Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 V 560



130 V 560

82. Urteil i.S. IV-Stelle des Kantons Aargau gegen Schweizerische
Bundesbahnen SBB, betreffend D., und Versicherungsgericht des Kantons
Aargau

    I 202/04 vom 11. Oktober 2004

Regeste

    Art. 52 Abs. 1, Art. 59 ATSG; Art. 103 lit. a OG:
Einsprachelegitimation.

    Die Legitimation zur Erhebung einer Einsprache ist in gleicher Weise
zu beurteilen wie im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren nach Art. 59
ATSG und damit entsprechend der Praxis zu Art. 103 lit. a OG (Erw. 3.2).

    Legitimation von Drittpersonen, insbesondere des Arbeitgebers, im
Allgemeinen (Erw. 3.4-3.6).

    Der Arbeitgeber ist nicht bereits deshalb legitimiert, gegen die einen
Rentenanspruch verneinende Verfügung der IV-Stelle Einsprache zu erheben,
weil die Zusprechung einer Rente seine Lohnfortzahlungspflicht reduzieren
würde oder er die Drittauszahlung verlangen könnte (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Der 1944 geborene, bei den Schweizerischen Bundesbahnen
(SBB) angestellte D. meldete sich am 9. Oktober 2000 bei der
Invalidenversicherung an und beantragte eine Rente. Die IV-Stelle des
Kantons Aargau lehnte das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 20. Juni
2003 ab. Dagegen erhoben die SBB Einsprache, auf welche die Verwaltung
mit Entscheid vom 4. September 2003 nicht eintrat. Zur Begründung
wurde erklärt, die Arbeitgeberin sei nicht legitimiert, die Verfügung
anzufechten.

    B.- In Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde hob das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau den Einspracheentscheid auf und
wies die Sache zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen an die
IV-Stelle zurück (Entscheid vom 24. März 2004).

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellt die IV-Stelle das
Rechtsbegehren, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben.

    Die SBB schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung
beantragt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.  Streitig und zu prüfen ist einzig, ob das kantonale Gericht den
Entscheid der IV-Stelle, auf die gegen die Verfügung vom 20. Juni 2003
erhobene Einsprache nicht einzutreten, zu Recht aufgehoben hat. Die
strittige Verfügung hat somit nicht die Bewilligung oder Verweigerung
von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche
Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art.
104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Erwägung 2

    2.  Die Beschwerdegegnerin macht in der vorinstanzlichen
Beschwerdeschrift sowie in ihrer Vernehmlassung und der zusätzlichen
Stellungnahme vom 12. August 2004 geltend, sie sei gemäss
Gesamtarbeitsvertrag verpflichtet, bei Arbeitsverhinderung wegen Krankheit
oder Unfall den Lohn während einer Dauer von bis zu zwei Jahren weiterhin
auszurichten. Taggeld- und Rentenleistungen von Sozialversicherungen würden
jedoch angerechnet. Bei Zusprechung einer Rente der Invalidenversicherung
reduziere sich daher der Lohnfortzahlungsanspruch. Sie als Arbeitgeberin
habe damit ein schutzwürdiges Interesse an der Abänderung der einen
Rentenanspruch verneinenden Verwaltungsverfügung und sei deshalb zu
deren Anfechtung legitimiert. Die Vorinstanz gelangte zum gleichen
Ergebnis. Sie erwog, die Lohnfortzahlung stelle eine Vorschussleistung
im Hinblick auf allfällige Ansprüche des Arbeitnehmers gegenüber der
Invalidenversicherung dar. Die Arbeitgeberin sei daher berechtigt,
die direkte Auszahlung von Rentennachzahlungen an sich selbst zu
verlangen. Denjenigen Personen, welche eine derartige Drittauszahlung
beanspruchen können, sei Parteistellung (Art. 34 ATSG) einzuräumen,
und mit dieser sei die Legitimation zur Erhebung von Rechtsmitteln
verbunden. Die Beschwerde führende IV-Stelle macht demgegenüber geltend,
die Frage einer Drittauszahlung habe sich vorliegend nicht gestellt. Die
Arbeitgeberin werde daher durch die Verfügung vom 20. Juni 2003 in ihren
Rechten und Pflichten nicht berührt. Dieselbe Auffassung vertritt das BSV.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten.
Dessen verfahrensrechtliche Neuerungen sind - sofern nicht bereits unter
dem bisherigen Recht eine Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat und
soweit mit dem neuen Recht keine grundlegend neue Verfahrensordnung
geschaffen wurde - prinzipiell mit dem Tag ihres In-Kraft-Tretens sofort
und in vollem Umfang anwendbar (BGE 130 V 4 Erw. 3.2, 93 Erw. 3.2,
220 Erw. 3.2, 129 V 115 Erw. 2.2, je mit Hinweisen). Da die Verfügung
der IV-Stelle am 20. Juni 2003 und somit unter der Geltung des neuen
Rechts erging, richtet sich das Verfahren vorbehältlich abweichender
spezialgesetzlicher Bestimmungen nach dem ATSG (Art. 1 Abs. 1 IVG in
Verbindung mit Art. 2 ATSG).

    3.2  Gemäss Art. 52 Abs. 1 ATSG kann gegen Verfügungen, mit Ausnahme
der prozess- und verfahrensleitenden Entscheide, Einsprache erhoben
werden. Wer dazu legitimiert ist, lässt sich der Norm nicht entnehmen. Aus
dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (BGE 122 V 375 mit Hinweisen;
vgl. auch Art. 98a Abs. 3 OG) ergibt sich indessen, dass die entsprechenden
Voraussetzungen nicht enger umschrieben werden können als im nachfolgenden
gerichtlichen Beschwerdeverfahren. Mit Blick auf die mit der Einführung
des Einspracheverfahrens bezweckte nochmalige Überprüfung der Sache
durch die Verwaltung vor einer allfälligen Inanspruchnahme der Gerichte
(vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar: Kommentar zum Bundesgesetz über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich
2003, N 2 und 4 zu Art. 52) rechtfertigt es sich andererseits nicht, die
Legitimationsvoraussetzungen für die Einsprache weiter zu fassen als im
Beschwerdeverfahren. Die Befugnis zur Erhebung einer Einsprache ist daher
in gleicher Weise zu bestimmen wie für das kantonale Beschwerdeverfahren
nach Art. 59 ATSG (KIESER, aaO, N 29 zu Art. 52). Danach ist zur
Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt
ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung
hat. Diese Begriffe sind ebenso auszulegen wie für das bundesrechtliche
Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren nach Art. 103 lit. a OG (BGE 130
V 390 f. Erw. 2.2; Urteil M. vom 18. Dezember 2003, C 221/03, Erw. 2).

    3.3  Nach Art. 103 lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG ist zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht
berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die
Rechtsprechung betrachtet als schutzwürdiges Interesse im Sinne von
Art. 103 lit. a OG jedes praktische oder rechtliche Interesse, welches
eine von einer Verfügung betroffene Person an deren Änderung oder
Aufhebung geltend machen kann. Das schutzwürdige Interesse besteht
somit im praktischen Nutzen, den die Gutheissung der Beschwerde dem
Verfügungsadressaten verschaffen würde, oder - anders ausgedrückt -
im Umstand, einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder
anderweitiger Natur zu vermeiden, welchen die angefochtene Verfügung mit
sich bringen würde. Das rechtliche oder auch bloss tatsächliche Interesse
braucht somit mit dem Interesse, das durch die von der Beschwerde
führenden Person als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird, nicht
übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass die Person durch die
angefochtene Verfügung stärker als jedermann betroffen ist und in einer
besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht (BGE 127
V 3 Erw. 1b, 82 Erw. 3a/aa, 125 V 342 Erw. 4a, je mit Hinweisen). Diesem
Erfordernis kommt dann eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn nicht der
Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern ein Dritter den Entscheid
anficht (BGE 127 V 82 Erw. 3a/aa mit Hinweisen).

    3.4  Die Beschwerdegegnerin als Arbeitgeberin des Versicherten ist
weder im formellen noch im materiellen Sinn Adressatin der streitigen
Verfügung. Ihre Legitimation ist daher nach den für eine Drittbeschwerde
geltenden Regeln zu beurteilen. Die besondere, beachtenswerte, nahe
Beziehung zur Streitsache, welche als Umschreibung des in Art. 103
lit. a OG erwähnten Erfordernisses des Berührtseins verstanden werden
kann (ISABELLE HÄNER, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und
Verwaltungsprozess, Zürich 2000, S. 251 f. Rz 521), ist mit Bezug auf
den oder die Verfügungsadressaten regelmässig erfüllt, sodass ihm nur
in Ausnahmefällen selbstständige Bedeutung zukommt. Dagegen sind Dritte
durch die Verfügung als solche definitionsgemäss insofern nicht "berührt",
als diese ihnen nicht direkt Rechte einräumt oder Pflichten auferlegt
(BGE 125 V 343 Erw. 4a). Ihre Legitimation setzt neben dem Bestehen
eines tatsächlichen, beispielsweise wirtschaftlichen Interesses am Inhalt
der streitigen Verfügung voraus, dass eine hinreichende Beziehungsnähe
(PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. II: Les actes administratifs et leur
contrôle, 2. Aufl., Bern 2002, S. 630 Nr. 5.6.2.1; RHINOW/ KOLLER/KISS,
Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel
1996, S. 243 Rz 1274) respektive eine Betroffenheit von genügender
Intensität (HÄNER, aaO, S. 254 Rz 527) vorliegt, was mit Bezug auf die
konkrete Konstellation geprüft werden muss (vgl. BGE 125 V 343 Erw. 4a).

    3.5  Bei der Beurteilung der Intensität der Betroffenheit ist danach
zu unterscheiden, ob das Rechtsmittel gegen eine den Verfügungsadressaten
begünstigende Verfügung gerichtet ist (Drittbeschwerde "contra Adressat",
vgl. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 158 f.;
HÄNER, aaO, S. 327 Rz 711 ff.), oder ob es, wie vorliegend, zu dessen
Gunsten erhoben werden soll (Drittbeschwerde "pro Adressat"; GYGI,
aaO, S. 161 f.; HÄNER, aaO, S. 351 Rz 761 ff.). Wenn im letzteren
Fall der Verfügungsadressat selbst kein Rechtsmittel ergreift,
kommt die Legitimation des Dritten ausserhalb förmlicher gesetzlicher
Anerkennung nur in Betracht, wenn der Dritte ein selbstständiges, eigenes
Rechtsschutzinteresse an der Beschwerdeführung für sich in Anspruch nehmen
kann (nicht veröffentlichtes Urteil C. des Bundesgerichts vom 26. Oktober
1995, 2A.309/1993; RHINOW/KOLLER/KISS, aaO, S. 244 f. Rz 1277; GYGI,
Vom Beschwerderecht in der Bundesverwaltungsrechtspflege, in: recht 1986
S. 10 f.; vgl. auch HÄNER, aaO, S. 355 Rz 766 ff., mit weiteren Hinweisen).

    Der Umstand, dass jemand Gläubiger des Verfügungsadressaten ist,
genügt bei der Drittbeschwerde "pro Adressat" nicht, um das schutzwürdige
Interesse und damit die Beschwerdelegitimation zu begründen (BGE
101 V 123 Erw. 1b; ZAK 1979 S. 123 Erw. 2b; nicht veröffentlichtes
Urteil C. des Bundesgerichts vom 26. Oktober 1995, 2A.309/1993). Ein
faktisches (wirtschaftliches) Interesse an einer Abänderung der
Verfügung ist diesfalls zwar gegeben. Die notwendige Beziehungsnähe liegt
jedoch nur vor, wenn der Drittperson durch die streitige Verfügung ein
unmittelbarer Nachteil entsteht (BGE 125 V 343 Erw. 4a mit Hinweisen). Die
Gläubigereigenschaft allein reicht dafür nicht aus. Aus dem selben Grund
verneinte das Eidgenössische Versicherungsgericht die Beschwerdebefugnis
eines Privatversicherers gegen die Leistungen verweigernde Verfügung
der obligatorischen Unfallversicherung. Es erwog, der Umstand, dass
der Privatversicherer durch einen Entscheid anderen Inhalts in die
Lage versetzt würde, seine Leistungen zu kürzen, stelle lediglich eine
Reflexwirkung der an die versicherte Person gerichteten Verfügung des
Unfallversicherers dar. Die erforderliche unmittelbare nachteilige
Auswirkung auf die Situation des Privatversicherers sei deshalb nicht
gegeben (BGE 125 V 345 oben Erw. 4d).

    3.6  Die Rechtsmittellegitimation des Arbeitgebers zu Gunsten des
Arbeitnehmers wurde im Bereich der Arbeitslosenversicherung bejaht für
den Fall, dass jener, wenn die streitige Verfügung Bestand haben sollte,
während einer Arbeitsunterbrechung zur Lohnzahlung verpflichtet wäre (ARV
1979 Nr. 22 S. 113, Nr. 25 S. 124). Mit Bezug auf die obligatorische
Unfallversicherung erkannte das Eidgenössische Versicherungsgericht,
der Arbeitgeber, welcher einen Teil der Versicherungsprämien bezahlt und
nach einem Unfall den Lohn vorgeschossen habe, sei durch eine Verfügung,
welche dem verunfallten Arbeitnehmer die Versicherteneigenschaft
abspricht oder einen Leistungsanspruch verneint, offensichtlich
betroffen und habe ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung
(BGE 106 V 222 Erw. 1; RKUV 1989 Nr. U 73 S. 239 Erw. 1b). In BGE
120 V 39 Erw. 2b war die Frage zu entscheiden, ob die Arbeitgeberin
befugt sei, den eine bei ihr angestellte Person betreffenden Entscheid
anzufechten, mit welchem der Krankenversicherer die Ausrichtung von
Taggeldern verweigert hatte. Das Gericht erwog, die Beschwerdeführerin
sei Partei des Kollektivversicherungsvertrages und zumindest teilweise
für die Prämien aufgekommen. Damit müsse ihr zweifellos ein erhebliches
Interesse an der korrekten Ausrichtung der versicherten Leistungen
zugebilligt werden. Angesichts der aus Art. 324a OR folgenden, bei
Ausbleiben der vereinbarten Versicherungsleistungen allenfalls aktuell
werdenden Lohnfortzahlungspflicht sei ihr Interesse an der Aufhebung
oder Änderung der angefochtenen Verfügung auch als schutzwürdig
im Sinne von Art. 103 lit. a OG zu qualifizieren. Mit Bezug auf die
Familienzulagen in der Landwirtschaft wurde der Arbeitgeber ebenfalls als
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert erachtet, dies in Analogie
zur arbeitslosenversicherungsrechtlichen Praxis (BGE 120 V 498 Erw. 1b/bb
am Ende). Nicht gegeben war dagegen die Legitimation der Arbeitgeberin
zur Anfechtung einer Verfügung, mit welcher die Versicherteneigenschaft
einiger Angestellter verneint und die Rückerstattung der bezahlten
AHV/IV/EO-Beiträge angeordnet wurde. Die der Arbeitgeberin entstehenden
Unannehmlichkeiten reichten nicht aus, um die Beschwerdelegitimation zu
begründen (BGE 110 V 150 f. Erw. 2c).

Erwägung 4

    4.

    4.1  Falls der Versicherte eine Rente der Invalidenversicherung
zugesprochen erhält, wird die Beschwerdegegnerin von ihrer
Pflicht zur Lohnfortzahlung teilweise befreit. Diese Rechtsfolge ist
gesamtarbeitsvertraglich vorgesehen und würde (in anderem Rahmen) auch von
Gesetzes wegen eintreten (Art. 324b OR ist bei Zusprechung einer Rente
der Invalidenversicherung anwendbar, sofern die Erwerbseinbusse direkt
auf die Invalidität zurückgeht [nicht veröffentlichtes Urteil S. des
Bundesgerichts vom 28. April 1998, 4C.499/1997]). Laut der vorstehend
wiedergegebenen Rechtsprechung genügt dieses wirtschaftliche Interesse
jedoch bei einer Drittbeschwerde "pro Adressat" für sich allein nicht,
um die Legitimation zu begründen, sondern es ist zusätzlich erforderlich,
dass der Beschwerdegegnerin aus der streitigen Verfügung ein unmittelbarer
Nachteil erwächst. Die zitierten, die Legitimation des Arbeitgebers
bejahenden Urteile begründeten dieses Ergebnis einerseits mit den direkten
Auswirkungen des Entscheids auf seine Leistungspflicht gegenüber der
versicherten Person und andererseits mit dem engen Zusammenhang der
jeweiligen Versicherung zum konkreten Arbeitsverhältnis. Ein solcher wurde
neben der Arbeitslosenversicherung insbesondere für die obligatorische
Unfallversicherung, welche ebenfalls eine Arbeitnehmerversicherung
darstellt (vgl. Art. 1a UVG), sowie hinsichtlich einer von der
Arbeitgeberin für ihr Personal abgeschlossenen Krankentaggeldversicherung
bejaht. Diese Beurteilung lässt sich jedoch nicht auf die Eidgenössische
Invalidenversicherung übertragen. Letztere ist als Versicherung
für die gesamte Bevölkerung konzipiert (Art. 1b IVG in Verbindung
mit Art. 1a AHVG) und vom Bestehen eines Anstellungsverhältnisses
unabhängig. Im bereits zitierten Entscheid BGE 110 V 150 f. Erw. 2c
wurde denn auch die Legitimation des Arbeitgebers zur Anfechtung
einer die Versicherteneigenschaft seiner Angestellten in der AHV/IV/EO
betreffenden Verfügung verneint und dies unter anderem, in bewusstem
Gegensatz zur obligatorischen Unfallversicherung, mit der Rechtsnatur
dieser Versicherungszweige begründet. Das Gericht erwog, letztere seien
einzig im Interesse der versicherten Personen geschaffen worden und
dienten nicht dem Zweck, die Arbeitgeberin von irgendwelchen rechtlichen
Verpflichtungen zu entlasten (BGE 110 V 151 Erw. 2c). Im Zusammenhang mit
der Anfechtung einer Leistungsverfügung ist die Legitimation nicht anders
zu beurteilen. Die Verbindung zwischen der umstrittenen Verfügung und dem
der Beschwerdegegnerin entstehenden wirtschaftlichen Nachteil weist somit
nicht bereits deshalb die praxisgemäss erforderliche Unmittelbarkeit auf,
weil das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdegegnerin ihre Eigenschaft
als Arbeitgeberin betrifft.

    4.2  Die Vorinstanz erachtete es als entscheidend, dass die
Beschwerdegegnerin Vorschussleistungen im Hinblick auf eine allfällige
Rente der Invalidenversicherung erbracht habe und deshalb gemäss Art. 22
Abs. 2 ATSG sowie (für die Zeit bis Ende 2002) Art. 50 Abs. 2 IVG in
Verbindung mit Art. 85bis IVV die direkte Auszahlung einer entsprechenden
Nachzahlung verlangen könne. Denjenigen Personen, welche berechtigt
sind, die Drittauszahlung zu verlangen, sei im Sinne von Art. 34 ATSG
Parteistellung einzuräumen. Damit verbunden sei die Befugnis, einen
Entscheid auf dem Rechtsmittelweg anzufechten.

    Nach der Rechtsprechung ist ein Arbeitgeber, dessen Gesuch
um Drittauszahlung einer Rente abgelehnt wurde, berechtigt, gegen
den Entscheid über den Auszahlungsmodus Beschwerde und gegen den
diesbezüglichen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben
(nicht veröffentlichte Urteile S. vom 30. Dezember 1994, I 142/94, und
E. vom 14. Mai 1986, I 350/85). Eine darüber hinausgehende, also nicht
nur den Auszahlungsmodus, sondern den grundsätzlichen und umfangmässigen
Leistungsanspruch als solchen betreffende Beschwerdebefugnis wurde ihm
dagegen im Bereich der Invalidenversicherung nicht zuerkannt. Die Nennung
der im Sinne von Art. 20 oder Art. 22 Abs. 2 ATSG eine Drittauszahlung
verlangenden Person als Partei gemäss Art. 34 ATSG bei KIESER, (aaO, S.
380, N 7 zu Art. 34), auf welchen sich die Vorinstanz beruft, dürfte
sich denn auch, wie die Beschwerdeführerin annimmt, auf die Situation
beziehen, dass der Auszahlungsmodus streitig ist. Der Umstand, dass die
Drittauszahlung der Rente an die Beschwerdegegnerin als Arbeitgeberin in
Frage kommen könnte, begründet daher deren Legitimation zur Anfechtung
eines Entscheids, welcher den Rentenanspruch verneint, ebenfalls nicht.

    4.3  Die Legitimation, einen bestimmten Anspruch auf dem
Rechtsmittelweg geltend zu machen, steht in einem engen Zusammenhang
mit der Befugnis, die versicherte Person bei der Verwaltung zum Bezug
der entsprechenden Leistung anzumelden. Nach dem Grundsatz der Einheit
des Prozesses vermittelt das im Rahmen von Art. 103 lit. a OG (und den
damit inhaltsgleichen Normen) erforderliche Rechtsschutzinteresse auch
bereits den Anspruch auf Erlass einer Verfügung (GYGI, aaO, S. 153). Ist
eine Person berechtigt, die Anmeldung vorzunehmen, kommt ihr deshalb
regelmässig auch die Legitimation zu, den streitigen Anspruch im
Verwaltungsprozess selbstständig zu verfolgen (BGE 120 V 438 Erw. 2a
mit Hinweisen). Gemäss dem seit 1. Januar 1984 in Kraft stehenden
Art. 66 Abs. 1 IVV sind zur Geltendmachung des Anspruchs befugt: Der
Versicherte, sein gesetzlicher Vertreter sowie Behörden oder Dritte,
die den Versicherten regelmässig unterstützen oder dauernd betreuen.
Behörden und Dritte, welche diese Voraussetzungen erfüllen, können auch
die entsprechenden Entscheide auf dem Rechtsmittelweg weiterziehen (nicht
veröffentlichtes Urteil P. vom 22. August 1995, I 32/95). Die Erfüllung
der gesamtarbeitsvertraglich statuierten Verpflichtung der Arbeitgeberin
zur Lohnfortzahlung stellt jedoch keine regelmässige Unterstützung im
Sinne von Art. 66 Abs. 1 IVV dar. Die Beschwerdegegnerin war demzufolge
nach den invalidenversicherungsrechtlichen Bestimmungen nicht befugt,
den Leis- tungsanspruch geltend zu machen. Dieser bereichsspezifischen,
kompetenzgemäss auf Verordnungsstufe erlassenen Regelung ist bei der
Auslegung der Legitimationsbestimmungen Rechnung zu tragen. Sie bildet
keine Grundlage für die Bejahung der Legitimation der Beschwerdegegnerin
zur Anfechtung der Verfügung vom 20. Juni 2003. Im Gegenteil steht sie -
im Lichte der Einheit des Prozesses - einer solchen Lösung entgegen.

    4.4  Wie das BSV zu Recht darlegt, erschiene die Bejahung einer
generellen Rechtsmittellegitimation der zur Lohnfortzahlung verpflichteten
Arbeitgeber im Rentenbereich der Invalidenversicherung auch mit Blick
auf die damit verbundenen Parteirechte, etwa bezüglich Akteneinsicht,
als problematisch. Während der rechtserhebliche Sachverhalt in
den Bereichen der Arbeitslosenversicherung, der obligatorischen
Unfallversicherung - jedenfalls solange die Lohnfortzahlungspflicht
des Arbeitgebers andauert -, der Krankentaggeldversicherung und der
Familienzulagen in der Landwirtschaft regelmässig vergleichsweise klar
begrenzt ist, hat die Invalidenversicherung den Gesundheitszustand
einer Person in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen. Die damit
verbundenen Untersuchungen und deren Ergebnisse weisen deshalb ein weit
höheres Mass an persönlichkeitsrechtlicher Sensibilität und Relevanz
auf. Die einschränkende Regelung der Berechtigung zur Geltendmachung des
Anspruchs in Art. 66 IVV trägt diesem Umstand Rechnung (vgl. BGE 120 V
438 Erw. 2b mit Hinweisen). Dieser Aspekt spricht ebenfalls dagegen, die
Legitimation des Arbeitgebers im Rahmen der geltenden Normenlage generell
zu bejahen. Falls eine Relativierung des persönlichkeitsschutzrechtlichen
Gesichtspunktes zu Gunsten anderer Interessen als angezeigt erschiene,
wäre es Sache der Organe von Gesetz- oder allenfalls Verordnungsgebung,
die Rechtsgrundlagen entsprechend auszugestalten.

Erwägung 5

    5.  Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz die Legitimation der
Beschwerdegegnerin zur Erhebung einer Einsprache gegen die Verfügung
vom 20. Juni 2003 zu Unrecht bejaht. Ihr Entscheid ist dementsprechend
aufzuheben. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Umkehrschluss aus Art. 134
OG). Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).