Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 396



Urteilskopf

133 II 396

  35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X.
AG gegen Y. AG, Staatsrat des Kantons Wallis und Mitb. sowie Kantonsgericht
Wallis (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
  2C_224/2007 vom 10. September 2007

Regeste

  Art. 42 Abs. 2, Art. 83 lit. f, Art. 106 Abs. 2, Art. 113 ff. BGG;
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten/subsidiäre
Verfassungsbeschwerde auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen.

  Die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen setzt voraus, dass die in Art.
83 lit. f Ziff. 1 BGG erwähnten Schwellenwerte erreicht sind und sich
zugleich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 83 lit.
f Ziff. 2 BGG). Die Erfüllung dieser letztgenannten Voraussetzung ist gemäss
Art. 42 Abs. 2 BGG vom Beschwerdeführer darzutun, ansonsten auf die
Beschwerde nicht eingetreten wird (E. 2.1 und 2.2).

  Weil die Eingabe den qualifizierten Begründungsanforderungen für die
Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen nicht genügt, kann sie auch nicht
als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden (E. 3.1-3.3).

Sachverhalt

  Im Amtsblatt Nr. 33 vom 18. August 2006 schrieb der Vorsteher des
Departements für Volkswirtschaft und Raumentwicklung des Kantons Wallis für
jede Gemeinde der Bezirke Goms sowie Östlich-Raron den Unterhalt und die
Nachführung der amtlichen Vermessung für die Dauer von fünf Jahren (1.
Januar 2007-31. Dezember 2011) im offenen Verfahren zur Bewerbung aus. Die
Ausschreibungsunterlagen, welche bei der Vergabebehörde bezogen werden
konnten, enthielten u.a. einen Leistungsbeschrieb, das Pflichtenheft sowie
die Zuschlagskriterien.

  An seiner Sitzung vom 15. November vergab der Staatsrat des Kantons Wallis
die ausgeschriebenen Arbeiten in den Gemeinden Fiesch, Bellwald und Betten
an die Y. AG. Diesen Entscheid gab er am 22. November 2006 der übergangenen
Bewerberin X. AG bekannt. Auf deren Nachfrage hin begründete der
Kantonsgeometer den staatsrätlichen Entscheid mit Schreiben vom 27. November
2006 im Einzelnen.

  Hiegegen erhob die X. AG drei Beschwerden (je eine betreffend jede
Gemeinde) beim Kantonsgericht des Kantons Wallis. Dessen
öffentlich-rechtliche Abteilung vereinigte die entsprechenden Verfahren und
wies die Beschwerden mit Urteil vom 4. April 2007 ab.

  Auf die von der X. AG gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten tritt das Bundesgericht nicht ein,
und es nimmt die betreffende Eingabe auch nicht als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegen.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1  Art. 83 lit. f des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG; SR 173.110) schliesst die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide auf dem Gebiet der
öffentlichen Beschaffungen aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden
Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember
1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB; SR 172.056.1) oder des
Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen
Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) nicht erreicht (Ziff. 1) sowie wenn
sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Ziff. 2). Nach
grammatikalischer und systematischer Auslegung von Art. 83 lit. f BGG ist
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten damit bereits dann
ausgeschlossen, wenn einer der beiden Ausschlussgründe gegeben ist: Die
Zulässigkeit des Rechtsmittels setzt voraus, dass die erwähnten
Schwellenwerte erreicht sind und sich zugleich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt. Diese Auslegung entspricht, wie in der
Lehre heute (nahezu) einhellig angenommen wird, auch dem Sinn der
Gesetzesbestimmung (HEINZ AEMISEGGER, Der Beschwerdegang in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in: Bernhard Ehrenzeller/Rainer J.
Schweizer [Hrsg.], Die Reorganisation der Bundesrechtspflege - Neuerungen
und Auswirkungen auf die Praxis, St. Gallen 2006, S. 138; PETER KARLEN, Das
neue Bundesgerichtsgesetz, 2006, S. 50; ROBERT WOLF, Die neue
Rechtsmittelordnung im Bund, S. 13, und JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, Les
nouvelles voies de recours au niveau fédéral en matière de marchés publics,
S. 17, beide in: Vergaberecht, Droit des Marchés publics, Baurecht,
Sonderheft 06; MATTHIAS SUTER, Der neue Rechtsschutz in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht, Diss. St.
Gallen 2007, S. 177; HANSJÖRG SEILER, in: Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 50 zu Art. 83 BGG, mit Hinweis auf das
Protokoll der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 1./2. Juli
2004, S. 47; contra: FRANÇOIS BELLANGER, Le recours en matière de droit
public, in: François Bellanger et Thierry Tanquerel [Hrsg.], Les nouveaux
recours fédéraux en droit public, 2006, S. 54).

  2.2  Ob im vorliegenden Fall die erforderliche Auftragssumme bei
Dienstleistungen (gegenwärtig Fr. 248'950.-, vgl. Art. 6 Abs. 1

lit. b BoeB in Verbindung mit Art. 1 lit. b der Verordnung des EVD vom 30.
November 2006 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen
Beschaffungswesen für das Jahr 2007 [SR 172.056.12]) erreicht ist, bedarf
keiner weiteren Prüfung. Es fehlt jedenfalls am Erfordernis, dass eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (dazu ANDREAS GÜNGERICH, in:
Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N. 8 f. zu Art. 74 BGG) streitig sein
muss. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG obliegt es dem Beschwerdeführer, die
Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun. Die vorliegende Beschwerde enthält
keine Ausführungen hiezu. Das Rechtsmittel der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich daher gemäss Art. 83
lit. f BGG als unzulässig.

Erwägung 3

  3.

  3.1  Da es sich um den Submissionsentscheid einer kantonalen Behörde bzw.
einen diesbezüglichen letztinstanzlichen kantonalen Rechtsmittelentscheid
handelt, ist indes zu prüfen, ob die vorliegende Eingabe als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG entgegenzunehmen ist. Gemäss
Art. 119 BGG kann dieses Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift
eingereicht werden wie die ordentlichen Rechtsmittel, und es ist vom
Bundesgericht im gleichen Verfahren zu behandeln. Die falsche Bezeichnung
des Rechtsmittels schadet dem Beschwerdeführer nicht, sofern bezüglich des
jeweils statthaften Rechtsmittels sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen
erfüllt sind (vgl. BGE 131 I 291 E. 1.3 S. 296).

  Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dies wirkt sich auf
die Anforderungen aus, denen die Beschwerdeschrift genügen muss. Es gilt das
so genannte Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG, vgl. BBl 2001 S. 4344). Dieses
verlangt, dass der Beschwerdeführer in seiner Eingabe dartut, welche
verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid
verletzt worden sind. Eine Überprüfung von Amtes wegen, wie sie dem
Bundesgericht hinsichtlich des Gesetzes- und Verordnungsrechts des Bundes
zusteht (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG), findet nicht statt. Das Bundesgericht
untersucht deshalb nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale
Entscheid verfassungsmässig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend
vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (vgl.
die Rechtsprechung zur staatsrechtlichen Beschwerde, statt vieler BGE 110 Ia
1 E. 2 S. 3 f.; 119 Ia 197 E. 1d S. 201). Wie unter der Herrschaft des
Bundesgesetzes

vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3
S. 531) müssen die erhobenen Rügen zudem in der Beschwerdeschrift selber
enthalten sein; der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen
Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (vgl. BGE 129 I 113 E.
2.1 S. 120; 115 Ia 27 E. 4a S. 30, je mit Hinweisen).

  3.2  Mit der vorliegenden Eingabe wird zwar eine Verletzung von Art. 9 BV
(Verstösse gegen das Willkürverbot und gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben) gerügt; ihre Begründung vermag aber nicht den qualifizierten
Anforderungen zu genügen, welche Art. 106 BGG (in Verbindung mit Art. 119
BGG) für die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen stellt. Dies gilt
insbesondere für die Anrufung des Willkürverbots. Der Beschwerdeführer muss,
wie schon im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, dartun, dass und
inwiefern der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397).

  Die vorliegende Beschwerdeschrift erschöpft sich, zum Teil unter
unzulässigen Verweisen auf Rechtsschriften des kantonalen Verfahrens, in
appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid und am Vorgehen der
Submissionsbehörde, ohne dass in klarer Weise dargelegt wird, worin die
offensichtliche, in die Augen springende Unhaltbarkeit der angefochtenen
Entscheidung bestehen soll. Die Eingabe erfüllt damit auch nicht die
Formvorschriften für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde, weshalb sie
nicht als solche entgegengenommen werden kann.