Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 I 127



Urteilskopf

132 I 127

  15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Gossau
sowie Kantonsgericht St. Gallen (Staatsrechtliche Beschwerde)
  1P.61/2006 vom 25. April 2006

Regeste

  Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK; Zulassung anonymer
Zeugen, Wahrung der Verteidigungsrechte.

  Die Zulässigkeit des Einsatzes eines anonymen Zeugen beurteilt sich nicht
nach formalen Kriterien. Vielmehr ist in einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob
die durch seine Zulassung bewirkte Beschneidung der Verteidigungsrechte
durch schutzwürdige Interessen gedeckt ist und, falls ja, der Beschuldigte
trotzdem einen fairen Prozess hatte (E. 2).

  Der Einsatz anonymer Zeugen ist in concreto - Fall eines ungewöhnlich
gewaltbereiten Einzeltäters, dem schwere SVG-Delikte und Nötigung
vorgeworfen werden - zulässig (E. 4.1 und 4.2).

  Die Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte wurde ungenügend kompensiert,
indem weder der Beschuldigte noch sein Verteidiger die Gelegenheit
erhielten, den Zeugen in wenigstens indirekter Konfrontation zu befragen (E.
4.3).

Sachverhalt

  Das Kreisgericht Alttoggenburg-Wil verurteilte X. am 24. August 2004 wegen
mehrfacher grober Verletzung von Verkehrsregeln, Nötigung sowie einer hier
nicht mehr interessierenden Widerhandlung gegen das ANAG zu 6 Monaten
Gefängnis unbedingt und einer Busse von 150 Franken. Es hielt - im
Wesentlichen auf Grund der Aussagen von zwei im Verfahren als "x1" und "x2"
bezeichneten Zeugen - für erwiesen, dass X. am 22. August 2002 am Steuer
seines "Jaguar Sovereign" auf der A1 von Aarau nach Wil fuhr und dabei auf
der Umfahrung Winterthur Verkehrsregeln in krasser Weise missachtete, indem
er bei Tempo 100 km/h bis auf 2 Meter auf einen vor ihm fahrenden BMW
aufgeschlossen, diesen dann überholt und ausgebremst habe. Er habe seinen
"Gegner" mit erhobener Faust und einer obszönen Geste bedroht und ihm durch
das Beifahrerfenster eine PET-Flasche auf den Kühler geworfen. Das
Kantonsgericht St. Gallen wies die Berufung von X. am 9. November 2005 ab.

  Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. Januar 2006 wegen Verletzung von
Art. 9 und Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV sowie von Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6
Ziff. 3 lit. d EMRK beantragt X., diesen kantonsgerichtlichen Entscheid
aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beweiswürdigung sei
willkürlich und der Einsatz anonymer Zeugen im Strafverfahren gegen ihn sei
unzulässig gewesen. Selbst wenn aber dieser gerechtfertigt

gewesen wäre, so hätte das Kantonsgericht die Regeln des fair trial nach
Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK verletzt, weil es
unterlassen habe, die vom Europäischen Gerichtshof für diesen Fall
geforderten Massnahmen zur Kompensation der Einschränkung der
Verteidigungsrechte zu treffen.

  Nach den Verfahrensgarantien von Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit.
d EMRK hat der Beschuldigte ein Recht darauf, den Belastungszeugen zu
befragen. Von hier nicht zutreffenden Ausnahmen, in denen eine Konfrontation
aus objektiven, von den Strafverfolgungsbehörden nicht zu vertretenden
Gründen nicht möglich war, ist eine belastende Zeugenaussage grundsätzlich
nur verwertbar, wenn der Beschuldigte den Belastungszeugen wenigstens einmal
während des Verfahrens in direkter Konfrontation befragen konnte. Um sein
Fragerecht wirksam ausüben zu können, muss der Beschuldigte in die Lage
versetzt werden, die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen zu prüfen und
den Beweiswert seiner Aussagen zu hinterfragen. Ersteres kann der
Beschuldigte nur, wenn er die Identität des Zeugen kennt; diese ist ihm
daher grundsätzlich offen zu legen.

  Dies schliesst allerdings nicht aus, die Identität des Zeugen
ausnahmsweise geheimzuhalten und von einer direkten Konfrontation des Zeugen
mit dem Beschuldigten abzusehen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger
Interessen erforderlich ist. Als solche anerkannt sind namentlich die
Gewährleistung der persönlichen Sicherheit des Zeugen und, im Falle von
verdeckten Ermittlern, die Wahrung ihrer beruflichen Integrität, um ihnen
die Fortführung ihrer Tätigkeit im Dienst der Polizei zu ermöglichen. Lässt
das Gericht zu, dass ein Zeuge anonym bleibt und bei seiner Befragung
sichergestellt wird, dass er weder optisch noch an seiner Stimme erkannt
werden kann (indirekte Konfrontation), muss es die dadurch bewirkte
Einschränkung der Verteidigungsrechte möglichst kompensieren (Urteil i.S.
Kok gegen Niederlande vom 4. Juli 2000, Recueil CourEDH 2000-VI S. 629). Es
hat sich namentlich davon zu überzeugen, dass die Identität des Zeugen
feststeht und ausgeschlossen werden kann, dass ein anderer an seiner Stelle
Zeugnis ablegt (BGE 125 I 127 E. 6c/ff und d S. 137 ff.; 121 I 306 E. 2b S.
309).

  Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes ist die Zulassung
anonymer Belastungszeugen mit der Folge, dass dadurch das Recht des
Beschuldigten beschnitten wird, ihm in direkter Konfrontation Fragen zu
stellen, ausgeschlossen, wenn dem streitigen

Zeugnis eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, es mithin den einzigen oder
einen wesentlichen Beweis darstellt (Darstellung der Praxis der Strassburger
Organe in BGE 125 I 127 E. 6c). Dies hat dem Gerichtshof die berechtigte
Kritik eingetragen, anonyme Zeugen nur in Verfahren zuzulassen, in denen sie
für die Beweisführung letztlich überflüssig sind (MURIEL GUERRIN, Le
témoignage anonyme au regard de la jurisprudence de la Cour Européenne des
droits de l'homme, Revue trimestrielle des droits de l'homme 13/2002 Nr. 49
S. 55; in Verfahren wegen Kindsmissbrauchs scheint der Gerichtshof diese
Einschränkung für die Zeugnisse der Opfer allerdings nicht zu machen, S.N.
gegen Schweden vom 2. Juli 2002, Recueil CourEDH 2002-V S. 169).
Entscheidend für die Zulassung anonymer Zeugen kann indessen letztlich nicht
das formale Kriterium sein, ob dem dadurch erlangten Beweis eine
ausschlaggebende Bedeutung zukommt oder nicht. Vielmehr ist im Lichte der
konventions- und verfassungsmässigen Verfahrensgarantien in einer
Gesamtwürdigung zu prüfen, ob die durch die Zulassung des anonymen Zeugen
bewirkte Beschneidung der Verteidigungsrechte durch schutzwürdige Interessen
gedeckt ist und, wenn ja, ob sich der Beschuldigte trotzdem wirksam
verteidigen konnte, er mithin einen fairen Prozess hatte.

Erwägung 3

  3.  Die Verurteilung des Beschwerdeführers beruht im Wesentlichen auf den
Aussagen von "x1" und "x2", welche die Polizei per Natel auf den
umstrittenen Vorfall aufmerksam gemacht hatten.

  3.1  "x1" wurde am 26. August 2002 von Untersuchungsrichter Hangartner in
Anwesenheit von Untersuchungsrichter Gemperli als Zeuge einvernommen. Auf
seine Ankündigung hin, aus Angst vor Racheakten nur anonym aussagen zu
wollen, sicherte ihm der Untersuchungsrichter Hangartner die Wahrung seiner
Anonymität zu. Dabei sagte der Zeuge u.a. aus, dass er zum fraglichen
Zeitpunkt auf der A1 in Richtung St. Gallen gefahren sei. Bei der mittleren
Ausfahrt Winterthur sei links vor ihm ein grauer BMW gefahren. Der violette
Jaguar des Beschwerdeführers habe bis auf zwei Meter zum grauen BMW
aufgeschlossen, habe diesen rechts überholt, sei vor dem BMW wieder
eingebogen und habe fast eine Vollbremsung gemacht. Nach dem Abbremsen auf
ca. 60-70 km/h hätten beide Fahrzeuge wieder beschleunigt. Als der BMW fast
die gleiche Höhe des Jaguars erreicht habe, habe der Jaguarfahrer das
Beifahrerfenster hinuntergelassen, eine PET-Flasche auf den Kühler des BMWs
geworfen und anschliessend stark beschleunigt. Auf der Höhe

der Abzweigung Frauenfeld sei dann der Jaguar gestanden, und dessen Fahrer
habe die Automobilisten - in erster Linie den Fahrer des BMWs - mit der
Faust bedroht.

  Gemäss Aktennotiz des Untersuchungsrichters Hangartner vom 23. Dezember
2002 wurde er von "x1" wegen der bevorstehenden Konfrontationseinvernahme
mit dem Beschwerdeführer angerufen. "x1" habe ihn inständig darum gebeten,
von einer Konfrontation abzusehen. Er habe Angst vor dem Beschwerdeführer
und glaube nicht daran, dass bei einer Konfrontation seine Anonymität
gewahrt werden könnte. Daraufhin habe er auf eine direkte Konfrontation
verzichtet.

  3.2  "x2" wurde von Untersuchungsrichter Hangartner in Anwesenheit des
Untersuchungsbeamten Plavec am 2. September 2002 als Zeuge einvernommen.
Auch er erklärte, auf Grund des äusserst aggressiven Verhaltens des
Beschwerdeführers sei er nur bereit, anonym auszusagen. Auch ihm wurde die
Wahrung seiner Anonymität zugesichert. Er sagte aus, er sei zur fraglichen
Zeit auf der A1 in Richtung St. Gallen unterwegs gewesen. Bei der Ausfahrt
Winterthur Wülflingen sei er auf der linken Spur unterwegs gewesen, als er
im Rückspiegel einen dunkelroten Jaguar gesehen habe, der mit einem
Schwenker von der Überhol- auf die Mittelspur eingebogen sei. Dann habe er
"in einem Affenzahn" 4 oder 5 Autos rechts überholt und sei - sehr knapp -
zwischen zwei silbergrauen BMWs wieder in die Überholspur eingebogen; der
zweite BMW habe recht bremsen müssen. Der Jaguarfahrer habe dann begonnen,
mit den BMWs "ein Spiel" zu treiben, er habe richtiggehend Terror gemacht,
indem er zwischendurch auf die Bremse getreten habe, sich nicht habe
überholen lassen, langsamer gefahren sei. Er habe dann die Ausfahrt
Frauenfeld West genommen. Dabei sei der Jaguar auf der Überholspur auf
gleicher Höhe gewesen und habe einen Vollstopp, einen "Schlirggen",
gerissen. Es sei nur deshalb nichts passiert, weil die folgenden Fahrzeuge
auf der Hut gewesen seien. Die Situation sei unglaublich bedrohlich gewesen,
der Typ im Jaguar habe gestikuliert, die Faust geballt und Drohgebärden
gemacht.

  Untersuchungsrichter Hangartner führte am 14. Februar 2003 auf Verlangen
des Verteidigers des Beschwerdeführers eine Konfrontationseinvernahme mit
dem Zeugen "x2" durch, zu welcher der Beschwerdeführer nicht erschien.
Dessen Verteidiger konnte dem Zeugen Ergänzungsfragen stellen.

  3.3  Der Präsident und der Gerichtsschreiber des Kreisgerichts
Alttoggenburg-Wil befragten "x1" am 5. August 2004 als Zeugen zum Vorfall
und legten ihm dabei einen Fragenkatalog des Verteidigers des
Beschwerdeführers vor. In einer Vorbemerkung gab "x1" folgende Erklärung zu
Protokoll: Er müsse zunächst etwas loswerden, was ihn ausserordentlich
belaste. Als er damals der Polizei den Vorfall geschildert habe, hätten
diese in Bezug auf den Beschwerdeführer sinngemäss festgestellt: "Endlich
haben wir ihn." Zusammen mit dem, was er erlebt habe und der späteren
Thematik der Anonymität hätte sich in ihm eine derartige Angst aufgebaut,
dass er keinen anderen Ausweg gesehen habe, als das Vorgefallene so zu
schildern, wie wenn der Beschwerdeführer nicht ihn, sondern einen anderen
Fahrer bedrängt und mit einer PET-Flasche beworfen habe. In Tat und Wahrheit
sei er bedrängt worden, nicht ein anderer BMW-Fahrer. Abgesehen von diesem
Rollentausch entspreche seine Schilderung indessen der vollen Wahrheit, und
er werde die Fragen des Verteidigers nach bestem Wissen und Gewissen
beantworten.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Entscheid (E. 3a S. 4 f.)
erwogen, der Untersuchungsrichter könne nach Art. 83 Abs. 1 der St. Galler
Strafprozessordnung vom 1. Juli 1999 (StPO) einem Zeugen Anonymität
zusichern, "wenn wichtige Interessen, insbesondere die körperliche oder
psychische Integrität des Zeugen" es erforderten. Mit dieser Regelung
sollten nach den Materialien Zeugen in Verfahren im Bereich der
organisierten Kriminalität, des Drogenhandels oder der Milieukriminalität
vor Repressalien aus dem Umfeld des Beschuldigten geschützt werden. Nach dem
Gesetzeswortlaut könne Art. 83 Abs. 1 StPO indessen auch bei weniger
schweren Delikten angewendet werden. Dem Beschwerdeführer seien mehrfache
grobe Verkehrsregelverletzungen und Nötigung, mithin keine Bagatelldelikte,
vorgeworfen worden. Es erscheine daher keineswegs von vornherein
unverhältnismässig, den Zeugen Anonymität zuzusichern. Im Weiteren falle in
Betracht, dass beide Zeugen erklärt hätten, der Beschwerdeführer habe sich
beim umstrittenen Vorfall derart aggressiv verhalten, dass sie Angst vor ihm
hätten. Dieser habe sich denn auch bei der polizeilichen Anhaltung sehr
aggressiv verhalten und sei laut Strafregister seit 1993 insgesamt siebenmal
verurteilt worden, unter anderem wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens,
Nötigung, mehrfacher Gewalt und Drohung

gegen Beamte, schwerer Brandstiftung, Vergewaltigung, Drohung,
Landfriedensbruchs und versuchter Körperverletzung. Der Therapiebericht vom
11. Dezember 2002 diagnostiziere ihm eine "emotionale Instabilität, eine
unverhältnismässige Impulsivität und eine mangelhafte Selbstkontrolle". Auf
Grund dieser Umstände erscheine die Geheimhaltung der Identität der Zeugen
geboten.

  4.2  Der Beschwerdeführer hat offensichtlich grosse Mühe, sich zu
beherrschen und an Regeln zu halten. Er kommt deswegen immer wieder mit dem
Gesetz in Konflikt; nach seinen eigenen Angaben verbrachte er die Jahre
zwischen 1989 und 2000 zum grössten Teil im Strafvollzug. Aus dem
Vorstrafenregister und dem Therapiebericht lässt sich zudem ableiten, dass
er schon bei geringfügigem Anlass zu Gewaltausbrüchen neigt. Es ist daher
durchaus nachvollziehbar, dass sich die beiden Zeugen, die gesehen haben,
wie der Beschwerdeführer am Steuer seines Wagens die Selbstkontrolle verlor
und mit seiner Fahrweise die Verkehrsregeln grob verletzte, die
Verkehrssicherheit massiv gefährdete und die Verkehrsteilnehmer bedrohte,
vor allfälligen Repressalien fürchten.

  Auch wenn der Gesetzgeber den Einsatz anonymer Zeugen nach den Materialien
in erster Linie für Verfahren gegen Mitglieder krimineller Organisationen
und Terroristen vorgesehen haben mag, aus deren Umfeld regelmässig eine
Gefahr für Leib und Leben der Belastungszeugen ausgeht, so schliesst dies
nicht aus, ihn auch in anderen Strafverfahren zuzulassen, in denen die im
Wesentlichen gleiche konkrete Gefahr besteht, dass die Belastungszeugen
Racheakten des Angeschuldigten ausgesetzt sein könnten. Dies konnten die
Strafverfolgungsbehörden im vorliegenden Fall ohne Verfassungsverletzung
annehmen. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen ungewöhnlich
gewaltbereiten Einzeltäter, bei dem auf Grund seiner Vorstrafen und des
Therapieberichtes damit gerechnet werden muss, dass er sich an den beiden
Belastungszeugen, die ihn bei der Polizei "verpfiffen" haben, rächen könnte.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass ihnen Anonymität zugesichert wurde.

  4.3  Wird in einem Strafverfahren den Zeugen um ihrer Sicherheit Willen
Anonymität zugesichert, so muss die dadurch bewirkte Einschränkung der
Verteidigungsrechte so weit wie möglich kompensiert werden (oben E. 2). Dies
kann etwa durch eine indirekte Konfrontation geschehen, wie sie in Bezug auf
"x2" hätte durchgeführt werden sollen. Der Beschwerdeführer erschien nicht
zum Termin

und liess sich durch seinen Verteidiger vertreten, der "x2" offenbar direkt
befragen konnte. Damit hat der Beschwerdeführer in Bezug auf diesen Zeugen
sein eigenes Konfrontationsrecht verwirkt, weshalb dessen Aussagen ohne
weiteres verwertet werden durften.

  Dem Zeugen "x1" hat der Untersuchungsrichter auf dessen Bitte hin eine
(auch indirekte) Konfrontation mit dem Beschwerdeführer von vornherein
erspart. Der Verteidiger konnte "x1" zwar durch den Gerichtspräsidenten
vorher eingereichte Fragen stellen lassen, und das Gericht vergewisserte
sich in Bezug auf beide Zeugen, dass diese über einen einwandfreien
allgemeinen und automobilistischen Leumund verfügen und den Beschwerdeführer
nicht kennen. Indessen hatten weder der Beschwerdeführer noch sein
Verteidiger Gelegenheit, "x1" in einer wenigstens indirekten Konfrontation
zu befragen, obwohl der Beschwerdeführer bzw. sein Verteidiger dies in
rechtsgültiger Weise verlangten. Die Verwertung dieser Aussage ist mit den
Garantien von Art. 32 Abs. 2 BV i.V.m. Art. 6 Ziff. 1 und Art. 6 Ziff. 3
lit. d EMRK nicht vereinbar, die Rüge ist begründet.

  4.4  Das Kantonsgericht stützt die Verurteilung des Beschwerdeführers auf
beide Zeugenaussagen und damit auch auf die unverwertbare von "x1". Die
Beschwerde ist somit gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
Das Kantonsgericht wird bei seinem neuen Entscheid zu prüfen haben, ob es
die Verurteilung gestützt auf die Aussagen von "x2" allein aufrechterhalten
kann, ob es "x1" unter Wahrung seiner Anonymität mit dem Beschwerdeführer
konfrontieren will oder letzteren, sofern dies nicht möglich sein sollte,
ganz oder teilweise freisprechen muss.