Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 V 263



Urteilskopf

131 V 263

  36. Urteil i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen M. und
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
  P 3/02 vom 13. Juli 2005

Regeste

  Art. 3d Abs. 1 lit. a und Abs. 4 ELG; Art. 8 Abs. 1 und 3 ELKV:
Zahnbehandlungskosten.

  In gesetzeskonformer Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV kann bei
Durchführung einer Zahnbehandlung ohne vorgängige Einreichung eines
Kostenvoranschlages der Vergütungsanspruch nicht ohne weiteres auf maximal
Fr. 3000.- beschränkt werden. Erbringt der Bezüger oder die Bezügerin von
Ergänzungsleistungen den Beweis der für das Tatbestandsmerkmal der
Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Massnahme
erheblichen Tatsachen, sind die gesamten Kosten im Rahmen der verfügbaren
Quote durch die Ergänzungsleistung zu übernehmen. (Erw. 5)

Sachverhalt ab Seite 263

  A.- Der 1921 geborene M., Bezüger von Ergänzungsleistungen (EL) zur
Altersrente, stand im Zeitraum November 1999 bis Januar 2000 in
zahnärztlicher Behandlung. Gemäss Rechnung vom 21. Januar 2000 beliefen sich
die Kosten auf insgesamt Fr. 7775.15. Daran leistete die SWICA
Gesundheitsorganisation aus der Zusatzversicherung Completa einen Beitrag
von Fr. 200.-.

  Am 11. Februar 2000 ersuchte M. um Vergütung der restlichen Fr. 7575.15
durch die Ergänzungsleistung. Mit Verfügung vom 6. April 2000 sprach ihm die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons

St. Gallen (nachfolgend: EL-Durchführungsstelle) unter dem Titel
Rückerstattung von Krankheitskosten für 1999 die Summe von Fr. 3000.- zu.
Zur Begründung wurde sinngemäss angeführt, mangels eines genehmigten
Kostenvoranschlages könne nicht mehr als dieser Betrag vergütet werden.

  B.- In teilweiser Gutheissung der Beschwerde von M. hob das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 15. November
2001 die Verfügung vom 6. April 2000 auf und wies die Sache im Sinne der
Erwägungen zur Festsetzung des Anspruchs auf Krankheitskostenvergütung an
die EL-Durchführungsstelle zurück.

  C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung führt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale
Gerichtsentscheid sei aufzuheben.

  M. reicht keine Vernehmlassung ein. Die EL-Durchführungsstelle beantragt
die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

  D.- Am 17. November 2003 und am 13. Juli 2005, nach Einholung einer
Rechtsauskunft beim Eidgenössischen Departement des Innern, hat das
Eidgenössische Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Verhandlung
durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

  1.  (Keine Anwendbarkeit des ATSG; vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2)

Erwägung 2

  2.

  2.1  Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung ist ein Anspruch
einzuräumen auf die Vergütung von ausgewiesenen, im laufenden Jahr
entstandenen Kosten u.a. für Zahnarzt (Art. 3d Abs. 1 lit. a ELG).

  Der Bundesrat bezeichnet die Kosten, die nach Absatz 1 vergütet werden
können (Art. 3d Abs. 4 Satz 1 ELG). Diese Kompetenz hat er in Art. 19 ELV an
das Eidgenössische Departement des Innern übertragen. Gestützt darauf hat
das Departement die Verordnung vom 29. Dezember 1997 über die Vergütung von
Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen (ELKV)
erlassen.

  2.2  Nach Art. 8 ELKV werden die Kosten für einfache, wirtschaftliche und
zweckmässige Zahnbehandlungen vergütet. Absatz 3 bleibt vorbehalten (Abs.
1). Sind die Kosten einer Zahnbehandlung (inkl. Labor) voraussichtlich höher
als 3000 Franken, so ist der EL-Stelle

vor der Behandlung ein Kostenvoranschlag einzureichen. Wurde eine Behandlung
von über 3000 Franken ohne genehmigten Kostenvoranschlag durchgeführt,
werden höchstens 3000 Franken vergütet (Abs. 3).

  Die Regelung des Art. 8 ELKV geht auf die Änderung der Verordnung über den
Abzug von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen
(aELKV) vom 4. Dezember 1995 zurück. Die Vorgängerbestimmung, Art. 6 aELKV,
lautete bis auf den Einschub "im Rahmen der verfügbaren Quote" in Absatz 1
gleich wie die seit 1. Januar 1998 geltende Fassung (vgl. AHI 1996 S. 63 und
67 f., 1998 S. 74 sowie Botschaft vom 20. November 1996 über die 3. Revision
des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [3.
EL-Revision; BBl 1997 I 1197 ff., 1208 f.]).

Erwägung 3

  3.  Der Beschwerdegegner wurde im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung im
Zeitraum November 1999 bis Januar 2000 mit zwei abnehmbaren Vollprothesen
versorgt. Es wird von keinem der Verfahrensbeteiligten geltend gemacht, es
handle sich hiebei nicht um eine einfache, wirtschaftliche und zweckmässige
Zahnbehandlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 ELKV. In kostenmässiger
Hinsicht sodann steht fest, dass der ausführende Zahnarzt am 15. November
1999 einen Kostenvoranschlag über Fr. 7766.90 erstellt hatte. Dieser Betrag
entspricht praktisch den effektiven Kosten von Fr. 7775.15. Der Voranschlag
wurde indessen weder vor noch während der Behandlung der
EL-Durchführungsstelle zur Genehmigung eingereicht.

  Gemäss Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV besteht somit ein Vergütungsanspruch im
Rahmen der Ergänzungsleistungen von höchstens 3000 Franken.

Erwägung 4

  4.  Das kantonale Gericht erachtet Art. 8 Abs. 3 ELKV insofern als
gesetzwidrig und daher nicht anwendbar, als an das Fehlen eines genehmigten
Kostenvoranschlages bei voraussichtlich höheren Kosten als 3000 Franken die
Rechtsfolge einer Anspruchsverwirkung geknüpft werde. Massgebend für die
Höhe der Vergütung durch die EL sei einzig die Einfachheit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Zahnbehandlung.

  Nach Auffassung der Aufsichtsbehörde hält sich Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV
im Rahmen der Delegationsnorm des Art. 3d Abs. 4 ELG. Das Verfahren mit dem
Kostenvoranschlag sei sinnvoll und zweckmässig, da es im Nachhinein sehr
schwierig bis unmöglich festzustellen sei, was eine einfache,
wirtschaftliche und zweckmässige

Behandlung gekostet hätte. In diesem Sinne habe sich der beratende Zahnarzt
des Bundesamtes in seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2001 geäussert. Das
entspreche auch der Meinung anderer Zahnärzte, welche für
EL-Durchführungsstellen Zahnbehandlungsfälle begutachteten.

Erwägung 5

  5.

  5.1  Das Eidgenössische Versicherungsgericht kann Verordnungen des
Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen
abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei (unselbstständigen)
Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegationsnorm stützen, prüft
es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat eingeräumten Befugnisse
halten. Besteht ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf
Verordnungsebene, muss sich das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die
umstrittenen Vorschriften offensichtlich aus diesem Rahmen herausfallen oder
aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann sein eigenes
Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen und es hat
auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die verordnete Regelung
verstösst allerdings dann gegen das Willkürverbot oder das Gebot der
rechtsgleichen Behandlung (Art. 9 und Art. 8 Abs. 1 BV), wenn sie sich nicht
auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder
wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger
Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt,
Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden
sollen (BGE 130 V 473 Erw. 6.1, 130 I 32 Erw. 2.1.1, 129 II 164 Erw. 2.3,
129 V 271 Erw. 4.1.1, 329 Erw. 4.1, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 130 V 45
Erw. 4.3).

  Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die
gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der Delegationsnorm
eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen. Im
Rahmen verfassungskonformer oder verfassungsbezogener Auslegung sind sodann
der Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip zu
beachten. Danach hat eine Massnahme, insbesondere eine verwaltungsrechtliche
Sanktion, das geeignete Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles zu
sein und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zweckes
erforderlich ist. Ferner muss zwischen Ziel und Mitteln ein vernünftiges
Verhältnis bestehen (BGE 130 V 214 Erw. 8, 130 II 438 Erw. 5.2, 129 V 271
Erw. 4.1.2, 125 V 197 oben, 111 V 319 Erw. 2,

je mit Hinweisen). Der klare Sinn einer Gesetzesnorm darf indessen nicht
durch eine verfassungskonforme Auslegung beiseite geschoben werden (BGE 128
V 24 Erw. 3a, 126 V 472 Erw. 5a, 122 V 93 Erw. 5a/aa, 111 V 314 Erw. 2b).

  5.2
  5.2.1  Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV stützt sich auf Art. 3d Abs. 4 Satz 1 ELG
(und Art. 19 Abs. 1 lit. a ELV). Diese Gesetzesbestimmung gibt dem Bundesrat
die Kompetenz, die ausgewiesenen Kosten u.a. für Zahnarzt zu bezeichnen,
welche pro Jahr zusätzlich zur jährlichen Ergänzungsleistung vergütet werden
können. Durch die offene Formulierung wird dem Verordnungsgeber ein weiter
Spielraum der Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Nach dem Wortlaut ermächtigt
indessen die Delegationsnorm des Art. 3d Abs. 4 ELG den Bundesrat resp. Art.
19 Abs. 1 ELV das Departement in erster Linie zum Erlass materieller
Vorschriften, insbesondere welche Behandlungen durch den Zahnarzt
vergütungsfähig sind. Dabei ist von einer weiten Begriffsbestimmung
auszugehen. Auch zahnärztliche Massnahmen, welche der Behandlung einer
Allgemeinerkrankung dienen, fallen darunter und sind zu vergüten, sofern und
soweit sie einfach, wirtschaftlich und zweckmässig sind (BGE 130 V 185).
Dieses Erfordernis wird in Art. 8 Abs. 1 ELKV ausdrücklich erwähnt. Dem Art
und Umfang der Vergütung einer Zahnbehandlung bestimmenden und begrenzenden
Gebot der Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Leistung
ist indes materiell sogar Gesetzesrang zuzuerkennen (vgl. auch Art. 32 Abs.
1 KVG).

  Mit der Regelung, die Kosten von zwar einfachen, wirtschaftlichen und
zweckmässigen, aber ohne genehmigten Kostenvoranschlag durchgeführten
Zahnbehandlungen lediglich in der Höhe von 3000 Franken zu übernehmen,
werden nicht eigentlich Kosten für den Zahnarzt bezeichnet, wie Art. 3d Abs.
4 ELG vorschreibt. Vielmehr wird bei einem bestimmten Verhalten der
Vergütungsanspruch beschränkt. Dies läuft im Ergebnis auf eine Herabsetzung
der in Art. 3d Abs. 2 und 3 ELG genannten Höchstbeträge hinaus, welche pro
Jahr zusätzlich zu jährlichen Ergänzungsleistung für Krankheits- und
Behinderungskosten vergütet werden können. Hiefür findet sich im Gesetz
keine genügende Grundlage.

  5.2.2  Nach der formellgesetzlichen ratio legis sollen den EL-Bezügern
einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Zahnbehandlungen vergütet werden.
Diesem Zweck dient Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV, indem Beweisschwierigkeiten,
wie sie bei nachträglichen

Abklärungen häufig auftreten, vermieden werden sollen. Das Erfordernis, bei
voraussichtlich höheren Kosten als 3000 Franken einen Kostenvoranschlag
einzureichen, will dem Umstand Rechnung tragen, dass es bei einer
abgeschlossenen Zahnbehandlung im Nachhinein oft schwierig ist,
sachverhaltsmässig festzustellen, ob sie einfach, wirtschaftlich und
zweckmässig war, und was allenfalls eine diesen Erfordernissen entsprechende
Vorkehr gekostet hätte. Es sei, so das Departement in seinen Erläuterungen
zu Art. 6 Abs. 3 aELKV, welche auch für Art. 8 Abs. 3 ELKV Gültigkeit haben
(AHI 1998 S. 74), für die Beteiligten auch nicht angenehm, wenn die EL die
entstandenen Kosten nicht vergüte. Müsse der Behandlungsplan auf Grund der
(mit dem Kostenvoranschlag einzureichenden) Unterlagen redimensioniert
werden, könne dies in einem Zeitpunkt gemacht werden, wo noch nicht
erhebliche, allenfalls nicht gedeckte Kosten entstanden seien. Es gelte auch
zu verhindern, dass diejenige Person, die einen Kostenvoranschlag
eingereicht habe, schlechter gestellt sei als diejenige, die nicht in der
Weise vorgegangen sei (vgl. AHI 1996 S. 67 f.).

  Die im Interesse der Berechtigten liegende Absicht des Verordnungsgebers,
sie davor zu schützen, nicht später mit durch die EL nicht voll gedeckten
Kosten konfrontiert zu werden, wird dort vereitelt und letztlich in ihr
Gegenteil verkehrt, wo auch ohne genehmigten Kostenvoranschlag der
rechtsgenügliche Nachweis der Einfachheit, Zweckmässigkeit und
Wirtschaftlichkeit der Zahnbehandlung möglich ist. In diesen Fällen schiesst
die Beschränkung der Kostenvergütung auf 3000 Franken über das Ziel hinaus.
Art. 8 Abs. 3 Satz 2 ELKV bekommt insoweit den Charakter einer Sanktion,
welche gesetzlich nicht vorgesehen ist.

  5.2.3  Die Ergänzungsleistungen bezwecken die angemessene Deckung des
Existenzbedarfs bedürftiger Rentner der Alters- und Hinterlassenen- sowie
der Invalidenversicherung (Art. 112 Abs. 2 lit. b BV in Verbindung mit Art.
196 Ziff. 10 BV; BGE 130 V 188 Erw. 4.3.3, 122 V 24 Erw. 5a, 115 V 353 Erw.
5c; ZAK 1992 S. 326 Erw. 1b). Gemessen an dieser Zielsetzung wäre es
unverhältnismässig, wenn an die regelmässig nicht wissentlich und
willentlich unterlassene Einreichung eines Kostenvoranschlages ohne weiteres
die teilweise anspruchsvernichtende Rechtsfolge der Beschränkung der
Kostenvergütung auf 3000 Franken geknüpft würde (vgl. BGE 125 V 193).
Abgesehen davon erscheint es widersprüchlich, den EL-Bezüger oder die
EL-Bezügerin bis zum Betrag von 3000 Franken

zum Beweis der in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Einfachheit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Zahnbehandlung erheblichen
Tatsachen zuzulassen, darüber hinaus jedoch den Beweis abzuschneiden. Denn
diese Erfordernisse müssen für jegliche Kostenvergütung erfüllt sein, auch
dort, wo sie sich auf weniger als 3000 Franken beläuft. Insoweit sind die
EL-Durchführungsstellen nicht von einer nachträglichen Prüfung (ex post) der
erwähnten Leistungsvoraussetzungen enthoben.

  5.2.4  Schliesslich ist zu beachten, dass die gesetzliche Ordnung der
Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen der 3.
EL-Revision gemäss Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 geändert worden ist. Unter
altem Recht wurden diese Kosten lediglich im Rahmen der verfügbaren Quote
vergütet (vgl. Art. 6 Abs. 1 aELKV), und zwar entweder gesondert oder als
Auslagenkosten bei der Festsetzung der laufenden Ergänzungsleistung (BGE 118
V 30 Erw. 3a und 33 f. Erw. 5a und b sowie ZAK 1988 S. 41 Erw. 1a). Die
massliche Schranke war u.a. von der Höhe der laufenden Leistungen des oder
der Berechtigten abhängig mit der Folge, dass gleich hohe ausgewiesene
Krankheits- und/oder Behinderungskosten in einem Falle voll, im andern Falle
aber nur teilweise gedeckt werden konnten (BBl 1997 I 1208 f. sowie
CARIGIET/KOCH, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV [Supplement], Zürich 2000, S.
36). Dass neu die tatsächlichen ausgewiesenen Kosten allein für die
Bemessung des Vergütungsanspruchs im Rahmen der gesetzlichen Schranken (Art.
3d Abs. 2 und 3 ELG) bestimmend sind, bedeutet nicht bloss eine
Gleichstellung der Bezüger von Ergänzungsleistungen. Vielmehr wird damit
einem allgemeinen Grundprinzip der EL nachgelebt, wonach die effektiven
Einnahmen und Ausgaben für die Höhe der Leistungen massgebend sind (BGE 122
V 24 Erw. 5a, ZAK 1992 S. 326 Erw. 1b). Mit diesen gesetzgeberischen
Zielsetzungen ist kaum vereinbar, die Kosten für einfache, wirtschaftliche
und zweckmässige Zahnbehandlungen einzig deshalb nicht voll zu vergüten,
weil der oder die Berechtigte die Behandlung ohne genehmigten
Kostenvoranschlag durchführen liess.

  5.3  Aufgrund des Vorstehenden ist, entgegen der zu stark im Wortlaut
verhafteten Interpretation des Bundesamtes, im Rahmen gesetzeskonformer
Auslegung dem Erfordernis eines genehmigten Kostenvoranschlages nach Art. 8
Abs. 3 ELKV die Bedeutung einer Ordnungsvorschrift und nicht eines
anspruchsbeschränkenden Tatbestandsmerkmals beizumessen. Wird erst nach
bereits durchgeführter

Zahnbehandlung um Kostenvergütung ersucht, ist von der widerlegbaren
Vermutung auszugehen, eine einfache, wirtschaftliche und zweckmässige
Massnahme hätte nicht mehr als 3000 Franken gekostet. Dem Bezüger oder der
Bezügerin von Ergänzungsleistungen steht der Beweis des Gegenteils offen.
Sie können die Vermutung durch den fachärztlichen Nachweis umstossen, dass
die fragliche Behandlung tatsächlich einfach, wirtschaftlich und zweckmässig
war. Insofern trifft sie auch eine Beweisführungslast. In der Regel wird
erforderlich sein, dass die Situation vor dem Eingriff schriftlich
(allenfalls mittels Fotos, Röntgenaufnahmen usw.) ausreichend dokumentiert
ist, so dass dem EL-Vertrauensarzt eine schlüssige Beurteilung ermöglicht
wird.

  Diese Auslegung führt nicht zu einer Benachteiligung derjenigen Personen,
die einen Kostenvoranschlag eingereicht haben, gegenüber jenen, die nicht in
der Weise vorgegangen sind (vgl. Erw. 5.2.2). Hiefür sorgt, dass
Beweislosigkeit in Bezug auf die für die Tatbestandsmerkmale der
Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Zahnbehandlung
erheblichen Tatsachen sich zu Ungunsten des Bezügers oder der Bezügerin von
Ergänzungsleistungen auswirkt (BGE 125 V 195 Erw. 2 in fine, 117 V 264 Erw.
3b), worauf das kantonale Geicht zutreffend hinweist.

  5.4  Zusammenfassend kann bei Durchführung einer Zahnbehandlung ohne
vorgängig eingereichten und genehmigten Kostenvoranschlag der
Vergütungsanspruch nicht ohne weiteres auf maximal 3000 Franken beschränkt
werden. Erbringt der Bezüger oder die Bezügerin von Ergänzungsleistungen den
Beweis der für das Tatbestandsmerkmal der Einfachheit, Wirtschaftlichkeit
und Zweckmässigkeit der Massnahme erheblichen Tatsachen, sind die gesamten
Kosten im Rahmen des gesetzlichen Anspruches durch die EL zu übernehmen.

  In Bezug auf die vorliegend zur Diskussion stehende zahnärztliche
Behandlung im Zeitraum November 1999 bis Januar 2000 kann aufgrund der
Aussagen des Vertrauensarztes der EL-Durchführungsstelle und des Bundesamtes
dieser Nachweis als erbracht gelten. Die Kosten hiefür sind daher im Rahmen
der Ergänzungsleistungen voll zu vergüten.