Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 III 439



131 III 439

56. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. AG gegen Y.
(Berufung)

    4C.42/2005 vom 4. Mai 2005

Regeste

    Art. 347a in Verbindung mit Art. 327c OR, Art. 2 ZGB; Auslagenersatz
des Handelsreisenden; Anspruchsverwirkung wegen verzögerter Geltendmachung.

    Eine Vereinbarung über eine pauschale Spesenentschädigung ist nur
gültig, wenn sie schriftlich geschlossen wurde und die vereinbarte
Entschädigung die durchschnittlichen Spesen des Handelsreisenden deckt
(E. 4 und 5.3.2). Der Arbeitgeber kann sich gegenüber dem Arbeitnehmer,
der sich erst nach einer gewissen Zeit auf das Ungenügen der vereinbarten
Spesenpauschale beruft, nur unter besonderen Umständen auf Rechtsmissbrauch
berufen; eine strengere Verwirkungsregel ergibt sich insbesondere nicht
aus Art. 327c Abs. 1 OR (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Die X. AG (Klägerin) betreibt einen Grossvertrieb für
Glückwunschkarten, in dem Y. (Beklagter) von September 2000 bis
Ende August 2001 gestützt auf einen mündlichen Arbeitsvertrag als
Aussendienstmitarbeiter für den Kartenverkauf zuständig war. Im
Rahmen dieses Vertrages vereinbarten die Parteien eine pauschale
Spesenentschädigung von Fr. 1'000.- pro Monat.

    Mit Darlehensvertrag vom 16. März 2001 gewährte die Klägerin dem
Beklagten ein Darlehen über Fr. 40'000.-, das am 9. April 2001 ausbezahlt
wurde und am Tag der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 31. August
2001, zur Rückzahlung fällig wurde. Am 7. September 2001 gestand die
Klägerin dem Beklagten eine zusätzliche, mit der Darlehensforderung zu
verrechnende Spesenentschädigung von Fr. 2'000.- zu und am 11. Oktober
2001 bezahlte der Beklagte der Klägerin Fr. 20'000.- zurück, wodurch sich
deren Darlehensforderung auf Fr. 18'000.- reduzierte.

    B.- Mit Weisung vom 23. Oktober 2002 beantragte die Klägerin der
Bezirksgerichtskommission Weinfelden im Wesentlichen, der Beklagte
sei zur Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages von Fr. 18'000.-
nebst Zins, zur Zahlung von 5 % Zins auf Fr. 20'000.- vom 1. September
2001 bis 11. Oktober 2001 sowie zur Leistung von Schadenersatz in der
Höhe von Fr. 11'247.25 nebst Zins zu verpflichten. Ferner stellte sie
verschiedene Herausgabebegehren. Der Beklagte beantragte die Abweisung
der Schadenersatzforderung und der Herausgabebegehren. Sodann hielt er
den Forderungen der Klägerin Verrechnungsansprüche entgegen, weil ihm
im Rahmen des Arbeitsverhältnisses eine zu geringe Spesenentschädigung
ausbezahlt worden sei. Die Bezirksgerichtskommission verpflichtete den
Beklagten mit Urteil vom 24. November 2003, der Klägerin verschiedene
Gegenstände herauszugeben. Im Übrigen wies sie die Klage ab, soweit diese
nicht gegenstandslos geworden war.

    Auf Berufung der Klägerin hiess das Obergericht des Kantons Thurgau die
Klage am 30. September 2004 im Umfang von Fr. 1'000.- nebst Zins gut und
verpflichtete den Beklagten zur Herausgabe verschiedener Gegenstände. Im
Übrigen wies es die Klage ab. Es kam zum Schluss, der Beklagte könne
die Darlehensforderung im Betrag von Fr. 17'000.- mit nicht abgegoltenen
Ansprüchen auf Auslagenersatz verrechnen. Die Schadenersatzforderung der
Klägerin wies es ab.

    C.- Die Klägerin beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil
des Obergerichts vom 30. September 2004 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, ihr Fr. 18'000.- nebst Zins zu 5 % seit dem 1. September 2001
sowie 5 % Zins auf Fr. 20'000.- vom 1. September 2001 bis 11. Oktober
2001 zu bezahlen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das
Obergericht zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.  Strittig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob die Vorinstanz
die Verrechnungsforderung des Beklagten wegen ungenügenden Auslagenersatzes
zu Recht geschützt hat.

    Die Klägerin macht insoweit geltend, die Vorinstanz habe Art. 327c OR
sowie Art. 2 ZGB verletzt, indem sie eine verspätete Geltendmachung des
angeblich ungenügenden Spesenersatzes und dementsprechend eine Verwirkung
der Forderung verneint habe. (...)

Erwägung 4

    4.  Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen und es
ist unbestritten, dass auf das zwischen den Parteien geschlossene
Vertragsverhältnis das Recht über den Handelsreisendenvertrag (Art. 347 ff.
OR) anwendbar ist. Soweit das Arbeitsverhältnis des Handelsreisenden,
wie im vorliegenden Fall, nicht durch schriftlichen Vertrag geregelt ist,
wird der Inhalt des Vertrags bezüglich Entgelt und Auslagenersatz durch
die gesetzlichen Vorschriften und durch die üblichen Arbeitsbedingungen
bestimmt (Art. 347a Abs. 1 lit. c und Abs. 2 OR; vgl. dazu BGE 116
II 700 E. 3a S. 701). Was die gesetzlichen Vorschriften angeht, sind
auf den Handelsreisendenvertrag insbesondere die Vorschriften über den
Einzelarbeitsvertrag ergänzend anwendbar (Art. 355 OR; vgl. dazu STAEHELIN,
Zürcher Kommentar, N. 3 zu Art. 347a OR).

    Nach den vorinstanzlichen Feststellungen vereinbarten die Parteien
neben einem Grundgehalt und einer Umsatzbeteiligung eine pauschale
Spesenentschädigung von Fr. 1'000.- pro Monat. Im vorliegenden Verfahren
ist nicht mehr strittig, dass darin nicht eine nach Art. 349d Abs. 2
OR unzulässige Abrede liegt, wonach der Auslagenersatz im festen Gehalt
oder der Provision eingeschlossen wäre. Da keine schriftliche Vereinbarung
vorliegt (Art. 12 ff. OR), bestimmt sich der Auslagenersatz im vorliegenden
Fall aber dennoch nicht nach der Pauschalvereinbarung, sondern nach
Massgabe von Art. 327a OR. Selbst wenn eine schriftliche Vereinbarung
vorläge, wäre zudem Art. 327a OR insoweit zu beachten, als diese Norm
zwingend vorschreibt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die
Ausführung der Arbeit notwendig entstandenen Auslagen zu ersetzen hat;
die Vereinbarung einer Pauschale, welche die durchschnittlichen Spesen
des Handelsreisenden nicht deckt, ist danach ohnehin nichtig (REHBINDER,
Berner Kommentar, N. 7 zu Art. 327a OR; derselbe, Basler Kommentar,
N. 4 zu Art. 327a OR; BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag,
2. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 1996, N. 4 zu Art. 327a OR; STREIFF/VON
KAENEL, Arbeitsvertrag, 5. Aufl., Zürich 1992, N. 4 und 6 zu Art. 327a
OR; WYLER, Droit du travail, Bern 2002, S. 213). Nach zutreffender,
in der Lehre vertretener Auffassung darf beim Handelsreisenden aufgrund
des in Art. 349d Abs. 2 OR enthaltenen Verbots, den Auslagenersatz in den
Lohn einzuschliessen, die Nichtigkeitsfolge nicht davon abhängig gemacht
werden, ob die gesamten Leistungen des Arbeitgebers dem Reisenden nach
Abzug der notwendigen Reiseauslagen ein angemessenes Entgelt für seine
Dienste bieten (vgl. dagegen BGE 91 II 372 E. 12 S. 384 f., der zwar
vor Inkrafttreten von Art. 349d Abs. 2 OR [AS 1971 S. 1465, 1507], aber
doch unter Art. 13 Abs. 2 des Handelsreisendengesetzes [Bundesgesetz
vom 13. Juni 1941 über das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden,
HRAG; aufgehoben mit dem Inkrafttreten des geltenden X. Titels des OR am
1. Januar 1972; AS 1971 S. 1465, 1506 f. sowie Art. 6 Ziff. 5 der Schluss-
und Übergangsbestimmungen zum X. Titel des OR] mit gleichlautendem Wortlaut
erging, sowie die Kritik an diesem Entscheid sowie an der darin erwähnten
Praxis für das übrige Arbeitsrecht bei REHBINDER, Berner Kommentar,
N. 10 zu Art. 327a OR und N. 3 zu Art. 349d OR und bei STREIFF/VON
KAENEL, aaO, N. 4 zu Art. 349d OR; vgl. dazu auch STAEHELIN, aaO, N. 11
und 13 f. zu Art. 327a OR sowie N. 2 zu Art. 349d OR). Die Vorinstanz
ist insoweit zutreffend davon ausgegangen und es ist auch unbestritten,
dass der Beklagte grundsätzlich unabhängig von der vereinbarten Pauschale
Anspruch auf Ersatz von allen effektiv entstandenen notwendigen Spesen hat.

Erwägung 5

    5.  Die Klägerin hält unter Hinweis auf BGE 91 II 372 E. 13 S. 386 f.
dafür, der Beklagte habe seine Abrechnungspflicht nach Art. 327c Abs. 1 OR
verletzt sowie gegen Treu und Glauben verstossen, und daher seinen Anspruch
verwirkt, indem er erstmals nach zehn Monaten zu tiefe Spesen gerügt habe.

    5.1  Im angerufenen Entscheid, der wie vorstehend erwähnt noch
unter dem HRAG erging, erwog das Bundesgericht, der Reisende dürfe
mit Rücksicht auf das Interesse des Dienstherrn an einer klaren Lage,
dem in billiger Weise Rechnung zu tragen sei, nicht beliebig lange
schweigen, wenn er die vereinbarte Vergütung als unzureichend erachte.
Vielmehr habe er den Dienstherrn nach Treu und Glauben auf das Ungenügen
dieser Vergütung aufmerksam zu machen, sobald er genügende Erfahrungen
darüber gesammelt habe, wie hoch sich die notwendigen Reiseauslagen in
Wirklichkeit beliefen. Unterlasse der Reisende den gebotenen Hinweis
ohne zureichenden Grund und nehme er die vereinbarten Vergütungen während
längerer Zeit vorbehaltlos entgegen, so könne in der späteren Erhebung der
Nachforderung ein offenbarer Rechtsmissbrauch liegen. Im konkreten Fall
bejahte das Bundesgericht ein Verhalten wider Treu und Glauben, da der
Handelsreisende die vereinbarte Auslagenvergütung während dreieinhalb
Jahren ohne Vorbehalt entgegen genommen habe und ihm eine frühere
Beanstandung zuzumuten gewesen wäre.

    Seit Ergehen dieses klägerischerseits angerufenen Urteils hat sich
die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauchsverbot
im Arbeitsverhältnis allerdings stark weiterentwickelt. Danach kann
sich der Arbeitgeber zunächst nur bei Vorliegen besonderer Umstände
auf einen Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB) des Arbeitnehmers
berufen, der geltend macht, eine getroffene Vereinbarung verstosse gegen
zwingendes Recht; ansonsten würde dem Arbeitnehmer der mit der zwingenden
Gesetzesbestimmung gewährte Schutz auf dem Weg über Art. 2 ZGB wieder
entzogen (BGE 129 III 493 E. 5, 618 E. 5.2 S. 622; 110 II 168 E. 3c
S. 171, je mit Hinweisen). Sodann begründet blosses Zuwarten mit der
Rechtsausübung innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen allgemein
noch nicht Rechtsmissbrauch (BGE 116 II 428 E. 2; vgl. auch BGE 129
III 171 E. 2.4 S. 176; 127 III 506 E. 4a S. 513, je mit Hinweisen). Zum
blossen Zeitablauf müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten,
welche die Rechtsausübung mit der früheren Untätigkeit des Berechtigten
in einem unvereinbaren Widerspruch erscheinen lassen (vgl. BGE 129 III
493 E. 5.1 S. 498 mit Hinweisen). Solche können darin bestehen, dass dem
Verpflichteten aus der verzögerten Geltendmachung in erkennbarer Weise
Nachteile erwachsen sind und dem Berechtigten die Rechtsausübung zumutbar
gewesen wäre, oder darin, dass der Berechtigte mit der Geltendmachung des
Anspruchs zuwartet, um sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen
(MERZ, Berner Kommentar, N. 512 zu Art. 2 ZGB; BAUMANN, Zürcher Kommentar,
N. 401 f. zu Art. 2 ZGB; HONSELL, Basler Kommentar, N. 49 zu Art. 2 ZGB;
HAUSHEER/JAUN, Die Einleitungsartikel des ZGB, Bern 2003, N. 136 f. zu Art.
2 ZGB). Erkennbare Nachteile für den Verpflichteten können dabei nach
der Lehre namentlich darin bestehen, dass sich die Forderung nicht mehr
überprüfen lässt (STREIFF/VON KAENEL, aaO, N. 2 zu Art. 327c OR; vgl.
auch derselbe in N. 5 zu Art. 349d OR). Schwierigkeiten, die Forderung zu
überprüfen, fallen zwar im vorliegenden Zusammenhang insoweit nicht ins
Gewicht, als der Arbeitnehmer die Beweislast für die Notwendigkeit wie
auch die Höhe der einzelnen Auslagen trägt, wie auch für die Behauptung,
die vereinbarte Spesenpauschale sei zu niedrig (REHBINDER, Berner
Kommentar, N. 10 zu Art. 327a OR; BRÜHWILER, aaO, N. 4 zu Art. 327a OR;
STREIFF/VON KAENEL, aaO, N. 8 zu Art. 327a OR). Indessen ist immerhin
zu beachten, dass nach der Rechtsprechung vom Arbeitnehmer mit Bezug auf
die Höhe der Auslagen kein strenger Beweis verlangt werden darf und dass
effektiv gehabte Auslagen, die ziffernmässig nicht mehr beweisbar sind,
vom Richter in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzen sind
(BGE 91 II 372 E. 12 S. 385; STAEHELIN, aaO, N. 9 zu Art. 327a OR;
REHBINDER, Berner Kommentar, N. 9 zu Art. 327a OR). Insoweit ist es für
den Arbeitgeber von erheblicher Bedeutung, die Ansprüche überprüfen und
gegebenenfalls den Gegenbeweis antreten zu können, so dass ein Verhalten
des Arbeitnehmers, das dies verunmöglicht, als rechtsmissbräuchlich
erscheinen kann. Der blosse Umstand, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche
erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend macht, vermag dagegen
für sich allein keinen Rechtsmissbrauch zu begründen. Andernfalls würde
dem Arbeitnehmer über Art. 2 ZGB der Schutz wieder entzogen, den ihm der
Gesetzgeber durch den im Jahre 1972 in Kraft getretenen Art. 341 Abs. 1
OR gewährte, worin bestimmt wurde, dass der Arbeitnehmer während der
Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung
auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes
ergeben, nicht verzichten kann (BGE 129 III 618 E. 5.2 mit Hinweisen;
vgl. auch REHBINDER, Basler Kommentar, N. 1 zu Art. 327c OR).

    5.2  Eine strengere Verwirkungsregel lässt sich insbesondere
nicht aus Art. 327c Abs. 1 OR ableiten. Nach dieser Bestimmung ist der
Auslagenersatz auf Grund der Abrechnung des Arbeitnehmers jeweils zusammen
mit dem Lohn auszurichten, sofern nicht eine kürzere Frist verabredet oder
üblich ist. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, bildet die
Spesenabrechnung Voraussetzung für die Vergütung des Spesenersatzes und
besteht zu ihrer Vorlage keine eigentliche Vertragspflicht, sondern eine
blosse Obliegenheit des Arbeitnehmers. Wurde ein Pauschalbetrag verabredet,
ist zudem ohnehin keine Spesenabrechnung erforderlich (vgl. STAEHELIN, aaO,
N. 1 zu Art. 327c OR; REHBINDER, Berner Kommentar, N. 2 zu Art. 327c OR;
STREIFF/VON KAENEL, aaO, N. 2 zu Art. 327c OR; BRÜHWILER, aaO, N. 1 zu
Art. 327c OR; DUC/SUBILIA, Commentaire du contrat individuel de travail,
Lausanne 1998, N. 2 zu Art. 327c OR; vgl. immerhin BGE 91 II 372 E. 13,
wo die der Bestimmung von Art. 327c OR entsprechende Norm von Art. 13
Abs. 4 HRAG [STREIFF/VON KAENEL, aaO, N. 1 zu Art. 327c OR] noch zu Lasten
des Arbeitnehmers berücksichtigt wurde).

    5.3  Den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil lassen
sich keine besonderen Umstände entnehmen, auf Grund derer vorliegend
im Lichte der aktuellen Rechtsprechung eine rechtsmissbräuchliche
Geltendmachung des über die Pauschale hinausgehenden Auslagenersatzes
durch den Beklagten bejaht werden könnte.

    5.3.1  Die Parteien hatten eine Vereinbarung über eine pauschale
Spesenentschädigung getroffen. Wenn diese nach dem Ausgeführten
(vorstehende E. 4) auch bereits wegen der mangelnden Schriftform keine
Gültigkeit beanspruchen kann, gingen die Parteien insoweit doch gemeinsam
von deren Gültigkeit aus, was bei der Beurteilung des Verhaltens des
Beklagten auf seine Rechtsmissbräuchlichkeit hin zu berücksichtigen
ist. Nach den unbestrittenen und verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz nahmen die Parteien überdies an, die Spesen seien mit der
Pauschale genügend gedeckt, und vereinbarten entsprechend keinen Modus über
die Spesenabrechnung. Bei dieser Sachlage traf den Beklagten zunächst nicht
einmal eine Obliegenheit, eine monatliche Spesenabrechnung zu erstellen
(vgl. die vorstehende E. 5.2). Der Beklagte erhielt von der Klägerin
denn auch jeden Monat die pauschale Spesenvergütung von Fr. 1'000.-
ausgerichtet, ohne dass er ihr eine Spesenabrechnung unterbreitet hätte.

    5.3.2  Wegen ungenügender Deckung der effektiven Auslagen ist
eine Vereinbarung über einen pauschalen Auslagenersatz nicht bereits
ungültig, wenn die Monatspauschale die effektiven Spesen während eines
Monats nicht zu decken vermag, sondern erst dann, wenn sich ergibt,
dass die pauschal ausgerichteten Spesenvergütungen die durchschnittlichen
effektiven Auslagen über eine relativ lange Periode, beispielsweise über
ein Jahr hinweg, nicht decken (vgl. STAEHELIN, aaO, N. 11 zu Art. 327a OR;
REHBINDER, Berner Kommentar, N. 7 zu Art. 327a OR; BRÜHWILER, aaO, N. 4
zu Art. 327a OR; WYLER, aaO, S. 213 bei Fn. 677; STREIFF/VON KAENEL, aaO,
N. 4 zu Art. 327a OR; DUC/SUBILIA, aaO, N. 7 zu Art. 327a OR). Erst wenn
der Arbeitnehmer dies feststellt, ist es ihm daher zumutbar, die Pauschale
bei der Arbeitgeberin in Frage zu stellen. Die Vorinstanz erwog in diesem
Zusammenhang überdies, dass der Beklagte verständlicherweise eine gewisse
Zeit gebraucht habe, um (überhaupt) zu realisieren, dass der Spesenansatz
nicht genügt habe. Wenn die Klägerin dagegen vorbringt, der Beklagte habe
monatliche Reiseberichte erstellt, aus denen es ihm ohne weiteres möglich
gewesen wäre, jeweils Ende Monat seine effektiven Auslagen zu bestimmen,
behauptet sie Tatsachen, die im angefochtenen Urteil keine Stütze finden,
und demnach nicht gehört werden können (Art. 63 Abs. 2 OG). Überdies
könnte, selbst wenn es dem Beklagten, wie behauptet, ohne weiteres
möglich gewesen wäre, monatlich seine effektiven Auslagen zu bestimmen,
nicht ausgeschlossen werden, dass er das durchschnittliche Ungenügen
des pauschalen Ansatzes erst nach einer gewissen Zeit mit genügender
Sicherheit realisierte, um es als zumutbar erscheinen zu lassen, die
Pauschale bei der Arbeitgeberin in Frage zu stellen.

    5.3.3  Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach den
Feststellungen der Vorinstanz bereits vor Ablauf des ersten Dienstjahres,
wobei er die Kündigung gerade wegen des ungenügenden Auslagenersatzes
aussprach (vgl. dazu STREIFF/VON KAENEL, aaO, N. 5 zu Art. 349d OR). Der
Beklagte hat damit jedenfalls innert einer Frist auf den ungenügenden
Auslagenersatz reagiert, dass ihm nicht der Vorwurf gemacht werden kann,
die Rechtsausübung ungebührlich verzögert zu haben, obwohl sie ihm zumutbar
gewesen wäre. Es ist demnach nicht entscheidend, ob der Beklagte mit
der Klägerin erst nach der Kündigung, die er am 31. Juli 2001 aussprach,
über die Spesenvergütung diskutierte, wie die Klägerin dem angefochtenen
Urteil entnehmen will. Es erschiene überdies selbst im Lichte der nach dem
vorstehend (E. 5.1) Ausgeführten überholten Rechtsprechung von BGE 91 II
372 E. 13 fraglich, ob sich die Klägerin bei einer Rechtsausübung innert
der entsprechenden Frist auf Rechtsmissbrauch berufen könnte; im genannten
Entscheid ging es um einen Fall, in dem der Arbeitnehmer die vereinbarte
Auslagenvergütung immerhin dreieinhalb Jahre lang vorbehaltlos entgegen
genommen hatte (E. 13 S. 287), und nicht bloss während zehn Monaten wie
im vorliegenden Fall.

    5.3.4  Schliesslich lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht
entnehmen, dass der Klägerin in erkennbarer Weise ein Nachteil entstanden
wäre oder dass sich der Beklagte damit einen ungerechtfertigten Vorteil
verschafft hätte, weil er den ungenügenden Auslagenersatz erst bei
seiner Kündigung zur Sprache gebracht habe, was für die Annahme eines
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens über die blosse verzögerte Rechtsausübung
hinaus erforderlich wäre (E. 5.1 vorne). Soweit die Beklagte entsprechende
Umstände geltend machen will, indem sie vorbringt, sie habe dem Beklagten
im März 2001 mit dem Darlehen von Fr. 40'000.- ein Auto finanziert, das er
für Geschäftszwecke eingesetzt habe, ohne dass er dabei die Spesenpauschale
zur Diskussion gestellt hätte, stützt sie sich zunächst auf tatsächliche
Elemente, die im angefochtenen Urteil keine Stütze finden. Da sie dazu
keine Ausnahme nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG beansprucht, kann sie
insoweit nicht gehört werden. Überdies ist ohnehin nicht erkennbar,
inwiefern die Klägerin vorliegend durch die Darlehensgewährung in
erkennbarer Weise Nachteile erlitten oder der Beklagte sich insoweit
ungerechtfertigte Vorteile verschafft haben könnte.

    5.3.5  Die Rüge der Verletzung von Art. 2 ZGB und von Art. 327c
OR erweist sich demnach als unbegründet, ohne dass auf die in diesem
Zusammenhang erhobenen Sachverhaltsrügen der Klägerin eingegangen werden
muss, die keine entscheiderheblichen Tatsachen betreffen.