Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 II 371



Urteilskopf

132 II 371

  31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X.
gegen Einwohnergemeinde Sissach und Steuer- und Enteignungsgericht sowie
Kantonsgericht Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  1A.198/2005 vom 2. Juni 2006

Regeste

  Art. 2 und 24 USG; Kostentragung für Lärmschutzmassnahmen entlang der
Autobahn A2; Verursacherprinzip; abgaberechtliche Qualifizierung des
Kostenanteils.

  Qualifizierung des Beitrags an die Erstellung von Lärmschutzwänden als
Vorzugslast. Anforderungen des Legalitätsprinzips im Abgaberecht vorliegend
erfüllt (E. 2).

  Es ist kein Grund ersichtlich, bei der Kostenverteilung für die in Art. 24
USG vorgesehenen Massnahmen vom Verursacherprinzip abzuweichen. Für die
Kostenüberwälzung bedarf es der Konkretisierung auf Gesetzesstufe, da Art. 2
USG zu unbestimmt ist und ergänzendes Recht voraussetzt (E. 3.2 und 3.3).
Art. 31 LSV ist vorliegend nicht einschlägig (E. 3.4). Die Immissionen,
welche die Massnahmen nach Art. 24 USG erforderlich gemacht haben, werden
durch die Autobahn verursacht, weshalb der Kanton als Werkeigentümer und
Bauherr zum Kreis der Kostenpflichtigen zu zählen ist. Eine vollständige
Überwälzung der Kosten für die Lärmschutzwände auf die Grundeigentümer
widerspricht dem Verursacherprinzip. Möglichkeit des Gesetzgebers, dem
Grundeigentümer zumindest als Zustandsstörer einen Teil der Kosten
aufzuerlegen (E. 3.6). Vorliegend hat der kommunale Gesetzgeber das ihm
zustehende Ermessen bei der Kostenverteilung überschritten (E. 3.7).

  Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Rückweisung zu neuem
Entscheid (E. 4).

Sachverhalt

  Die noch unüberbaute Parzelle GB Sissach Nr. 1020 liegt in der Nähe der
Autobahn A2 und wurde im Jahr 1996 einer Quartierplanpflicht mit speziellen
Auflagen betreffend Lärm- und Landschaftsschutz unterstellt. Im fraglichen
Gebiet "In der Au" waren sowohl die Planungs- wie auch die
Immissionsgrenzwerte überschritten. 1998 plante der Bund mit Hilfe des
Kantons entlang der Autobahn Lärmschutzmassnahmen. Der Kanton zeigte sich im
Rahmen dieser

Planung gegenüber der Gemeinde Sissach bereit, einer Aufhebung der
Quartierplanpflicht im Gebiet "In der Au" zuzustimmen, unter der Bedingung,
dass die zusätzlichen Kosten für Lärmschutzmassnahmen durch die betroffenen
Grundeigentümer getragen würden. Mit Schreiben vom 19. Januar 1999
offerierte der Gemeinderat Sissach den Landeigentümern die Aufhebung der
Quartierplanpflicht gegen Bezahlung der Lärmschutzwände entlang des
Autobahnviadukts der A2. Dies lehnte die Erbengemeinschaft der Y. als
Eigentümerin von GB Nr. 1020 (damals noch Nr. 1062) ab. In der Folge wurde
im fraglichen Gebiet ein Baulandumlegungsverfahren durchgeführt und im Jahr
1999 ein Teilzonenplan mit entsprechendem Teilzonenreglement beschlossen.
Ferner wurde § 18 des kommunalen Strassenreglements (StrR) um einen neuen
Absatz 6 folgenden Inhalts ergänzt:

   "Die Kosten, welche entstehen, um die rechtlichen Voraussetzungen zur
    Aufhebung der Quartierplanpflicht (Zonenplan Siedlung RRB Nr. 1109 vom
    8. Mai 1997) im Gebiet 'In der Au' zu schaffen, sind von den
    Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern innerhalb des
    Teilzonenplanperimeters 'In der Au' im Verhältnis ihrer Parzellenfläche
    zur Gesamtfläche zu tragen."

  Nach Erstellung der Lärmschutzwände durch den Kanton und die Gemeinde,
eröffnete der Gemeinderat den Grundeigentümern die jeweiligen
Kostenverfügungen für die ergriffenen Lärmschutzmassnahmen.

  Gegen diese Beitragsverfügung, mit welcher die Gemeinde ihnen Kosten in
der Höhe von Fr. 19'957.30 auferlegte, gelangten die Eigentümer der Parzelle
Nr. 1020 an das Steuer- und Enteignungsgericht Basel-Landschaft (Abteilung
Enteignungsgericht) und beantragten im Wesentlichen deren Aufhebung. Zur
Begründung führten sie aus, die Verfügung sei nicht korrekt eröffnet worden
und verletze sowohl das Legalitäts- als auch das Verursacherprinzip.

  Mit Entscheid vom 21. Juni 2004 wies das Enteignungsgericht die Beschwerde
ab. Das hierauf von X. (als Rechtsnachfolger der Erbengemeinschaft)
angerufene Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und
Verwaltungsrecht, schützte den Entscheid des Enteignungsgerichts mit Urteil
vom 15. Juni 2005.

  Mit Eingabe vom 29. Juli 2005 erhebt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung der beiden kantonalen
Gerichtsentscheide vom 21. Juni 2004 und 15. Juni 2005 sowie der
Beitragsverfügung der Gemeinde Sissach vom 1. Juli 2002.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Der Beschwerdeführer stellt zunächst in Abrede, dass § 18 Abs. 6 StrR
den strengen Anforderungen des Abgaberechts genüge. Seiner Ansicht nach
verletzt die Regelung das Legalitätsprinzip. Die Bestimmung sei überdies
individuell-konkret und verfüge über keinen generell-abstrakten
Normcharakter. Selbst wenn man einen solchen bejahen würde, verstosse die
Regelung gegen Art. 2 USG (SR 814.01) und das Gebot der rechtsgleichen
Behandlung.

  Vorab ist zu prüfen, ob die umstrittene Norm die abgaberechtlichen
Anforderungen erfüllt.

  2.1  Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage (Legalitätsprinzip) im
Abgaberecht ist ein selbständiges verfassungsmässiges Recht, dessen
Verletzung unmittelbar gestützt auf Art. 127 Abs. 1 BV geltend gemacht
werden kann (BGE 128 I 317 E. 2.2.1 S. 320 f. mit Hinweisen). Öffentliche
Abgaben bedürfen daher einer formell-gesetzlichen Grundlage, welche diese in
den Grundzügen umschreibt. Delegiert der Gesetzgeber die Kompetenz zur
Festlegung einer Abgabe an eine nachgeordnete Behörde, so muss er zumindest
den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlagen
der Abgabe selber festlegen (BGE 130 I 113 E. 2.2 S. 116; 128 I 317 E. 2.2.1
S. 321). Das Bundesgericht prüft frei, ob die Delegationsnorm diesen
Anforderungen entspricht (BGE 129 I 346 E. 5.1 S. 354).

  Die Rechtsprechung hat diese Vorgaben für die Abgabenbemessung bei
gewissen Arten von Kausalabgaben gelockert, wo das Mass der Abgabe durch
überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs- und
Äquivalenzprinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt
diese Schutzfunktion erfüllt. Der Umfang des Legalitätsprinzips ist demnach
je nach der Art der Abgabe zu differenzieren. Das Prinzip darf weder seines
Gehalts entleert noch in einer Weise überspannt werden, dass es mit der
Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in einen
unlösbaren Widerspruch gerät (BGE 130 I 113 E. 2.2 S. 116 mit Hinweisen).
Nach dem Kostendeckungsprinzip sollen die Gesamteingänge den Gesamtaufwand
für den betreffenden Verwaltungszweig nicht oder nur geringfügig
überschreiten (BGE 126 I 180 E. 3a/aa S. 188 mit Hinweisen; ADRIAN
HUNGERBÜHLER, Grundsätze

des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 104/2003 S. 505 ff., 520 ff.), was eine
gewisse Schematisierung oder Pauschalisierung der Abgabe nicht ausschliesst
(BGE 126 I 180 E. 3a/aa S. 188). Das Äquivalenzprinzip verlangt in
Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes insbesondere, dass eine
Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert
der bezogenen Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen bewegen
muss (BGE 132 II 47 E. 4.1 S. 55; 128 I 46 E. 4a S. 52; Urteil des
Bundesgerichts 1P.645/2004 vom 1. Juni 2005, E. 3.4 mit Hinweisen;
HUNGERBÜHLER, a.a.O., S. 522 ff.).

  2.2  Die kantonalen Instanzen haben die Kosten, welche dem
Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Erstellung der Lärmschutzwand
auferlegt wurden, als Vorzugslast qualifiziert. Das Verwaltungsgericht wirft
in diesem Zusammenhang zunächst die Frage auf, ob Lärmschutzwände unter den
Begriff der Erschliessungsanlage fallen. Sie enthalten nach Auffassung des
Verwaltungsgerichts einerseits Elemente, wie sie für Mehrwertabgaben typisch
seien, welche planungsbedingte Mehrwerte abschöpfen, die einem
Grundeigentümer als Folge raumplanerischer Vorkehren des Gemeinwesens zuteil
geworden seien. Andererseits seien im vorliegenden Fall die vom
Grundeigentümer zu bezahlenden Abgaben von den Kosten des Gemeinwesens
abhängig. Nach Meinung des Verwaltungsgerichts erweisen sie sich
diesbezüglich als Abgeltung für einen Sondervorteil, welcher dem
Grundeigentümer aus der Erstellung einer öffentlichen Einrichtung erwächst.
So würden etwa Grundeigentümerbeiträge an die Kosten von Lawinen- oder
Steinschlag-Schutzverbauungen als Vorteilsbeiträge verstanden. Abgaben für
die Erstellung einer Lärmschutzwand liessen sich damit vergleichen. Das
Gericht gelangt deshalb zur Überzeugung, bei der umstrittenen Abgabe handle
es sich um eine typische Vorzugslast.

  2.3  Vorzugslasten (oder Beiträge) sind Kausalabgaben, die einem Bürger
auferlegt werden, um den besonderen wirtschaftlichen Vorteil abzugelten, der
ihm (bzw. einem bestimmten Kreis von Privaten) aus einer öffentlichen
Einrichtung oder einem öffentlichen Werk erwächst (vgl. HUNGERBÜHLER,
a.a.O., S. 510 f.; MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Basel 1986, Nr. 111 B I, je mit
Hinweisen; BGE 131 I 313 E. 3.3 S. 317). Voraussetzung für die
Abgabenerhebung ist dabei ein individueller, dem einzelnen Pflichtigen
zurechenbarer, konkreter Sondervorteil; fehlt es dagegen an einem solchen
bzw. knüpft

die Abgabepflicht bloss an die abstrakte Interessenlage des belasteten
Personenkreises an, so stellt die Abgabe keine Vorzugslast, sondern eine -
voraussetzungslos erhobene - so genannte Kostenanlastungssteuer dar (vgl.
BGE 129 I 346 E. 5.1 S. 354 f.; 128 I 155 E. 2.2 S. 160; 124 I 289 E. 3b S.
291 f.).

  2.4  Die Qualifizierung des vorliegend streitigen Beitrags als Vorzugslast
erscheint grundsätzlich zutreffend, zumal die Abgabe nicht von allen
Grundeigentümern bzw. nicht voraussetzungslos erhoben wird, sondern gemäss
ihrer Ausgestaltung im kommunalen Reglement (§ 18 Abs. 6 StrR) auf jene
Grundstücke beschränkt bleibt, welche von den Lärmschutzwänden tatsächlich
profitieren und insofern in den Genuss eines individuell zurechenbaren
Vorteils gelangen. Mit der Erstellung der Lärmschutzwände wurden die
planerischen Voraussetzungen geschaffen, um die betroffenen Grundstücke
baureif zu machen.

  2.5  Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Entscheid weiter aus,
das kantonale Bau- und Enteignungsrecht übertrage die Kompetenz zur
Festsetzung von Vorteilsbeiträgen den Gemeinden. So sind nach § 36 des
Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998 (RBG/BL; SGS 400) die
Gemeinden ermächtigt, Erschliessungsreglemente zu erlassen, in denen
insbesondere die Art und Funktion der Erschliessungsanlagen, die
Trägerschaft, die Eigentumsverhältnisse, die Finanzierung und der Unterhalt
geregelt werden. § 91 des Gesetzes über die Enteignung vom 19. Juni 1950
(EntG/BL; SGS 410) sieht vor, dass die Höhe der Vorteilsbeiträge, wo nicht
ein Gesetz oder ein Gemeindereglement etwas anderes anordnet, auf die Weise
zu errechnen ist, dass der Beitrag, welchen die Beitragspflichtigen
insgesamt an das Unternehmen beitragen sollen, auf die einzelnen
Beitragspflichtigen im Verhältnisse des ihnen zukommenden Wertzuwachses
verteilt wird. Der Beitrag jedes einzelnen Beitragspflichtigen soll in einem
angemessenen Verhältnis zu dem ihm entstehenden Wertzuwachs stehen. In Bezug
auf die umstrittene Regelung im Sissacher Strassenreglement kommt das
Verwaltungsgericht mit dem Steuer- und Enteignungsgericht zum Schluss, der
kommunale Gesetzgeber habe mit § 18 Abs. 6 StrR die Beitragspflicht von
Grundeigentümern an die Kosten der Erstellung der geplanten Lärmschutzwände
regeln wollen, auch wenn dies aus der Formulierung und der
gesetzestechnischen Einordnung der Bestimmung nicht ohne Weiteres
ersichtlich sei. Der Abgabepflicht unterständen alle Grundstücke innerhalb
des Teilzonenplans

"In der Au". Durch § 18 Abs. 6 StrR werde demnach ein durch die
Planungsmassnahme definiertes Gebiet erfasst, auch wenn dieses
natürlicherweise nur bestimmte Grundstücke beinhalte. Da sich die Höhe der
Gesamtkosten nicht im Voraus bestimmen lasse, beschränke sich § 18 Abs. 6
StrR auf die Festlegung eines schematischen Massstabes - nämlich der
Parzellenfläche im Verhältnis zur Gesamtfläche - zur Bestimmung der
individuellen Kostentragung. Dieses Vorgehen erweise sich als sachgerecht,
werde doch bestimmt, welche Beitragspflichtigen aus der Gesamtheit der
Bevölkerung anhand welcher Berechnungsweise die Abgaben zu entrichten haben.
Die fragliche Norm verletze auch nicht das Kostendeckungsprinzip, stehe doch
unbestritten fest, dass der Gesamtertrag der Beiträge die den Sondervorteil
schaffenden Aufwendungen der Gemeinde nicht übersteige.

  2.6  Diesen Ausführungen kann vollumfänglich zugestimmt werden. Die
kommunale Bestimmung genügt den in E. 2.1 genannten Anforderungen des
Legalitätsprinzips. Die Gemeinde hat aufgrund der Delegationsnorm in § 36
RBG/BL den Kreis der Abgabepflichtigen (Grundeigentümerinnen und
Grundeigentümern innerhalb des Teilzonenplanperimeters "In der Au"), den
Gegenstand der Abgabe (die Kosten, welche entstehen, um die rechtlichen
Voraussetzungen zur Aufhebung der Quartierplanpflicht [Zonenplan Siedlung
RRB Nr. 1109 vom 8. Mai 1997] im Gebiet "In der Au" zu schaffen, mithin die
Kosten zur Erstellung der Lärmschutzwände) und die Bemessungsgrundlage (das
Verhältnis der Parzellenfläche zur Gesamtfläche des Perimeters) in ihrem
Strassenreglement festgelegt. Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten,
dass die umstrittene Bestimmung aus abgaberechtlicher Sicht nicht zu
beanstanden ist.

Erwägung 3

  3.  Sodann fragt sich, ob § 18 Abs. 6 StrR im Einklang mit dem
übergeordneten Recht steht. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung,
die Norm verstosse gegen das Verursacherprinzip.

  3.1  Wer Massnahmen nach dem Umweltschutzgesetz verursacht, trägt die
Kosten dafür (Art. 2 USG). Dies gilt grundsätzlich für die Massnahmen der
vorsorglichen Emissionsbegrenzung (Art. 11 Abs. 2 und 3 USG) sowie der
Sanierung bestehender, die Umwelt belastender Anlagen (Art. 16 ff. USG).
Hier wurde nicht im vorstehenden Sinn eine Anlage saniert. Vielmehr wurden
die lärmschutzrechtlichen Voraussetzungen für eine hinreichende
Erschliessung

eines Gebiets geschaffen, welches der Bauzone zugewiesen ist (siehe ROBERT
WOLF, Kommentar USG, Zürich 2000, N. 10 zu Art. 24 USG). Neue Bauzonen für
Wohngebäude oder andere Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen
dienen, dürfen nur in Gebieten vorgesehen werden, in denen die
Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten oder in denen diese
Werte durch planerische, gestalterische oder bauliche Massnahmen eingehalten
werden können. Die Umzonung von Bauzonen gilt nicht als Ausscheidung neuer
Bauzonen (Art. 24 Abs. 1 USG). Werden die Planungswerte in einer
bestehenden, aber noch nicht erschlossenen Bauzone für Wohngebäude oder
andere Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen,
überschritten, so sind sie einer weniger lärmempfindlichen Nutzungsart
zuzuführen, sofern nicht durch planerische, gestalterische oder bauliche
Massnahmen im überwiegenden Teil dieser Zone die Planungswerte eingehalten
werden können (Art. 24 Abs. 2 USG). Art. 24 USG richtet sich an die
Nutzungsplanbehörde und konkretisiert den Planungsgrundsatz von Art. 3 Abs.
3 lit. b RPG (SR 700), wonach Wohngebiete vor schädlichem oder lästigem Lärm
möglichst verschont bleiben sollen. Zudem definiert Art. 24 USG die
Mindestanforderungen an die in Art. 15 RPG verlangte Eignung von Bauland mit
Bezug auf den Lärmschutz und setzt Randbedingungen für die Erschliessung von
Bauzonen nach Art. 19 Abs. 2 und 3 RPG (WOLF, a.a.O., N. 8 zu Art. 24 USG;
PETER STEINER, Die Umsetzung des Verursacherprinzips durch das
Umweltschutzrecht, Diss. Zürich 1999, S. 273). Art. 29 der
Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) wiederholt
diesen Gedanken auf Verordnungsstufe.

  3.2  Durch die Erstellung der Lärmschutzwände wurde aufgrund baulicher
Massnahmen erreicht, dass die Planungswerte eingehalten werden können und
das Gebiet "In der Au" überbaut werden darf. Art. 24 USG äussert sich jedoch
- im Unterschied etwa zu Art. 20 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 3 USG - nicht dazu,
wer die Kosten solcher planerischer, gestalterischer oder baulicher
Massnahmen zu tragen hat. Es ist indes kein Grund ersichtlich, diese
Massnahmen nicht als Massnahmen im Sinne von Art. 2 USG zu qualifizieren,
für deren Kosten der Verursacher aufzukommen hat (vgl. ALAIN GRIFFEL, Die
Grundprinzipien des schweizerischen Umweltrechts, Zürich 2001, Rz. 262 S.
195). Letztlich geht es auch bei Art. 24 USG um den Schutz vor durch
Aussenanlagen verursachte

Immissionen (STEINER, a.a.O., S. 273). Das USG schreibt solche Massnahmen
ansonsten nicht vor. Art. 21, 22 und 24 USG stellen in dieser Hinsicht eine
Ausnahme dar (GRIFFEL, a.a.O., Rz. 262 S. 195).

  3.3  Somit ist kein Grund ersichtlich, bei der Kostenverteilung für die in
Art. 24 USG vorgesehenen Massnahmen vom Verursacherprinzip abzuweichen
(siehe die entsprechende Kritik an BGE 120 Ib 76 in der Literatur bei
GRIFFEL, a.a.O., Rz. 262 S. 195; MARTIN FRICK, Das Verursacherprinzip in
Verfassung und Gesetz, Diss. Bern 2004, S. 158; STEINER, a.a.O., S. 273).
Jedoch ist eine Kostenauferlegung unmittelbar gestützt auf Art. 2 USG gemäss
Rechtsprechung und überwiegendem Teil der Lehre nicht möglich, da diese Norm
zu unbestimmt ist und ergänzendes Recht voraussetzt (BGE 123 I 248 E. 3c S.
251; vgl. auch BGE 119 Ib 389 E. 4 S. 393 f.; HANSJÖRG SEILER, Kommentar
USG, Zürich 2001, N. 38 und 147 zu Art. 2 USG; URSULA BRUNNER, Kommentar
USG, N. 17 ff. zu Art. 48 USG; FRICK, a.a.O., S. 140; STEINER, a.a.O., S. 97
f. und 236 f.). Für die Kostenüberwälzung bedarf es einer Konkretisierung
auf Gesetzesstufe. Will der kantonale respektive der kommunale Gesetzgeber
Kosten für Massnahmen nach Art. 24 USG auf Grundeigentümer überwälzen, hat
er eine Norm zu schaffen, welche den Anforderungen des Legalitätsprinzips im
Abgabenrecht Rechnung trägt und Art. 2 USG berücksichtigt.

  3.4  Daran ändert die Regelung in Art. 31 LSV nichts. Danach dürfen, wenn
die Immissionsgrenzwerte überschritten sind, Neubauten und wesentliche
Änderungen von Gebäuden mit lärmempfindlichen Räumen nur bewilligt werden,
wenn diese Werte eingehalten werden können durch die Anordnung der
lärmempfindlichen Räume auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes
(Abs. 1 lit. a) oder durch bauliche oder gestalterische Massnahmen, die das
Gebäude gegen Lärm abschirmen (Abs. 1 lit. b). Gemäss Art. 31 Abs. 3 LSV
tragen die Grundeigentümer die Kosten für die Massnahmen. Diese Bestimmung
ist vorliegend nicht einschlägig, da kein Baubewilligungsverfahren hängig
ist, sondern im Zusammenhang mit der Nutzungsplanung Massnahmen notwendig
wurden, um das betroffene Gebiet überhaupt der Überbauung zugänglich zu
machen. Mit den in Art. 24 USG genannten baulichen Massnahmen sind denn auch
Vorrichtungen gemeint, die den Lärm vom Zoneninnern abhalten, nicht etwa
Schallschutzfenster bei den einzelnen Liegenschaften (siehe dazu HERIBERT
RAUSCH/ARNOLD MARTI/

ALAIN GRIFFEL [Hrsg. Walter Haller], Umweltrecht, Zürich 2004, Rz. 305). Es
kann nicht angehen, dem Grundeigentümer die gesamten Kosten aufzuerlegen,
welche anfallen, um das ausgeschiedene Bauland überhaupt zonenkonform nutzen
zu können.

  In Präzisierung des im angefochtenen Urteil zitierten BGE 120 Ib 76 ist
Folgendes zu erwägen:

  3.5  Das Gesetz legt nicht näher fest, wer als Verursacher zu betrachten
ist. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat für die Umschreibung des
Verursacherbegriffs weitgehend auf den polizeirechtlichen Störerbegriff
abgestellt und sowohl den Zustands- als auch den Verhaltensstörer
kostenpflichtig erklärt (vgl. statt vieler BGE 131 II 743 E. 3.1 S. 746 f.
mit zahlreichen Hinweisen). Bei einer Mehrheit von Verursachern sind die
Kosten nach den objektiven und subjektiven Anteilen an der Verursachung zu
verteilen, wobei die Grundsätze der Kostenaufteilung im Innenverhältnis
zwischen mehreren Haftpflichtigen (Art. 51 OR) analog heranzuziehen sind
(BGE 102 Ib 203 E. 5 S. 209 f.; 101 Ib 410 E. 6 S. 417 ff.). Die natürliche
Kausalität reicht für sich allein nicht aus, um die Verursachereigenschaft
bzw. eine Kostenpflicht zu begründen. Zur Begrenzung der Kostenpflicht hat
die Praxis im Rahmen von Art. 59 USG bzw. Art. 54 GSchG (SR 814.20) das
Erfordernis der Unmittelbarkeit aufgestellt (BGE 131 II 743 E. 3.2 S. 747
f.; 118 Ib 407 E. 4c S. 415; 114 Ib 44 E. 2a S. 48). Die Lehre stellt
teilweise in Anlehnung an das Haftpflichtrecht auf die Adäquanz der
Kausalität ab. In vielen Fällen führt die Adäquanztheorie zum gleichen
Ergebnis wie die Unmittelbarkeitstheorie (BGE 131 II 743 E. 3.2 S. 747 f.
mit zahlreichen Hinweisen).

  3.6  Im vorliegenden Fall werden die Immissionen, welche Massnahmen nach
Art. 24 USG erforderlich gemacht haben, durch die Autobahn verursacht.
Folgerichtig ist der Kanton als Werkeigentümer und Bauherr zum Kreis der
Kostenpflichtigen zu zählen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts P.312/1978
vom 30. Mai 1979, publ. in: ZBl 81/1980 S. 354 ff., S. 356 unten). Eine
vollständige, 100%ige Überwälzung der Kosten für die Lärmschutzwände auf die
Grundeigentümer stünde in Widerspruch zum Verursacherprinzip.

  Indes ist dem kantonalen (respektive kommunalen) Gesetzgeber nicht
versagt, dem Grundeigentümer - zumindest als Zustandsstörer - einen Teil der
Massnahmekosten aufzuerlegen. Auf diese Weise wird auch dem in BGE 120 Ib 76
zum Ausdruck gebrachten

Gedanken Rechnung getragen, dass der Grundeigentümer im Wissen um die
bestehende Lärmbelastung bauen will. Die wirtschaftliche Interessenlage des
Grundstückseigentümers wird mitberücksichtigt (siehe dazu im Altlastenrecht
KARIN SCHERRER, Handlungs- und Kostentragungspflichten bei der
Altlastensanierung, Diss. Bern 2005, S. 132). Eine solche Kostenverteilung,
welche auf den Verursacheranteilen sowohl des lärmverursachenden Werk- als
auch des bauwilligen Grundeigentümers basiert und die Interessen des
Letzteren mit in Erwägung zieht, erscheint umso eher gerechtfertigt, als
damit auch direkt eine materielle Grundlage geschaffen wird für den vom
Bundesgericht in BGE 120 Ib 76 E. 5b S. 88 in den Raum gestellten
Regressanspruch (vgl. GRIFFEL, a.a.O., Rz. 262 S. 196; vgl. die
diesbezügliche Kritik an BGE 120 Ib 76 bspw. bei FRICK, a.a.O., S. 159).

  3.7  Mit Überwälzung der gesamten Kosten für die Lärmschutzwände auf die
Grundeigentümer im massgeblichen Perimeter hat der kommunale Gesetzgeber
demzufolge das ihm bei der Kostenverteilung zustehende Ermessen
überschritten. Zwar ist es durchaus zulässig, gesetzlich eine anteilmässige
Kostentragung durch die Grundeigentümer festzulegen. Indes ist dabei den
Grundsätzen des Verursacherprinzips Rechnung zu tragen. Eine alleinige
Kostenpflicht der Grundeigentümer berücksichtigt den Verursacheranteil
nicht, welcher dem Eigentümer des Immissionen verursachenden Werkes
anzurechnen ist, und widerspricht damit einem grundlegenden Prinzip des
Bundesumweltrechts.

Erwägung 4

  4.  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach, soweit darauf
eingetreten werden kann, gutzuheissen und das angefochtene Urteil
aufzuheben. Da über die kantonalen Verfahrenskosten neu zu befinden ist,
rechtfertigt es sich, die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Sinne der
Erwägungen an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Kosten sind keine zu
erheben. Indes hat die Einwohnergemeinde Sissach den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2
OG).