Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 III 97



131 III 97

13. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Kroatischer
Kulturverein der Schweiz gegen A., B. und C. (Berufung)

    5C.136/2004 vom 9. Dezember 2004

Regeste

    Ausschliessung eines Mitglieds aus dem Verein (Art. 72 ZGB).

    Ein unbestimmter statutarischer Ausschliessungsgrund (Generalklausel)
ist der statutarischen Ausschliessung ohne Grundangabe gleichzustellen;
eine Anfechtung der Ausschliessung ist somit nicht statthaft (E. 2). Eine
Ausnahme von diesem Grundsatz ist möglich, wenn ein Verein eine andere
als die ihm vom Gesetzgeber zugedachte ideale Zwecksetzung aufweist (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Der Kroatische Kulturverein der Schweiz (Beklagter) ist ein Verein
im Sinn von Art. 60 ff. ZGB. Mit Beschluss vom 25. April bzw. 20. Mai 1999
wurden die Mitglieder A., B. und C. (Kläger) aus dem Verein ausgeschlossen.

    B.- Mit Klage vom 21. Juni 1999 verlangten sie, die Beschlüsse seien
ungültig bzw. nichtig zu erklären. Mit Urteil vom 13. Mai 2003 wies
das Bezirksgericht Zürich die Klage ab. Dagegen hiess das Obergericht
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Klage mit Urteil vom 30. April
2004 gut.

    C.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 13. Juni 2004
eidgenössische Berufung erhoben, im Wesentlichen mit dem Begehren um
dessen Aufhebung. Mit Berufungsantwort vom 29. Oktober 2004 haben die
Kläger auf Abweisung geschlossen, soweit auf die Berufung einzutreten sei.

    In Gutheissung der Berufung hat das Bundesgericht den angefochtenen
Entscheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.  Das Obergericht hat den statutarischen Ausschliessungsgrund
der Statutenverletzung als "sehr wenig konkret" erachtet und ist davon
ausgegangen, dass aus diesem Grund nur eine Ausschliessung aus wichtigen
Gründen gemäss Art. 72 Abs. 3 ZGB in Frage komme; anschliessend hat es
diese geprüft und verneint. Der Beklagte erblickt darin eine Verletzung
von Art. 72 Abs. 2 ZGB. Er vertritt die Ansicht, die Kläger hätten die
Treuepflicht verletzt; erfolge jedoch der Ausschluss aus statutarischen
Gründen, dürfe der Richter den Ausschliessungsentscheid nur auf die
Verletzung von Verfahrensvorschriften und offenbaren Rechtsmissbrauch
überprüfen.

    2.1  Die Ausschliessung von Mitgliedern aus einem Verein ist in
Art. 72 ZGB geregelt, der wie folgt lautet: Die Statuten können die
Gründe bestimmen, aus denen ein Mitglied ausgeschlossen werden darf,
sie können aber auch die Ausschliessung ohne Angabe der Gründe gestatten
(Abs. 1). Eine Anfechtung der Ausschliessung wegen ihres Grundes ist in
diesen Fällen nicht statthaft (Abs. 2). Enthalten die Statuten hierüber
keine Bestimmung, so darf die Ausschliessung nur durch Vereinsbeschluss
und aus wichtigen Gründen erfolgen (Abs. 3). entwurf hielten dazu
fest, die Anfechtung könne "das Formelle beschlagen oder den Grund
der Ausschliessung. Sie wird allerdings in letzterer Hinsicht in den
Fällen aussichtslos sein, wo statutarisch der Verein die Befugnis hat,
die Ausschliessung ohne Angabe eines Motivs vorzunehmen" (Erläuterungen,
Bd. 1, Bern 1914, S. 90). In der Expertenkommission wurde kontrovers
diskutiert, ob die Ausschliessung immer nur aus wichtigen Gründen erfolgen
dürfe oder ob es nicht zur Vereinsfreiheit gehöre, den Ausschluss ohne
Grundangabe zu ermöglichen, was auch eine Anfechtung ausschliesse (vgl.
Protokoll der Expertenkommission, Originalausgabe, S. 51 ff.). Eine
deutliche Mehrheit der Kommission verwarf schliesslich ein unbeschränktes
Rekursrecht und stimmte folgendem Gesetzestext zu (Protokoll, S. 56):
Die Ausschliessung eines Mitglieds kann, auch wenn die Statuten darüber
keine Bestimmung enthalten, aus wichtigen Gründen durch Vereinsbeschluss
erfolgen (Abs. 1). Die Statuten können bestimmen, dass die Ausschliessung
durch Vereinsbeschluss ohne Angabe der Gründe erfolgen darf (Abs. 2). Das
ausgeschlossene Mitglied kann innerhalb Monatsfrist den Beschluss auf
dem Rechtsweg anfechten, im ersten Fall, weil die Ausschliessung ohne
genügenden Grund, im zweiten, weil sie nicht in den statutarischen Formen
erfolgt sei (Abs. 3). Für die Kommissionsmehrheit war der Gedanke der
Vereinsfreiheit wegleitend. "Wenn man in einen Verein eintrete, so pflege
man dessen Statuten vorher zu lesen. Sei man damit nicht einverstanden,
so bleibe man eben draussen" (Protokoll, Votum Isler, S. 52). In Art. 82
des bundesrätlichen Entwurfs wurde die Bestimmung neu redigiert und lautete
wie folgt: Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Mitglied
ausgeschlossen werden darf, sie können aber auch die Ausschliessung ohne
Angabe der Gründe gestatten (Abs. 1). Enthalten die Statuten hierüber keine
Bestimmung, so darf die Ausschliessung nur durch Vereinsbeschluss und aus
wichtigem Grund erfolgen (Abs. 2). Das ausgeschlossene Mitglied kann die
Ausschliessung innerhalb Monatsfrist wegen Verletzung von statutarischen
oder gesetzlichen Vorschriften auf dem Rechtsweg anfechten (Abs. 3). Dazu
wurde in der Botschaft ausgeführt: "Namentlich ist betreffend die
Ausschliessung zwar eine freie Ordnung der Ausschliessungsgründe durch
die Statuten vorbehalten. Wer einem Verein beitritt, unterwirft sich
eben damit auch solchen Ausschliessungsvorschriften" (Botschaft des
Bundesrates vom 28. Mai 1904, BBl 1904 IV 20). Während der Nationalrat
der bundesrätlichen Fassung folgte (AB 1905 N S. 479 ff.), stimmte der
Ständerat einer nochmals veränderten Fassung zu, die schliesslich zum
definitiven Gesetzestext wurde (AB 1905 S S. 940 ff.). In den Beratungen
wurde die Tendenz der ständerätlichen Kommission hervorgehoben, die
materielle Überprüfung des Ausschliessungsaktes durch den Richter auf ein
Minimum zu beschränken (vgl. AB 1905 S, Berichterstatter Hofmann, S. 943).

    Die Entstehungsgeschichte von Art. 72 ZGB macht deutlich, dass
es dem historischen Gesetzgeber ein Anliegen war, das Prinzip der
Vereinsautonomie, insbesondere auch bei der Frage der Ausschliessung
von Mitgliedern, in möglichst umfassender Form umzusetzen; entsprechend
beschränkte er auch den Rechtsmittelweg der ausgeschlossenen Mitglieder für
die materielle Anfechtung des Ausschliessungsentscheides. In Einklang mit
den erwähnten Materialien ist das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung
davon ausgegangen, dass eine Ausschliessung immerhin wegen vereinsinternen
Verfahrensmängeln, mithin aus formellen Gründen, angefochten werden kann
(BGE 51 II 237 E. 2 S. 242; 123 III 193 E. 2c/aa S. 196); zudem steht
jede Ausschliessung unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (BGE 51 II
237 E. 2 S. 242; 85 II 525 E. 8 S. 541; 90 II 346 E. 1 S. 347; 123 III
193 E. 2c/aa S. 196). Hingegen hat das Bundesgericht eine Anfechtung aus
materiellen Gründen stets abgelehnt (zur Ausnahme bei Wirtschaftsverbänden
vgl. E. 3).

    Ausgehend vom Gedanken der Vereinsautonomie und der vom historischen
Gesetzgeber bewusst angelegten Einschränkung der richterlichen
Überprüfungsbefugnis, hat das Bundesgericht sodann in einer Reihe
von Entscheiden festgehalten, dass eine statutarische Generalklausel
der Ausschliessung ohne Angabe der Gründe gleichzusetzen sei (BGE 51
II 237 E. 2 S. 241 f.; 85 II 525 E. 8 S. 541; 90 II 346 E. 3 S. 349;
sinngemäss auch BGE 123 III 193 E. 2c/aa S. 197). Instruktiv ist der
Entscheid 90 II 346, bei dem die Ausschliessung aus einem Veterinärverein
vorgesehen war für den Fall, dass Mitglieder "causeraient du préjudice
à la société ou au corps des vétérinaires". Das Bundesgericht erachtete
diese statutarische Norm als nicht hinreichend bestimmt und hielt fest,
dass in einem solchen Fall die Norm jener gleichzustellen sei, die den
Ausschluss eines Mitgliedes ohne Grundangabe gestattet. Diese Praxis
wurde vereinzelt kritisiert mit dem Argument, wenn die vorhandene
Vorschrift nicht als Grundangabe gelten könne, fehle eine solche eben
und es komme Art. 72 Abs. 3 ZGB zum Zug (LIVER, in: ZBJV 101/ 1965
S. 371 sowie ZBJV 96/1960 S. 397 f.). Diese Argumentationsweise mag
auf den ersten Blick logisch anmuten, sie verkennt aber den Zweck einer
solchen statutarischen Bestimmung. Die Angabe eines (zu unbestimmten)
Grundes lässt klar erkennen, dass es dem Verein darum geht, die Anfechtung
auszuschliessen. Wer einem solchen Verein beitritt, unterwirft sich dem
betreffenden Ausschliessungsregime. Soweit ersichtlich ist denn LIVER mit
seiner Kritik auch allein geblieben und hat die zitierte Rechtsprechung
grösstenteils die Zustimmung der Lehre gefunden (vgl. KELLER, Die
Ausschliessung aus dem Verein, Diss. Freiburg 1979, S. 126 f.; JUNG,
Über das Prinzip der offenen Türe im Recht der Verbände, Diss. Bern
1956, S. 71 f.; BÜTLER, Der Persönlichkeitsschutz des Vereinsmitgliedes,
Diss. Basel 1986, S. 68 f.; HEINI, Das schweizerische Vereinsrecht, Basel
1988, S. 63 f.; HEINI/SCHERRER, Basler Kommentar, N. 7 zu Art. 72 ZGB).

    2.2  Der Beklagte hat die Kläger unbestrittenermassen aufgrund
der statutarischen Generalklausel in Ziff. 12 der Statuten
ausgeschlossen. Dabei hat er ihnen im Wesentlichen eine Verletzung
der Treuepflicht vorgeworfen. Vieles spricht dafür, dass diese
objektiv-rechtliche Mitgliedschaftspflicht (RIEMER, Berner Kommentar,
N. 189 zu Art. 70 ZGB) im vorliegenden Fall zugleich eine statutarische
ist, verlangt doch Ziff. 17 der Statuten des Beklagten von den Mitgliedern,
"im Geist dieser Statuten zu wirken", was vom Inhalt her nichts anderes
als eine Umschreibung der Treuepflicht ist. Die Frage muss jedoch nicht
abschliessend beurteilt werden, weil sich der Beklagte bei seinem
Ausschliessungsentscheid auf die vom Obergericht zu Recht als "sehr
wenig bestimmt" charakterisierte statutarische Generalklausel berufen
hat und dies nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung dem
Tatbestand gleichzustellen ist, dass die Statuten die Ausschliessung
ohne Grundangabe gestatten. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten,
fehlt es doch an den für eine Praxisänderung notwendigen Voraussetzungen
(dazu BGE 126 I 122 E. 5 S. 129; 127 II 289 E. 3a S. 292 f.). Es wäre
abwegig, die Anfechtungsmöglichkeit allein halb zu eröffnen, weil dem
auszuschliessenden Mitglied - nur schon aus Höflichkeitsgründen - erklärt
wird, warum sich der Verein von ihm trennen will.

    2.3  Zu prüfen bleibt, ob der Beklagte mit der Ausschliessung der
drei Kläger rechtsmissbräuchlich gehandelt hat. Die Abklärungen der
kantonalen Instanzen haben ergeben, dass die an die Kläger gerichteten
Vorwürfe in entscheidenden Punkten unzutreffend waren (insbesondere
missbräuchliche Verwendung von Vereinsmitteln). Dem Beklagten mögen
deshalb die wichtigen Gründe für eine Ausschliessung im Sinn von Art. 72
Abs. 3 ZGB gefehlt haben. Umgekehrt lässt sich aber auch nicht von einem
rechtsmissbräuchlichen Vorgehen des Beklagten sprechen, sind doch die
Vorwürfe teilweise berechtigt (u.a. Auswechseln des Postfachschlosses und
Zurückbehalten von Vereinsdokumenten) und ist es unbestrittenermassen zu
einem Zerwürfnis zwischen den Klägern und dem Beklagten bzw. der Mehrheit
der Vereinsmitglieder gekommen. Die Kläger bringen denn auch nicht vor,
der Beklagte habe mit seinem Ausschliessungsentscheid gegen Art. 2 ZGB
verstossen.

    2.4  Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Kläger aufgrund
einer statutarischen Generalklausel aus dem Beklagten ausgeschlossen worden
sind und dass eine solche Ausschliessung im Sinn von Art. 72 Abs. 2 ZGB
unanfechtbar ist.

Erwägung 3

    3.  Entgegen dem an sich klaren Wortlaut von Art. 72 Abs. 2 ZGB hat
das Bundesgericht in BGE 123 III 193 für die Ausschliessung aus Berufs-
oder Standesorganisationen bzw. aus Wirtschaftsverbänden eine Ausnahme
vom Grundsatz der materiellen Unanfechtbarkeit gemacht. Es ging dabei
um den Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH, der die Titoni AG
ausgeschlossen hatte mit der Begründung, dieses Unternehmen habe durch
sklavische Nachahmung der Produktereihe eines andern Mitgliedes (Rolex
Oyster) eines der zentralen Vereinsziele verletzt. Das Bundesgericht
hat dazu erwogen, die wirtschaftliche bzw. berufliche Bedeutung der
Mitgliedschaft bei einer Berufs- oder Standesorganisation bzw. bei
einem Wirtschaftsverband, insbesondere auch im Hinblick auf den
geschäftlichen Ruf eines Mitglieds, verlange nach einer Beschränkung
der Ausschliessungsfreiheit. Trete ein Verein in der Öffentlichkeit
wie auch gegenüber Behörden und potentiellen Kunden seiner Mitglieder
als massgebende Organisation des betreffenden Berufsstandes oder
Wirtschaftszweiges auf, so könne er für sich nicht dieselbe umfassende
Ausschliessungsautonomie gemäss Art. 72 Abs. 2 ZGB beanspruchen, wie sie
einem Geselligkeitsverein zugestanden werde; vielmehr verlange hier das
Persönlichkeitsrecht der Mitglieder auf wirtschaftliche Entfaltung (Art. 28
ZGB) nach einer Beschränkung des Rechts auf Ausschliessung. Nachfolgend
ist zu prüfen, ob diese Rechtsprechung auf Fälle wie den vorliegenden
auszudehnen ist.

    3.1  Wie die Erwägung 2.1 zeigt, ging der historische Gesetzgeber vom
Leitbild einer möglichst umfassenden Vereinsautonomie aus, insbesondere
auch mit Bezug auf die Ausschliessungsfreiheit (so auch KELLER, aaO, S. 1
ff; BADERTSCHER, Der Ausschluss aus dem Verein nach schweizerischem Recht,
Diss. Zürich 1980, S. 28 ff.). Der Gesetzgeber glaubte, diesen Schritt
gerade beim Verein und nur hier wagen zu dürfen, weil er diesen auf eine
rein ideelle, d.h. nichtwirtschaftliche Zwecksetzung anlegte (KUMMER,
Spielregel und Rechtsregel, Bern 1973, S. 54; vgl. sodann Art. 52 Abs. 2,
Art. 59 Abs. 2 und Art. 60 Abs. 1 ZGB). Es sollte dem Richter deshalb
verwehrt sein, in den an einem klassischen Idealzweck orientierten
Wertungsspielraum hineinzureden (HEINI, aaO, S. 64).

    Die Rechtspraxis hat sich über diese dem Institut des
Vereins zugedachte Funktion teilweise hinweggesetzt und namentlich
Berufsorganisationen sowie Wirtschaftsverbände in die Rechtsform des
Vereins gekleidet. Das Bundesgericht hat diese Entwicklung, die für
den historischen Gesetzgeber nicht voraussehbar war (BGE 90 II 333 E. 2
S. 335), in seiner Rechtsprechung als Realität anerkannt, zumal dieser
den betreffenden Institutionen kein geeignetes rechtliches Gefäss zur
Verfügung gestellt hat (in Frage käme am ehesten die Genossenschaft). Indem
aber die Rechtsform des Vereins, entgegen dem eigentlichen Wortlaut
des Gesetzes für die Wirtschaftsverbände, als statthaft erklärt wurde,
ist auch mit Bezug auf die Frage der Ausschliessungsfreiheit Bedarf
entstanden, vom Gesetzeswortlaut abzuweichen (HEINI, aaO, S. 65; KUMMER,
aaO, S. 54 ff.). Das Bundesgericht hat die erforderlichen Konsequenzen im
bereits erwähnten Entscheid 123 III 193 gezogen und die vereinsrechtliche
Ausschliessungsfreiheit für den Bereich der Berufsorganisationen und
Wirtschaftsverbände limitiert. Rechtsdogmatisch liegt diesem Entscheid eine
teleologische Reduktion der Norm von Art. 72 Abs. 2 ZGB zu Grunde (LOSER,
Vereinsmitgliedschaft im Spannungsfeld von Ausschlussautonomie und Handels-
und Gewerbefreiheit, in: recht 16/1998 S. 33 ff., insb. S. 35; HEINI,
aaO, S. 65 Fn. 113). Bemerkenswert ist, dass bereits in den Diskussionen
der Expertenkommission die Ansicht vertreten wurde, eine Regelung,
wonach die Ausschliessung immer nur aus wichtigem Grund erfolgen dürfe,
könnte höchstens bei Vereinen angenommen werden, die neben idealen auch
noch wirtschaftliche Zwecke verfolgten (Protokoll der Expertenkommission,
Voten Wirz und Schmid, S. 53).

    3.2  Da die Begrenzung der Ausschliessungsfreiheit in BGE 123 III 193
an das Persönlichkeitsrecht der Mitglieder geknüpft worden ist, stellt sich
die Anschlussfrage, wie sich Art. 28 und 72 ZGB zueinander verhalten. Dabei
ist vom Grundsatz auszugehen, dass die Auslegung von Gesetzen zwar nicht
entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf
die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die erkennbar getroffenen
Wertentscheidungen auszurichten ist (BGE 121 III 219 E. 1d/aa S. 225;
128 I 34 E. 3b S. 41).

    Die Materialien (dazu E. 2.1) machen deutlich, dass die Ermächtigung
der Vereine, Mitglieder frei ausschliessen zu dürfen, auf einer
bewussten Wertung des Gesetzgebers beruht. Dieser hat mithin die
Ausschliessungsautonomie des Vereins über das Persönlichkeitsrecht
der Mitglieder gestellt und dies namentlich mit der Beitrittsfreiheit
begründet: "Wer einem Verein mit einer solchen statutären Bestimmung
beitritt, darf sich nicht beklagen, wenn er später davon betroffen wird"
(Erläuterungen, aaO, S. 90).

    Was das Persönlichkeitsrecht anbelangt, ist schliesslich zu beachten,
dass nicht jede Persönlichkeitsverletzung, sondern nach dem Wortlaut
von Art. 28 Abs. 1 ZGB allein die widerrechtliche eine richterliche
Intervention rechtfertigt. Nun ist aber gerade der auf eine entsprechende
Statutenbestimmung gestützte Vereinsausschluss nicht widerrechtlich, weil
Art. 72 Abs. 1 ZGB dem Verein grundsätzlich das Recht zur Ausschliessung
und damit das Recht zur damit verbundenen Persönlichkeitsverletzung gibt
(LOSER, aaO, S. 35 oben).

    Wenn aufgrund der Ausführungen in E. 3.1 auch nicht von vornherein
ausgeschlossen ist, dass nebst den Berufs- und Standesorganisationen bzw.
den Wirtschaftsverbänden weitere Fallgruppen denkbar wären, bei denen die
Ausschliessungsfreiheit nicht schrankenlos sein kann, müsste die in E. 3.2
erörterte teleologische Reduktion von Art. 72 Abs. 2 ZGB jedenfalls auf
solche beschränkt bleiben, bei denen Vereine in einer für den historischen
Gesetzgeber nicht voraussehbaren Weise andere als die ihnen zugedachten
Zwecke verfolgen. Ob dies für den Beklagten zutrifft, ist im Folgenden
zu prüfen.

    3.3  Gemäss seinen Statuten pflegt der Beklagte die kroatische Sprache
und Kultur, den Gemeinschaftsgeist, die gegenseitige Hilfeleistung sowie
die Geselligkeit und fördert die Tätigkeit der kroatischen Ergänzungsschule
(Ziff. 2). Er arbeitet mit kulturellen, künstlerischen, sportlichen,
wohltätigen und religiösen Organisationen in der Schweiz, in Kroatien und
in anderen Ländern zusammen (Ziff. 3). Er fördert die Freundschaft und
Verständigung zwischen Kroaten und Schweizern, bringt seinen Mitgliedern
die schweizerische Kultur und den Schweizern die kroatische Kultur näher
(Ziff. 4). In den Grenzen seiner Möglichkeiten organisiert er Hilfe für
in Not geratene Mitglieder (Ziff. 5).

    Auch wenn in den Statuten sinngemäss von Hilfeleistung in
Notlagen die Rede ist, handelt es sich nicht um einen Verein, der
wichtige wirtschaftliche Belange seiner Mitglieder betreffen oder
gar in entscheidender Weise deren wirtschaftliches Fortkommen und
Ansehen prägen würde. Als Bindeglied zwischen dem kroatischen Heimat-
und dem schweizerischen Gastland mag er zwar für die Pflege und das
Knüpfen individueller Kontakte, aber auch für das Wohlbefinden und
die Integration seiner Mitglieder grosse Bedeutung haben und damit auch
wichtige Aspekte des Persönlichkeitsrechts der Mitglieder betreffen. Dies
allein genügt jedoch, wie in E. 3.2 ausgeführt worden ist, nicht, um
die Ausschliessungsfreiheit einzuschränken. In erster Linie, wenn nicht
sogar ausschliesslich, widmet sich der Beklagte dem Kulturaustausch, der
binationalen Verständigung und der Geselligkeit unter den Mitgliedern;
er verfolgt damit typische ideale Ziele.

    An der grundsätzlichen Ausschliessungsautonomie ändert schliesslich
auch der Umstand nichts, dass das Protokoll der Generalversammlung vom
21. März 1999 (KB 2a und 2b) die Anwesenheit des kroatischen Botschafters
in der Schweiz und des kroatischen Generalkonsuls in Zürich erwähnt,
was dem Beklagten geradezu offiziösen Charakter verleiht. Aufgrund
der vorstehenden Erwägungen kann die mit BGE 123 III 193 begründete
Rechtsprechung nicht auf den Beklagten angewandt werden.