Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 379



Urteilskopf

132 III 379

  43. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. B. AG und D. Srl.
gegen A. AG (Berufung)
  4C.337/2005 vom 19. Dezember 2005

Regeste

  Schadenersatz bei Verletzung von Patentrechten, Lizenzanalogie (Art. 73
PatG).

  Die Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche im Immaterialgüterrecht
(z.B. Art. 73 PatG) sind identisch mit den Haftungsvoraussetzungen im
Obligationenrecht (Art. 41 OR). Die Methode der Lizenzanalogie betrifft nur
die Schadenersatzbemessung (E. 3).

Sachverhalt

  A.- Die A. AG (Klägerin) bezweckt den Erwerb, die Verwertung und
Veräusserung von Immaterialgüterrechten auf dem Gebiet der Getränke- und
Nahrungsmittelbranche, insbesondere den Erwerb und die Verwertung von
Patenten und Lizenzen im Bereich der Zubereitung von Kaffee und Milch. Die
B. AG (Beklagte) bezweckt die Fabrikation sowie den Handel mit Metallwaren,
insbesondere Kaffeemaschinen.

  Die Klägerin verfügt über das exklusive Nutzungsrecht am europäischen
Patent X. (Klagepatent) in allen Ländern, in denen Patente angemeldet worden
sind oder noch angemeldet werden können oder bereits erteilt sind. Das
Klagepatent ist auch im schweizerischen Register für europäische Patente
eingetragen. Das Nutzungsrecht stützt sich auf einen am 15. Oktober 1993 mit
der italienischen Firma C. Srl. geschlossenen Lizenzvertrag und beschränkt
sich auf das Gebiet der professionellen Maschinen im Gastronomiebereich. Das
Klagepatent beansprucht eine Vorrichtung zur Durchmischung von Milch, Luft
und Dampf, insbesondere zur Zubereitung von Cappuccino und vergleichbaren
Getränken in Kaffeemaschinen (Milchschäumer).

  Die Beklagte bezieht seit Jahren Milchschäumer bei der italienischen Firma
D. Srl. und vertreibt diese Milchschäumer in der Schweiz und im Fürstentum
Liechtenstein. Diese Milchschäumer beanspruchen das Klagepatent. Am 9. März
1998 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Patentverletzung ab und bot ihr
gleichzeitig den Abschluss eines Lizenzvertrages an, was die Beklagte
ablehnte.

  B.- Mit Klage vom 28. August 2000 beim Handelsgericht des Kantons Aargau
verlangte die Klägerin von der Beklagten im Wesentlichen

die Unterlassung der Patentverletzung und Schadenersatz. Mit Teilurteil vom
26. Juni 2003 wurde der Beklagten in teilweiser Gutheissung der Klage
verboten, den streitgegenständlichen Milchschäumer zu vertreiben. In Bezug
auf den Schadenersatz verpflichtete das Handelsgericht des Kantons Aargau
die Beklagte mit Urteil vom 23. August 2005, der Klägerin Fr. 720'000.-
(entsprechend Fr. 90'000.- pro Jahr) zuzüglich Zins zu bezahlen.

  C.- Mit Berufung vom 26. September 2005 beantragt die Beklagte dem
Bundesgericht im Wesentlichen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons
Aargau vom 23. August 2005 sei aufzuheben und die Sache zur ergänzenden
Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse und zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche im
Immaterialgüterrecht sind identisch mit den Haftungsvoraussetzungen im
Obligationenrecht. In den neueren Gesetzen wird für Klagen auf Schadenersatz
ausdrücklich auf das Obligationenrecht verwiesen (Art. 73 PatG [SR 232.14],
Art. 62 Abs. 2 URG [SR 231.1], Art. 55 Abs. 2 MSchG [SR 232.11], Art. 35
Abs. 2 DesG [SR 232.12], Art. 9 Abs. 3 UWG [SR 241]). Voraussetzungen für
eine Schadenersatzpflicht aufgrund einer Patentrechtsverletzung sind der
Schaden, die Widerrechtlichkeit, das Verschulden und der adäquate
Kausalzusammenhang zwischen schädigender Handlung und Schaden (FRITZ BLUMER,
in: Christoph Bertschinger/Peter Münch/Thomas Geiser [Hrsg.],
Schweizerisches und europäisches Patentrecht, Basel 2002, S. 824, Rz.
17.105; LUCAS DAVID, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht,
Bd. I/2, 2. Aufl., Basel 1998, S. 113). Der Schaden ist vom Geschädigten
grundsätzlich ziffernmässig nachzuweisen (Art. 42 Abs. 1 OR). Ist das nicht
möglich, ist der Schaden vom Richter "mit Rücksicht auf den gewöhnlichen
Lauf der Dinge" abzuschätzen (Art. 42 Abs. 2 OR). Diese Bestimmung bezieht
sich sowohl auf das Vorhandensein wie auf die Höhe des Schadens. Dieser gilt
als erwiesen, wenn sich genügend Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind,
auf seinen Eintritt zu schliessen. Der Schluss muss sich mit einer gewissen
Überzeugungskraft aufdrängen (BGE 122 III 219 E. 3a 221 f.).

  3.2  Besondere Probleme treten bei der Schadenersatzbemessung auf, wenn es
um die unberechtigte Nutzung von Immaterialgütern

geht. In der schweizerischen Praxis sind heute drei Möglichkeiten anerkannt,
den Schaden einer Patentverletzung zu beziffern, nämlich der Nachweis des
effektiven oder direkten Schadens, die Lizenzanalogie und der
Analogieschluss aus dem Gewinn des Verletzers (BLUMER, a.a.O., S. 827 ff.,
Rz. 17.112 ff; DAVID, a.a.O., S. 115 f.; RETO M. JENNY, Die
Eingriffskondiktion bei Immaterialgüterrechtsverletzungen, 2005, S. 56, Rz.
98 mit Nachweisen). In jedem Fall hat der Kläger alle ihm zugänglichen
Tatsachen darzulegen, aus denen das Gericht den Schaden allenfalls
abschätzen kann. Hierzu gehören vor allem auch Angaben über die beidseitigen
Umsätze, Marktanteile und Gewinnmargen (DAVID, a.a.O., S. 115).

  3.2.1  Beim Nachweis des effektiven oder direkten Schadens steht der
entgangene Gewinn im Vordergrund. Die Bemessung des direkten Schadens in der
Form des entgangenen Gewinns ist insbesondere dann möglich und sinnvoll,
wenn nachgewiesen werden kann, dass das Auftauchen von patentverletzenden
Produkten auf dem Markt zu einem Umsatzeinbruch, das heisst einem Knick bei
den mit Zustimmung des Patentinhabers vermarkteten Produkten geführt hat
(BLUMER, a.a.O., S. 827 f., Rz. 17.112 und 17.113; DAVID, a.a.O., S. 116).

  3.2.2  Die Schadensbezifferung anhand der Methode der Lizenzanalogie
bedeutet, dass der Verletzer dem Schutzrechtsinhaber Schadenersatz zu
leisten hat in der Höhe der Vergütung, die beim Abschluss eines
Lizenzvertrages über das betreffende Schutzrecht von vernünftigen
Vertragspartnern vereinbart worden wäre (BLUMER, a.a.O., S. 828, Rz. 17.114;
DAVID, a.a.O., S. 115). Die Schwierigkeit dieser Methode besteht in der
Berechnung der marktgerechten Lizenzgebühren. Diese Methode steht dann im
Vordergrund, wenn der Patentinhaber Dritten nichtexklusive Lizenzen gewährt
hat, vergleichbare Verhältnisse vorliegen und angenommen werden kann, dass
auch dem Verletzer eine Lizenz in derselben Höhe gewährt worden wäre und er
seinerseits bereit gewesen wäre, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag
abzuschliessen (BLUMER, a.a.O., S. 828 f., Rz. 17.115).

  3.2.3  Schliesslich kann der Schaden gestützt auf einen Analogieschluss
aus dem Gewinn des Verletzers berechnet werden. Bei dieser Methode wird
vermutet, dass es dem Schutzrechtsinhaber möglich gewesen wäre, einen
gleichen Gewinn wie der Verletzer zu erwirtschaften (DAVID, a.a.O., S. 117).
Nach gefestigter Rechtsprechung

handelt es sich dabei um einen Sonderfall der unechten Geschäftsführung ohne
Auftrag (Art. 423 OR). Die Gewinnherausgabe ist genau genommen nicht Ersatz
für einen Schaden des Patentinhabers, sondern Herausgabe der dem
auftragslosen Geschäftsführer entstandenen Vorteile (BGE 97 II 169 E. 3 S.
175; bestätigt in BGE 98 II 325 ff. E. 5 S. 332 f.; BLUMER, a.a.O., S. 830
f., Rz. 17.120).

  3.3  Aus dem Gesagten ergibt sich, dass eine Schadenersatzpflicht nur in
Frage kommt, wenn die Haftungsvoraussetzungen gemäss den Bestimmungen des
Obligationenrechts - Schaden, Widerrechtlichkeit, Kausalzusammenhang und
Verschulden - erfüllt sind. Die hier interessierende Methode der
Lizenzanalogie ist ausschliesslich als Schadensbemessungsmethode zu
verstehen.

  3.3.1  In der Literatur wird die Qualifikation der Lizenzanalogie als
Schadensberechnungsmethode zum Teil in Frage gestellt. Zur Begründung wird
geltend gemacht, bei der Anwendung der Lizenzanalogie komme auf eine
tatsächliche Vermögenseinbusse nichts an. Es sei belanglos, ob der
Berechtigte selbst die (widerrechtlich gemachte) Nutzung für sich hätte
vornehmen können und wollen. Gleichgültig sei auch, ob die Parteien zum
Abschluss eines Lizenzvertrages bereit gewesen wären. Dementsprechend
entfalle auch das Erfordernis der Kausalität zwischen Verletzung und
Schadenseintritt bzw. Schadenshöhe. Vielmehr genüge es, dass
Schutzrechtsverletzungen nachgewiesen würden, um dem Verletzer als
Schadenersatz eine Gebühr in angemessener Höhe aufzuerlegen, wie sie ein
Lizenznehmer schulden würde. Damit werde der Methode, die einen Ausweg aus
der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des Schadensbeweises weisen solle,
auch die Funktion übertragen, den Schadenseintritt zu supponieren (HANS-UELI
VOGT, Sonderzivilrecht für Immaterialgüter, dargestellt anhand der
vermögensrechtlichen Folgen von Immaterialgüterrechtsverletzungen, recht
15/1997 S. 244; CHRISTOPH NERTZ, Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen
Vergütung bei rechtswidriger Benutzung fremder Immaterialgüterrechte, Diss.
Basel 1995, S. 162).

  3.3.2  Die Auffassung, dass nach der Methode der Lizenzanalogie
Schadenersatz auch ohne Vermögensverminderung zugesprochen werde, ist nicht
überzeugend. Wie erläutert richten sich die allgemeinen Voraussetzungen des
Schadenersatzes nach den Erfordernissen des Obligationenrechts, während die
Lizenzanalogie ausschliesslich der Schadenersatzberechnung dient. Zum
gleichen Ergebnis

führt auch ein Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum
Schadensbegriff. Ein Schaden im Sinn des Obligationenrechts liegt
grundsätzlich nur bei einer unfreiwilligen Vermögenseinbusse - Erhöhung der
Passiven, Verminderung der Aktiven und entgangener Gewinn - vor (BGE 129 III
331 E. 2.1 S. 332; 128 III 22 E. 2e/ aa S. 26; 126 III 388 E. 11a S. 393).
Demgegenüber stellt ein Nutzungsausfall keinen Schaden dar (BGE 126 III 392
E. 11a S. 393). Ersatz für normativen - nicht auf Vermögensverminderung
beruhenden - Schaden wird nach der Rechtsprechung einzig für den
Haushaltschaden (BGE 127 III 403 E. 4 S. 407 f.) und den Pflegeschaden
(Urteil 4C.276/2001 vom 26. März 2002, E. 6, publ. in: Pra 91/2002 Nr. 212
S. 1127) zugesprochen. In diesen Fällen ist auch dann Schadenersatz zu
leisten, wenn keine Vermögensverminderung eintritt. Diese Ausnahmen sind
jedoch auf den Haushalts- und Pflegeschaden beschränkt. Es besteht nach
geltendem Recht kein Anlass, die Rechtsprechung zum Haushalt- und
Pflegeschaden auf das Immaterialgüterrecht auszudehnen.

  3.3.3  Zu berücksichtigen ist auch, dass nach den Grundsätzen des
Obligationenrechts nur dann Ersatz für entgangenen Gewinn geschuldet ist,
soweit es sich um einen üblichen oder sonst wie sicher in Aussicht stehenden
Gewinn handelt (BGE 82 II 397 E. 6 S. 401 mit Hinweisen; HEINZ REY,
Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., Zürich 1998, Rz. 347 ff.;
ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl., Bern 2006, Rz. 70e zu Art. 41 OR).
Folglich kann der Schutzrechtsinhaber nur dann Schadenersatz in der Höhe der
Vergütung für einen Lizenzvertrag verlangen, wenn feststeht, dass ein
Lizenzvertrag über das Schutzrecht hätte abgeschlossen werden können. Diese
Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn feststeht, dass eine Partei den ihr
angebotenen Abschluss eines Lizenzvertrages - aus welchen Gründen auch immer
- klar abgelehnt hat. Anders würde es sich verhalten, wenn der Patentinhaber
mit einem Dritten kurz vor dem Abschluss eines Lizenzvertrages stand, als
ein Verletzer auf dem Markt auftrat und der Dritte dadurch vom Abschluss des
Lizenzvertrages abgehalten wurde. In diesem Falle könnte als wahrscheinlich
angesehen werden, dass der Patentinhaber ohne die Intervention des
Verletzers Lizenzgebühren hätte berechnen können (JENNY, a.a.O., S. 102, Rz.
172 f.).

  3.3.4  Auch die in der Literatur entwickelte These, dass angesichts von
Besonderheiten bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten eine echte
Lücke im gesetzlichen Sanktionensystem auszumachen

sei, in welche die Lizenzanalogie als Anwendungsfall der Lehre von den
faktischen Vertragsverhältnissen zu treten habe (VOGT, a.a.O., S. 248),
greift zu kurz. Eine im Gesetzgebungsverfahren zum Urheberrechtsgesetz
vorgeschlagene Norm, wonach der Verletzte anstelle von Schadenersatz oder
Herausgabe des Gewinns unabhängig vom Verschulden eine Vergütung verlangen
kann, ist in der Vernehmlassung auf Opposition gestossen. Einerseits wurde
die Einführung einer Kausalhaftung grundsätzlich abgelehnt, und andrerseits
seien Voraussetzungen und Höhe des Anspruchs "völlig unbestimmt" (vgl. die
Hinweise bei NERTZ, a.a.O., S. 163). Unter diesen Umständen könnte der
Richter wohl kaum ohne Bedenken eine echte Lücke im gesetzlichen
Sanktionensystem für Immaterialgüterrechtsverletzungen annehmen.

  3.3.5  Abweichungen von den Grundsätzen des Schadenersatzrechtes für den
Bereich des Immaterialgüterrechtes könnten allenfalls dann auf eine legale
Grundlage gestützt werden, wenn sich der schweizerische Gesetzgeber
entschliessen würde, die Richtlinie 2004/48 EG zur Durchsetzung der Rechte
des geistigen Eigentums vom 9. März 2004 (Abl. L 157 vom 30. April 2004) im
Rahmen des autonomen Nachvollzuges in das nationale Recht umzusetzen. Art.
13 der Richtlinie lautet unter dem Titel "Schadenersatz" wie folgt:

   "(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte
    auf Antrag der geschädigten Partei anordnen, dass der Verletzer, der
    wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine
    Verletzungshandlung vornahm, dem Rechtsinhaber zum Ausgleich des von
    diesem wegen der Rechtsverletzung erlittenen tatsächlichen Schadens
    angemessenen Schadenersatz zu leisten hat.

    Bei der Festsetzung des Schadensersatzes verfahren die Gerichte wie
    folgt:

    a) Sie berücksichtigen alle in Frage kommenden Aspekte, wie die
    negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschliesslich der
    Gewinneinbussen für die geschädigte Partei und der zu Unrecht erzielten
    Gewinne des Verletzers, sowie in geeigneten Fällen auch andere als die
    rein wirtschaftlichen Faktoren, wie den immateriellen Schaden für den
    Rechtsinhaber,

    oder

    b) sie können stattdessen in geeigneten Fällen den Schadenersatz als
    Pauschalbetrag festsetzen, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie
    mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte
    entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden
    Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte.

    (2) Für Fälle, in denen der Verletzer eine Verletzungshandlung
    vorgenommen hat, ohne dass er dies wusste oder vernünftigerweise hätte
    wissen müssen, können die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass
    die Gerichte die Herausgabe der Gewinne oder die Zahlung von
    Schadenersatz anordnen, dessen Höhe im Voraus festgesetzt werden kann."

  Mit der Bestimmung von Art. 13 Abs. 1 lit. b der Richtlinie wird die
Methode der Lizenzanalogie gemeinschaftsrechtlich als Minimalstandard
normiert (JENNY, a.a.O., S. 368, Rz. 738). Für die Schweiz dagegen lehnt es
die Lehre de lege lata ausdrücklich ab, den Schadenersatzanspruch bei
Immaterialgüterrechtsverletzungen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. b der
Richtlinie zu interpretieren (JENNY, a.a.O., S. 370, Rz. 742 und S. 379, Rz.
740). Es kann nicht die Aufgabe des Richters sein, dem Gesetzgeber in einer
Frage von grundsätzlicher Bedeutung zuvorzukommen, wenn dieser die Frage im
Zusammenhang mit seinem Entscheid über die Umsetzung von neuem EU-Recht
demnächst selbst beantworten muss.

  3.4  Zusammengefasst ist festzuhalten, dass eine mit den Grundsätzen des
Schadenersatzrechts kompatible Methode der Lizenzanalogie bloss die Funktion
einer Schadensberechnungsmethode erfüllen kann, indem die angemessene
Lizenzgebühr als ein Anhaltspunkt für die Bemessung des entgangenen Gewinns
dient (BGE 97 II 169 ff. E. 3a S. 176 Abs. 2). Die Anwendung der Methode
setzt aber den Nachweis einer beim Verletzten eingetretenen
Vermögensverminderung voraus. Wird entgangener Gewinn geltend gemacht, muss
vorausgesetzt werden, dass der Schutzrechtsinhaber in der Lage sein musste,
den entgangenen Gewinn zu erzielen (JENNY, a.a.O., S. 77, Rz. 126). Dies ist
dann nicht der Fall, wenn der Schutzrechtsinhaber das Immaterialgut gar
nicht genutzt hat (JENNY, a.a.O., S. 77, Rz. 126). Nur soweit der
Schutzrechtsinhaber zu belegen vermag, dass ihm als Folge der
Verletzungshandlung tatsächlich eine Lizenzvergabe und somit eine
Lizenzgebühr wahrscheinlich entgangen ist, handelt es sich um entgangenen
Gewinn. In diesem Fall ist jedoch die Höhe der Lizenz nach Massgabe der
hypothetischen Vereinbarung von Lizenzgeber und Lizenznehmer ohne Rücksicht
auf ihre Angemessenheit zu bestimmen. Wenn der Schutzrechtsinhaber davon
entbunden wird, die Wahrscheinlichkeit des entgangenen Gewinns - d.h. des
Abschlusses eines bestimmten Lizenzvertrages mit einer bestimmten
Lizenzgebühr - nachzuweisen, stellt die zugesprochene Lizenzgebühr jedoch
keinen Ausgleich für einen konkreten Schaden dar, sondern für eine
Schadensfiktion. Dafür ist nach

den Grundsätzen des Haftpflichtrechts, das auch für das Immaterialgüterrecht
gilt, kein Ersatz geschuldet.

Erwägung 4

  4.  Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Vorinstanz bei der Anwendung der
Methode der Lizenzanalogie schadenersatzrechtliche Grundsätze verletzt hat,
wobei zu beachten ist, dass der Richter das Recht von Amtes wegen anwendet
und an die Vorbringen der Parteien nicht gebunden ist (Art. 63 Abs. 1 und 3
OG).

  4.1  Gemäss Teilvergleich vom 27./28. August 2003 anerkannte die Beklagte,
dass sie der Klägerin für den Vertrieb des umstrittenen Milchschäumers eine
Entschädigung schulde. Dabei ist zu beachten, dass zwischen den Parteien
trotz dem Teilvergleich nicht nur die Schadenshöhe, sondern auch die
Schadensentstehung und der Schadensbegriff streitig geblieben sind, zumal
das Behauptungs- und Beweisverfahren zu dieser Frage im ersten auf die
Haftungsfrage beschränkten Prozess noch nicht stattgefunden hatte. Deshalb
hat die Beklagte auch nach dem Teilvergleich bestritten, dass überhaupt ein
Schaden entstanden sei. Mit ihrem allgemeinen Schuldbekenntnis im
Teilvergleich hat die Beklagte lediglich anerkannt, dass sie den
umstrittenen Schäumer vertrieben hat, dass dieser Vertrieb das Klagepatent
verletzte und insoweit widerrechtlich war und dass die Beklagte der Klägerin
durch diesen Vertrieb ersatzpflichtigen Schaden - in welcher Höhe auch immer
- verursacht haben könnte. Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat,
geht bereits aus der Formulierung des Teilvergleichs hervor, dass sich der
Entschädigungsanspruch der Klägerin nicht auf einen Lizenzvertrag stützt.
Demzufolge wurde der Anspruch richtigerweise als Anspruch aus unerlaubter
Handlung qualifiziert. Als Konsequenz aus dem Teilvergleich konnte die
Vorinstanz den Kausalzusammenhang, die Widerrechtlichkeit und das
Verschulden in kurzen, im Ergebnis unbestrittenen Erwägungen bejahen.

  4.2  Zur Bemessung des Schadens hat die Vorinstanz befunden, die Klägerin
sei "in jedem Fall" gemäss den anerkannten Grundsätzen der Lizenzanalogie so
zu stellen, wie wenn die Beklagte von Anfang an mit ihr einen Vertrag über
die Lizenzierung zum Inverkehrbringen der patentgeschützten Schäumer
geschlossen hätte. Die Klägerin habe der Beklagten im Verlaufe der bereits
im Jahre 1998 geführten Verhandlungen eine Lizenzierung zu einem
Pauschalbetrag von Fr. 90'000.- angeboten. Weil die Klägerin aufgrund ihres
Exklusivrechts berechtigt gewesen sei, den Preis grundsätzlich in

beliebiger Höhe zu bestimmen und der Beklagten kein Einfluss auf die
Preisgestaltung der Klägerin zugekommen sei, sei die geltend gemachte
Jahresgebühr "in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR und gestützt auf die
anerkannten Grundsätze der Lizenzanalogie" sachgerecht. Damit hat die
Vorinstanz übersehen, dass ein entgangener Gewinn etwa in der Höhe der von
der Klägerin verlangten vertraglichen Jahrespauschale von Fr. 90'000.- nur
dann angenommen werden könnte, wenn die Klägerin dargetan hätte, dass sie
zur Verwertung entweder selbst in der Lage war oder der Abschluss eines
Lizenzvertrages mit entsprechender Gebühr für sie mit einiger
Wahrscheinlichkeit in Aussicht stand. Zudem ist nicht festgestellt, dass die
Klägerin die Nutzung ihres Patentes gegen eine Pauschale in der
Grössenordnung von Fr. 90'000.- einem Dritten hätte übertragen können. Das
Verfahren ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Prüfung der Frage,
ob die Klägerin die erforderlichen Tatsachenbehauptungen erhoben und Beweise
offeriert hat, um den aus der vertragslosen Nutzung des Patentes
entstandenen Schaden zu belegen.

  4.3  Weil die Vorinstanz bei der Zusprechung des von der Klägerin geltend
gemachten Schadenersatzanspruches Bundesrecht verletzt hat, ist die Berufung
gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache entsprechend
dem Antrag der Beklagten zur Neuentscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.