Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 V 253



130 V 253

37. Auszug aus dem Urteil i.S. L. gegen IV-Stelle für Versicherte im
Ausland und Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland
wohnenden Personen

    I 793/03 vom 7. April 2004

Regeste

    Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bisIVG (in der bis 31. Dezember 2003
gültig gewesenen Fassung); Art. 28 Abs. 1ter, Art. 80a lit. a IVG; Art.
8 und Anhang II FZA; Art. 10 Abs. 1, Art. 10a Abs. 1 und Anhang IIa der
Verordnung Nr. 1408/71: Export von Viertelsrenten und Härtefallrenten
der Invalidenversicherung.

    Viertelsrenten sind nach der Verordnung Nr. 1408/71 exportierbar,
wohingegen Härtefallrenten von der Exportpflicht ausgenommen sind (Erw.
2.3).

    Art. 28 Abs. 2 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Fassung); Art. 80a lit. a IVG; Art. 8 und Anhang II FZA; Art. 40 Abs. 4
und Anhang V der Verordnung Nr. 1408/71: Bemessung des Invaliditätsgrades
für die Ermittlung eines Anspruchs auf eine schweizerische Invalidenrente
im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71.

    Auch nach In-Kraft-Treten des FZA bestimmt sich der Invaliditätsgrad
allein nach schweizerischem Recht (Erw. 2.4).

    Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV; Art. 8 und Anhang II FZA: Berücksichtigung
des FZA im Neuanmeldungsverfahren.

    Wenn ein neues Rentengesuch, auf das eingetreten wird, vor
In-Kraft-Treten des FZA gestellt, darüber aber bis zum Zeitpunkt des
In-Kraft-Tretens des FZA noch nicht verfügt worden ist, sind das FZA und
die Koordinierungsverordnungen (Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72),
auf welche das Abkommen Bezug nimmt, für die Zeit ab In-Kraft-Treten des
FZA auch dann von Amtes wegen zu berücksichtigen, wenn der Invaliditätsgrad
seit Erlass der früheren rechtskräftigen rentenverweigernden Verfügung
keine Veränderung erfahren hat (Erw. 3).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1

    2.2  Am 1. Juni 2002 ist das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen
der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten - darunter Österreich - andererseits
über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen; nachfolgend: FZA;
SR 0.142.112.681) in Kraft getreten. Nach Art. 1 Abs. 1 des auf der
Grundlage des Art. 8 FZA ausgearbeiteten und Bestandteil des Abkommens
bildenden (Art. 15 FZA) Anhangs II "Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit" des FZA in Verbindung mit Abschnitt A dieses
Anhangs wenden die Vertragsparteien untereinander insbesondere die
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung
der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige
sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern (nachfolgend: Verordnung Nr. 1408/71), und die Verordnung (EWG)
Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung
(EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit
auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (nachfolgend: Verordnung
Nr. 574/72), oder gleichwertige Vorschriften an. Der ebenfalls am
1. Juni 2002 in Kraft getretene neue Art. 80a IVG verweist in lit. a
im Zusammenhang mit dem FZA auf diese beiden Koordinierungsverordnungen
(AS 2002 688 und 700).

    Gemäss Art. 20 FZA wurde das Abkommen vom 15. November 1967 zwischen
der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich
über Soziale Sicherheit (nachfolgend: Sozialversicherungsabkommen mit
Österreich) mit Inkrafttreten des FZA, vorbehältlich gegenteiliger
Bestimmungen des Anhangs II des FZA, insoweit ausgesetzt, als in den
beiden Staatsverträgen derselbe Sachbereich geregelt ist.

    2.3  Nach Art. 28 Abs. 1ter IVG werden Renten, die einem
Invaliditätsgrad von weniger als 50 % entsprechen, nur an Versicherte
ausgerichtet, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Schweiz haben (vgl. auch Art. 24 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens
mit Österreich, der älter ist als Art. 28 Abs. 1ter IVG und damit aus einer
Zeit stammt, als solche Renten für Schweizer nach innerstaatlichem Recht
noch exportierbar waren [vgl. BBl 1985 I 35 f.]). Dies betrifft Viertels-
und Härtefallrenten, deren Gewährung einen Invaliditätsgrad von mindestens
40, aber weniger als 50 % voraussetzt (vgl. Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG).

    Demgegenüber dürfen nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71
unter anderem Geldleistungen bei Invalidität, "sofern in dieser Verordnung
nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen
gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im
Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet
der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat". Daraus folgt,
dass schweizerische Invalidenrenten - diese fallen als Leistungen bei
Invalidität gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. b der Verordnung Nr. 1408/71 unter
den sachlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung -, soweit die Verordnung
keine Ausnahme vorsieht, an unter den persönlichen Anwendungsbereich dieser
Verordnung fallende Personen auch dann (ungekürzt) auszurichten sind, wenn
diese nicht in der Schweiz, sondern in einem Mitgliedstaat der Europäischen
Union wohnen (siehe für allgemeine Überlegungen zum Leistungsexport
BGE 130 V 147 Erw. 4.1). Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71,
der ausschliesslich beitragsunabhängige Sonderleistungen betrifft, in
Verbindung mit Anhang IIa dieser Verordnung in der Fassung gemäss FZA
(Anpassung h gemäss Anhang II Abschnitt A Ziff. 1 FZA) nimmt, was die im
vorliegend allein interessierenden IVG geregelten Leistungen betrifft,
einzig die Härtefallrenten und (seit Inkrafttreten des Beschlusses
Nr. 2/2003 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz vom 15. Juli 2003 zur
Änderung des Anhangs II [Soziale Sicherheit] des Abkommens zwischen der
Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit) die
Hilflosenentschädigung von der Exportpflicht aus. Für die Viertelsrente
findet sich indessen in der Verordnung einschliesslich ihrer Anhänge
in der Fassung gemäss FZA nirgends eine Ausnahme. Dies bedeutet, dass
Viertelsrenten exportierbar sind (Urteil C. vom 25. Juni 2003, I 831/02,
Erw. 3.2), während (seit 1. Januar 2004 übrigens im IVG, abgesehen von
Fällen der Besitzstandswahrung, nicht mehr vorgesehene [AS 2003 3844 und
3851-3853]) Härtefallrenten - halbe Renten, die in Härtefällen anstelle
einer Viertelsrente gewährt werden (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) - von
der Exportpflicht ausgenommen sind, sodass bei ausländischem Wohnsitz
trotz Vorliegens eines Härtefalls nicht eine halbe, sondern nur eine
Viertelsrente ausgerichtet wird (JÜRG BRECHBÜHL, Die Auswirkungen des
Abkommens auf den Leistungsbereich der ersten und der zweiten Säule, in:
ERWIN MURER[Hrsg.], Das Personenverkehrsabkommen mit der EU und seine
Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Schweiz, Bern 2001, S. 103
ff., S. 108 f.; BEATRIX DE CUPIS, Les prestations de l'AVS et de l'AI,
in: MURER, aaO, S. 141 ff., S. 146).

    2.4  Während somit das FZA gegenüber der bisherigen Rechtslage
für unter den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr.
1408/71 fallende Versicherte insofern eine Verbesserung bringt, als
Viertelsrenten neu exportierbar sind, ändert sich hinsichtlich der
Invaliditätsbemessung nichts an der bisherigen Rechtslage. Wie in nach dem
Sozialversicherungsabkommen mit Österreich zu beurteilenden Fällen die
Gewährung von Leistungen durch ein österreichisches Versicherungsorgan
die invalidenversicherungsrechtliche Beurteilung nach schweizerischem
Recht nicht präjudiziert (Urteil K. vom 4. Februar 2003, I 435/02,
Erw. 2), bestimmt sich der Invaliditätsgrad auch nach Inkrafttreten des
FZA (abgesehen von der Berücksichtigung der von den Trägern der anderen
Staaten erhaltenen ärztlichen Unterlagen und Berichte gemäss Art. 40 der
Verordnung Nr. 574/72; vgl. auch Art. 51 der Verordnung Nr. 574/72) allein
nach schweizerischem Recht. Nach Art. 40 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1408/71
ist nämlich die vom Träger eines Staates getroffene Entscheidung über die
Invalidität eines Antragstellers für den Träger eines anderen betroffenen
Staates nur dann verbindlich, wenn die in den Rechtsvorschriften dieser
Staaten festgelegten Tatbestandsmerkmale der Invalidität in Anhang V dieser
Verordnung als übereinstimmend anerkannt sind, was für das Verhältnis
zwischen Österreich und der Schweiz (ebenso wie für das Verhältnis zwischen
den übrigen EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz) nicht der Fall ist.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Die Verordnung Nr. 1408/71 gilt gemäss ihrem Art. 2 Abs. 1 unter
anderem für Arbeitnehmer, "für welche die Rechtsvorschriften eines oder
mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige
eines Mitgliedstaats sind". Dabei ist im Rahmen des FZA auch die Schweiz
als "Mitgliedstaat" im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten (Art. 1
Abs. 2 von Anhang II des FZA). Da der Beschwerdeführer das Schweizer
Bürgerrecht besitzt und sowohl in der Schweiz als auch in Österreich als
Arbeitnehmer tätig war und daher für ihn die Rechtsvorschriften dieser
beiden Staaten gelten oder galten (vgl. insbesondere Art. 1 Abs. 1 AHVG in
der bis zur Übersiedlung des Versicherten nach Österreich geltenden Fassung
[BS Band 8 S. 447] und Art. 6 Abs. 1 des Sozialversicherungsabkommens mit
Österreich), ist offensichtlich nebst dem sachlichen (Erw. 2.3 hievor)
auch der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 erfüllt.

    3.2  Die Vorinstanz hält indessen das FZA und damit die Verordnung
Nr. 1408/71 für nicht anwendbar. Dabei scheint sie den zeitlichen
Geltungsbereich dieser Rechtsakte zu verneinen, weil die Neuanmeldung vor
Inkrafttreten des FZA erfolgte. Sie beginnt nämlich ihre Urteilsbegründung
damit, dass aufgrund der Beschwerdebegehren streitig und daher zu prüfen
sei, ob die Verwaltung zu Recht auf das Rentengesuch vom 14. Mai 2002 nicht
eingetreten sei, um fortzufahren, diese Frage beurteile sich aufgrund der
bei Erfüllung des zu den materiellen Rechtsfolgen führenden Tatbestandes
geltenden Bestimmungen, und verneint wenige Sätze später die Anwendbarkeit
des FZA im gleichen Zuge wie jene des ATSG. Im Gegensatz zum erst am 1.
Januar 2003 in Kraft getretenen ATSG ist das schon am 1. Juni 2002 in Kraft
getretene FZA noch vor Erlass der streitigen Verwaltungsverfügung vom 26.
August 2002 in Kraft getreten.

    3.3  Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die vorinstanzliche
Auffassung zur Frage der zeitlichen Anwendbarkeit des FZA und damit der
Koordinierungsverordnungen, auf die dieses Bezug nimmt und auf die das IVG
verweist, einer näheren Prüfung standhält. Dabei erfolgt eine Beschränkung
auf diejenigen Fälle, in denen auf das nach einer vorangehenden
Rentenverweigerung gestellte neue Rentengesuch eingetreten wird. Denn
die vorinstanzliche Annahme, die IV-Stelle sei entgegen dem Wortlaut der
Verfügung auf die Neuanmeldung eingetreten, wird von der Verwaltung,
die beantragt, der Entscheid der Rekurskommission sei zu bestätigen,
nicht bestritten und ist in Anbetracht der Tatsache, dass die IV-Stelle
im Neuanmeldungsverfahren die Akten, insbesondere das vom Versicherten
angerufene im österreichischen Gerichtsverfahren erstattete umfangreiche
pluridisziplinäre Gutachten, vor Erlass der Verwaltungsverfügung vom 26.
August 2002 zweimal ihrem Vertrauensarzt zur Prüfung unterbreitete, nicht
zu beanstanden (vgl. Urteil C. vom 31. Mai 2001, I 83/01, Erw. 1b). Da
auf die Neuanmeldung eingetreten wurde, ist das neue Leistungsbegehren
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allseitig zu prüfen (BGE 117
V 198 Erw. 3a und 200 Erw. 4b; Urteil L. vom 27. August 2003, I 526/02,
Erw. 2.3; nicht veröffentlichte Urteile R. vom 8. März 1999, I 502/97,
und G. vom 28. Januar 1998, I 293/97).

    3.4  Letzteres bedeutet in sachverhaltsmässiger Hinsicht, dass,
sofern sich ein Aspekt aus dem gesamten für die Anspruchsberechtigung
erheblichen Tatsachenspektrum wesentlich verändert hat (Urteil I. vom 9.
Januar 2004, I 571/03, Erw. 3.1; nicht veröffentlichte Urteile S. C. und
M. C. vom 18. November 1996, I 139/96, sowie M. vom 24. April 1996,
I 390/95), beispielsweise das Valideneinkommen frei überprüft werden
kann, wenn die Aktenlage oder die Parteivorbringen dazu Anlass geben,
auch wenn sich die revisionserhebliche Änderung auf ein anderes Element
der Anspruchsberechtigung, etwa die Arbeitsfähigkeit, bezieht (AHI 2002 S.
166).

    3.5  Die im vorliegenden Zusammenhang interessierende erforderliche
allseitige Prüfung in rechtlicher Hinsicht impliziert, dass - entsprechend
dem Prinzip der Rechtsanwendung von Amtes wegen, wonach Verwaltung und
Gericht auf den festgestellten Sachverhalt jenen Rechtssatz anzuwenden
haben, den sie als den zutreffenden ansehen (BGE 116 V 26 Erw. 3c,
110 V 52 Erw. 4a; SZS 45/2001 S. 562 Erw. 1b), auch ohne entsprechende
Vorbringen der versicherten Person - allfälligen während der Dauer
der Verwirklichung des zu berücksichtigenden relevanten Sachverhalts
eingetretenen Rechtsänderungen Rechnung zu tragen ist. Dies folgt daraus,
dass in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei
der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE
129 V 356 Erw. 1), und bedeutet, dass in einem Neuanmeldungsverfahren,
in dem wie vorliegend der Zeitraum zwischen dem Erlass der letzten
rechtskräftigen materiellen rentenverweigernden Verfügung und jenem der
neuen Verfügung beurteilt, mithin der bis zum letztgenannten Zeitpunkt
eingetretene Sachverhalt berücksichtigt wird, auch den bis zum Erlass
der neuen Verfügung in Kraft getretenen Rechtsänderungen Rechnung zu
tragen ist.

    3.6  Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen der Invaliditätsgrad seit
Erlass der früheren rechtskräftigen Verfügung keine Veränderung erfahren
hat, in denen also bei Fehlen einer Rechtsänderung das neue Rentengesuch
ohne weiteres abzuweisen wäre (BGE 117 V 198 Erw. 3a). Wie bei einer
Erhöhung des Invaliditätsgrades, die nach altem Recht noch immer nicht zu
einem Rentenanspruch führt, zu prüfen ist, ob es sich um einen nach neuem
Recht rentenbegründenden Invaliditätsgrad handelt, ist bei unverändertem
Invaliditätsgrad, der nach altem Recht nicht zu einem Rentenanspruch führt,
zu prüfen, ob dieser Invaliditätsgrad nach neuem Recht für die Zusprechung
einer Rente ausreicht. Führt der bestätigte oder neue Invaliditätsgrad
nach neuem Recht - unter Vorbehalt der Erfüllung der Wartezeit (Art. 29
IVG) - zu einem Rentenanspruch, ist der Neuanmeldung für die Zeit ab
Inkrafttreten des neuen Rechts zu entsprechen. Würde man einem neuen
Rentengesuch, ohne die Beurteilung ausdrücklich auf den Zeitraum bis zum
Inkrafttreten des neuen Rechts zu beschränken, nicht stattgeben, obwohl
nach neuem Recht ein Rentenanspruch bestünde, würde man in unzulässiger
Weise dem objektiven Recht widersprechende Entscheidungen treffen, auf
die nur unter den sehr restriktiven Voraussetzungen der Wiedererwägung
wegen anfänglicher rechtlicher Unrichtigkeit zurückgekommen werden könnte
(siehe zur Wiedererwägung BGE 129 V 202 Erw. 1.1, 127 V 14 Erw. 4b und
469 Erw. 2c, 125 V 389 Erw. 3, 119 V 479 Erw. 1b/cc und 483 Erw. 4,
117 V 12 Erw. 2a und 21 Erw. 2d; Art. 53 Abs. 2 ATSG).

    3.7  Wenn in einem Neuanmeldungsverfahren, welches nur innerstaatliches
Recht betrifft, der Sachverhalt und die Rechtslage von Amtes wegen bis zum
Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsverfügung berücksichtigt werden, ist
hinsichtlich des FZA und der Rechtsakte, auf die darin Bezug genommen wird,
mangels einer gegenteiligen Bestimmung in diesen Rechtstexten schon wegen
des Grundsatzes der Gleichwertigkeit, wonach die Verfahrensmodalitäten
für eurointernationale Sachverhalte nicht weniger günstig sein dürfen als
bei gleichartigen Verfahren, die das innerstaatliche Recht betreffen
(BGE 130 V 135 Erw. 3.1, 128 V 318 Erw. 1c), gleich vorzugehen
(wobei selbstverständlich die Berücksichtigung des Gemeinschafts-
bzw. Abkommensrechts die Anwendung von Bestimmungen miteinschliesst,
die eine allfällige - in Fällen wie dem vorliegenden nicht ersichtliche -
Schlechterstellung durch das neue Recht verhindern [siehe Art. 118 f. der
Verordnung Nr. 574/72]). Ob das Gemeinschafts- bzw. Abkommensrecht die
Berücksichtigung von Sachverhalt und Rechtslage bis zum erwähnten Zeitpunkt
auch abgesehen vom Gleichwertigkeitsprinzip gebietet, sei es aufgrund
einer spezifischen Norm (vgl. in diesem Zusammenhang Art. 118 f. der
Verordnung Nr. 574/72) oder durch den Grundsatz der Effektivität, wonach
die Verfahrensmodalitäten nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die
Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung bzw. das Abkommensrecht
verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermässig erschweren
(BGE 130 V 135 f. Erw. 3.1, 128 V 318 Erw. 1c), kann daher dahingestellt
bleiben.

    3.8  Nach dem Gesagten hätte die Vorinstanz, nachdem sie
sachverhaltsmässig (zu Recht) den ganzen Zeitraum zwischen der
alten Verfügung vom 30. November 2001 und der neuen Verfügung vom
26. August 2002 beurteilte, für die Zeit ab Inkrafttreten des FZA -
eine rückwirkende Anwendung des durch das FZA hinsichtlich der sozialen
Sicherheit eingeführten Koordinierungsrechts auf einen vor Inkrafttreten
des Abkommens liegenden Zeitraum ist ausgeschlossen (Art. 94 Abs. 1
und 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71; BGE 128 V 317 Erw. 1b/aa) -
das FZA und die Koordinierungsverordnungen, auf die dieses Bezug nimmt,
von Amtes wegen berücksichtigen müssen und deren Anwendungsbereich
auch in zeitlicher Hinsicht nicht verneinen dürfen. Dementsprechend
hätte sie sich nicht mit dem Hinweis begnügen dürfen, dass Personen,
denen aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes bisher kein Anspruch auf
eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zustand, bei Wohnsitz in
einem EU-Mitgliedstaat seit Inkrafttreten des FZA eine solche Leistung
beantragen können (vgl. dazu Art. 94 Abs. 4 und 95 Abs. 4 der Verordnung
Nr. 1408/71), sondern hätte von Amtes wegen prüfen müssen, ob ein solcher
Anspruch besteht (was sie allerdings, da sie von einem Invaliditätsgrad
von unter 40 % ausging, ohnehin verneint hätte).

    3.9  Entgegen der vermutlichen Auffassung der Vorinstanz besteht
kein Grund, für die Frage des anwendbaren Rechts auf den Zeitpunkt der
Neuanmeldung abzustellen. Dieser Zeitpunkt wäre nur dann ausschlaggebend,
wenn der zu Rechtsfolgen führende Tatbestand im punktuellen, vor der
Rechtsänderung abgeschlossenen Sachverhaltselement des Stellens des neuen
Rentengesuchs zu sehen wäre. Vorliegend beschränkt sich indessen der
zu Rechtsfolgen führende Tatbestand nicht auf die Neuanmeldung, sondern
besteht in einem noch im Verfügungszeitpunkt anhaltenden, insbesondere
den Gesundheitszustand des Versicherten umfassenden Dauersachverhalt,
ist doch ein Vergleich anzustellen zwischen der im Zeitpunkt der früheren
ablehnenden Verfügung vom 30. November 2001 gegebenen Situation auf
der einen und den im Zeitpunkt der neuen Verfügung vom 26. August 2002
gegebenen Verhältnissen auf der anderen Seite. Da der Sachverhalt bis
zum Verfügungszeitpunkt zu beurteilen ist, ist auch die bis zu diesem
Zeitpunkt eingetretene Entwicklung der Rechtslage zu berücksichtigen.

    3.10  Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das FZA und die
Koordinierungsverordnungen, auf welche dieses Bezug nimmt, im vorliegenden
Verfahren - unabhängig davon, ob der Invaliditätsgrad seit Erlass der
früheren rentenverweigernden Verfügung eine Veränderung erfahren hat -
für die Zeit ab Inkrafttreten des Abkommens am 1. Juni 2002 anwendbar
sind und bei der Beurteilung ab diesem Zeitpunkt daher insbesondere
der Verordnung Nr. 1408/71, die den Export von Viertelsrenten der
Invalidenversicherung verlangt (Erw. 2.3 hievor), Rechnung zu tragen ist.