Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 II 136



Urteilskopf

133 II 136

  15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Star TV AG gegen X. sowie Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und
Fernsehen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  2A.563/2006 vom 3. Mai 2007

Regeste

  Art. 10 EMRK, Art. 17 und 93 Abs. 3 BV, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Art. 56
ff. RTVG (Fassung 1991); Ausstrahlung von Werbespots für kostenpflichtige
Downloads von pornographischen Videos und Bildern auf das Handy.

  Zuständigkeit zur Prüfung von Werbeausstrahlungen nach dem alten und neuen
Radio- und Fernsehgesetz (E. 2).

  Begriff der "öffentlichen Sittlichkeit" bzw. des "Pornographischen" nach
dem europäischen und schweizerischen Medienrecht (E. 4 und 5).

  Die umstrittenen Werbespots - und nicht nur die beworbenen Produkte -
stellen vulgär und primitiv Menschen in Bild und Ton als auswechselbare,
jegliche menschliche Dimension verlierende Sexualobjekte dar, und liegen
damit jenseits dessen, was programmrechtlich in erotischer Hinsicht vor dem
Hintergrund des Jugendschutzes noch zulässig ist (E. 6 und 7).

Sachverhalt

  Der Privatsender Star TV strahlte täglich nach Mitternacht (werktags ab 24
Uhr, am Wochenende ab 00.30 Uhr) das crossmediale Erotikformat "Lovers TV"
im Stil eines Musiksenders aus. Der redaktionelle Programmteil bestand -
nach einem Hinweis darauf, dass die Sendung für Jugendliche unter 16 Jahren
ungeeignet sei - hauptsächlich aus Clips mit erotischen Inhalten ("Erotic
Magazine", "Erotic Movies", "Erotic Highlights", "Erotic Amateurs"). Dialoge
gab es keine; die Sequenzen wurden jeweils mit elektronischer Musik bzw.
Popmusik untermalt. Im unteren Teil des Bildschirms erfolgten mittels
"Splitscreen"-Technik (geteilter Bildschirm) Hinweise auf Chats und
Teletextseiten bzw. Werbungen zum Herunterladen von Pornovideos auf das
Handy und den Zugang zu Porno-Portalen. Die Sendung wurde daneben - jeweils
nach einem erneuten Hinweis, dass der Inhalt der folgenden Werbungen für
Jugendliche unter 16 Jahren ungeeignet sei - mit Spots unterbrochen, die für
erotische Zeitschriften und Clubs, Telefonsex, Kontakt- und Flirtadressen,
Sex-Chats und vor allem für Angebote zum Bezug von Porno-Videos und -Fotos
auf das Handy warben ("Porno-Heidi", "Best of US Porno", "Harder than
Hardcore" usw.).

  Gegen die Sendungen "Lovers TV" vom 18., 21., 24. und 27. Februar 2006
bzw. 1., 3. und 4. März 2006 gelangten X. und 25 Mitunterzeichner an die
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Diese hiess
ihre Beschwerde am 30. Juni 2006 gut, soweit darauf einzutreten war, und
stellte fest, "dass Star TV mit der Werbung für das Herunterladen von
Pornovideos auf das Handy im Rahmen der Sendungen 'Lovers TV' [...] die
Programmbestimmungen verletzt" habe. Sie forderte den Sender auf, innert 60
Tagen ab Eröffnung des Entscheids bzw. innert 30 Tagen nach Eintritt der

Rechtskraft Bericht darüber zu erstatten, was er vorgekehrt habe, um die
Verletzung zu beheben bzw. weitere Verletzungen zu verhindern. Die UBI kam
zum Schluss, dass die beanstandeten Spots insgesamt die öffentliche
Sittlichkeit gefährdeten, indem sie "unsittliche, entwürdigende und
jugendgefährdende Inhalte" verbreiteten.

  Das Bundesgericht weist die von der Star TV AG hiergegen eingereichte
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1
  2.1.1  Nach Art. 58 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio
und Fernsehen (RTVG 1991; AS 1992 S. 601) beurteilt die UBI "Beschwerden
gegen ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer
Veranstalter"; dabei stellt sie fest, ob "Programmbestimmungen"
einschlägiger internationaler Übereinkommen, des Radio- und Fernsehgesetzes,
seiner Ausführungsvorschriften oder der Konzession verletzt worden sind
(Art. 65 Abs. 1 RTVG 1991). Dem Bundesamt für Kommunikation obliegt
seinerseits die allgemeine konzessionsrechtliche Aufsicht über die
Veranstalter (vgl. Art. 56 Abs. 1 RTVG 1991 in Verbindung mit Art. 51 der
Radio- und Fernsehverordnung vom 6. Oktober 1997 [RTVV 1997; AS 1997 II
2903]); in diesem Rahmen hat es insbesondere darüber zu wachen, dass die
Konzessionäre die finanz- und betriebsrechtlichen Vorschriften des Radio-
und Fernsehrechts einhalten (Art. 56 RTVG 1991).

  2.1.2  Die Problematik, ob im Werbefernsehen ausgestrahlte Sendungen die
einschlägigen Vorschriften respektieren (Dauer der Werbung, Bestimmungen
über die Unterbrecherwerbung, Werbeverbote für alkoholische Getränke oder
Tabakwaren usw.), ist als technische bzw. finanzrechtliche Frage eine solche
der konzessionsrechtlichen Aufsicht (vgl. BGE 114 Ib 152 ff.; 118 Ib 356 E.
3c S. 361 ["Camel- Trophy"]). Hingegen ist die Unabhängige Beschwerdeinstanz
aus staats- und medienpolitischen Gründen (vgl. BBl 2003 S. 1654) berufen,
Ausstrahlungen nachträglich auf ihre Vereinbarkeit mit dem Programmrecht zu
prüfen. Hierunter fallen grundsätzlich auch Werbesendungen (DENIS BARRELET,
Droit de la communication, Bern 1998, Rz. 718; BBl 2003 S. 1664), selbst
wenn naturgemäss auf sie nicht alle Programmbestimmungen unbesehen Anwendung
finden

können (etwa das "Sachgerechtigkeitsgebot"; vgl. BGE 126 II 7 E. 3c/bb
[ACS/TCS]; 123 II 402 E. 3b S. 410 [VgT]). Die Beurteilung des politischen
Charakters eines Werbespots fällt dementsprechend praxisgemäss in die
Zuständigkeit der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (BGE 126 II 7 E. 3c/bb
[ACS/TCS]; 118 Ib 356 E. 3c S. 361 ["Camel-Trophy"]; vgl. auch die Urteile
2A.303/2004 vom 26. Januar 2005, E. 3 und 4 ["Stopp-Werbeverbote"], publ.
in: EuGRZ 2005 S. 719 ff., und 2A.377/2000 vom 13. Februar 2001, E. 1 nicht
publ. in BGE 127 II 79 ff. ["Unterbrecherwerbung"]). Beschlägt die
Meinungsbildung bzw. Täuschung des Zuschauers hingegen ein konkretes
Werbeverbot, das aus gesundheitspolitischen Gründen der Werbung als
Finanzierungsmittel Grenzen setzt, bestehen weder staats- noch
medienpolitische Gründe dafür, die entsprechende Kontrolle den
konzessionsrechtlichen Aufsichtsbehörden zu entziehen; in diesem Fall
überwiegen die betriebsrechtlichen Aspekte, weshalb ausschliesslich das
Bundesamt zu deren Beurteilung zuständig ist (BGE 126 II 21 E. 2d/cc S. 25
["Schlossgold"-Werbung]).

  2.1.3  Die entsprechenden Abgrenzungen fielen in der Praxis nicht immer
leicht und erwiesen sich im Hinblick auf die unterschiedlichen Befugnisse
der programm- und konzessionsrechtlichen Aufsichtsbehörden nur beschränkt
als sachgerecht (vgl. BBl 2003 S. 1649 f.; ferner "Zuständigkeit des BAKOM
zur Prüfung von politischer Werbung in einem Werbespot" bzw. "Abgrenzung der
Zuständigkeit von UVEK und BAKOM", in: Medialex 2003 S. 112 ff. bzw. 2004 S.
59 f., je mit Anmerkungen von CHRISTOPH BEAT GRABER zum Werbespot "Jetzt ein
Stromausfall"). Dies hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, die Kompetenzen
künftig klarer zu regeln: Während der Bundesrat in seiner Botschaft zum
neuen Radio- und Fernsehgesetz vorschlug, hierzu eine Kommission für
Fernmeldewesen und elektronische Medien zu schaffen, welche sowohl die
finanziell/administrativen wie die programmrechtlichen Aufsichtsaufgaben
hätte wahrnehmen sollen (BBl 2003 S. 1650), entschied sich das Parlament
dafür, die bisherige Organisation beizubehalten, die Zuständigkeit der
Unabhängigen Beschwerdeinstanz jedoch auf die Behandlung von Beschwerden zum
Inhalt redaktioneller Sendungen, d.h. von Sendungen, die keine Werbung
bilden (Art. 2 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über Radio und
Fernsehen [RTVG 2006; SR 784.40]), zu beschränken (Art. 83 Abs. 1 lit. a
RTVG 2006). Die Beurteilung der rundfunkrechtlichen Konformität von
Werbesendungen erfolgt neu somit ausschliesslich durch das Bundesamt (Art.
86 Abs. 1 RTVG 2006).

  2.2
  2.2.1  Die Unabhängige Beschwerdeinstanz nahm vorliegend an, gewisse im
Rahmen der Sendungen "Lovers TV" ausgestrahlte Werbespots seien geeignet
gewesen, die öffentliche Sittlichkeit zu gefährden, und hätten dem
Jugendschutz widersprochen. Sie stützte sich dabei auf Art. 6 RTVG 1991,
welcher im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes die "Grundsätze
für Radio und Fernsehen" regelt. Sie hat ihre Zuständigkeit gestützt hierauf
zu Recht bejaht: Entscheidend hierfür war nach dem Gesagten nicht in erster
Linie, ob die beanstandete Sendung im Werbe- oder im eigentlichen
Programmteil ausgestrahlt wurde, sondern, ob die zu beurteilende Frage
programmrechtlichen Charakter hatte und aus staats- bzw. medienpolitischen
Gründen durch ein möglichst verwaltungsunabhängiges Organ überprüft werden
sollte (vgl. BGE 126 II 21 E. 2d/bb S. 24 ["Schlossgold"-Werbung]; VPB
68/2004 Nr. 28 S. 314, E. 2.3-2.5 ["Spot Flüchtlingshilfe"]). Dies ist im
Zusammenhang mit dem Verbot von Sendungen, welche die öffentliche
Sittlichkeit gefährden oder Gewalt verherrlichen oder verharmlosen,
regelmässig anzunehmen (Art. 6 Abs. 1 RTVG 1991). Bereits die Weisungen des
Bundesrates über die Fernsehwerbung (BBl 1984 I 364 ff.) verboten - noch vor
Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes von 1991 - Spots, die gegen die
guten Sitten verstiessen (Art. 9 lit. a), wobei die Frage im Einzelfall
durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz beurteilt wurde (vgl. VPB 56/1992
Nr. 25 S. 194, E. 2 ["Anleihe SRG"]).

  2.2.2  Die UBI war somit kompetent, zu prüfen, ob die beanstandeten
Werbespots gegen Art. 6 Abs. 1 RTVG 1991 verstiessen. Das Bundesamt
seinerseits wäre befugt gewesen, der Frage nachzugehen, ob die Star TV AG
das Radio- und Fernsehrecht gegebenenfalls insofern verletzt hat, als sie
Werbung mittels "Splitscreen"- Technik ausserhalb der eigentlichen
Werbeblöcke ausstrahlte (vgl. hierzu die Verfügung des Bundesamts für
Kommunikation vom 13. Dezember 2001 betreffend die Sendung "Aphrodisia" von
TV3; BBl 2003 S. 1628; Art. 13 der Radio- und Fernsehverordnung vom 9. März
2007 [RTVV 2007; SR 784.401]). Diese Problematik bildet im vorliegenden
Verfahren indessen nicht Streitgegenstand und ist deshalb nicht weiter zu
prüfen, auch wenn die UBI in ihrem Entscheid darauf hingewiesen hat, dass
ihr das entsprechende Vorgehen "problematisch" erscheine.

Erwägung 3

  3.  (...)

Erwägung 4

  4.

  4.1  Die Unabhängige Beschwerdeinstanz knüpfte im angefochtenen Entscheid
an ihre Rechtsprechung zum kulturellen Mandat bei redaktionellen Sendungen
an (vgl. FRANZ ZELLER, Öffentliches Medienrecht, Bern 2004, S. 263 ff.;
MARTIN DUMERMUTH, Rundfunkrecht, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli,
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Rz. 97 ff., insbesondere Rz. 102):
Bei deren Beurteilung stellt sie jeweils darauf ab, ob die Darstellung mit
sexuellem Inhalt als Selbstzweck dient oder Menschen zu reinen
Unterhaltungszwecken zum blossen Objekt voyeuristischer Neigungen
entwürdigt. Dem Aspekt des Jugendschutzes trägt sie insofern Rechnung, als
sie eine geeignete Ausstrahlungszeit, eine angemessene Einbettung in das
Programm und gegebenenfalls eine Warnung bzw. eine entsprechende
Anmoderation voraussetzt (vgl. die Entscheide b.448 vom 15. März 2002 ["Sex:
The Annabel Chong Story"], zusammengefasst in: Medialex 2002 S. 102 f.;
b.380 vom 23. April 1999 ["24 Minuten mit Cleo"]; VPB 66/2002 Nr. 17 S. 178
["OOPS"]; FRANZ ZELLER, a.a.O., S. 267). Die Darstellungen sollen das für
eine sachgerechte Berichterstattung notwendige Mass nicht überschreiten;
Sendungen mit primär erotischen Inhalten sind in der Regel erst nach 23 Uhr
zulässig (Guidelines zur Rechtsprechung der UBI, Ziff. 2.2).

  4.2  Zu den vorliegend umstrittenen Werbespots führte die UBI aus, dass
diese nicht in erster Linie erotischer, sondern pornographischer Natur
seien, weshalb sie sich trotz der Ausstrahlungszeit nach 23 Uhr und der
jeweils eingeblendeten warnenden Hinweise als sittengefährdend und somit
programmrechtswidrig erwiesen. Schon die kurzen Ausschnitte der beworbenen
Videos in den beanstandeten Werbungen "degradier[t]en die Darstellerinnen
und vereinzelten Darsteller" zu reinen Lustobjekten. Die Vermittlung des
damit verbundenen eindimensionalen, entwürdigenden Bilds der Sexualität als
Norm und Alltäglichkeit sowie die damit einhergehende Abstumpfung und
Anspruchshaltung stelle eine Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit im
Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 RTVG 1991 dar. Durch das vermittelte
Menschen- und Sexualitätsbild würden jugendliche Zuschauer in ihrer noch
unfertigen Entwicklung gefährdet, da sie gestützt darauf sich und anderen
gegenüber eine "problematische Anspruchshaltung in sexuellen Dingen"
entwickeln könnten. Die "von finanziellen Interessen geprägten Anbieter"
nützten diesbezüglich den Mangel an Erfahrung der Jugendlichen aus (Art. 15
Abs. 1 lit. e RTVV 1997).

Erwägung 5

  5.

  5.1  Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 RTVG 1991 sind Sendungen unzulässig, welche
die öffentliche Sittlichkeit gefährden oder in denen Gewalt verharmlost oder
verherrlicht wird. Verboten sind Werbespots, "die sich die natürliche
Leichtgläubigkeit der Kinder oder den Mangel an Erfahrung bei Jugendlichen
zunutze" machen oder ihr "Abhängigkeitsgefühl" missbrauchen (Art. 15 Abs. 1
lit. e RTVV 1997). Bei diesen Vorgaben handelt es sich um vom Gesetzgeber
verselbständigte Elemente des kulturellen Mandats (Art. 93 Abs. 2 BV;
DUMERMUTH, a.a.O., Rz. 102; BARRELET, a.a.O. Rz. 731), das die Veranstalter
in ihren Programmen insgesamt realisieren und in wesentlichen Punkten im
Rahmen einzelner Sendungen nicht krass missachten sollen (DUMERMUTH, a.a.O.,
Rz. 97 ff.; BARRELET, a.a.O., Rz. 795 ff.). Beurteilungsmassstab bilden die
wesentlichen juristisch fassbaren Werte, die der Bundesverfassung (BV; SR
101), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK; SR 0.101) und dem
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2)
bzw. weiteren Abkommen zugrunde liegen. Dabei kommt dem Grundsatz der
Menschenwürde (Art. 7 BV) sowie dem Jugendschutz (Art. 11 BV) besondere
Bedeutung zu. Die entsprechenden Aspekte müssen bei der Beurteilung der
rundfunkrechtlichen Konformität einer Sendung jeweils in eine
Interessenabwägung zur verfassungs- und konventionsrechtlich garantierten
Medien-, Programm- und Informationsfreiheit gesetzt werden. Diese gilt nicht
absolut, sondern kann unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV bzw. Art. 10
Ziff. 2 EMRK beschränkt werden (vgl. BGE 128 IV 201 E. 1.4.2).

  5.2  Ähnliche Regeln wie Art. 6 RTVG 1991 (sowie neu Art. 4 RTVG 2006) und
Art. 15 Abs. 1 lit. e RTVV 1997 (bzw. neu Art. 5 RTVG 2006) sieht das
einschlägige europäische Recht vor:
  5.2.1  Nach dem Europäischen Übereinkommen vom 5. Mai 1989 über das
grenzüberschreitende Fernsehen (EÜGF; SR 0.784.405) haben alle Sendungen
eines Programms im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die
Menschenwürde und die Grundrechte anderer zu achten; insbesondere dürfen sie
(a) nicht unsittlich sein und namentlich keine Pornographie enthalten sowie
(b) Gewalt nicht unangemessen herausstellen und nicht geeignet sein, zum
Rassenhass aufzustacheln (Art. 7 Ziff. 1). Alle Sendungen eines Programms,
welche die körperliche, geistig-seelische oder sittliche Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen können, dürfen nicht

verbreitet werden, wenn anzunehmen ist, dass sie aufgrund der Sende- und
Empfangszeit von Kindern oder Jugendlichen gesehen werden (Art. 7 Ziff. 2).
Zur Auslegung der im Übereinkommen verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe
soll dabei auf die Rechtsprechung der EMRK-Organe zurückgegriffen werden
(Conseil de l'Europe, Rapport explicatif relatif à la Convention européenne
sur la télévision transfrontière, Strasbourg 1990, Rz. 117 und 120). Ziel
von Art. 7 EÜGF ist es, die Grundwerte und individualrechtlichen
Grundfreiheiten zu sichern, die sich als gemeinsame Basis und Schranken
staatlichen Handelns der Europarats-Staaten herausgebildet und in der EMRK
bzw. der Rechtsprechung zu dieser ihren Niederschlag gefunden haben
(HÖFLING/MÖWES/PECHSTEIN, Europäisches Medienrecht, Textausgabe mit
Erläuterungen, München 1991, S. 10).

  5.2.2  Die EG-Fernsehrichtlinie, welche für die Schweiz nicht anwendbar
ist, jedoch als Auslegungshilfe zur Bestimmung der Tragweite des Begriffs
der "öffentlichen Sittlichkeit" im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 RTVG 1991 (bzw.
Art. 4 und 5 RTVG 2006) beigezogen werden kann, sieht unter dem Titel
"Schutz Minderjähriger und öffentliche Ordnung" vor, dass die
Mitgliedstaaten angemessene Massnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass
Sendungen von Fernsehveranstaltern, die ihrer Rechtshoheit unterworfen sind,
keinerlei Programme enthalten, welche geeignet sind, die körperliche,
geistige und sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft zu
beeinträchtigen, insbesondere solche, die "Pornographie oder grundlose
Gewalttätigkeiten" zeigen. Diese Massnahmen gelten auch für andere
Programme, welche die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung von
Minderjährigen beeinträchtigen können, es sei denn, es werde durch die Wahl
der Sendezeit oder durch sonstige technische Massnahmen dafür gesorgt, dass
diese Ausstrahlungen von Minderjährigen im Sendebereich üblicherweise nicht
zu sehen oder zu hören sind. Werden derartige Programme in unverschlüsselter
Form gesendet, so sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass ihre Ausstrahlung
durch akustische Zeichen angekündigt oder durch optische Mittel während der
gesamten Sendung kenntlich gemacht wird (Art. 22 Ziff. 1-3 der Richtlinie
89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der
Fernsehtätigkeit in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen
Parlaments und des Rats vom 19. Juni 1997).

  5.3
  5.3.1  Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass es bisher nicht
gelungen ist, einen einheitlichen Begriff der Pornographie bzw. einen
Konsens darüber zu schaffen, was geeignet erscheint, im sexuellen Bereich
die Sittlichkeit oder die öffentliche Moral zu gefährden (vgl. HERIBERT
OSTENDORF, Zur Forderung nach einem neuen Pornographiebegriff oder zum
verantwortlichen Umgang mit Pornographie im Fernsehen, in: Monatsschrift für
Kriminologie und Strafrechtsreform 84/2001 S. 372 ff., dort S. 376 ff.;
ILONA ULICH, Der Pornographiebegriff und die EG-Fernsehrichtlinie,
Baden-Baden 2000, S. 137; SCHWAIBOLD/MENG, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.],
Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, N. 12 ff. zu Art. 197 StGB; STEFAN
HEIMGARTNER, Weiche Pornographie im Internet, in: AJP 2005 S. 1482 ff., dort
S. 1484 ff.; PIERRE-ANDRÉ WAGNER, Von der Vaporisierung der Frau in der
schweizerischen Pornographierechtsprechung - einige ideologiekritische
Bemerkungen, in: AJP 1999 S. 257 ff.; BGE 128 IV 201 E. 1.4.3; Urteile des
EGMR i.S. Josef Felix Müller gegen Schweiz vom 24. Mai 1988, Serie A, Bd.
133, Ziff. 35, sowie Scherer gegen Schweiz vom 14. Januar 1993, Serie A, Bd.
287). Das Polizeigut der öffentlichen Sittlichkeit ist mit den
strafrechtlich geschützten Rechtsgütern nicht notwendigerweise identisch und
darf auch ein Verhalten erfassen, das zwar nicht mit Strafe bedroht ist,
jedoch den üblichen Massstäben zulässigen Verhaltens in eindeutiger Weise
widerspricht (OSTENDORF, a.a.O., S. 380 ff.; ZELLER, a.a.O., S. 206).
Aufsichtsrechtlich kann unzulässig sein, was strafrechtlich allenfalls noch
irrelevant erscheint, weshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht von
Bedeutung ist, ob gegen die Verantwortlichen ein Strafverfahren eingeleitet
wurde oder nicht. Der Begriff der Sittlichkeit umfasst auch ausserrechtliche
Normen aufgrund sozialethischer Vorstellungen, welche in der Gesellschaft
allgemeine Anerkennung geniessen, für das Zusammenleben in einer
pluralistischen Gemeinschaft wesentlich sind und vor öffentlichen
Widerhandlungen geschützt werden sollen (vgl. PIERRE TSCHANNEN, "Öffentliche
Sittlichkeit": Sozialnormen als polizeiliches Schutzgut, in: Mélanges en
l'honneur de Pierre Moor, Bern 2005, S. 553 ff.). Der Begriff hängt in
starkem Mass von den herrschenden sozialen und den wesentlichen,
verfassungsimmanenten gesellschaftlichen Werten ab (vgl. HERIBERT SCHUMANN,
Zum strafrechtlichen und rundfunkrechtlichen Begriff der Pornographie, in:
Festschrift für Theodor Lenckner, München 1998, S. 565 ff., dort S. 577) und
ist deshalb

örtlich wie zeitlich wandelbar (vgl. so schon BGE 106 Ia 267 E. 3a
["Peep-Show"]).

  5.3.2  Nicht nur als sittlich verpönt, sondern als strafbar gelten nach
wie vor gewisse Formen der Pornographie (Art. 197 StGB): Das
Pornographieverbot hat im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts 1991 das
frühere Verbot unzüchtiger Veröffentlichungen abgelöst. Es schützt Personen
unter 16 Jahren vor jeglicher Pornographie (Ziff. 1) und Erwachsene vor
ungewollter Konfrontation mit solcher (Ziff. 2); absolut verboten ist die
"harte" Pornographie, d.h. Pornographie mit Kindern, Tieren, menschlichen
Ausscheidungen und Gewalt (Ziff. 3 und 3bis, hierzu: BGE 128 IV 201 ff.;
ZELLER, a.a.O., S. 188 f.; ZÖLCH/ZULAUF, Kommunikationsrecht für die
Praxis, Bern 2001, S. 79). Als nicht mehr erotisch, sondern
weichpornographisch und damit im Zusammenhang mit dem Jugendschutz und der
ungewollten Konfrontation relevant ist nach der Rechtsprechung eine
Darstellung, die (1) objektiv betrachtet darauf ausgelegt ist, den
Betrachter sexuell aufzureizen, und (2) die Sexualität dabei so stark aus
ihren menschlichen und emotionalen Bezügen heraustrennt, dass die jeweilige
Person als ein blosses Sexualobjekt erscheint, über das nach Belieben
verfügt werden kann; das sexuelle Verhalten wird dadurch vergröbert und
aufdringlich in den Vordergrund gerückt (so BGE 131 IV 64 E. 10.1.1 S. 66
ff. mit zahlreichen Hinweisen; unter Ablehnung einer Praxisänderung
bestätigt im Urteil 6S.26/2005 vom 3. Juni 2005, E. 2; MARC LIESCHING,
Jugendmedienschutz in Deutschland und Europa, Regensburg 2002, S. 197 ff.).
Pornographisch sind somit Medien, die physische Sexualität isoliert von
personalen Beziehungen darstellen, sexuellen Lustgewinn verabsolutieren und
Menschen zu beliebig auswechselbaren Objekten sexueller Triebbefriedigung
degradieren; sie als blosse physiologische Reiz-Reaktionswesen erscheinen
lassen und damit die Würde des Menschen negieren (vgl. SCHUMANN, a.a.O., S.
572: "In der Pornographie begegnen sich nicht Personen, sondern Organe").

  5.3.3  Art. 6 Abs. 1 RTVG 1991 wurde nach den Ausführungen des Bundesrats,
welche im Parlament unbestritten geblieben sind, aus der Besorgnis darüber
in das Gesetz aufgenommen, dass ein zunehmendes Angebot an brutalen, das
sittliche Empfinden verletzenden Filmen und Sendungen bestehe (BBl 1987 III
689 ff., dort S. 730; AB 1989 N 1601 ff., AB 1990 S 578). Die Regelung wurde
mit der Begründung in Art. 4 Abs. 1 RTVG 2006 überführt, es rechtfertige
sich, "die Anliegen der Menschenwürde und des Grundrechtsschutzes,

die in einer demokratischen Gesellschaft fundamentale Bedeutung haben und im
Bereich der audiovisuellen Medien zunehmend an Beachtung verlieren [...],
ausdrücklich im neuen Gesetz zu erwähnen und an die Spitze der von allen
Programmveranstaltern zu beachtenden Minimalbestimmungen zu stellen" (BBl
2003 S. 1668).

Erwägung 6

  6.  Die UBI hat zu Recht an diese Grundsätze angeknüpft und die
umstrittenen Werbespots auf deren Hintergrund zutreffend gewürdigt:

  6.1  Entgegen den Einwendungen der Beschwerdeführerin hat sie nicht auf
den Schutz der Sexualmoral der Allgemeinheit abgestellt, sondern - dem
europäischen Standard entsprechend (vgl. E. 5.2; Pressemitteilung 7/2003 der
deutschen Arbeitsgemeinschaft Landesmedienanstalten vom 21. Mai 2003:
"Landesmedienanstalten gehen gegen Sex-Werbung im Fernsehen vor"; zu den
Verhältnissen in Frankreich und Italien: Goldmedia GmbH, Beitrag für die
Medienforschung, Telefonmehrwertdienste in Schweizer Rundfunkprogrammen,
Berlin 2006, S. 95 und 110) - die Menschenwürde sowie den Schutz der
ungestörten sexuellen Entwicklung der Jugend in den Vordergrund gerückt
(vgl. BGE 131 IV 64 E. 10.1.2 und 10.1.3). Die beanstandeten Spots zeigen
zwar unmittelbar keine primären Geschlechtsorgane (diese sind unkenntlich
gemacht); gesamthaft liegen sie aber jenseits dessen, was rundfunkrechtlich
in erotischer Hinsicht zulässig erscheint: Im Bild werden unzweideutig
verschiedene sexuelle Praktiken dargestellt; die Geschlechtsteile sind dabei
nur pro forma abgedeckt; zudem sind in einigen Spots Dildos zu sehen,
weshalb sich die Beschwerdeführerin zu Unrecht auf HEIMGARTNER beruft, der
davon ausgeht, dass als pornographisch bloss die Darstellung sexueller
Handlungen gelten könne, bei denen primäre Geschlechtsmerkmale oder aber
"Surrogate" derselben eindeutig zu erkennen seien, oder wenn primäre oder
sekundäre Geschlechtsmerkmale in extremis gezeigt würden (HEIMGARTNER,
a.a.O., S. 1487).

  6.2  Die pornographische Wirkung wird durch die krude Sprache zu den
gezeigten, nur teilweise abgedeckten sexuellen Handlungen bzw.
entsprechenden Positionen insofern verschärft, als jeweils Frauenstimmen
aufreizend den Inhalt des bildlich teilabgedeckten Videos etwa mit den
Worten kommentieren: "Privati Girls spräitze ihres Ärschli", "Fick mich tief
und hart", "Geile Schülerinnen befriedigen sich mit ihrem Dildo", "Dr
geilschti Sex vo hinä: Anal-Fuck-Party", "Harder than Hardcore: Lueg zue wi
mi drü Mannä so richtig dra

nämet", "Naturgeiili Schülerinnen ab 18 Jahre befriedigen sich mit ihrem
Dildo", "Geili jungi Meitli schläcket sich gägesiitig ihri Futzi" usw. Die
Spots gehen damit über erotische Darstellungen hinaus; sie stellen vulgär
und primitiv Menschen in Bild und Ton als reine, auswechselbare, jegliche
menschliche Dimension verlierende Sexualobjekte dar. Dieser Eindruck wird
zusätzlich dadurch unterstrichen, dass das erotische Rahmenprogramm ohne
weiteren Inhalt bloss dazu dient, crossmedial ein möglichst geeignetes
Umfeld zu schaffen, um einen starken, zahlungspflichtigen Rücklauf aus dem
Publikum bzw. ein entsprechendes Herunterladen von Pornovideos bzw. -bildern
auf das Handy zu provozieren.

  6.3  Wenn die Beschwerdeführerin kritisiert, die UBI schliesse zu Unrecht
vom pornographischen Inhalt der für Erwachsene erlaubten Videos auf den
pornographischen Inhalt der entsprechenden Werbespots, verkennt sie, dass
Werbung für pornographische Videos, Sites oder SMS-Bilder weder straf- noch
konzessionsrechtlich verboten ist, wenn dabei der Jugendschutz und die Würde
des Menschen gewahrt bleiben. Nicht die Werbung für weichpornographische
Inhalte von Videos ist zu kritisieren, sondern die konkrete Gestaltung der
Werbung im Programm der Beschwerdeführerin; für diese hat sie unabhängig
davon die Verantwortung zu tragen, dass Mehrwertdienstnummern mit
pornographischen Angeboten (0906) als solche grundsätzlich nicht unzulässig
sind. Die Beschwerdeführerin verweist vergeblich auf die Verantwortlichkeit
der Betreiber der jeweiligen Mehrwertdienste; sie hat dafür zu sorgen, dass
keine rundfunkrechtswidrigen Ausstrahlungen erfolgen; "pornographische"
Werbespots der vorliegenden Art haben als solche zu gelten.

  6.4  Die Kritik der Beschwerdeführerin, sie werde durch das
rundfunkrechtliche Aufsichtssystem gegenüber anderen Medien, insbesondere
gegenüber der geschriebenen Presse, benachteiligt, verkennt die besondere
Wirkung, welche von den Bild- bzw. den audiovisuellen Medien ausgeht: Das
Bild ist konkret, wirkt emotional unmittelbarer, ganzheitlicher und
unentrinnbarer als das Wort. Nach den Empfehlungen des Presserats gelten für
Bilder deshalb zumindest die gleichen berufsethischen Regeln wie für Texte;
auch sie haben die Menschenwürde und den Persönlichkeitsschutz "in jedem
Fall" zu achten (Stellungnahme Nr. 1/98 vom 20. Februar 1998 betreffend
Bilder zu sexueller Gewalt ["Facts"]; vgl. auch STUDER/MAYR VON BALDEGG,
Medienrecht für die Praxis, 2. Aufl., Zürich 2001, S. 158 ff.). Das
Fernsehen wirkt insofern noch direkter, als es Bild und Ton

verknüpft und in eine zusammenhängende Abfolge setzt; zudem kommt ihm eine
grössere Reichweite zu, weshalb es nicht nur im redaktionellen Teil, sondern
auch bei der Werbung besonderen programmrechtlichen Vorgaben unterworfen
werden darf (BGE 123 II 402 E. 5a S. 415 [VgT] mit Hinweisen; Urteil des
EGMR i.S. Murphy gegen Irland vom 10. Juli 2003, Recueil CourEDH 2003-IX S.
33, Ziff. 69). Im Übrigen tragen auch die Printmedien regelmässig den
ethischen Minimalregeln Rechnung, welche die Beschwerdeführerin bei der
Gestaltung der umstrittenen Werbevideos verletzt hat: So lehnt etwa der
Ringier-Verlag Erotik-Anzeigen in seiner Boulevardpresse mit "ein- oder
zweideutige[n] Abbildungen von Modellen mit anzüglichem Ausdruck (Blick,
Körperhaltung etc.) sowie Accessoires, die den erotischen Eindruck stark
unterstreichen" ab; "Abdeckungen bzw. Zensurbalken" werden nicht geduldet.
Zudem besteht eine Liste mit gesperrten Textinhalten, worunter ein Grossteil
der in den ausgestrahlten Spots verwendeten Begriffe fällt
(Insertionsbedingungen Rubrikanzeigen Erotik, gültig ab 1. Januar 2006).

  6.5
  6.5.1  Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, der Jugendschutz sei
vorliegend - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeinstanz - gar nicht
berührt, da sie die entsprechenden Spots nach Mitternacht ausstrahle, wo
angenommen werden dürfe, dass keine Jugendlichen mehr vor dem Fernseher
sässen, verkennt sie die heutigen Realitäten: Wenn die UBI in ihren
Guidelines davon ausgeht, eine Ausstrahlung nach 23 Uhr sei im Rahmen des
Jugendschutzes in sensiblen Bereichen zulässig, bezieht sich dies auf
Unterhaltungssendungen mit erotischen und in diesem umgangssprachlichen Sinn
softpornographischen Inhalten (vgl. zur Begriffsabgrenzung: HEIMGARTNER,
a.a.O., S. 1483). Damit sind nicht - losgelöst vom Inhalt des beworbenen
Produkts - Werbespots der vorliegenden Art gemeint; zudem verliert der
Zeitpunkt der Ausstrahlung einer Sendung im Hinblick auf den
zeitverschobenen Fernsehkonsum als Instrument des Jugendschutzes zusehends
an Bedeutung: Die in den Empfangsgeräten integrierten Set-Top-Boxen
erleichtern mit ihren hohen Speicherkapazitäten den zeitverzögerten Konsum
von Sendungen und ermöglichen dadurch den Zugang zu jugendgefährdenden
Beiträgen immer regelmässiger auch ausserhalb der traditionell anerkannten
späten Ausstrahlungszeiten (BBl 2003 S. 1670); schliesslich finden sich -
wie bereits die UBI festgestellt hat - immer mehr

Fernsehapparate nicht nur in Stuben, sondern direkt auch in Schlafzimmern
von Jugendlichen (vgl. OSTENDORF, a.a.O., S. 380).

  6.5.2  Zwar haben in erster Linie die Eltern dem Konsum von Medieninhalten
entgegenzuwirken, welche Kinder oder Jugendlichen gefährden können; dies
befreit die Beschwerdeführerin als konzessionierte Veranstalterin von
Fernsehprogrammen jedoch nicht von ihren rundfunkrechtlichen Pflichten in
diesem Bereich, selbst wenn mit Blick auf die Fülle des aus dem In- und
Ausland über Internet zugänglichen einschlägigen Materials der Jugendschutz
nicht vollumfänglich sichergestellt werden kann (vgl. BGE 131 IV 64 E.
10.1.2 S. 68) und keine klar gesicherten, definitiven Erkenntnisse über die
Wirkung von Erotik oder Pornographie auf die Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen bestehen (SCHUMANN, a.a.O., S. 572 f. mit Hinweisen; vgl.
immerhin OSTENDORF, a.a.O., S. 374). Eine damit verbundene abstrakte Gefahr
genügt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 RTVG 1991 (zu Deutschland: SCHUMANN,
a.a.O., S. 573 Fn. 41 mit Hinweis auf Gesetzesmaterialen und
Expertenhearings; vgl. auch BVerfGE 83, 130 ["Josephine Mutzenbacher"],
B.I.2b). Auch Art. 197 Ziff. 1 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt
formuliert (vgl. BGE 131 IV 64 E. 10.1.2).

  6.6  Die UBI ist davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin habe mit den
Werbespots zudem Art. 15 Abs. 1 lit. e RTVV 1997 verletzt. Nachdem bereits
eine Rundfunkrechtsverletzung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 2 RTVG 1991
vorliegt, muss dieser Frage hier an sich nicht (mehr) weiter nachgegangen
werden. Es rechtfertigen sich dennoch die folgenden Hinweise: Unzulässig im
Sinne dieser Bestimmung ist eine Werbung, die sich die natürliche
Leichtgläubigkeit der Kinder oder den Mangel an Erfahrung bei Jugendlichen
zunutze macht oder ihr Anhänglichkeitsgefühl missbraucht. Es erscheint
fraglich, ob mit den umstrittenen Werbespots tatsächlich die mangelnde
Erfahrung von Jugendlichen im sexuellen Bereich ausgenutzt wird, da für das
Herunterladen der beworbenen Sequenzen auf das Handy nicht der
Programmveranstalter, sondern der Anbieter die Verantwortung trägt; die UBI
hat die bei ihr beanstandeten (Werbe-)Sendungen zu prüfen und nicht den Wert
oder Unwert des angebotenen Produkts zu beurteilen. Der Programmveranstalter
hat seinerseits sicherzustellen, dass die ausgestrahlte Werbung in ihrer
Form nicht die öffentliche Sittlichkeit beeinträchtigt und dem Jugendschutz
zuwiderläuft. Die Tatsache allein, dass die portable Kommunikation mit SMS
und MMS in erster Linie ein jugendliches

oder junggebliebenes Publikum anspricht und dieses allenfalls über seine
wirtschaftlichen Mittel hinaus von solchen Angeboten Gebrauch macht, genügte
für sich allein deshalb nicht, um sämtliche im Radio oder Fernsehen
ausgestrahlten crossmedialen Formen von Mehrwertdienstleistungen
(Gewinnspiele, Ratespiele, Tele-Voting usw.) unter diese Bestimmung fallen
zu lassen.

Erwägung 7

  7.  Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der angefochtene Entscheid der
UBI nicht bundesrechtswidrig ist und weder Bundesverfassungs- noch
Konventionsrecht verletzt: Der damit verbundene Eingriff in die Wirtschafts-
bzw. Meinungsäusserungsfreiheit beruht auf einer durch die Rechtsprechung
hinreichend konkretisierten gesetzlichen Grundlage (Art. 6 RTVG 1991), liegt
zur Wahrung der Jugendlichen vor (Werbe-)Sendungen, die geeignet sind, ihre
ethische Entwicklung zu beeinträchtigen, indem menschenverachtendes
Verhalten im sexuellen Bereich als üblich, positiv und nachahmenswert
dargestellt wird, im öffentlichen Interesse und ist verhältnismässig, da
dadurch nicht jegliche Werbung für zulässige weiche Pornographie verboten
wird. Zwar erstreckt sich die Meinungsäusserungsfreiheit von Art. 10 EMRK
auch auf pornographische Darstellungen, die keinerlei informativen Gehalt
aufweisen und rein kommerziellen Zwecken dienen, doch räumt der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte den nationalen Behörden in diesem
Zusammenhang einen relativ grossen Beurteilungsspielraum ein (BGE 128 IV 201
E. 1.4.3), der hier nicht überschritten wurde. Die Beschwerde ist somit
abzuweisen.