Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 V 97



131 V 97

15. Urteil i.S. 1. Kommanditgesellschaft X., 2. Dr. H. gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zug und Verwaltungsgericht des Kantons Zug

    H 119/03 vom 21. März 2005

Regeste

    Art. 112 BV; Art. 1 (in der bis Ende 2002 geltenden Fassung),
3 und 9 AHVG; Art. 17 und 20 Abs. 3 AHVV; Art. 2 Abs. 2 ZGB:
Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Versicherungspflicht in der
Alters- und Hinterlassenenversicherung.

    An einer Kommanditgesellschaft sind mehrere hundert ausländische
Anleger beteiligt, wobei die Beteiligung auch im Hinblick auf spätere
Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) erfolgt ist,
da die Stellung als Kommanditär sozialversicherungsrechtlich eine
selbstständige Erwerbstätigkeit darstellt. Weil hier der AHV die Funktion
eines reinen Finanzanlageobjekts zugedacht ist, das unter Ausnutzung der
versicherungstechnischen Solidarität eine möglichst grosse individuelle
Rendite erwirtschaften soll, liegt Rechtsmissbrauch vor. Die Teilhaber
können sich nicht auf das Recht zur Aufnahme in die AHV berufen. (Erw. 4.3)

Sachverhalt

    A.- Die Kommanditgesellschaft X. bezweckt Erwerb, Vermietung,
Verwaltung und Verkauf eines Büro- und Geschäftshauses; im
Handelsregister sind Dr. X. als Komplementär sowie die Y. GmbH, die
Z. AG sowie L. als Kommanditäre eingetragen. Am 21. Juni 2001 meldete die
Kommanditgesellschaft X. mehrere hundert im Jahr 2000 neu beigetretene
(aber nicht im Handelsregister eingetragene) Gesellschafter bei der
Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) an. Die Ausgleichskasse
des Kantons Zug teilte darauf mit Schreiben vom 16. Oktober 2001 mit,
die Kommanditäre seien nicht im Sinne des AHVG versichert, was sie mit
Verfügung vom 18. April 2002 bestätigte.

    B.- Dagegen erhoben die Kommanditgesellschaft X. sowie Dr. H. als
einer der betroffenen Investoren Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons Zug und verlangten die Feststellung, dass die Kommanditäre der
Gesellschaft der Beitragspflicht der AHV unterlägen. Das kantonale Gericht
wies die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Februar 2003 ab.

    C.- Die Kommanditgesellschaft X. und Dr. H. lassen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen, unter Aufhebung
des vorinstanzlichen Entscheides und der Verwaltungsverfügung sei
festzustellen, dass die nicht im Handelsregister eingetragenen Kommanditäre
der Beitragspflicht der AHV unterlägen, und es sei die Ausgleichskasse
anzuweisen, die Kommanditäre in das Register der Selbstständigerwerbenden
aufzunehmen sowie die entsprechenden Versicherungsausweise auszustellen.

    Die Vorinstanz, die Ausgleichskasse und das Bundesamt
für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    D.- Abschliessend lassen sich die Kommanditgesellschaft X. sowie Dr. H.
nochmals vernehmen.

    E.- Am 4. September 2003 reicht die Ausgleichskasse eine Eingabe und am
30. September 2003 reichen auch die Kommanditgesellschaft X. sowie Dr. H.
eine Stellungnahme ein.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.  Die Beschwerdeführer beantragen die Feststellung, dass "die
nicht im Handelsregister eingetragenen Kommanditäre" der Gesellschaft
der AHV-Beitragspflicht unterstünden.

    Zur Zulässigkeit von Feststellungsverfügungen über das Beitragsstatut
von Versicherten hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
festgehalten, dass das Beitragsstatut für sich allein zum Gegenstand
einer Kassenverfügung gemacht werden kann, sofern ein schutzwürdiges
Interesse an seiner vorgängigen Abklärung besteht. Diesen Fall erachtete
das Gericht als gegeben bei komplizierten Verhältnissen, bei denen der mit
der Abrechnung über paritätische Beiträge verbundene Arbeitsaufwand oft
nur dann zumutbar ist, wenn bereits feststeht, dass eine unselbstständige
Erwerbstätigkeit ausgeübt wird und die als Arbeitgeber angesprochene Person
wirklich abrechnungs- und beitragspflichtig ist. Als ausnahmsweise zulässig
wurde ein vorgängiger Entscheid über das Beitragsstatut von Versicherten
des Weitern betrachtet bei einer grossen Zahl von Versicherten und wenn
die Rechtsfrage nach dem Beitragsstatut wegen besonderer Verhältnisse
neuartig ist (BGE 129 V 290 Erw. 2.2 mit Hinweisen).

    Bei der Kommanditgesellschaft X. geht es um die Beitragspflicht
mehrerer hundert Investoren als Kommanditäre sowie allenfalls um weitere
Kommanditgesellschaften, welche die hinter der Kommanditgesellschaft X.
stehende Anlagegesellschaft plant. Damit ist ein vorgängiger Entscheid über
das Beitragsstatut zulässig (was die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 18.
April 2002 denn auch gemacht hat). In der Folge ist auf das entsprechende
Feststellungsbegehren in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten,
obwohl direkt der Eintrag in das entsprechende Register der Ausgleichskasse
hätte verlangt und damit ein Leistungsbegehren hätte gestellt werden können
(und auch gestellt worden ist).

Erwägung 2

    2.  Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung
von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche
Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art.
104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Erwägung 3

    3.

    3.1  Die streitige Verwaltungsverfügung wurde vor In-Kraft-Treten
(1. Juni 2002) des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit erlassen. Dieses
Abkommen, insbesondere dessen Anhang II, der die Koordinierung der Systeme
der sozialen Sicherheit regelt, muss demnach im vorliegenden Verfahren
unberücksichtigt bleiben (BGE 128 V 315).

    Im Weiteren ist auch das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
(ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da
nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung
(hier: 18. April 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen
vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V
4 Erw. 1.2).

    3.2  Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen über die
Versicherungspflicht in der AHV (Art. 1 Abs. 1 AHVG in der bis Ende 2002
geltenden Fassung) und den Begriff des Einkommens aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit (Art. 9 AHVG; Art. 17 AHVV), insbesondere bei Teilhabern
von Kommanditgesellschaften (Art. 20 Abs. 3 AHVV und dazu BGE 105 V 4),
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für Art. 5 Abs. 1 des Abkommens
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik
Deutschland über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964, wonach die
schweizerische Rechtsordnung auch für die in Deutschland wohnhaften
Investoren betreffend das in der Schweiz erzielte Einkommen massgebend ist
(vgl. dazu ZAK 1981 S. 517). (...)

Erwägung 4

    4.  Streitig ist die Versicherteneigenschaft (sowie daraus
folgend die Beitragspflicht) derjenigen ausländischen Investoren
der Kommanditgesellschaft X., welche nicht bereits aus einem anderen
Grund bei der AHV versichert sind. Obwohl es im Grunde um die spätere
Rentenberechtigung geht, ist hier nur die Frage der Versicherteneigenschaft
sowie der Beitragspflicht zu prüfen, was mit eingeschränkter Kognition
zu erfolgen hat (Erw. 2 hievor).

    4.1  Das kantonale Gericht geht sinngemäss davon aus, dass mangels
Eintrags im Handelsregister die Investoren weder als Kommanditäre
noch als stille Teilhaber anzuerkennen seien, weshalb eine rein
private Vermögensanlage vorliege, die keine Beitragspflicht nach sich
ziehe. Wenn jedoch effektiv geplant gewesen sei, den Kapitalgebern
die Stellung von Kommanditären einzuräumen, liegt nach Auffassung
der Vorinstanz ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor: Es sei "mit
dem für den Bereich der AHV tragenden Gedanken der Solidarität der
Generationen nicht mehr vereinbar", wenn die Tatsache, dass die von einem
Versicherten geleisteten Beiträge die Rentenleistungen nicht deckten, "in
kommerzieller Form für reine Renditezwecke missbraucht" werde, was für die
überwiegend in Deutschland ansässigen Investoren der Kommanditgesellschaft
X. zutreffe. Die Beschwerdeführer könnten sich auch nicht auf den Grundsatz
des Vertrauensschutzes berufen, da die Ausgleichskasse zwar eine Auskunft
erteilt habe, dies jedoch nur in allgemeiner Form auf eine allgemein
gehaltene Frage, welche zudem eine andere - ebenfalls der hinter der
Kommanditgesellschaft X. stehenden Anlagegesellschaft zurechenbare -
Gesellschaft betroffen habe.

    Die Beschwerdeführenden gehen demgegenüber davon aus, die
ausländischen Investoren nähmen aktiv an der Geschäftstätigkeit teil
und seien deshalb als Kommanditäre oder allenfalls als stille Teilhaber
beitragspflichtig. Weiter liege kein Rechtsmissbrauch vor, weil für die
Investoren der allfällige Rentenanspruch kein Entscheidungsfaktor gewesen
sei. Da das Rechtsmissbrauchsverbot den Einzelfall beschlage, sei es
auch nicht zulässig, für die deutschen Investoren pauschal zu behaupten,
Zweck der Teilhaberschaft sei die spätere Rente gewesen. Die Vorinstanz
habe vielmehr einen rechtspolitischen Entscheid gefällt, indem sie eine
unechte Lücke - Rentenberechtigung zahlreicher ausländischer Kommanditäre -
gefüllt habe; dies sei jedoch allenfalls Aufgabe des Gesetzgebers.

    4.2  Die Frage, ob die Investoren der Kommanditgesellschaft X.
Kommanditäre, stille Teilhaber oder private Vermögensanleger sind,
braucht letztlich nicht beantwortet zu werden, da auch bei grundsätzlicher
Annahme des Status als Beitragspflichtige ein Rechtsmissbrauch vorliegt
(vgl. Erw. 4.3 hienach). Damit braucht nicht über die Rechtmässigkeit
der Regelung in Ziff. 1032 der Wegleitung über die Beiträge der
Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO
(WSN) befunden zu werden, wonach gegenüber Dritten nicht in Erscheinung
tretende stille Teilhaberinnen oder Teilhaber als Selbstständigerwerbende
beitragspflichtig sind, wenn sie im internen Gesellschaftsverhältnis den
nach aussen hin auftretenden, eventuell im Handelsregister eingetragenen
Partnern tatsächlich gleichgestellt sind.

    4.3  Nach Art. 2 Abs. 1 ZGB hat jedermann in der Ausübung seiner
Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu
handeln. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung findet der offenbare Missbrauch
eines Rechtes keinen Rechtsschutz.

    4.3.1  Art. 2 ZGB ist eine Grundschutznorm, welche der Durchsetzung
der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit dient. Ihre Geltung erstreckt
sich auf die gesamte Rechtsordnung mit Einschluss des öffentlichen
Rechts sowie des Prozess- und Zwangsvollstreckungsrechts. Der Grundsatz
von Treu und Glauben ist in jeder Instanz von Amtes wegen anzuwenden,
was auch für die Frage gilt, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt. Soweit
die als rechtsmissbräuchlich betrachtete Rechtsanwendung in einer
gerichtlichen Rechtsdurchsetzung besteht, hat der Grundsatz einen engen
inneren Zusammenhang mit der Rechtsanwendung durch das Gericht. Dieses
soll nicht gehalten sein, einem Ergebnis der formalen Rechtsordnung zum
Durchbruch zu verhelfen, das in offensichtlichem Widerspruch zu elementaren
ethischen Anforderungen steht (BGE 128 III 206 Erw. 1c mit Hinweisen).

    4.3.2  Das kantonale Gericht hat festgestellt, dass sich die Investoren
auch im Hinblick auf eine spätere Rentenleistung der AHV finanziell an
der Kommanditgesellschaft X. beteiligt haben. Diese Feststellung ist für
das Eidgenössische Versicherungsgericht nur dann nicht verbindlich, wenn
der Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist
(Erw. 2 hievor).

    In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorgebracht, dass der
Rentenanspruch der AHV für die Anleger kein Entscheidungsfaktor für
die Beteiligung gewesen sei; so hätten zwischen dem 1. Juli und dem
31. Dezember 2002 - d.h. als der negative Entscheid der Ausgleichskasse
bereits bekannt gewesen sei - 66 weitere Personen aus Deutschland ihre
Beteiligung an der Kommanditgesellschaft X. erhöht resp. verdoppelt. Diese
Gesellschaftsform sei im Übrigen allein aus steuerlichen Gründen
gewählt worden und es sei erst im Rahmen der Konzeptprüfung
festgestellt worden, dass Kommanditäre als Selbstständigerwerbende
der Beitragspflicht der AHV unterlägen; weiter sei im Prospekt über
die Beteiligung an der Kommanditgesellschaft rein sachlich informiert
worden und die Kommanditgesellschaft X. habe sich von Argumenten gewisser
Vertriebsagenten distanziert, die sich auf die Rente der AHV statt auf die
guten Ertragsaussichten fokussiert hätten. Diese Argumente führen nicht zur
Annahme eines offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellten
Sachverhalts gemäss Art. 105 Abs. 2 OG, denn das kantonale Gericht hat
nicht ausgeführt, der spätere Rentenbezug sei die alleinige Motivation
für das finanzielle Engagement bei der Kommanditgesellschaft gewesen,
sondern das Interesse der Anleger habe sich "mitunter" auf die spätere
Rente gerichtet. Dies wird denn auch durch die Angaben im Prospekt über
die Beteiligung an der Kommanditgesellschaft X. bestätigt, worin im Rahmen
eines Berechnungsbeispiels grosses Gewicht auf die Rente der AHV gelegt
wird; so sticht insbesondere ins Auge, dass die Nettoausschüttung gemeinsam
mit der AHV-Rente (sowohl absolut wie auch prozentual) dargestellt wird,
woraus folgt, dass auch die hinter der Kommanditgesellschaft stehende
Investitionsgesellschaft die Leistungen der AHV als Teil des Ertrages der
Beteiligung und damit als Teilmotiv für die Investition ansieht. Dieser
Eindruck wird dadurch bestätigt, dass neu gewonnene Investoren von der
hinter der Kommanditgesellschaft stehenden Anlagegesellschaft zum Beitritt
zur AHV wortwörtlich beglückwünscht und darauf hingewiesen werden, dass
schon nach einem Jahr Beitragsdauer "ergänzend zu den Erträgen aus [der]
Immobilienbeteiligung" ein Rentenanspruch entstehe.

    Damit ist die vorinstanzliche Feststellung, dass sich die
Investoren auch im Hinblick auf eine spätere Rentenleistung der AHV
an der Kommanditgesellschaft beteiligt haben, für das Eidgenössische
Versicherungsgericht verbindlich.

    4.3.3  Beim individuellen Entscheid über die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit - wie z.B. hier im Rahmen einer Beteiligung an einer
Kommanditgesellschaft - darf der Aspekt des Vorsorgeschutzes ohne
weiteres berücksichtigt werden: So kann es durchaus legitim sein, wenn -
im Hinblick auf spätere Rentenleistungen - unter mehreren möglichen
Gesellschaftsformen diejenige der Kommanditgesellschaft gewählt
wird, weil die Stellung als Kommanditär sozialversicherungsrechtlich
als selbstständige Erwerbstätigkeit statuiert wird und damit die
Versicherungspflicht (vgl. Art. 20 Abs. 3 AHVV) sowie einen späteren
Rentenanspruch zur Folge hat. Diese Überlegung ist jedoch nur solange
und insoweit zulässig, als sie sich im Kontext des Zweckes der AHV
bewegt. Diese stellt von ihrer Konzeption her eine Volksversicherung
dar (vgl. Art. 112 Abs. 2 lit. a BV), welche den Existenzbedarf bei
Eintritt des versicherten Risikos angemessen decken soll (Art. 112 Abs. 2
lit. b BV in Verbindung mit Art. 196 Ziff. 10 BV). Sie ist grundsätzlich
als Versicherung ausgestaltet, welche obligatorisch die in der Schweiz
lebende Bevölkerung sowie Personen mit einem gewissen Bezug zur Schweiz,
z.B. wenn eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausgeübt wird, erfasst
(vgl. zum Ganzen Art. 1 Abs. 1 AHVG in der bis Ende 2002 geltenden Fassung
resp. heute Art. 1a Abs. 1 AHVG). Wie alle anderen Versicherungen basiert
auch die AHV auf dem Grundsatz der versicherungstechnischen Solidarität
(dem je nach Sachzusammenhang eine andere Bedeutung zukommt). Die
Solidarität ist hier in dem Sinn zu verstehen, dass die Beitragspflicht
grundsätzlich nach oben unbegrenzt ist (Art. 4, 5 und 8 AHVG), während
die Leistungen jedoch in dieser Richtung begrenzt sind, da Art. 112
Abs. 2 lit. c BV und Art. 34 AHVG eine Maximalrente vorsehen. Die gleichen
Bestimmungen sehen zudem nach unten eine Minimalrente vor (die Möglichkeit
der Teilrente nach Art. 38 AHVG beschlägt dagegen die Voraussetzung
der Beitragsdauer, nicht die hier massgebende Beitragshöhe). Durch
die Durchbrechung der Relation zwischen Beitrag und Rentenhöhe findet
mit anderen Worten eine Umverteilung von oben nach unten statt (THOMAS
LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl., Bern 2003,
§ 2 Rz 13). Die im vorliegenden Fall an der Kommanditgesellschaft
beteiligten ausländischen Investoren haben auf der einen Seite nur
eine sehr beschränkte (aber im Bereich der AHV grundsätzlich genügende)
Beziehung zur Schweiz (Teilhabe an einer Kommanditgesellschaft). Auf der
anderen Seite - und dies ist entscheidend - unterlaufen diese Anleger
planmässig die versicherungstechnische Solidarität, auf welcher die
AHV basiert, da systematisch mit geringen Beiträgen ein grosser Ertrag
erwirtschaftet werden soll. Damit wird die AHV aber nicht mehr im Sinn
einer Volksversicherung gesehen, welche die Folgen der sozialen Risiken Tod
und Alter absichern soll, sondern sie wird in ein reines Finanzanlageobjekt
verwandelt, mit dem unter Ausnutzung der versicherungstechnischen
Solidarität eine möglichst grosse individuelle Rendite erwirtschaftet
werden soll. In der Folge können sich die Investoren nicht auf das Recht
auf Aufnahme in die AHV berufen, da sie das entsprechende Recht zweckwidrig
ausüben wollen (vgl. zur Zweckbezogenheit der Norm: HANS MERZ, Kommentar
zum schweizerischen Zivilrecht [Berner Kommentar], Bd. I/1, Schweizerisches
Zivilgesetzbuch, Einleitung: Artikel 1-10 ZGB, Bern 1962, N 51 zu Art. 2).
Für die Qualifizierung dieses Verhaltens ist es dabei aus rechtlicher Sicht
irrelevant, ob es sich um eine grosse oder kleine Zahl von Investoren
handelt; die Tatsache, dass hier mehrere hundert ausländische Anleger
betroffen sind, ist deshalb - im Gegensatz zur systematischen Verwendung
der AHV als Finanzanlageobjekt - an sich belanglos. Die grosse Anzahl
Betroffener hat - als Faktum - einzig dazu geführt, dass die Verwaltung
auf den geplanten Zweck der AHV als Anlageinstrument aufmerksam geworden
ist und das vorliegende Verfahren überhaupt eingeleitet hat.

    Ob die Initianten sowie die Anleger böswillig gehandelt haben oder
nicht, kann offen bleiben, da das Verschulden keine Voraussetzung für die
Annahme eines Rechtsmissbrauches ist (MERZ, aaO, N 105 zu Art. 2). Ob
wirklich ein "Raubzug auf schweizerische Renten" vorliegt, wie es das
BSV in seiner Vernehmlassung annimmt, ist deshalb bedeutungslos.

    4.3.4  Art. 2 Abs. 2 ZGB schützt nur vor dem offenbaren Missbrauch
eines Rechts. Nach MERZ, aaO, N 40 zu Art. 2, darf nur "das schlechthin
nicht mehr zu Billigende ... durch normberichtigendes Urteil des
Rechtsschutzes beraubt werden." Soll die als Volksversicherung zur Deckung
des Existenzminimums im Versicherungsfall konzipierte AHV als Finanzanlage
verwendet werden, ist dies klar der Fall. Für Renditezwecke Einzelner
ist die AHV nicht geschaffen worden.

    4.3.5  Die Beschwerdeführenden bringen vor, die Regelung des Art. 2
Abs. 2 ZGB sei nur im Einzelfall anwendbar, weshalb es nicht angehe, "alle
Kommanditäre in einen Topf zu werfen und ihnen pauschal zu unterstellen,
sie hätten sich nur aufgrund der in Aussicht stehenden AHV-Rente an der
Beschwerdeführerin beteiligt." Das kantonale Gericht hätte vielmehr
bei jedem einzelnen Investor prüfen müssen, weshalb er sich an der
Kommanditgesellschaft beteiligt habe.

    Einzelfall ist hier nicht der einzelne Investor mit seiner Beteiligung:
Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, sein Geld möglichst gewinnbringend in
einer Kommanditgesellschaft anzulegen, und ein allfälliges Verschulden
oder eine böswillige Absicht des einzelnen Investors spielt keine Rolle
(vgl. Erw. 4.3.3 in fine hievor). Als Rechtsmissbrauch zu betrachten
ist vielmehr der Umstand, dass im Rahmen der Beteiligung an der
Kommanditgesellschaft der AHV der Zweck einer Finanzanlage zugedacht
ist. Diese zweckwidrige Inanspruchnahme der AHV stellt den hier
massgebenden Einzelfall dar.

    4.3.6  Soweit der Beitritt zur Kommanditgesellschaft X. die
Versicherteneigenschaft in der AHV zur Folge hat (was letztlich offen
gelassen worden ist; vgl. Erw. 4.2 hievor), liegt ein Rechtsmissbrauch vor,
weshalb dem Anspruch auf Geltendmachung der Versicherungszugehörigkeit
die Anwendung versagt werden muss. Der Rechtsmissbrauch führt dagegen
nicht zur Nichtigkeit der Kommanditgesellschaft (wie dies früher für die
so genannten "Bürgerrechtsehen" der Fall gewesen ist, die allein zur
Erlangung des Schweizer Bürgerrechts für Ausländerinnen eingegangen
worden sind; vgl. dazu MAX BAUMANN, Kommentar zum Schweizerischen
Zivilgesetzbuch [Zürcher Kommentar], Bd. I/1, Einleitung: Art. 1-7 ZGB,
3. Aufl., Zürich 1998, N 333 zu Art. 2), da diese Gesellschaftsform
zulässigerweise aus steuerlichen Gründen gewählt worden ist und
selbstverständlich als Finanzanlage mit möglichst grosser Rendite
verwendet werden darf. Da der Geltendmachung der Versicherteneigenschaft
im vorliegenden Einzelfall das Rechtsmissbrauchsverbot entgegensteht,
braucht der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgeworfenen Frage der
unechten Lücke sowie deren Füllung (vgl. dazu BGE 126 V 155 Erw. 5b) nicht
weiter nachgegangen zu werden. Es liegt keine entsprechende Situation vor,
die eine Lückenfüllung notwendig machen würde.

    4.4  Die Beschwerdeführer berufen sich schliesslich auf
den Vertrauensgrundsatz; die Ausgleichskasse habe der hinter der
Kommanditgesellschaft stehenden Anlagegesellschaft mitgeteilt, dass
Kommanditäre der Beitragspflicht der AHV unterlägen und nach einem Jahr
Mindestbeitragszeit einen Rentenanspruch erwerben würden; dies stelle eine
konkrete Auskunft der zuständigen Behörde dar. Die Verwaltung habe zudem
in einem vergleichbaren Fall die Kommanditäre ins AHV-Register eingetragen.

    Mit Schreiben vom 24. Juni 1999 hat die Ausgleichskasse der
hinter der Kommanditgesellschaft X. stehenden Anlagegesellschaft im
Zusammenhang mit der Teilhabe an einer Kommanditgesellschaft mitgeteilt,
dass "grundsätzlich" sämtliche Erwerbseinkommen in der Schweiz der
Beitragspflicht der AHV unterlägen. Dieses Schreiben stellt klar nur
eine allgemein gehaltene Auskunft "aufgrund der heutigen Gesetzgebung
und Rechtsprechung" dar, bezog sich auf eine andere als die hier am
Recht stehende Kommanditgesellschaft und war vor allem in Unkenntnis der
Tatsachen verfasst worden, die später zur Annahme eines Rechtsmissbrauches
geführt haben. Deshalb können die Beschwerdeführenden aus diesem Brief
nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es braucht in der Folge auch die
Frage nicht beantwortet zu werden, ob - wenn tatsächlich eine falsche
behördliche Zusicherung vorliegen sollte - sich an der missbräuchlichen
Geltendmachung der Versicherteneigenschaft etwas ändert oder nicht,
wenn Letztere auf einer falschen Auskunft statt direkt auf gesetzlicher
Normierung beruhen sollte.

Erwägung 5

    5.  (Gerichtskosten)