Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 IV 20



Urteilskopf

132 IV 20

  4. Urteil des Kassationshofes i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons
Zürich gegen A.X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
  6S.96/2005 vom 1. Dezember 2005

Regeste

  Art. 273 Abs. 1 lit. a und b, Art. 277bis BStP; Art. 303 Ziff. 1 StGB;
Bindung des Kassationshofs an die Anträge des Beschwerdeführers; falsche
Anschuldigung.

  In den Punkten, in denen das letztinstanzliche kantonale Urteilsdispositiv
angefochten ist, prüft der Kassationshof sämtliche Fragen des
eidgenössischen Rechts frei und von Amtes wegen (E. 3).

  Das Vortäuschen einer falschen Identität anlässlich einer Festnahme und
der nachfolgenden Einvernahmen durch die Polizei erfüllt den Tatbestand der
mittelbaren falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (E.
5).

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

  1.  Die Vorinstanz stellt folgenden für den Kassationshof verbindlichen
Sachverhalt fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP):
  Am Mittwoch, 23. Oktober 2002, kam es um ca. 17.25 Uhr auf dem
Autohandelsplatz an der Brandstrasse in Schlieren zu einer tätlichen
Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdegegner und einer Drittperson. Im
Verlaufe davon packte der Beschwerdegegner das Opfer unvermittelt an dessen
Jacke, versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht bzw. auf das rechte Auge
und riss ihn anschliessend mit seinen Armen den Hals umfassend ruckartig
nach hinten.

  Am 30. Oktober 2002 wurde der Beschwerdegegner als Angeschuldigter in
dieser Sache von der Kantonspolizei Zürich festgenommen. In der
polizeilichen Einvernahme gab er sich wissentlich unwahr als sein Bruder
B.X. aus, wobei er insbesondere dessen genaue Personalien angab. Dies führte
dazu, dass er selber vorerst strafrechtlich nicht erfasst wurde. Dafür wurde
zu Unrecht gegen seinen bis anhin unbescholtenen Bruder rapportiert. Dieser
wurde am 21. Oktober 2003 als Angeschuldigter untersuchungsrichterlich
einvernommen.

Erwägung 2

  2.

  2.1  Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdegegner habe seinen Bruder
nicht eines Verbrechens oder Vergehens beschuldigt, indem

er sich bei der polizeilichen Befragung vom 30. Oktober 2002 mit dessen
Papieren ausgewiesen habe. Er habe in jener Einvernahme lediglich angegeben,
er habe eine Auseinandersetzung resp. Diskussion zwischen Afrikanern und
Arabern beobachtet. Damit habe er seinem Bruder kein strafbares Verhalten
unterschoben, so dass der objektive Tatbestand von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1
StGB nicht erfüllt sei. Bei dieser Sachlage könne auch offen gelassen
werden, ob der Beschwerdegegner wider besseres Wissen gehandelt und damit
den subjektiven Tatbestand erfüllt habe. Im Übrigen hätte das Verhalten des
Beschwerdegegners wohl unter Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB gefasst werden
müssen. Eine Rückweisung zur Anklageverbesserung gemäss § 182 Abs. 3 StPO/ZH
könne jedoch unterbleiben, da zweifelhaft sei, ob die blosse Angabe einer
falschen Identität anlässlich einer Einvernahme als arglistige Veranstaltung
im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu qualifizieren wäre.

  2.2  Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die tatsächliche
Feststellung der Vorinstanz, wonach sich der Beschwerdegegner bei der
polizeilichen Befragung vom 30. Oktober 2002 mit den Papieren seines Bruders
ausgewiesen habe, beruhe auf einem offensichtlichen Versehen, welches gemäss
Art. 277bis Abs. 1 BStP von Amtes wegen zu berichtigen sei. Dem Protokoll
der polizeilichen Befragung vom 20. November 2003 sei zu entnehmen, dass
sich der Beschwerdegegner nicht bei der auf der Polizeistation Dietikon
durchgeführten Vernehmung mit den Papieren seines Bruders ausgewiesen habe,
sondern bei seiner vorangegangenen Festnahme in Schlieren. Bei der Befragung
vom 30. Oktober 2002 habe er gegenüber der einvernehmenden Polizeibeamtin
die gesamten Personalien seines Bruders angegeben. Entgegen der Auffassung
der Vorinstanz habe sich der Beschwerdegegner somit bei der polizeilichen
Einvernahme nicht durch das Vorzeigen der Ausweispapiere als seinen Bruder
ausgegeben, sondern indem er der befragenden Polizeibeamtin mündlich dessen
Personalien angegeben, unter dem Namen seines Bruders Aussagen gemacht und
mit Unterschrift unter dessen Namen das Protokoll als selbst gelesen
bestätigt habe. Ein solches Verhalten sei nicht als Veranstaltung im Sinne
von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, sondern als mündliche bzw. schriftliche
Äusserung gegenüber einer Behörde nach Abs. 1 derselben Bestimmung zu
würdigen.

  Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Polizei habe dem
Beschwerdegegner gestützt auf die Aussagen des Geschädigten

vorgeworfen, an einer tätlichen Auseinandersetzung beteiligt gewesen zu
sein. Indem sich der Beschwerdegegner in der Einvernahme gegenüber der
Behörde als seinen Bruder ausgegeben habe, habe er diesen als denjenigen
bezeichnet, dem die Teilnahme an einer tätlichen Auseinandersetzung
vorgeworfen worden sei. Ungeachtet des Umstands, dass er eine Beteiligung an
der fraglichen tätlichen Auseinandersetzung bestritten und lediglich
eingeräumt habe, eine Auseinandersetzung resp. Diskussion zwischen
Afrikanern und Arabern beobachtet zu haben, habe er mit seiner falschen
Identitätsangabe seinen Bruder in die Rolle des Angeschuldigten gedrängt.
Ein solches Zuschieben der Angeschuldigtenrolle an einen Nichtschuldigen
erfülle das Tatbestandsmerkmal des Beschuldigens im Sinne von Art. 303 Ziff.
1 Abs. 1 StGB.

Erwägung 3

  3.  Die Beschwerdeführerin beantragt, das angefochtene Urteil sei wegen
unzutreffender Anwendung von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB teilweise
aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

  3.1  Gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. a BStP muss die Beschwerdeschrift die
Angabe, welche Punkte des Entscheides angefochten werden, und die Anträge
enthalten. Nach Art. 277bis Abs. 1 BStP darf der Kassationshof nicht über
die Anträge des Beschwerdeführers hinausgehen. Nach Abs. 2 derselben
Bestimmung ist er nicht an die Begründung der Rechtsbegehren der Parteien
gebunden.

  3.1.1  In der Beschwerdeschrift ist mithin genau anzugeben, ob das
kantonale Urteil vollumfänglich oder nur in einzelnen Punkten des
Urteilsdispositivs, z.B. nur im Zivil- oder im Strafpunkt und hier nur in
einzelnen Teilen, oder nur hinsichtlich der Prozessvoraussetzungen
(Strafantrag, ne bis in idem) oder der Verjährung angefochten wird (ERHARD
SCHWERI, Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, S. 196 N.
625; GILBERT KOLLY, Le pourvoi en nullité à la Cour de cassation pénale du
Tribunal fédéral, S. 55 f.; BGE 77 IV 57 E. 1). Der Antrag kann aufgrund der
kassatorischen Natur der Nichtigkeitsbeschwerde im Schuld- und Strafpunkt
(Art. 277ter Abs. 1 BStP) nur dahin lauten, dass der angefochtene Entscheid
ganz oder teilweise aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen wird (KOLLY, a.a.O., S. 55; SCHWERI, a.a.O., S.
139 N. 439 f. und S. 196 N. 623).

  3.1.2  Die Bindung an den Antrag des Beschwerdeführers bedeutet, dass der
Kassationshof den Entscheid der letzten kantonalen Instanz nur in denjenigen
Punkten überprüfen darf, die ausdrücklich

angefochten worden sind. Er darf also das angefochtene Urteil nicht in
weiteren Punkten des Dispositivs abändern, als der Beschwerdeführer
beantragt hat (SCHWERI, a.a.O., S. 138 N. 437 und S. 196 N. 626 f.; HANS
WIPRÄCHTIGER, Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, in: Prozessieren vor
Bundesgericht, 2. Aufl., Basel 1998, Rz. 6.109/6.111; KOLLY, a.a.O., S.
91/93), es sei denn, es bestünde ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem
nicht angefochtenen und dem angefochtenen Teil des Dispositivs (BGE 117 IV
97 E. 4b).

  3.1.3  Die freie rechtliche Prüfung des Kassationshofs bezieht sich auf
die angefochtenen Punkte des letztinstanzlichen kantonalen
Urteilsdispositivs. Der Kassationshof prüft somit sämtliche Fragen des
eidgenössischen Rechts aufgrund des verbindlich festgestellten Sachverhalts
im Rahmen der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge frei und von Amtes
wegen (BGE 122 IV 285 E. 1c; 120 IV 98 E. 2a und b; 103 IV 152 E. 4; 77 IV
57 E. 1). Diese Befugnis ist ein Ausfluss des Grundsatzes "iura novit curia"
(BGE 115 IV 233 E. 2d S. 238). Der Kassationshof kann also einen in einem
angefochtenen Punkt im Ergebnis falschen Entscheid auch aus Gründen
aufheben, die der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht (SCHWERI, a.a.O.,
S. 219 N. 709 f.; WIPRÄCHTIGER, a.a.O., Rz. 6.117) oder auf die anzurufen er
ausdrücklich verzichtet hat (KOLLY, a.a.O., S. 94).

  3.2  Die Beschwerdeführerin schränkt die Überprüfung des angefochtenen
Urteils auf den Freispruch des Beschwerdegegners von der Anklage der
falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 StGB ein. Die Schuldsprüche,
die Strafzumessung und der Zivilpunkt bleiben unangefochten. Ob der
Freispruch von der Anklage der falschen Anschuldigung mit Bundesrecht in
Einklang steht, prüft der Kassationshof frei. Er kann dabei durch die
Formulierung des Rechtsbegehrens der Beschwerdeführerin nicht weiter
eingeschränkt werden. Wenn die Beschwerdeführerin lediglich Art. 303 Ziff. 1
Abs. 1 StGB als verletzt ansieht, hindert dies den Kassationshof unter dem
Gesichtspunkt von Art. 277bis Abs. 1 BStP somit nicht, eine allfällige
Verletzung des Tatbestandes im Lichte der wesensgleichen Tatvariante von
Abs. 2 derselben Bestimmung zu prüfen.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt den Tatbestand der
falschen Anschuldigung, wer einen Nichtschuldigen wider besseres

Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt,
in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen. Gemäss Abs. 2
derselben Bestimmung macht sich strafbar, wer in derselben Absicht in
anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft.

  Der Tatbestand der falschen Anschuldigung ist unter den Delikten gegen die
Rechtspflege (siebzehnter Titel) eingeordnet und schützt von daher in erster
Linie den zuverlässigen Gang der Rechtspflege. Die Tathandlung führt zu
einem unnützen Einsatz öffentlicher Mittel. Daneben handelt es sich bei der
falschen Anschuldigung aber auch um ein Delikt gegen die Person. Geschützt
werden danach die Persönlichkeitsrechte zu Unrecht Angeschuldigter mit Bezug
auf deren Ehre, Freiheit, Privatsphäre, Vermögen, usw. (BGE 89 IV 204 E. 1;
VERA DELNON/BERNHARD RÜDY, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Art. 303
StGB N. 5 f.; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II,
5. Aufl. 2000, § 53 N. 2; URSULA CASSANI, Commentaire du droit pénal suisse,
vol. 9, Bern 1996, Art. 303 StGB N. 1).

  4.2  Die Tathandlung des Beschuldigens gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
besteht in der an eine Behörde gerichteten sprachlichen Mitteilung, mit
welcher eine bestimmte, oder zumindest bestimmbare Person bezichtigt wird,
ein Verbrechen oder Vergehen verübt zu haben, das sie in Wirklichkeit nicht
begangen hat (BGE 85 IV 80 E. 2 und 3; STRATENWERTH, a.a.O., § 53 N. 7;
CASSANI, a.a.O., Art. 303 StGB N. 6). Auf die Form der Beschuldigung kommt
es nicht an. Es genügt eine mündliche oder schriftliche Anzeige im weitesten
Sinn des Wortes, die geeignet ist, einen Anfangsverdacht zu begründen. Ob
sie anonym erfolgt, ob der Täter aus eigener Initiative handelt oder ob er
im Rahmen eines Verhörs oder einer Zeugenaussage eine entsprechende
Äusserung macht, ist gleichgültig (BGE 75 IV 175 E. 2; 85 IV 80 E. 2; 95 IV
19 E. 1; STRATENWERTH, a.a.O., § 53 N. 8; CASSANI, a.a.O., Art. 303 StGB N.
15; ANDREAS DONATSCH/WOLFGANG WOHLERS, Strafrecht IV, 3. Aufl., Zürich 2004,
S. 367).

  4.3  Nach Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB kann ein Unschuldiger auch auf
andere Weise als durch direkte Behauptungen über ein von ihm angeblich
begangenes Delikt der Strafverfolgung ausgesetzt werden. Arglistige
Veranstaltungen im Sinne des Tatbestands liegen vor, wenn der Täter durch
Machenschaften, die ernste Verdachtsmomente

gegen eine bestimmte Person hervorrufen und voraussichtlich zur Kenntnis von
Polizei oder Untersuchungsbehörden gelangen, darauf ausgeht, eine
Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen (BGE 95 IV 17 S.
19; JÖRG REHBERG, Die falsche Deliktsbezichtigung im österreichischen und
schweizerischen Strafrecht, in: Festschrift für Franz Pallin, Wien 1989, S.
341). Die Tathandlung besteht bei der mittelbaren falschen Anschuldigung
etwa im Schaffen fingierter belastender Indizien oder im Legen falscher
Spuren, die auf die Täterschaft einer bestimmten Person hinsichtlich einer
bestimmten Tat hinweisen und diese dadurch der Gefahr behördlichen
Einschreitens aussetzen (BGE 95 IV 17 S. 19; CASSANI, a.a.O., Art. 303 StGB
N. 17; HANS SCHULTZ, Falsche Anschuldigung und falsches Zeugnis, ZStrR
73/1958 S. 233 f.).

  Die beiden Tatvarianten gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB
unterscheiden sich lediglich durch das Mittel, das zur beabsichtigten
Herbeiführung der Strafverfolgung eingesetzt wird. Durch die Tathandlung von
Abs. 2 werden diejenigen Machenschaften erfasst, welche ohne eine
ausdrücklich geäusserte Anschuldigung zu sein, in schlüssiger Weise den
Verdacht auf eine bestimmte Person lenken (BGE 95 IV 17, 19 E. 1; SCHULTZ,
a.a.O., S. 233 f.).

  4.4  Einer falschen Anschuldigung bedient sich der Täter oftmals, um den
Verdacht der eigenen Täterschaft auf eine Drittperson zu lenken und sich der
Strafverfolgung zu entziehen. Aus dem Umstand, dass der Täter selbst eines
strafbaren Verhaltens verdächtigt wird, lässt sich indes kein
Rechtfertigungsgrund dafür ableiten, zu seiner Entlastung einen anderen der
Tat zu bezichtigen. Insofern kann er sich nicht auf straflose
Selbstbegünstigung berufen (BGE 75 IV 175 E. 2 S. 179; 80 IV 117; CASSANI,
a.a.O., Art. 303 StGB N. 25; DONATSCH/WOHLERS, a.a.O., S. 373; ANDREAS
HAUSWIRTH, Die Selbstbegünstigung im schweizerischen Strafrecht, S. 186 f.).
Straflos ist lediglich das Leugnen der eigenen Täterschaft bzw. das blosse
Bestreiten belastender Aussagen, auch wenn dadurch der Verdacht notwendig
auf eine andere Person gelenkt wird (CASSANI, a.a.O., Art. 303 StGB N. 26).

Erwägung 5

  5.

  5.1  Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die Vorinstanz erliege
einem offensichtlichen Versehen, wenn sie annehme,

das Verhalten des Beschwerdegegners stelle keine verbale Beschuldigung im
Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB dar.

  Ob sich der Beschwerdegegner bei der Befragung durch die Polizei vom 30.
Oktober 2002 durch Vorweisen der Ausweispapiere als seinen Bruder ausgegeben
oder ob er gegenüber dem Polizeibeamten mündlich dessen Personalien
angegeben hat, macht für die rechtliche Würdigung des zu beurteilenden
Sachverhalts keinen Unterschied. Es kann daher offen bleiben, ob die
Vorinstanz ihrer Entscheidung eine offensichtlich auf Versehen beruhende
tatsächliche Feststellung zugrunde gelegt hat.

  5.2  Der Beschwerdegegner hat sich nach den verbindlichen tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz bei seiner Festnahme und bei den Einvernahmen
gegenüber der Polizei mit den Papieren seines Bruders ausgewiesen und dessen
Personalien angegeben. Damit hat er eine falsche Identität vorgetäuscht, um
sich der Strafverfolgung zu entziehen. In der Befragung durch die Polizei
hat der Beschwerdegegner - unter der vorgeschobenen Identität seines Bruders
- im Weiteren konkludent die Täterschaft in Bezug auf den angezeigten
Sachverhalt bestritten und lediglich ausgesagt, er habe eine Diskussion
zwischen Afrikanern und Arabern beobachtet. Dadurch hat der Beschwerdegegner
seinen Bruder nicht explizit im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB einer
Straftat beschuldigt. Denn wer in der Strafuntersuchung als Angeschuldigter
unter der Identität einer anderen Person auftritt, teilt der Behörde nicht
mit hinreichender Bestimmtheit mit, diese Person habe ein Verbrechen oder
Vergehen begangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er unter der falschen
Identität den angezeigten Sachverhalt in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht bestreitet. Insofern ist das angefochtene Urteil nicht zu
beanstanden.

  5.3  Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, hat der
Beschwerdegegner den Bruder durch seine Verhaltensweise indes in die Rolle
des Angeschuldigten gedrängt und damit der Strafverfolgung ausgesetzt. Das
Strafverfahren wurde denn auch gegen den Bruder eröffnet und dieser wurde in
der Folge zu einer bezirksanwaltschaftlichen Einvernahme vorgeladen. Diese
Konstellation fällt objektiv unter die Tatvariante der indirekten falschen
Anschuldigung durch arglistige Veranstaltungen im Sinne von Art. 303 Ziff. 1
Abs. 2 StGB. Das Auftreten unter falscher Identität ohne ausdrückliche
"Selbstbezichtigung" ist eine Machenschaft

im Sinne des Tatbestandes. Die Verhaltensweise entspricht derjenigen eines
Täters, der bei einem Einbruch die Schuhe eines anderen anzieht, um damit
deutliche Spuren zu hinterlassen, oder das Diebesgut vor der polizeilichen
Durchsuchung in der Wohnung eines anderen versteckt und damit eine Verdacht
erregende Beweislage schafft. Durch diese Vorgehensweise wird der
ordnungsgemässe Gang der Rechtspflege, der auch von Art. 303 StGB geschützt
wird, wie bei der falschen Selbstbezichtigung gemäss Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2
StGB, wenn der Täter die Rolle des Ange-schuldigten übernimmt, gestört und
die Strafverfolgungsbehörde vom wahren Täter abgelenkt und in die Irre
geführt (vgl. BGE 111 IV 159 E. 1).

  5.4  Die Vorinstanz würdigt den Sachverhalt allerdings nicht unter dem
Gesichtspunkt von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, sondern lediglich unter
demjenigen gemäss Abs. 1 derselben Bestimmung. Von einer Rückweisung der
Anklage zur Verbesserung gemäss § 182 Abs. 3 StPO/ZH hat sie abgesehen, da
sie es als zweifelhaft angesehen hat, ob die Vorgehensweise des
Beschwerdegegners als arglistige Veranstaltung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1
Abs. 2 StGB zu qualifizieren wäre.

  Diese Auffassung verletzt Bundesrecht. Machenschaften sind arglistig, wenn
sie nicht leicht durchschaubar sind und objektiv die Eröffnung einer
Strafuntersuchung erwarten lassen (DONATSCH/ WOHLERS, a.a.O., S. 372). Die
Anforderungen an die Arglist entsprechen denjenigen beim Tatbestand des
Betruges gemäss Art. 146 StGB (DELNON/RÜDY, a.a.O., Art. 303 StGB N. 23).
Danach ist die Täuschung u.a. arglistig, wenn der Täter ein ganzes
Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe
bedient (vgl. BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a). Als besondere
Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das
Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder
Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) geeignet sind, das Opfer
irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen, die aus einem
ganzen System von Lügen bestehen und gegenüber einer blossen Summierung von
Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der
Täuschungshandlung stellen. Sie sind gekennzeichnet durch intensive,
planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch
eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität (BGE 126 IV 165
E. 2a; 122 IV 197 E. 3d).

  Indem der Beschwerdegegner bei der Festnahme fremde Ausweispapiere vorwies
und anlässlich einer Einvernahme durch die Polizei eine falsche Identität
vorgab, hat er eine eigentliche Inszenierung betrieben, welche für die
Strafverfolgungsbehörden nicht ohne weiteres durchschaubar war. Damit ist
das Merkmal der arglistigen Veranstaltung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2
StGB erfüllt.

  Soweit die Vorinstanz den Sachverhalt nicht im Lichte von Art. 303 Ziff. 1
Abs. 2 StGB beurteilt bzw. die Sache nicht zur Ergänzung der entsprechenden
Gesetzesbestimmung an die Anklagebehörde zurückgewiesen hat (§§ 182 Abs. 3,
162 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH), hat sie daher Bundesrecht verletzt. In ihrem
neuen Entscheid wird sie im Weiteren zu prüfen haben, ob der Tatbestand auch
in subjektiver Hinsicht erfüllt ist.

  Die Beschwerde erweist sich insofern als begründet.