Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 I 279



130 I 279

24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S.
Gewerbeverband Basel-Stadt, Pro Innerstadt und X. AG gegen Regierungsrat
des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)

    2P.253/2003 vom 13. Juli 2004

Regeste

    Art. 49 Abs. 1 sowie Art. 27 BV; Art. 71 lit. c ArG; § 7 Abs. 1 und
§ 7a lit. d der basel-städtischen Ruhetags- und Ladenschlussverordnung
vom 7. Dezember 1993 (Fassung vom 5. August 2003); § 11 Abs. 3 des
basel-städtischen Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes vom 13. Oktober
1993. Kantonale Ladenschlussvorschriften; verlängerte Öffnungszeiten;
Voraussetzung der Einhaltung eines Gesamtarbeitsvertrages.

    Eine kantonale Ladenschlussvorschrift, wonach verlängerte
Öffnungszeiten nur bei Beachtung eines Gesamtarbeitsvertrages in Anspruch
genommen werden dürfen, verfolgt Ziele des Arbeitnehmerschutzes und ist mit
der abschliessenden Ordnung des eidgenössischen Arbeitsgesetzes unvereinbar
(Verstoss gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts);
Aufhebung der angefochtenen Verordnungsbestimmungen und Feststellung der
Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Gesetzesbestimmung (E.
2.3 und 2.5).

    Verfassungswidrigkeit auch infolge Unvereinbarkeit mit der
bundesrechtlichen Regelung zur Allgemeinverbindlicherklärung von
Gesamtarbeitsverträgen (E. 2.4)?

Sachverhalt

    Das basel-städtische Gesetz vom 13. Oktober 1993 betreffend die
öffentlichen Ruhetage sowie die Ladenschlusszeiten der Verkaufslokale an
Werktagen (Ruhetags- und Ladenschlussgesetz; im Folgenden: RLG/BS) sieht
in § 6 (Fassung vom 24. Juni 1998) vor, dass die Verkaufslokale werktags
von 18.30 Uhr bis 06.00 Uhr geschlossen zu halten bzw. an Vorabenden der
öffentlichen Ruhetage um 17.00 Uhr zu schliessen sind. Sodann bestimmen §
11 Abs. 2 und 3 RLG/BS (letztgenannter Absatz in der Fassung vom 24. Juni
1998):

      "2 Der Regierungsrat kann auf dem Verordnungswege

      Ausnahmebestimmungen festlegen für Messen und Märkte, für die

      Fasnacht, sowie für besondere Anlässe oder bei ausserordentlichen

      örtlichen Verhältnissen.  3 Ferner haben für das Stadtgebiet der

      Regierungsrat und für die Landgemeinden der jeweilige Gemeinderat

      folgende Befugnisse:

    - die Öffnungszeiten der Verkaufslokale von Montag bis und mit Freitag

      bis längstens 20.00 Uhr und an einem dieser Tage bis längstens 21.00

      Uhr generell zu erweitern, sofern die beteiligten Arbeitgeber- und

      Arbeitnehmerorganisationen mit dieser Änderung einverstanden sind;

    - [...]."

    Am 5. August 2003 beschloss der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt,
die Verordnung vom 7. Dezember 1993 zum Gesetz betreffend die öffentlichen
Ruhetage sowie die Ladenschlusszeiten der Verkaufslokale an Werktagen
(Ruhetags- und Ladenschlussverordnung; im Folgenden: RLV/BS) wie folgt
zu ändern (effektiv geänderte Passagen in Kursivschrift):

      "§ 7 Abs. 1 enthält folgende neue Fassung: § 7. An Werktagen,

      die keine öffentlichen Ruhetage im Sinne von § 3 des Gesetzes sind

      und auch nicht Vortage vor solchen Ruhetagen, dürfen gemäss § 11

      Abs. 3 des Gesetzes, aufgrund des Gesamtarbeitsvertrages für den

      Abendverkauf im Kanton Basel-Stadt vom 1. Mai 2002 und in Beachtung

      dieses Gesamtarbeitsvertrages, die Verkaufslokale ausserhalb der

      beiden Landgemeinden wie folgt geöffnet haben: [a) an Donnerstagen

      bis längstens 21.00 Uhr;

       b) von Montag bis Mittwoch und freitags bis längstens 19.00 Uhr.]

      § 7a enthält folgende neue Fassung: § 7a. Das Kantonale Amt für

      Industrie, Gewerbe und Arbeit kann bei ausserordentlichen örtlichen

      Verhältnissen im Sinne von § 11 Abs. 2 des Gesetzes an Werktagen,

      die keine öffentlichen Ruhetage im Sinne von § 3 des Gesetzes und

      auch nicht Vortage vor solchen Ruhetagen sind, bewilligen, dass die

      Verkaufslokale von Montag bis Mittwoch und am Freitag bis 20.00 Uhr,

      am Donnerstag bis 21.00 Uhr geöffnet bleiben dürfen, sofern: a)

      Die Verkaufslokalitäten ausserhalb von Wohnquartieren sind und keine

         Beeinträchtigung des Wohnens und der Erholung der Bevölkerung

         stattfindet und

      b) die betroffenen Lokalitäten eine räumlich abgrenzbare Einheit,

      bzw.

         Zentrum bilden und

      c) die betroffenen Zentren in direkter Konkurrenz zu solchen stehen,

         welche diesem Gesetz nicht unterstehen und

      d) dem Verkaufspersonal mindestens die gleichen Bedingungen

      analog dem

         Gesamtarbeitsvertrag für den Abendverkauf im Kanton Basel-Stadt

         vom 1.  Mai 2002 gewährt werden.

      Es wird folgender § 7b neu eingefügt: Bewilligungsverfahren bei

      ausserordentlichen örtlichen Verhältnissen § 7b. [...]"

    Die geänderten Verordnungsbestimmungen unterscheiden sich inhaltlich
in zweierlei Hinsicht von ihrer bisherigen Fassung: Einerseits sieht
die Regelung betreffend die verlängerten Ladenöffnungszeiten bei
ausserordentlichen örtlichen Verhältnissen neu ein Bewilligungsverfahren
vor (§ 7a Ingress sowie neu eingefügter § 7b), wogegen bisher ein
behördlicher Entscheid über das Vorliegen der Voraussetzungen nur "im
Zweifel" erforderlich war. Andererseits wurden die Voraussetzungen,
um von den verlängerten Öffnungszeiten profitieren zu können, generell
in der Weise angepasst, dass nunmehr (in § 7 Abs. 1 Ingress bzw. in §
7a lit. d RLV/BS) auf den "Gesamtarbeitsvertrag für den Abendverkauf
im Kanton Basel-Stadt vom 1. Mai 2002" Bezug genommen wird; bisher
hatten die Bestimmungen auf eine von den Sozialpartnern am 18. März 1998
abgeschlossene "Vereinbarung über die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten
am Abend" verwiesen. Nicht Gegenstand der Änderungsvorlage bildete die
zeitliche Festlegung der verlängerten Öffnungszeiten in lit. a und b von
§ 7 Abs. 1 RLV/BS (oben in Klammern wiedergegeben), welche demzufolge
unverändert bleiben sollten.

    Der Regierungsrat setzte diese Verordnungsänderung auf den 1. November
2003 in Kraft.

    Mit Eingabe vom 26. September 2003 erheben der Gewerbeverband
Basel-Stadt, der Verein Pro Innenstadt sowie die X. AG, alle mit Sitz
in Basel, beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, mit der
sie die Aufhebung der am 5. August 2003 beschlossenen Änderung von §
7 Abs. 1 und § 7a lit. d RLV/BS beantragen. Sie beanstanden, dass die
in diesen Bestimmungen vorgesehenen verlängerten Öffnungszeiten von der
Einhaltung der Bedingungen eines - von ihnen als inakzeptabel erachteten -
Gesamtarbeitsvertrages abhängig gemacht werden, und erblicken hierin einen
Verstoss gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
(Art. 49 Abs. 1 BV) sowie eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit
(Art. 27 BV).

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt § 7 Abs. 1 sowie §
7a lit. d RLV/BS auf.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Grundsatzes der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV).

    Geltend gemacht wird einerseits ein Verstoss gegen das Bundesgesetz
vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel
(Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11), welches den Arbeitnehmerschutz umfassend
und abschliessend regle, weshalb für zu diesem Zweck erlassene kantonale
Ladenschlussvorschriften kein Raum mehr bestehe. Vor diesem Hintergrund sei
die vorliegend zur Diskussion stehende Regelung bereits auf Gesetzesstufe
unzulässig, könne doch gemäss § 11 Abs. 3 RLG/BS die Verlängerung
der Öffnungszeiten der Verkaufslokale nur dann gestattet werden, wenn
"die beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen" damit
einverstanden seien. Auch beziehe sich der anvisierte Arbeitnehmerschutz
nicht auf die dem Arbeitsgesetz nicht unterstellten Personen und sei die
Regelung nicht polizeilich begründet (Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ruhe). Indem die Verordnung zudem auf einen bestimmten Gesamtarbeitsvertrag
abstelle und dessen Einhaltung voraussetze, werde von den Ladeninhabern
verlangt, dass sie ihren Angestellten die entsprechenden Lohn- und
Überstundenregelungen gewähren müssten, um die verlängerten Öffnungszeiten
in Anspruch nehmen zu können. Damit sei aber offensichtlich, dass die
Regelung ausschliesslich den Arbeitnehmerschutz im Auge habe, was in
unzulässiger Weise in einen durch Bundesrecht abschliessend geregelten
Bereich eingreife.

    Andererseits bringen die Beschwerdeführer vor, die beanstandeten
Vorschriften seien auch mit der abschliessenden bundesrechtlichen Regelung
über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen nicht
vereinbar.

    2.2  Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49
Abs. 1 BV) schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung
abschliessend geregelt hat, eine Rechtsetzung durch die Kantone aus. In
Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die
Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen den Sinn und
Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen
oder vereiteln (BGE 130 I 82 E. 2.2 S. 86 f.; 129 I 330 E. 3.1 S. 334,
346 E. 3.1 S. 350, 402 E. 2 S. 404; 128 I 46 E. 5a S. 54, 295 E. 3b S. 299;
127 I 60 E. 4a S. 68 mit Hinweisen).

    Das Bundesgericht überprüft die Verfassungsmässigkeit eines
angefochtenen Erlasses im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle mit
freier Kognition, jedoch nicht unter allen denkbaren Titeln, sondern
beschränkt auf die von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen, wobei
es sich mit Rücksicht auf die verfassungsmässige Kompetenzordnung im
föderalistischen Bundesstaat allgemein eine gewisse Zurückhaltung auferlegt
(vgl. BGE 130 I 26 E. 2.1 S. 31 f., 82 E. 2.1 S. 86, je mit Hinweisen).

    2.3

    2.3.1  Kantonale oder kommunale Ladenschlussvorschriften dürfen,
wie das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung erkannt hat,
seit Inkrafttreten des eidgenössischen Arbeitsgesetzes nur noch dem
Schutz der Nacht- und Feiertagsruhe (vgl. Art. 71 lit. c ArG) bzw. -
aus sozialpolitischen Überlegungen - allenfalls jenem der nicht
dem Arbeitsgesetz unterstellten Personen (Geschäftsinhaber und ihre
Familienangehörigen, gewisse leitende Angestellte) dienen, nicht aber dem
Schutz des Verkaufspersonals, welcher durch das Arbeitsgesetz abschliessend
geregelt ist (BGE 122 I 90 E. 2c S. 93; 119 Ib 374 E. 2b/bb S. 379; 101
Ia 484 E. 7a S. 486; 98 Ia 395 E. 3 S. 400 f.; 97 I 499 E. 3b/3c S. 503
f. sowie E. 5b S. 507; Urteile 2P.184/1998 vom 16. November 1999, E. 1b/aa
nicht publ. in BGE 125 I 431; 2P.270/1996 vom 21. März 1997, publ. in:
Pra 86/1997 Nr. 101 S. 545 ff., E. 2c; P.1155/1986 vom 3. April 1987,
publ. in: ZBl 88/1987 S. 451 ff., E. 6a; 2P.31/1992 vom 29. Juni 1992,
E. 2a, sowie 2P.50/2003 vom 7. August 2003, E. 2.2).

    2.3.2  Indem nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 RLV/BS die gestützt
auf § 11 Abs. 3 RLG/BS generell verlängerten Öffnungszeiten nur bei
"Beachtung" des Gesamtarbeitsvertrages vom 1. Mai 2002 in Anspruch
genommen werden dürfen, wird diese Regelung als Druckmittel für Anliegen
des Arbeitnehmerschutzes eingesetzt. Der erwähnte Gesamtarbeitsvertrag
bezweckt - was an sich zulässig ist - einen gegenüber dem eidgenössischen
Arbeitsgesetz erweiterten Arbeitnehmerschutz (so sieht er u.a. eine
Zeitgutschrift von 25 % für die Arbeit ab 18.30 Uhr vor [Art. 26
GAV], wogegen das Arbeitsgesetz Zeitgutschriften grundsätzlich nur für
Nachtarbeit [d.h. von 23.00-06.00 Uhr] und zudem lediglich im Umfang von
10 % vorschreibt [Art. 17b in Verbindung mit Art. 10 ArG]). Die streitige
Öffnungszeitenregelung statuiert mittelbar eine Pflicht zur Einhaltung
dieser erweiterten Schutzbestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages. Dasselbe
gilt für § 7a lit. d RLV/BS, wonach die Möglichkeit verlängerter
Öffnungszeiten infolge ausserordentlicher örtlicher Verhältnisse
(Berücksichtigung der direkten Konkurrenz ausserkantonaler Betriebe
mit längeren Öffnungszeiten) auf Verkaufsbetriebe beschränkt wird,
welche ihrem Personal mindestens "die gleichen Bedingungen" wie der
erwähnte Gesamtarbeitsvertrag gewähren. Beide Verordnungsbestimmungen
verfolgen offensichtlich in erster Linie Ziele des Arbeitnehmerschutzes
und sind damit mit der Ordnung des eidgenössischen Arbeitsgesetzes,
welches diesen Bereich abschliessend regelt, unvereinbar; sie verstossen
gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts. Davon
scheint im Ergebnis auch der Kanton auszugehen, wenn er laut seiner
Vernehmlassung die Bestimmung von § 7 Abs. 1 RLV/BS bereits bisher als
"rechtlich problematisch" und gegenüber den Verkaufsgeschäften nicht
durchsetzbar einstufte bzw. - hinsichtlich § 7a lit. d RLV/BS - auf die
Androhung von Sanktionen im Falle von Verstössen gegen die Vereinbarung
verzichtet hatte. Dass die angefochtenen Vorschriften hauptsächlich zum
Schutz der öffentlichen Ruhe und Ordnung oder jenem der dem eidgenössischen
Arbeitsgesetz nicht unterstellten Personen erlassen worden sind, wird vom
Kanton jedenfalls mit Grund nicht behauptet. Demzufolge sind § 7 Abs. 1
sowie § 7a lit. d RLV/BS aufzuheben.

    Die unstatthafte Verknüpfung der Öffnungszeitenregelung mit
Anliegen des Arbeitnehmerschutzes ist, wie die Beschwerdeführer
zu Recht hervorheben, im Kern bereits im Gesetz verankert, indem
dieses in § 11 Abs. 3 die Zulässigkeit genereller Verlängerungen
der Öffnungszeiten durch den Verordnungsgeber von der Zustimmung der
"beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen" abhängig
macht. Der Argumentation des Kantons, wonach es sich bei der genannten
Bedingung um eine dem sozialen Frieden dienende, d.h. sozialpolitisch
motivierte und damit zulässige Regelung handle, kann nicht gefolgt
werden. Wohl dürfen Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV)
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch sozialpolitischen Zielen
dienen (vgl. noch zu Art. 31 aBV: BGE 97 I 499 E. 4 und 5 S. 504 ff.; 125
I 417 E. 4a S. 422; 123 I 12 E. 2a S. 15; 121 I 129 E. 1b S. 131 f. mit
weiteren Hinweisen; zu Art. 27 BV: Urteil 2P.52/2001 vom 24. Oktober
2001, publ. in: ZBl 103/2002 S. 322 ff., E. 4b; vgl. auch BGE 130 I
26 E. 6.2 S. 50; Botschaft zur neuen Bundesverfassung, in: BBl 1997 I
175; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht,
5. Aufl., Zürich 2001, N. 663, 670 sowie 672; RENÉ RHINOW, Grundzüge des
schweizerischen Verfassungsrechts, Basel 2003, S. 513, Rz. 2916 f.; KLAUS
A. VALLENDER, in: Ehrenzeller/ Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.],
Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, Zürich/Lachen
SZ 2002, Rz. 34 zu Art. 27 BV). Diese Möglichkeit besteht aber nur, soweit
die einschlägigen Sachnormen des Bundesrechts hiefür Raum lassen, was
vorliegend nach dem Gesagten nicht der Fall ist. Das im Gesetz statuierte
Erfordernis, wonach eine Verlängerung der ordentlichen Ladenöffnungszeiten
u.a. die Zustimmung der beteiligten Arbeitnehmerorganisationen voraussetzt,
verknüpft die Regelung des Ladenschlusses in unzulässiger Weise mit
Anliegen des Arbeitnehmerschutzes. Ob es überhaupt in der Befugnis des
kantonalen Gesetzgebers steht und mit den Grundsätzen demokratischer
Gesetzgebung vereinbar ist, die Festlegung der Ladenöffnungszeiten,
d.h. das Ausmass hoheitlicher Eingriffe in die Freiheit des Bürgers,
von der Zustimmung privater Organisationen abhängig zu machen, braucht
hier nicht untersucht zu werden. Die betreffende Klausel in § 11 Abs. 3
RLG/BS vermag schon im Hinblick auf die abschliessende Sachregelung des
eidgenössischen Arbeitsgesetzes keine Rechtswirkung zu entfalten, weshalb
sie als Grundlage der angefochtenen Verordnungsbestimmungen nicht mehr
herangezogen werden kann.

    2.4  Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen bewirken, wie die
Beschwerdeführer im Weiteren mit Recht vorbringen, einen Zwang zum
Abschluss bzw. zur Befolgung eines bestimmten Gesamtarbeitsvertrages
ohne Einhaltung der für die Allgemeinverbindlicherklärung von
Gesamtarbeitsverträgen geltenden bundesrechtlich vorgegebenen
formellen und materiellen Voraussetzungen (vgl. Art. 110 Abs. 2 BV
sowie Art. 2 f. und 7 ff. des Bundesgesetzes vom 28. September 1956
über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen [AVEG;
SR 221.215.311]; BGE 128 II 13 E. 5a S. 19). Es ist davon auszugehen,
dass die fragliche Regelung auch unter diesem Aspekt gegen den Grundsatz
der derogatorischen Kraft des Bundesrechts verstossen würde (vgl. BGE 124
I 107 E. 2e S. 111 f.). Die Frage braucht indessen nach dem Gesagten nicht
vertieft geprüft zu werden. Im Übrigen kann auch offen bleiben, wieweit die
angefochtenen Bestimmungen den allgemeinen Anforderungen an Eingriffe in
die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 in Verbindung mit Art. 36 BV) zu genügen
vermögen, nachdem sie schon aus einem anderen Grund aufzuheben sind.

    2.5  Zusammenfassend ergibt sich somit, dass § 7 Abs. 1 sowie §
7a lit. d RLV/BS gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des
Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) verstossen und demzufolge in Gutheissung
der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben sind.

    Die Beschwerdeführer beantragen zwar lediglich die Aufhebung der
"Änderung von § 7 Abs. 1 und § 7a lit. d" RLV/BS. Bei § 7 Abs. 1
RLV/BS ist indessen die als verfassungswidrig erkannte Bedingung im
Ingress zentrale Voraussetzung für die Gewährung der in lit. a und b
desselben Absatzes festgelegten verlängerten Öffnungszeiten, weshalb
es sich rechtfertigt, § 7 Abs. 1 insgesamt, d.h. unter Einschluss
von lit. a und b aufzuheben. Demgegenüber genügt es bei § 7a RLV/BS,
lediglich lit. d aufzuheben, wird doch die Öffnungszeitenregelung bei
ausserordentlichen örtlichen Verhältnissen durch die Streichung dieser
einzelnen Bewilligungsvoraussetzung ihres Sinnes nicht entleert, solange
die (im neu geschaffenen Verfahren gemäss § 7b RLV/BS zu überprüfenden)
zusätzlichen Sachvoraussetzungen von § 7a lit. a bis c RLV/BS in Kraft
bleiben.

    Welche rechtlichen Konsequenzen die Aufhebung von § 7 Abs. 1 RLV/BS
in Bezug auf die generellen Öffnungszeiten zur Folge hat, ob damit alle
Ladenbetriebe wieder der Grundordnung gemäss § 6 RLG/BS unterworfen sind,
wie der Regierungsrat annimmt, oder ob es, wie die Beschwerdeführer
geltend machen, mangels eines zulässigen polizeilichen Interesses an
einer Verkürzung der jetzigen Öffnungszeiten bei der gegenwärtigen
faktischen Ordnung bleiben muss, ist im vorliegenden Verfahren nicht
zu beurteilen. Es ist nötigenfalls Sache des Verordnungsgebers, neue,
die Vorgaben des Bundesrechts respektierende Vorschriften zu erlassen.