Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 331



Urteilskopf

133 II 331

  29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  6A.106/2006 vom 14. Juni 2007

Regeste

  Entzug des schweizerischen Führerausweises wegen Verletzung von
Verkehrsregeln im Ausland; gesetzliche Grundlage (Art. 164 und 182 BV; Art.
16 ff., 57 und 106 SVG; Art. 34 VZV; Europäisches Übereinkommen über die
internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für
Motorfahrzeuge).

  Ein Warnungsentzug wegen Widerhandlungen gegen
Strassenverkehrsvorschriften im Ausland ist mangels der hiefür
erforderlichen gesetzlichen Grundlage unzulässig (Änderung der
Rechtsprechung; E. 5-8).

  Er kann nicht auf das Territorialitätsprinzip und auch nicht auf das
Auswirkungsprinzip gestützt werden (E. 6.1 und 6.2). Das formelle Gesetz
(SVG) enthält weder nach seinem Wortlaut noch gemäss seinem Sinn und Zweck
eine ausreichend klare Grundlage (E. 6.3 und 6.4). Es enthält insbesondere
keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für die Qualifizierung des
Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete
Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter (E. 6.4.2).
  Art. 34 VZV (Art. 30 Abs. 4 aVZV) reicht aus verfassungsrechtlichen
Gründen als Grundlage nicht aus (E. 7).

  Das Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des
Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge bildet keine hinreichende
Grundlage für die Anordnung eines Warnungsentzugs wegen einer Auslandtat,
die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei begangen wurde (E. 8).

  Hingegen kann ein Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung
(Sicherungsentzug) in Anbetracht seines sich aus dem formellen Gesetz (Art.
16d SVG) klar ergebenden Zwecks auch wegen Sachverhalten angeordnet werden,
die sich im Ausland zutragen (E. 9.1). Entsprechendes gilt für den Entzug
des Führerausweises wegen Wegfalls der gesetzlichen Voraussetzungen sowie
wegen Missachtung von Beschränkungen und Auflagen (E. 9.2).

Sachverhalt

  A.- X., wohnhaft im Kanton St. Gallen, fuhr am Sonntag, 24. Juli 2005, um
16.14 Uhr, mit seinem Personenwagen in der Bundesrepublik Deutschland auf
der Bundesautobahn BAB 5 auf dem Gebiet der Gemeinde Neuenburg in
Fahrtrichtung Basel. Er überschritt die signalisierte Höchstgeschwindigkeit
von 120 km/h um rechtlich relevante 41 km/h.

  B.- Das Regierungspräsidium Karlsruhe verurteilte X. mit
Bussgeldentscheidung vom 4. Oktober 2005 wegen einer
Verkehrsordnungswidrigkeit (§ 24 D-StVG), begangen durch Überschreiten der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausserhalb geschlossener Ortschaften um 41
km/h, zu einer Busse in der Höhe von EUR 100.-. Ausserdem ordnete es ein
Fahrverbot (§ 25 D-StVG) für die Dauer von einem Monat für den
Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland an. Zudem wurde die
Verkehrsordnungswidrigkeit im Verkehrszentralregister nach dem Punktesystem
mit drei Punkten bewertet.

  Dieser Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen.

  X. reichte am 5. Januar 2006 seinen schweizerischen Führerausweis dem
Regierungspräsidium Karlsruhe ein und erhielt diesen mit Sendung vom 9.
Januar 2006 mit dem Vermerk (auf einem abziehbaren Klebezettel) zurück, dass
das Fahrverbot für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland vom 7.
Januar bis zum 6. Februar 2006 dauert.

  Am 13. Januar 2006 erlangte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des
Kantons St. Gallen Kenntnis vom Fahrverbot und eröffnete in der Folge gegen
X. ein Administrativmassnahmeverfahren.

  C.- Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt entzog X. mit Verfügung vom
14. März 2006 den Führerausweis wegen Überschreitens der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 41 km/h in Anwendung von Art. 32 Abs.
2 SVG und Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV in Verbindung mit Art. 16c Abs. 1 lit. a
und Abs. 2 lit. a SVG für die Dauer von drei Monaten.

  D.- Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen entzog X. mit
Entscheid vom 18. Oktober 2006 den Führerausweis für die Dauer von drei
Monaten, wobei sie in teilweiser Gutheissung des von X. erhobenen Rekurses
die ausländische Sanktion mit fünf Tagen an den Vollzug anrechnete.

  E.- X. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid
der Verwaltungsrekurskommission und die Verfügung des Strassenverkehrsamtes
seien aufzuheben und es sei ihm der Führerausweis für die Dauer eines Monats
zu entziehen.

  Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen und das Bundesamt
für Strassen beantragen unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Entscheid die Abweisung der Beschwerde.

  Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Vorinstanz hat die vom Beschwerdeführer auf einer deutschen
Autobahn begangene Überschreitung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit
von 120 km/h um 41 km/h in Anwendung des schweizerischen Rechts und unter
Berufung auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichts als
schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG qualifiziert
und daher dem Beschwerdeführer den Führerausweis in Anwendung von Art. 16c
Abs. 2 lit. a SVG für die Dauer von drei Monaten entzogen. Dabei hat sie an
den Vollzug dieser Sanktion fünf Tage angerechnet, da während dieser Zeit
der Führerausweis nicht in den Händen des Beschwerdeführers, sondern zum
Zwecke des Vermerks des für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
geltenden Fahrverbots bei der deutschen Behörde beziehungsweise mit der Post
unterwegs war.

  Gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG begeht eine schwere Widerhandlung, wer
durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts, auf welche sich die Vorinstanz berief, stellt die
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer
schweizerischen Autobahn um mehr als 35 km/h auch bei günstigen objektiven
und subjektiven Umständen eine schwere Widerhandlung im Sinne dieser
Bestimmung dar (BGE 132 II 234 E. 3 mit Hinweisen). Eine solche
Widerhandlung

hat gemäss Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG einen Führerausweisentzug von
mindestens drei Monaten zur Folge. Diese Mindestentzugsdauer darf nicht
unterschritten werden (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG).

  3.2  Der Beschwerdeführer beantragt die Herabsetzung der Entzugsdauer auf
einen Monat. Er macht geltend, er habe das Signal "Höchstgeschwindigkeit 120
km/h" schlichtweg übersehen. Die Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit sei am helllichten Tag bei sehr guter Sicht und sehr
spärlichem Verkehr auf einem schnurgeraden Teilstück geschehen. Es habe sich
um einen ganz normalen Autobahnabschnitt ohne Auffälligkeiten und
Besonderheiten (Baustellen etc.) gehandelt. Auf deutschen Autobahnen dürfe
bei Fehlen einer abweichenden Signalisation und bei günstigen Verhältnissen
ohne weiteres mit einer Geschwindigkeit von 161 km/h oder mehr gefahren
werden. Dies sei auf deutschen Autobahnen zulässig und nicht ungewöhnlich.
Unter den gegebenen Umständen sei die Gefährdung der Verkehrssicherheit
nicht schwer gewesen. Vielmehr liege ein Anwendungsfall von Art. 16b Abs. 1
lit. a SVG vor, was (gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG) einen
Führerausweisentzug von mindestens einem Monat zur Folge habe. Dass keine
schwere Widerhandlung anzunehmen sei, ergebe sich auch daraus, dass die
deutsche Behörde lediglich eine Busse von EUR 100.- festgesetzt und ein
Fahrverbot von einem Monat angeordnet habe.

  3.3  Das Bundesgericht nimmt den vorliegenden Fall zum Anlass, seine
Rechtsprechung betreffend den Warnungsentzug des schweizerischen
Führerausweises gegenüber Ausweisinhabern mit Wohnsitz in der Schweiz im
Falle von Widerhandlungen im Ausland zu überprüfen. Obschon der
Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Rügen erhebt, prüft das Bundesgericht
im vorliegenden Verfahren von Amtes wegen auch, ob für Warnungsentzüge wegen
Auslandtaten die erforderliche gesetzliche Grundlage besteht.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Der Führerausweis wird von den Verwaltungsbehörden des
Wohnsitzkantons des Fahrzeugführers erteilt und entzogen (Art. 22 Abs. 1
Satz 1 und 2 SVG). Das Gesetz sieht mehrere Arten von Führerausweisentzügen
vor: Den Entzug wegen Fehlens oder Wegfalls der gesetzlichen Voraussetzungen
und wegen Missachtung der mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen
Beschränkungen und Auflagen (Art. 16 Abs. 1 SVG); den Entzug wegen fehlender
Fahreignung

(Art. 16d SVG; Art. 17 Abs. 1bis und Abs. 2 aSVG, sog. "Sicherungsentzug");
den Entzug wegen Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften (Art. 16
Abs. 2 und Art. 16a-16c SVG; Art. 16 Abs. 2 und 3 aSVG). Der letztgenannte
Führerausweisentzug wird als "Warnungsentzug" bezeichnet.

  4.2  Der Warnungsentzug ist eine um der Verkehrssicherheit willen
angeordnete Verwaltungsmassnahme mit präventivem und erzieherischem
Charakter (BGE 102 Ib 59 E. 3; 109 Ib 304 E. 2; 120 Ib 504 E. 4b mit
Hinweisen). Er weist allerdings teilweise strafähnliche Züge auf (BGE 120 Ib
504 E. 4b; 116 Ib 146 E. 2a). Die Rechtsprechung hat daher verschiedene für
die Strafen geltende strafrechtliche sowie verfassungs- und
konventionsrechtliche Regeln und Grundsätze auf den Warnungsentzug analog
angewandt. So kann etwa gemäss BGE 120 Ib 504 E. 4 die im Gesetz vorgesehene
obligatorische Mindestdauer des Führerausweisentzugs unterschritten oder von
der Anordnung einer Massnahme ganz abgesehen werden, wenn seit dem die
Massnahme auslösenden Ereignis verhältnismässig lange Zeit verstrichen ist
und der Betroffene sich während dieser Zeit wohl verhalten hat. Bei Änderung
des Gesetzes ist das neue Recht anwendbar, wenn es für den Betroffenen das
mildere ist (BGE 104 Ib 87 E. 2). Der Warnungsentzug ist ein Entscheid über
die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff.
1 EMRK (BGE 121 II 22), woraus sich unter anderem ein Anspruch des
Betroffenen auf eine öffentliche mündliche Verhandlung ergibt. Der
Warnungsentzug ist mithin nach der Rechtsprechung eine der Strafe ähnliche,
aber dennoch von ihr unabhängige Verwaltungsmassnahme mit präventivem
Charakter, welche primär die Erziehung des fehlbaren Fahrzeuglenkers im
Interesse der Verkehrssicherheit und nicht dessen Bestrafung bezweckt (BGE
128 II 133 E. 3b/aa).

  In der Lehre wird hingegen überwiegend die Auffassung vertreten, dass der
Warnungsentzug eine repressive Massnahme beziehungsweise der Sache nach eine
Strafe ist (siehe die Hinweise in BGE 121 II 22 E. 3a und 120 Ib 504 E. 4b).

  4.3  Die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr sind im Rahmen der
Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes gemäss Bundesgesetz vom 14.
Dezember 2001, in Kraft seit 1. Januar 2005, sowohl gegenüber Ersttätern als
auch insbesondere gegenüber rückfälligen Tätern teilweise massiv verschärft
worden. Das Gesetz sieht neu in detaillierten Vorschriften eine Vielzahl von
Mindestentzugsdauern

vor (Art. 16a-16c SVG), die nicht unterschritten werden dürfen (Art. 16 Abs.
3 Satz 2 SVG). Demgegenüber sah das alte, bis Ende 2004 geltende Recht neben
der allgemeinen Mindestentzugsdauer von einem Monat nur wenige
Mindestentzugsdauern vor, die vor allem das Fahren in angetrunkenem Zustand
betrafen (siehe Art. 17 aSVG). Die Verschärfung der Sanktionen führt
beispielsweise dazu, dass die Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit auf einer schweizerischen Autobahn um mehr als 35 km/h
selbst bei objektiv und subjektiv günstigen Verhältnissen als schwere
Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG zwingend einen
Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten (siehe Art. 16c Abs. 2 lit.
a SVG; BGE 132 II 234 E. 3) und, wenn in den vorangegangenen fünf Jahren der
Ausweis einmal wegen einer schweren Widerhandlung entzogen war, gemäss Art.
16c Abs. 2 lit. c SVG zwingend einen Führerausweisentzug von mindestens
zwölf Monaten zur Folge hat (zum Ausmass der Verschärfungen siehe eingehend
RENÉ SCHAFFHAUSER, Die neuen Administrativmassnahmen des
Strassenverkehrsgesetzes, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003, S.
161 ff., 202 ff.). Nach dem alten Recht betrug die Mindestentzugsdauer bei
einer solchen Widerhandlung einen Monat (Art. 16 Abs. 3 lit. a und Art. 17
Abs. 1 lit. a aSVG). Die Mindestentzugsdauer betrug nach dem alten Recht
mindestens sechs Monate, wenn dem Führer der Ausweis wegen einer
Widerhandlung entzogen werden musste, die er innert zwei Jahren seit Ablauf
des letzten Entzuges begangen hatte (siehe Art. 17 Abs. 1 lit. c zweite
Hälfte aSVG).

  Durch die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches gemäss
Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002, in Kraft seit 1. Januar 2007, sind unter
anderem die Bestimmungen betreffend die Strafen wesentlich geändert worden.
Der bedingte Vollzug von Freiheitsstrafen ist in weiterem Umfang als bis
anhin und neu ist auch der bedingte Vollzug von Geldstrafen möglich.

  Der Warnungsentzug wird damit mehr noch als bis anhin für den
Fahrzeuglenker die einzig unmittelbar spürbare Reaktion des Staates auf ein
Fehlverhalten im Strassenverkehr und vom Betroffenen als eigentliche Strafe
empfunden.

Erwägung 5

  5.

  5.1  Das Strassenverkehrsgesetz (SVG) enthält auch in seiner
teilrevidierten Fassung unverändert nur eine einzige Bestimmung betreffend
Widerhandlungen im Ausland. Wer im Ausland eine Verletzung

von Verkehrsregeln oder eine andere bundesrechtlich mit Freiheitsstrafe
bedrohte Widerhandlung im Strassenverkehr begeht und am Tatort strafbar ist,
wird auf Ersuchen der zuständigen ausländischen Behörde in der Schweiz
verfolgt, sofern er in der Schweiz wohnt und sich hier aufhält und sich der
ausländischen Strafgewalt nicht unterzieht (Art. 101 Abs. 1 SVG). Der
Richter wendet die schweizerischen Strafbestimmungen an, verhängt jedoch
keine Freiheitsstrafe, wenn das Recht des Begehungsortes keine solche
androht (Art. 101 Abs. 2 SVG). Die Bestimmung betrifft allein die
strafrechtliche Beurteilung von Auslandtaten.

  Das SVG enthält hingegen auch in seiner teilrevidierten Fassung keine
Bestimmung betreffend die administrativrechtliche Beurteilung von
Strassenverkehrsdelikten im Ausland. Es enthält keine Norm, die ausdrücklich
bestimmt, ob und unter welchen Voraussetzungen wegen einer Auslandtat ein
Warnungsentzug (oder eine Verwarnung) angeordnet werden kann und nach
welchen Kriterien gegebenenfalls die Entzugsdauer zu bemessen ist.

  Allerdings ist eine Bestimmung betreffend die administrativrechtliche
Beurteilung von Auslandtaten in der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die
Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr enthalten (Art. 34
VZV [SR 741.51]; Art. 30 Abs. 4 aVZV).

  5.2  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein Warnungsentzug
auch wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr im Ausland angeordnet werden
(BGE 102 Ib 59; 108 Ib 69; 109 Ib 304; 123 II 97, 464; 128 II 133; 129 II
168). Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass es in Anbetracht des
Zwecks des Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen
angeordnete Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter keine
Rolle spielt, ob der Fahrzeuglenker die Widerhandlung in der Schweiz oder im
Ausland begeht, da auch Auslandtaten Anlass zur Annahme bieten, dass der
Fahrzeuglenker in der Zukunft auch in der Schweiz Verkehrsregeln verletzen
und dadurch die Verkehrssicherheit in der Schweiz gefährden könnte, deren
Schutz das SVG bezweckt. Diese Rechtsprechung stützt sich auf Art. 16 und
Art. 22 SVG.

  In BGE 102 Ib 59 (betreffend eine Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit im Fürstentum Liechtenstein) hat das Bundesgericht zur
Begründung auch auf Art. 101 SVG hingewiesen, wonach

unter den darin genannten Voraussetzungen eine Auslandtat von den
schweizerischen Behörden nach dem schweizerischen Recht strafrechtlich
verfolgt werden kann. Es hat zudem erwogen, dass bei der
administrativrechtlichen Beurteilung von Auslandtaten allerdings unter
anderem den Besonderheiten der ausländischen Verkehrsregeln und dem
allgemeinen Verkehrsverhalten im Ausland gebührend Rechnung zu tragen ist.
Solche Besonderheiten waren indessen im konkreten Fall nicht gegeben, so
dass das verkehrswidrige Verhalten des Beschwerdeführers und die damit
verbundene Verkehrsgefährdung im Fürstentum Liechtenstein Anlass zu einer
Administrativmassnahme in der Schweiz bilden konnte, soweit die
Voraussetzungen von Art. 16 SVG (damalige Fassung) erfüllt waren.

  In BGE 108 Ib 69 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Schweden) hat das
Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Dem in der Lehre erhobenen
Einwand, dass für Administrativmassnahmen im Strassenverkehr grundsätzlich
wie im Strafrecht das Territorialitätsprinzip gelte, hielt es entgegen, dass
die Grundsätze des Strafrechts nicht vorbehaltlos auf Massnahmen des
Verwaltungsrechts übertragen werden können.

  In BGE 109 Ib 304 (betreffend einen auf einer deutschen Autobahn durch
einen Schikanestopp verursachten Verkehrsunfall) hat das Bundesgericht
erkannt, dass der Warnungsentzug wegen einer Auslandtat auch zulässig ist,
wenn die ausländische Behörde gegenüber dem fehlbaren Fahrzeuglenker für ihr
Staatsgebiet ein Fahrverbot beziehungsweise eine Entziehung der
Fahrerlaubnis verfügt hat. Die ausländische Sanktion könne angesichts ihres
auf das Staatsgebiet des Begehungsorts beschränkten Geltungsbereichs die
Verkehrssicherheit in der Schweiz nicht schützen.

  In BGE 123 II 97 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Österreich) hat das
Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Die Kumulation von
ausländischer Aberkennung der Fahrberechtigung und schweizerischem
Führerausweisentzug verstosse nicht gegen den Grundsatz "ne bis in idem", da
die Aberkennung der Fahrberechtigung gegenüber einem nicht im ausländischen
Tatortstaat wohnhaften Täter nur eine beschränkte Wirkung habe und im Grunde
nur eine zusätzliche Parallelmassnahme im Wohnsitzstaat die beabsichtigte
Warnungswirkung im vollen Umfang entfalten und damit die Verkehrssicherheit
in der Schweiz garantieren könne.

  In BGE 123 II 464 (betreffend die Überschreitung der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf einer deutschen Autobahn um 33 km/h)
hat das Bundesgericht entschieden, der Führerausweis könne wegen einer
Auslandtat auch entzogen werden, wenn die ausländische Behörde auf die
Anordnung eines Fahrverbots beziehungsweise die Entziehung der Fahrerlaubnis
verzichtet hat. Es würde Sinn und Zweck des Warnungsentzugs diametral
zuwiderlaufen, wenn die schweizerische Behörde einen Warnungsentzug wegen
einer Auslandtat nicht anordnen könnte, nur weil die ausländische Behörde -
aus welchen Gründen auch immer - auf die Aberkennung der Fahrberechtigung
verzichtet habe. Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) stehe dem nicht
entgegen; der Verordnungsgeber habe offensichtlich übersehen, dass
ausnahmsweise ein Tätigwerden der Wohnsitzbehörde auch erforderlich sein
könne, wenn die ausländische Behörde auf die Aberkennung der
Fahrberechtigung verzichtet habe.

  In BGE 128 II 133 (betreffend die Überschreitung der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf einer deutschen Autobahn um 78 km/h)
hat das Bundesgericht diese Praxis aufgegeben. Ein Warnungsentzug wegen
einer Auslandtat kommt gemäss diesem Entscheid nur noch in Betracht, wenn im
Tatortstaat die Fahrberechtigung aberkannt worden ist. Diese Einschränkung
gilt nicht für den Sicherungsentzug. Verfügt der Tatortstaat eine andere
Administrativmassnahme, so hat die schweizerische Behörde zu prüfen, ob eine
Verwarnung auszusprechen ist. Der schweizerische Nachvollzug einer vom
Ausland verfügten Massnahme wird also durch die Art der ausländischen
Massnahme begrenzt.

  In BGE 129 II 168 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Österreich) hat
das Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Es hat erkannt, daraus
folge aber nicht, dass im Falle der Aberkennung der ausländischen
Fahrberechtigung die Dauer des schweizerischen Führerausweisentzugs wegen
der Auslandtat die Dauer des ausländischen Fahrverbots nicht überschreiten
dürfe. Beim Entzug des Führerausweises habe die schweizerische Behörde
ausschliesslich schweizerisches Recht anzuwenden. Dieses enthalte jedoch
keine Norm, welche es erlaube, bei Auslandtaten von der allgemeinen
gesetzlichen Ordnung abzuweichen. Beim Nachvollzug seien somit die
schweizerischen Bestimmungen über die Mindestentzugsdauer zu beachten. Im
Übrigen bestimme Art. 16 Abs. 3 SVG in der revidierten Fassung gemäss
Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001 ausdrücklich, dass die gesetzliche
Mindestentzugsdauer nicht unterschritten

werden darf. Würde beim Nachvollzug einer im Tatortstaat verfügten Massnahme
die gesetzliche Mindestentzugsdauer nicht beachtet, widerspräche dies dem
klaren Willen des Gesetzgebers.

  5.3  Die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach ein Warnungsentzug
gemäss dem geltenden Recht auch bei einer Auslandtat angeordnet werden kann,
findet in der Lehre teilweise Zustimmung und stösst teilweise auf Bedenken.
Die kritischen Stimmen bezweifeln namentlich das Vorliegen einer
ausreichenden gesetzlichen Grundlage für Warnungsentzüge bei Auslandtaten.
Angesichts des zurzeit geltenden schweizerischen Strassenverkehrsrechts
dürften Warnungsentzüge wegen Auslandtaten nur unbedenklich sein, wenn dies
ausdrücklich staatsvertraglich vorgesehen sei (RENÉ SCHAFFHAUSER, Zum
Führerausweisentzug in der Schweiz nach Verkehrsdelikten im Ausland, SJZ
78/1982 S. 69 ff., 73; derselbe, Grundriss des schweizerischen
Strassenverkehrsrechts, Bd. III: Die Administrativmassnahmen, 1995, N. 2006
ff.). Die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage sei in formeller und
materieller Hinsicht rechtsstaatlich unbefriedigend. Die in der Literatur
vertretene Auffassung, für Warnungsentzüge nach Auslandtaten fehle eine
ausreichende gesetzliche Grundlage, hätte im Rahmen der Revision des SVG
geklärt werden müssen (THOMAS SCHERRER, Administrativrechtliche Folgen von
"Auslandtaten", in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003, S. 227 ff., 240
f.). Auch wenn man im Warnungsentzug nicht eine Strafe, sondern, wie das
Bundesgericht, eine präventive Massnahme sehen wolle, stelle sich die Frage,
ob der Gesetzgeber nicht gut daran täte, eine gesetzliche Grundlage für
Warnungsentzüge wegen Auslandtaten zu schaffen (HANS SCHULTZ, Rechtsprechung
und Praxis zum Strassenverkehrsrecht in den Jahren 1978-1982, Bern 1984, S.
140).

Erwägung 6

  6.

  6.1  Im öffentlichen Recht gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip.
Dies bedeutet, dass das schweizerische öffentliche Recht grundsätzlich nur
anwendbar ist auf Sachverhalte, die sich in der Schweiz zutragen (ULRICH
HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl.
2006, Rz. 357; PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2005, § 24 N. 3).

  Das schweizerische öffentliche Recht kann allerdings gemäss dem sog.
Auswirkungsprinzip als eine spezielle Ausprägung des
Territorialitätsprinzips

unter Umständen auch ohne eine diesbezügliche Norm auf Sachverhalte
Anwendung finden, die sich zwar im Ausland zutragen, aber in einem
ausreichenden Mass auf dem Territorium der Schweiz auswirken (vgl. BGE 93 II
192 E. 3 S. 196; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. I, Les fondements
généraux, 2. Aufl., 1994, S. 158 s.; THOMAS MERKLI, Das
Territorialitätsprinzip und seine Ausnahmen, in: XIII. Treffen der obersten
Verwaltungsgerichtshöfe Österreichs, Deutschlands, des Fürstentums
Liechtenstein und der Schweiz, Vaduz 2002, Landesbericht der Schweiz, S. 8
ff., 20, mit Hinweisen). Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann
schweizerisches öffentliches Recht auf Sachverhalte, die sich im Ausland
zutragen, nur Anwendung finden, wenn sich dies aus einer Norm hinreichend
klar ergibt. Welche Anforderungen an diese Norm zu stellen sind, hängt unter
anderem vom Gegenstand der Bestimmungen (hier: Warnungsentzug) ab, die auch
auf Sachverhalte im Ausland Anwendung finden sollen. Der räumliche
Anwendungsbereich von gesetzlichen Bestimmungen des öffentlichen Rechts
beurteilt sich auch nach ihrem Sinn und Zweck, es sei denn, aus einer Norm
des höherrangigen Rechts, etwa des Verfassungs- oder des Völkerrechts,
ergebe sich, dass die gesetzlichen Bestimmungen nicht ausserhalb des
Territoriums des Gemeinwesens, das sie erlassen hat, Anwendung finden
können.

  6.2  Die Rechtsprechung zum Warnungsentzug bei Auslandtaten geht davon
aus, es bestehe Anlass zur Annahme, dass der Inhaber eines schweizerischen
Führerausweises mit Wohnsitz in der Schweiz, der im Ausland Verkehrsregeln
verletzt und dadurch die Verkehrssicherheit im Ausland gefährdet, solche
Widerhandlungen auch in der Schweiz begehen und dadurch die
Verkehrssicherheit in der Schweiz, deren Schutz das SVG bezweckt, gefährden
könnte (siehe etwa BGE 123 II 97 E. 2c/bb).

  Ein solches durch die Auslandtat allenfalls indiziertes Risiko von
künftigen Widerhandlungen in der Schweiz durch einen zum Führen eines
Motorfahrzeugs geeigneten Führer stellt indessen keine ausreichende
Auswirkung auf dem Territorium der Schweiz dar und begründet daher gemäss
dem genannten Prinzip keinen Anknüpfungspunkt für die Anwendung der
Bestimmungen des schweizerischen Rechts betreffend den Warnungsentzug auf
Auslandtaten.

  6.3  Das SVG enthält offensichtlich keine Norm, die ausdrücklich bestimmt,
dass ein Warnungsentzug des Führerausweises auch wegen einer Auslandtat
angeordnet werden kann.

  Zu prüfen ist daher im Folgenden, ob sich die Zulässigkeit des
Warnungsentzugs wegen einer Auslandtat aus den massgebenden Bestimmungen des
SVG auf dem Wege der Auslegung nach ihrem Sinn und Zweck ergibt.

  6.4
  6.4.1  Die Rechtsprechung zum Warnungsentzug bei Auslandtaten stützt sich
formal auf Art. 16 aSVG beziehungsweise Art. 16 ff. SVG sowie Art. 22 SVG
(alte und neue Fassung).

  Zwar ist in Art. 16 aSVG und in Art. 16 ff. SVG uneingeschränkt von
Verkehrsregelverletzungen beziehungsweise von Widerhandlungen die Rede.
Daraus folgt aber nicht, dass diese Bestimmungen betreffend den
Warnungsentzug auch Verkehrsregelverletzungen und Widerhandlungen im Ausland
erfassen. Das SVG schützt die Verkehrssicherheit in der Schweiz, nicht auch
diejenige im Ausland. Daher beziehen sich auch Art. 16 aSVG und Art. 16 ff.
SVG allein auf Verkehrsregelverletzungen beziehungsweise Widerhandlungen im
Inland.

  Der Führerausweis wird von der Verwaltungsbehörde des Kantons entzogen, in
welchem der Führer seinen Wohnsitz hat (Art. 22 Abs. 1 SVG alte und neue
Fassung). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Inhaber eines schweizerischen
Führerausweises, wenn und weil er Wohnsitz in der Schweiz hat, der
Führerausweis auch wegen einer Auslandtat entzogen werden kann. Art. 22 SVG
regelt nicht den räumlichen Anwendungsbereich des SVG, sondern bezeichnet
die zuständige Behörde für den Fall, dass das SVG anwendbar ist.

  An der Rechtsprechung, wonach sich die Zulässigkeit des Warnungsentzugs
bei einer Auslandtat aus Art. 16 und Art. 22 SVG ergibt, kann daher nicht
mehr festgehalten werden. Die genannten Bestimmungen enthalten keine
ausreichende Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen bei
Auslandtaten (anderer Auffassung offenbar ANDRÉ GRISEL, Traité de droit
administratif, Bd. I, 1984, p. 159; MICHEL PERRIN, Délivrance et retrait du
permis de conduire, thèse Fribourg 1982, p. 207; PHILIPPE VAUTIER, Mesures
administratives en matière de circulation routière en Suisse à raison
d'infractions commises à l'étranger, pratique vaudoise, in: Infractions aux
règles de la circulation et accidents survenus à l'étranger, problèmes
juridiques, Touring Club Suisse, 1992, p. 19 s.).

  6.4.2  Die Rechtsprechung zum Warnungsentzug bei Auslandtaten stützt sich
materiell auf die Qualifizierung des Warnungsentzugs

als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Verwaltungsmassnahme
mit präventivem und erzieherischem Charakter. In Anbetracht dieses Zwecks
des Warnungsentzugs spiele es keine Rolle, ob die Tat in der Schweiz oder im
Ausland begangen werde, da auch eine Auslandtat Anlass zur Annahme biete,
dass der Inhaber eines schweizerischen Führerausweises mit Wohnsitz in der
Schweiz künftig auch Widerhandlungen in der Schweiz begehen und dadurch die
schweizerische Verkehrssicherheit, deren Schutz das SVG bezweckt, gefährden
könnte. Zu prüfen ist daher im Folgenden, ob sich dem formellen Gesetz (SVG)
hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der
Warnungsentzug im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine um der
Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und
erzieherischem Charakter ist.

  Nach Art. 16 Abs. 2 aSVG kann der Führerausweis entzogen werden, wenn der
Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere
belästigt hat. In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden.
Art. 16 Abs. 3 aSVG listet die Fälle auf, in denen der Führerausweis
entzogen werden muss; dies unter anderem, wenn der Führer den Verkehr in
schwerer Weise gefährdet hat. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG wird nach
Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das
Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist, der
Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Art. 16a-16c SVG
bezeichnen die Fälle, die als leichte, mittelschwere beziehungsweise schwere
Widerhandlung zu qualifizieren sind, und bestimmen die Mindestentzugsdauern
bei erstmaliger Widerhandlung sowie - in zahlreichen Variationen - bei
erneuter Widerhandlung innerhalb bestimmter Zeiträume.

  Diesen Bestimmungen kann auch auf dem Wege der Auslegung nicht deutlich
entnommen werden, dass der Warnungsentzug eine Massnahme mit präventivem und
erzieherischem Charakter sei. Der Warnungsentzug setzt, wie die Strafe, die
schuldhafte Verletzung von Verkehrsregeln voraus, durch welche der Verkehr
beziehungsweise die Sicherheit anderer irgendwie gefährdet worden ist. Seine
Dauer bemisst sich im Wesentlichen nach denselben Umständen wie eine Strafe,
indem gemäss Art 16 Abs. 3 SVG die Umstände des Einzelfalls zu
berücksichtigen sind, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das
Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche
Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug

zu führen. Die "Gefährdung des Verkehrs" bzw. die "Gefahr für die Sicherheit
anderer", von welcher im Gesetz (Art. 16 aSVG, Art. 16 ff. SVG) mehrfach die
Rede ist, meint nicht eine Gefährdung in der Zukunft, sondern - wie etwa in
Art. 90 Ziff. 2 SVG - die Gefährdung, die der Fahrzeugführer durch die
konkrete Widerhandlung hervorgerufen oder in Kauf genommen hat. Die vom
Fahrzeuglenker allenfalls ausgehende Gefahr von Widerhandlungen in der
Zukunft ist weder ein Grund für die Anordnung des Warnungsentzugs noch ein
Kriterium für die Bemessung der Dauer. Der Warnungsentzug wird - im
Unterschied zum Sicherungsentzug - nicht deshalb angeordnet, weil zu
befürchten ist, dass der Fahrzeugführer in der Zukunft ein
Strassenverkehrsdelikt begehen und dadurch die Verkehrssicherheit gefährden
könnte, sondern er wird - wie die Strafe - angeordnet, weil der
Fahrzeugführer ein solches Delikt begangen und dadurch die
Verkehrssicherheit gefährdet hat. Allerdings erhofft man sich vom
Warnungsentzug - wie von der Strafe -, dass sich der Betroffene dadurch
beeindrucken lässt und keine Verkehrsregelverletzungen mehr begehen wird. In
diesem Sinne dient der Warnungsentzug wegen Verletzung von
Verkehrsvorschriften - wie es in der früheren Fassung der
Verkehrszulassungsverordnung noch ausdrücklich festgehalten war (Art. 30
Abs. 2 aVZV) - der Besserung des Führers und der Bekämpfung von Rückfällen.

  Das formelle Gesetz (SVG) enthält somit keine hinreichend deutlichen
Anhaltspunkte für die Qualifizierung des Warnungsentzugs als eine um der
Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und
erzieherischem Charakter. Daher kann abweichend von der bisherigen
Rechtsprechung nicht mehr unter Berufung auf eine derartige
Charakterisierung ein Warnungsentzug wegen einer Auslandtat mit der
Begründung angeordnet werden, dass es keine Rolle spiele, ob die Tat in der
Schweiz oder im Ausland begangen werde.

  6.5  Das formelle Gesetz (SVG) enthält demnach keine hinreichende
Grundlage für Warnungsentzüge wegen Auslandtaten.

Erwägung 7

  7.

  7.1  Die Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum
Strassenverkehr (VZV) vom 27. Oktober 1976 enthält eine Bestimmung
betreffend die administrativrechtliche Beurteilung von Auslandtaten. Sie sah
in ihrer ursprünglichen Fassung vor, dass bei Aberkennung schweizerischer
Führerausweise durch

ausländische Behörden der für den Ausweisentzug zuständige Kanton zu prüfen
hat, ob eine Massnahme gegenüber dem Fehlbaren zu ergreifen ist (Art. 30
Abs. 4 aVZV). Sie bestimmt in ihrer durch Verordnung vom 28. April 2004
teilrevidierten Fassung, in Kraft seit 1. Januar 2005, in Art. 34
("Widerhandlungen im Ausland") Folgendes: "Wenn im Ausland die
Fahrberechtigung aberkannt wurde, prüft die Entzugsbehörde, ob ergänzend der
Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises zu verfügen ist. Bei einer
anderen Massnahme im Ausland ist zu prüfen, ob eine Verwarnung zu verfügen
ist". Aus Art. 30 Abs. 4 aVZV bzw. Art. 34 VZV ergibt sich somit, dass bei
einer Auslandtat im Falle der Aberkennung der Fahrberechtigung im
Tatortstaat die Anordnung eines Führerausweisentzugs in der Schweiz zu
prüfen ist. Aus der Verordnungsbestimmung geht aber nicht hervor, was die
schweizerische Entzugsbehörde im Einzelnen zu klären hat.

  Zu prüfen ist im Folgenden, ob diese Verordnungsbestimmung als Grundlage
für die Anordnung von Warnungsentzügen wegen Auslandtaten ausreicht.

  7.2  Alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen sind in der Form des
Bundesgesetzes zu erlassen (Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV). Zu den wichtigen
Bestimmungen gehören gemäss Art. 164 Abs. 1 Satz 2 BV insbesondere die
grundlegenden Bestimmungen über die in Art. 164 Abs. 1 Satz 2 lit. a-g BV
ausdrücklich genannten Bereiche. Rechtsetzungsbefugnisse können durch
Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die Bundesverfassung
ausgeschlossen wird (Art. 164 Abs. 2 BV). Der Bundesrat erlässt
rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung, soweit er durch
Verfassung oder Gesetz dazu ermächtigt ist (Art. 182 Abs. 1 BV). Er sorgt
für den Vollzug der Gesetzgebung, der Beschlüsse der Bundesversammlung und
der Urteile der richterlichen Behörden des Bundes (Art. 182 Abs. 2 BV).
Gemäss Art. 57 SVG ("Ergänzung der Verkehrsregeln") kann der Bundesrat
ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse
Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und
den Zivilschutz (Abs. 1 Satz 1). Art. 57 SVG bezeichnet weitere Bereiche, in
denen der Bundesrat ergänzende Vorschriften erlassen kann. Er kann etwa
gemäss Art. 57 Abs. 5 SVG vorschreiben, dass Insassen von Motorwagen
Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurte und dergleichen) benützen und dass
Führer und Mitfahrer von Zweirädern mit motorischem Antrieb Schutzhelme
tragen.

Art. 106 SVG ("Ausführung des Gesetzes") bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass der
Bundesrat die zum Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Vorschriften erlässt
und die zur Durchführung zuständigen eidgenössischen Behörden bezeichnet.

  7.2.1  Art. 164 Abs. 1 BV soll sicherstellen, dass das Parlament die ihm
zukommenden Gesetzgebungsaufgaben erfüllt und diesen nicht mittels
Delegationsbestimmungen ausweicht. Er soll auch den Schutz der Volksrechte
gewährleisten. Das Parlament darf grundsätzlich keinen wichtigen
Regelungsbereich dem Bundesrat überlassen und auf diese Weise den
direkt-demokratischen Einflussmöglichkeiten entziehen (KARIN SUTTER-SOMM,
St. Galler Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 2002, Rz. 4 zu
Art. 164 BV). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Bestimmung im Sinne von
Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV wichtig ist und daher in der Form des
Bundesgesetzes erlassen werden muss, sind verschiedene Kriterien zu
berücksichtigen. Massgebend ist namentlich, ob die Bestimmung einen
erheblichen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Privaten vorsieht, ob
von der Bestimmung ein grosser Kreis von Personen betroffen ist oder ob
gegen die Bestimmung angesichts ihres Inhalts mit Widerstand der davon
Betroffenen zu rechnen ist (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN,
a.a.O., Rz. 397 ff.; PIERRE TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen
Eidgenossenschaft, 2004, § 45 Rz. 23).

  Der Warnungsentzug des Führerausweises stellt einen erheblichen Eingriff
in die Rechte und Freiheiten der Privaten dar. Von Bestimmungen, welche den
Warnungsentzug wegen Auslandtaten vorsehen und regeln, ist ein grosser
Personenkreis betroffen. Dies gilt in der heutigen Zeit angesichts der
erheblichen Zunahme der grenzüberschreitenden Mobilität in einem höheren
Masse als früher. Bestimmungen, welche den Warnungsentzug wegen einer
Auslandtat vorsehen, werden von den Betroffenen nicht leicht akzeptiert,
zumal die Auslandtat bereits im Tatortstaat mit Sanktionen geahndet und
durch die Auslandtat die Verkehrssicherheit in der Schweiz nicht gefährdet
worden ist. Bestimmungen, welche die Anordnung des Warnungsentzugs wegen
einer Auslandtat vorsehen und regeln, sind daher wichtige Bestimmungen im
Sinne von Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV und somit in der Form des Bundesgesetzes
zu erlassen.

  7.2.2  Ob wichtige Bestimmungen im Sinne von Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV
stets im Bundesgesetz zu erlassen sind oder ob deren Erlass

gestützt auf Art. 162 Abs. 2 BV ("Rechtsetzungsbefugnisse") durch eine
Delegationsnorm im Bundesgesetz an den Verordnungsgeber übertragen werden
kann, ist unklar (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, a.a.O., Rz.
412). Nach der Ansicht mancher Autoren ist eine Delegation ausgeschlossen
(PIERRE TSCHANNEN, a.a.O., § 45 Rz. 28 mit Hinweisen). Wie es sich damit im
Einzelnen verhält, muss hier nicht entschieden werden. Zur Übertragung der
Rechtsetzungsbefugnisse an den Verordnungsgeber bedürfte es jedenfalls einer
besonderen Delegationsnorm im Bundesgesetz, welche den Gegenstand der
Regelung bezeichnet.

  Das SVG enthält keine besondere Delegationsnorm, welche den Bundesrat zum
Erlass von Bestimmungen betreffend den Warnungsentzug wegen Auslandtaten
ermächtigt. Solche Bestimmungen sind offensichtlich weder ergänzende
Verkehrsvorschriften/Verkehrsregeln im Sinne von Art. 57 SVG noch
Ausführungs- und Vollzugsbestimmungen gemäss Art. 106 SVG (siehe dazu BGE
103 IV 192 E. 2). Ausführungs- und Vollzugsverordnungen kommt die Funktion
zu, die Bestimmungen des formellen Gesetzes zu konkretisieren und allfällige
untergeordnete Lücken zu füllen, soweit dies für den Vollzug des Gesetzes
erforderlich ist. Die Ausführungsbestimmungen müssen sich jedoch an den
gesetzlichen Rahmen halten und dürfen insbesondere keine Vorschriften
enthalten, welche die Rechte der Privaten zusätzlich beschränken oder den
Privaten neue Pflichten auferlegen, selbst wenn solche Vorschriften mit dem
Zweck des formellen Gesetzes vereinbar wären (BGE 126 II 283 E. 3b mit
Hinweisen).

  Zwar ist der Warnungsentzug des Führerausweises als solcher im SVG
geregelt. Die diesbezüglichen Bestimmungen erfassen indessen nur
Inlandtaten. Durch Bestimmungen, wonach ein Warnungsentzug auch wegen
Auslandtaten angeordnet werden kann, werden die Normen des SVG nicht nur
konkretisiert und nicht bloss untergeordnete Lücken ausgefüllt, sondern
vielmehr der Anwendungsbereich des Bundesgesetzes auf gänzlich andere
Sachverhalte ausgeweitet.

  7.2.3  Art. 34 VZV hat somit keine Grundlage im SVG. Er verstösst deshalb
gegen Art. 164 sowie gegen Art. 182 Abs. 1 BV und ist daher
verfassungswidrig. Art. 34 VZV bildet demnach (wie vormals Art. 30 Abs. 4
aVZV) keine ausreichende Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen
bei Auslandtaten.

Erwägung 8

  8.

  8.1  Das Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des
Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge (SEV-Nr. 088), das am 3.
Juni 1976 in Brüssel abgeschlossen und am 28. April 1983 für die Schweiz in
Kraft getreten ist (SR 0.741.16), enthält Bestimmungen über das Prozedere im
internationalen Verhältnis im Falle des Entzugs des Führerausweises durch
eine Vertragspartei wegen einer auf ihrem Hoheitsgebiet begangenen
Zuwiderhandlung im Strassenverkehr, die in der "Gemeinsamen Liste"
aufgeführt wird. Dabei ist unter "Entzug des Führerausweises" jede
endgültige Massnahme zu verstehen, die darauf abzielt, das Recht zum Führen
von Fahrzeugen gegenüber einem Fahrer einzuschränken, der eine
Zuwiderhandlung im Strassenverkehr begangen hat. Diese Massnahme kann eine
Hauptstrafe, eine Nebenstrafe oder eine sichernde Massnahme darstellen und
von einer Justizbehörde oder von einer Verwaltungsbehörde getroffen worden
sein (Art. 1 lit. a des Übereinkommens). Jede Vertragspartei, welche den
Entzug angeordnet hat, teilt dies unverzüglich der Vertragspartei, welche
den Führerausweis erteilt hat, sowie der Vertragspartei mit, in deren
Hoheitsgebiet der Täter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 2). Die
Vertragspartei, der eine solche Entscheidung mitgeteilt worden ist, kann
nach Massgabe ihres Rechts den Entzug anordnen, den sie für zweckmässig
erachtet hätte, wenn die der Massnahme der anderen Vertragspartei
zugrundeliegenden Handlungen und Umstände in ihrem eigenen Hoheitsgebiet
eingetreten wären (Art. 3). Die Vertragspartei, an welche die Mitteilung
gerichtet worden ist, erteilt über das daraufhin Veranlasste Auskunft, wenn
dies verlangt wird (Art. 4). Dieses Übereinkommen schränkt das Recht der
Vertragsparteien nicht ein, die in ihren Rechtsvorschriften vorgesehenen
Massnahmen anzuwenden (Art. 5).

  Dieses Übereinkommen des Europarates gilt zurzeit in zwölf Staaten,
darunter Italien und das Fürstentum Liechtenstein. Es gilt nicht
beispielsweise in Österreich und Frankreich sowie in Deutschland, wo die
inkriminierte Verkehrsregelverletzung begangen wurde. Gleichwohl
rechtfertigt es sich, im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob das
Übereinkommen eine ausreichende Grundlage für einen Warnungsentzug gemäss
Art. 16 ff. SVG nach einer Auslandtat im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei
enthält.

  8.2  In der Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung des Übereinkommens
(BBl 1977 II 1523 ff.) wird klargestellt, dass die von

der Schweiz auf diesem Gebiet geübte Praxis den Grundsätzen des
Übereinkommens entspreche, so dass keine Anpassung unserer Rechtsordnung
erforderlich sei (S. 1530). Art. 3 des Übereinkommens sei von grundlegender
Bedeutung, denn er lasse dem einzelnen Staat die volle Entscheidungs- und
Handlungsfreiheit und beeinträchtige seine Souveränität nicht (S. 1531). Die
Botschaft verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige
Fassung), der auf dem gleichen Grundsatz beruhe. Danach habe bei
Aberkennungen schweizerischer Führerausweise durch ausländische Behörden der
für den Ausweisentzug zuständige Kanton zu prüfen, ob gegenüber dem
Fehlbaren eine Massnahme zu ergreifen sei (S. 1531).

  Aus diesen Ausführungen in der Botschaft ergibt sich, dass der Bundesrat
und mit ihm das Parlament in Anbetracht der von der Schweiz geübten Praxis
sowie von Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) davon ausgingen, dass gemäss
der bereits geltenden schweizerischen Rechtsordnung, die daher keiner
Anpassung bedürfe, Warnungsentzüge auch wegen Auslandtaten zulässig sind.
Durch die Ratifizierung des Übereinkommens wurde mithin insoweit nicht neues
Recht geschaffen. Art. 3 des Übereinkommens bestimmt denn auch
unmissverständlich, dass die Vertragspartei, der eine solche Entscheidung
(betreffend Entzug im Tatortstaat) mitgeteilt worden ist, nach Massgabe
ihres Rechts den Entzug anordnen kann. Daraus folgt auch, dass die Schweiz
insoweit durch den Beitritt zum Übereinkommen nicht die völkerrechtliche
Verpflichtung eingegangen ist, im Falle der Mitteilung eines Entzugs der
Fahrberechtigung durch den Tatortstaat einen Warnungsentzug wegen der
Auslandtat anzuordnen. Massgebend ist allein das innerstaatliche Recht. Wenn
dieses - entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Genehmigung des
Übereinkommens - keine ausreichende Grundlage für Warnungsentzüge bei
Auslandtaten enthält, weil unter anderem - der in der Botschaft genannte -
Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) hiefür nicht genügt, dann fällt
ungeachtet des Übereinkommens ein Warnungsentzug wegen der Auslandtat ausser
Betracht. Das Übereinkommen tritt insoweit nicht gleichsam an die Stelle des
allein massgebenden innerstaatlichen Rechts.

  Das Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des
Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge bildet somit keine
hinreichende Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen

wegen Auslandtaten, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei begangen
wurden.

Erwägung 9

  9.

  9.1  Vom Warnungsentzug unterscheidet sich der Sicherungsentzug
wesentlich. Der Führer- oder Lernfahrausweis wird auf unbestimmte Zeit
entzogen, wenn der Führer wegen Trunksucht oder anderer Suchtkrankheiten,
aus charakterlichen oder anderen Gründen nicht geeignet ist, ein
Motorfahrzeug zu führen. Mit dem Entzug wird eine Probezeit von mindestens
einem Jahr verbunden. Beim Entzug aus medizinischen Gründen entfällt die
Probezeit (Art. 17 Abs. 1bis aSVG). Das Strassenverkehrsgesetz in seiner
teilrevidierten Fassung gemäss Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001, in Kraft
seit 1. Januar 2005, regelt den Sicherungsentzug in Art. 16d SVG unter dem
Randtitel "Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung" etwas
ausführlicher. Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf
unbestimmte Zeit entzogen, wenn (a.) ihre körperliche und geistige
Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher
zu führen; (b.) sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung
ausschliesst; (c.) sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr
bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften
beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird.

  Aus diesen Gesetzesbestimmungen ergibt sich klar, dass der
Sicherungsentzug wegen fehlender Fahreignung zum Zwecke angeordnet wird, die
zu befürchtende Gefährdung der Verkehrssicherheit in der Schweiz durch einen
ungeeigneten Fahrzeugführer in der Zukunft zu verhindern. Der
Sicherungsentzug wird nicht nach Massgabe des Verschuldens und der durch die
Verkehrsregelverletzung hervorgerufenen Gefahr auf eine bestimmte Dauer
bemessen, sondern er wird mangels Fahreignung auf unbestimmte Zeit
angeordnet.

  Der Sicherungsentzug setzt nicht eine schuldhafte Widerhandlung im
Strassenverkehr voraus. Das Fehlen der Fahreignung kann sich auch aus
anderen Umständen ergeben. Es spielt keine Rolle, ob die relevanten Umstände
in der Schweiz oder im Ausland eingetreten sind. Zur Begründung der
fehlenden Fahreignung können auch Strassenverkehrsdelikte im Ausland
berücksichtigt werden. Denn der für die Anordnung des Sicherungsentzugs
durch die zuständige schweizerische Behörde (Art. 22 Abs. 1 SVG) massgebende
Sachverhalt ist die aus den gesamten Umständen resultierende fehlende

Fahreignung des Inhabers eines schweizerischen Führerausweises, der in der
Schweiz wohnt. Dieser massgebende Sachverhalt tritt in der Schweiz ein, und
daher ist das schweizerische Recht anwendbar. Im Übrigen ist bei Fehlen der
Fahreignung das Risiko von künftigen Widerhandlungen deutlich grösser und
konkreter als bei Verkehrsregelverletzungen durch einen zum Führen eines
Motorfahrzeuges geeigneten Fahrzeuglenker.

  9.2  Entsprechendes gilt für den obligatorischen Entzug des
Führerausweises, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen
Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1
erste Hälfte SVG), sowie für den Entzug des Führerausweises wegen
Missachtung der mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen
oder Auflagen (Art. 16 Abs. 1 zweite Hälfte SVG). Es spielt keine Rolle, ob
die Beschränkung oder die Auflage in der Schweiz oder im Ausland missachtet
wird.

Erwägung 10

  10.  Die schweizerische Rechtsordnung enthält demnach keine ausreichende
Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen wegen Auslandtaten.

  Demgegenüber können Sicherungsentzüge sowie Führerausweisentzüge im Sinne
von Art. 16 Abs. 1 SVG auch aufgrund von Vorkommnissen im Ausland angeordnet
werden; hiefür enthält die schweizerische Rechtsordnung eine ausreichende
Grundlage.