Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 III 136



131 III 136

17. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Kon-kurskammer i.S.
X. (SchKG-Beschwerde)

    7B.208/2004 vom 13. Dezember 2004

Regeste

    Art. 16 SchKG, Art. 1 GebV SchKG, Art. 9 Abs. 2 und 99 Abs. 2 VZG;
Neuschätzung des Grundstücks durch Sachverständige; Gebührenpflicht.

    Beim Entscheid der Aufsichtsbehörde über den massgeblichen Schätzwert
des Grundstücks nach Neuschätzung durch Sachverständige (Art. 9 Abs. 2
VZG) handelt es sich um eine nicht besonders tarifierte Verrichtung,
für die eine Gebühr nach Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG zu erheben ist (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Das Betreibungsamt A. schätzte am 3. September 2003 in
der Betreibung auf Grundpfandverwertung Nr. 1 das Grundstück in
der Gemeinde B., Grundbuchblatt ..., Kat. Nr. ... / Plan ..., auf
Fr. 1'960'000.-. Auf Begehren des Schuldners und Pfandeigentümers
X. hin ordnete das Bezirksgericht Horgen als untere Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen am 13. Oktober 2003 die Neuschätzung
durch einen Sachverständigen an. Der Sachverständige Y. schätzte das
Grundstück mit Gutachten vom 5. Dezember 2003 auf Fr. 1'685'000.- und
mit Ergänzungsgutachten vom 18. März 2004 auf Fr. 1'750'000.-.

    B.- Mit Beschluss vom 9. Juli 2004 setzte die untere
Aufsichtsbehörde den Schätzwert auf Fr. 1'885'000.- (Schätzungswert
gemäss Ergänzungsgutachten plus Fr. 135'000.- für Abbruchkosten) und
auferlegte X. die Gutachterkosten sowie eine pauschale Spruchgebühr
von Fr. 500.-. Gegen diesen Beschluss erhob X. Beschwerde, welche das
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen mit Beschluss
vom 1. Oktober 2004 abwies.

    C.- X. hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit
Beschwerdeschrift vom 22. Oktober 2004 (rechtzeitig) an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen
und beantragt sinngemäss, der angefochtene Beschluss und die
Sachverständigenschätzung sowie die erstinstanzliche Spruchgebühr seien
aufzuheben.

    Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf
Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Mit Eingabe vom 5. November 2004
hat die untere Aufsichtsbehörde zur Spruchgebühr Stellung genommen. Weitere
Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.  Die obere Aufsichtsbehörde hat weiter die von der unteren
Aufsichtsbehörde für den Beschluss über den massgebenden Schätzwert der
Liegenschaft erhobene pauschale Spruchgebühr von Fr. 500.- geschützt. Sie
hat im Wesentlichen erwogen, der Entscheid nach Art. 9 Abs. 2 (i.V.m. Art.
99 Abs. 2) der Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über
die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG; SR 281.42) stelle keinen
Entscheid im grundsätzlich kostenlosen Beschwerdeverfahren dar (Art. 20a
Abs. 1 SchKG); der Kostenspruch stütze sich vielmehr auf Art. 1 Abs. 2
der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35), wonach eine nicht
besonders tarifierte Verrichtung wegen besonderer Umstände erhöht werden
könne.

    Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, beim Verfahren nach
Art. 9 Abs. 2 VZG handle es sich um ein kostenloses Beschwerdeverfahren,
da das Begehren um Neuschätzung innert der Beschwerdefrist nach
Art. 17 Abs. 2 SchKG zu stellen sei und die obere Aufsichtsbehörde das
erstinstanzliche Verfahren als "Beschwerde" bezeichnet habe. Im Übrigen
gebe es keinen Grund zur Annahme besonderer Umstände, welche die Erhöhung
einer Gebühr zu seinen Lasten rechtfertigen würden.

    3.1  Nach Art. 16 Abs. 1 SchKG setzt der Bundesrat den Gebührentarif
fest. Dabei ist in erster Linie an die Gebühren der Betreibungs-
und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden zu denken, sodann an
solche der Gerichte in betreibungsrechtlichen Verfahren (vgl. BGE 54
I 161 E. 2 S. 162; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach
schweizerischem Recht, Bd. I, § 15 Rz. 2 f. und 6; STRAESSLE/KRAUSKOPF,
Erläuterungen zum Gebührentarif, 1972, S. 10). Nach Art. 1 Abs. 1 GebV
SchKG findet die Gebührenverordnung ausdrücklich Anwendung auf die
Gebühren und Entschädigungen der Ämter, Behörden und übrigen Organe,
die in Anwendung des SchKG oder anderer Erlasse des Bundes im Rahmen
der Zwangsvollstreckung, eines Nachlassverfahrens oder einer Stundung
Verrichtungen vornehmen. Soweit weder das SchKG noch die Gebührenverordnung
Ausnahmen vorsehen, unterstehen alle erfassten Verrichtungen der
Gebührenpflicht (Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG; EMMEL, in: Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 6 zu Art. 16 SchKG).

    3.2  Im Pfandverwertungsverfahren ist gemäss Art. 99 Abs. 2 VZG
das Ergebnis der Schätzung dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt
hat, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der
Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der
Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne
des Art. 9 Abs. 2 VZG verlangen können. Es ist zu Recht unbestritten,
dass es sich beim Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde über den nach
Neuschätzung einzusetzenden massgebenden Schätzwert des Grundstückes
um eine Verrichtung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GebV SchKG handelt, weil
diese von einer Behörde in Anwendung des SchKG bzw. eines Erlasses des
Bundes im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorgenommen worden ist. Strittig
ist einzig, ob die fragliche Verrichtung unter die Ausnahme von Art. 20a
Abs. 1 erster Satz SchKG bzw. Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG fällt,
wonach das Beschwerdeverfahren unentgeltlich ist.

    3.2.1  Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die blosse
Bezeichnung des Verfahrens durch die Vorinstanz für die erkennende
Kammer nicht verbindlich. Sodann gibt der Wortlaut von Art. 99 Abs. 2
und Art. 9 Abs. 2 VZG keine klare Antwort, ob es sich beim Recht auf
Neuschätzung um eine Beschwerde im Sinne von Art. 17 i.V.m. Art. 20a
SchKG handle, da einzig von der massgeblichen Frist die Rede ist. Die
Beschwerde nach Art. 17 Abs. 1 SchKG bezweckt indessen die Aufhebung
oder Abänderung von gesetzwidrigen oder unangemessenen Verfügungen
(vgl. Art. 21 SchKG). Damit lässt sich der Anspruch auf Neuschätzung
durch Sachverständige nicht vergleichen. Dieser Anspruch dient gerade
nicht der Nachprüfung der betreibungsamtlichen (Sachverständigen-)
Schätzung bzw. der Aufsichtsbehörde ist eine Nachprüfung untersagt
(BGE 60 III 189 S. 190; 110 III 69 E. 3 S. 71 f.). Er trägt vielmehr
dem Umstand Rechnung, dass die Ansichten über den Verkaufswert eines
Grundstücks - selbst unter Sachverständigen - nicht selten erheblich
auseinander liegen können (vgl. BGE 120 III 79 E. 2b S. 81). Vor diesem
Hintergrund erscheint - wie die Vorinstanz zu Recht gefolgert hat - der
Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde über den massgeblichen Schätzwert
nicht als Rechtsmittelentscheid, sondern als weitere amtliche Tätigkeit
eines Vollstreckungsorganes (vgl. FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 31 Rz. 25 Anm.
46), dessen besondere Inanspruchnahme ohne weiteres der Gebührenpflicht
unterliegt.

    3.2.2  Die GebV SchKG bestimmt abschliessend, welche Gebühren
und Auslagen im Einzelfall zu belasten und wie sie zu bemessen sind
(BGE 128 III 476 E. 1 S. 478; EMMEL, aaO, N. 4 zu Art. 16 SchKG). Der
Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde über den massgeblichen Schätzwert
nach Neuschätzung durch Sachverständige stellt keinen gerichtlichen
Entscheid in betreibungsrechtlichen Summarsachen dar, sodass eine
"pauschale Spruchgebühr" gemäss Art. 48 und 49 GebV SchKG ausser Betracht
fällt. Ebenso wenig lässt sich die Gebühr für den fraglichen Entscheid
auf Art. 28 GebV SchKG stützen, welche nur für die Schätzung von Pfändern
durch das Betreibungsamt erhoben werden kann (vgl. Art. 16-42 GebV SchKG
im 2. Kapitel "Gebühren des Betreibungsamtes"). Bei der Veranlassung einer
Neuschätzung und Festlegung des massgeblichen Schätzwertes durch die untere
Aufsichtsbehörde handelt es sich - wie die obere Aufsichtsbehörde zu Recht
erkannt hat - vielmehr um eine nicht besonders tarifierte Verrichtung,
für welche nach Art. 1 Abs. 2 erster Satz GebV SchKG eine Gebühr von
bis zu Fr. 150.- erhoben werden kann. Höhere Gebühren können durch
die Aufsichtsbehörde nur festgesetzt werden, wenn die Schwierigkeit der
Sache, der Umfang der Bemühungen oder der Zeitaufwand es rechtfertigt
(Art. 1 Abs. 2 zweiter Satz GebV SchKG). Für eine derartige höhere
(ausserordentliche) Gebühr sind indessen die nähere Bezeichnung der
Art der Verrichtung sowie Angaben über den Zeitaufwand notwendig; eine
Pauschale ohne Substantiierung ist unzulässig (vgl. BGE 107 III 43 E. 4b
S. 46; STRAESSLE/ KRAUSKOPF, aaO, S. 19). Weder aus dem angefochtenen
Beschluss noch aus dem Beschluss der unteren Aufsichtsbehörde gehen
hinreichende Angaben hervor, die eine höhere Gebühr ausweisen würden.
Vor diesem Hintergrund ist nicht haltbar, wenn die obere Aufsichtsbehörde
die erstinstanzliche "pauschale Spruchgebühr" von Fr. 500.- geschützt hat,
sondern es muss bei der Erhebung einer Gebühr von höchstens Fr. 150.- sein
Bewenden haben. Die Beschwerde ist insoweit begründet. Ob die Gebühr -
wie der Beschwerdeführer offenbar meint - tiefer als Fr. 150.- sein soll,
ist hingegen eine Ermessensfrage, welche mit Beschwerde gemäss Art. 19
SchKG nicht überprüft werden kann (BGE 120 III 97 E. 2 S. 100).

    3.3  Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde, soweit darauf eingetreten
werden kann, teilweise gutzuheissen, und die Gebühr für den Beschluss
der unteren Aufsichtsbehörde ist auf Fr. 150.- festzusetzen. Im Übrigen
ist die Beschwerde abzuweisen.