Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 II 188



Urteilskopf

132 II 188

  17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S.
Einwohnergemeinde Engelberg gegen Häcki-Barmettler und Mitb. sowie
Verwaltungsgerichtspräsident des Kantons Obwalden
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  1A.221/2005 vom 7. Februar 2006

Regeste

  Art. 5 Abs. 2, Art. 33 und 34 RPG; Entschädigung für materielle Enteignung
und Heimschlag, bundesrechtliche Anforderungen an das kantonale Verfahren.

  Die Frage der Entschädigung für materielle Enteignung und für den
Heimschlag als Folge einer Planungsmassnahme im Sinne des RPG ist im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen (E. 1.3).

  Rechtsmittelordnung im Kanton Obwalden (E. 3.1). Bundesrechtliche
Anforderungen an das kantonale Verfahren (E. 3.2 und 3.3). Das nach dem
kantonalen Recht zur Verfügung stehende Klageverfahren zur Geltendmachung
der Entschädigung genügt den Anforderungen gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG nicht
(E. 3.4). Folgen für das kantonale Verfahren allgemein (E. 3.5) und für die
vorliegende Angelegenheit (E. 3.6).

Sachverhalt

  A.- Mit Beschluss der Stimmberechtigten von Engelberg vom 28. September
1986 wurde die damals Marie Barmettler gehörende, unbebaute Parzelle Nr.
1866 der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesen. Der
Regierungsrat des Kantons Obwalden genehmigte diese zonenplanerische
Festsetzung am 21. April 1987. Das genannte Grundstück liegt bei der
Talstation der Bergbahnen und ist seit vielen Jahren als Parkplatz an die
Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis AG verpachtet.

  B.- Mit Klage bei der kantonalen Schätzungskommission in Enteignungssachen
vom 18. April 1997 machte Marie Barmettler das Heimschlagsrecht gegenüber
der Einwohnergemeinde Engelberg geltend und verlangte überdies eine
Entschädigung wegen materieller Enteignung. Die Schätzungskommission wies
die Klage bezüglich der Entschädigung wegen materieller Enteignung mit
Entscheid vom 12. April 2000 ab. Zur Begründung führte sie aus, die
Festsetzung der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen im Jahre 1987 stelle
eine Nichteinzonung dar, und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise
Entschädigung im Falle der Nichteinzonung seien nicht erfüllt. Auch sei der
Grundeigentümerin kein Sonderopfer im Sinne der Rechtsprechung zur
materiellen Enteignung auferlegt worden. Das Gesuch um Heimschlag hiess die
Schätzungskommission in ihrem Entscheid vom 12. April 2000 gut und setzte
die Heimschlagentschädigung zu Lasten der Einwohnergemeinde Engelberg
anstelle der verlangten rund Fr. 2,4 Mio. auf Fr. 966'231.60 fest. Das
Heimschlagsrecht ergebe sich aus Art. 21 des Baureglements der
Einwohnergemeinde Engelberg (BR, in der Fassung vom 22. Februar 1994),
welcher den Grundeigentümer berechtige, sein in der Zone für öffentliche
Bauten und Anlagen gelegenes Grundstück innert zehn Jahren seit deren Erlass
der Gemeinde heimzuschlagen, auch wenn keine materielle Enteignung vorliege.

  Am 25. Mai 2000 erklärte Marie Barmettler gegenüber der
Schätzungskommission, sie nehme den Entscheid nicht an und halte ihre
Klagebegehren vollumfänglich aufrecht. Diese Nichtannahme-Erklärung

übermittelte die Schätzungskommission dem Verwaltungsgericht des Kantons
Obwalden.

  Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 teilte der Verwaltungsgerichtspräsident
Marie Barmettler mit, ihr komme im Gerichtsverfahren wegen materieller
Enteignung die Klägerrolle zu. Zur Einreichung der Klage setzte er eine
Frist von 30 Tagen. In der Folge ersuchte Marie Barmettler regelmässig um
Fristerstreckung, welche der Verwaltungsgerichtspräsident jeweils gewährte.

  C.- Am 25. September 2004 veräusserte Marie Barmettler die Parzelle Nr.
1866 an ihre sieben Töchter, welche das Grundstück als Erbvorbezug zu
Gesamteigentum erwarben.

  D.- Am 20. April 2005 beantragte die Einwohnergemeinde Engelberg beim
Verwaltungsgericht, den Klägerinnen sei eine letztmalige Frist anzusetzen
zur Einreichung der Klageschrift mit Androhung von Säumnisfolgen. Weitere
Fristerstreckungen seien nicht zu gewähren. Die Töchter von Marie Barmettler
beantragten die Abweisung der Begehren der Gemeinde und ersuchten um eine
weitere Fristerstreckung. Mit Entscheid vom 29. Juli 2005 wies der
Verwaltungsgerichtspräsident das Gesuch der Gemeinde um Ansetzung einer
Verwirkungsfrist zur Klageanhebung ab und trat auf das
Fristerstreckungsgesuch der Gesuchsgegnerinnen nicht ein.

  E.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 23. August 2005 beantragt die
Einwohnergemeinde Engelberg, der Entscheid des
Verwaltungsgerichtspräsidenten vom 29. Juli 2005 sei aufzuheben und dieser
sei anzuweisen, den Beschwerdegegnerinnen eine Frist zur Klageerhebung mit
Verwirkungsfolgen im Säumnisfall anzusetzen. Eventuell seien weitere
Massnahmen zur Prozessbeschleunigung anzuordnen. Die Beschwerdeführerin
macht Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung geltend, welche Art. 5 des
Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz,
RPG; SR 700) in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 BV verletze.

  Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

  1.

  1.1  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, die
sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen
(Art. 5 VwVG i.V.m. Art. 97 OG), sofern diese von einer in Art. 98 OG
genannten Vorinstanz erlassen worden

sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung
vorgesehenen Ausschlussgründe greift. Sodann unterliegen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemischtrechtliche Verfügungen bzw. (auch) auf
unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte
Anordnungen sowie auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die
einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des
Bundesverwaltungsrechts aufweisen (BGE 131 II 470 E. 1.1 S. 474; 128 I 46 E.
1b/aa; 123 II 359 E. 1a/aa S. 361, je mit Hinweisen).

  1.2  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht im Sinne von
Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist nach Art. 34 Abs. 1 RPG
zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen
als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5 RPG; vgl. BGE 131 II 571 E.
1.1 S. 574 mit Hinweisen). Verfahrensleitende und andere Zwischenverfügungen
in einem der Endverfügung vorangehenden Verfahren, die einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können, sind selbständig durch Beschwerde
anfechtbar (Art. 45 Abs. 1 VwVG). Als selbständig anfechtbare
Zwischenverfügungen gelten unter anderem Verfügungen über die Sistierung des
Verfahrens (Art. 45 Abs. 2 lit. c VwVG).

  1.3  Nach der Rechtsprechung ist gegen Entscheide über die Festsetzung der
Entschädigung für die Ausübung des Heimschlagsrechts jedenfalls dann die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben, wenn der kantonale Gesetzgeber das
Heimschlagsrecht als Folge einer Planungsmassnahme gemäss RPG gewährt, in
welcher eine enteignungsähnliche Eigentumsbeschränkung liegt oder liegen
könnte, und wenn - zumindest unter anderem - umstritten ist, ob und in
welchem Masse eine Entschädigung für den planerischen Eingriff geschuldet
sei (BGE 110 Ib 255 E. 1 S. 257 f. mit Hinweisen).

  Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt: Beim Zonenplan
der Einwohnergemeinde Engelberg handelt es sich um einen Nutzungsplan, der
für die betroffenen Grundeigentümer zu Eigentumsbeschränkungen im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 und 34 Abs. 1 RPG führt. In Art. 26 Abs. 2 des Baugesetzes des
Kantons Obwalden vom 12. Juni 1994 (BauG) wird zudem ausdrücklich das Recht
des Eigentümers anerkannt, gegen volle Entschädigung die Übernahme des
Bodens durch das Gemeinwesen zu verlangen, wenn die auf einem Grundstück
lastende Zone für öffentliche Bauten

und Anlagen in ihrer Wirkung einer Enteignung gleichkommt. Art. 21 BR
bestimmt darüber hinaus, dass jeder Grundeigentümer berechtigt ist, sein in
der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen gelegenes Grundstück innert zehn
Jahren seit deren Erlass der Gemeinde heimzuschlagen. Dieses Recht besteht
neben einem allfälligen Entschädigungsanspruch aus materieller Enteignung,
doch hat sich der Grundeigentümer bereits erhaltene Vergütungen anrechnen zu
lassen (Art. 21 Satz 3 BR).

  Dem vorliegenden Verfahren liegt somit in dreifacher Hinsicht eine
Streitigkeit zu Grunde, die eine Entschädigung für eine
Eigentumsbeschränkung aufgrund einer Nutzungsplanung im Sinne des RPG
betrifft. Zunächst kann die Festsetzung der Zone für öffentliche Bauten und
Anlagen eine materielle Enteignung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 RPG bewirkt
haben (vgl. Art. 26 Abs. 1 BauG). Zudem kann als Folge der
Eigentumsbeschränkung ein Heimschlag nach Art. 26 Abs. 2 BauG in Frage
kommen, und schliesslich steht - selbst wenn keine materielle Enteignung
vorliegt - das Heimschlagsrecht nach Art. 21 BR zur Diskussion. Die
Problematik der Heimschlagsentschädigung nach Art. 21 BR steht in der
vorliegenden Angelegenheit in einem derart engen Sachzusammenhang mit Art. 5
Abs. 2 RPG, dass auch sie im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
behandeln ist (vgl. BGE 114 Ib 174 E. 1 S. 175 und 3b S. 177 f.).

  1.4  Die Einwohnergemeinde Engelberg macht zu Recht geltend, der
angefochtene Entscheid wirke wie eine Sistierung des
Entschädigungsverfahrens. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit
zulässig im Lichte von Art. 45 Abs. 2 lit. c VwVG in Verbindung mit Art. 101
lit. a OG (e contrario; vgl. BGE 122 II 211 E. 1c S. 213 mit Hinweisen). Die
Beschwerdefrist gegen Zwischenentscheide von 10 Tagen (Art. 106 Abs. 1 OG)
ist eingehalten.

  1.5  Gemäss Art. 34 Abs. 2 RPG sind die Gemeinden zur Beschwerde gegen
Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als Folge von
Eigentumsbeschränkungen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 RPG berechtigt. Die
Einwohnergemeinde Engelberg ist demnach befugt, den Entscheid des
Verwaltungsgerichtspräsidenten beim Bundesgericht anzufechten. Da auch die
übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

Erwägung 2

  2.

  2.1  Nach Art. 104 lit. a OG kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die
Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens gerügt werden. Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig ist, kann die Beschwerdeführerin auch geltend machen, der
angefochtene Entscheid verletze Bundesverfassungsrecht, weil dieses zum
Bundesrecht im Sinne von Art. 104 lit. a OG gehört (BGE 126 II 300 E. 1b;
121 II 39 E. 2d/bb S. 47, 72 E. 1b, je mit Hinweisen). Ist in einer
Streitsache sowohl materielles kantonales als auch eidgenössisches
Verwaltungsrecht anwendbar, so kann auch geltend gemacht werden, die
Anwendung des kantonalen Rechts stelle zugleich eine Bundesrechtsverletzung
dar, insbesondere eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Kommt dem
kantonalen Recht gegenüber dem Bundesrecht selbständige Bedeutung zu, so
prüft das Bundesgericht dessen Auslegung und Anwendung auf Willkür hin,
soweit nicht spezielle Normen des eidgenössischen oder kantonalen
Verfassungsrechts in Frage stehen (BGE 125 II 1 E. 2a S. 5; 121 II 235 E. 1
S. 238; 118 Ib 326 E. 1b S. 329 f., je mit weiteren Hinweisen).

  2.2  Das Bundesgericht darf in Fällen wie dem vorliegenden weder zu
Gunsten noch zu Ungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen. An
die Begründung der Begehren ist es nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG).

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Festsetzung der Entschädigung für materielle Enteignung und für
die Ausübung des Heimschlagsrechts erfolgt im Kanton Obwalden gemäss einer
vom Verwaltungsgerichtspräsidenten als "nicht leicht nachvollziehbar"
bezeichneten Ordnung, die "nicht mehr in das heutige System der
Verwaltungsrechtspflege passe". Die Normen seien aus ihrem historischen
Kontext heraus zu verstehen und seien auch dementsprechend von der Praxis
interpretiert worden. Die Rechtslage nach Obwaldner Recht kann wie folgt
zusammengefasst werden:
  3.1.1  Gemäss Art. 13 Abs. 2 des kantonalen Gesetzes über die
Zwangsenteignung vom 9. April 1877 (EntG/OW; GDB 760.1) urteilt die
Schätzungskommission über die Frage der Entschädigung und alle mit derselben
in Verbindung stehenden, zur Erörterung gelangenden Nebenfragen und teilt
ihren Entscheid den Parteien beförderlichst mit. Wird von einer Partei nicht
innert 14 Tagen nach

Mitteilung des Entscheids die Behandlung der Frage durch das
Verwaltungsgericht verlangt, so wird der Entscheid der Schätzungskommission
rechtskräftig (Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EntG/OW). Falls aber die Nichtannahme
erklärt wird, gelangt insoweit die Frage der Entschädigung an das
Verwaltungsgericht, in dessen Hand es sodann liegt, weitere Sachverständige
zuzuziehen oder nicht (Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EntG/OW). Nach Art. 14 Abs. 1
EntG/OW ist angreifender Teil im gerichtlichen Verfahren in der Regel der
Expropriant. Für das Verfahren gelten im Allgemeinen, jedoch unter
Berücksichtigung der Sonderbestimmungen des Enteignungsgesetzes, die
Bestimmungen über das Klageverfahren vor Verwaltungsgericht (Art. 14 Abs. 2
EntG/OW).

  3.1.2  Diese Bestimmungen werden in der publizierten Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichts wie folgt interpretiert (vgl. NICCOLÒ RASELLI, Aus der
Rechtsprechung in Enteignungssachen, in: Verwaltungs- und
Verwaltungsgerichtsentscheide des Kantons Obwalden [VVGE] 1978-1980, S. 147
ff.; vgl. etwa auch VVGE 1995/96, Nr. 50; 1985/86, Nr. 64):
  Die Durchführung des Verfahrens vor der Schätzungskommission gilt sowohl
bei der formellen als auch bei der materiellen Enteignung als
Prozessvoraussetzung für das nachfolgende Klageverfahren vor dem
Verwaltungsgericht (NICCOLÒ RASELLI, a.a.O., S. 150). Die Nichtannahme des
Entscheids der Schätzungskommission wird als Rechtsmittel sui generis
bezeichnet, welches wie ein ordentliches Rechtsmittel die Rechtskraft hemme,
jedoch keinen Devolutiveffekt entfalte. Die Sache werde durch die
Nichtannahme allein nicht zur Entscheidung vor eine höhere Instanz
befördert. Das Schätzungsverfahren erscheine somit nicht als eigentliches
erstinstanzliches Verfahren, sondern als ein dem ordentlichen Verfahren
vorgelagertes, besonderes Verfahren, das - ähnlich dem Vermittlungsversuch
im Zivilprozess - Voraussetzung für das ordentliche Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht sei. Bei Nichtannahme des Schätzungsentscheids werde der
Weg frei zur gerichtlichen Beurteilung der Sache. Gegenstand des
anschliessenden gerichtlichen Verfahrens sei nicht der Entscheid der
Schätzungskommission, sondern die Klage. Das Gesetz enthalte keine
Bestimmung darüber, ob dies innert einer bestimmten Frist zu geschehen habe.
In der Praxis teile deshalb der Präsident der Schätzungskommission die
Nichtannahme dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts mit. Dieser setze
derjenigen Partei, welcher die Klägerrolle zufalle, eine Frist zur Erhebung
der verwaltungsgerichtlichen

Klage. Obwohl eine solche Frist nicht eigens vorgesehen sei, habe sie sich
im Interesse eines geordneten Verfahrens in der Praxis als zweckmässig
erwiesen. Die Frist sei nach der kantonalen Rechtsprechung erstreckbar, und
selbst das unbenützte Verstreichen der Frist habe keine Verwirkung des
Klagerechts zur Folge (NICCOLÒ RASELLI, a.a.O., S. 150 f. mit Hinweisen).

  Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das sich nach den Regeln des
Zivilprozesses richte und von der Dispositionsmaxime beherrscht sei, werde
der nicht angenommene Entscheid der Schätzungskommission als neutrales,
amtliches Gutachten betrachtet. In Fällen materieller Enteignung habe in der
Regel der Enteignete als Kläger aufzutreten (NICCOLÒ RASELLI, a.a.O., S. 151
ff.).

  3.1.3  Aus der beschriebenen Rechtslage soll sich nach den Ausführungen im
angefochtenen Entscheid ergeben, dass die Gutheissung des Antrags der
Gemeinde, den Klägerinnen eine Klagefrist mit Verwirkungsfolge anzusetzen,
voraussetzt, dass die Gemeinde über ein schutzwürdiges Interesse zur
Klageprovokation oder zur Einreichung einer negativen Feststellungsklage
verfüge (BGE 120 II 20 E. 3 S. 22 ff. mit Hinweisen). Ein entsprechendes
hinreichendes Rechtsschutzinteresse der Gemeinde wird im angefochtenen
Entscheid sowohl in Bezug auf die Frage der Entschädigung wegen materieller
Enteignung als auch hinsichtlich des Heimschlags verneint. Die Gemeinde habe
kein erhebliches Schutzbedürfnis, bereits heute zu wissen, ob sie nach
allfälliger Durchführung des Klageverfahrens in Zukunft einmal aus
materieller Enteignung entschädigungspflichtig werde. Die Fortdauer der
bestehenden Ungewissheit behindere sie nicht in unzumutbarer Weise in ihrer
Bewegungsfreiheit. Zum Heimschlagsrecht wird im angefochtenen Entscheid
ausgeführt, es handle sich dabei um ein Recht, das nicht dem Gemeinwesen,
sondern nur den Grundeigentümern zustehe. Im Kanton Obwalden sei gegen den
Willen des Grundeigentümers namentlich die Erweiterung der materiellen zur
formellen Enteignung unzulässig, wenn die Voraussetzungen der formellen
Enteignung nicht vorlägen. Benötige das Gemeinwesen das fragliche Land, so
habe es den Weg der formellen Enteignung zu beschreiten.

  3.2  Das Verfahren für die Beurteilung von Entschädigungen als Folge von
Eigentumsbeschränkungen wird weitgehend im kantonalen Recht geregelt (Art.
36 RPG). Dieses muss jedoch den bundesrechtlichen Mindestanforderungen an
das kantonale Verfahren

genügen und hat der Verwirklichung des materiellen Rechts zu dienen. Seit
dem Inkrafttreten des RPG am 1. Januar 1980 besteht für die Kantone die
Pflicht, mindestens ein Rechtsmittel gegen Verfügungen aus dem
Anwendungsbereich des RPG vorzusehen (Art. 33 Abs. 2 RPG; EJPD/BRP,
Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, N. 12 zu
Art. 33 RPG). Zudem sind die Gemeinden nach Art. 34 Abs. 2 RPG ausdrücklich
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide über Entschädigungen als
Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5 RPG) berechtigt. Das kantonale
Recht muss die Beschwerdeberechtigung im kantonalen Rechtsmittelverfahren im
gleichen Umfang gewährleisten (Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG) und die volle
Überprüfung durch wenigstens eine Beschwerdebehörde sicherstellen (Art. 33
Abs. 3 lit. b RPG; BGE 127 II 238 E. 3b/aa S. 242 f. mit Hinweisen). Mit
dieser Regelung hat der Bundesgesetzgeber den Kantonen die Pflicht
auferlegt, für den Prozess über die Entschädigung als Folge von
Eigentumsbeschränkungen einen Rechtsmittelweg einzurichten, der auch den
Gemeinden offen steht. Den Gemeinden stehen als Prozesspartei vor allen
Instanzen von Verfassungs wegen die gleichen prozessualen Rechte zu wie den
Grundeigentümern, und sie haben auch Anspruch auf eine Beurteilung innert
angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV).

  Aus den Materialien zum RPG ergibt sich, dass Art. 33 Abs. 2 RPG nicht
zwingend eine "Beschwerde" zur Gewährung des Rechtsschutzes verlangt.
Hingegen muss das kantonale Rechtsmittel im Ergebnis den bundesrechtlichen
Standard erfüllen (EJPD/BRP, a.a.O., N. 13 zu Art. 33 RPG).

  3.3  Bei den im vorliegenden Fall umstrittenen Entschädigungsfragen
handelt es sich um eine Entschädigung für eine nutzungsplanerische Massnahme
im Sinne des RPG. Dies gilt auch für den Fall, dass lediglich eine
Entschädigung für den Heimschlag nach Art. 21 BR in Frage kommen sollte. Die
Tatsache, dass der Heimschlag auch für nicht enteignungsgleich wirkende
Eingriffe zur Verfügung steht, bedeutet allein noch nicht, dass dieser ein
selbständiges Institut des kantonalen Rechts ist und nie Folge einer
Planungsmassnahme im Sinne des RPG sein kann (BGE 114 Ib 174 E. 3a S. 177;
Urteil des Bundesgerichts 1P.119/1991 vom 1. Februar 2000, publ. in: ZBl
101/2000 S. 635, E. 2b; PETER HÄNNI, Planungs-, Bau- und besonderes
Umweltschutzrecht, 4. Aufl., Bern 2002, S. 624). Ungeachtet der Frage, ob
sich die Entschädigungspflicht schliesslich

aus Art. 5 RPG, Art. 26 BauG oder Art. 21 BR ergibt, muss das kantonale
Verfahren somit ein Rechtsmittel zur Verfügung stellen, das den
Anforderungen von Art. 33 Abs. 2 RPG genügt, soweit die Entschädigung für
die mit dem Zonenplan direkt festgelegte Eigentumsbeschränkung umstritten
ist.

  3.4  Die Ausführungen im angefochtenen Entscheid, die sich auf die
kantonale Praxis stützen (E. 3.1 hiervor), tragen den genannten
bundesrechtlichen Grundsätzen nicht hinreichend Rechnung. Sie beruhen auf
der noch vor 1980 geltenden Rechtslage, als es den Kantonen von Bundesrechts
wegen lediglich verwehrt war, den Bürgern eine Entschädigung für schwere
Eigentumsbeschränkungen zu Unrecht zu verweigern. Seit der Einführung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde in diesem Bereich haben sich die Gerichte
jedoch auch zu den Grenzen der Entschädigungspflicht zu äussern (vgl. ENRICO
RIVA, Hauptfragen der materiellen Enteignung, S. 17). Dabei handelt es sich
um einen Anspruch der Kantone und Gemeinden, den die Kantone mit ihrem
Verfahrensrecht nicht vereiteln dürfen, ansonsten sie gegen die
verfahrensrechtlichen Minimalanforderungen im RPG sowie Art. 49 Abs. 1 BV
verstossen würden.

  3.4.1  Es ist unbestritten, dass das Obwaldner Recht keine Beschwerde und
auch sonst kein Rechtsmittel gegen den Entscheid der Schätzungskommission
vom 12. April 2000 vorsieht. Stattdessen steht den Grundeigentümern bei
Nichtannahme des Entscheids der Schätzungskommission die Klage an das
Verwaltungsgericht offen. Für die Gemeinde soll - nach Auffassung des
Verwaltungsgerichtspräsidenten im angefochtenen Entscheid - die negative
Feststellungsklage gegeben sein, wobei das Rechtsschutzinteresse der
Gemeinde zumindest zweifelhaft sei. Die Beschwerdeführerin macht geltend,
den Grundeigentümerinnen sei eine Verwirkungsfrist anzusetzen, innert
welcher sie ihren Entschädigungsanspruch einzuklagen haben.

  3.4.2  Weder die negative Feststellungsklage noch die von der
Beschwerdeführerin verlangte Verwirkungsfrist zur Klageeinreichung sind
geeignet, einen den Anforderungen von Art. 33 Abs. 2 RPG genügenden
Rechtsschutz zu gewährleisten. Gegenstand des an die Nichtannahme-Erklärung
anschliessenden gerichtlichen Verfahrens ist nach dem kantonalen Recht nicht
der Entscheid der Schätzungskommission, sondern die Klage an das
Verwaltungsgericht (s. vorne E. 3.1.2). Da Art. 33 Abs. 2 RPG nach seinem
klaren Wortlaut jedoch

wenigstens ein Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Entscheid verlangt,
genügt es nicht, wenn das kantonale Recht eine selbständige Klage zur
Geltendmachung der Enteignungsentschädigung zur Verfügung stellt, welche
nicht die Überprüfung des Entscheids der Schätzungskommission zum Gegenstand
hat. Der Entscheid der Schätzungskommission stellt im Lichte von Art. 33
Abs. 2 RPG eine Verfügung über die Entschädigungsfrage dar, die bei einer
kantonalen Rechtsmittelinstanz anfechtbar sein muss. Diese Anforderung
erfüllt nur ein Rechtsmittel, das von allen am Schätzungsverfahren
beteiligten Parteien erhoben werden kann. Die Klage an das
Verwaltungsgericht steht jedoch nach der kantonalen Praxis in Fällen wie dem
vorliegenden nur den Grundeigentümern zu. Aber auch die negative
Feststellungsklage, welche nach dem angefochtenen Entscheid bei Bejahung des
Rechtsschutzinteresses zulässig sein könnte, bietet keine Gewähr, dass der
Entscheid der Schätzungskommission vollständig überprüft wird. Da die
Grundeigentümerinnen nicht verpflichtet sind, im Rahmen einer solchen Klage
das vor der Schätzungskommission ursprünglich geltend gemachte
Heimschlagsrecht auszuüben, kann der Entscheid des Verwaltungsgerichts unter
Umständen lediglich auf Nichtbestand des Anspruchs auf eine Entschädigung
lauten, weil die Grundeigentümerinnen das Heimschlagsrecht noch gar nicht
ausgeübt haben. Über den Heimschlag selbst wäre damit nicht entschieden,
obwohl das Gesuch um Heimschlag von der Schätzungskommission in ihrem
Entscheid vom 12. April 2000 gutgeheissen wurde. Damit besteht im Kanton
Obwalden für die Überprüfung des Entscheids der Schätzungskommission kein
Rechtsmittel, das den Anforderungen von Art. 33 Abs. 2 RPG genügt.

  3.5  Für die Beurteilung eines Rechtsmittels gegen den Entscheid der
Schätzungskommission im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG kommt nach der
kantonalen Zuständigkeitsordnung lediglich das Verwaltungsgericht in Frage
(Art. 10 und 62 ff. des kantonalen Gesetzes vom 22. September 1996 über die
Gerichtsorganisation [GOG]). Dieses muss eine gegen den Entscheid der
Schätzungskommission eingereichte Nichtannahme-Erklärung gestützt auf die
bundesrechtliche Garantie gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG als ordentliches
Rechtsmittel entgegennehmen und nach den üblichen für die kantonale
Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltenden Grundsätzen behandeln (vgl. Art. 8
ff. der kantonalen Verordnung vom 9. März 1973 über das
Verwaltungsgerichtsverfahren [VGV/OW]). Auf diese

Weise kann ein Art. 33 Abs. 2 RPG genügender Rechtsschutz gewährleistet
werden. Der damit verbundene Eingriff in die kantonale Organisationshoheit
ergibt sich aus dem Bundesrecht (vgl. BGE 118 Ib 331 E. 3b S. 334 f. mit
Hinweisen). Der Kanton Obwalden wird diesen Grundsätzen sowie den
Anforderungen an das kantonale Verfahren, die sich aus dem neuen
Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (BGG, BBl 2005 S. 4045 ff.; s.
insbesondere Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG) ergeben werden, im Rahmen der
Anpassung seiner Rechtsordnung an das Bundesrecht Rechnung zu tragen haben.

  3.6  In Bezug auf die vorliegende Angelegenheit ergibt sich, dass die
Frist von 30 Tagen zur Einreichung einer kantonalen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 8a VGV/OW längst verstrichen ist.
Nach Treu und Glauben kann der unbenützte Ablauf der Beschwerdefrist den am
vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien nicht entgegengehalten werden.
Das Verwaltungsgericht hat deshalb den Grundeigentümerinnen als
Rechtsnachfolgerinnen von Marie Barmettler, welche die Nichtannahme des
Entscheids der Schätzungskommission am 25. Mai 2000 erklärt hatte, im
Anschluss an das vorliegende Urteil eine neue Frist zur Begründung des
Rechtsmittels zu eröffnen. Sollten die Grundeigentümerinnen die festgesetzte
Frist unbenützt verstreichen lassen, so wäre das Rechtsmittel aufgrund der
blossen Nichtannahme-Erklärung vom 25. Mai 2000 durch das Verwaltungsgericht
zu behandeln.

Erwägung 4

  4.  Zusammenfassend ergibt sich, dass das Klageverfahren, wie es im Kanton
Obwalden für Fälle wie den vorliegenden vorgesehen ist, den
bundesrechtlichen Rechtsschutzanforderungen gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG nicht
genügt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Gemeinde Engelberg ist deshalb
im Sinne der Erwägungen gutzuheissen und der angefochtene Entscheid
aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtspräsident hat den privaten
Beschwerdegegnerinnen eine angemessene Frist zur Begründung ihrer
Nichtannahme-Erklärung, welche als kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zu behandeln ist, anzusetzen. (...)