Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 I 137



131 I 137

17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X.
gegen Einwohnergemeinde Sigriswil, Regierungsstatt- halteramt von Thun
und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Staatsrechtliche Beschwerde)

    2P.189/2004 vom 11. Februar 2005

Regeste

    Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBM, Submissionsgesetz
des Kantons Bern; freihändige Vergebung unterhalb des Schwellenwertes,
Anfechtbarkeit.

    Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde; zulässige
bzw. unzulässige Anträge (E. 1.1 und 1.2).

    Das angefochtene kantonale Urteil, welches entsprechend der
kantonalgesetzlichen Ordnung die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen
die freihändige Vergebung verneint, verstösst nicht gegen Art. 9 BGBM
bzw. gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
(Art. 49 Abs. 1 BV). Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf
Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit bei freihändig durchgeführter
Vergebung unmittelbar gestützt auf Art. 9 BGBM bzw. selbst ohne Grundlage
im kantonalen Verfahrensrecht bestehen könnte (E. 2.1-2.7).

Sachverhalt

    Im April 2003 lud die Einwohnergemeinde Sigriswil drei Unternehmungen
zur Einreichung von Offerten für Kücheneinrichtungen im kommunalen Alters-
und Pflegeheim "Schärmtanne" ein. Von den drei eingereichten Angeboten
erwies sich dasjenige von X. mit Fr. 16'389.55 als das günstigste.

    Nachdem die Hoch- und Tiefbaukommission der Gemeinde zunächst
beschlossen hatte (vgl. Protokollauszug vom 6. Mai 2003), den Auftrag
an X. zu vergeben, erfuhr sie, dass dieser Steuerausstände hatte. Am
26. August 2003 schloss sie X. daher von der Vergabe aus und entschied,
die Arbeiten an eine Konkurrentin, die A. AG, zu vergeben. Dies eröffnete
sie X. mit Verfügung vom 22. Oktober 2003.

    Auf eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde trat der
Regierungsstatthalter von Thun mit Entscheid vom 18. Februar 2004 nicht
ein, da gemäss Art. 13 Abs. 3 des kantonalen Gesetzes vom 11. Juni
2002 über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBG) Auftragsvergaben
unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens oder tieferer
kommunaler Schwellenwerte (hier Fr. 50'000.-, vgl. Art. 5 Abs. 1 des
Beschaffungsreglements vom 4. Dezember 2000 der Einwohnergemeinde
Sigriswil) nicht anfechtbar seien.

    Hiergegen gelangte X. an das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern und verlangte, auf seine Beschwerde sei einzutreten. Er machte
geltend, der Regierungsstatthalter habe übersehen, dass die kantonale
Submissionsgesetzgebung gemäss Art. 9 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6.
Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02)
wenigstens ein Rechtsmittel an eine verwaltungsunabhängige kantonale
Beschwerdeinstanz vorsehen müsse.

    Mit Urteil vom 7. Juni 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern die Beschwerde ab.

    Das Bundesgericht weist die von X. gegen dieses Urteil erhobene
staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.1  Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid,
mit dem die gegen den Nichteintretensentscheid des Regierungsstatthalters
erhobene Beschwerde abgewiesen wird. Das angefochtene Urteil stützt sich
auf kantonales Recht, weshalb als Rechtsmittel auf Bundesebene nur die
staatsrechtliche Beschwerde in Betracht kommt (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 und
Art. 87 OG). Der Beschwerdeführer rügt, die Verweigerung des Rechtsschutzes
für Auftragsvergebungen unterhalb der kantonalrechtlich vorgesehenen
Schwellenwerte beruhe auf einer gegen Art. 9 des Binnenmarktgesetzes
verstossenden Ausgestaltung des kantonalen Verfahrensrechts. Zu dieser
Rüge, mit der sinngemäss eine Verletzung der derogatorischen Kraft des
Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) geltend gemacht wird, ist er als durch
die Verweigerung des Rechtsschutzes in der Sache belastete Prozesspartei
legitimiert (Art. 88 OG). Die übrigen Verfassungsrügen (Art. 5, 9, 29 und
36 BV) vermögen nicht zu greifen oder haben neben dem erwähnten Vorwurf
keine selbständige Bedeutung.

    1.2  Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht zutreffenden
Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 173 E. 1.5 S. 176
mit Hinweis). Zulässig ist daher einzig der (Eventual-)Antrag auf Aufhebung
des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Falls sich ergeben sollte, dass
aufgrund von Art. 9 BGBM der Beschwerdeweg gegen die streitige Vergebung
eröffnet werden müsste, hätte das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen
den Nichteintretensentscheid des Regierungsstatthalters gutzuheissen,
und es wäre alsdann zunächst Sache der kantonalen Rechtspflegeinstanzen,
über die Rechtmässigkeit der streitigen Vergebung zu befinden. Auf das
vor Bundesgericht als Hauptantrag gestellte Begehren um Feststellung der
Rechtswidrigkeit der "angefochtenen Verfügung" ist nicht einzutreten,
ebenso wenig auf das Eventualbegehren um eine Anweisung an den
Regierungsstatthalter, auf die bei ihm erhobene Beschwerde einzutreten.

Erwägung 2

    2.

    2.1  Art. 9 des eidgenössischen Binnenmarktgesetzes hat - soweit hier
interessierend - folgenden Wortlaut:

    "1 Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt, insbesondere im Bereich

      des öffentlichen Beschaffungswesens, sind in Form einer anfechtbaren

      Verfügung zu erlassen.  2 Das kantonale Recht sieht wenigstens

      ein Rechtsmittel an eine verwaltungsunabhängige kantonale

      Beschwerdeinstanz vor. Diese entscheidet endgültig; vorbehalten

      bleibt die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht.

      3 Erweist sich ein kantonales Rechtsmittel oder eine staatsrechtliche

      Beschwerde im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens als

      begründet und ist mit der Anbieterin oder dem Anbieter bereits ein

      Vertrag abgeschlossen worden, so stellt die kantonale Rekursinstanz

      oder das Bundesgericht lediglich fest, inwiefern die angefochtene

      Verfügung Bundesrecht verletzt.  4 (...)."

    2.2  Die Regelung von Art. 9 BGBM hat zwar vor allem den Rechtsschutz
im öffentlichen Beschaffungswesen vor Augen; sie bezieht sich in den
ersten beiden Absätzen aber auf alle Arten von Beschränkungen des freien
Zugangs zum Markt, d.h. auch auf die in Art. 2-4 BGBM erfassten weiteren
Bereiche, für welche sich die Frage der Gewährung des Rechtsschutzes nach
Massgabe eines quantitativen Kriteriums - anders als im öffentlichen
Beschaffungswesen - gar nicht stellt. Art. 9 BGBM überlässt die nähere
Ausgestaltung des verlangten Rechtsschutzes, von der Sonderregelung in Abs.
3 abgesehen, dem kantonalen Gesetzgeber, der dabei einen entsprechenden
Spielraum für sich in Anspruch nehmen darf.

    2.3  Der in Art. 9 Abs. 1 BGBM verwendete Begriff der Beschränkung
des freien Marktzuganges führt, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend
dargelegt, für die hier zu beurteilende Streitfrage zu keinen klaren
Schlüssen. Die im angefochtenen Urteil zitierte Doktrin geht - aufgrund der
Ausführungen in der Botschaft zum BGBM (vgl. BBl 1995 I 1213 ff.), wonach
bei der in Frage stehenden Rechtsschutzregelung auf eine "Bagatellklausel"
bewusst verzichtet worden sei - davon aus, die Formulierung von
Art. 9 BGBM lasse im Bereich der öffentlichen Beschaffungen für eine
Abhängigkeit des Rechtsschutzes von Schwellenwerten keinen Raum und
verlange eine innerkantonale Beschwerdemöglichkeit gegenüber sämtlichen
Vergabeentscheiden, die dementsprechend in Form einer anfechtbaren
Verfügung zu ergehen hätten (vgl. etwa EVELYNE CLERC, in: Tercier/Bovet
[Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la Concurrence, 2002, N. 38 zu Art. 9
BGBM; ATTILIO GADOLA, Rechtsschutz und andere Formen der Überwachung der
Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen, in: AJP 1996 S. 967
ff., 976, GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, Das öffentliche Beschaffungswesen
in der Schweiz, 1996, S. 170). Nach THOMAS COTTIER/BENOÎT MERKT (in: Die
neue schweizerische Wettbewerbsordnung im internationalen Umfeld, Berner
Tage für die juristische Praxis 1996, S. 76/77) soll bei formlos (bzw.
freihändig) erfolgten Vergebungen der nicht berücksichtigte Anbieter
aufgrund von Art. 9 BGBM zumindest ex post eine Feststellungsverfügung
verlangen können, um den Rechtsweg zur Überprüfung einer behaupteten
unrechtmässigen behördlichen Praxis im Bereich der freihändigen
Beschaffungen zu eröffnen. Das bernische Submissionsgesetz bestimmt
demgegenüber Schwellenwerte, ab denen die kantonalen oder kommunalen
Behörden für die Vergebung von Aufträgen ein offenes/selektives oder
ein Einladungsverfahren durchführen müssen, wobei die Gemeinden für ihre
Beschaffungen tiefere Schwellenwerte festlegen dürfen (Art. 3-5 ÖBG). Bei
Nichterreichung des Schwellenwertes "kann" der Auftrag im "freihändigen
Verfahren" vergeben werden (Art. 6 ÖBG). In diesem Fall besteht gegen den
"Zuschlag" keine Beschwerdemöglichkeit (Art. 11 Abs. 2 lit. b ÖBG). Art. 12
Abs. 3 (Marginale: "Rechtsmittel bei kantonalen Aufträgen") und
Art. 13 Abs. 3 ÖBG (Marginale: "Rechtsmittel bei kommunalen Aufträgen")
sehen überdies ausdrücklich vor, dass "Auftragsvergaben unterhalb der
Schwellenwerte des Einladungsverfahrens" bzw. "Auftragsvergaben unterhalb
der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens oder tieferer kommunaler
Schwellenwerte" nicht anfechtbar sind.

    2.4  Für die Zulässigkeit der vom bernischen Gesetzgeber gewählten
Regelung lassen sich, wie im angefochtenen Urteil dargelegt, eine
Reihe gewichtiger Gründe anführen. Von Bedeutung ist zunächst, dass der
Bundesgesetzgeber für die öffentlichen Beschaffungen des Bundes selber eine
analoge Beschränkung des Rechtsschutzes vorgesehen hat: Das Bundesgesetz
vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB; SR
172.056.1) ist gemäss seinem Artikel 6 nur anwendbar, wenn der geschätzte
Wert des zu vergebenden öffentlichen Auftrages bestimmte Schwellenwerte
(vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. a-d BoeB) erreicht. Liegt der Auftragswert
darunter, sind auch die Verfahrens- und Rechtsschutzbestimmungen des
Gesetzes (Art. 26 ff. BoeB) nicht anwendbar. Dass und wieso der Bund
den Kantonen einen weiter gehenden Rechtsschutz vorschreiben wollte,
liegt nicht ohne weiteres auf der Hand; es ist nicht ersichtlich,
weshalb die Kantone bundesrechtlich verpflichtet sein sollten, auch für
Bagatellvergaben Rechtsmittelverfahren vorzusehen, wenn der Bund selber
für solche Fälle keinen Rechtsschutz kennt.

    Sodann hat die Gewährung einer Anfechtungsmöglickeit grundsätzlich
nur dort einen Sinn, wo das einschlägige Submissionsrecht im Hinblick auf
die Bedeutung des Auftrages ein formalisiertes Vergabeverfahren, welches
auf die Einholung und Evaluierung von Offerten nach Massgabe bestimmter
Vorgaben ausgerichtet ist, überhaupt vorsieht. Die freihändige Vergebung
ist kein derartiges Verfahren (PETER GAUCH, Das neue Beschaffungsgesetz
des Bundes - Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen vom
16. Dezember 1994, in: ZSR 114/1995 I S. 313 ff. , 314). Dass zwischen
dem Verfahrensaufwand und der Bedeutung des zu vergebenden Auftrages ein
vernünftiges Verhältnis bestehen soll, kommt auch in Art. 5 Abs. 2 BGBM
zum Ausdruck, wonach nur Vorhaben für "umfangreiche" öffentliche Einkäufe,
Dienstleistungen und Bauten unter Angabe der Kriterien für Teilnahme und
Zuschlag amtlich zu publizieren sind.

    Es steht sodann ausser Frage, dass der kantonale Gesetzgeber die
Ausgestaltung des Submissionsverfahrens bzw. den damit für die Behörde
verbundenen Evaluationsaufwand u.a. von der Bedeutung der Vergebung, d.h.
von zu erreichenden Schwellenwerten, abhängig machen darf; Art. 9 BGBM
schliesst derartige Differenzierungen nicht aus. Ebenso ist klar, dass
nicht für jede kleine und kleinste Vergebung der öffentlichen Hand
ein förmliches Verfahren durchgeführt und entsprechende Anordnungen
unabhängig vom Wert des Auftrages immer in die Form einer anfechtbaren
Verfügung gekleidet werden müssen; dies widerspräche der Realität
(vgl. COTTIER/MERKT, aaO, S. 76 und die dort zitierten Beispiele
[Kauf von Büromaterial für die Verwaltung bzw. von Büchern für die
Universitätsbibliothek]).

    2.5  Soweit der kantonale Gesetzgeber im Einklang mit dem
übergeordneten Recht (GATT/WTO-Übereinkommen vom 15. April
1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [SR 0.632.231.422],
BGBM [insbesondere Art. 5], BoeB, Interkantonale Vereinbarung vom
25. November 1994/15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen
[IVöB; AS 2003 S. 196]) unterhalb der von ihm bestimmten Schwellenwerte
die freihändige Vergebung vorsehen darf, impliziert dies zugleich, dass
grundsätzlich auch kein förmlicher Vergebungsentscheid zu ergehen hat,
der Anfechtungsobjekt eines Rechtsmittelverfahrens bilden könnte. Eine
(ordentliche) Beschwerdemöglichkeit für Dritte gegen im freihändigen
Verfahren erfolgte Vergebungen würde voraussetzen, dass der "Zuschlag"
publiziert und der Kreis der zur Anfechtung Legitimierten bestimmt wird,
und es müssten taugliche materielle Kriterien vorliegen, anhand derer die
Rechtmässigkeit der Vergebung zu beurteilen wäre. Bei einer freihändigen
Vergebung wäre nicht nur der Kreis der Beschwerdeberechtigten völlig
offen oder jedenfalls schwer abzugrenzen, sondern es würde - anders
als bei formellen Submissionsverfahren mit verbindlicher Umschreibung
des Auftrages und der Zuschlagskriterien - weitgehend auch an einem
ausreichend bestimmten Massstab für die Beurteilung der Vergebung
fehlen. Die Beschwerdemöglichkeit würde in den meisten Fällen darauf
hinauslaufen, dass nachträglich weitere, allenfalls günstigere Offerten
für den betreffenden Auftrag eingereicht werden, um die Richtigkeit oder
Zweckmässigkeit der bereits erfolgten Vergebung in Frage zu stellen.

    Müsste vor dem Vollzug der freihändig erfolgten Vergebung das
allfällige Ergebnis eines solchen Rechtsmittelverfahrens abgewartet
werden, widerspräche dies dem Sinn und Zweck der freihändigen Vergebung,
welche bei niedrigen Beträgen regelmässig auf eine formlose und rasche
Abwicklung der betreffenden Beschaffung ausgerichtet ist; das Rechtsmittel
würde im Ergebnis zu einem nachträglichen Submissionsverfahren. Könnte
die Anfechtung des freihändig erfolgten Zuschlages die Gültigkeit der
Vergebung dagegen zum Vornherein nicht mehr beeinflussen, hätte ein
solches Rechtsmittelverfahren wenig Sinn; der damit verbundene Aufwand
könnte, da der Vergebung kein Ausschreibungsverfahren vorangegangen ist,
auch nicht mit dem Interesse an der Geltendmachung von Schadenersatz für
die Kosten der Offerte gerechtfertigt werden.

    2.6  Gewisse submissionsrechtliche Anordnungen sind gemäss dem
bernischen Gesetz unabhängig von der Erreichung der Schwellenwerte
anfechtbar, nämlich der Ausschluss eines Unternehmers von künftigen
Vergabeverfahren sowie die Aufnahme bzw. Streichung eines Anbieters
aus einer ständigen Liste, ferner der (unter gewissen Voraussetzungen
publikationspflichtige) Entscheid über die Durchführung des freihändigen
Verfahrens gemäss Art. XV des GATT/WTO-Abkommens (Art. 11 Abs. 1 lit. a-c
in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 lit. a ÖBG). Darüber hinaus dürfte ein
Anspruch auf Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit unmittelbar aufgrund
von Art. 9 BGBM bei freihändig durchgeführter Vergebung wohl bestehen,
soweit ein interessierter Unternehmer geltend machen will, dass die
betreffende Vergebung nach den einschlägigen Normen nicht freihändig,
sondern nur aufgrund eines Submissionsverfahrens hätte erfolgen dürfen
(vgl. auch COTTIER/MERKT, aaO, S. 76/77).

    Unmittelbar gestützt auf Art. 9 BGBM bzw. selbst ohne Grundlage im
kantonalen Verfahrensrecht könnte die Anerkennung eines Anspruchs auf eine
Beschwerdemöglichkeit allenfalls auch dann in Erwägung gezogen werden, wenn
die Auswahl des Vertragspartners bei einer (zulässigerweise) freihändig
erfolgten Vergebung offensichtlich auf gegen das Binnenmarktgesetz
verstossenden Vorschriften oder Weisungen beruht, welche auf den
Ausschluss ortsfremder Anbieter ausgerichtet sind, oder wenn sich der
Vergebungsentscheid erklärtermassen auf eine dahingehende behördliche
Praxis stützt. Die Frage braucht hier jedoch nicht abschliessend geprüft
zu werden, da die Voraussetzungen für eine allfällige Abweichung von der
kantonalgesetzlichen Rechtsmittelordnung zum Vornherein nicht als gegeben
erscheinen (vgl. sogleich E. 2.7).

    2.7  Dass die Gemeinde Sigriswil nach den einschlägigen kantonalen
Vorschriften zur freihändigen Vergebung befugt war, wird auch vom
Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Er macht sodann nicht
geltend, dass die streitige Vergebung auf gegen die Grundsätze
des Binnenmarktgesetzes verstossenden Normen bzw. Weisungen oder
einer entsprechenden behördlichen Praxis beruhe, die sich für ihn als
rechtswidrige Schranke für den Marktzugang auswirkt. Die Art und Weise,
wie die Gemeinde bei der vorliegenden Auftragsvergebung vorgegangen ist,
mag zwar gewisse Fragen aufwerfen, doch kann nicht im erwähnten Sinne von
einem Verstoss gegen die Grundsätze des Binnenmarktgesetzes gesprochen
werden. Die Gemeinde durfte bei der freihändigen Vergebung ihren Entscheid
zulässigerweise u.a. auch davon abhängig machen, ob der ins Auge gefasste
Anbieter seinen Steuerpflichten gegenüber dem Gemeinwesen nachgekommen ist
(vgl. dazu HERBERT LANG, Offertenbehandlung und Zuschlag im öffentlichen
Beschaffungswesen, in: ZBl 101/2000 S. 234). Sie durfte daher, nachdem
sie von den Steuerausständen des Beschwerdeführers erfahren hatte, auf
ihren ursprünglichen, nicht formell eröffneten Beschluss vom 6. Mai
2003 zurückkommen und den Auftrag anderweitig vergeben, obwohl die
betreffende Steuerschuld inzwischen bezahlt worden war. Das Bedürfnis des
Beschwerdeführers zu kontrollieren, ob der berücksichtigte Anbieter keine
Steuerrückstände (gehabt) habe, reicht nicht aus, um die Durchführung
eines Rechtsmittelverfahrens verlangen zu können. Dass die Gemeinde im
Rahmen der freihändigen Vergebung mehrere Offerten eingeholt und diese
miteinander verglichen hat, kann ebenfalls nicht zur Folge haben, dass
deswegen eine Anfechtungsmöglichkeit der Offerenten gegen den Zuschlag
eröffnet werden müsste; es wäre sachwidrig, ein solches Vorgehen, das
auch bei einer freihändigen Vergebung zweckmässig sein kann, durch das
Risiko von Rechtsmittelverfahren zu erschweren.

    Wenn das Verwaltungsgericht vorliegend entsprechend der
kantonalgesetzlichen Ordnung die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen
die freihändige Vergebung verneinte und den Nichteintretensentscheid
des Regierungsstatthalters schützte, verstiess es damit weder gegen
Art. 9 BGBM bzw. den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
(Art. 49 Abs. 1 BV) noch gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) oder andere
Verfassungsgarantien.