Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 342



Urteilskopf

132 III 342

  40. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. AG gegen A., B.
und C. AG (Berufung)
  4C.312/2005 vom 10. Januar 2006

Regeste

  Aktienrechtliche Verantwortlichkeit; Aktivlegitimation des
Abtretungsgläubigers; Verrechnungseinrede (Art. 120 und 757 OR).

  Die materielle Begründetheit der Forderung des rechtskräftig kollozierten
Abtretungsgläubigers darf im Verantwortlichkeitsprozess vom Gericht nicht
überprüft werden (E. 2).

  Die beklagte Partei kann im Verantwortlichkeitsprozess mit Forderungen
verrechnen, die ihr im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegenüber der
konkursiten Gesellschaft zustanden (E. 4).

Sachverhalt

  Die D. AG mit Sitz in M. wurde 1989 gegründet. Ihr Zweck bestand in der
Herstellung, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Baustoffen, namentlich
auf der Basis von Schaumglas. Am 29. Dezember 1993 wurde über die
Gesellschaft der Konkurs eröffnet.

  A. (Beklagter 1) und B. (Beklagter 2) waren Mitglieder des Verwaltungsrats
der D. AG, die C. AG (Beklagte 3) deren Revisionsstelle. Der Beklagte 1
wurde im Konkurs der D. AG mit einer Forderung von Fr. 3'706'717.-
kolloziert.

  Die X. AG (Klägerin) meldete im Konkurs der D. AG eine Forderung von Fr.
1'750'000.- an und wurde mit Fr. 750'000.- kolloziert. Sie leitet diese
Forderung aus dem Verkauf einer Produktionsanlage ab. Der gesamte
Verkaufspreis von Fr. 1,25 Millionen sollte von der Käuferin in drei Raten
getilgt werden, nämlich 40 % bei Vertragsunterzeichnung, 40 % nach erfolgter
Ablieferung und Installation der Anlage sowie nach erfolgreicher
Durchführung eines Testlaufs, und die restlichen 20 % im Zeitpunkt der
Aufnahme der kommerziellen Produktion. Die D. AG zahlte die erste Rate,
verweigerte dann aber weitere Zahlungen mit der Begründung, die hiezu
erforderliche Bedingung, nämlich ein erfolgreich durchgeführter Testlauf,
sei nicht erfüllt und die Anlage sei nicht funktionstüchtig für eine
industrielle Produktion.

  Nachdem die Mehrheit der Gläubiger auf die Geltendmachung von
Verantwortlichkeitsansprüchen gegen die Organe der D. AG verzichtet hatte,
trat die Konkursverwaltung diese Ansprüche mit Verfügung vom 6. März 1995 an
die Klägerin sowie an den Erstbeklagten ab.

  Am 12. Juni 1996 gelangte die Klägerin an das Bezirksgericht Schwyz mit
dem Rechtsbegehren, die Beklagten 1-3 seien zu verpflichten, ihr unter
solidarischer Haftung Fr. 750'000.- zuzüglich Zins zu 5 % seit 29. Dezember
1993 zu bezahlen, unter Vorbehalt des Nachklagerechts. Sie machte im
Wesentlichen geltend, dass die Beklagten 1 und 2 als Mitglieder des
Verwaltungsrats Bilanzierungsvorschriften verletzt und eine zusätzliche
Verschuldung der D. AG dadurch bewirkt hätten, dass der Konkurs zu spät
eröffnet worden sei. Ausserdem warf sie den Beklagten 1 und 2 vor, sie
hätten ihre Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung verletzt und damit den

gesamten Schaden der Gläubiger im Konkurs verursacht. Der Beklagten 3 warf
sie vor, sie habe ihre Kontroll- und Prüfungspflichten verletzt und sei
ihren Informations- und Meldepflichten nicht nachgekommen.

  Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Die Beklagten 1 und 2
erhoben zudem Widerklage mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass sie
für den Gläubigerausfall im Konkurs der D. AG nicht verantwortlich seien und
demgemäss die Klägerin keine Forderung gegenüber ihnen habe.

  Mit Urteil vom 24. September 2003 wies das Bezirksgericht Schwyz die Klage
ab und stellte in Gutheissung der Widerklage fest, dass die Beklagten 1 und
2 für den Gläubigerausfall im Konkurs der D. AG nicht haften. Das
Bezirksgericht bejahte zwar die grundsätzliche Haftung der Beklagten 1 und 2
aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit, gelangte jedoch zum Ergebnis, dass
der Schaden, welchen die Beklagten als Organe der Gesellschaft verursacht
hatten, durch die vom Beklagten 1 der Gesellschaft gewährten Darlehen
ausgeglichen worden sei.

  Das Kantonsgericht Schwyz hob mit Beschluss vom 12. April 2005 das
erstinstanzliche Urteil in teilweiser Gutheissung der Berufung der Klägerin
auf und trat auf Klage und Widerklage nicht ein. Das Kantonsgericht
überprüfte die materielle Gläubigerstellung der rechtskräftig kollozierten
Klägerin und gelangte zum Schluss, die Forderung der Klägerin aus offenen
Kaufpreisraten sei vor der Eröffnung des Konkurses über die D. AG nicht
fällig gewesen bzw. sie sei mangels Eintritts der vertraglichen Bedingung
gar nicht entstanden, womit der Klägerin das Rechtsschutzinteresse an der
Verantwortlichkeitsklage fehle. Ausserdem qualifizierte das Kantonsgericht
die Verantwortlichkeitsklage wegen des Verhaltens der Klägerin als
rechtsmissbräuchlich. In einer Eventualbegründung erwog das Gericht, die
Klägerin könne wegen Erlöschens ihrer Forderung durch Verrechnung mit der
kollozierten Forderung des Erstbeklagten keine Ansprüche mehr geltend
machen. Schliesslich erklärte das Gericht die Widerklage für hinfällig, weil
auf die Klage nicht einzutreten sei.

  Mit Berufung vom 14. September 2005 stellt die Klägerin den Antrag, der
Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz vom 12. April 2005 sei insofern
aufzuheben, als die Vorinstanz anzuweisen sei, auf die Klage einzutreten und
diese im Rahmen der bei der Vorinstanz gestellten Berufungsanträge der
Klägerin materiell zu beurteilen.

  Die Beklagte 3 schliesst in der Berufungsantwort auf Abweisung der
Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Die Beklagten 1 und 2 stellen in
ihrer gemeinsam eingereichten Berufungsantwort die Anträge, die Berufung sei
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, eventuell sei die Vorinstanz
anzuweisen, die Widerklage gutzuheissen.

  Das Bundesgericht heisst die Berufung gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Die Klägerin stützt ihre Forderung sowohl auf Art. 757 OR wie auf die
Verfügung der Konkursverwaltung vom 6. März 1995, mit der ihr die Ansprüche
aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit der Konkursmasse der D. AG gegen
deren Gesellschaftsorgane gemäss Art. 260 SchKG abgetreten worden sind.

  2.1  Nach Art. 757 OR sind im Konkurs der geschädigten Gesellschaft auch
die Gesellschaftsgläubiger berechtigt, Ersatz des Schadens an die
Gesellschaft zu verlangen. Zunächst steht es jedoch der Konkursverwaltung
zu, die Ansprüche von Aktionären und Gesellschaftsgläubigern geltend zu
machen (Abs. 1). Verzichtet die Konkursverwaltung auf die Geltendmachung
dieser Ansprüche, ist hierzu jeder Aktionär oder Gläubiger berechtigt. Das
Ergebnis wird vorab zur Deckung der Forderungen der klagenden Gläubiger
gemäss den Bestimmungen des SchKG verwendet. Am Überschuss nehmen die
klagenden Aktionäre im Ausmass ihrer Beteiligung an der Gesellschaft teil;
der Rest fällt in die Konkursmasse (Abs. 2). Vorbehalten bleibt die
Abtretung von Ansprüchen der Gesellschaft gemäss Art. 260 SchKG (Abs. 3).

  Nach Art. 260 SchKG ist jeder Gläubiger berechtigt, die Abtretung
derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung
die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet (Abs. 1). Das Ergebnis dient nach
Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche
die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der
Überschuss ist an die Masse abzuliefern (Abs. 2).

  2.2  Die Aktivlegitimation des Abtretungsgläubigers nach Art. 260 SchKG
beruht auf einer gesetzlichen Prozessführungsbefugnis oder
Prozessstandschaft (BGE 121 III 488 E. 2b S. 492). Eingeklagt werden
gestützt auf Art. 260 SchKG nicht Ansprüche, die dem Konkursgläubiger
persönlich zustehen, sondern solche der Konkursitin,

welche an die Masse fallen. Dem Abtretungsgläubiger steht allerdings bei der
Verteilung des Prozesserlöses ein Anspruch auf Vorausbefriedigung zu (Art.
260 Abs. 2 SchKG). Der Prozess, der gestützt auf eine Abtretung im Sinne von
Art. 260 SchKG geführt wird, dient dazu, der Konkursmasse zu Aktiven zu
verhelfen, woran nichts ändert, dass das Ergebnis bei der Verteilung in
erster Linie demjenigen zugute kommt, der das Risiko des Prozesses eingeht.

  2.2.1  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist es nicht Sache des
Richters, sondern der SchKG-Aufsichtsbehörde, die Abtretungsverfügung der
Konkursverwaltung auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen. Im Verfahren, das
der Abtretungsgläubiger anstrengt, hat das Gericht bloss festzustellen, dass
sich die Legitimation des Klägers aus einer solchen Verfügung ergibt. Die
Parteien sind mit Einwänden gegen den rechtskräftigen Kollokationsplan nicht
zu hören. Diese Praxis wurde in Absprache beider Zivilabteilungen des
Bundesgerichts in einem publizierten Entscheid klargestellt (BGE 111 II 81
E. 3). Das Bundesgericht hat daran in neueren Urteilen festgehalten (vgl.
4C.165/2000 vom 23. Oktober 2000, E. 4b; 4C.412/ 1993 vom 7. Juli 1995, E.
2; 4C. 265/1992 vom 4. Februar 1994, E. 2; 4C.279/1991 vom 14. April 1993,
E. 7).

  2.2.2  Die Lehre stimmt mehrheitlich mit der Rechtsprechung überein, dass
die Prozessführungsbefugnis zur Einforderung bestrittener Aktiven der
Konkursmasse ein Nebenrecht der kollozierten Forderung ist (BGE 113 III 20
E. 3 S. 22) und dass dem gestützt auf Art. 260 SchKG klagenden
Abtretungsgläubiger nicht entgegengehalten werden kann, seine Forderung
gegenüber der in Konkurs gefallenen Gesellschaft sei zu Unrecht kolloziert
worden (BERTI, in: Staehelin/Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 1998, N. 63 zu Art. 260 SchKG;
JEANNERET/CARRON, Commentaire romand, N. 47 zu Art. 260 SchKG; GILLIÉRON,
Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 4. Aufl., Basel 2005, Rz. 2052
S. 381; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts,
7. Aufl., Bern 2003, § 47 Rz. 53 S. 384).

  2.2.3  Von einer Minderheitsmeinung in der Lehre ist jedoch als
unbefriedigend kritisiert worden, dass das Gericht im aktienrechtlichen
Verantwortlichkeitsprozess die Gläubigereigenschaft des rechtskräftig
kollozierten Klägers nicht überprüfen darf (HÜTTE,

Zum Rechtsschutzinteresse des zu Unrecht kollozierten Gläubigers, in:
Insolvenz- und Wirtschaftsrecht [IWIR] 3/2000 S. 41 ff.). Gemäss diesem
Autor ist fraglich, ob der Abtretungsgläubiger ein Rechtsschutzinteresse an
der Klage hat, wenn er als materiell Unberechtigter kolloziert worden ist
und deshalb zwar die Dividende beanspruchen dürfte, das Prozessergebnis
indessen an die Masse abführen müsste (HÜTTE, a.a.O., S. 44 Rz. 5.5). Diese
Auffassung, der sich die Vorinstanz angeschlossen hat, ist aus den folgenden
Gründen abzulehnen.

  2.3  Die Besonderheit des aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsprozesses
führt nicht dazu, dass die Gläubigereigenschaft eines im Konkurs der
Gemeinschuldnerin rechtskräftig kollozierten Gläubigers im Prozess um die
Haftung der Organe überprüft werden kann.

  2.3.1  Trotz Kritik in der Lehre hat das Bundesgericht an der mit BGE 117
II 432 ff. begründeten Praxis festgehalten, mit der die Unterscheidung
zwischen einem Anspruch aus dem Schaden der Gesellschaft und einem solchen
aus dem mittelbaren Schaden des einzelnen Gläubigers zugunsten eines
einheitlichen Anspruchs der Gläubigergesamtheit aufgegeben wurde. Die Lehre
stimmt ihr heute - trotz anhaltender Kritik - mindestens aus praktischen
Überlegungen mehrheitlich zu (vgl. BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl.,
Zürich 2004, § 18 Rz. 275, 279 f., 287 ff.; WIDMER/ BANZ, Basler Kommentar,
N. 16 zu Art. 757 OR; CORBOZ, La responsabilité des organes en droit des
sociétés, Basel 2005, N. 16 ff. zu Art. 757 OR; vgl. auch
FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 36
Rz. 41 ff.).

  2.3.2  Nach der Praxis des Bundesgerichts genügt die rechtskräftige
Kollokation zur Erfüllung der Voraussetzung der Aktivlegitimation im
Verantwortlichkeitsprozess (BGE 122 III 195 E. 9b S. 202; vgl. auch
WIDMER/BANZ, a.a.O., N. 27 zu Art. 757 OR; CORBOZ, a.a.O., N. 27 zu Art. 757
OR; BÖCKLI, a.a.O., § 18 Rz. 350). Soweit die Prüfung der Gläubigerstellung
im Rahmen des Verantwortlichkeitsprozesses dennoch befürwortet wird, beruht
diese Ansicht auf einer grundsätzlichen Kritik an BGE 117 II 432 ff., die
insbesondere beanstandet, dass dadurch die Einreden der verantwortlichen
Organe zu weitgehend beschnitten würden. Auch die früheren Lehrmeinungen,
welche der Verbindlichkeit der rechtskräftigen Kollokation kritisch
gegenüberstanden, gingen grundsätzlich von der Unterscheidung zwischen einem
Verantwortlichkeitsanspruch der

Gesellschaft und einem solchen des einzelnen Gläubigers aus (vgl. HÜTTE, Zu
Unrecht kolloziert und dennoch (deshalb) vollbefriedigt, in: Der Schweizer
Treuhänder 60/1986 S. 100 ff.; FISCHER, Urteilsanmerkung zu BGE 111 II 81
ff. in: Schweizerische Aktiengesellschaft [SAG] 58/1986 S. 92 ff.;
FORSTMOSER, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Aufl., Zürich 1987,
Rz. 110 S. 63 f.). Nachdem das Bundesgericht diese Unterscheidung seit BGE
117 II 432 ff. aufgegeben hat, entbehrt die darauf beruhende Ansicht, es sei
die materielle Begründetheit der kollozierten Forderung zu prüfen, der
Grundlage (so schon Urteil des Bundesgerichts 4C.265/1992 vom 4. Februar
1994, E. 2).

  2.3.3  Der gesamte Schaden der Gläubiger, den gemäss Art. 757 Abs. 1 OR in
erster Linie die Konkursverwaltung einzuklagen berechtigt ist, besteht in
der unfreiwilligen Vermögenseinbusse, welche die konkursite Gesellschaft
durch die pflichtwidrigen Handlungen ihrer Organe erlitten hat. Dieser
Schaden ist Gegenstand des Prozesses der Konkursverwaltung bzw. der
Abtretungsgläubiger gegen die verantwortlichen Organe der Konkursitin.
Besteht nun der Schaden - wie hier insbesondere behauptet - in der
Vergrösserung der Verschuldung der Konkursitin, welche durch eine verspätete
Konkurserklärung entstanden ist, so ist die tatsächlich eingetretene
Überschuldung der Konkursitin mit jener zu vergleichen, die bei einem
Konkurs zum früheren Zeitpunkt bestanden hätte. Die Gesamtheit der
rechtskräftig kollozierten Forderungen bildet dagegen keine bundesrechtlich
verbindliche Grundlage, die der Schadensberechnung zugrunde zu legen wäre
(Urteil des Bundesgerichts 4C.275/2000 vom 24. April 2001, E. 3a; GLASL, Die
kollozierte Forderung im Verantwortlichkeitsprozess, SZW 2005 S. 157 ff., S.
163).

  2.4  Die Vorinstanz hat der Klägerin das Rechtsschutzinteresse an der
vorliegenden Klage zu Unrecht abgesprochen. Selbst wenn die Klägerin mit
ihrer Forderung gegenüber der Konkursitin zu Unrecht kolloziert worden wäre,
ist sie aufgrund ihrer formellen Gläubigerstellung im
Verantwortlichkeitsprozess nicht nur aktivlegitimiert, sondern sie hat im
Falle des Obsiegens Anspruch auf Vorausbefriedigung ihrer rechtskräftig
kollozierten Forderung aus dem Prozessgewinn als zusätzlichem Konkursaktivum
(Art. 260 Abs. 2 SchKG; BGE 122 III 176 E. 5f S. 189 mit Hinweisen). Da im
angefochtenen Entscheid Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die rechtskräftige
Kollokation ausnahmsweise widerrufen bzw. der Kollokationsplan geändert
worden wäre (vgl. dazu BGE 119 II 326 E. 2f

S. 329; 111 II 81 E. 2a S. 84), hat die Klägerin im Falle der Gutheissung
ihrer Begehren einen praktischen Nutzen. Daran ändert nichts, dass die
rechtskräftige Kollokation keine präjudizielle Wirkung für den materiellen
Bestand der Forderung hat, wie die Vorinstanz unter Hinweis auf BGE 122 III
195 E. 9b ausführt (vgl. immerhin die Kritik an diesem Entscheid bei BÄR,
ZBJV 134/1998 S. 275 und WATTER/TRUFFER, AJP 1996 S. 1571). Denn die
Abtretungsgläubigerin wird aus dem Prozessergebnis im Rahmen des Konkurses
vorweg befriedigt und die Vorausbefriedigung ist Folge der rechtskräftigen
Kollokation. Das Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin unter diesen
Umständen nicht abgesprochen werden.
  (...)

Erwägung 4

  4.  Die Vorinstanz hat in einer weiteren selbständigen Erwägung die
Verrechnung der Forderung aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit mit der
kollozierten Forderung des Erstbeklagten geschützt.

  4.1  Die Haftung der Organe setzt eine schuldhafte Pflichtverletzung,
einen Schaden und den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der
Pflichtverletzung und dem Schaden voraus. Der Schaden, den die Gesellschaft
unmittelbar und die Gläubiger mittelbar erleiden, ist im Konkurs gemäss Art.
757 Abs. 1 OR zuerst von der Konkursverwaltung geltend zu machen. Nach deren
Verzicht können die kollozierten Gesellschaftsgläubiger den gesamten Schaden
der Gesellschaft einklagen. Die Gläubiger machen zwar den Schaden geltend,
den die Konkursitin direkt durch das schuldhafte pflichtwidrige Verhalten
ihrer Organe erlitten hat. Die Ablösung des Anspruchs der Gesellschaft durch
denjenigen der Gesamtheit der Gläubiger hat jedoch grundsätzlich den
Ausschluss der Einreden zur Folge, welche sich gegen die Gesellschaft
richten, wie die Einrede der Décharge durch die Generalversammlung (Art. 758
OR) oder der Einwilligung der Gesellschaft (BGE 117 II 432 E. 1b/gg S. 440;
WIDMER/BANZ, a.a.O., N. 28 zu Art. 757 OR). Es stellt sich die Frage, ob
dieser Ausschluss auch für die Einrede der Verrechnung mit Forderungen
gelten soll, mit welchen das haftpflichtige Organ schon vor der
Konkurseröffnung gegenüber der Gesellschaft hätte verrechnen können.

  4.2  Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen
schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, kann jede ihre Schuld,
insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen (Art.
120 Abs. 1 OR; vgl. zur Rechtsnatur des

Verrechnungsrechts als rechtsaufhebende Gestaltungsbefugnis AEPLI, Zürcher
Kommentar, N. 78 der Vorbemerkungen zu Art. 120-126 OR). Im Konkurs des
Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig
sind, mit Gegenforderungen des Gemeinschuldners verrechnen (Art. 123 Abs. 1
OR). Der Gläubiger, der mit seiner Forderung gegenüber der Konkursitin
rechtskräftig kolloziert worden ist, kann gegenüber gleichartigen
Gegenforderungen der Konkursitin die Verrechnung erklären. Die
Voraussetzungen der Verrechnung müssen im Zeitpunkt der Erklärung gegeben
sein, das Erfordernis der Gegenseitigkeit muss zusätzlich bereits im
Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestanden haben (AEPLI, a.a.O., N. 44 und 47
zu Art. 123 OR).

  4.3  Gegenseitigkeit im Sinne von Art. 120 Abs. 1 OR liegt vor, wenn die
Gläubiger- und die Schuldnerstellungen zweier Obligationen sich derart auf
zwei Personen verteilen, dass jede der beiden gleichzeitig Gläubiger der
einen und Schuldner der andern ist (AEPLI, a.a.O., N. 21 zu Art. 120 OR;
GAUCH/SCHLUEP/REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd.
2, 8. Aufl., Rz. 3397; JEANDIN, Commentaire romand, N. 6 zu Art. 120 OR).
Die Kollokation einer Forderung im Konkurs setzt voraus, dass der Gläubiger
schon vor der Konkurseröffnung eine Forderung gegen die Konkursitin hatte.
Die Gegenseitigkeit ist deshalb mit Forderungen gegeben, welche schon vor
Konkurseröffnung die Gesellschaft als Gläubigerin und den Konkursgläubiger
als Schuldner hatten (vgl. Art. 213 SchKG). Schuldner einer Forderung aus
aktienrechtlicher Verantwortlichkeit ist das verantwortliche Organ der
Gesellschaft (Art. 754 OR). Gläubigerin ist die Gesellschaft (Art. 756 Abs.
1 OR), womit die Gegenseitigkeit gegeben ist. Der Umstand, dass das Gesetz
in diesem Zeitpunkt auch die Klage der Aktionäre zulässt, ändert nichts
daran. Die Klagebefugnis der Aktionäre ist als Prozessstandschaft zu
qualifizieren. In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, dass der
der Gesellschaft verursachte Schaden Gegenstand der Klage bildet und dass
die Klage auf Leistung an die Gesellschaft geht, während der Aktionär nicht
auf Leistung an sich selbst klagen kann (BÖCKLI, a.a.O., § 18 Rz. 237;
CORBOZ, a.a.O., N. 16 f. zu Art. 756 OR). Die gegenteilige Ansicht beruht
auf der Kritik an der mit BGE 117 II 432 ff. eingeführten Praxis und hält an
der Doppelnatur der Klageberechtigung des Aktionärs fest, die sich im
Konkurs manifestiere (vgl. KUNZ, Zu den Haftungsvoraussetzungen und zu
einigen weiteren Themen der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit

- Rückblick, Status quo und Perspektiven, AJP 1998 S. 1267 ff., S. 1282 f.;
zum Ganzen WIDMER/BANZ, a.a.O., N. 8 ff. zu Art. 756 OR). Es kann ihr nicht
gefolgt werden.

  4.4  Die Gegenseitigkeit der Forderungen wird mit der Ablösung des eigenen
Anspruchs der Gesellschaft durch denjenigen der Gläubigergesamtheit im
Konkurs nicht beseitigt. Diese Ablösung hat nicht zum Zweck, den Gläubigern
mehr Rechte zu verschaffen, als die Gesellschaft jemals hatte. Sie dient
allein dem Ausschluss derjenigen Einreden, welche den Abtretungsgläubigern
gegenüber nicht gerechtfertigt sind. Für Einreden, die unabhängig von der
Willensbildung der Gesellschaft vor der Konkurseröffnung bestanden haben,
rechtfertigt sich dagegen der Ausschluss nicht. Insofern ist nicht
ersichtlich, weshalb den Gläubigern mit dem Konkurs gegenüber den
verantwortlichen Organen mehr Rechte entstehen sollten, als zuvor die
unmittelbar geschädigte Gesellschaft hatte. In der Lehre wird überzeugend
die Ansicht vertreten, dass den verantwortlichen Organen unter Vorbehalt der
Gläubigerbenachteiligung diejenigen Einreden auch im Konkurs der
Gesellschaft gegenüber der Gesamtheit der Gläubiger erhalten bleiben sollen,
die vor der Konkurseröffnung der Gesellschaft entstanden sind (BÖCKLI,
a.a.O., § 18 Rz. 277; WIDMER/BANZ, a.a.O., N. 28 zu Art. 757 OR; HARALD
BÄRTSCHI, Verantwortlichkeit im Aktienrecht, Diss. Zürich 2001, S. 184 ff.).
Dazu gehört insbesondere die Befugnis zur Verrechnung mit Gegenforderungen,
welche schon vor Eröffnung des Konkurses entstanden sind (WIDMER/BANZ,
a.a.O., N. 30 zu Art. 757 OR). Soweit im nicht publizierten Urteil des
Bundesgerichts 4C.262/2000 vom 15. Dezember 2000, E. 2c, eine andere
Auffassung vertreten worden ist, kann daran nicht festgehalten werden.

  4.5  Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Erstbeklagte im Konkurs der
D. AG mit einer Darlehensforderung von Fr. 3'706'717.- kolloziert worden
ist, wovon Fr. 1'540'000.- als nachrangige Darlehen, und dass er für den
Fall der ganzen oder teilweisen Gutheissung der Verantwortlichkeitsklage die
Verrechnung erklärte. Sie hat geschlossen, die Verrechnungserklärung sei
demzufolge, jedenfalls im Umfang der nicht nachrangigen Darlehen, als
rechtswirksam zu betrachten und habe den Untergang einer allfälligen
Forderung aus Verantwortlichkeit von maximal Fr. 750'000.- bewirkt. Die
Klägerin rügt insofern zu Recht, dass die Vorinstanz mit dieser
Argumentation verkennt, dass der kollozierten Forderung des beklagten Organs
nicht der eingeklagte Betrag verrechenbar gegenübersteht,

sondern dass der durch die schuldhaften und pflichtwidrigen Handlungen des
Organs der Gesellschaft verursachte Schaden massgebend ist. Da der gesamte
Schaden Klagefundament bildet, ist die Forderung des kollozierten Gläubigers
der gesamten Schadenersatzforderung der konkursiten Gesellschaft
gegenüberzustellen. Die Verrechnungserklärung bringt daher die eingeklagte
Teilforderung nur insoweit zum Untergang, als ein allenfalls verbleibender
Saldo die Differenz der eingeklagten Teilforderung zum Gesamtschaden
übersteigt.

  4.6  Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen der aktienrechtlichen Haftung
der Beklagten nicht beurteilt und insbesondere keine Feststellungen zum
Schaden getroffen, welcher der konkursiten Gesellschaft durch allfällige
schuldhafte und pflichtwidrige Handlungen der Beklagten entstanden ist. Die
Sache ist daher zur Ergänzung dieser Feststellungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen.