Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 220



Urteilskopf

133 II 220

  20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
A.X. und Mitb. gegen Stadtrat Sursee sowie Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  1A.235/2006 vom 2. Juli 2007

Regeste

  Art. 29, 78 BV, Art. 18, 18b NHG, Art. 2 WaG, §§ 12, 18, 23, 24 NLG/LU;
Heckenschutz.

  Abgrenzung zwischen Bundesrecht und selbstständigem kantonalem Recht im
Bereich des Biotopschutzes: Biotope - so namentlich Hecken - sind nicht
direkt aufgrund der Bestimmungen des Bundesrechts geschützt, sondern müssen
von den zuständigen Behörden besonders bezeichnet werden. Sofern das
kantonale Recht den Biotoptyp "Hecke" generell unter Schutz stellt, geht es
in zulässiger Weise über das Bundesrecht hinaus (E. 2.3).

  Anwendungsfall eines generellen Heckenschutzes, der sich aus dem
Zusammenspiel von kantonaler und kommunaler Regelung ergibt (E. 2.4-2.8).
Anforderungen an die Wahrung des rechtlichen Gehörs des betroffenen
Grundeigentümers bei der Feststellungsverfügung, die sich auf diese
generelle Heckenschutzregelung stützt (E. 3). Verhältnis einer negativen
Waldfeststellung zum Heckenschutz (E. 3.5).

Sachverhalt

  A.X. ist Eigentümer der Grundstücke Nrn. 621 und 1708, Grundbuch Sursee.
Parzelle Nr. 1709 befindet sich im Miteigentum von A.X., B.X. und C.X. sowie
der Erbengemeinschaft des D.X. (bestehend aus E.X. und F.X., G.X. und H.X.).
Die drei Grundstücke liegen im Baugebiet der Stadt Sursee. Sie sind an ihren
Rändern gegen die Ring- und die Buchenstrasse hin von dicht bewachsenen
Baumreihen und Buschwerk gesäumt. Diese Bepflanzung stammt offenbar aus den
achtziger Jahren und wurde zur Stabilisierung der Strassenböschungen
angelegt.

  Der Stadtrat Sursee erliess am 12. Mai 2004 ein Inventar der Natur- und
Landschaftsschutzobjekte von lokaler Bedeutung. Dabei nahm er unter anderem
die erwähnten Randbepflanzungen auf den drei Parzellen als so genannt
orientierenden Inhalt in dieses Inventar auf. Es wurde am 9. November 2004
von der zuständigen kantonalen Behörde genehmigt.

  Die Familien X. erhielten anlässlich von Vorabklärungen im Hinblick auf
die Überbaubarkeit ihrer Parzellen formlos Kenntnis von dem sie betreffenden
Inhalt des Inventars. In der Folge verlangten sie am 4. März 2005 vom
Stadtrat Sursee einen anfechtbaren Entscheid über die Frage, ob die
Randbepflanzungen auf den Parzellen Nrn. 621, 1708 und 1709 entlang der
Ringstrasse geschützte Hecken im Sinne der einschlägigen kantonalen Natur-
und Landschaftsschutzgesetzgebung seien.

  Der Stadtrat holte daraufhin einen Fachbericht bei der kantonalen
Dienststelle für Natur- und Landschaftsschutz ein, der am 18. Mai 2005
erstattet wurde. Mit Entscheid vom 8. Juni 2005 stellte der Stadtrat fest,
dass die Bepflanzungen entlang der Ringstrasse auf den fraglichen
Grundstücken in Entsprechung des Inventars geschützte Hecken darstellen
würden. Für die Überbauung des Areals stellte der Stadtrat eine
Ausnahmebewilligung zur Beseitigung in Aussicht. Ob und inwiefern eine
Ausnahmebewilligung erteilt werden könne, werde indessen erst anhand eines
konkreten Bauprojekts beurteilt.

  Gegen den kommunalen Feststellungsentscheid gelangten die Grundeigentümer
- der Rechtsmittelbelehrung folgend - an das Bau-, Umwelt- und
Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern. Dieses überwies die Streitsache
am 13. Oktober 2005 zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern. Die verwaltungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts
wies die Beschwerde mit Urteil vom 3. Oktober 2006 ab, soweit es darauf
eintrat.

  A.X., B.X. und C.X. sowie die Erbengemeinschaft des D.X. führen gegen das
Urteil des Verwaltungsgerichts Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht.

  Der Stadtrat Sursee und das Verwaltungsgericht sprechen sich für die
Abweisung der Beschwerde aus, soweit darauf eingetreten werden könne. Das
Bundesamt für Umwelt (BAFU) äussert sich mit Schreiben vom 25. Januar 2007
zur Beschwerde, ohne einen Antrag zu stellen.

  Der Instruktionsrichter im bundesgerichtlichen Verfahren hat den Parteien
Gelegenheit gegeben, sich zur Bedeutung von Art. 6 der kommunalen Bau- und
Zonenordnung im vorliegenden Fall zu äussern. Mit dieser Norm hatte sich das
Verwaltungsgericht nicht befasst. Die Parteien wie auch das
Verwaltungsgericht haben sich in der Folge zu der aufgeworfenen Frage
vernehmen lassen.

  Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob sich der angefochtene Entscheid
zu Recht auf Bundesrecht stützt.

  2.1  Der Stadtrat Sursee erliess seine Feststellungsverfügung in Anwendung
von § 3 der kantonalen Verordnung vom 19. Dezember 1989 zum Schutz der
Hecken, Feldgehölze und Uferbestockungen

(Heckenschutzverordnung; SRL 717); diese Verordnung führt das kantonale
Gesetz vom 18. September 1990 über den Natur- und Landschaftsschutz (NLG/LU;
SRL 709a) aus. Das Verwaltungsgericht erwog demgegenüber, die rechtliche
Grundlage der umstrittenen Schutzverfügung beruhe in ihrem Kerngehalt auf
Art. 18 und Art. 18b des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und
Heimatschutz (NHG; SR 451); die genannten kantonalen Bestimmungen würden im
vorliegenden Zusammenhang lediglich Ausführungsrecht darstellen.

  2.2  Art. 18 NHG verlangt in seinen Abs. 1 und 1bis den Schutz von
Biotopen wie u.a. von Hecken, die eine ausgleichende Funktion im
Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für
Lebensgemeinschaften aufweisen, als Massnahmen zur Erhaltung von
Lebensräumen für Tiere und Pflanzen. Der in Art. 18b Abs. 1 NHG verankerte
Schutz von Biotopen von regionaler und lokaler Bedeutung ist nach der
Rechtsprechung (BGE 121 II 161 E. 2b/bb S. 164 mit Hinweis) eine vom Bund
den Kantonen übertragene Bundesaufgabe.

  2.3  Nicht jede Hecke wird jedoch vom Bundesrecht erfasst. Die Wendung
"Erhaltung genügend grosser Lebensräume" in Art. 18 Abs. 1 NHG setzt eine
gewisse Minimalgrösse der Hecke voraus (vgl. BGE 121 II 161 E. 2b/bb S. 163
mit Hinweis). Das Erfordernis, dass der Lebensraum schutzwürdig sein muss,
bewirkt eine zusätzliche Einschränkung. Anders als etwa bei Wald (vgl. Art.
3 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über den Wald [WaG; SR 921.0]) oder
bei der Ufervegetation (Art. 21 NHG) müssen die zuständigen kantonalen bzw.
kommunalen Behörden die zu schützenden Lebensräume von regionaler oder
lokaler Bedeutung im einzelnen Fall unter Abwägung aller auf dem Spiel
stehenden Interessen erst noch bezeichnen (BGE 118 Ib 485 E. 3a S. 488). Bei
Hecken, wie den übrigen in der Aufzählung von Art. 18 Abs. 1bis NHG
aufgeführten Biotopen wird die Schutzwürdigkeit zwar vermutet. Auch eine
Hecke muss aber - um als Biotop schutzwürdig zu sein - eine ökologische
Qualität aufweisen (KARL LUDWIG FAHRLÄNDER, in: Kommentar NHG, Zürich 1997,
Rz. 15 f. zu Art. 18 NHG). Art. 14 Abs. 3 der bundesrätlichen Verordnung
über den Natur- und Heimatschutz (NHV; SR 451.1) in der Fassung vom 19. Juni
2000 enthält Kriterien und Indikatoren zur Bezeichnung und Bewertung
schutzwürdiger Biotope (dazu CHRISTOPH FISCH, Neuerungen im Natur- und
Heimatschutz,

in: URP 2001 S. 1117 ff., 1118 f.; BEATRICE WAGNER PFEIFER, Umweltrecht II,
2. Aufl., Zürich 2006, S. 165).

  Ferner ergibt sich auch aus Art. 18 Abs. 1 lit. g des Bundesgesetzes vom
20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
(JSG; SR 922.0) ein Schutz für Hecken. Diese Norm stellt das vorsätzliche
und unberechtigte Beseitigen von Hecken unter Strafe. Durch die Strafnorm
sollen Hecken, die als wichtige Lebensräume für wildlebende Säugetiere und
Vögel dienen, unmittelbar durch die Bundesgesetzgebung geschützt werden; den
Kantonen bleibt es indessen vorbehalten, Ausnahmebewilligungen zur
Beseitigung zu erteilen (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 27. April
1983, BBl 1983 II 1197 ff., S. 1216). Art. 18 Abs. 1 lit. g JSG weist eine
gewisse Parallelität zu Art. 42 Abs. 1 lit. a WaG auf. Dies ändert nichts
daran, dass im Unterschied zum Wald nicht alle Hecken, sondern nur die
schutzwürdigen unter die Strafnorm fallen (vgl. HERIBERT RAUSCH/ARNOLD
MARTI/ALAIN GRIFFEL, Umweltrecht, Zürich 2004, Rz. 613). Ebenso stellt Art.
24 NHG das schwere Beschädigen oder Zerstören von aufgrund dieses Gesetzes
geschützten Biotopen unter Strafe.

  Die genannten Bundesnormen beziehen sich folglich bloss auf Hecken von
einer gewissen Grösse, die schutzwürdig sind. Soweit das kantonale Recht
einen weitergehenden Heckenschutz vorsieht, kommt ihm eine selbstständige
Bedeutung zu. So kann das kantonale Recht einen Biotoptyp von Gesetzes wegen
generell unter Schutz stellen (FLORIAN WILD, Gegenstand und Vollzug des
Biotopschutzes nach NHG, in: URP 1999 S. 765 ff., 775); auch dadurch kann es
über den bundesrechtlich vorgesehenen Schutz hinausgehen. Eine derartige
kantonale Regelung ist mit Art. 78 Abs. 4 BV, wonach der Bund über eine
umfassende Gesetzgebungskompetenz im Biotopschutz verfügt, vereinbar. Die
Schutzvorschriften von Art. 18 i.V.m. Art. 18b NHG lassen Raum für eine
generelle Unterschutzstellung eines bundesrechtlich nur im Einzelfall
geschützten Biotoptyps.

  2.4  Die Frage, ob die hier interessierenden drei Bestockungen hinreichend
gross sind, um unter das Bundesrecht zu fallen, lässt sich ohne Weiteres
bejahen. Diese weisen nach Angaben der Beschwerdeführer Ausmasse auf, die im
Bereich der Untergrenze der quantitativen Waldkriterien liegen. Im Hinblick
auf die Frage der Schutzwürdigkeit ergibt sich Folgendes: Ein genereller
Heckenschutz ist im Kanton Luzern nicht auf Gesetzesstufe (vgl. § 12 lit. d
NLG/

LU), sondern lediglich auf Verordnungsebene verankert. Der Regierungsrat hat
in § 2 der Heckenschutzverordnung begrifflich präzisiert, dass Wald,
Parkanlagen und Lebhäge nicht unter den Heckenbegriff fallen. Aus § 3 Abs. 1
der Verordnung folgt der Schutz für die übrigen Hecken und Feldgehölze.
Dabei übernehmen § 2 und § 3 dieser Verordnung nicht das bundesrechtlich
entscheidende Kriterium der Biotopqualität, sondern enthalten eigene
schematische Abgrenzungen; Letztere erfassen im Ergebnis einen
weitergehenden Kreis von Objekten als nach Bundesrecht. Mit § 3 der
kantonalen Heckenschutzverordnung verfügt das kantonale Recht somit über
eine Rechtsgrundlage für einen über Bundesrecht hinausgehenden, generellen
Heckenschutz im Sinne der bei E. 2.3 angestellten Überlegungen.

  2.5  Sofern der kantonalrechtlich vorgesehene, generelle Heckenschutz
einen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie des Grundeigentümers zur
Folge hat, ist hierfür eine formell-gesetzliche Grundlage erforderlich (vgl.
Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV). Ein schwerer Eingriff liegt nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung namentlich dann vor, wenn die bisherige
oder künftig mögliche, bestimmungsgemässe Nutzung eines Grundstücks durch
Verbote oder Gebote verunmöglicht oder stark erschwert wird (BGE 124 II 538
E. 2a S. 540; Urteil 1P.23/2001 vom 5. September 2001, E. 3c, publ. in: URP
2001 S. 1061).

  Es kann offenbleiben, inwiefern bereits die bei E. 2.4 dargelegte
kantonale Regelung diesen Anforderungen entspricht. Denn Art. 6 Abs. 1 des
geltenden Bau- und Zonenreglements der Stadt Sursee (BZR) sieht vor, dass
alle Hecken und Feldgehölze im Sinne der kantonalen Heckenschutzverordnung
geschützt sind. Das Bau- und Zonenreglement stützt sich dabei auf § 23 Abs.
3 und § 24 NLG/LU, woraus sich die Zuständigkeit der Gemeinden für den
Schutz und den Unterhalt der Objekte von lokaler Bedeutung ergibt. Dass die
kantonale Heckenschutzverordnung keine abschliessende Ordnung enthält, folgt
im Übrigen auch aus ihrem § 2 Abs. 2. Danach ist diese Verordnung in
Gemeinden, die den Heckenschutz selber geregelt haben, nur insoweit
anwendbar, als sie einen weitergehenden Schutz bietet.

  Die Parteien und das Verwaltungsgericht haben im bundesgerichtlichen
Verfahren übereinstimmend die Meinung geäussert, Art. 6 Abs. 1 BZR besitze
keine eigenständige Bedeutung. Mit dieser Norm

werde nicht mehr geregelt als ein Verweis auf das ohnehin geltende kantonale
Recht. Es trifft zu, dass die kommunale Bestimmung sich bezüglich des
Kreises der Schutzobjekte mit dem kantonalen (Verordnungs-)Recht deckt. Das
kommunale Bau- und Zonenreglement wurde aber von den Stimmberechtigten
angenommen (Art. 48 BZR); dieser Erlass ist einem Gesetz im formellen Sinne
gleichgestellt (vgl. BGE 127 I 60 E. 2e S. 66). Art. 6 Abs. 1 BZR genügt
folglich als Rechtsgrundlage für den Heckenschutz auch dann, wenn dieser
einen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie bezüglich eines Grundstücks
im Baugebiet bewirkt. Die besondere Tragweite von Art. 6 Abs. 1 BZR liegt
damit in ihrer formell-rechtlichen Rechtsnatur. Im Ergebnis besteht damit im
Zusammenspiel von kantonalem Verordnungsrecht und kommunaler Bau- und
Zonenordnung eine in jedem Fall genügende Rechtsgrundlage für einen
generellen Heckenschutz.

  2.6  Das Verwaltungsgericht hat die eigenständige Bedeutung von § 3 der
kantonalen Heckenschutzverordnung in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 BZR - im
Vergleich zum Bundesrecht - verkannt. Die unterschiedliche Tragweite von
kantonalem bzw. kommunalem Recht einerseits und Bundesrecht anderseits
spielt im vorliegenden Fall eine wesentliche Rolle, weil die Bewertung der
Biotopqualität bzw. eine Interessenabwägung über die Frage der
Erhaltungswürdigkeit der fraglichen Hecken unterblieben ist. Eine derartige
Unterlassung ist mit dem bundesrechtlichen Gebot der hinreichenden
Interessenabwägung im Rahmen der Ausscheidung von Biotopen (BGE 118 Ib 485
E. 3b S. 489) nicht vereinbar.

  2.7  Die Gemeinde hat in ihrem erstinstanzlichen Entscheid eine
Ausnahmebewilligung zur Beseitigung der umstrittenen Bepflanzungen in
Aussicht gestellt. Das Verwaltungsgericht ist insoweit aus formellen Gründen
auf die Beschwerde nicht eingetreten; darauf muss hier nicht näher
eingegangen werden. Mit Blick auf die spätere Ausnahmebewilligung ist
allerdings eine weitere Anmerkung zum anwendbaren Recht gerechtfertigt. Aus
der Schlussfolgerung, dass das kantonale und kommunale Recht zum
Heckenschutz hier über das Bundesrecht hinausgeht, darf nicht ohne Weiteres
abgeleitet werden, die zuständigen Behörden seien auch bezüglich der
Beseitigung geschützter Hecken frei von den bundesrechtlichen
Mindestvorschriften. Die diesbezüglichen Regeln von § 4 und § 5 der
kantonalen Heckenschutzverordnung (vgl. dazu auch E. 3.1, hiernach) bilden
nur insofern selbstständiges Recht, als das Schutzobjekt

nicht ohnehin unter Art. 18 i.V.m. Art. 18b NHG fällt. Diese Frage lässt
sich ohne Bewertung der Biotopqualität im Einzelfall nicht beantworten. Eine
derartige Abklärung ist daher spätestens beim Entscheid über die (teilweise)
Beseitigung einer Hecke mit einer erheblichen Ausdehnung geboten.

  2.8  Das angefochtene Urteil stützt sich fälschlicherweise auf das weniger
weit gehende Bundesrecht anstatt auf das einschlägige kantonale bzw.
kommunale Recht. Dies bedeutet eine Bundesrechtsverletzung (vgl. BGE 110 Ib
10 E. 1 S. 12) und führt - unabhängig von den Vorbringen der
Beschwerdeführer - zur Gutheissung der Beschwerde. Demzufolge ist der
angefochtene Entscheid aufzuheben. Bei diesem Verfahrensausgang wird das
Begehren der Beschwerdeführer um Durchführung eines Augenscheins im
bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.

  Zur Vermeidung von unnötigen Weiterungen des Verfahrens ist es
gerechtfertigt, nachstehend einzelne Rügen der Beschwerdeführer zu
behandeln. An dieser Stelle ist einzugehen auf die Wahrung des rechtlichen
Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) bei der Feststellung der unter Schutz gestellten
Hecken und die in diesem Zusammenhang angesprochene Frage der
Waldfeststellung (E. 3). (...)

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die kantonale Natur- und Landschaftsschutzgesetzgebung schreibt beim
Heckenschutz kein grundeigentümerverbindliches Feststellungsverfahren vor,
sondern begnügt sich mit einer behördeninternen Inventarisierung und der
Ausnahmebewilligung zur Beseitigung. Rechtsgrundlage für das kommunale
Inventar der Naturschutzobjekte von lokaler Bedeutung bilden § 18 NLG/LU
i.V.m. Art. 6 Abs. 3 BZR. Im angefochtenen Urteil wird dargelegt, dass das
vorliegende Inventar betreffend die fraglichen Hecken nicht
grundeigentümerverbindlich ist. Vielmehr dient es dem Beweiszweck, dass
schutzwürdige Hecken bestehen. Aufgrund von Art. 6 Abs. 1 BZR i.V.m. § 3 der
kantonalen Heckenschutzverordnung ist die vorübergehende oder dauernde
Beseitigung derartiger Hecken untersagt. Vorbehalten bleiben gemäss § 3 Abs.
3 der Verordnung einerseits die Erteilung einer Ausnahmebewilligung zur
Beseitigung der Hecke nach § 4 der Verordnung und anderseits Nutzungs- und
Pflegemassnahmen nach § 5 der Verordnung. Eine Ausnahmebewilligung setzt
eine Interessenabwägung voraus (§ 4 Abs. 1 der Verordnung); vom
Gesuchsteller kann eine Ersatzanpflanzung verlangt werden (§ 4 Abs. 2 der
Verordnung).

  3.2  Dessen ungeachtet sieht § 4 Abs. 1 lit. b des Gesetzes vom 3. Juli
1972 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern (VRG/LU; SRL 40)
in allgemeiner Weise das Institut der Feststellungsverfügung vor. Ziel einer
solchen Verfügung ist im vorliegenden Zusammenhang die Überprüfung des
behördeninternen Inventars auf Initiative des betroffenen Grundeigentümers.
Gerade bei Hecken, die innerhalb des Baugebiets liegen, ist ein
schutzwürdiges Interesse des bauwilligen Grundeigentümers an einer solchen
Feststellungsverfügung auch ohne konkretes Bauprojekt zu bejahen; das BAFU
teilt diese Sichtweise in seiner Vernehmlassung vom 25. Januar 2007, auch
wenn es sich dabei zur Frage der anwendbaren Rechtsgrundlage nicht äussert.
Zu Recht ist die kommunale Behörde vorliegend auf das entsprechende Gesuch
der Beschwerdeführer eingetreten.

  3.3  Wird das Inventar im Feststellungsverfahren rechtskräftig bestätigt,
so ist die fragliche Hecke an sich definitiv geschützt. Eine nachfolgende
Ausnahmebewilligung setzt eine Interessenabwägung voraus und kann mit
Ersatzanordnungen verbunden werden. Die Pflicht zu Ersatzleistungen des
Grundeigentümers folgt im bundesrechtlichen Kernbereich quantitativ und
qualitativ schutzwürdiger Hecken bereits aus Art. 18 Abs. 1ter NHG (vgl.
FAHRLÄNDER, a.a.O., Rz. 37 f. zu Art. 18 NHG). Die für den Heckenschutz
benötigte Bodenfläche wird dem Grundsatz nach bereits im Rahmen des
Feststellungsentscheids der Überbaubarkeit entzogen; hinzu kommen faktische
Nachteile wie Schattenwurf der geschützten Hecke, welche die Überbaubarkeit
auf dem Restgrundstück weiter einschränken können. Mit anderen Worten
erfährt der Grundeigentümer bereits in diesem Stadium einen Eingriff in
seine Eigentumsgarantie. In einem solchen Fall muss er aufgrund des
Feststellungsentscheids nachvollziehen können, inwiefern die Überbaubarkeit
seines Grundstücks durch den Heckenschutz eingeschränkt wird. Je grösser
diese Hecke ist, umso empfindlicher trifft ihr Schutz den Grundeigentümer.
Dies bedingt unter dem Blickwinkel des rechtlichen Gehörs ein
Feststellungsverfahren, das für den betroffenen Grundeigentümer in seinem
Gehalt dem bundesrechtlichen Waldfeststellungsverfahren zu entsprechen hat
(vgl. dazu BGE 124 II 85 E. 3e S. 89; 122 II 274 E. 6 S. 285 ff.). Nur unter
dieser Voraussetzung lässt es sich auch rechtfertigen, dass die
Beschwerdeführer für die Erlangung einer Ausnahmebewilligung in das
Baubewilligungsverfahren verwiesen worden sind. Im Übrigen ist darauf
hinzuweisen, dass auch § 25 lit. a NLG/LU eine genaue Bezeichnung der
Schutzobjekte verlangt.

  3.4  Das bisher durchgeführte kommunale und kantonale Verfahren genügt
diesen Anforderungen nicht. Als Beweismittel stehen einzig das kommunale
Inventar und der kantonale Fachbericht vom 18. Mai 2005 zur Verfügung. In
beiden Dokumenten wird nicht konkret und differenziert dargelegt, weshalb
und in welchem Umfang die umstrittenen Hecken unter Schutz gestellt werden
sollen.

  Das Inventar selbst enthält keine Begründung. Im kantonalen Entscheid vom
9. November 2004 über die Genehmigung des Inventars wird in unbestimmter
Weise auf die Erarbeitung eines Lebensrauminventars durch die Vogelwarte
Sempach im Jahr 1989 hingewiesen; ein Bezug zu den einzelnen erfassten
Naturobjekten wird in der Entscheidbegründung nicht hergestellt. Im Übrigen
dürfte das angesprochene, nicht in den Akten enthaltene Fachgutachten der
Vogelwarte Sempach auch aufgrund seines Alters an Beweiswert eingebüsst
haben. Der Fachbericht vom 18. Mai 2005 begnügt sich in sachverhaltlicher
Hinsicht mit dem Hinweis auf die erheblichen Ausmasse der Bestockungen.

  Auf die Erhebung weiterer Beweise hat das kantonale Gericht verzichtet.
Unklar ist namentlich die für den Grundeigentümer entscheidende Frage, wie
gross die unter Schutz stehenden Heckenflächen und allfällig notwendige
Pufferzonen sind. Bezeichnend für den mangelhaften Konkretisierungsgrad ist
der Umstand, dass im erstinstanzlichen Entscheid von Randbepflanzungen
entlang der Ringstrasse gesprochen wird, obwohl nach dem angefochtenen
Entscheid auch diejenigen an der Buchenstrasse erfasst sein sollen. Aus den
vorhandenen Akten werden ebenso wenig Aufbau, Zusammensetzung und Zustand
der Hecken klar. Folglich lässt es sich argumentativ nicht nachvollziehen,
ob die Bestockungen langgezogene Einfriedungen, die nicht in den
Anwendungsbereich der Heckenschutzverordnung fallen, oder eigentliche Hecken
im Sinne der kantonalen bzw. kommunalen Schutzbestimmungen darstellen.

  3.5  Zur Wahrung des Gehörsanspruchs der Beschwerdeführer ist unter ihrer
Mitwirkung der Bestand der einzelnen Hecken behördlich zu erfassen und zu
vermessen sowie ein Schutzperimeter auszuscheiden.

  In diesem Rahmen wird erneut der Frage nachzugehen sein, wie es sich mit
dem Einwand der Beschwerdeführer verhält, wonach auf den fraglichen
Parzellen derzeit ein Waldfeststellungsverfahren ausgeschlossen sei. Diese
Vorbringen bedingen eine Auseinandersetzung

mit dem von den Beschwerdeführern angerufenen Art. 13 Abs. 1 und 2 WaG,
wonach neue Bestockungen ausserhalb rechtskräftiger Waldgrenzen in den
Bauzonen nicht als Wald gelten. Angesichts der Behauptung der
Beschwerdeführer, dass die Hecken Waldqualität aufweisen würden, und der
offenbar beachtlichen Ausmasse dieser Randbepflanzungen geht es nicht an,
wenn im angefochtenen Entscheid ohne weitere Begründung gesagt wird, die
fraglichen Hecken würden nicht unter die Waldgesetzgebung fallen.

  Im Übrigen kann hier angemerkt werden, dass eine negative Waldfeststellung
den Heckenschutz nicht ausschliesst. So verhielt es sich schon unter der
früheren Forstpolizeigesetzgebung des Bundes (vgl. dazu Urteil des
Bundesgerichts vom 4. Juni 1986, E. 2c, publ. in: ZBl 89/1988 S. 81). Art. 2
Abs. 3 WaG bestimmt ausdrücklich, dass Hecken nicht als Wald gelten. Wäre im
Rahmen eines rechtskräftigen Waldfeststellungsverfahrens die Annahme von
Wald zu Unrecht verneint worden, so kann sich die Frage stellen, ob insofern
Revisionsgründe gegeben sind. Jedenfalls vermag der Grundeigentümer aus
einer zu Recht erfolgten negativen Waldfeststellung nicht ohne Weiteres
abzuleiten, er dürfe die Bestockung darüber hinaus auch als Hecke gänzlich
und ersatzlos beseitigen. Bei einer Hecke, die von ihrer Grösse her Wald
nahekommt, spricht vielmehr einiges dafür, dass sie den qualitativen
Anforderungen von Art. 18 NHG genügt. Die Zulässigkeit von Eingriffen in
derartige Hecken dürfte daher im Lichte von Art. 18 Abs. 1ter NHG zu prüfen
sein (vgl. E. 2.7).