Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 I 1



131 I 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. A.,
B. und C. gegen Einwohnergemeinde Grindelwald sowie Justiz-, Gemeinde-
und Kirchendirektion des Kantons Bern (Staatsrechtliche Beschwerde)

    2P.135/2004 vom 23. November 2004

Regeste

    Art. 8 Abs. 1 BV; Art. 41 des bernischen Gesetzes vom 2. Februar
1964 über Bau und Unterhalt der Strassen; Gemeinwerkreglement der
Einwohnergemeinde Grindelwald vom 7. Dezember 2001; Arbeitsleistungspflicht
für den Strassenunterhalt; Ersatzabgabe.

    Arbeitsleistungspflicht als blosser Vorwand für die Generierung
von Fiskaleinnahmen (E. 3)? Es ist mit dem Rechtsgleichheitsgebot nicht
vereinbar, ausschliesslich die Grundeigentümer einer Gemeinde für die
Instandhaltung und Reinigung des kommunalen Strassennetzes arbeits- bzw.
(subsidiär) ersatzabgabepflichtig zu erklären (E. 4.3 und 4.4). Das
Rechtsgleichheitsgebot wird vorliegend auch dadurch verletzt, dass
jedem Grundeigentümer - unabhängig von dem ihm aus dem Strassenunterhalt
erwachsenden individuellen Vorteil - die gleiche Einheitsleistung auferlegt
wird (E. 4.5).

Sachverhalt

    Die Gemeindeversammlung der Einwohnergemeinde Grindelwald beschloss
am 7. Dezember 2001 ein neues Gemeinwerkreglement. Gegen dieses Reglement
liessen A. und B., beide Grundeigentümer in Grindelwald, vertreten durch
Advokat C., Gemeindebeschwerde beim Regierungsstatthalter von Interlaken
einreichen, welcher das Rechtsmittel mit Entscheid vom 8. August 2002 im
Wesentlichen abwies.

    Dagegen erhoben A. und B. Beschwerde beim Regierungsrat des
Kantons Bern. Dieser kassierte den angefochtenen Entscheid des
Regierungsstatthalters am 19. März 2003 von Amtes wegen und leitete
die Gemeindebeschwerden weiter an das kantonale Amt für Gemeinden und
Raumordnung zur Behandlung als Einsprachen im Rahmen des für kommunale
Reglemente wie das streitige Gemeinwerkreglement erforderlichen und daher
nachzuholenden kantonalen Genehmigungsverfahrens.

    Mit Verfügung vom 26. Juni 2003 genehmigte das Amt für Gemeinden und
Raumordnung des Kantons Bern das Gemeinwerkreglement vom 7. Dezember 2001
der Einwohnergemeinde Grindelwald und wies die Einsprachen von A. und
B. ab.

    Dagegen erhoben A., B. und neu auch C. in eigenem Namen Beschwerde
an die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern. Diese
trat mit Entscheid vom 16. April 2004 auf die Beschwerde, soweit sie von
C. erhoben wurde, nicht ein und wies sie im Übrigen ab.

    Mit Eingabe vom 17. Mai 2004 erheben A., B. sowie C. beim Bundesgericht
staatsrechtliche Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde, soweit es darauf eintritt,
gut und hebt das Gemeinwerkreglement der Einwohnergemeinde Grindelwald
vom 7. Dezember 2001 sowie den Entscheid der Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion des Kantons Bern vom 16. April 2004 auf.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Nach dem bisherigen Gemeinwerkreglement der Einwohnergemeinde
Grindelwald vom 4. Dezember 1998 (genehmigt am 10. März 1999) waren "für
den Unterhalt und die Verbesserung der im Wegverzeichnis bezeichneten
Strassen, Wege, Brücken und Plätze" (Art. 1) einerseits alle natürlichen
(volljährigen) und juristischen Personen mit steuerrechtlichem "Wohnsitz"
in der Gemeinde und andererseits alle Grundeigentümer gemeinwerkpflichtig
(Art. 3), wobei die vorgeschriebene Arbeitsleistung von 10-20 Stunden
pro Jahr ohne besondere Voraussetzungen auch durch eine Ersatzabgabe zu
einem Satz von Fr. 20.- bis Fr. 30.- pro Stunde erfüllt werden konnte; die
Arbeitsleistung war insoweit freiwillig. Die auf dieser Grundlage beruhende
"Ersatzabgabe" wurde in einem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons
Bern vom 24. Juli 2001 (publ. in BVR 2002 S. 199 ff.) als eine Abgabe
mit Steuercharakter (Personalsteuer) eingestuft, für die nach dem neuen
kantonalen Steuergesetz vom 21. Mai 2000 (in Kraft seit 1. Januar 2001),
welches eine solche (fakultative) kommunale Steuer nicht vorsehe, kein
Raum mehr bestehe mangels einer nach der Kantonsverfassung erforderlichen
kantonal-gesetzlichen Grundlage (Art. 113 Abs. 2 KV/BE). Zudem ergebe
sich für Gemeinwerkpflichtige mit Wohnsitz ausserhalb des Kantons eine
unzulässige Doppelbesteuerung.

    2.2  Um diesen rechtlichen Hindernissen zu begegnen, erliess die
Einwohnergemeinde Grindelwald am 7. Dezember 2001 ein modifiziertes
Gemeinwerkreglement (im Folgenden auch GWR), welches die Gemeinwerkpflicht
- für den gleichen Zweck (Art. 1 Abs. 1 GWR) - auf die in Grindelwald "als
Grundeigentümer, Stockwerkeigentümer oder Baurechtsnehmer" eingetragenen
natürlichen und juristischen Personen beschränkt, denen die Eigentümer
von "Residenzbauten" auf Campingplätzen gleichgestellt werden (Art. 2
Abs. 1 GWR). Bei Erbengemeinschaften oder Miteigentümergemeinschaften
ist die Gemeinschaft nur einmal gemeinwerkpflichtig (Art. 2 Abs. 2 GWR).
Ausgenommen von der Gemeinwerkpflicht sind unter 18 oder über 69 Jahre alte
Personen sowie Bezüger einer vollen Invalidenrente (Art. 3 GWR). Art. 4
GWR erklärt die "Leistung der Gemeinwerkpflicht" für obligatorisch. Sie
umfasst eine Arbeitsleistung von 10-20 Stunden pro Jahr (Art. 5 GWR). Das
Gemeinwerk besteht in der Leistung von Arbeit im Rahmen der Schneeräumung,
Reinigungs- und Instandstellungsarbeiten sowie in der Erledigung von
werterhaltenden Unterhaltsarbeiten an Strassen, Rad-, Fuss- und Wanderwegen
(Art. 1 Abs. 3 GWR). Der Einsatz der arbeitspflichtigen Personen wird
durch das kommunale Bauamt organisiert; der Gemeinderat hat darauf zu
achten, dass möglichst viele Personen am Gemeinwerk teilnehmen können
(Art. 6 GWR). Die Gemeinwerkpflichtigen sind durch Fachleute anzuleiten
und möglichst entsprechend ihren Fähigkeiten einzusetzen (Art. 8
GWR). Bei vorübergehenden persönlichen Hinderungsgründen (u.a. Krankheit,
Schwangerschaft) kann einzelfallweise von der Arbeitsleistung befreit
werden, was alsdann, soweit die Leistung nicht nachgeholt wird, durch eine
Ersatzabgabe abzugelten ist; unentschuldigtes Fernbleiben wird zusätzlich
durch eine Busse bis zur Höhe des dreifachen Ersatzabgabebetrages geahndet
(Art. 4 GWR). Art. 9 Abs. 1 GWR sieht darüber hinaus die Möglichkeit der
dauerhaften Befreiung von der Arbeitsleistung im Gemeinwerk vor, u.a. für
Personen mit Wohnsitz oder Arbeitsort ausserhalb der Gemeinde, denen die
Erfüllung der Arbeitsleistung besondere Umstände verursachen würde (lit. a
und b), für Personen, denen die erforderlichen physischen oder psychischen
Fähigkeiten für die Arbeitsleistung im Gemeinwerk glaubhafterweise abgehen
(lit. c), sowie für Personen, die aus anderen wichtigen Gründen das
Gemeinwerk nicht leisten können (lit. d). Der Gemeinderat entscheidet
hierüber auf Gesuch hin (Art. 9 Abs. 1 Ingress GWR); ein Widerruf
der Befreiung ist bei geänderten Verhältnissen möglich (Art. 9 Abs. 2
GWR). Die kommunale Bauverwaltung kann auf Gesuch hin Personen, die
wegen Ferien, Militärdienst, anderer Ämter wie Feuerwehr und Zivilschutz
oder aus anderweitig anerkennenswerten Gründen an den Gemeinwerktagen
nicht anwesend sein können, für ein Jahr von der Arbeitsleistung befreien
(Art. 9 Abs. 3 GWR). Auch der in Art. 9 GWR erwähnte Personenkreis hat die
Ersatzabgabe zu entrichten, wobei der Abgeltungssatz mindestens Fr. 20.-
und höchstens Fr. 30.- pro Stunde beträgt (Art. 10 GWR).

Erwägung 3

    3.

    3.1  In ihrem neuen Gemeinwerkreglement konstruiert die Gemeinde
die Arbeitsleistungspflicht nunmehr als obligatorische Leistung,
die - anders als nach der bisherigen Regelung - nur unter besonderen
Voraussetzungen durch eine Geldleistung abgegolten werden kann. Damit
soll die bei Befreiung von der Arbeitsleistung geschuldete Abgabe nicht
mehr als Steuer erscheinen, sondern den Charakter einer Kausalabgabe,
d.h. einer echten Ersatzabgabe erhalten, deren Erhebung durch die Gemeinde
alsdann nicht kompetenzwidrig wäre.

    3.2  Die Beschwerdeführer wenden vorab ein, der Unterhalt und die
Reinigung des kommunalen Strassennetzes werde auch in Zukunft vorwiegend
professionellen Arbeitskräften mit den dazu nötigen Spezialmaschinen
obliegen; eine Erfüllung der physischen Arbeitspflicht sei nur seitens
eines kleinen Teils der Gemeinwerkpflichtigen zu erwarten und das
eingeführte Milizsystem für den Strassenunterhalt diene nur dazu, durch die
zu erwartenden Ersatzabgaben weiterhin zu Fiskaleinnahmen zu kommen. Das
Gemeinwerkreglement verletze dadurch das Willkürverbot (Art. 9 BV).

    Seitens der Gemeinde wird dies in Abrede gestellt mit dem Hinweis,
dass bereits unter dem bisherigen Reglement jährlich über 60 Personen die
Realleistung erbracht hätten. Die Gemeinde sei für Strassenreinigung und
Strassenunterhalt auf die Arbeitsleistung der Einwohner angewiesen. Die
jährlichen Kosten für Unterhalt, Schneeräumung und Reinigung der Strassen
werden auf ca. 2,5 bis 3 Mio. Franken beziffert. Nach dem früheren
Reglement, welches Einwohner und Grundeigentümer pflichtig erklärte,
seien rund 800'000 Franken jährlich an Abgaben eingegangen. Ein grösserer
Teil der genannten Arbeiten werde damit aus Steuermitteln finanziert. Die
Leistungen der Grundeigentümer würden auch künftig nur etwa einen Sechstel
bis einen Achtel des Aufwandes ausmachen.

    3.3  Die Vermutung der Beschwerdeführer, es gehe der Gemeinde auch
mit der neuen Regelung primär um die zu erwartenden Ersatzabgaben,
hat einiges für sich. Inwiefern die angefochtene Ordnung schon deswegen
verfassungswidrig sein soll, wird in der staatsrechtlichen Beschwerde
indessen nicht bzw. nicht hinreichend dargelegt, weshalb darauf
nicht weiter einzutreten ist (vgl. zur ähnlichen Problemlage bei der
Feuerwehrersatzabgabe: BGE 102 Ia 7 E. 5a S. 12).

Erwägung 4

    4.

    4.1  Die Beschwerdeführer machen geltend, das angefochtene
Gemeinwerkreglement verstosse in verschiedener Hinsicht gegen das
Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV) und das Willkürverbot
(Art. 9 BV). Unter anderem gebe es keinen sachlichen Grund, weshalb
Grundeigentümer, welche als Benützer der Gemeindestrassen und -wege
nicht in anderer Weise Verursacher oder Begünstigte als alle übrigen
Gemeindeeinwohner seien, zum Strassenunterhalt und zur Strassenreinigung
eine Sonderleistung erbringen müssten, welche nicht der Allgemeinheit der
Strassenbenützer in gleicher Weise abverlangt werde. Eine ans Grundeigentum
anknüpfende Sonderleistung dürfe im Übrigen nicht "pro Kopf" bemessen,
sondern müsse nach Massgabe des Grundeigentums einer Person (Anzahl
Grundstücke, Grösse, Wert des Grundbesitzes) quantifiziert werden; es
gehe nicht an, den Eigentümer mehrerer Grundstücke für das zweite und
jedes weitere Grundstück unbelastet zu lassen. Zudem müsse die auferlegte
Sonderbelastung in einer Relation zu den Erschliessungsleistungen stehen,
die das Gemeinwesen für das Grundeigentum erbringe; indem das Gemeinwerk
lediglich auf den Grundbucheintrag und das Alter des Grundeigentümers
abstelle, fehle der Umschreibung des Kreises der Pflichtigen die
sachliche Begründetheit. Sodann erlaube Art. 41 des kantonalen Gesetzes
vom 2. Februar 1964 über Bau und Unterhalt der Strassen (im Folgenden:
SBG/BE), auf welchen sich das streitige Gemeinwerkreglement stütze, die
Belastung von Grundeigentümern nur unter der generellen Voraussetzung,
dass es sich um "Eigentümer der anstossenden Grundstücke" handle, wogegen
das angefochtene Reglement den Anstösser-Perimeter in willkürlicher
Weise auf das ganze Strassen- und Wegnetz der Gemeinde erweitere, so
dass ein Grundeigentümer an beliebigen Orten in der Gemeinde für Arbeiten
herangezogen werden könne, unabhängig davon, ob die Strasse, an welcher
er seinen Einsatz leiste, der Erschliessung seines Grundstückes diene.

    4.2  Ein Erlass ist willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, wenn er
sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn-
und zwecklos ist; er verletzt das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8
Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein
vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich
ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse
aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit
gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich
behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich-
bzw. Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage,
ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu
regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten
unterschiedlich beantwortet werden. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser
Grundsätze ein weiter Spielraum der Gestaltung (BGE 129 I 1 E. 3 S. 3,
265 E. 3.2 S. 268 f.; 127 I 185 E. 5 S. 192; 127 V 448 E. 3b S. 454, je
mit Hinweisen). Wie das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat, ist die
Gestaltungsfreiheit insbesondere bei den öffentlichen Abgaben und bei der
Verteilung der Last auf die Abgabepflichtigen gross (vgl. BGE 109 Ia 325
E. 4 S. 328 mit Hinweisen; 114 Ia 321 E. 3b S. 323 f.; Urteil 2P.111/2002
vom 13. Dezember 2002, publ. in: ZBl 104/2003 S. 557 ff., E. 4.2).

    Im vorliegenden Zusammenhang gilt es im Übrigen zu beachten, dass die
nach ihrer Konzeption als Ersatzabgabe ausgestaltete Gemeinwerkabgabe nur
dann Bestand haben kann, sofern sich die primäre Naturalleistungspflicht
als verfassungsmässig erweist (MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Basel 1976, Nr. 112 B. II., S. 795).

    4.3  Die primäre Naturalleistungspflicht (Arbeitsleistung),
welche unter gewissen Voraussetzungen von den Pflichtigen durch eine
Ersatzpflicht abgegolten werden kann, trifft gemäss dem streitigen
neuen Reglement ausschliesslich die Eigentümer der in der Gemeinde
gelegenen Grundstücke. Nach der im angefochtenen Direktionsentscheid in
Anlehnung an Art. 41 Abs. 1 SBG/BE vertretenen Auslegung, die sich mit
der weitergehenden Formulierung von Art. 2 des Gemeinwerkreglementes
allerdings kaum vereinbaren lässt, soll dies nur für die Eigentümer
der strassenmässig erschlossenen Grundstücke gelten. Die Gemeinde will
daneben offenbar auch die Eigentümer von (ausserhalb des Baugebiets)
gelegenen landwirtschaftlichen Grundstücken, welche vom Strassen- und
Wegnetz profitieren, von der Gemeinwerkpflicht erfasst wissen. Die Frage
bedarf hier keiner weiteren Klärung. Das vorliegend in Frage stehende
Gemeinwerk soll dem Unterhalt des Strassen- und Wegnetzes dienen (Art. 1
GWR). Sachliche Gründe, die es rechtfertigen würden, die für diesen
Unterhalt statuierte Arbeitspflicht ausschliesslich den Grundeigentümern
der Gemeinde aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. Wie das Bundesgericht
bereits im Zusammenhang mit einer als Kostenanlastungssteuer ausgestalteten
baselstädtischen Strassenreinigungsabgabe festgestellt hat (BGE 124 I 289
E. 3e S. 293), wird das öffentliche Strassennetz von den Grundeigentümern
nicht stärker in Anspruch genommen als von der übrigen Bevölkerung. Die
öffentlichen Verkehrswege werden von jedermann benützt, unabhängig davon,
ob er Eigentümer eines Grundstückes ist oder in gemieteten Räumen wohnt
und arbeitet. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Grundeigentümer
als Personenkreis aus der Strassenreinigung einen grösseren Nutzen ziehen
als die übrige Bevölkerung. Wieso diese Interessenlage in ländlichen
Verhältnissen, wie in der Vernehmlassung der Gemeinde geltend gemacht,
grundlegend anders sein soll, ist nicht einzusehen. Alle regelmässigen
Benützer des öffentlichen Strassen- und Wegnetzes sind an dessen
Reinigung und Unterhalt gleichermassen interessiert. Die Grundeigentümer
erscheinen auch nicht als primäre Verursacher des Unterhalts- und
Reinigungsbedarfes. Es mag zwar angehen, dass den Anstössern "von
öffentlichen Fuss- und Gehwegen" gewisse (punktuelle) Reinigungs- und
Schneeräumungsarbeiten auferlegt werden, wie dies Art. 41 SBG/BE als
Möglichkeit vorsieht. Hingegen erscheint es mit dem Rechtsgleichheitsgebot
nicht vereinbar, ausschliesslich die Grundeigentümer einer Gemeinde für
die Instandhaltung und Reinigung des kommunalen Strassennetzes arbeits-
oder ersatzabgabepflichtig zu erklären (vgl. zur ähnlichen Sachlage beim
Brandschutz, welcher der gesamten Wohnbevölkerung dient, weshalb nicht
einzig die Gebäudeeigentümer zu Feuerschutzabgaben herangezogen werden
dürfen: BGE 122 I 305 E. 6 S. 313 ff.).

    4.4  Dass nach Angabe der Gemeinde Grindelwald der grössere
Teil des Aufwandes für Strassenunterhalt und -reinigung trotz der
Sonderbelastung der Grundeigentümer aus allgemeinen Steuermitteln gedeckt
wird bzw. werden muss, ändert nichts; auch die Grundeigentümer sind
steuerpflichtig und finanzieren damit nach Massgabe ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit die öffentlichen Aufgaben der Gemeinde, wozu regelmässig
auch die Reinigung und der Unterhalt des öffentlichen Strassennetzes
gehört. Zwar sind die Eigentümer von Ferienhäusern und Ferienwohnungen,
die in Berggemeinden eine grosse Gruppe bilden können, aufgrund ihres
auswärtigen Steuerdomizils in der Gemeinde nur beschränkt steuerpflichtig,
doch haben sie in jedem Fall - nebst den auf dem Grundstück bzw. dessen
Nutzung erhobenen Vermögens- und Einkommenssteuern (einschliesslich
Liegenschaftssteuer) - für die ihnen erbrachten Versorgungs- und
Entsorgungsleistungen entsprechende Kausalabgaben zu entrichten. Soweit
die Eigentümer erschlossener Grundstücke aus der Erstellung kommunaler
Strassen einen Sondernutzen gezogen haben, konnten sie zur Bezahlung von
Erschliessungsabgaben herangezogen werden. Falls der von der Gemeinde
übernommene Unterhalt bestimmter Strassen für bestimmte Grundstücke
einen eigentlichen Sondervorteil darstellt, der als solcher die Erhebung
einer Vorzugslast rechtfertigt, können nach Massgabe der einschlägigen
Gesetzgebung allenfalls auch hiefür von den Eigentümern Beiträge verlangt
werden. Hingegen ist es mit dem Gebot der Rechtsgleichheit nicht vereinbar,
die Last des Unterhalts des gesamten kommunalen Strassen- und Wegnetzes,
sei es durch Dienst- oder Geldleistungspflichten, ganz oder zum Teil
pauschal den Grundeigentümern der Gemeinde zu überbinden. Soweit
derartige Dienstpflichten für Gemeinwerke bestehen, sind sie denn auch
regelmässig als allgemeine (persönliche) Bürgerpflicht bzw. als Pflicht
der "Gemeindegenossen" konzipiert, wobei diese Last allenfalls auf die
Steuerpflichtigen oder auf die Haushaltungen übertragen und an gewisse
physische Bedingungen geknüpft werden kann (ERWIN DURGIAI, Das Gemeinwerk,
Diss. Bern 1943, S. 102; vgl. auch etwa ZBl 59/1958 S. 414 sowie ZBl
56/1955 S. 129). Die Konzeption als allgemeine Bürgerpflicht bedarf
keiner weiteren Begründung, soweit es sich um Polizeidienstpflichten wie
Feuerwehrdienst oder Einsatzpflichten bei Katastrophen handelt (FRITZ
FLEINER, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., Tübingen
1928, S. 416; THOMAS FLEINER-GERSTER, Grundzüge des allgemeinen und
schweizerischen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1980, § 6 N. 8 S. 29, §
22 N. 57 S. 176; FRITZ GYGI, Die autonomen Gemeindesteuern im Kanton Bern,
Diss. Bern 1947, S. 7); die gleiche Überlegung muss aber auch für andere
Gemeinwerke gelten, welche im Interesse der Allgemeinheit liegen. Eine
ausschliessliche Belastung der Grundeigentümer als Gemeinwerkpflichtige
für den Strassenunterhalt, wie sie nach der bernischen Gesetzgebung
von den Gemeinden in der Vergangenheit offenbar beschlossen werden
konnte (GYGI, aaO, S. 32 f.) und wie sie das angefochtene Reglement der
Gemeinde Grindelwald gestützt auf Art. 41 Abs. 1 SBG/BE wieder einführen
will, mochte so lange angehen, als es sich um ländliche Gemeinden mit
dominierender Landwirtschaft handelte, in denen praktisch jede Familie über
eine eigene Hofstatt verfügte. Bei den heutigen heterogenen Strukturen,
wie sie in vom Tourismus geprägten Berggemeinden gegeben sind, hält eine
derartige einseitige Belastung einer bestimmten Personengruppe vor dem
Gleichheitsgebot nicht mehr stand.

    4.5  Die angefochtene Regelung verstösst des Weiteren auch dadurch
gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung, dass sie innerhalb des
erfassten Kreises der Grundeigentümer für das Mass der Belastung keinerlei
Differenzierungen vorsieht. Falls die sachliche Berechtigung der den
Grundeigentümern überbundenen Lasten gemäss der dem angefochtenen Entscheid
zugrunde liegenden - nach dem Gesagten unhaltbaren - Betrachtungsweise in
dem diesen aus dem Strassenunterhalt zukommenden besonderen Nutzen läge,
wären die für die Vorzugslasten geltenden Grundsätze zu beachten. Das
heisst, es müssten sowohl die zu erbringende Arbeitsleistung wie auch die
Höhe der allfälligen Ersatzabgabe grundsätzlich entsprechend dem Mass des
dem einzelnen Eigentümer erwachsenden individuellen Vorteils bestimmt
werden (vgl. BGE 118 Ib 54 E. 2b S. 57; ferner: ADRIAN HUNGERBÜHLER,
Grundsätze des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 104/2003 S. 510 f. mit
weiteren Hinweisen). Es ginge nicht an, den Eigentümer einer kleinen
unüberbauten (bzw. unerschlossenen oder unüberbaubaren) Parzelle
gleich stark zu belasten wie etwa den Eigentümer eines viele Wohnungen
umfassenden Mietshauses oder eines verkehrsintensiven Gewerbebetriebes. Das
angefochtene Reglement, welches keine diesbezüglichen Abstufungen vorsieht,
sondern jedem Grundeigentümer die gleiche Einheitsleistung auferlegt,
ist auch unter diesem Gesichtswinkel mit dem Rechtsgleichheitsgebot
nicht vereinbar. Selbst wenn man die streitigen Lasten nicht nach den für
Kausalabgaben geltenden, sondern nach den - weniger strengen - Grundsätzen
für Kostenanlastungssteuern beurteilen wollte, wonach die Abgabepflicht an
die abstrakte Interessenlage des belasteten Personenkreises anknüpft und
keinen konkreten besonderen Nutzen oder Verursacheranteil des Einzelnen
voraussetzt (vgl. BGE 124 I 289 E. 3b S. 291 f.; HUNGERBÜHLER, aaO,
S. 513 mit weiteren Hinweisen), wäre die absolute Gleichbelastung
aller Eigentümer, wie sie das angefochtene Reglement vorsieht,
nicht angängig. Auch die in BGE 124 I 289 beurteilte baselstädtische
Strassenreinigungsabgabe lautete nicht auf einen Einheitsbetrag, sondern
knüpfte an den Wert der Liegenschaften an. Wohl können gewisse Abgaben oder
sonstige öffentlichrechtliche Verpflichtungen aus Gründen der Einfachheit
und Praktikabilität als einheitliche Pauschale ausgestaltet werden, wenn
es um geringfügige Belastungen geht, für die sich eine Abstufung gemäss
den individuellen Verhältnissen nicht rechtfertigt (vgl. etwa Urteil
2P.111/2002 vom 13. Dezember 2002, publ. in: ZBl 104/2003 S. 557 ff.,
E. 4.2, betreffend Verkehrsabgaben [Kostenanlastungssteuer] zulasten
der Ferienhauseigentümer von Fr. 80.- pro Jahr; Urteil 2P.298/2003 vom
10. September 2004 betreffend einheitliche Kehrichtentsorgungsgebühr für
alle Mehrpersonenhaushalte und Ferienhäuser von Fr. 120.- pro Jahr). Die
vorliegend zur Diskussion stehenden Pflichten liegen klar über dieser
Schwelle, weshalb ein einheitliches Belastungsmass für alle Grundeigentümer
mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit, der auch die Pflicht zu gebotenen
Differenzierungen in sich schliesst, nicht vereinbar ist.

    4.6  Schon aufgrund der vorstehend dargelegten gravierenden Mängel
erweist sich die angefochtene Ordnung als Ganzes verfassungswidrig, weshalb
das Gemeinwerkreglement vom 7. Dezember 2001 sowie der dieses schützende
Rechtsmittelentscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion
vom 16. April 2004, soweit er die Beschwerdeführer 1 und 2 betrifft,
in Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben sind. Ob und
wieweit das neue Reglement noch in sonstiger Hinsicht gegen die angerufenen
Verfassungsrechte verstösst und ob es mit den Vorgaben von Art. 41 SBG/BE
vereinbar ist, braucht nicht untersucht zu werden.