt, grundsätzlich zwar
der gleiche geblieben (vgl. oben E. 3.3); entscheidend gewandelt haben sich
im Vergleich zu den unter der Geltung des BdBSt beurteilten Fällen jedoch
die tatsächlichen Verhältnisse.

  Es ist eine Erfahrungstatsache, dass etwa traditionelle Bäckereien oder
vergleichbare Herstellungsbetriebe mehr und mehr die eigene Produktion
eingestellt haben und die Verkaufsware nach Bedarf von Grosslieferanten
beziehen (vgl. das erwähnte Urteil in ASA 57 S. 271, E. 3b S. 275, wo dieser
Vorgang bereits unter der Geltung des BdBSt als gewichtiges Indiz für die
Zuteilung der Betriebsleiterwohnung

gewertet worden ist). Ebenso lässt sich feststellen, dass die Bedeutung
kleinerer Betriebe verschiedener Branchen mit dem Aufkommen von
Einkaufszentren zurückgegangen ist. Diese Entwicklungen haben sich auf die
Art der Betriebsführung und damit auch, was hier interessiert, auf die
Funktion der Wohnung des Betriebsinhabers ausgewirkt.

  Generell kann bei den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten
(Organisationsstrukturen, Mobilität etc.) nicht mehr behauptet werden, dass
eine rationelle Betriebsführung erst ermöglicht oder wenigstens wesentlich
gefördert werde, wenn der Inhaber in der Betriebsliegenschaft wohne. Das
gilt grundsätzlich für jede Art von Betrieben (Bäckereien, Gastwirtschaften,
Metzgereien, Hotels, Garagen, Läden etc.) und Praxen (Ärzte, Apotheken
etc.). In diesem Sinn hat sich aus steuerlicher Sicht mit dem Wegfall der
betrieblichen Notwendigkeit gleichzeitig die technisch-wirtschaftliche
Funktion der vom Inhaber (und seiner Familie) selbst genutzten Wohnung
geändert. Wohl mag es unter Umständen nach wie vor von Vorteil sein, in der
Betriebsliegenschaft oder in der Nähe zu wohnen (z.B. für einen Hotelier
oder einen Wirt), doch dürfte dies selbst dort eher privaten
Kommoditätsgründen als wirklichen betrieblichen Bedürfnissen entsprechen;
solche Gründe waren im Übrigen schon nach der Rechtsprechung zum BdBSt nicht
ausreichend für eine Zuordnung zum Geschäftsvermögen (vgl. FABIAN AMSCHWAND,
Geschäftsvermögen oder Privatvermögen? Eine Übersicht, in: StR 55/2000 S.
480 ff., insbesondere S. 488 f.).

  Die aufgezeigte gewandelte Funktion der Wohnung des Betriebsinhabers
bringt es mit sich, dass diese unter der Geltung des Art. 18 Abs. 2 DBG in
aller Regel dem Privatvermögen zuzuordnen ist. Die bisherige Praxis ist in
diesem Sinn den veränderten Verhältnissen anzupassen. Vorbehalten bleibt der
(von den Steuerbehörden zu erbringende) Nachweis, dass das betreffende
Objekt im konkreten (Ausnahme-)Fall vorwiegend tatsächlich der
Erwerbstätigkeit des Betriebsinhabers dient. Weiter schliesst das Gesagte
nicht aus, dass eine Wohnung in gewissen Fällen aufgrund der konkreten
Umstände und ihrer technisch-wirtschaftlichen Funktion Geschäftsvermögen
darstellen kann (z.B. Angestelltenwohnungen im Haus für Abwart,
Sicherheitsdienst, Lehrlinge etc.).

Erwägung 5

  5.  Im vorliegenden Fall bewohnen die Beschwerdeführer in der Liegenschaft
W.strasse eine 7 1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung. Das

Kantonale Steueramt Nidwalden schliesst in seiner Vernehmlassung unter
Hinweis auf die Rechtsprechung (zu BdBSt-Fällen) auf Geschäftsvermögen, weil
ein "betriebliches Präsenzinteresse" offensichtlich gegeben und der
Bäckereibetrieb leichter zu führen gewesen sei. Zudem geht die Vorinstanz
davon aus, dass die Beschwerdeführer manchmal gewisse administrative
Arbeiten in einem Raum der Privatwohnung erledigen. Das alles mag zutreffen,
genügt aber nach der oben dargelegten Präzisierung, die den geänderten
rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt, nicht für eine
Qualifikation als Geschäftsvermögen. Dass eine sinnvolle Führung des
Bäckereibetriebs ohne jene Wohnung nicht möglich gewesen oder wesentlich
erschwert worden wäre, wird zu Recht nicht behauptet.

  Ist somit der Nachweis nicht erbracht, dass die Wohnung tatsächlich
vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführer gedient
hat, so gehört sie zwingend zu ihrem Privatvermögen (Art. 18 Abs. 2 Satz 3
erster Teil DBG e contrario).

Erwägung 6

  6.  Wo eine vom Betriebsinhaber selbst genutzte Wohnung nicht oder nicht
vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dient (im Sinn von Art. 18
Abs. 2 DBG), bleibt sie auch dann Privatvermögen, wenn die gesamte
Liegenschaft als Anlagevermögen in der Geschäftsbuchhaltung aufgeführt wird.
Wenn also vorliegend die Liegenschaft W.strasse bis zur Geschäftsaufgabe
unbestrittenermassen als Geschäftsvermögen bilanziert war, so vermag das an
der Qualifikation der Privatwohnung nichts zu ändern; die buchmässige
Behandlung ist bloss ein Hilfskriterium (vgl. oben E. 3.2 zweiter Absatz).

  Zum gleichen Ergebnis käme man im Übrigen, wenn das buchhalterische
Vorgehen insgesamt steuerlich gewürdigt würde: Die Beschwerdeführer haben
sich für eine Aufnahme der Liegenschaft in die Bilanz entschieden. Wollte
man allein daraus auf die Geschäftsvermögensqualität der Privatwohnung
schliessen, so müsste das auch für die beiden an Dritte vermieteten
Wohnungen gelten. Das hat die Steuerverwaltung richtigerweise nicht getan,
obwohl die Mietzinseinnahmen in der Erfolgsrechnung der Geschäftsbuchhaltung
erfasst sind. Es kommt hinzu, dass auf jener "Geschäftsliegenschaft" nie
Abschreibungen vorgenommen wurden, weder auf dem geschäftlich noch auf dem
privat genutzten Teil. Daraus ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführer
selber die Liegenschaft - trotz deren Bilanzierung - insgesamt, und damit
insbesondere auch die selbst genutzte Maisonette-Wohnung, materiell nie als
Geschäftsvermögen betrachtet haben.

Erwägung 7

  7.  Wie bereits erwähnt, ist mit der Zuordnung der fraglichen 7
1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung zur einen oder anderen Vermögensmasse zugleich
die zentrale Frage beantwortet, ob die Liegenschaft an der W.strasse
überwiegend geschäftlichen oder privaten Zwecken gedient hat. Dies
unabhängig von der Ausscheidungsmethode: Die Beschwerdeführer, die nach
Marktwerten ausscheiden, berechnen den privat genutzten Anteil auf 66 %; die
Steuerbehörden gehen von den verbuchten Mietwerten und Mietzinseinnahmen
aus. Werden ihre Zahlen zugrunde gelegt und wird gleichzeitig die
umstrittene Wohnung sachlich richtig dem Privatvermögen zugeordnet, so
resultiert rechnerisch ein privat genutzter Anteil von (gerundet) 54 %.

  Überwiegt beide Male die private Nutzung, so braucht die Frage der
zutreffenden Ausscheidungswerte nicht weiter geprüft zu werden. Die
Liegenschaft W.strasse ist in Anwendung der Präponderanzmethode insgesamt
dem Privatvermögen der Beschwerdeführer zuzuweisen. Eine Überführung vom
Geschäfts- in das Privatvermögen konnte insofern gar nicht stattfinden, und
es gab folglich auch keinen Überführungsgewinn.

  Damit erübrigt sich der von der Vorinstanz angeordnete Abzug von
AHV-Beiträgen auf dem vermeintlichen Überführungsgewinn.