Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 V 163



130 V 163

27. Auszug aus dem Urteil i.S. L. gegen IV-Stelle des Kantons Aargau und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau

    I 281/02 vom 9. Januar 2004

Regeste

    Art. 21 Abs. 1, Art. 27 Abs. 1 IVG; Art. 14 Abs. 1, Art. 24 Abs. 2 IVV;
Art. 2 Abs. 4 HVI, Ziff. 5.07 HVI Anhang: Bedeutung des vom Bundesamt
für Sozialversicherung mit den Leistungserbringern per 1. April 1999
abgeschlossenen Tarifvertrages für die Hörgeräteabgabe.

    Eine den tarifvertraglichen Ansätzen entsprechende Abgabe eines
Hörgeräts hat die Vermutung für sich, eine hinreichende Hörgeräteversorgung
zu gewährleisten. Voraussetzungen, unter denen die Invalidenversicherung
ein über die tarifvertraglichen Ansätze hinausgehendes Hörgerät zu
übernehmen hat (Erw. 4).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.

    3.1

    3.1.1  Invalide oder von einer Invalidität bedrohte Versicherte haben
Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet
sind, die Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, zu verbessern, zu erhalten
oder ihre Verwertung zu fördern. Dabei ist die gesamte noch zu erwartende
Arbeitsdauer zu berücksichtigen (Art. 8 Abs. 1 IVG). Nach Massgabe der
Artikel 13, 19, 20 und 21 besteht der Anspruch auf Leistungen unabhängig
von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben (Abs. 2). Zu
diesen Eingliederungsmassnahmen gehört auch die Abgabe von Hilfsmitteln
(Abs. 3 lit. d).

    Die versicherte Person hat gemäss Art. 21 Abs. 1 IVG (vor und nach
dem vollendeten 20. Altersjahr, vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 IVG
in der jeweils bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) im Rahmen
einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel,
deren sie für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in
ihrem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke
der funktionellen Angewöhnung bedarf. Die versicherte Person, die infolge
ihrer Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes
mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat
im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die
Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel (Abs. 2). Die Hilfsmittel
werden zu Eigentum oder leihweise in einfacher und zweckmässiger Ausführung
abgegeben. Durch eine andere Ausführung verursachte zusätzliche Kosten
hat die versicherte Person selbst zu tragen. Ersetzt ein Hilfsmittel
Gegenstände, die auch ohne Invalidität angeschafft werden müssen, so
kann der versicherten Person eine Kostenbeteiligung auferlegt werden
(Abs. 3). Der Bundesrat kann nähere Vorschriften erlassen, insbesondere
über die Weiterverwendung leihweise abgegebener Hilfsmittel nach Wegfall
der Anspruchsvoraussetzungen (Abs. 4).

    Der Bundesrat hat in Art. 14 Abs. 1 IVV die Befugnis zum Erlass
der Hilfsmittelliste an das Departement des Innern delegiert, welches
gestützt darauf die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch
die Invalidenversicherung vom 29. November 1976 (HVI) mit der im Anhang
aufgeführten Liste der Hilfsmittel erlassen hat, auf deren Abgabe die
Versicherten grundsätzlich Anspruch haben.

    Laut Art. 2 HVI besteht im Rahmen der im Anhang aufgeführten
Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung,
die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge
notwendig sind (Abs. 1); Anspruch auf die in dieser Liste mit *
bezeichneten Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Ausübung einer
Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung,
die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen
Hilfsmitteln ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2). Der
Anspruch erstreckt sich auch auf das invaliditätsbedingte Zubehör und
die invaliditätsbedingten Anpassungen (Abs. 3). Es besteht nur Anspruch
auf Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung. Durch eine
andere Ausführung bedingte zusätzliche Kosten hat der Versicherte selbst
zu tragen. Beim Fehlen von vertraglich vereinbarten Tarifen können vom
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) angemessene Höchstbeiträge im
Sinne von Artikel 27 IVG festgelegt werden (Abs. 4).

    Gemäss Ziff. 5.07 HVI Anhang steht den Versicherten der Anspruch auf
Abgabe von Hörgeräten bei Schwerhörigkeit zu, sofern das Hörvermögen durch
ein solches Gerät namhaft verbessert wird und sie sich wesentlich besser
mit der Umwelt verständigen können.

    3.1.2  Nach Art. 27 IVG ist der Bundesrat befugt, mit der Ärzteschaft,
den Berufsverbänden der Medizinalpersonen und der medizinischen
Hilfspersonen, den Anstalten und Werkstätten, die Eingliederungsmassnahmen
durchführen, sowie den Abgabestellen für Hilfsmittel Verträge zu
schliessen, um die Zusammenarbeit mit den Organen der Versicherung zu
regeln und die Tarife festzulegen (Abs. 1). In den Verträgen können
paritätische Kommissionen zur Schlichtung und Schiedsgerichte zur
Entscheidung von Anständen zwischen den Vertragsschliessenden vorgesehen
werden (Abs. 2). Soweit kein Vertrag besteht, kann der Bundesrat die
Höchstbeträge festsetzen, bis zu denen den Versicherten die Kosten der
Eingliederungsmassnahmen vergütet werden (Abs. 3).

    Die Kompetenz zum Abschluss von Verträgen gemäss Art. 27 Abs. 1 IVG
hat der Bundesrat in Art. 24 Abs. 2 IVV an das BSV delegiert. Auch ist
das BSV auf Grund der Subdelegation in Art. 2 Abs. 4 HVI ermächtigt, beim
Fehlen von vertraglichen Tarifen angemessene Höchstbeiträge im Sinne von
Art. 27 IVG festzulegen.

    Der versicherten Person steht die Wahl unter den Abgabestellen
für Hilfsmittel frei, wenn sie den kantonalen Vorschriften und den
Anforderungen der Versicherung genügen (vgl. Art. 26bis Abs. 1 IVG). Von
der ihm durch Abs. 2 des Art. 26bis IVG eingeräumten Kompetenz,
Vorschriften für die Zulassung der Leistungserbringer zu erlassen,
hat der Bundesrat nur im Sonderschulbereich mit der Verordnung über die
Zulassung von Sonderschulen in der Invalidenversicherung (SZV) Gebrauch
gemacht. In allen anderen Leistungsbereichen bestehen keine solchen
Zulassungsvorschriften; hier kommt mit Blick auf das freie Wahlrecht des
Versicherten nur der Vorbehalt der kantonalen Vorschriften zum Zug (BGE
121 V 11 Erw. 5b, ZAK 1982 S. 325 Erw. 3). Entsprechend eingeschränkt
ist die Prüfungszuständigkeit des Sozialversicherungsgerichts (EVGE 1968
S. 263; MEYER-BLASER, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG],
in: MURER/STAUFFER [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum
Sozialversicherungsgericht, Zürich 1997, S. 188).

    3.1.3  Das Bundesamt sorgt für eine einheitliche Anwendung des Gesetzes
(Art. 64 Abs. 2 Satz 2 IVG). Die Aufsicht gemäss Art. 64 IVG wird durch
das Departement oder in dessen Auftrag durch das Bundesamt ausgeübt. Das
Bundesamt erteilt den mit der Durchführung der Versicherung betrauten
Stellen für den einheitlichen Vollzug im Allgemeinen und im Einzelfall
Weisungen (Art. 92 Abs. 1 IVV).

    3.2

    3.2.1  Das BSV hat die Abgabe von Hörgeräten gemäss den eben
aufgeführten Bestimmungen zunächst in der Wegleitung über die Abgabe
von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (WHMI), gültig ab
1. Januar 1993, konkretisiert. In den Rz 5.07.1 ff. WHMI wurden die
Art der abzugebenden Geräte, insbesondere die Voraussetzungen einer
binauralen Versorgung (Rz 5.07.3), die Voraussetzungen für die Abgabe
einer Fernbedienung und das Abgabeverfahren mit erster und zweiter
Expertise (Rz 5.07.11 ff.) umschrieben. Rz 5.07.8 hielt überdies fest,
dass Hörgeräte, deren Anschaffungskosten die Kostenlimiten überstiegen,
nur dann zu Lasten der Invalidenversicherung abgegeben würden, wenn keine
preisgünstigeren Geräte den Anforderungen zu genügen vermöchten, wobei sich
die Schlussexpertise (Rz 5.07.20) darüber auszusprechen habe. Im Anhang 1
wurde allgemein für alle Hilfsmittel ausgeführt, es sei denkbar, dass die
Anschaffung von Hilfsmitteln verlangt werde, deren Preis die festgesetzten
Limiten überschreite. Die Kostenübernahme könne in solchen Fällen geprüft
werden, wenn nachgewiesen sei, dass die Preisüberschreitung durch die
Garantie einer überdurchschnittlichen Lebensdauer und durch tadellose
Service-Leistungen wettgemacht werde. Anhang 1.1 der WHMI enthielt
schliesslich Kostenlimiten und Tarifpositionen bei den verschiedenen
Dienstleistungen und Arten von Hörgeräten.

    Am 31. Juli 1995 schloss das BSV einen Tarifvertrag zur Abgabe
von Hörgeräten mit den verschiedenen Akustikervereinigungen ab, der
per 1. September 1995 in Kraft trat und mit Änderung der Rz 5.07.7 WHMI
ab 1. September 1995 für anwendbar erklärt wurde. Dabei wurden diverse
Randziffern geändert, insbesondere wurde die spezielle Ausnahmebestimmung
in Rz 5.07.8 gestrichen, hingegen die allgemeine Ausnahmebestimmung
von Anhang 1 beibehalten. Im März 1997 wurde dieser Vertrag wieder
gekündigt. Auf den 1. April 1999 trat der neue, nunmehr geltende
Tarifvertrag für die Hörgeräteabgabe in Kraft.

    3.2.2  Der geltende auf den 1. April 1999 in Kraft getretene
neue Hörgeräte-Tarif ist ein Tarifvertrag, welcher nicht mehr mit
Branchenvertretern, sondern zwischen der IV/AHV, vertreten durch
das BSV, einerseits und dem jeweiligen auf der Lieferantenliste (=
Anhang 7 zum Tarifvertrag für Hörgeräte) figurierenden Akustik-Geschäft
anderseits abgeschlossen wird. Er regelt Geltungsbereich und Zulassung,
die Pflichten der Vertragspartner, Art und Umfang der Leistungen, die
Leistungserbringung, Rechnungsstellung und Rückerstattung, Höhe der
Vergütung der Leistungen, Datenschutz, Qualitätssicherung, Massnahmen
bei Nichterfüllung vertraglicher Abmachungen sowie In-Kraft-Treten,
Vertragsanpassungen und Kündigung. Der Tarifvertrag hat sieben Anhänge:
1. Voraussetzungen für die Aufnahme in die Lieferantenliste, 2. Die
vergleichende Anpassung, 3. Die Tarifpositionen IV und AHV, 4. Das
Ablaufschema der Hörgeräteanpassung, 5. Die Definitionen von Anpassung,
Service/Unterhalt und Nachbetreuung, 6. Die Hörgeräteliste und 7.
Die Lieferantenliste.

    Neu beruht die Tarifgestaltung auf dem Indikationenmodell. Wesentlich
ist Art. 4 des Vertrages, wonach Art und Umfang der Leistungen durch
die medizinische Indikation im Sinne des Anhanges 3 - und nicht mehr wie
bisher nach einer technischen Indikation (vgl. HEINER WAEHRY, Der neue
Hörgeräte-Tarif, in: CHSS 1999, S. 92 ff.) - bestimmt werden (Art. 4.1
Tarifvertrag). Die Abgabe von Hörgeräten zu Lasten der IV/AHV muss
medizinisch indiziert sein, von einem Expertenarzt/einer Expertenärztin
verordnet (Expertise 1) und abschliessend von diesem/ dieser überprüft
werden (Schlussexpertise oder Expertise 2). Für die Invalidenversicherung
gilt die Abgabe erst nach Eintreffen der Schlussexpertise des/der
Expertenarztes/-ärztin bei der IV-Stelle als abgeschlossen (Art. 4.2
Tarifvertrag). Für die Versicherungen dürfen nur Geräte angepasst und
verrechnet werden, welche auf der Hörgeräteliste des BSV (= Anhang 6)
aufgeführt sind und für welche ein einwandfreier Informations-, Kunden-
und Reparaturdienst durch eine Vertretung oder Niederlassung in der
Schweiz gewährleistet ist (Art. 4.3 Tarifvertrag).

    Das Vertragswerk basiert auf der Grundüberlegung, dass eine -
gemäss Anhang 4 (Ablaufschema einer Hörgeräteanpassung) vorzunehmende -
Ermittlung der medizinischen Indikation der jeweils am Recht stehenden
versicherten Person eine einwandfreie Hörgeräteversorgung garantiert,
welche mit den Tarifpositionen für die Invalidenversicherung und (75 %
davon) für die AHV gemäss Anhang 3 hinreichend entschädigt wird. Der neue
Hörgeräte-Tarif bezweckt daher einerseits, die IV/AHV von der Übernahme
unnötiger Hörgerätekosten zu bewahren, anderseits der versicherten Person
eine genügende, d.h. eine so genannte "zuzahlungsfreie Versorgungsvariante"
zu gewährleisten. Diesem Zweck dient der Anhang 2 über die vergleichende
Anpassung, welche der versicherten Person zu beurteilen erlaubt, ob ihr der
Hörgerätehersteller die bestmögliche zuzahlungsfreie Variante anbietet.
Verzichtet die versicherte Person auf eine vergleichende Anpassung, hat
sie dies bei Mehrkosten schriftlich zu bestätigen (Ziff. 2 von Anhang 2).

    In Bezug auf das Hörgerät und die für seine Anpassung erforderliche
Dienstleistung sehen die Hörgerätetarife der Invalidenversicherung und
der AHV gemäss Anhang 3 (in der Fassung vom 8. August 2001 und unter
Ausserachtlassung der Tarifierung besonderer Leistungen [Cross-Versorgung,
Bi-Cross-Versorgung, Ohrpassstück vergolden oder verglasen, Brillenfront,
erfolglose Anpassung, vorzeitige Anpassung, Reparaturen]) auszugsweise
Folgendes vor:

    Die Preislimite insgesamt (variabler Maximalpreis für das Hörgerät und
fixe Pauschale für die Dienstleistung) beträgt (exklusiv Mehrwertsteuer)
bei der medizinischen Indikationsstufe 1 monaural Fr. 1'840.- (Fr. 870.-
+ Fr. 970.-) und binaural Fr. 3'160.- (Fr. 1'735.- + Fr. 1'425.-), bei
der medizinischen Indikationsstufe 2 monaural Fr. 2'190.- (Fr. 1'000.- +
Fr. 1'190.-) und binaural Fr. 3'690.- (Fr. 1'990.- + Fr. 1'700.-) sowie
bei der medizinischen Indikationsstufe 3 monaural Fr. 2'710.- (Fr. 1'305.-
+ Fr. 1'405.-) und binaural Fr. 4575.- (Fr. 2'610.- + Fr. 1'965.-).

    Was nun die Erreichung der Indikationsstufe 1 (einfache Versorgung;
25 bis 49 Punkte erforderlich), Indikationsstufe 2 (komplexere
Versorgung; 50 bis 75 Punkte erforderlich) und Indikationsstufe 3
(sehr komplexe Versorgung; mehr als 75 Punkte erforderlich) anbelangt,
beruht diese Tarifgestaltung auf den Empfehlungen der Schweizerischen
Gesellschaft für Oto-Rhino-Laryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie
für IV-Expertenärzte zur Verordnung und Überprüfung der Anpassung
von Hörgeräten. Die Erstexpertise mit Indikationsstufenberechnung
(Standardexpertise) nimmt eine Einstufung vor nach der Summe von Punkten,
die auf Grund von verschiedenen Kriterien berechnet werden. Es sind
dies audiometrische Kriterien (Tonaudiogramm, Sprachaudiogramm in Ruhe,
überschwellige Prüfungen), sozial-emotionales Handicap sowie berufliche
Kommunikationsanforderungen (nur für Erwerbstätige).

    Diese Kriteriengruppe gemäss Ziff. 4.1.1 der Expertenempfehlungen
muss je nach dem Status der versicherten Person gewichtet werden. Die
audiologischen Kriterien werden im Regelfall mit maximal 50 Punkten
gewichtet (Tonaudiogramm 17 Punkte, Sprachaudiogramm 17 Punkte,
überschwellige Tests 16 Punkte), das sozial-emotionale Handicap mit
maximal 25 Punkten und die beruflichen Kommunikationsanforderungen mit
ebenfalls maximal 25 Punkten (Ziff. 4.2.2 der Expertenempfehlungen). Bei
den Nichterwerbstätigen gewichtet die Erstexpertise im IV-Alter die
audiologischen Kriterien mit maximal 65 Punkten und das sozial-emotionale
Handicap mit maximal 35 Punkten, wogegen die Berücksichtigung der
beruflichen Kommunikationsanforderungen hier naturgemäss entfällt
(Ziff. 4.3.2 der Expertenempfehlungen). Was die Erstexpertise im
AHV-Alter anbelangt, muss die Einteilung der Indikationsstufen
berücksichtigen, dass die Hörgeräteversorgung im Alter - anders als
in der Invalidenversicherung - nach Ziff. 5.57 HVA eine hochgradige
Schwerhörigkeit voraussetzt, weshalb die Hochgradigkeit mit dem Erreichen
von 40 Punkten definiert wird. Es braucht somit 40 bis 49 Punkte für
die Indikationsstufe 1 (einfache Versorgung), 50 bis 75 Punkte für
die Indikationsstufe 2 (komplexere Versorgung) und mehr als 75 Punkte
für die Indikationsstufe 3 (sehr komplexe Versorgung; Ziff. 4.4.1 der
Expertenempfehlungen). Die Kriterien werden gleich gewichtet wie bei den
IV-Nichterwerbstätigen, d.h. die audiologischen Kriterien mit maximal 65
Punkten und das sozial-emotionale Handicap mit maximal 35 Punkten (Ziff.
4.4.2 der Expertenempfehlungen). Besondere Richtlinien gelten für die
Expertentätigkeit bei Säuglingen und Kleinkindern (Abschnitt 6 der
Expertenempfehlungen). Die Kinder werden drei Kategorien zugeordnet:
K 1 = Kinder im Vorschulalter bis 7 Jahre (sowie Schulkinder bis
zur vollendeten zweiten Primarklasse), K 2 = Kinder mit weit gehend
normaler Sprachentwicklung ab 8 Jahre (ab der 3. Primarklasse) bis
zum Erreichen des Erwachsenenalters, K 3 = Kinder jeglichen Alters mit
zusätzlichen Erschwernissen, wie insbesondere Fremdsprachigkeit, Kinder
mit Entwicklungsdefiziten insbesondere im sprachlichen und kognitiven
Bereich, Kinder mit Lern- und Zusatzbehinderungen. Geistig behinderte
Erwachsene können analog zu Kategorie K 3 behandelt werden.

    Dabei sind für das Hörgeräteexpertisenwesen zuständig für die Kinder
der Kategorie K 2 alle Expertenärzte und für die Kinder der Kategorien
K 1 und K 3 die pädaudiologischen Zentren (gemäss Abschnitt 7.8 der
Expertenempfehlungen) oder die pädaudiologischen Teams (gemäss Abschnitten
6.2 und 6.3 der Expertenempfehlungen). Zu beachten ist insbesondere, dass
bei den Kindern der Kategorie K 2 die Erstexpertise grundsätzlich nach
den Empfehlungen für die Erwachsenenexpertise durchgeführt wird. Doch kann
der Expertenarzt bei erheblichen weiteren Erschwernissen, wie insbesondere
Stimm- und Sprachstörungen, Fremdsprachigkeit, entwicklungspsychologische
Auffälligkeiten und Verhaltensstörungen unter Angabe der Gründe den
Antrag auf eine höhere Indikationsstufe stellen (Abschnitt 6.4 der
Expertenempfehlungen).

    3.2.3  Mit der Neufassung der Wegleitung über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung auf den 1. Februar 2000
ist der auf den 1. April 1999 in Kraft getretene Tarifvertrag mitsamt
Anhängen und fachärztlichen Empfehlungen auf Weisungsstufe verankert
worden (Rz 5.07.01 ff. KHMI, in der seit 1. Februar 2000 gültigen
Fassung). Danach richtet sich das formelle Abgabeverfahren in der Regel
nach dem Ablaufschema im Anhang (4) des Hörgerätetarifvertrages (Rz
5.07.01 KHMI). In jedem Fall ist durch einen zugelassenen Spezialarzt eine
audiologische Abklärung durchzuführen (Rz 5.07.03 KHMI). Die Expertenärztin
hat für die Mitteilung des Ergebnisses der 1. Expertise (Einteilung in
die massgebliche Indikations-Stufe) das dazu erforderliche Formular im
Doppel an die IV-Stelle zu schicken (Rz 5.07.04 Satz 1 KHMI).

Erwägung 4

    4.

    4.1  Im vorliegenden Fall erfolgte die Zusprechung eines
Kostenbeitrages an die digitale Hörgeräteversorgung der Beschwerdeführerin
über Fr. 4918.15 (inklusive Mehrwertsteuer) in Anwendung des eben
dargestellten Tarifvertrages. Zu prüfen ist, ob diese Anwendung des
Tarifs, insbesondere die Begrenzung des Anspruchs auf den Höchstbetrag
der Indikationsstufe 3 gemäss Tarifvertrag in der Höhe von Fr. 4918.15,
vor Bundesrecht standhält (Art. 104 lit. a OG).

    4.2  Zunächst ist ein vom BSV mit den Leistungserbringern
abgeschlossener Tarifvertrag insofern als bundesrechtskonform zu
betrachten, als die Ermächtigung des BSV zum Abschluss von Tarifverträgen
auf zulässiger Gesetzesdelegation beruht. Insbesondere ist das BSV auch
ermächtigt, Höchstbeträge für die Vergütung der vom Leistungserbringer
in Rechnung gestellten Kosten festzusetzen, dies sowohl im Rahmen
eines mit Leistungserbringern vereinbarten Tarifvertrages als auch -
in Ermangelung eines solchen - auf dem Weg von Verwaltungsweisungen, ist
doch die erforderliche Grundlage im einen wie im anderen Fall vorhanden
(Art. 27 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 2 IVV und Art. 27
Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 4 HVI, vgl. Erw. 3.1.2 hievor, BGE
105 V 258, ZAK 1987 S. 581, unveröffentlichtes Urteil K. vom 19. Februar
1986, I 181/85).

    Auch die Beschränkung des Leistungsanspruchs auf die
die bundesrechtlichen Anforderungen erfüllenden und daher
zugelassenenLeistungserbringer ist grundsätzlich zulässig (AHI 1999 S. 172,
ZAK 1988 S. 88).

    4.3

    4.3.1  Was sodann die Übereinstimmung der einzelnen vom BSV
vereinbarten Tarifbestimmungen mit den materiellen Gesetzesbestimmungen
betrifft, die den Leistungsanspruch der Versicherten umschreiben,
ist festzuhalten, dass Tarifverträge ebenso wie Verwaltungsweisungen
des BSV keine eigenen Rechtsregeln, sondern nur eine Konkretisierung
und Umschreibung der gesetzlichen und verordnungsmässigen Bestimmungen
darstellen. Es handelt sich hierbei um Vorgaben an die Vollzugsorgane der
Versicherung über die Art und Weise, wie diese ihre Befugnisse auszuüben
haben. Als solche stellen Tarifverträge wie die Verwaltungsweisungen den
- im Rahmen der Vertragsverhandlungen durchgesetzten - Standpunkt der
Verwaltung über die Anwendung der Rechtsregeln dar und dienen im Rahmen
der fachlichen Aufsicht des BSV (vgl. Art. 64 IVG in Verbindung mit
Art. 92 IVV) einer einheitlichen Rechtsanwendung, um eine Gleichbehandlung
der Versicherten, aber auch die verwaltungsmässige Praktikabilität zu
gewährleisten (BGE 129 V 204 Erw. 3 mit Hinweisen, ZAK 1987 S. 581,
1986 S. 235). Deshalb richten sich solche Ausführungsvorschriften
rechtsprechungsgemäss nur an die Durchführungsstellen; für das
Sozialversicherungsgericht sind sie nicht verbindlich (BGE 129 V 205
Erw. 3.2 mit Hinweisen).

    Dies heisst indessen nicht, dass Tarifvertrag und Verwaltungsweisungen
für das Sozialversicherungsgericht unbeachtlich sind. Vielmehr soll das
Gericht sie berücksichtigen, soweit sie eine dem Einzelfall angepasste
und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen
zulassen (BGE 129 V 205 Erw. 3.2, 127 V 61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b,
427 Erw. 5a, je mit Hinweisen). Das Gericht weicht also nicht ohne
triftigen Grund von einem Tarifvertrag oder von Verwaltungsweisungen
ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der gesetzlichen und
verordnungsmässigen Leistungsvoraussetzungen darstellen. Insofern wird
dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche
Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen.

    4.3.2  Mit Bezug auf die zulässige Konkretisierung der normativen
Anspruchsgrundlagen hat das Eidgenössische Versicherungsgericht für
Preislimiten, die das BSV gestützt auf Art. 92 Abs. 1 IVV in Verbindung
mit Art. 64 Abs. 1 IVG für die Abgabe von Hilfsmitteln in der WHMI (später
KHMI) festgesetzt hat, bereits entschieden, dass diese so festgesetzt sein
müssen, dass sie den Hilfsmittelanspruch der versicherten Person nicht
einschränken. Mit anderen Worten vermögen vom BSV festgesetzte, an sich
zulässige Preislimiten (im Verhältnis versicherte Person - Versicherung)
den sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch (im Verhältnis
Leistungserbringer - Versicherung) nicht rechtswirksam zu beschränken
(BGE 123 V 18, 114 V 90, ZAK 1992 S. 208, unveröffentlichtes Urteil Z. vom
30. April 1998, I 347/97). Für tarifvertragliche Höchstansätze kann es
sich nicht anders verhalten.

    4.3.3  Für den zur Diskussion stehenden Tarifvertrag, der die
Hörgeräteabgabe durch die Invalidenversicherung regelt, stellt sich
daher die Frage, inwieweit das Gericht diesen und insbesondere die
darin festgelegten Höchstbeträge bei der Beurteilung eines einzelnen
Leistungsanspruchs zu berücksichtigen hat, und zwar auf Grund des in Erw.
4.3.1 Gesagten unabhängig davon, ob der Tarifvertrag in der KHMI verankert
wurde (wie vorliegend, vgl. Erw. 3.2.3) oder nicht. Entscheidender
Gesichtspunkt für die Beantwortung dieser Frage bildet dabei, dass
die Ausgestaltung des Tarifvertrages im Einklang mit den normativen
Anspruchsvoraussetzungen der Hörgeräteversorgung steht, wie sie in Art. 21
Abs. 3 IVG, Art. 2 Abs. 4 HVI und Ziff. 5.07 HVI Anhang in Verbindung
mit Art. 8 Abs. 1 IVG umschrieben sind.

    In erster Linie geht es um den in Art. 21 Abs. 3 IVG verankerten
und in Art. 2 Abs. 4 HVI wiederholten Grundsatz der Einfachheit
und Zweckmässigkeit der Hilfsmittelversorgung. Von Bedeutung sind
aber auch die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen der Geeignetheit,
Erforderlichkeit und Eingliederungswirksamkeit gemäss Art. 8 IVG, denen
die Hörgeräteversorgung unterliegt (vgl. BGE 129 V 67 Erw. 1.1.1). So
hat eine versicherte Person nicht auf die nach den gegebenen Umständen
bestmöglichen Vorkehren Anspruch, sondern in der Regel nur auf die dem
jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, da das
Gesetz die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen will, als diese
im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 124 V 110 Erw. 2a,
122 V 214 Erw. 2c, 121 V 260 Erw. 2c, je mit Hinweisen). Das heisst, die
vereinbarten Tarifbestimmungen müssen so ausgestaltet sein, dass deren
Anwendung bei Schwerhörigkeit eine Hörgeräteversorgung gewährleistet,
die zwar nur, aber immerhin in einfacher und zweckmässiger Weise das
mit der Hörgeräteabgabe angestrebte Eingliederungsziel, die adäquate
Verständigung im beruflichen oder Tätigkeitsbereich, erreicht (vgl. SVR
2002 IV Nr. 13 S. 41). Insbesondere die Anwendung der Höchstbeträge im
Rahmen des vertraglich vorgesehenen Indikationenmodells darf deshalb nicht
dazu führen, dass der versicherten Person ein Hörgerät vorenthalten
wird, das sich auf Grund ihres besonderen invaliditätsbedingten
Eingliederungsbedürfnisses als notwendig erweist. Massgebend bleibt stets
der gesetzliche Anspruch auf Hörgeräteabgabe und damit das spezifische
Eingliederungsbedürfnis der einzelnen versicherten Person, das mit der
Hörgeräteversorgung befriedigt werden soll.

    4.3.4  Sowohl das im Tarifvertrag vorgesehene Indikationsstufensystem
selber als auch die Tarifierung der Indikationsstufen sind das Resultat
einer jahrelangen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den
audiologischen Fachexperten, den Hörgeräteherstellern und -verkäufern sowie
dem BSV als Aufsichtsbehörde. Bei der Hörgeräteversorgung sind naturgemäss
die Grenzen zwischen behinderungsbedingtem Eingliederungsbedarf und
persönlichem Wunsch nach Hörkomfort fliessend. Entsprechend dem
technologischen Wandel der Versorgungsmöglichkeiten können die
tarifarischen Ansätze angepasst werden. Aus rechtlicher Sicht sind
keine Gründe auszumachen, die gegen eine überzeugende Konkretisierung
der normativen Leistungsvoraussetzungen der Hörgeräteversorgung durch
das vom BSV erarbeitete Vertragswerk sprechen. Es besteht deshalb kein
Anlass, aus grundsätzlichen Überlegungen in den Gestaltungsspielraum der
Vertragsparteien einzugreifen. Vielmehr ist, im Sinne einer Vermutung,
davon auszugehen, dass in der Regel eine diesen tarifvertraglichen
Ansätzen entsprechende Leistungszuerkennung den invaliditätsbedingten
Eingliederungsbedürfnissen im Einzelfall Rechnung trägt und in einfacher
wie zweckmässiger Weise zum Eingliederungserfolg im Sinne einer adäquaten
Verständigung führt.

    Der Einwand, dass es sich ausnahmsweise gegenteilig verhält, dass
also im Einzelfall aus besonderen invaliditätsbedingten Gründen eine die
tarifvertraglichen Ansätze übersteigende Hörgeräteversorgung notwendig
sei, bleibt indessen nach geltendem Recht zulässig. Denn auf Grund der
dargelegten gesetzlichen Konzeption (Erw. 4.3.1-3) ist letztlich stets
das konkrete Eingliederungsbedürfnis der Versicherten massgebend. Deshalb
bleibt die gerichtliche Prüfung, ob die tarifarisch vergüteten Höchstpreise
dem invaliditätsbedingten Eingliederungsbedürfnis im konkreten Einzelfall
Rechnung tragen, stets vorbehalten. Jedoch trägt die versicherte Person
die Beweislast für die von ihr behauptete Ausnahmesituation. Sie muss
substanziiert begründen, weshalb die ihr - gestützt auf den vermutungsweise
eine ausreichende Eingliederung zulassenden Tarifvertrag - zugesprochene
Hörgeräteversorgung in ihrem Fall dem Eingliederungsziel der adäquaten
Verständigung nicht zu genügen vermag. Der Beweis ist erbracht, wenn auf
Grund der Aktenlage, insbesondere einer schlüssigen spezialärztlichen
und/oder fachaudiologischen Beurteilung, dargetan ist, dass die Abgabe
eines Hörgerätes auf der Grundlage der massgeblichen Indikationsstufe
gemäss Tarif der versicherten Person keine genügende Verständigung erlaubt
und so dem invaliditätsbedingten Eingliederungsbedürfnis nicht hinreichend
Rechnung trägt.

    Ein solches gesteigertes Eingliederungsbedürfnis, das einer über die
tarifarisch vorgesehenen Preislimiten hinausgehenden Versorgung bedarf,
kann sich sowohl aus der speziellen gesundheitlichen Situation wie auch mit
Blick auf den Tätigkeitsbereich der versicherten Person ergeben. Komplexe
Hörsituationen und entsprechende fallspezifische Besonderheiten
liegen beispielsweise vor, wenn die versicherte Person an einer
besonders schweren oder komplexen Hörschädigung wie einer hochgradigen
Innenohrschwerhörigkeit, extremer Hoch- oder Tieftonschwerhörigkeit
leidet, eine nur noch kleine Resthörigkeit aufweist oder aber durch
zusätzliche Erschwernisse, die Hörsituation komplizierende Beschwerden wie
Tinnitus, extreme Hörschwankungen oder Verhaltensstörungen beeinträchtigt
ist. Denkbar ist auch, dass ein gesteigertes Eingliederungsbedürfnis
auf Grund des Tätigkeitsbereiches besteht, allen voran bei Kindern im
schulischen Umfeld in besonderen Situationen, aber auch bei erwerbstätigen
Versicherten in einem beruflichen Umfeld mit spezieller Arbeitssituation,
die z.B. eine komplexe und wechselnde Geräuschkulisse oder besondere
berufliche Anforderungen aufweist, welche erhöhte Anforderungen an die
Kommunikation und das Hörverständnis der Versicherten stellen.

    4.4  Während in der WHMI mit Bezug auf die Höchsttarife für
Hörgeräte in der Fassung von 1993 noch ausdrücklich Ausnahmen von
den jeweiligen Preislimiten vorgesehen waren (vgl. Erw. 3.2.1 hievor,
im Rahmen des per 1. September 1995 in Kraft getretenen Tarifvertrages
wurde die Ausnahmebestimmung von Ziff. 5.07.8 aber bereits gestrichen),
findet sich in der KHMI keine Ausnahmebestimmung mehr. Das BSV wendet
sich denn auch dagegen, dass im Einzelfall über die im Tarifvertrag
festgesetzten Preislimiten hinausgegangen werden kann. Dies geht
aus seinen Vernehmlassungen und Verwaltungsgerichtsbeschwerden in den
diversen parallel zu dieser Sache zu beurteilenden Fällen hervor. Dabei
bringt das BSV im Wesentlichen vor, die neuen Experten-Empfehlungen,
auf denen das Indikationensystem beruhe, dürften zweifellos als bewährt
und ausgewogen bezeichnet werden und hätten bei den IV-Expertenärzten
bisher eine grosse Akzeptanz gefunden. Sie garantierten eine adäquate
Versorgung der hörgeschädigten Person, berücksichtigten aber auch, dass die
Invalidenversicherung nach den ausnahmslos für alle Versicherten geltenden
Bestimmungen des Gesetzes nur Hilfsmittel einfacher und zweckmässiger
Ausführung abgeben könne. Hörgeräte, die keiner der drei Indikationsstufen
entsprächen, seien nicht mehr als einfach und zweckmässig zu bezeichnen,
sondern kämen einer Überversorgung gleich und stellten die "Rolls Royces"
unter den Hörgeräten dar. Das neue System habe den Vorteil, dass es neben
der Hörbehinderung und allfälligen anderen körperlichen Einschränkungen
insbesondere auch der sozialen und beruflichen Komponente gleichermassen
Rechnung trage. Dies komme einem grossen Fortschritt gleich. Die Schwächen
der früheren Richtlinien, welche immer wieder zu Ausnahmeregelungen
geführt hätten, seien ausgemerzt worden. Jene Faktoren, welche früher zu
Ausnahmeregelungen führten, seien im neuen System berücksichtigt. Die
Empfehlungen gewährleisteten eine einheitliche und damit rechtsgleiche
Behandlung aller Versicherten. Davon abzuweichen, hiesse der Willkür Tür
und Tor zu öffnen.

    Das BSV stellt sich also auf den Standpunkt, die tarifvertraglichen
Indikationsstufen gewährleisteten in jedem Fall eine adäquate
Hörgeräteversorgung; was darüber hinausgehe, sei nicht mehr einfach
und zweckmässig im Sinne des Gesetzes. Damit verkennt das BSV die
Tragweite und Bedeutung der tarifvertraglichen und aufsichtsrechtlichen
Fixierung von Höchstbeiträgen für die Vergütung von Leistungen an
zugelassene Leistungserbringer gemäss der dargelegten Rechtsprechung
(vgl. Erw. 4.3.1 hievor), muss doch mit Blick auf den gesetzlichen Anspruch
auf Eingliederung im Einzelfall stets Raum für Ausnahmen aus Gründen eines
spezifischen, gesteigerten invaliditätsbedingten Eingliederungsbedürfnisses
bleiben. Die seitens des BSV vertretene Auffassung kommt einem Vorrang
des Tarifrechts vor dem Leistungsrecht gleich, welcher de lege lata nicht
besteht. Überdies liegt es in der Natur der Sache, dass im Rahmen der
Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen und zwecks einheitlicher
Rechtsanwendung aufgestellte generelle Kriterien und Tarife nicht alle
möglichen Einzelfälle zu berücksichtigen vermögen. Schon deshalb kann
entgegen der Auffassung des BSV auch nicht gesagt werden, jede Versorgung
über die im Tarifvertrag festgesetzten Höchstbeträge hinaus erfolge nicht
invaliditätsbedingt, sondern nur aus Komfortgründen, sei nicht einfach
und zweckmässig sondern luxuriös. Beizufügen bleibt, dass das BSV selbst
im Schreiben vom Juli 2000 an die Akustiker noch eingeräumt hatte, das
Indikationenmodell könne gewissen Fällen (Kinder, Hochtonschwierigkeit)
noch nicht voll gerecht werden. Warum dies heute nicht mehr gelten soll,
ist nicht ersichtlich.

    Die Berücksichtigung eines spezifischen Eingliederungsbedürfnisses
im Einzelfall bedeutet entgegen der Auffassung des BSV keineswegs,
dass damit dem Tarifvertrag die grundsätzliche Eignung zur Bestimmung
des Anspruchs auf Hörgeräteversorgung abgesprochen wird. Wie die
im Rahmen der gerichtlichen Einzelfallprüfung zum Zuge kommende
Vermutung (vgl. Erw. 4.3.4 hievor) zeigt, wird der Vertrag mit
den Experten-Empfehlungen, auf denen das Indikationenmodell mit den
Höchstbeträgen beruht, als gut geeignet und bewährt betrachtet. Es handelt
sich um ein Bewertungssystem, das neben dem Hörverlust auch allfälligen
anderen vorhandenen Behinderungen sowie den beruflichen und sozialen
Gegebenheiten der versicherten Person weit gehend Rechnung trägt und
so in der überwiegenden Zahl der Fälle - der Leiter der Ombudsstelle
für Hörgeräte spricht in seiner Stellungnahme von 95 % - zu einer
hinreichenden Hörgeräteversorgung im Sinne des Gesetzes führt. Eine in
jedem einzelnen Versorgungsfall abschliessende Bedeutung kann ihm jedoch
aus den dargelegten rechtlichen Gründen nicht zukommen.