Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 49



Urteilskopf

132 III 49

  7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. A. und Mitb. gegen
Stadt Zürich (Berufung)
  5C.109/2005 vom 19. August 2005

Regeste

  Immissionen durch Grossveranstaltungen auf der "Landiwiese" und auf
umliegendem Gelände (Art. 684 ZGB).

  Verhältnis zwischen privatrechtlichem und öffentlichrechtlichem
Immissionsschutz; Bedeutung öffentlichrechtlicher Vorschriften bei der
Ermittlung der Zumutbarkeit von Einwirkungen durch Lärm, welcher von einer
Liegenschaft im Verwaltungsvermögen ausgeht (E. 2).

  Immissionen durch den Einsatz von Lautsprechern bei einer
Grossveranstaltung (E. 5.3.1) und durch den Motorenlärm von Helikoptern, die
das Gelände zur Aufnahme von Bildern der Veranstaltung überfliegen (E.
5.3.10).

Sachverhalt

  A. und die Mitbeteiligten sind Eigentümer oder Mieter von Liegenschaften
bzw. Wohnungen in der näheren oder weiteren Umgebung der Landiwiese in
Zürich. Nachdem die von ihnen und weiteren Anwohnern gegen die Stadt Zürich
erhobene Klage wegen übermässiger Immissionen durch das Bezirksgericht
Zürich (8. Abteilung) mit Urteil vom 12. Februar 2004 und durch das
Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich mit Urteil vom 18. März
2005 abgewiesen worden war, reichten sie beim Bundesgericht Berufung ein mit
folgenden Anträgen:

   "1. Es sei der Beklagten, unter Aufhebung des vorinstanzlichen
       Entscheides, zu untersagen, auf der Landiwiese (Kat. Nr. WO5560), der
       Saffainsel (gelegen in Kat. Nr. WO6408) und in den Anlagen der
       städtischen Tennisanlagen Mythenquai (Kat. Nrn. EN2389, EN2008 und
       WO4350) immissionsträchtige Veranstaltungen zu bewilligen oder zu
       dulden. Insbesondere seien Grossveranstaltungen mit Massenverkehr
       und/oder Verkehrsumleitungen oder mit Einsatz von Lautsprecheranlagen
       auf zwei Tage pro Jahr einzuschränken.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten."

  Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit darauf einzutreten ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1  Gemäss Art. 684 ZGB ist jedermann verpflichtet, sich bei der Ausübung
seines Grundeigentums aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum des
Nachbarn zu enthalten (Abs. 1). Verboten sind insbesondere alle schädlichen
und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch
nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Rauch oder Russ, lästige Dünste,
Lärm oder Erschütterung (Abs. 2). Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und
unzulässiger, d.h. übermässiger, Immission ist die Intensität der
Einwirkungen massgebend. Diese beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Der
Richter hat eine sachlich begründete Abwägung der Interessen vorzunehmen,
wobei er den Massstab des Empfindens eines Durchschnittsmenschen in der
gleichen Situation zugrunde zu legen hat. Bei dem nach Recht und Billigkeit
zu treffenden Entscheid bleibt stets zu beachten, dass Art. 684 ZGB als
nachbarrechtliche Norm in erster Linie der Herstellung eines nachbarlichen
Interessenausgleichs dienen soll. Sowohl bei der Beurteilung der Frage, ob
die von ihm festgestellten Einwirkungen angesichts der gegebenen örtlichen
Verhältnisse als im Sinne der

genannten Bestimmung übermässig und damit unzulässig sind, als auch bei der
Anordnung der von ihm als geboten erachteten Vorkehren steht dem Sachrichter
ein Ermessen zu. Ermessensentscheide dieser Art überprüft das Bundesgericht
an sich frei; es übt dabei allerdings Zurückhaltung und greift nur ein, wenn
die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen einen falschen
Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn sie grundlos von in Lehre und Rechtsprechung
anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Gesichtspunkte
berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie
umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und
zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis
offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 126
III 223 E. 4a S. 227 f. mit Hinweis).

  2.2  Nach Art. 686 Abs. 2 ZGB sind die Kantone befugt, weitere
Bauvorschriften aufzustellen. Bei Art. 686 ZGB handelt es sich um einen
echten Vorbehalt, der die Kantone zur Ordnung des gesamten privaten
Baurechts befugt (BGE 129 III 161 E. 2.4 S. 163). Heute steht dem
Bundeszivilrecht indessen in den meisten Fällen nicht mehr gestützt auf Art.
686 ZGB erlassenes kantonales Privatrecht, sondern öffentliches Recht der
Kantone und des Bundes gegenüber. Insbesondere im Bereich der Immissionen
enthält das eidgenössische Umweltschutzrecht mit dem Umweltschutzgesetz vom
7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01) und der Lärmschutz-Verordnung vom 15.
Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) einlässliche Regelungen, die auf gleicher
Stufe zu beachten sind wie das Bundeszivilrecht (vgl. NICCOLÒ RASELLI,
Berührungspunkte des privaten und öffentlichen Immissionsschutzes, in: URP
1997 S. 276). Was das kantonale öffentliche Baurecht anbelangt, werden die
Kantone in ihren Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt
(Art. 6 ZGB). Das kantonale öffentliche Recht darf zwar nicht Sinn und Zweck
des Bundeszivilrechts widersprechen oder gar dessen Anwendung vereiteln,
verfügt jedoch über "expansive Kraft" und bestimmt mittels Bauordnung und
Zonenplan mehr und mehr, was nach Lage und Ortsgebrauch an Einwirkungen
zulässig ist. Freilich verhält es sich nicht so, dass Zonenordnungen und
Baureglemente die Lage der Grundstücke und den Ortsgebrauch im Sinne von
Art. 684 ZGB geradezu verbindlich festlegen würden. Indessen bildet das
öffentliche Baurecht einerseits ein Indiz für den Ortsgebrauch, und
andererseits ist es bei der Anwendung von Art. 684

ZGB insofern mitzubedenken, als die Einheit der Rechtsordnung ein
beziehungsloses Nebeneinander von privatem und öffentlichem Recht verbietet.
Art. 6 Abs. 1 ZGB stellt in diesem Sinn nicht nur einen unechten Vorbehalt
zu Gunsten der Kantone dar, sondern verpflichtet auch zur Harmonisierung von
Bundeszivil- und kantonalem öffentlichen Recht. Die Ausweitung des
öffentlichen Baurechts kann daher tendenziell auf Kosten des
privatrechtlichen Immissionsschutzes gehen. Dies ist jedoch insoweit
sachlich gerechtfertigt und hinzunehmen, als man es mit detaillierten
Zonenordnungen und Baureglementen zu tun hat. Nur diese vermögen der
übergeordneten Zielsetzung der Raumplanung (Art. 1 RPG [SR 700]) und dabei
insbesondere dem Grundsatz der rationalen, das ganze Siedlungsgebiet
umfassenden Planung (Art. 3 RPG) zu genügen. Wird daher das Vorliegen einer
übermässigen Einwirkung im Sinne von Art. 684 ZGB mit dem Argument verneint,
das Bauvorhaben entspreche den massgebenden öffentlichrechtlichen Normen,
und handelt es sich dabei um Vorschriften, die im Rahmen einer
detaillierten, den Zielen und Planungsgrundsätzen des Raumplanungsrechts
entsprechenden Bau- und Zonenordnung erlassen worden sind, bedeutet das in
aller Regel keine Vereitelung von Bundesrecht (zum Ganzen BGE 129 III 161 E.
2.6 S. 165 f. mit Hinweisen).

  2.3  Eine Einschränkung der Anwendbarkeit des Bundeszivilrechts ergibt
sich insbesondere aus der Zugehörigkeit einer Sache zum Verwaltungsvermögen
eines Gemeinwesens. Eine solche Zugehörigkeit schliesst nach der in der
Schweiz herrschenden Auffassung die Anwendbarkeit des Zivilrechts allerdings
nicht von vornherein aus. Die Gegenstände des Verwaltungsvermögens bleiben
vielmehr - im Rahmen des bisher Ausgeführten - dem Zivilrecht unterstellt,
soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist und sofern das Gesetz
nicht ausdrücklich etwas anderes vorschreibt (BGE 103 II 227 E. 4 S. 234
f.). Dies bedeutet, dass die Zweckbestimmung durch die Anwendung von
Zivilrecht nicht beeinträchtigt werden darf; das Gemeinwesen soll nicht
durch zivilrechtliche Abwehransprüche in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben
behindert werden. Immissionen aus Grundstücken des Verwaltungsvermögens sind
deshalb hinzunehmen, wenn sie unausweichliche Folge ihrer Zweckbestimmung
sind (BGE 119 II 411 E. 3b und 3c S. 414 mit Hinweis). Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung gelten etwa die vom Schienen- und
Strassenverkehr ausgehenden Lärm-Immissionen nur dann als übermässig im
Sinne von Art. 684 ZGB, wenn

sie für den Grundeigentümer nicht voraussehbar waren, ihn in spezieller
Weise treffen und einen schweren Schaden verursachen (BGE 118 Ib 203 E. 8c
S. 205 mit Hinweis). Allerdings lässt sich diese Rechtsprechung, die mit dem
erheblichen öffentlichen Interesse am Strassen- und Schienenverkehr
begründet wurde (dazu auch BGE 110 Ib 43 E. 4 S. 50), nicht unbesehen auf
das übrige Verwaltungsvermögen und auch nicht ohne weiteres auf andere
Nutzungen von Strassen und Plätzen im Gemeingebrauch übertragen.

  Das Bundesgericht hat bezüglich der durch ein sogenanntes Gassenzimmer für
Drogenabhängige verursachten Immissionen ausgeführt, sie müssten nur
insoweit hingenommen werden, als die öffentliche Aufgabe ohne die
übermässige schädigende Einwirkung auf die Nachbargrundstücke überhaupt
nicht erfüllt werden könnte bzw. als die Einwirkung zwar behoben oder auf
ein erträgliches Mass herabgesetzt werden könnte, die Aufwendungen hierfür
jedoch unverhältnismässig wären (BGE 119 II 411 E. 3c S. 414 mit Hinweisen).
Im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb öffentlicher Werke hat das Gericht
ausgeführt, der Zivilrichter könne nur dann angerufen werden, wenn geltend
gemacht werde, die Einwirkungen auf die Nachbarschaft seien nicht notwendige
oder doch leicht vermeidbare Folge des Baus oder Betriebs (BGE 113 Ib 34 E.
2 S. 37), bzw. die zivilrechtliche Unterlassungsklage sei nicht zuzulassen,
wenn die Schädigung unvermeidbar bzw. nur mit übermässigen Kosten vermeidbar
sei (BGE 96 II 337 E. 5a S. 347).

  Das Gesagte bedeutet für einen öffentlichen Platz im Gemeingebrauch, der
nach der öffentlichrechtlichen Ordnung auch als Festplatz dient, dass
öffentliche Grossveranstaltungen im Rahmen der öffentlichrechtlichen Ordnung
durch das Privatrecht nicht ausgeschlossen werden können und dass deren
unvermeidliche Folgen durch die Nachbarschaft hinzunehmen sind. Wo der
Nachbar die Einwirkungen zu dulden hat, ist die Frage einer allfälligen
Entschädigung oder von Schutzvorkehrungen nach dem Enteignungsrecht zu
beurteilen (BGE 119 II 411 E. 3c S. 414 f. mit Hinweisen).

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Kläger verlangen, dass der Beklagten untersagt werde, auf der
Landiwiese (Kat. Nr. WO5560), der Saffa-Insel (gelegen in Kat. Nr. WO6408)
und in den städtischen Tennisanlagen Mythenquai (Kat. Nrn. EN2389, EN2008
und WO4350) immissionsträchtige Veranstaltungen zu bewilligen oder zu
dulden. Insbesondere

seien Grossveranstaltungen mit Massenverkehr und/oder Verkehrsumleitungen
oder mit Einsatz von Lautsprecheranlagen auf zwei Tage pro Jahr
einzuschränken. Mit Ausnahme der Saffa-Insel, die Teil der im Eigentum des
Kantons Zürich stehenden Gewässerparzelle ist, gehören sämtliche Grundstücke
der Stadt Zürich (Beklagten). Das Obergericht hat die Klage bezüglich der
Saffa-Insel allein schon deshalb abgewiesen, weil die Beklagte nicht
Eigentümerin und daher auch nicht passivlegitimiert sei.

  3.2  Die Kläger machen geltend, der Kanton habe der Beklagten die
Saffa-Insel faktisch zur Nutzung überlassen. Die Insel werde als Teil der
Landiwiese behandelt, so dass die Beklagte faktisch die Verfügungsmacht
ausübe, was ihre Passivlegitimation begründe. Ob dieser Einwand an den
tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts scheitert (vgl. Art. 55 Abs. 1
lit. c OG), oder ob bezüglich der Nutzungsverhältnisse ein Versehen im Sinne
von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG vorliegt, wie die Kläger erklären, kann
dahingestellt bleiben. Die Beklagte ist nach den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz jedenfalls Eigentümerin der Landiwiese, die
das Herzstück aller beanstandeten Grossveranstaltungen im Quartier
Wollishofen bildet, und insoweit passivlegitimiert. Aus den im Folgenden
darzulegenden Gründen ist die Berufung bezüglich dieser Parzelle
unbegründet, und sie wäre es ebenso bezüglich der Saffa-Insel.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Das Obergericht hat sich zunächst mit der öffentlichrechtlichen
Ausgangslage befasst, deren Beurteilung das Bundesgericht im
Berufungsverfahren ebenso wenig überprüfen kann (Art. 43 Abs. 1 und 2; Art.
44-46 und Art. 55 Abs. 1 lit. c a.E. OG) wie seine tatsächlichen
Feststellungen (Art. 43 Abs. 3 OG). Letzteren ist zu entnehmen, dass die
Wohnlagen des grösseren Teils der Kläger als "lärmvorbelastet" einer Zone
mit der Empfindlichkeitsstufe III zugewiesen sind (wo nach Art. 43 Abs. 1
lit. c LSV mässig störende Betriebe zugelassen sind), während nur die
deutlich weiter (d.h. 400 bis 500 m) vom Seeufer und von der Landiwiese
entfernten Wohnlagen des kleineren Teils in der Zone mit
Empfindlichkeitsstufe II lägen, wo keine störenden Betriebe zugelassen sind
(Art. 43 Abs. 1 lit. b LSV). Das von der Klage erfasste Gelände (Landiwiese
im Halte von 36'949 m2 und die Parzellen der Tennisanlagen Mythenquai im
Halte von insgesamt 22'309 m2) gelte als kantonale bzw. regionale
Freihaltezone bzw. sei dem Erholungsgebiet des Typus B zugewiesen, das als
"Festplatz, Rastplatz, Parkanlage und dergleichen"

gedacht sei. Das strittige Gebiet diene der Bevölkerung zur Erholung. Zu
bemerken sei, dass unter Bevölkerung nicht etwa nur die ortsansässige
Bevölkerung zu verstehen sei, sondern die Bevölkerung des gesamten
Einzugsgebiets der Stadt, und dass Erholen nicht nur ein stilles Betrachten
der Landschaft bedeute, sondern auch das gelegentliche Feiern von Festen.
Das Gebiet der Landiwiese sei für derartige Veranstaltungen ein sehr
attraktiver Ort, weshalb sie von der Beklagten denn auch in den
Gemeingebrauch gestellt worden sei. Wegen ihrer Lage am Seeufer böten sich
diese grosse Wiese sowie die zu ihrem Umgelände gehörenden, der
Erholungszone Sport und Freizeit zugewiesenen Tennisplätze für
Freizeitaktivitäten aller Art an. Dass solche von einer breiten Bevölkerung
wahrgenommen werden könnten, liege im öffentlichen Interesse.

  4.2  Alsdann hat sich die Vorinstanz mit der Entwicklung der Nutzung der
Landiwiese befasst und ausgeführt, das Gebiet sei seit dem Beginn des 20.
Jahrhunderts immer wieder für grössere öffentliche Anlässe aller Art in
Anspruch genommen worden. Zu erinnern sei namentlich an die Veranstaltungen
von nationaler Bedeutung, wie die Schweizerische Landesausstellung 1939, die
SAFFA (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) im Jahre 1958, die
Gartenbauausstellung G 59 im Jahre 1959 oder die Ausstellung "Pfahlbauland"
im Jahre 1990. Zudem werde die Landiwiese seit Jahrzehnten für grössere
Volksfeste - Züri-Fescht; Seenachtsfest - als Festplatz und seit 1980
alljährlich auch für das Zürcher Theaterspektakel in Anspruch genommen.

  4.3  Das Obergericht bemerkt des Weiteren, die Beklagte anerkenne, dass in
den letzten Jahren die Zahl grösserer Veranstaltungen im gesamten
Stadtgebiet zugenommen habe; sie verweise jedoch auf die "Richtlinien für
das Überlassen von öffentlichem Grund zu Festveranstaltungen", die sie sich
mit Stadtratsbeschluss vom 19. April 2000 (und Änderung vom 11. September
2002) gegeben habe, wie auch auf ihre im Juli 2001 in die Wege geleitete
Strategie zur Quartierverträglichkeit von Veranstaltungen
("Quartierverträglichkeitsstrategie"). Danach sei vorgesehen, pro
Örtlichkeit und Jahr nicht mehr als vier Veranstaltungen zuzulassen. Auf der
Landiwiese seien für das Jahr 2004 folgende Veranstaltungen angesetzt
gewesen: Züri-Fescht, Ironman, Theaterspektakel und "Freestyle Contest".
Nicht als Veranstaltung in diesem Sinn zähle die Wagenburg des Zirkus Knie,
die jeweils während dessen Gastspiels

auf dem Sechseläutenplatz auf der Landiwiese errichtet werde, sowie die
"Street Parade", die die gesamte Stadt beschlage. In den Richtlinien seien
jedoch zusätzlich Ausnahmen für Anlässe von "einmaliger und
ausserordentlicher Bedeutung" vorgesehen. Solche Ausnahmen müssen nach
Auffassung der Vorinstanz möglich sein, liege es doch in einem eminenten
öffentlichen Interesse, dass die Beklagte als grösste Stadt der Schweiz
weiterhin die Möglichkeit habe, an einem ihrer attraktivsten Standorte
längere Zeit dauernde Veranstaltungen von nationaler oder gar
internationaler Bedeutung durchzuführen.

  4.4  Die dargelegte Art der Verwendung der Landiwiese und des angrenzenden
Geländes durch die Beklagte als Gemeinwesen ist nach Auffassung des
Obergerichts nicht zu beanstanden. Sie werde durch das kantonale
Planungsrecht, das eine Nutzung als Festplatz erlaube, gedeckt und
entspreche langer Tradition und damit dem in Art. 684 Abs. 2 ZGB erwähnten
Ortsgebrauch, auch wenn in den letzten Jahren als Zeichen der Zeit
öffentliche Veranstaltungen eine erhöhte Bedeutung bekommen hätten. Die
gegenwärtige Bewilligungspraxis der städtischen Behörden sei mit dem
zivilrechtlichen Immissionsschutz vereinbar und das von den Klägern
Vorgebrachte unbegründet.

Erwägung 5

  5.

  5.1  Soweit die Kläger (in allgemeiner Form) verlangen, es sei der
Beklagten zu untersagen, auf der Landiwiese und ihrem Umgelände
immissionsträchtige Veranstaltungen zu bewilligen oder zu dulden, ist ihre
Klage offensichtlich unbegründet: Nach der vom Obergericht für das
Bundesgericht verbindlich festgestellten öffentlichrechtlichen
Zweckbestimmung der Landiwiese ist diese dem Gemeingebrauch gewidmet; sie
gehört damit zum Verwaltungsvermögen (zum Begriff: BGE 103 II 227 E. 3 S.
233) und dient nach der gültigen Zonenordnung auch als Festplatz. Das
Begehren der Kläger würde jede Bewilligung für gesteigerten Gemeingebrauch
ausschliessen, ist doch ein solcher stets mit gewissen Immissionen
verbunden. Die bestimmungsgemässe Nutzung würde damit vereitelt, was das
Zivilrecht nicht zulässt. Das Begehren, immissionsträchtige Veranstaltungen
vollständig zu verbieten, steht im Übrigen in einem gewissen Widerspruch zum
zweiten Antrag, wonach Grossveranstaltungen mit Massenverkehr und/oder
Verkehrsumleitungen oder mit Einsatz von Lautsprecheranlagen auf zwei Tage
pro Jahr einzuschränken seien.

  5.2  Mit diesem zweiten Begehren wenden sich die Kläger nicht gegen eine
bestimmte Veranstaltung und deren konkreten Immissionen. Vielmehr verlangen
sie eine zahlenmässige Beschränkung. Das Begehren steht im Widerstreit zur
gegenwärtigen Praxis der Beklagten, neben dem Wagenpark des Zirkus Knie und
der "Street Parade" grundsätzlich vier Veranstaltungen zu bewilligen, was
durch das Obergericht nicht beanstandet worden ist. Die Vorinstanz hat damit
einen Ermessensentscheid getroffen. Bei der Überprüfung von Entscheiden
dieser Art übt das Bundesgericht Zurückhaltung. Es greift nur ein, wenn die
kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch
gemacht hat, d.h. wenn sie grundlos von in Rechtsprechung und Lehre
anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Umstände berücksichtigt
hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt
rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu
korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis
offensichtlich unbillig oder in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 126
III 223 E. 4a S. 227 f. mit Hinweisen).

  5.3  Mängel der genannten Art vermögen die Kläger nicht darzutun:
  5.3.1  Sie führen aus, die Beklagte dulde oder bewillige jeden Sommer eine
Vielzahl von Veranstaltungen, die stets mit elektronisch verstärktem Lärm
oder sogar mit dem Lärm der Rotoren von tieffliegenden Helikoptern verbunden
seien. Diese Lautsprecherbeschallungen seien wesentlich lästiger als der
übliche gleichmässige Verkehrslärm, der übrigens an den Wochenenden und in
der Nacht ohnehin stark abnehme.

  Nicht zu beanstanden ist der Hinweis des Obergerichts darauf, dass die
Kläger einerseits wohl in einer privilegierten Lage der Stadt in Seenähe
wohnten, andererseits aber in lärmbelastetem Gebiet unmittelbar oberhalb der
- wenn auch heute nur noch durch den regionalen S-Bahn-Verkehr - stark
frequentierten Bahnlinie und des Mythenquais bzw. der Seestrasse, die
ausgesprochen stark befahren seien. Es handelt sich daher nicht um ein
ruhiges Wohnquartier, und wer in der Nähe der Landiwiese wohnt, muss damit
rechnen, dass diese vorab im Sommer gelegentlich als Festplatz mit seinen
typischen Immissionen genutzt wird. Die Kläger haben eine gewisse Anzahl
Grossanlässe in ihrem Quartier nachbarrechtlich

hinzunehmen. Auch müssen sie sich bisweilen gefallen lassen, dass die
Immissionen bis weit in die Nacht dauern.

  Allerdings hat die Beklagte auch der zonenkonformen Nutzung der sich in
Wohnzonen befindenden Liegenschaften der Kläger Rechnung zu tragen. Der
Einsatz von Lautsprecheranlagen darf nur in einem gewissen Rahmen bewilligt
werden. Wie das Bundesgericht in BGE 126 III 223 (E. 3c S. 226) festgehalten
hat, sind öffentlichrechtliche Lärmschutzbestimmungen auch bei der
Beurteilung des privatrechtlich zu duldenden Masses an Immissionen
heranzuziehen. Im Ingress der Richtlinien der Beklagten für das Überlassen
von öffentlichem Grund zu Festveranstaltungen und für die Bewilligung von
Musikdarbietungen (Verstärkeranlagen und Lautsprechereinsatz) auf privatem
und öffentlichem Grund im Freien, in Zelten und in Fahrnisbauten vom 19.
April 2000/11. September 2002 wird denn auch ausdrücklich auf die
(kommunale) Lärmschutzverordnung vom 2. Juni 1971 hingewiesen. Der
angefochtene Entscheid enthält indessen keine Feststellungen zum jeweiligen
Lärmpegel, so dass das Bundesgericht letztlich nicht zu beurteilen vermag,
ob aus dieser Sicht von übermässigen bzw. unverhältnismässigen Immissionen
zu sprechen ist. Da die Kläger nicht etwa geltend machen, im kantonalen
Verfahren Behauptungen und Beweisanträge zum Lärmpegel vorgebracht zu haben,
fällt eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung der
tatsächlichen Feststellungen jedoch ausser Betracht (vgl. JEAN-FRANÇOIS
POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, N. 2.3 zu
Art. 64 OG).
  (...)
  5.3.4  Den Klägern ist darin beizupflichten, dass die früheren
Grossveranstaltungen zum Teil einen anderen Charakter aufwiesen als die
heutigen Events. Es trifft zu, dass die früheren Veranstaltungen neben dem
geselligen Zweck auch belehrenden und/oder besinnlichen Charakter hatten und
daher nachbarrechtlich weit weniger problematisch waren als die in jüngerer
Zeit vorherrschenden Feste mit ihren die Nachbarschaft beeinträchtigenden
Lautsprechereinsätzen. Die Vorinstanz hat dies nicht verkannt. Sie hat in
ihren Erwägungen vielmehr ausdrücklich auf die Problematik von heutigen
Grossveranstaltungen hingewiesen, aber gleichzeitig die Bemühungen der
Beklagten anerkannt, mit Richtlinien, Quartierverträglichkeitsstrategien und
verschärften Bedingungen und Auflagen einen

Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen zu finden. Der teilweise
unterschiedliche Charakter der Veranstaltungen von einst und jetzt ändert
nichts daran, dass das Abhalten von Grossveranstaltungen auf der Landiwiese
Tradition hat, was in der Gesamtwürdigung berücksichtigt werden durfte und
musste. Der Vorwurf, das Obergericht habe Gesichtspunkte berücksichtigt, die
keine Rolle hätten spielen dürfen, bzw. Umstände ausser Acht gelassen, die
rechtserheblich gewesen wären, ist nach dem Gesagten unbegründet.
  (...)
  5.3.6  Die von der Beklagten und der Vorinstanz angerufenen Richtlinien
für das Überlassen von öffentlichem Grund zu Festveranstaltungen halten die
Kläger für wirkungslos. Inwiefern sie mit diesem Einwand eine Verletzung von
Bundeszivilrecht dartun wollen, ist allerdings nicht ohne weiteres
erkennbar. Das Obergericht hat die beklagtische Bewilligungspraxis der
letzten Jahre dargelegt (grundsätzlich vier Bewilligungen neben der "Street
Parade" und der Wagenburg des Zirkus Knie) und zahlenmässig als
bundesrechtskonform bezeichnet. Dass in jüngster Zeit wesentlich mehr oder
anderes bewilligt worden wäre, machen die Kläger selbst nicht geltend. In
den Bewilligungen ist im Übrigen naturgemäss die Zeit für den Aufbau und das
Abbrechen der mit der jeweiligen Veranstaltung verbundenen Anlagen
enthalten.

  5.3.7  Dem Hinweis der Kläger auf das kantonale Ruhetags- und
Ladenöffnungsgesetz vom 26. Juni 2000, das vom Obergericht nicht beachtet
worden sei, ist zunächst wiederum entgegenzuhalten, dass das Bundesgericht
im Berufungsverfahren den angefochtenen Entscheid nicht auf seine
Übereinstimmung mit dem kantonalen Recht überprüfen kann. Im Übrigen legen
die Kläger nicht dar, dass und inwiefern sie den hier geltend gemachten
Gesichtspunkt bereits im vorinstanzlichen Verfahren aufgeworfen und
hinreichend begründet hätten. Sie können den obergerichtlichen
(Ermessens-)Entscheid unter diesen Umständen nicht mit der Begründung
anfechten, es seien rechtserhebliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt
worden.
  (...)
  5.3.9  Das Obergericht bemerkt, dass die Landiwiese auch ohne
Grossveranstaltungen keineswegs stets nur eine stille Oase der Ruhe sei.
Vielmehr verhalte es sich so, dass dort wegen der attraktiven

Lage des Geländes an warmen Wochenenden jeweils ein buntes Treiben herrsche,
indem sich bisweilen Hunderte von Leuten vergnügten, und zwar auch ohne
gleichzeitige Grossveranstaltung. Die Kläger anerkennen ausdrücklich, dass
die vorinstanzlichen Ausführungen den Tatsachen entsprächen. Indessen
würdigen sie die Feststellungen des Obergerichts anders, indem sie
ausführen, sie hätten bereits ohne Festanlässe unter dem Gemeingebrauch
hinreichend zu leiden.

  Es mag richtig sein, dass der gewöhnliche bestimmungsgemässe allgemeine
Gemeingebrauch der Landiwiese bereits zu gewissen Immissionen führt. Dies
ändert indessen nichts daran, dass auch Festanlässe zu deren
bestimmungsgemässen Nutzung gehören und solche nicht bereits deshalb
untersagt werden können, weil sie mit Einwirkungen auf die Nachbarschaft
verbunden sind.

  5.3.10  Den Klägern ist zuzustimmen, dass der Motorenlärm der
gelegentlichen Helikopterflüge über dem streitbetroffenen Gebiet zum Zweck
von Panoramaaufnahmen von besonderen Anlässen wohl als von den fraglichen
Parzellen ausgehende Immission zu betrachten ist (vgl. dazu BGE 120 II 15 E.
2a S. 17; 119 II 411 E. 4b S. 415). Ausserhalb von Einsätzen zum Transport
verletzter oder schwer kranker Personen und aus der Sicht von Art. 684 ZGB
sind solche Tiefflüge - zur Aufnahme einiger eindrücklicher Bilder von einem
ausserordentlichen Anlass wie einem Marathon oder der "Street Parade" - nur
ausnahmsweise und in geringer Zahl zu gestatten. Der angefochtene Entscheid
enthält indessen zu den Helikopterflügen im Zusammenhang mit den
Grossanlässen weder in zahlenmässiger Hinsicht noch bezüglich des Lärmpegels
tatsächliche Feststellungen, die erlauben würden, die Verhältnismässigkeit
der durch die Überflüge verursachten Beeinträchtigung zu beurteilen. Auch in
diesem Punkt haben die Kläger den Mangel sich selbst zuzuschreiben (vgl.
oben E. 5.3.1).