Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 71



Urteilskopf

132 III 71

  10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. Beteiligungen AG
gegen B. AG (Berufung)
  4C.81/2005 vom 2. November 2005

Regeste

  Einsichts- und Auskunftsrecht des Aktionärs (Art. 697 OR).

  Voraussetzungen und Gegenstand des Einsichtsrechts, insbesondere im Fall
einer zu einem Konzern gehörenden Gesellschaft. Gerichtliche Überprüfung
eines die Einsichtnahme ablehnenden Entscheides der Gesellschaft (E. 1).

  Die Auskunftsklage setzt voraus, dass ein Auskunftsbegehren an der
Generalversammlung gestellt und die Auskunftserteilung ungerechtfertigt
verweigert wurde (E. 2).

Sachverhalt ab Seite 71

  A.- Die A. Beteiligungen AG mit Sitz in W. (Beklagte) hat die Beteiligung
an Unternehmungen aller Art, insbesondere eine dauernde Beteiligung an der
A. AG zum Zweck. Die A. AG, ebenfalls mit Sitz in W., ist im
Präzisions-Werkzeugmaschinenbau tätig und setzt ihre Produkte fast zu 100 %
im Ausland ab. Sie verfügt über eine Vertriebsgesellschaft in Yokohama
(Japan) und über Verkaufsbüros in Newcastle (GB), Moskau und Peking. Weitere
Beteiligungen der A. Beteiligungen AG bilden die C. AG in W., die A. GmbH in
L. (Deutschland) und die A. Corp. in E. (USA). Die A. Beteiligungen AG wird
von einer Aktionärsgruppe beherrscht, die über einen Aktienanteil

von über 50 % verfügt. Die B. AG mit Sitz in B. (Klägerin) ist im Besitz von
rund 47 % der Aktien. Deren Verwaltungsratspräsident X. ist 1989 von der
Mehrheitsgruppe aus dem Verwaltungsrat der A. Beteiligungen AG abgewählt
worden.

  Im Vorfeld der ordentlichen Generalversammlung der A. Beteiligungen AG
gelangte die B. AG mit Schreiben vom 2. Juni 2001 an deren Verwaltungsrat
und ersuchte ihn, ihr bis spätestens 8. Juni 2001 die jeweils letzte
vorliegende Jahresrechnung (Erfolgsrechnung und Bilanz) der A. AG, der C.
AG, der A. GmbH (Deutschland), der A. Corp. (USA), der A. KK (Japan) sowie
der ausländischen Vertriebsgesellschaften der A. AG, nämlich der A. AG
(China), der A. AG (Russland) und der U.K. Vertretung A. AG
(Grossbritannien) zukommen zu lassen. Eine Zustellung dieser Unterlagen vor
der Generalversammlung unterblieb. Anlässlich der Generalversammlung vom 20.
Juni 2001 stellte der Vertreter der B. AG erneut das Begehren um
Aushändigung dieser Unterlagen und eventuell um Gewährung von Einsicht in
diese. Der Verwaltungsrat der A. Beteiligungen AG gab diesem Begehren
insoweit statt, als er die Generalversammlung für einige Zeit unterbrach, um
den Vertretern der B. AG Einsicht in die genannten Unterlagen zu geben. Mit
Schreiben vom 29. Juni 2001 ersuchte die B. AG darauf den Verwaltungsrat der
A. Beteiligungen AG, ihr nochmals Einsicht in die Jahresrechnungen und
Revisionsberichte der Beteiligungsgesellschaften zu gewähren, da der kurze
Unterbruch anlässlich der Generalversammlung nicht ausgereicht habe. Am 21.
August 2001 wies der Verwaltungsrat das Ersuchen ab, da bereits eine
Einsichtnahme stattgefunden habe.

  B.- Am 13. Mai 2002 reichte die B. AG beim Einzelrichter im summarischen
Verfahren des Bezirkes Bülach gegen die A. Beteiligungen AG Klage ein und
verlangte die Gewährung von Einsicht in die anlässlich der
Generalversammlung vom 20. Juni 2001 für kurze Zeit vorgelegten
Jahresrechnungen (Erfolgsrechnung und Bilanz) der A. AG, C. AG, A. GmbH
(Deutschland), A. Corp. (USA) und A. KK (Japan) (Ziff. 1) sowie Einsicht in
die Revisionsberichte zu den genannten Jahresrechnungen (Ziff. 2) unter
Androhung von Bestrafung gemäss Art. 292 StGB für den Weigerungsfall (Ziff.
3). Für die ihr zu gewährende Einsicht verlangte sie die Aushändigung der
genannten Unterlagen, eventuell die Gewährung der Einsichtnahme mit der
Möglichkeit, Kopien zu erstellen, subeventuell die Gewährung reiner
Einsichtnahme während einer von

ihr zu bestimmenden, jedoch 8 Stunden (Jahresrechnungen) bzw. 4 Stunden
(Revisionsberichte) nicht übersteigenden Zeitdauer. Die Beklagte beantragte
die Abweisung der Klage. In der Replik vom 22. August 2003 präzisierte die
Klägerin Ziff. 2 ihres Rechtsbegehrens dahingehend, dass sie Einsicht in die
nach dem Recht am Sitz der jeweiligen Gesellschaft rechtsverbindlichen
Revisionsberichte verlange, und ergänzte Ziff. 1 mit dem Begehren um
zusätzliche Gewährung von Einsicht in die nach dem Recht am Sitz der
jeweiligen Gesellschaft rechtsverbindlichen Jahresrechnungen. Zudem stellte
sie neu das Eventualbegehren auf Erteilung schriftlicher Auskunft über
sämtliche Angaben in den genannten Jahresrechnungen sowie über sämtliche
Kommentare der Gesellschaftsprüfer in den genannten Revisionsberichten.

  Mit Verfügung vom 28. Juni 2004 wies die Einzelrichterin im summarischen
Verfahren des Bezirkes Bülach die Klage ab. Gegen diese Verfügung
rekurrierte die Klägerin an das Obergericht des Kantons Zürich und verlangte
die Gutheissung ihres Begehrens. Mit Beschluss vom 11. Januar 2005 hob das
Obergericht (II. Zivilkammer) die angefochtene Verfügung auf und
verpflichtete die Beklagte, der Klägerin durch Aushändigung von Kopien
Einsicht in die genannten Jahresrechnungen und Revisionsberichte der
Beteiligungsgesellschaften zu gewähren unter Strafandrohung für den Fall der
Nicht- oder nicht vollständigen Erfüllung innert der angesetzten Frist.

  Gegen den Beschluss des Obergerichts führt die Beklagte beim Bundesgericht
Berufung mit dem Antrag, der Beschluss sei vollumfänglich aufzuheben und die
Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt
den angefochtenen Beschluss auf und weist die Klage ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

  1.  Die Beklagte rügt in erster Linie eine Verletzung von Art. 697 OR, da
das Obergericht zu Unrecht bejaht habe, dass die Einsicht in die genannten
Unterlagen für die Ausübung der Aktionärsrechte durch die Klägerin
erforderlich sei. Zudem habe es zu Unrecht verneint, dass mit der Gewährung
von Einsicht schutzwürdige Interessen der Gesellschaft gefährdet würden.
Schliesslich gewähre Art. 697 OR einem Aktionär auch nur das Recht auf
Einsicht in Unterlagen, nicht aber auf Aushändigung von Kopien derselben.

  1.1  Gemäss Art. 697 OR kann ein Aktionär mit ausdrücklicher Ermächtigung
der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates Einsicht in die
Geschäftsbücher und Korrespondenzen der Gesellschaft nehmen (Abs. 3). Wie
das Recht auf Auskunft besteht dieses Einsichtsrecht soweit, als die
Einsicht für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist (Abs. 2).
Ausserdem sind die Geschäftsgeheimnisse zu wahren (Abs. 3). Wird die
Einsicht ungerechtfertigt verweigert, hat der Aktionär die Möglichkeit, den
Richter am Sitz der Gesellschaft anzurufen (Abs. 4).

  Die Erteilung oder Verweigerung der Einsicht steht im freien Ermessen der
Generalversammlung bzw. des Verwaltungsrates (Urteil des Bundesgerichts
4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 6.3; WEBER, Basler Kommentar,
Obligationenrecht II, 2. Aufl., N. 18 zu Art. 697 OR;
FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 40
N. 193; BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl. 2004, § 12 Rz. 150; BÜRGI,
Zürcher Kommentar, N. 17 zu Art. 697 aOR). Damit hat das vom Aktionär
gestützt auf Art. 697 Abs. 4 OR angerufene Gericht lediglich zu entscheiden,
ob der ablehnende Entscheid sachlich vertretbar ist, was einer auf Willkür
beschränkten Prüfung entspricht. War die Kognition der Vorinstanz auf eine
Willkürprüfung beschränkt, prüft das Bundesgericht auch im Rahmen der
Berufung mit freier Kognition, ob die Vorinstanz zu Unrecht das Vorliegen
von Willkür bejaht oder verneint hat (vgl. BGE 125 I 492 E. 1a/cc S. 494;
111 la 353 E. 1b S. 355 zur staatsrechtlichen Beschwerde).

  Das Obergericht erwähnt in seinem Urteil zwar, dass das angerufene Gericht
lediglich zu entscheiden habe, ob der ablehnende Entscheid der
Generalversammlung oder des Verwaltungsrates sachlich vertretbar sei. Die
weiteren Ausführungen des Obergerichts wecken indessen Zweifel, ob es sich
auch tatsächlich an diese Beschränkung seiner Überprüfungsbefugnis gehalten
hat. So führt es in den Erwägungen zur Erforderlichkeit der Einsichtnahme
nur aus, der Auffassung der Vorinstanz könne nicht gefolgt werden, ohne
darzulegen, dass und weshalb die von der Einzelrichterin geschützte
Auffassung des Verwaltungsrates, der das Einsichtsbegehren abgelehnt hatte,
nicht vertretbar bzw. willkürlich sei. Auch bei der Prüfung, ob
schutzwürdige Interessen der Gesellschaft einer Einsichtnahme
entgegenstehen, bezeichnet es das Obergericht nur als fraglich, dass
fiskalische Interessen einer Gesellschaft, die sich im gesetzlichen Rahmen
bewegen, überhaupt schutzwürdige Interessen

im Sinne von Art. 697 OR darstellen können. Die Frage, ob eine Missachtung
der Beschränkung der Überprüfungsbefugnis durch die Vorinstanz vorliegt,
kann indessen offen bleiben, wenn das angefochtene Urteil aus anderen
Gründen vor dem Bundesrecht nicht standhält. Dies gilt auch für die Frage,
ob die Einschränkung der Überprüfungsbefugnis des Richters für alle
materiellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Einsicht gilt oder nur
bezüglich der Verweigerung wegen entgegenstehenden Geschäftsgeheimnissen
oder anderen schützenswerten Interessen der Gesellschaft.

  1.2  Gegenstand des Einsichtsrechts sind gemäss Art. 697 Abs. 3 OR die
"Geschäftsbücher und Korrespondenzen" der Gesellschaft. Dies ist indessen
keine abschliessende Aufzählung der Schriftstücke, in die Einsicht genommen
werden kann. Vielmehr sind die beiden Begriffe extensiv auszulegen und
umfassen alle bei der Gesellschaft befindlichen schriftlichen Unterlagen,
die für die Ausübung der Aktionärsrechte mit Einschluss der Beurteilung der
Lage der Gesellschaft von Bedeutung sind (Urteil des Bundesgerichts 4C.234/
2002 vom 4. Juni 2003, E. 6.2; WEBER, Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 697
OR; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 194; HORBER, Die
Informationsrechte des Aktionärs, Zürich 1995, S. 190 ff.; FORSTMOSER,
Informations- und Meinungsäusserungsrechte des Aktionärs, in: Rechtsfragen
um die Generalversammlung, Zürich 1997, S. 85 ff., S. 100; KUNZ, Das
Informationsrecht des Aktionärs in der Generalversammlung, AJP 2001 S. 883
ff., 891; BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 697a OR). Im Konzern
bezieht sich das Einsichtsrecht des Aktionärs damit auf die schriftlichen
Unterlagen, die sich bei jener Gesellschaft befinden, an welcher er selbst
direkt beteiligt ist. Ist er an der Konzernobergesellschaft beteiligt,
können dies auch vorhandene Unterlagen über die Untergesellschaften sein.
Dass die Beklagte über die Jahresrechnungen und die Revisionsberichte der
von der Klägerin genannten Beteiligungsgesellschaften verfügt, ist nie in
Abrede gestellt worden. Die von der Klägerin bezeichneten Jahresrechnungen
und Revisionsberichte stellen deshalb einen möglichen Gegenstand ihres
Einsichtsrechts dar.

  1.3  Das Einsichtsrecht dient wie das Auskunftsrecht dazu, dem Aktionär
jene Informationen zu verschaffen, die zur sinnvollen Ausübung der
Aktionärsrechte erforderlich sind. In Betracht kommen insbesondere das
Stimmrecht, das heisst die Meinungsbildung hinsichtlich der Abnahme der
Jahresrechnung und der Gewinnverteilung

sowie in Bezug auf Wahlen und Décharge-Erteilung, sodann das Recht auf
Durchführung einer Sonderprüfung, die Anfechtung von Beschlüssen der
Generalversammlung und die Verantwortlichkeitsklage. Auch das Recht auf
Veräusserung der Aktien kann zu Einsichtsbegehren Anlass bilden, wenn der
Aktionär den wirklichen Wert seiner Aktien erfahren will. Ob die verlangte
Einsicht zur Meinungsbildung hinsichtlich der Ausübung der Aktionärsrechte
erforderlich ist, bestimmt sich nach dem Massstab eines vernünftigen
Durchschnittsaktionärs (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002
vom 4. Juni 2003, E. 4.2.1; Botschaft des Bundesrates über die Revision des
Aktienrechts vom 23. Februar 1983, BBl 1983 II 745 ff., S. 907; WEBER,
Basler Kommentar, N. 7 zu Art. 697 OR; BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz. 152;
FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 171; FORSTMOSER, a.a.O., S. 93
ff.; KUNZ, a.a.O., S. 888).

  1.3.1  Im Streitfall hat der Aktionär zu beweisen, dass die Einsicht im
Hinblick auf die Ausübung seiner Rechte erforderlich ist (Urteil des
Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.2.2 mit Hinweisen; HORBER,
a.a.O., S. 317). Es genügt aber vorerst der Beweis, dass der entsprechende
Bezug in genereller Art für einen Durchschnittsaktionär gegeben ist, ohne
spezifischen Nachweis bezogen auf die individuelle Situation des die
Einsicht verlangenden Aktionärs und seine konkreten Interessen. In diesem
Rahmen ergibt sich eine natürliche Vermutung zugunsten des Aktionärs, die
von der Gesellschaft allenfalls entkräftet werden kann. Liegt das
Auskunftsbegehren dagegen ausserhalb dieses Rahmens, hat der Aktionär sein
individuelles Interesse unter Nachweis entsprechender konkreter Umstände zu
belegen. In beiden Fällen reicht ein blosses Glaubhaftmachen nicht aus
(Urteil des Bundesgerichts 4C.234/ 2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.2.2).

  In ihrer Berufungsantwort weist die Klägerin wiederholt darauf hin, es sei
offensichtlich, dass die von ihr zur Einsicht verlangten Jahresrechnungen
und Revisionsberichte über den Zustand der einzelnen Tochtergesellschaften
zusätzliche, d.h. nicht aus der Konzernrechnung ersichtliche Auskünfte geben
würden. Das genügt indessen nicht um darzutun, dass diese zusätzlichen
Informationen für die Ausübung ihrer Aktionärsrechte erforderlich sind. Dass
die Einsicht in schriftliche Unterlagen oder die Auskunftserteilung
zusätzliche Informationen verschafft, liegt im Wesen der Sache. Dies als
Begründung genügen zu lassen, würde deshalb bedeuten, dass entgegen

der Anordnung des Gesetzgebers auf das Kriterium der Erforderlichkeit als
Voraussetzung für einen Informationsanspruch verzichtet wird. Dass die
verlangte Einsicht dem Aktionär zusätzliche Informationen verschafft,
begründet auch noch keine natürliche Vermutung dafür, dass diese für die
Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich sind.

  1.3.2  Bei der Prüfung, ob die verlangte Einsicht für die Ausübung der
Aktionärsrechte erforderlich sei, ist jeweils auch zu berücksichtigen, über
welche andere Angaben und Unterlagen der Aktionär - insbesondere aufgrund
des ihm abgegebenen Geschäftsberichts - bereits verfügt. Mit der
Aktienrechtsreform von 1992 wurden Gesellschaften, die eine oder mehrere
andere Gesellschaften unter einheitlicher Leitung zusammenfassen (Konzerne),
verpflichtet, eine konsolidierte Jahresrechnung (Konzernrechnung) zu
erstellen (Art. 663e-g OR). Die Konzernrechnung gehört zum Geschäftsbericht
(Art. 662 Abs. 1 OR), der gemäss Art. 696 OR vor der ordentlichen
Generalversammlung zur Einsicht aufzulegen ist und welchen jeder Aktionär
verlangen kann. Für die Prüfung dieser Konzernrechnung ist ein besonders
befähigter Revisor zu bestellen (Art. 731a OR), der den Prüfungsbericht
zuhanden der Generalversammlung erstattet, welche die Konzernrechnung zu
genehmigen hat (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 3 OR). Dass die Beklagte zur
Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet war, ist unbestritten.
Unbeachtlich ist jedoch der in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene
Einwand, dass für das Rechnungsjahr 2000 eine ordnungsgemässe
Konzernrechnung fehle. Weder das angefochtene Urteil des Obergerichts noch
die vorangegangene Verfügung der Einzelrichterin des Bezirkes enthalten eine
derartige Feststellung. Die Klägerin unterlässt auch genaue Hinweise dazu,
dass sie dies bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform behauptet
hätte. Damit gilt das Vorbringen als neu und unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit.
c OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106).

  Ziel der Konzernrechnung ist, dem Aktionär und allenfalls weiteren Kreisen
Transparenz über die ganze unter einheitlicher Leitung zusammengefasste
Gruppe von rechtlich selbständigen Gesellschaften zu verschaffen. Sie wird
aufgestellt, wie wenn die Obergesellschaft und die Untergesellschaften nicht
nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich eine Einheit, ein einziges
Unternehmen bilden würden. Demgemäss werden die Einzelabschlüsse
zusammengefügt und alle konzerninternen Vorgänge eliminiert (Botschaft des
Bundesrates,

a.a.O., S. 817 ff.). Diese Einheit ist allerdings fiktiv, wessen sich ein
Leser einer Konzernrechnung immer bewusst sein muss (vgl. BÖCKLI, a.a.O., §
9 Rz. 8). Die Rechnung ist so aufzustellen, dass die Vermögens- und
Ertragslage des Gesamtunternehmens möglichst zuverlässig bewertet werden
kann (Art. 663g Abs. 1 OR i.V.m. Art. 662a OR).

  1.3.3  Wenn die Klägerin über die ihr zur Verfügung stehende
Konzernrechnung hinaus Einsicht in die Jahresrechnungen der
Beteiligungsgesellschaften und die zugehörigen Revisionsberichte verlangt,
muss sie somit nachweisen, dass diese weitergehenden Informationen für sie
erforderlich sind, um ihre Aktionärsrechte in der Beklagten als
Konzernobergesellschaft sinnvoll ausüben zu können. Dabei ist zu beachten,
dass sie nur an der Muttergesellschaft als Aktionärin beteiligt ist, ihr in
den Tochtergesellschaften aber keinerlei Aktionärsrechte zustehen. Der Wert
ihrer Beteiligung an der Beklagten hängt von der finanziellen Situation des
Gesamtunternehmens ab. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb es für sie
erforderlich sein soll, sich ein Bild über die finanzielle Situation jeder
einzelnen Tochtergesellschaft machen zu können. Ein Recht auf Einblick in
die Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften lässt sich auch nicht
begründen mit der abstrakten Möglichkeit, dass bezüglich der verschiedenen
Tochtergesellschaften "unausgeglichene Verhältnisse" vorliegen könnten,
indem etwa eine überfinanzierte und eine der Insolvenz nahe stehende
Untergesellschaft mit einer stark verschuldeten Obergesellschaft
konsolidiert werden. Dass der Nachweis einer solchen Situation dem Aktionär
vor dem Einblick in die Jahresrechnungen der Untergesellschaften schwer
fällt, trifft zwar zu. Entgegen der Auffassung des Obergerichts genügt dies
indessen nicht, um den Aktionär vom konkreten Nachweis zu entbinden, dass
die verlangten Informationen für ihn erforderlich sind. Andernfalls müsste
die Erforderlichkeit für jedwelche gewünschte Information bejaht werden, da
stets alles theoretisch möglich ist. Nicht näher dargelegt ist im Übrigen,
inwieweit sich die geschilderte Situation auf die Ausübung der
Aktionärsrechte durch den Einsicht verlangenden Aktionär auswirken soll. Die
Auswirkungen solcher "unausgeglichener Verhältnisse" auf die finanzielle
Lage des Gesamtunternehmens werden in der Konzernrechnung zwar nicht im
Einzelnen transparent gemacht, aber soweit nötig ebenfalls erfasst.

  Dass die verlangte Einsicht für die Klägerin erforderlich sei, lässt sich
auch nicht mit der Frage der Dividendenpolitik begründen.

Die Generalversammlung der Beklagten kann nur über den Gewinn verfügen,
welchen sie selbst erwirtschaftet und der ihr von den Tochtergesellschaften
als Beteiligungsertrag zufliesst. Die Höhe des Beteiligungsertrags und des
übrigen von ihr selbst erwirtschafteten Ertrags ist im Einzelabschluss der
Konzernobergesellschaft ausgewiesen. Aus der konsolidierten Jahresrechnung
ergibt sich anderseits der konsolidierte Gruppengewinn. Aus diesen Zahlen
ist für die Klägerin somit auch ersichtlich, welcher Anteil des von den
Tochtergesellschaften insgesamt erwirtschafteten Gewinns als
Beteiligungsertrag an die Muttergesellschaft geflossen ist. Weshalb die
Klägerin darüber hinaus für die Ausübung ihrer Aktionärsrechte auch wissen
müsste, welche Anteile des Gewinns oder des abgeführten Beteiligungsertrages
auf die einzelnen Tochtergesellschaften entfallen, wird von ihr nicht
dargelegt.

  Auch in der Literatur wird ein genereller Anspruch der Aktionäre der
Konzernobergesellschaft auf Einsicht in die Jahresrechnungen der
Konzernuntergesellschaften, soweit sich dazu Stellungnahmen finden, verneint
(so BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz. 159). Keine gegenteilige Auffassung ergibt sich
bei jenen Autoren, die einfach einen Anspruch auf Auskunft über die
Konzernrechnung bejahen (so FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N.
198), da die Konzernrechnung keine Angaben über die Einzelabschlüsse
umfasst. Vielmehr liegt es gerade im Wesen der Konzernrechnung, dass sie auf
der Fiktion der Einheit des Gesamtunternehmens beruht und die Existenz
rechtlich selbständiger Einheiten negiert. Zu unterscheiden ist auch
zwischen dem Anspruch auf Auskunft über Geschäftsvorgänge in den
Tochtergesellschaften und der Einsicht in die Jahresrechnungen der
Tochtergesellschaften. Die mit Dritten getätigten Geschäftsvorgänge der
Tochtergesellschaften fliessen in die Konzernrechnung ein. Hat ein solcher
Vorgang eine entsprechende Tragweite, ist auch ein berechtigtes
Informationsinteresse des Aktionärs der Muttergesellschaft zu bejahen (so
ausdrücklich Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E.
4.1). Nur auf das Auskunftsrecht im Konzern beziehen sich die Stellungnahmen
von WEBER (Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 697 OR) und FORSTMOSER (a.a.O.,
S. 101). Anders verhält es sich mit dem Einblick in die Jahresrechnungen der
Tochtergesellschaften, welche diese isoliert darstellen. Was davon für den
Aktionär der Konzernobergesellschaft allgemein relevant ist, ist in der
Konzernrechnung enthalten. Seit mit der Aktienrechtsreform von 1992 die
Pflicht zur

Erstellung und Vorlage einer Konzernrechnung eingeführt worden ist, kann
auch nicht mehr auf die Entscheide und Stellungnahmen in der Literatur
abgestellt werden, die noch unter dem früheren Recht ergangen sind bzw. sich
auf jenes bezogen. Dies gilt insbesondere für den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Zürich vom 28. Juni 1967 (abgedruckt in: Schweizerische
Aktiengesellschaft [SAG] 1973 S. 49 ff.). Das damals geschützte
Informationsinteresse des Aktionärs der Muttergesellschaft wird nun durch
die Konzernrechnung befriedigt.

  Der von der Klägerin zu erbringende Nachweis, dass die verlangte Einsicht
in die Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften der Beklagten für sie
zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte in der Beklagten erforderlich sei, fehlt
somit. Wenn das Obergericht im angefochtenen Entscheid die Beklagte trotzdem
zur Gewährung von Einsicht verpflichtet hat, hat es Art. 697 OR verletzt.

  1.3.4  Nicht begründen lässt sich ein Anspruch auf Einsicht in die
Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften der Beklagten mit der
Stellung der Klägerin als Minderheitsaktionärin mit einem Aktienanteil von
rund 47 %. Das Gesetz differenziert beim Auskunfts- und Einsichtsrecht der
Aktionäre nicht nach der Höhe der Aktienbeteiligung. Vielmehr gilt auch
dafür der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (FORSTMOSER, a.a.O.,
S. 106 ff.; KUNZ, a.a.O., S. 897). Entgegen dem Urteil des Obergerichts ist
deshalb das von der Klägerin gestellte Hauptbegehren bezüglich Einsicht in
die Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften abzuweisen.

  1.3.5  Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäss auch für das
Begehren der Klägerin um Einsicht in die Revisionsberichte zu den
Jahresrechnungen. Bereits die Revisionsstelle der Beklagten hat diese
Revisionsberichte jeweils zu würdigen bei der Prüfung der Werthaltigkeit der
Beteiligungen im Einzelabschluss der Muttergesellschaft. Zudem hat der
Konzernprüfer zu überprüfen, ob die lokalen Zahlenwerke jeder wesentlichen
Konzernuntergesellschaft ordnungsgemäss geprüft worden sind (BÖCKLI, a.a.O.,
§ 15 Rz. 117). Inwieweit für die Klägerin zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte
als Aktionärin der Beklagten darüber hinaus noch eine eigene Einsicht in die
Revisionsberichte zu den Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften
erforderlich sein soll, ist nicht ersichtlich. Auch dieses Begehren der
Klägerin ist deshalb abzuweisen.

  1.4  Fehlt die Erforderlichkeit der verlangten Einsicht für die Ausübung
der Aktionärsrechte der Klägerin, erübrigt es sich zu prüfen, ob einer
Einsicht allenfalls Geschäftsgeheimnisse oder andere schützenswerte
Interessen der Beklagten entgegenstehen. Ebenso ist nicht zu prüfen, ob der
Anspruch des Aktionärs gemäss Art. 697 Abs. 3 OR auf eine Einsicht im
eigentlichen Wortsinn beschränkt ist oder ob der Aktionär auch Kopien der
Unterlagen verlangen kann, auf welche sich der Einsichtsanspruch bezieht.

Erwägung 2

  2.  Wird das Begehren der Klägerin um Einsicht abgewiesen, verbleibt ihr
Eventualbegehren auf Erteilung von Auskunft über die Angaben in den
Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften und in den zugehörigen
Revisionsberichten.

  2.1  Gemäss Art. 697 OR ist jeder Aktionär berechtigt, an der
Generalversammlung vom Verwaltungsrat Auskunft über die Angelegenheiten der
Gesellschaft und von der Revisionsstelle über die Durchführung und das
Ergebnis ihrer Prüfung zu verlangen (Abs. 1). Die Auskunft ist insoweit zu
erteilen, als sie für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist. Sie
kann verweigert werden, wenn durch sie Geschäftsgeheimnisse oder andere
schutzwürdige Interessen der Gesellschaft gefährdet werden (Abs. 2).

  Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss das Recht auf Auskunftserteilung an
der Generalversammlung ausgeübt werden. Dies hindert nicht, dass ein
Aktionär sein Begehren vorgängig schriftlich einreicht. Eine solche
Voranfrage kann sogar erwünscht sein, um dem Verwaltungsrat zu ermöglichen,
die erforderlichen Abklärungen zu treffen, damit er an der
Generalversammlung sachgerecht Auskunft zu erteilen vermag. Die Bindung der
Auskunftserteilung an die Generalversammlung soll sicherstellen, dass alle
Aktionäre, die an dieser teilnehmen, den gleichen Informationsstand haben.
Die an der Generalversammlung gestellten Begehren um Auskunft und die darauf
erteilten Antworten sind zu protokollieren (Art. 702 Abs. 2 Ziff. 3 OR).
Auch Aktionäre, die nicht an der Generalversammlung teilgenommen haben, sind
berechtigt, das Protokoll einzusehen (Art. 702 Abs. 3 OR). Sind für die
Erteilung von Auskunft auf ein erst an der Generalversammlung gestelltes
Begehren noch weitere Abklärungen erforderlich, muss die Beantwortung
allenfalls nach der Generalversammlung erfolgen, wobei die erteilte Antwort
ebenfalls mit einem entsprechenden Vermerk in das Protokoll aufzunehmen ist
(zum Ganzen: Botschaft des Bundesrates, a.a.O.,

S. 907; WEBER, Basler Kommentar, N. 4 zur 697 OR; BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz.
149; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 166 f.; KUNZ, a.a.O., S.
893 ff.; FORSTMOSER, a.a.O., S. 97; für eine zeitlich nicht limitierte
Ausübung des Auskunftsrechts HORBER, a.a.O., S. 137 f.).

  Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat die Klägerin in ihrem
Schreiben vom 2. Juni 2001 sowie anlässlich der Generalversammlung vom 20.
Juni 2001 nur ein Begehren um Einsicht gestellt. Das Eventualbegehren um
Erteilung von Auskunft folgte dann erst in der Replik vom 22. August 2003.
Damit fehlt es an der Klagevoraussetzung, dass ein Auskunftsbegehren an der
Generalversammlung gestellt und die Auskunftserteilung ungerechtfertigt
verweigert wurde. Die Erteilung von Auskunft kann auch nicht als blosses
Minus betrachtet werden, das im gestellten Begehren um Gewährung von
Einsicht enthalten gewesen wäre. Das Recht auf Einsicht und das Recht auf
Auskunft haben einen verschiedenen Inhalt, und das für die Geltendmachung
einzuhaltende Verfahren weist Unterschiede auf. Gegenstand des
Einsichtsrechts sind bestehende Dokumente. Bei der Auskunftserteilung
formuliert demgegenüber der Verwaltungsrat zu diesem Zweck selbst einen
Informationsinhalt über den bestimmten Sachverhalt. Dieser
Informationsinhalt wird grundsätzlich mündlich an der Generalversammlung
bekannt gegeben und protokolliert. Damit erlangen alle an der
Generalversammlung anwesenden Aktionäre und über die Möglichkeit, in das
Generalversammlungsprotokoll Einsicht zu nehmen, auch die übrigen Aktionäre
davon Kenntnis. Die durch die Einsicht in Geschäftsunterlagen erlangte
Kenntnis bleibt demgegenüber beschränkt auf den betreffenden Aktionär.
Während beim Einsichtsrecht das Dokument, auf welches sich das Begehren
bezieht, zu bezeichnen ist, ist beim Auskunftsbegehren der konkrete
Sachverhalt zu umschreiben. Auf das Eventualbegehren der Klägerin um
Erteilung von Auskunft ist deshalb mangels eines entsprechenden Begehrens
anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 bzw. im Vorfeld dieser
Generalversammlung nicht einzutreten (DOMINIK VOCK, Prozessuale Fragen bei
der Durchsetzung von Aktionärsrechten, Diss. Zürich 1999, S. 42 f.).

  2.2  Selbst wenn die Klägerin im Übrigen ein entsprechendes Begehren
anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 gestellt hätte, müsste
ihr Eventualbegehren abgewiesen werden. Dieses bezieht sich auf Angaben in
den Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften

und in den zugehörigen Revisionsberichten. Fehlt der Nachweis, dass die
Einsicht in diese Unterlagen zur Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich
ist (vgl. vorne E. 1.3), so fehlt dieser auch für die Erforderlichkeit einer
Auskunft darüber. Zudem ist das Begehren viel zu unbestimmt formuliert. Der
geschäftliche Sachverhalt, über welchen Auskunft verlangt wird, wird nicht
angegeben, sondern es werden nur die Dokumente bezeichnet, aus welchen alle
darin enthaltenen Angaben verlangt werden. Damit wird das Wesen der
Auskunftserteilung verkannt. Wie die Einzelrichterin des Bezirkes zutreffend
festgestellt hat, dient die Auskunftserteilung nicht der Wiedergabe von
Urkunden, sondern der Beantwortung von Fragen zu bestimmten Sachverhalten.
Das Eventualbegehren der Klägerin ist deshalb in Wirklichkeit ein verkapptes
Einsichtsbegehren.