Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 292



Urteilskopf

133 II 292

  26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Einwohnergemeinde Würenlos gegen Erbengemeinschaft A. und Mitb., Ehepaar D.
gegen Einwohnergemeinde Würenlos sowie beide gegen Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  1A.195/2006 / 1A.201/2006 vom 17. Juli 2007

Regeste

  Art. 15, 19 und 23 USG; Art. 40 Abs. 3 LSV; Lärmschutz; Betrieb einer
Sportanlage.

  Bei der Beurteilung der Lärmemissionen sind alle Geräusche in die
Betrachtung miteinzubeziehen, die durch die bestimmungsgemässe Nutzung der
Anlage verursacht werden (E. 3.1). Beurteilungskriterien für den von einer
Sportanlage ausgehenden Lärm bei Fehlen von Belastungswerten (Bestätigung
der Rechtsprechung; E. 3.3). Beurteilung der Lärmsituation unter Beizug der
deutschen Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. Verordnung zur Durchführung
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 18. Juli 1991 [18. BImSchV]) durch
das BAFU (E. 3.5). Unterschiede zwischen der 18. BImSchV und der
schweizerischen Regelung (E. 4.1 und 4.2). Die Verordnung kann dem Richter
als Entscheidhilfe dienen, soweit deren Kriterien mit dem schweizerischen
Lärmschutzsystem vereinbar sind. Das BAFU hat Parallelen gesucht und einen
gangbaren Weg aufgezeigt (E. 4.3). Aufgrund der heute zur Diskussion
stehenden Betriebszeiten und verschiedenen vorgeschlagenen
Lärmschutzmassnahmen lässt sich die Bundesrechtskonformität des Projekts
nicht abschliessend beurteilen. Das Verwaltungsgericht hat bei seinem neuen
Entscheid darzulegen, ob und inwiefern es bei seiner Beurteilung auf die 18.
BImSchV abstellt (E. 4.4).

Sachverhalt

  Vom 5. bis 26. November 2001 lag das Baugesuch der Einwohnergemeinde
Würenlos für eine Sportanlage auf den Parzellen Nrn. 1630, 1629 und 3094
auf. Die geplante Anlage besteht aus einem Rasen- und einem Hartplatz,
einer Laufbahn, einem Wegesystem, Böschungen mit Stehrampen, einer
Wasserrückgewinnungsanlage, Parkplätzen und Werkleitungen. Gegen das
Vorhaben erhob eine Vielzahl von Anwohnern Einsprache.

  Mit Beschluss vom 11. März 2002 erteilte der Gemeinderat Würenlos die
Baubewilligung mit zahlreichen Nebenbestimmungen. Die Einsprachen wurden
teilweise gutgeheissen. Einige Einsprecher erhoben dagegen Beschwerde ans
Baudepartement des Kantons Aargau (heute Departement Bau, Verkehr und
Umwelt) und verlangten die Aufhebung der Baubewilligung. Eventualiter
forderten sie verschiedene Auflagen im Zusammenhang mit dem Betrieb des
Sportplatzes und den zu erwartenden Lärmimmissionen. Zudem ersuchten sie um
gewisse Änderungen des Projektes und des Verkehrskonzeptes.

  Das Baudepartement hiess die Beschwerde am 25. Juni 2003 teilweise gut und
verfügte verschiedene Nebenbestimmungen zum Betrieb der Sportanlage,
insbesondere zur Benützung von Megaphonen, elektrischen Verstärkern, zur
Lautsprecheranlage etc. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

  Gegen diesen Entscheid gelangten sowohl die Gemeinde Würenlos wie die
beschwerdeführenden Anwohner ans Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Das
Verwaltungsgericht beauftragte hierauf einen Experten der Eidgenössischen
Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) mit der Erstellung eines
Lärmgutachtens. Zudem führte es am 6. Juli 2004 einen Augenschein vor Ort
durch. Nach Abschluss zweier Messkampagnen erstattete der Experte am 27.
April 2005 seinen Bericht. Die beschwerdeführenden Anwohner reichten
daraufhin eine "Plausibilitätsprüfung" des Lärmgutachtens ein, welche in
verschiedener Hinsicht Kritik am Expertenbericht übte. Der Experte nahm dazu
mit Schreiben vom 13. April 2006 Stellung.

  In der Folge hiess das Verwaltungsgericht sowohl die Beschwerde der
Gemeinde als auch diejenige der privaten Beschwerdeführer teilweise gut, hob
verschiedene Ziffern des Entscheiddispositivs des Baudepartementes auf,
formulierte sie zum Teil neu und wies die Beschwerden im Übrigen ab.

  Mit Eingabe vom 13. September 2006 erhob die Gemeinde Würenlos
(Beschwerdeverfahren 1A.195/2006) Verwaltungsgerichtsbeschwerde

beim Bundesgericht gegen das vorinstanzliche Urteil vom 23. Mai 2006. Sie
beantragte in erster Linie eine Abänderung des Entscheiddispositivs in dem
Sinne, dass die Heimspiele (insbesondere Meisterschafts- und Cupspiele)
der Würenloser Sportvereine ausserhalb der Benützungszeiten auch am
Samstag bis 22.00 Uhr zuzulassen seien. Zugleich forderte sie längere
Benützungszeiten der Sportplätze. Die vom Verwaltungsgericht auf 21.00 Uhr
terminierte Zeitschaltuhr wollte die Gemeinde erst um 22.00 Uhr
automatisch ausschalten lassen, während die Bestimmung über die
bewilligten Grossanlässe gemäss Antrag der Gemeinde gestrichen oder
eventualiter umformuliert werden sollte. Weiter wollte die Gemeinde
vereinzelte, jährlich nicht wiederkehrende, sport- oder nicht
sportbezogene Grossanlässe als bewilligt erklären lassen.

  Am 14. September 2006 erhob auch das Ehepaar D. (private Beschwerdeführer,
Beschwerdeverfahren 1A.201/2006, Eigentümer der Parzelle Nr. 4060)
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Ehegatten beantragten, sowohl das
vorinstanzliche Urteil vom 23. Mai 2006 als auch den Entscheid des
Baudepartementes vom 25. Juni 2004 und die Baubewilligung des Gemeinderates
Würenlos vom 11. März 2002 aufzuheben. Eventualiter sei das Urteil des
Verwaltungsgerichts dahingehend zu ergänzen, dass Wettkämpfe auf der
Sportanlage Ländli verboten werden, zumindest soweit sie zur Überschreitung
der Immissionsrichtwerte nach der deutschen Sportanlageverordnung beitragen.
Subeventualiter sei das Verfahren zur neuen Beurteilung an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen.

  Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Gemeinde Würenlos gut und hebt
das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 23. Mai 2006 auf.
Die Angelegenheit wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen. Die Beschwerde der
privaten Beschwerdeführer weist das Bundesgericht ab, soweit es darauf
eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) soll
die Bevölkerung vor schädlichem und lästigem Lärm schützen, der beim Betrieb
neuer und bestehender Anlagen nach Art. 7 USG (SR 814.01) erzeugt wird (Art.
1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a LSV). Von diesem Schutzzweck her erscheint es
angemessen, alle

einem Betrieb zurechenbaren Lärmemissionen in die Betrachtung
miteinzubeziehen, d.h. alle Geräusche, die durch die bestimmungsgemässe
Nutzung der Anlage verursacht werden (BGE 123 II 74 E. 3b S. 79), unabhängig
davon, ob sie innerhalb oder ausserhalb des Gebäudes bzw. des Betriebsareals
verursacht werden (BGE 123 II 325 E. 4a/bb S. 328 mit zahlreichen
Hinweisen). Über den technischen Eigenlärm hinaus ist einer Sportanlage also
derjenige Lärm zuzurechnen, der von ihren Benützern bei bestimmungsgemässer
Nutzung innerhalb und ausserhalb der Anlage erzeugt wird. Dazu gehört der
bei der Sportausübung selber erzeugte Lärm. Auch der Schall von
Lautsprecheranlagen und ähnlichen Einrichtungen ist zum Betriebslärm zu
rechnen, genauso wie der von Trainern, Sportlern und Zuschauern durch Rufe,
Schreie und Pfiffe etc. verursachte Lärm (siehe zum Ganzen THOMAS WIDMER
DREIFUSS, Planung und Realisierung von Sportanlagen: raumplanerische,
baurechtliche und umweltrechtliche Aspekte beim Bau und der Sanierung von
Sportanlagen, Diss. Zürich 2002, S. 326 ff.).

  3.2  Die LSV enthält jedoch nicht für alle Lärmarten Belastungsgrenzwerte.
Solche fehlen insbesondere für so genannten "untechnischen" Alltagslärm, wie
er Sportanlagen immanent ist (WIDMER DREIFUSS, a.a.O., S. 332). Während der
Schall als physikalische Grösse exakt messbar ist, ist dessen unerwünschte
Auswirkung - der Lärm - nicht messbar, sondern wird nach den Reaktionen der
Betroffenen beurteilt. Für einige häufige, oft als besonders störend
empfundene Schall- bzw. Lärmquellen (Strassenverkehr, Regionalflughäfen und
Flugfelder, Industrie- und Gewerbebetriebe, Schiessanlagen) hat der
Bundesrat gestützt auf Art. 13 Abs. 1 USG in den Anhängen 3 bis 7 der LSV
mit den Belastungsgrenzwerten (Planungs-, Immissionsgrenz- und Alarmwerte;
Art. 2 Abs. 5 LSV) objektive Beurteilungskriterien aufgestellt, die auf die
durchschnittliche Reaktion normal lärmempfindlicher Personen abgestützt sind
(Urteil 1A.282/1993 vom 1. Dezember 1994, E. 3b, publ. in: URP 1995 S. 31
ff.).

  3.3  Fehlen Belastungsgrenzwerte, so beurteilt die Vollzugsbehörde die
Lärmimmissionen nach Art. 15 USG, unter Berücksichtigung der Art. 19 und 23
USG (Art. 40 Abs. 3 LSV; BGE 126 II 300 E. 4c/aa S. 307; 123 II 74 E. 4a
und b S. 82 f.; 118 Ib 590 E. 3b S. 596). Nach Art. 15 USG sind die
Immissionsgrenzwerte für Lärm so festzulegen, dass nach dem Stand der
Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die
Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden

nicht erheblich stören. Im Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung sind
der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie
die Lärmempfindlichkeit bzw. Lärmvorbelastung zu berücksichtigen (BGE 123
II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 335; 118 Ib 590 E. 4a S. 598). Dabei
ist nicht auf das subjektive Lärmempfinden einzelner Personen abzustellen,
sondern eine objektivierte Betrachtung unter Berücksichtigung von Personen
mit erhöhter Empfindlichkeit (Art. 13 Abs. 2 USG) vorzunehmen (BGE 126 II
366 E. 2c S. 368, 300 E. 4c/aa S. 307; 123 II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb
S. 334; Urteil des Bundesgerichts 1A.282/1993 vom 1. Dezember 1994, E. 4c,
publ. in: URP 1995 S. 31). Unter Umständen können fachlich genügend
abgestützte ausländische bzw. private Richtlinien eine Entscheidungshilfe
bieten, sofern die Kriterien, auf welchen diese Unterlagen beruhen, mit
denjenigen des schweizerischen Lärmschutzrechtes vereinbar sind. Als
grundsätzlich problematisch muss hingegen die "sinngemässe" Anwendung von
Grenzwerten, namentlich der Grenzwerte für Industrie- und Gewerbelärm,
beurteilt werden. Belastungsgrenzwerte setzen typisierbare Situationen
voraus, die sich auf einfache Weise durch akustische Beschreibungsgrössen
zuverlässig erfassen lassen (BGE 123 II 325 E. 4d/bb S. 334 mit
Hinweisen).

  Für die Beurteilung von Sportlärm bietet sich insbesondere die deutsche
Sportanlagenlärmschutzverordnung (Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 18. Juli 1991 [18. BImSchV]) an, deren
Regelungen diejenigen des deutschen Bundesimmissionsschutzgesetzes ergänzen
und den besonderen Charakteristiken von Sportgeräuschen speziell Rechnung
tragen (WIDMER DREIFUSS, a.a.O., S. 335; CHRISTOPH ZÄCH/ROBERT WOLF,
Kommentar USG, N. 44 zu Art. 15 USG). Der deutsche Verordnungsgeber hat den
Sportlärm in seiner Gesamtheit berücksichtigt und an den bestimmungsgemäss
ermittelten Lärmbeurteilungspegeln Korrektive in Form von Zuschlägen
angebracht (siehe dazu Ziff. 1.3.2.3 und 2.4 des Anhangs zur BImSchV).

  3.4  Der vom Verwaltungsgericht beauftragte Experte hat denn bei seiner
Beurteilung auch die 18. BImSchV berücksichtigt. Die Vorinstanz stimmt dem
Experten darin zu, dass die deutsche Verordnung die Anforderungen an eine
geeignete, den Stand der Technik wiedergebende Beurteilungsgrundlage eher
erfülle als der Anhang 6 der LSV.

  3.5  Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hält dazu in seiner Stellungnahme
fest, die Systematik der 18. BImSchV unterscheide sich von der in der LSV
üblicherweise verwendeten Systematik, welche auf jahresdurchschnittliche
Beurteilungspegel abstellt, wohingegen sich die deutschen Beurteilungspegel
auf sehr kleine Mittelungszeiten beziehen. Zusammen mit den ebenfalls
strengen Richtwerten - insbesondere innerhalb der festgelegten Ruhezeiten -
würden die Anwohner gestützt auf die deutsche Verordnung einen erheblichen
Schutzanspruch erhalten, welcher deutlich über dem sonst üblichen
Schutzanspruch vor Lärm in Deutschland liege. Demgegenüber würden den
Anwohnern auch Lasten auferlegt: Es gibt eine Regelung für seltene
Ereignisse, bei denen die Immissionsrichtwerte um nicht mehr als 10 dB
überschritten werden bzw. keinesfalls gewisse Höchstwerte erreichen dürfen.
Solche seltenen Ereignisse werden auf 18 Kalendertage pro Jahr beschränkt
(siehe Ziff. 1.5 des Anhangs der 18. BImSchV). Die jeweilige
Ermittlungsmethode und die Belastungsgrenz- bzw. Richtwerte hängen gemäss
Ausführungen des BAFU aufgrund ihres Zweckes und der gemeinsamen Erarbeitung
eng miteinander zusammen, weshalb das Bundesamt die Anwendung der Verordnung
nur als "ganzes Paket" empfiehlt, also sowohl hinsichtlich der
Lärmermittlung wie auch in Bezug auf die Anwendung der Richtwerte. Das BAFU
weist indes darauf hin, dass seines Erachtens die Immissionsrichtwerte der
18. BImSchV Richtwerte darstellen und keine Belastungsgrenzwerte. Der
deutsche Verordnungsgeber überlasse den Vollzugsbehörden somit einen
Ermessensspielraum. Dieser könne u.a. dazu genutzt werden, die Vorbelastung
eines Wohngebietes zu berücksichtigen, was in der Schweiz durch die
Zuordnung der Lärm-Empfindlichkeitsstufen (ES) geschehe. Weiter gälten die
Immissionsrichtwerte gemäss § 1 Abs. 1 der 18. BImSchV für die Errichtung
und den Betrieb von neuen Anlagen. Für Betriebe, welche vor Inkrafttreten
der Verordnung baurechtlich genehmigt resp. bereits errichtet waren, gälten
gemäss § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV erhöhte Immissionsrichtwerte. Diese
erhöhten Richtwerte entsprächen in ihrer Funktion den Immissionsgrenzwerten
nach schweizerischem System, wohingegen die deutschen Immissionsrichtwerte
ihrer Funktion nach den schweizerischen Planungswerten gleichzusetzen seien.

  3.5.1  Sodann kenne die 18. BImSchV mehr Empfindlichkeitsstufen als das
schweizerische Recht. Das BAFU macht darauf aufmerksam, dass bei der
Übertragung auf hiesige Verhältnisse deshalb nicht

nur auf die Beschreibung der Nutzung in den Wohngebieten abzustellen sei.
Vielmehr sei sowohl die Praxis bei der Ausscheidung bzw. Bezeichnung solcher
Gebiete in Deutschland als auch diejenige bei der schweizerischen
ES-Zuordnung zu beachten. Gestützt auf diese Überlegungen empfiehlt das
BAFU, die Werte für die allgemeinen Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete (§
2 Abs. 2 Ziff. 3 der 18. BImSchV) als massgebende Richtwerte für die ES II
anzuwenden. Die Werte für die reinen Wohngebiete in Deutschland (§ 2 Abs. 2
Ziff. 4 der 18. BImSchV) müssten als Zwischenstufe zwischen der ES I und II
betrachtet werden. Das BAFU erstellt dazu ein Beurteilungsschema und leitet
in Anlehnung an die 18. BImSchV Richtwerte ab, welche in ihrer Funktion den
schweizerischen Planungs- und Immissionsgrenzwerten entsprechen sollen.

  3.5.2  Auf diese Grundlagen abstellend, kommt das BAFU zum Schluss, das
Lärmgutachten der EMPA vom 27. April 2005 und die Ergänzungen vom 13. April
2006 würden den Anforderungen der 18. BImSchV nicht gerecht; sie seien für
die Beurteilung des Projekts unvollständig. Demgegenüber entspreche das von
den privaten Beschwerdeführern beim Lärmkontor in Hamburg neu in Auftrag
gegebene Gutachten der deutschen Verordnung und lasse eine störungsgerechte
Beurteilung der Situation im Prinzip zu. Die Quellenwerte, welche der
Lärmkontor seinen Berechnungen zu Grunde gelegt habe, könnten im
vorliegenden Fall als gute Ausgangswerte bezeichnet werden. Hinsichtlich der
Beurteilung kurzzeitiger Geräuschspitzen könne zudem auf die Messungen der
EMPA abgestellt werden. Das BAFU zieht darum für seine Beurteilung beide
Gutachten bei, was ihm seines Erachtens eine störungsgerechte Beurteilung
der Lärmsituation erlaubt. Nach seinen neuen Berechnungen wären folgende
Benützungszeiten der Anlage "Ländli" möglich:

    - Montag-Freitag von 6.00-8.00 Uhr (morgendliche Ruhezeit): Schulsport
      ist möglich.

    - Montag-Freitag von 8.00-20.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb,
      Ligaspiele ohne Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind
      möglich. Eine Mittagspause muss nicht eingelegt werden.

    - Montag-Freitag von 20.00-22.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb,
      Ligaspiele ohne Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind
      möglich.

    - Samstag von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb, zwei
      Ligaspiele mit Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind

      möglich. Der Einsatz der mobilen Beschallungsanlage mit plombierter
      Pegelbegrenzung ist ebenfalls möglich. Eine Mittagspause muss nicht
      eingelegt werden.

    - Samstag von 20.00-22.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb, Ligaspiele
      ohne Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind möglich.

    - Sonntag: Eine Nutzung ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, müsste
      sich jedoch auf maximal vier Stunden beschränken.

  Zusätzlich hält das BAFU fest, kurzzeitige Geräuschspitzen während dieses
Betriebs würden gemäss der Messungen der EMPA die einzuhaltenden
Immissionsgrenzwerte nicht überschreiten. Als so genannte "seltene
Ereignisse" könnten insgesamt an 18 Kalendertagen sportliche oder nicht
sportliche Grossanlässe (z.B. auch weitere Ligaspiele mit Zuschauerrampe)
unter Einhaltung der speziell dafür vorgesehenen Immissionsgrenzwerte
stattfinden.

  Die Berechnungen des BAFU lassen demzufolge einerseits eine grosszügigere
Nutzung der Anlage zu als die vom Verwaltungsgericht errechnete.
Andererseits lässt das BAFU unter der Woche und samstags von 20.00-22.00 Uhr
bei Ligaspielen keine Zuschauerrampe zu. Nach Auffassung des BAFU kommt Art.
11 Abs. 3 USG (die verschärfte Emissionsbegrenzung) als Grundlage für die
vom Verwaltungsgericht verfügten Einschränkungen nicht in Frage. Indessen
seien strengere Betriebszeiten im Rahmen des Vorsorgeprinzips gestützt auf
Art. 11 Abs. 2 USG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 LSV allenfalls zu rechtfertigen. Da
eine Prüfung unter diesem Aspekt bis anhin nicht stattgefunden hat, lässt
das BAFU diese Frage offen.

  3.6  Die Gemeinde wendet sich grundsätzlich gegen die Anwendung der 18.
BImSchV. Es sei nicht angängig, die Systematik der deutschen Verordnung
derjenigen des schweizerischen Rechts anzugleichen. Insbesondere kenne das
USG weder spezielle Ruhezeiten noch Spezialwerte für Sonn- und Feiertage.
Sodann stellt sie Detailfragen zu der vom BAFU vorgeschlagenen
Nutzungsregelung.

  3.7  Die privaten Beschwerdeführer qualifizieren das Vorhaben als
Neuanlage. Zudem erachten sie die Auslegung der 18. BImSchV durch das BAFU
in verschiedener Hinsicht als fehlerhaft.

  3.8  Nachfolgend ist zu prüfen, ob das vom BAFU vorgeschlagene Vorgehen
zur Klärung der Lärmsituation sachgerecht und rechtmässig ist und welche
Konsequenzen sich gegebenenfalls daraus ergeben.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Die 18. BImSchV stellt zum Schutz der Allgemeinheit und der
Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen Anforderungen an die
Errichtung und den Betrieb (immissionsschutzrechtlich) nicht
genehmigungsbedürftiger Sportanlagen. Zu diesem Zweck konkretisieren die
Richtwerte verbindlich die Zumutbarkeit (so das deutsche
Bundesverwaltungsgericht [BVwGer] in der Neuen Zeitschrift für
Verwaltungsrecht [NVwZ] 2000 S. 1050, 1051; BVerwG, NVwZ 1995 S. 993; NVwZ
2000 S. 550). Umstritten ist, ob die Richtwerte zugleich eine absolute
Zumutbarkeitsschwelle markieren, die unter keinen Umständen unterschritten
werden darf (GERD KETTELER, Die Sportanlagenlärmschutzverordnung in
Rechtsprechung und behördlicher Praxis, NVwZ 2002 S. 1072 mit Hinweisen).
Die von den privaten Beschwerdeführern gerügte Feststellung des Bundesamtes,
wonach der deutsche Gesetzgeber den Vollzugsbehörden bei der Anwendung der
Richtwerte einen Ermessensspielraum zugestehe, ist nicht entscheidrelevant;
das BAFU hat die vorgegebenen Richtwerte bei seiner Beurteilung des
Sportlärms herangezogen, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

  4.2  Weiter erscheint die Interpretation von § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV,
wie sie das BAFU vorgenommen hat, missverständlich. Gemäss der zitierten
Norm soll die zuständige Behörde bei Sportanlagen, die vor Inkrafttreten
dieser Verordnung baurechtlich genehmigt oder - soweit eine Baugenehmigung
nicht erforderlich war - errichtet waren, von einer Festsetzung von
Betriebszeiten absehen, wenn die Immissionsrichtwerte an den in § 2 Abs. 2
genannten Immissionsorten jeweils um weniger als 5 dB(A) überschritten
werden; dies gilt nicht an den in § 2 Abs. 2 Nr. 5 genannten
Immissionsorten. Indes bedeutet dies nichts anderes, als dass bei einer
Lärmüberschreitung von mehr als 5 dB(A) Betriebszeiten festgelegt werden
sollen, welche den Immissionen Rechnung tragen. Gemäss deutscher Praxis
bezieht sich die Privilegierung von Altanlagen nur auf die Festsetzung von
Betriebszeiten und beinhaltet keine generelle Erhöhung der Richtwerte, so
dass alle anderen (technischen, baulichen, organisatorischen) Massnahmen,
die der Einhaltung der Immissionsrichtwerte dienen, angeordnet werden können
(KETTELER, a.a.O., S. 1074 mit Hinweisen). Grundsätzlich gelten demnach im
deutschen Recht bei Altanlagen dieselben Richtwerte wie bei neu erstellten
Anlagen. Die Feststellung des BAFU ist dennoch nicht schlechthin falsch,
wenn es davon ausgeht, bei Altanlagen gälten um

5 dB(A) erhöhte Richtwerte. Altanlagen werden gegenüber neuen Anlagen
immerhin in gewissem Umfang privilegiert. Zumindest eine Ähnlichkeit
zwischen den schweizerischen Planungs- und Immissionsgrenzwerten einerseits
und den Richtwerten für Neuanlagen und den erhöhten Richtwerten, welche bei
Altanlagen zur Festlegung von Betriebszeiten führen, andererseits, ist damit
nicht von der Hand zu weisen. Im Sinne des Ermessens, welches dem Richter
bei der lärmrechtlichen Beurteilung aufgrund von Art. 15 USG mangels
vorgegebener Belastungsgrenzwerte zukommt, scheint das Vorgehen des BAFU
nicht bundesrechtswidrig, sondern nachvollziehbar.

  4.3  Die Verordnung kann dem Richter als Entscheidhilfe dienen, soweit
deren Kriterien mit dem schweizerischen Lärmschutzsystem vereinbar sind. Zu
beachten ist dabei konkret, dass das deutsche Recht die Störwirkung von an
sich nicht messbaren Faktoren mit einem Korrekturzuschlag von einer
bestimmten Anzahl dB(A) auf die technisch ermittelten Werte erfasst. WIDMER
DREIFUSS weist denn auch darauf hin, dass das deutsche System die Gefahr
bergen könnte, Sportgeräusche zu starr zu beurteilen (WIDMER DREIFUSS,
a.a.O., S. 352). Hinzu kommt, dass die 18. BImSchV Ruhezeiten kennt (an
Werktagen morgens von 6.00-8.00 Uhr und abends von 20.00-22.00 Uhr; an Sonn-
und Feiertagen von 7.00-9.00 Uhr, von 13.00-15.00 Uhr und von 20.00-22.00
Uhr; § 2 Abs. 5 der 18. BImSchV), welche dem schweizerischen System
grundsätzlich fremd sind. Indes regelt die LSV wie gesehen den Sportlärm
überhaupt nicht, weshalb eine Anlehnung an die deutsche Regelung auch in
diesem Bereich möglich ist. Allenfalls lassen sich solche Einschränkungen
unter dem Aspekt des Vorsorgeprinzips gemäss Art. 11 Abs. 2 USG begründen.

  Das BAFU hat nach Parallelen gesucht und einen gangbaren Weg aufgezeigt.
Insbesondere scheint die von ihm vorgenommene tabellarische Umdeutung der
deutschen Lärmzuteilung je nach besonderer Wohnsituation auf die
schweizerischen Empfindlichkeitsstufen als praktikabel. Indes geht aus
seiner Stellungnahme nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, in welcher
Hinsicht die Lärmmessungen des vom Gericht beauftragten Experten fehlerhaft
sein sollen. Ebenso wenig zeigt das angefochtene Urteil auf, inwiefern die
deutschen Richtwerte an die schweizerischen Planungs-, resp.
Immissionsgrenzwerte angepasst wurden. Auch das Gutachten der EMPA hilft
nicht weiter, wenn dort festgestellt wird, die Richtwerte

könnten im Sinne von schweizerischen Immissionsgrenzwerten interpretiert
werden. Hinzu kommt, dass das zweite Gutachten des Lärmkontors, auf welches
das BAFU sich massgeblich abgestützt hat, erst im bundesgerichtlichen
Verfahren eingereicht wurde, dem Verwaltungsgericht mithin noch nicht zur
Verfügung stand.

  4.4  Insgesamt lässt sich die Bundesrechtskonformität des umstrittenen
Projekts aufgrund der heute zur Diskussion stehenden Betriebszeiten und
verschiedenen vorgeschlagenen Lärmschutzmassnahmen nicht abschliessend
beurteilen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, dies als erste und
einzige Instanz zu tun, weshalb dem detaillierten Antrag der Gemeinde in
dieser Form nicht Folge gegeben werden kann. Die Berechnungen des BAFU legen
indes nahe, dass die vom Verwaltungsgericht festgelegten Benutzungszeiten zu
restriktiv sind, weshalb die Gemeinde mit ihrem Hauptanliegen sinngemäss
obsiegt. In Gutheissung ihrer Beschwerde und in Aufhebung des angefochtenen
Entscheids hat das Verwaltungsgericht das Projekt im Sinne der Erwägungen
nochmals zu beurteilen. Es wird aufgrund der Ausführungen des BAFU zu prüfen
haben, ob es das zweite Gutachten des Lärmkontors zu Rate ziehen oder ein
zusätzliches Gutachten einholen will; desgleichen hat es darzulegen, ob und
inwiefern es bei seiner Beurteilung auf die 18. BImSchV abstellt. Legt es
seinen Betriebsvorschriften und den von ihm verhängten baulichen Massnahmen
die eigene Erfahrung zugrunde, hat es darzulegen, von welchen Überlegungen
es sich leiten liess und inwiefern es allenfalls zusätzlich dem
Vorsorgegedanken Rechnung getragen hat.

  Die privaten Beschwerdeführer dringen demgegenüber mit ihren Anliegen
nicht durch, auch wenn sie in ihrem Subeventualantrag um Rückweisung an das
Verwaltungsgericht ersuchen. Sie bezwecken damit strengere Vorgaben, welche
aufgrund der Berechnungen des BAFU und der gesamten Interessenabwägung nicht
zu erwarten sind.