Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 V 149



Urteilskopf

132 V 149

  16. Auszug aus dem Urteil i.S. S. gegen Personalversicherung der Firma X.
und Kantonsgericht Basel-Landschaft
  B 113/03 vom 30. Januar 2006

Regeste

  Art. 13 Abs. 2 und Art. 73 BVG: Auslegung und Anwendung von
Reglementsbestimmungen in der weitergehenden beruflichen Vorsorge bei
Verzicht auf Rentenkürzung im vorzeitigen Altersrücktritt.

  Die Arbeitgeberin hat sich im Zusammenhang mit einer ihr reglementarisch
eingeräumten Potestativbedingung bei der Willensbetätigung von sachlichen
Kriterien, den Grundsätzen der beruflichen Vorsorge und den
rechtsstaatlichen Minimalanforderungen (Willkürverbot, Rechtsgleichheit)
leiten zu lassen. (Erw. 5.2.6)

Auszug aus den Erwägungen: ab Seite 149

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

  4.  Das Reglement der Personalversicherung der Firma X. - nachfolgend: VE
X., Vorsorgeeinrichtung oder Beschwerdegegnerin - sieht in Art. 14 Ziff. 9
die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung vor Erreichen des im
Reglement festgehaltenen Schlussalters vor (Abs. 1). Dabei wird die Rente
entsprechend gekürzt (Abs. 2 und 3). Eine solche Kürzung entfällt jedoch
nach Massgabe der in Art. 14 Ziff. 9 Abs. 4 des Reglements wie folgt
umschriebenen Voraussetzungen:

   "Erfolgt der vorzeitige Rücktritt auf Wunsch der Firma, so unterbleibt
    auf deren Anordnung die Rentenkürzung gemäss Skala im vorgängigen

    Abschnitt. Die versicherungstechnischen Kosten des Verzichtes auf
    Rentenkürzung werden durch die Firma getragen."

  Zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin im Lichte dieser einschlägigen
vorsorgereglementarischen Grundlage zu Recht eine Rentenkürzung vornahm.
Dabei liegt im Streit, ob die vorzeitige Pensionierung "auf Wunsch" der
Firma X. - nachfolgend: Firma X. oder Arbeitgeberin - erfolgte (Erw. 5.1)
und wie es sich mit "deren Anordnung" (Erw. 5.2) verhält.

Erwägung 5

  5.  Im Dreiecksverhältnis Arbeitgeberin/Arbeitnehmer/Vorsorgeeinrichtung
ist zwischen Anschluss-, Arbeits- und Vorsorgevertrag zu unterscheiden (BGE
118 V 231 Erw. 4a). Auf den Vorsorgevertrag, welcher den versicherten
Arbeitnehmer und die Vorsorgeeinrichtung im Bereich der weitergehenden
beruflichen Vorsorge (HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, Zürich
2005, S. 115 f. Rz 321 mit Hinweisen; Isabelle Vetter-Schreiber, Berufliche
Vorsorge, Zürich 2005, S. 156) verbindet und welcher von Lehre und
Rechtsprechung den Innominatsverträgen sui generis zugeordnet wird (vgl.
z.B. Hermann Walser, Weitergehende Vorsorge, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 186; HANS MICHAEL
Riemer, Vorsorge-, Fürsorge- und Sparverträge der beruflichen Vorsorge, in:
Innominatsverträge, Festgabe zum 60. Geburtstag von Walter R. Schluep,
Zürich 1988, S. 236 ff.; THOMAS Geiser, Die Auslegung von
Stiftungsreglementen, in: SZS 2000 S. 101; BGE 129 V 147 Erw. 3.1, 118 V 232
Erw. 4b), ist der Allgemeine Teil des Obligationenrechts anwendbar (Art.
1-183 OR). Reglement oder Statuten stellen den vorformulierten Inhalt des
Vorsorgevertrages dar, vergleichbar Allgemeinen Vertrags- oder
Versicherungsbedingungen, denen sich der Versicherte in der Regel
konkludent, durch Antritt des Arbeitsverhältnisses und unwidersprochen
gebliebene Entgegennahme von Versicherungsausweis und Vorsorgereglement,
unterzieht (BGE 129 V 147 Erw. 3.1 mit Hinweisen; VETTER-SCHREIBER, a.a.O.,
S. 156). Nach ständiger Rechtsprechung hat die Auslegung der
Vorsorgeverträge nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Es ist darauf
abzustellen, wie die zur Streitigkeit Anlass gebende Willenserklärung vom
Empfänger in guten Treuen verstanden werden durfte und musste. Dabei ist
nicht auf den inneren Willen des Erklärenden abzustellen, sondern auf den
objektiven Sinn seines Erklärungsverhaltens. Der Erklärende hat gegen sich
gelten zu lassen, was ein vernünftiger und korrekter Mensch unter der
Erklärung

verstehen durfte. Weiter sind die besonderen Auslegungsregeln bei
Allgemeinen Geschäfts- oder Versicherungsbedingungen zu beachten,
insbesondere die Unklarheits- und die Ungewöhnlichkeitsregel (BGE 130 V 81
Erw. 3.2.2, 127 III 255 Erw. 3f, 122 V 146 Erw. 4c; RIEMER, a.a.O., S. 237
f.; GEISER, a.a.O., S. 112 f.).

  5.1  Das kantonale Gericht hat mit zutreffender Begründung den Standpunkt
der VE X. entkräftet, welche auch letztinstanzlich noch an der Auffassung
festhält, es sei nicht von einem auf Wunsch der Firma erfolgten vorzeitigen
Rücktritt auszugehen. Nach Lage der Akten wurde der Beschwerdeführer
unmissverständlich vor die Wahl gestellt, entweder selber zu kündigen oder
aber sich vorzeitig pensionieren zu lassen. Die entsprechende Praxis in der
Arbeitslosenversicherung ist auch in der beruflichen Vorsorge anzuwenden
(SZS 1991 S. 268 Erw. 3b). Indem sich der Versicherte in dieser
Zwangssituation für das zweite entschied, während er im Grunde weiter für
die Firma X. hätte arbeiten wollen, kann keinesfalls auf einen von ihm
gewünschten vorzeitigen Rücktritt geschlossen werden. Die in
wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende Arbeitgeberin baute Personal ab.
Der Beschwerdeführer als langjähriger Arbeitnehmer war von diesen
Restrukturierungsmassnahmen betroffen. Sein vorzeitiger Rücktritt ist im
Ergebnis auf Wunsch der Firma X. erfolgt.

  5.2  Heikler ist die Auslegung des Passus, wonach die Rentenkürzung gemäss
Skala im vorgängigen Abschnitt "auf deren Anordnung" hin zu unterbleiben
habe. Die Beschwerdegegnerin und ihr folgend das kantonale Gericht nehmen
den Standpunkt ein, eine solche Anordnung seitens der Arbeitgeberin sei im
Falle des Versicherten nicht ergangen, weshalb der Tatbestand des
Kürzungsverzichts nicht erfüllt sei.

  5.2.1  Zur Begründung seiner Auffassung geht das kantonale Gericht davon
aus, die Firma X. sei auf Grund des Reglements befugt, frei zu bestimmen, ob
sie der VE X. den Verzicht auf Rentenkürzung vorschlagen wolle oder nicht.
Die wirtschaftliche Situation und das Verhältnis zum Arbeitnehmer seien
Gesichtspunkte, von welchen die Arbeitgeberin die Ausrichtung einer
gekürzten oder ungekürzten Rente in zulässiger Weise abhängig machen dürfe.

  Die Beschwerdegegnerin hält dafür, es obliege der Arbeitgeberin, durch
Kostengutsprache die Ausrichtung einer ungekürzten Rente

zu ermöglichen. Seit Ende 1997 habe die Firma X. entschieden, wegen den
anhaltend schlechten Geschäftsergebnissen bei vorzeitigen Pensionierungen
die versicherungstechnischen Kosten nicht mehr zu tragen.

  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde argumentiert, der Wortlaut der
Reglementsbestimmung lasse nicht auf eine freie Wahlmöglichkeit schliessen.
Die Reglementsbestimmung ergebe, was Ziel und Zweck anbelange, nur dann
einen Sinn, wenn die unterschiedlichen Tatbestände der Pensionierung auf
Wunsch des Arbeitnehmers einerseits und der Pensionierung auf Wunsch der
Arbeitgeberin anderseits auch unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zögen.
Hätte mit der Reglementsbestimmung eine Entschlussfreiheit der Firma X.
bezweckt werden sollen, hätte dies durch eine entsprechende Fassung
redaktionell zum Ausdruck kommen und z.B. mit dem Wort "kann" verdeutlicht
werden müssen. Eine rein wörtliche Auslegung des Wortes "Anordnung" sei
bundesrechtswidrig. Zumindest sei aber in Anwendung der Unklarheitsregel zu
Lasten der Beschwerdegegnerin zu entscheiden.

  5.2.2  Zunächst ist der sprachliche Sinn des Passus "unterbleibt auf deren
Anordnung die Rentenkürzung" zu ermitteln. Das Demonstrativpronomen "deren"
bezieht sich grammatikalisch eindeutig auf die "Firma". Es ist also die
Arbeitgeberin, welche gegebenenfalls das Unterbleiben der Rentenkürzung
anordnet. Dass die Anordnung stets zu erfolgen hätte, wenn der Rücktritt auf
Wunsch der Firma X. erfolgte (Erw. 5.1), ergibt sich aus dem Sprachsinn
nicht. Auch ohne die vom Beschwerdeführer geforderte Potestativform ("kann")
ist der Tatbestand eindeutig durch ein voluntatives Moment, den Willen der
Arbeitgeberin, charakterisiert. Anders verhielte es sich, wenn sich das beim
Wort "Anordnung" stehende Hinweiswort nicht auf die "Firma", sondern auf den
"Rücktritt" bezöge und die Formulierung lautete: "... unterbleibt auf dessen
Anordnung die Rentenkürzung". Mit der grammatikalischen Auslegung dringt der
Beschwerdeführer daher nicht durch, ebenso wenig mit den Überlegungen zu
Sinn und Zweck der Bestimmung.

  5.2.3  Während Abs. 1 von Art. 14 Ziff. 9 des Reglements Frauen ab dem
vollendeten 52. und Männern ab dem vollendeten 55. Lebensjahr das Recht
gegenüber der VE X. einräumt, sich vorzeitig pensionieren lassen zu können,
wird in Abs. 2 derselben Bestimmung als Grundsatz bei vorzeitigem Rückzug
aus der erwerblichen

Aktivität die Rechtsfolge einer nach dem Lebensalter bei Rücktritt
abgestuften Kürzung der Altersrente stipuliert; dabei werden die in Abs. 2
aufgelisteten Kürzungsfaktoren bei gebrochenen Altersjahren linear
interpoliert (Abs. 3). Nach Abs. 4 von Art. 14 Ziff. 9 des Reglements
unterbleibt eine Rentenkürzung ausnahmsweise für den Fall, dass - im Sinne
kumulativ zu erfüllender Voraussetzungen - der vorzeitige Rücktritt auf
Wunsch der Firma erfolgt (Erw. 5.1 hievor) und diese den Verzicht auf die
Rentenkürzung anordnet. Diese Anordnung hängt von einer entsprechenden, im
konkreten Einzelfall abzugebenden Willenserklärung der Arbeitgeberin ab und
nicht vom "vorzeitigen Rücktritt auf Wunsch der Firma" (Erw. 5.2.2). Die
Arbeitgeberin - und nicht etwa die VE X. - hat denn auch die finanziellen
Auswirkungen ihrer Willenserklärung zu tragen, da sie die
versicherungstechnischen Kosten des vorzeitigen Rücktritts zu übernehmen
hat. Kommt es auf eine blosse Willenserklärung an, so spricht man von einer
Wollens- oder Potestativbedingung (EUGEN BUCHER, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht, 2. Aufl., Zürich
1988, S. 507; CLAIRE HUGUENIN, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zürich
2004, S. 191 Rz 1220; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, 8. Aufl., Zürich 2003, S. 367
Rz 4200; GUHL/KOLLER/SCHNYDER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht
mit Einschluss des Handels- und Wertpapierrechts, 9. Aufl., Zürich 2000, S.
57 Rz 15; INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner
Teil, 3. Aufl., Bern 2003, Rz 11.07; BGE 122 III 15 Erw. 4b mit Hinweisen).
Aus dem Normzweck der Bedingung als wesentlichem Element der Privatautonomie
(GUHL/KOLLER/SCHNYDER/DRUEY, a.a.O., S. 55 Rz 3) folgt, dass grundsätzlich
keine Verpflichtung zur Erfüllung einer Bedingung besteht, da andernfalls
die Parteien nicht eine Bedingung, sondern eine vertragliche Pflicht
vereinbart hätten (FELIX R. EHRAT, Kommentar zum Schweizerischen
Privatrecht, [Basler Kommentar], Obligationenrecht I: Art. 1-529 OR, 3.
Aufl., Basel 2003, Vorbemerkungen zu Art. 151-157, N 2).

  5.2.4  Im Sinne eines Zwischenergebnisses ist somit festzuhalten, dass
Art. 14 Ziff. 9 Abs. 4 des Reglements den ausnahmsweisen Verzicht auf
Rentenkürzung (bei vorzeitiger Pensionierung auf Wunsch der Arbeitgeberin)
von einer potestativen Suspensivbedingung (Art. 151 OR) abhängig macht.
Diese besteht hier in dem

- vom Zeitpunkt der erfolgten Auflösung des Arbeits- und
Vorsorgeverhältnisses aus gesehen - künftigen Willensentschluss und der
-erklärung einer am Vorsorgevertrag nicht beteiligten Drittperson, der
Arbeitgeberin. Diese Bedingung ist im Lichte der Privatautonomie,
insbesondere der Vertragsinhaltsfreiheit (Art. 19 Abs. 1 OR), grundsätzlich
zulässig. Doch sind nach ständiger Rechtsprechung (BGE 130 V 376 Erw. 6.4
und 115 V 109 Erw. 4b, je mit Hinweisen; STAUFFER, a.a.O., S. 513 ff. Rz
1359 ff.) die rechtsstaatlichen Minimalanforderungen - Willkürverbot,
Verhältnismässigkeit, Treu und Glauben sowie die Rechtsgleichheit, hier
vorab in der Form der Gleichbehandlung der Destinatäre (BGE 124 II 573 Erw.
2c mit Hinweisen) - zu beachten.

  5.2.5  Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre im Rahmen der
weitergehenden beruflichen Vorsorge ist von Lehre, Rechtsprechung und Praxis
anerkannt, indem er neben den Grundsätzen der Angemessenheit, Kollektivität
und Planmässigkeit ein Strukturprinzip der steuerrechtlich anerkannten
beruflichen Vorsorge darstellt (Kreisschreiben Nr. 1 vom 30. Januar 1986 und
Nr. 1a vom 20. August 1986 der Eidgenössischen Steuerverwaltung; LINDA
PETER-SZERENYI, Der Begriff der Vorsorge im Steuerrecht, Diss. Zürich 2001,
S. 78; STAUFFER, a.a.O., S. 101 f. Rz 283 f. mit Hinweisen; MARTIN STEINER,
Beletage-Versicherung, Möglichkeiten und Grenzen aus steuerlicher Sicht, in:
ASA 58 1990 S. 625 ff.; VETTER-SCHREIBER, a.a.O., S. 35 ff.; Walser, a.a.O.,
Rz 178 ff.; vgl. auch Art. 1 Abs. 3 BVG in der auf den 1. Januar 2006 in
Kraft getretenen Fassung gemäss der 1. BVG-Revision vom 3. Oktober 2003 [AS
2004 1677 u. 1700]). Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch bei reinen
Ermessensleistungen in ausserobligatorischen Vorsorgeeinrichtungen Anwendung
(STAUFFER, a.a.O., S. 515 Rz 1363 i.f.) und schliesst nicht aus, dass unter
den Destinatären nach objektiven Kriterien Kategorien gebildet werden dürfen
(vgl. STEINER, a.a.O., S. 633; VETTER-SCHREIBER, a.a.O., S. 36). Innerhalb
der gebildeten Gruppen (z.B. im Rahmen verschiedener Vorsorgepläne) sind die
Destinatäre jedoch einander gleichzustellen. Dies gebietet auch der
Grundsatz der Kollektivität, wonach jeweils alle Angestellten einer
Kategorie einzubeziehen sind, was Einzellösungen oder Sonderregelungen
entgegensteht (PETER-SZERENYI, a.a.O., S. 84 f.; STEINER, a.a.O., S. 631;
Walser, a.a.O., Rz 179). Die Planmässigkeit schliesslich bedeutet, dass
sowohl die Finanzierung wie auch die Ausgestaltung

der Leistungsseite in Statuten oder Reglement zum Voraus nach schematischen
Kriterien festzulegen sind (Peter-Szerenyi, a.a.O., S. 85 ff., Steiner,
a.a.O., S. 631).

  5.2.6  Auf dem Hintergrund dieser auch für die weitergehende berufliche
Vorsorge massgebenden rechtlichen Schranken ergibt sich aus einer an diesen
höherrangigen, d.h. der Vertragsfreiheit vorgehenden Grundsätzen
orientierten Auslegung der streitigen Reglementsbestimmung, dass die
Arbeitgeberin keineswegs frei darüber entscheiden kann, ob sie die
Rentenkürzung anordnen will oder nicht. Aus den dargelegten Grundsätzen
folgt vielmehr die Verpflichtung, ihren Entscheid auf sachlich
gerechtfertigte Kriterien abzustützen und dabei die Destinatäre gleich zu
behandeln, dies analog der Praxis zu den Ermessensleistungen, über welche
die Vorsorgeorgane entscheiden (BGE 130 V 83 Erw. 3.2.6). Hat sich ein
Stiftungsrat bei der Entscheidung über die Erbringung von
Ermessensleistungen an objektiven Kriterien zu orientieren (BGE 130 V 80
betreffend Ausrichtung von Teuerungszulagen), gilt dies in analoger Weise
für eine nicht am Vorsorgevertrag beteiligte Arbeitgeberin, welche mit Blick
auf die Auslegung und Anwendung einer streitigen Reglementsbestimmung im
Falle einer Potestativbedingung bei der Willensbetätigung sachliche
Kriterien nach den Grundsätzen der beruflichen Vorsorge (Erw. 5.2.5 hievor)
zu berücksichtigen hat. Dabei gilt es allerdings dem Umstand Rechnung zu
tragen, dass es die Arbeitgeberin ist, welche letztlich die Kosten eines
positiven Ermessensentscheides zu tragen hat. Hier fallen als sachliche
Kriterien nicht nur die wirtschaftliche Situation der Arbeitgeberin, sondern
auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Zufriedenheit des
Arbeitgebers mit den Leistungen und dem Verhalten des Arbeitnehmers in
Betracht; im Weiteren Tatsachen, welche im Vorfeld, bei der Durchführung
oder im Anschluss an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, eine Rolle
spielen, zum Beispiel, dass der Arbeitgeber auf einschneidendere
Möglichkeiten der Vertragsauflösung verzichtet hat, dem wegziehenden
Arbeitnehmer anderweitige Leistungen nicht vorsorgerechtlicher Natur
zukommen lässt oder Massnahmen der Nachfürsorge in die Wege leitet (z.B.
Übernahme der Kosten für professionelle Arbeitsvermittlung, Beiträge an
Weiterausbildung). Nur unter solchen Umständen kann der Reglementsbestimmung
eine verfassungskonforme Bedeutung beigemessen werden, weil andernfalls der
Entscheid der Arbeitgeberin, den

Verzicht auf die Rentenkürzung anzuordnen oder nicht, nach willkürlichen
Gesichtspunkten erfolgen könnte, was nicht anginge.

  5.3  Während das kantonale Gericht die Auffassung vertrat, ab 1998 habe
die Arbeitgeberin aus finanziellen Gründen grundsätzlich keine
versicherungstechnischen Kosten für den Verzicht auf Rentenkürzungen bei
vorzeitigen Rücktritten mehr übernehmen können, wendet der Beschwerdeführer
ein, die Firma X. habe T., einem seiner Arbeitskollegen, am 23. September
1997 einen weitgehend gleich lautenden Brief betreffend vorzeitige
Pensionierung zugestellt wie das an den Versicherten adressierte Schreiben
vom 17. September 1999. T. sei kein Einzelfall, in welchem die Arbeitgeberin
bei vorzeitiger Pensionierung auf eine Rentenkürzung verzichtet habe.
Sinngemäss macht der Versicherte geltend, die Firma X. habe bei ihm in
willkürlicher und rechtsungleicher Anwendung von Art. 14 Ziff. 9 Abs. 4 des
Reglements die Anordnung des Verzichts auf die Rentenkürzung und somit die
Übernahme der hiefür anfallenden versicherungstechnischen Kosten verweigert.

  Mit Eingabe vom 7. Oktober 2005 beantwortete die Firma X. die ihr im
Instruktionsverfahren unterbreiteten Fragen dahingehend, gestützt auf Art.
14 Ziff. 9 Abs. 4 des Reglements in der ab 1. Januar 1997 gültigen Fassung
habe sie nur bis Ende 1997 bei vorzeitigen Rücktritten auf Wunsch der
Arbeitgeberin die versicherungstechnischen Kosten für Frühpensionierungen
übernommen. Dann habe die Geschäftsleitung beschlossen, zukünftig generell
keine ungekürzten Altersrenten mehr zu finanzieren. Das schwierige
wirtschaftliche Umfeld und die Geschäftslage der Firma X., welche seit 1997
in der Schweiz rote Zahlen schreibe, hätten die Arbeitgeberin dazu
gezwungen, über die letzten Jahre viele - allein zwischen 1999 und 2002 mehr
als 50% - ihrer Arbeitsplätze abzubauen. Die versicherungstechnischen Kosten
für die letzten drei noch im Jahre 1997 beschlossenen vorzeitigen
Pensionierungen (die entsprechenden Rücktritte erfolgten zum 31. Januar
[zwei Arbeitnehmer] und 28. Februar 1998 [ein Arbeitnehmer]) seien am 28.
Februar 1998 von der Firma X. geleistet worden. Abgesehen von diesen drei
Fällen seien alle nachfolgenden, auf einen späteren Zeitpunkt im Jahre 1998
erfolgten zwanzig Frühpensionierungen sowie sämtliche weiteren vorzeitigen
Rücktritte ohne Übernahme der versicherungstechnischen Kosten durch die
Arbeitgeberin und folglich ohne Verzicht auf die reglementarischen

Rentenkürzungen abgewickelt worden. Dies bestätigte die Beschwerdegegnerin
mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 unter Verweis auf drei Kontoauszüge der
VE X., welche die Zahlungseingänge von der Firma X. zur Finanzierung der
versicherungstechnischen Kosten der von 1997 bis 1999 erfolgten vorzeitigen
Pensionierungen verzeichnen und mit den Angaben der Arbeitgeberin
übereinstimmen.

  Demgegenüber macht der Beschwerdeführer im zweiten Schriftenwechsel
geltend, die Firma X. und die Beschwerdegegnerin hätten die Fragen des
Instruktionsrichters nicht beantwortet. Aus den Pensionierungslisten der
Jahre 1997 bis 1999 gehe nicht hervor, welche der Frühpensionierungen "auf
Wunsch der Firma" erfolgt seien. Die fehlende Übernahme der
versicherungstechnischen Kosten durch die Arbeitgeberin für die ab 1998
ausgewiesenen vorzeitigen Rücktritte sei nur so zu interpretieren, dass die
betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (wie der Beschwerdeführer
selber) einfach vor die Wahl einer Kündigung oder einer vorzeitigen
Pensionierung gestellt worden seien; habe der Betroffene die vorzeitige
Pensionierung gewählt, sei dies als Rücktritt "auf Wunsch des Arbeitnehmers"
qualifiziert worden.

  5.3.1  Der Beschwerdeführer vermag aus der Tatsache, dass sein vorzeitiger
Rücktritt "auf Wunsch der Firma" (Erw. 5.1 hievor) erfolgte, nichts zu
seinen Gunsten abzuleiten. Entscheidend ist vielmehr, ob die
Potestativbedingung (Erw. 5.2 hievor) in seinem Falle im Rahmen der
massgebenden rechtlichen Schranken willkürfrei und in Gleichbehandlung mit
den anderen Destinatären unerfüllt blieb. Nicht Gegenstand der Prüfung ist
die Frage, ob Art. 14 Ziff. 9 Abs. 4 des Reglements in der weiter
zurückliegenden Vergangenheit vor 1998 stets in Beachtung der in Erwägung
5.2.5 dargestellten Grundsätze nach pflichtgemässem Ermessen, das heisst
unter Berücksichtigung aller objektiv relevanten Umstände des Einzelfalles
angewandt wurde (vgl. SZS 1993 S. 354 ff. mit Anmerkung von Riemer, SZS 1993
S. 359, wonach im Bereich von Kann-Vorschriften auf einen Rechtsanspruch zu
schliessen ist, "wenn im Einzelfall alle objektiv relevanten Umstände so
liegen, dass aus dem pflichtgemässen Ausüben des Ermessens nur die
Zusprechung der Leistung resultieren kann").

  5.3.2  Der Beschwerdeführer legt weder dar noch sind den Akten
Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Firma X. ab 1998 -

abgesehen von den drei 1997 beschlossenen und im Januar und Februar 1998
vorzeitig erfolgten Rücktritten - weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
unter Anordnung des Verzichts auf Rentenkürzung frühpensioniert hätte.
Vielmehr ist den von Seiten der Beschwerdegegnerin und der Arbeitgeberin
eingereichten Unterlagen zu entnehmen, dass letztere seit 1998 stets und
einheitlich bei vorzeitigen Pensionierungen keine versicherungstechnischen
Kosten für ungekürzte Rentenleistungen mehr übernommen hat. Die Firma X.
führt dafür Gründe des wirtschaftlichen Umfeldes und der eigenen
Geschäftslage an, also objektiv relevante Umstände, welche sie zu
anhaltendem erheblichem Personalabbau mit Frühpensionierungen zwangen, so
dass sie die Finanzierung ungekürzter Altersrenten bei vorzeitigen
Rücktritten nicht mehr übernehmen konnte, was der Beschwerdeführer zu Recht
nicht bestreitet.

  Im Rahmen des ihr gestützt auf die Potestativbedingung zustehenden
Ermessens (Erw 5.2.3 f.), bei einer vorzeitigen Pensionierung nach Art. 14
Ziff. 9 Abs. 4 des Reglements den Verzicht auf eine Rentenkürzung anzuordnen
oder nicht, stützte sich die Arbeitgeberin somit auf die sachlichen
Kriterien der nachhaltig veränderten wirtschaftlichen Situation sowie des
eigenen verlustreichen Geschäftsganges und beachtete mit Blick auf die im
Falle des Beschwerdeführers verweigerte Anordnung des Verzichts auf die
Rentenkürzung die massgebenden Grundsätze (Erw. 5.2.5 f.), indem sie
insbesondere alle Destinatäre bei vorzeitigen Rücktritten ab 1998 gleich
behandelte.

  5.4  Nach dem Gesagten ist die aus sachlichen Gründen ab 1998 einheitlich
und rechtsgleich praktizierte Anwendung von Art. 14 Ziff. 9 Abs. 4 des
Reglements, welche die Arbeitgeberin dazu führte, auch im Falle des
Beschwerdeführers die versicherungstechnischen Kosten des vorzeitigen
Rücktritts nicht zu übernehmen, im Rahmen der bei Überprüfung von
Ermessensentscheiden geübten Zurückhaltung (SVR 2004 BVG Nr. 21 S. 68 Erw.
4.1 mit Hinweisen) nicht zu beanstanden. Das hat die Vorinstanz im Ergebnis
richtig erkannt.