Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 I 205



130 I 205

18. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. A. gegen Steueramt des Kantons Aargau und Steuerverwaltung des Kantons
Luzern sowie Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche
Beschwerde)

    2P.5/2002 vom 30. Juni 2004

Regeste

    Art. 127 Abs. 3 BV; Art. 46 Abs. 2 aBV; interkantonale
Doppelbesteuerung bei Kapitalleistungen aus beruflicher Vorsorge,
gebundener Vorsorge (Säule 3a) und freier Vorsorge (Versicherungen;
Säule 3b).

    Das Doppelbesteuerungsverbot ist verletzt, wenn die gleichen
Kapitalleistungen einer Versicherung in einem Kanton der Einkommens-,
im andern der Erbschaftssteuer unterworfen werden (E. 4). BGE 99 Ia
232 und seitherige Änderungen (E. 5): Drei-Säulen-Konzeption (E. 6)
und Besteuerung der Leistungen aus beruflicher Vorsorge (E. 7.1-7.4),
aus gebundener Vorsorge (Säule 3a; E. 7.5) und aus freier Vorsorge
(Versicherungen) der Säule 3b (E. 7.6). Grundsätzlich unzulässig ist die
Zerlegung einer als Ganze rückkaufsfähigen Versicherungspolice in ihre
rückkaufsfähigen und nicht rückkaufsfähigen Einzelteile, um sie dann
entsprechend zu besteuern (E. 7.6.5). Leistungen aus Gewinnbeteiligung
(Überschussbeteiligung, Bonus) teilen steuerlich das Schicksal der zu
Grunde liegenden Versicherungsleistung (E. 7.6.6).

    An die zivilrechtliche Behandlung von Kapitalleistungen aus
Versicherungen im Nachlass (E. 8) ist das kantonale Erbschaftssteuerrecht
nicht gebunden (E. 9.1). Selbständiger Nachlassbegriff im
Doppelbesteuerungsrecht (E. 9.2). Die als Einkommen steuerbaren
Leistungen sind im Wohnsitzkanton des Leistungsempfängers steuerbar,
die von der Einkommenssteuer befreiten Leistungen im Wohnsitzkanton
des Erblassers (E. 9.3 und 9.4). Bedeutung von Begünstigungsklauseln
(E. 9.5). Schuldenverlegung: Von der Einkommenssteuer befreite
Versicherungsleistungen sind doppelbesteuerungsrechtlich dem steuerlichen
Nachlass im Wohnsitzkanton des Erblassers als Aktiven zuzurechnen und
die Schulden proportional dazu zu verlegen (E. 9.6).

Sachverhalt

    A.- C. starb am 1. April 1996. Er hatte seinen letzten Wohnsitz im
Kanton Aargau. Erben waren seine drei Kinder.

    Am 4. Oktober 1996 teilte die "X."  Lebensversicherungsgesellschaft der
Eidgenössischen Steuerverwaltung mit, den drei Nachkommen des Erblassers
sei aus dem Vorsorgeverhältnis zweite Säule (Police Nr. 6...; nachfolgend:
Vorsorgepolice "X.") eine Kapitalleistung von Fr. 517'996.- ausgerichtet
worden.

    Gestützt darauf erhob die Veranlagungsbehörde für Gewerbebetriebe und
freie Berufe des Kantons Luzern (nachfolgend: Veranlagungsbehörde Luzern)
am 1. September 1997 bei A., Tochter des Erblassers mit Wohnsitz im Kanton
Luzern, eine Sondersteuer für das Jahr 1996 auf dem ihr zustehenden Drittel
von Fr. 172'665.-. Diese Veranlagung blieb von der Steuerpflichtigen
unangefochten. Jedoch erhob die kantonale Steuerverwaltung Luzern am
3. Dezember 1998 dagegen Einsprache (vgl. lit. D).

    B.- Das Steueramt des Kantons Aargau eröffnete A. am 20. Januar
1998 die Veranlagung der Erbschaftssteuer, basierend auf einem
erbsteuerrechtlichen Reinvermögen, in dem - neben andern Guthaben und
Schulden - auch Direktansprüche der Erben aus Lebens-, Spar-, Risiko-
und Erlebensfallversicherungen, die der Erblasser abgeschlossen hatte,
nicht aber aus der Vorsorgepolice "X.", enthalten waren. Die Veranlagung
wurde rechtskräftig.

    C.- Von diesen weiteren Kapitalleistungen erhielt die
Veranlagungsbehörde Luzern am 23. März 1998 Kenntnis. Sie erliess am
7. Mai 1998 eine neue, als "Rektifikat" bezeichnete Sonderveranlagung
1996. Diese sollte die Verfügung vom 1. September 1997 ergänzen und
neben dem Anteil von Fr. 172'665.- von A. an der Kapitalleistung aus
der Vorsorgepolice "X." zusätzlich die Leistungen aus fünf Policen der
Versicherungsgesellschaft Y. erfassen.

    Dabei handelte es sich um die "gebundene Vorsorge-Police" Nr. 1... von
1986 mit einer Versicherungssumme von Fr. 619'267.60 (nachfolgend:
Vorsorgepolice 1...), um die "Vorsorge-Police" Nr. 2... aus dem Jahr
1986 mit einer Versicherungssumme von Fr. 153'972.30 (nachfolgend:
Vorsorgepolice 2...), um die Risikoversicherung Nr. 3... von 1973 mit einer
geleisteten Summe von Fr. 58'245.- und einem Rückkaufswert am Todestag
von Fr. 7'799.50 (nachfolgend: Risikopolice 3...), um die Police Nr.
4... von 1973 (Versicherung "Risiko fallend") mit einer geleisteten
Summe von Fr. 78'195.50 (Versicherungsleistung Fr. 64'174.-, Bonus
Fr. 13'481.50) und einem Rückkaufswert von Fr. 9'971.90 (nachfolgend:
Risikopolice 4...), sowie um eine "Spar- und Risikoversicherung", Police
Nr. 5... von 1971, mit gemeldeten Leistungen aus "Versicherungssumme Fr.
62'104.-", "Todesfall-Zusatzversicherung Fr. 115'335.-", einem "Bonus"
von Fr. 8'695.70 und einem Rückkaufswert von Fr. 53'362.90 (nachfolgend:
Zusatzpolice 5...). Von der letzten erfasste der Kanton Luzern nur die
Leistung aus der Todesfall-Zusatzversicherung von Fr. 115'335.- mit
der Einkommenssteuer, von den übrigen Policen die gesamte Leistung. Er
besteuerte die Leistungen aus der Vorsorgepolice "X." und aus den
beiden Vorsorgepolicen 1... und 2... zu 100 %, diejenigen aus den beiden
Risikopolicen 3... und 4... sowie die Leistung von Fr. 115'335.- aus
der Zusatzpolice 5... je zu 60 %. Tabellarisch zusammengestellt ergab
dies folgendes Resultat:

      Police               Ausbezahlte     Anteil A.   %   steuerbar

                           Leistung (Fr.)  (Fr.)           (Fr.)

    1 Vorsorgepolice 1...  619'267         206'422    100  206'422

    2 Vorsorgepolice 2...  153'972          51'324    100   51'324

    3 Risikopolice 3...     58'245          19'415     60   11'649

    4 Risikopolice 4...     78'195          26'065     60   15'639

    5 Zusatzpolice 5...    115'336          38'445     60   23'067

      total (1-5)                          341'671         308'101

    6 Vorsorgepolice "X."  517'996         172'665    100  172'665

      total 1-6                            514'336         480'766

    Von den insgesamt ausbezahlten Fr. 514'336.- (Anteil A.) belegte der
Kanton Luzern somit rund Fr. 480'700.- mit der Sondersteuer.

    D.- Gegen diese Verfügung erhob A. am 19. Mai 1998 bei der
Staatssteuerkommission für Gewerbebetriebe und freie Berufe des Kantons
Luzern (nachfolgend: Steuerkommission Luzern) Einsprache. Sie machte
geltend, das Doppelbesteuerungsverbot sei verletzt, weil der Kanton Aargau
die neu mit der Sondersteuer erfassten Kapitalzahlungen am 20. Januar
1998 bereits der Erbschaftssteuer unterworfen habe.

    Auch die kantonale Steuerverwaltung Luzern reichte bei der
Steuerkommission Luzern am 3. Dezember 1998 Einsprache gegen die
Veranlagung vom 1. September 1997 ein. Der kantonalen Steuerverwaltung
stand nach Art. 121 des damals geltenden Steuergesetzes vom 27. Mai 1946
des Kantons Luzern (StG/LU) das Recht zu, spätestens zwei Jahre nach Ablauf
der Veranlagungsperiode gegen zu niedrige und unrichtige Einschätzungen
Dritter (hier: der Veranlagungsbehörde Luzern) Einsprache zu erheben.

    Die Steuerkommission Luzern hob am 2. Februar 2001 die als
"Rektifikat" bezeichnete Verfügung vom 7. Mai 1998 betreffend die Staats-
und Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer infolge fehlender
gesetzlicher Grundlage für den Erlass einer Berichtigung auf. Für
die Staats- und Gemeindesteuern hiess sie mit einer zweiten Verfügung
vom gleichen Tag die Einsprache der Steuerverwaltung Luzern gegen die
ursprüngliche Veranlagung vom 1. September 1997 gut und erfasste den
Anteil von A. an den ausbezahlten Versicherungsleistungen von Fr. 514'336.-
(steuerbar Fr. 480'700.-) mit der Sondersteuer 1996.

    E.- Am 3. Dezember 2001 wies die abgaberechtliche Abteilung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern die Beschwerde von A. vom
15. Februar 2001 ab.

    F.- A. hat am 7. Januar 2002 beim Bundesgericht staatsrechtliche
Beschwerde erhoben. Sie beantragt, es sei festzustellen, dass eine
verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliege. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern sei aufzuheben und der Kanton
Luzern anzuweisen, auf die Besteuerung der zusätzlichen Leistungen gemäss
Einsprachebegehren vom 3. Dezember 1998 zu verzichten. Eventuell sei der
Kanton Aargau anzuhalten, die Erbschaftssteuerveranlagung vom 20. Januar
1998 um die im Kanton Luzern besteuerten zusätzlichen Kapitalleistungen
von Fr. 308'101.- zu kürzen und die erhobenen Erbschaftssteueranteile
zurückzuzahlen.

    Das Verwaltungsgericht und die Steuerverwaltung des Kantons Luzern
beantragen in ihren Vernehmlassungen vom 29. Januar 2002 bzw. 1. Februar
2002 die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den Kanton
Luzern richtet.

    Das Steueramt des Kantons Aargau beantragt am 22.  Februar 2002,
"die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit sie sich gegen die
Veranlagung des Steueramts des Kantons Aargau richtet und gutzuheissen,
soweit sie sich gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons
Luzern richtet".

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.

    4.1  Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV bzw. Art.  46 Abs. 2 aBV
verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person
von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die
gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung)
oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine
Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem andern Kanton
zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine
steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten,
weil sie nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern
zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton
steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot; Urteil des Bundesgerichts
2A.349/2002 vom 6. März 2003 StR 58/2003 S. 432, E. 2.1; vgl. BGE 125
I 54 E. 1b S. 55 f.; 123 I 264 E. 2a S. 265; 117 Ia 516 E. 2 S. 518;
116 Ia 127 E. 2a S. 130; 107 Ia 41 E. 1a S. 42).

    Eine unzulässige (aktuelle) Doppelbesteuerung liegt vor, wenn die
gleichen Kapitalleistungen einer Versicherung von zwei oder mehreren
Kantonen nach ihrem internen Recht vollumfänglich entweder der Einkommens-
oder der Erbschaftssteuer unterworfen werden: diese beiden Steuerarten
sind als gleichartig im doppelbesteuerungsrechtlichen Sinn anzusehen
(vgl. Urteil des Bundesgerichts 2P.314/2001 vom 23. September 2003,
E. 4.2; ADRIAN MUSTER, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, Diss. Bern
1990, S. 51; BGE 99 Ia 232 E. 2 S. 234).

    4.2  Im vorliegenden Fall erhob der Kanton Aargau am 20. Januar 1998
die kantonale Erbschaftssteuer (§ 83 ff. des aargauischen Steuergesetzes
vom 13. Dezember 1983; StG/AG) auf einem erbsteuerrechtlichen Reinvermögen,
in dem u.a. Direktansprüche der Erben aus zwölf Versicherungsleistungen
enthalten waren (vgl. Steuerinventar vom 2./14. Juli 1997).

    Einen Teil dieser Direktansprüche (Leistungen aus fünf Policen der
Versicherungsgesellschaft Y. im Umfang von Fr. 341'671.-, steuerbar im
Betrag von Fr. 308'101.-, vgl. lit. C) erfasste auch der Kanton Luzern
am 7. Mai 1998 mit seiner Einkommenssteuer nach § 19 Abs. 1 Ziff. 6 bzw. §
19 Abs. 1 Ziff. 7a StG/LU.

    Die vorgenommenen Besteuerungen verstossen somit gegen das
verfassungsmässige Doppelbesteuerungsverbot. Wie die Abgrenzung
vorzunehmen ist, wenn ein beteiligter Kanton für solche Kapitalleistungen
(kumulativ) die Besteuerung sowohl mit der Erbschafts- wie auch mit der
Einkommenssteuer vorsieht, kann hier offen gelassen werden, weil die
Kantone Aargau und Luzern die fraglichen Vermögensanfälle ausschliesslich
entweder mit der Erbschafts- oder der Einkommenssteuer, nicht aber mit
beiden Steuern zusammen erfassen.

Erwägung 5

    5.  Das Bundesgericht hat sich letztmals in BGE 99 Ia
232 mit der doppelbesteuerungsrechtlichen Zuteilung von
Vorsorge- bzw. Versicherungsleistungen befasst. Es hat in
diesem Urteil ausgeführt, dass "Leistungen aus dem privaten und
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, namentlich Alterskapitalien
und Todesfallentschädigungen, (...) als verdient zu betrachten und aus
diesem Grund als Ersatzeinkommen oder fortgesetztes Diensteinkommen
wie Erwerbseinkommen zu besteuern [sind], ebenso Leistungen aus
Personalfürsorge und Personalversicherung". Das Bundesgericht hat
diese Leistungen kollisionsrechtlich dem Kanton zugewiesen, der die
Einkünfte mit der Einkommenssteuer erfasst, und weiter festgehalten,
es sei "eher ungewöhnlich, die genannten Leistungen mit der Erbschafts-
und Schenkungssteuer zu erfassen. (...) Kapitalabfindungen der hier in
Frage stehenden Art [fielen] nicht vorerst in die Erbmasse, sondern direkt
in das Vermögen der anspruchsberechtigten Erben, so dass sie vom Erbgang
unabhängig sind. Anderseits ist es abwegig, die Leistungen als Schenkung
zu betrachten" (BGE 99 Ia 232 E. 3 S. 235).

    Seit diesem Entscheid im Jahr 1973 ist die berufliche Vorsorge im
Rahmen der Dreisäulenkonzeption (neu) gesetzlich geregelt worden. Auch
sind inzwischen steuerharmonisierungsrechtliche Bestimmungen erlassen
worden, die es den Kantonen nicht mehr frei stellen, Vorsorge-
und Versicherungsleistungen wahlweise mit der Einkommens- oder der
Erbschaftssteuer zu erfassen.

    Es rechtfertigt sich deshalb, die kollisionsrechtliche Zuteilung
dieser Leistungen erneut zu überprüfen.

Erwägung 6

    6.  Die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
beruht auf der so genannten Dreisäulenkonzeption, die seit 1972 in der
Bundesverfassung verankert ist (Art. 34quater aBV, Art. 111 ff. BV;
Botschaft vom 1. Mai 1984 über die Anpassung der direkten Bundessteuer
an das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge [BBl 1984 II 725 ff.,
S. 727]).

    6.1  Mit der obligatorischen Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung (AHV/IV) als erster Säule soll, zusammen mit den
Ergänzungsleistungen, der Existenzbedarf gedeckt werden (Art. 112 Abs. 2
lit. b und Art. 196 Ziff. 10 BV).

    6.2  Die berufliche Vorsorge soll als zweite Säule zusammen mit der
ersten die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise
ermöglichen (Art. 113 Abs. 2 lit. a BV; Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes
vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge [BVG; SR 831.40]). Innerhalb der zweiten Säule wird
unterschieden zwischen der obligatorischen Vorsorge (Säule 2a), die das
Lohnsegment des sog. koordinierten Lohns nach Art. 8 BVG umfasst, und
der sog. weitergehenden Vorsorge, die sich in einem über-, unter- oder
vorobligatorischen Bereich bewegt (Säule 2b; Urteil des Bundesgerichts
2A.408/2002 vom 13. Februar 2004, E. 2.2).

    6.3  Die dritte Säule bildet die Selbstvorsorge, mit der die
kollektiven Massnahmen der andern beiden Säulen entsprechend den
persönlichen Bedürfnissen ergänzt werden (vgl. PETER LOCHER, Kommentar zum
DBG, Therwil/Basel 2001, N. 3 zu Art. 22 DBG). Sie umfasst die gebundene,
steuerlich privilegierte Selbstvorsorge (Säule 3a; Art. 111 Abs. 1 und 4
BV; Art. 82 ff. BVG) und die individuelle, nicht gebundene Selbstvorsorge
(Säule 3b; Art. 111 Abs. 1 und 4 BV).

Erwägung 7

    7.

    7.1  Die berufliche Vorsorge wurde - gestützt auf die
verfassungsrechtlichen Grundlagen aus dem Jahr 1972 - gesetzlich mit
dem Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 (BVG) geregelt, das grundsätzlich
am 1. Januar 1985 in Kraft trat. Wegen der zweijährigen Veranlagung
mit Vergangenheitsbemessung, wie sie damals beim Bund (Art. 41 des
Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten
Bundessteuer [BdBSt; BS 6,350; nachfolgend: Bundessteuerbeschluss 1940])
und den meisten Kantonen für die natürlichen Personen zur Anwendung kam,
wurden die entsprechenden steuerrechtlichen Bestimmungen (Art. 81 Abs. 2
und 3, Art. 82 und 83 BVG) erst per 1. Januar 1987 in Kraft gesetzt
(vgl. Art. 98 BVG).

    Im Steuerrecht erfolgte die Anpassung auf Bundesebene, insbesondere
die Abzugsfähigkeit von Beiträgen an Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge und die Besteuerung der entsprechenden Leistungen, durch das
Bundesgesetz vom 22. März 1985 zur Anpassung des Bundesratsbeschlusses
über die Erhebung einer direkten Bundessteuer an das Bundesgesetz über
die berufliche Vorsorge (in Kraft seit 1. Januar 1987; BBl 1985 I 839 ff.,
publ. in: ASA 53 S. 624 ff.).

    7.2  Bis Ende 1986 konnten Beiträge an Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge steuerlich nur beschränkt zum Abzug gebracht werden (Art. 22
Abs. 1 lit. g und h BdBSt, in der bis Ende 1986 gültigen Fassung), und
die Vorsorgeleistungen wurden je nach Umfang ihrer Finanzierung durch den
Vorsorgenehmer zu 60, 80 oder 100 Prozent besteuert (vgl. Art. 21bis
Abs. 1 BdBSt; BBl 1984 II 725, S. 729 f.). Die Besteuerung von
einmaligen Vorsorgeleistungen erfolgte zusammen mit dem übrigen Einkommen
zum sog. Rentensatz, d.h. für diese Leistungen war "die Steuer unter
Mitberücksichtigung des sonstigen Einkommens zu dem Satze zu berechnen,
der anwendbar wäre, wenn an Stelle der Kapitalabfindung oder Ersatzleistung
wiederkehrende Leistungen ausgerichtet würden" (Art. 40 Abs. 2 BdBSt,
in der bis Ende 1986 geltenden Fassung).

    7.3  Seit der Gesetzesnovelle vom 22. März 1985 konnten, entsprechend
dem in Art. 81 und 83 BVG verankerten Grundsatz, wonach dem vollen Abzug
der Beiträge an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge die Besteuerung
der Leistungen in vollem Umfang gegenüber steht (BBl 1984 II 725, S. 731;
MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl., Zürich 1985,
N. 19 a.E. zu Art. 21bis BdBSt), die gesetzlich oder reglementarisch
geleisteten Einlagen, Prämien und andern Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen
aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge vollständig vom Einkommen
abgezogen werden (neue Fassung von Art. 22 lit. h und i BdBSt).

    Die Leistungen aus der beruflichen Vorsorge waren grundsätzlich
voll als Einkommen zu besteuern (Art. 21bis Abs. 4 BdBSt). Die von
1987 bis Ende 1994 geltende Regelung unterwarf Kapitalleistungen aus
Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und aus anerkannten Formen der
gebundenen Selbstvorsorge (Art. 21bis Abs. 4 BdBSt) einer besonderen
Jahressteuer. Sozialabzüge wurden nicht gewährt, aber die Steuer weiterhin
zum Rentensatz berechnet, d.h. die gesonderte Besteuerung erfolgte zum
Satz, der anwendbar wäre, wenn an Stelle der einmaligen Leistung eine
entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde (neue Fassung von
Art. 40 Abs. 3 BdBSt; vgl. MASSHARDT, Kommentar, aaO, N. 13 zu Art. 40
BdBSt; Kreisschreiben Nr. 1 vom 30. Januar 1986 der Eidgenössischen
Steuerverwaltung betreffend Bundesgesetz zur Anpassung des BdBSt an
das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge, Ziff. IV, publiziert in:
ASA 54 S. 501; HEINZ MASSHARDT, Die neue steuerrechtliche Behandlung der
beruflichen Vorsorge und der individuellen Selbstvorsorge [Beilage zu:
Kommentar zur direkten Bundessteuer], Zürich 1986, S. 21 ff.; GOTTHARD
STEINMANN, Die steuerliche Behandlung der drei Säulen im neuen Recht der
direkten Bundessteuern im Vergleich zum bisherigen Recht, StR 46/1991
S. 591-604, 597 f.; DANIELLE YERSIN, L'évolution du droit fiscal en
matière de prévoyance professionnelle, ASA 62 S. 129-148, 137).

    Vorbehalten blieb die Übergangsregelung gemäss Art.  155 BdBSt,
wonach Renten und Kapitalabfindungen aus beruflicher Vorsorge, die vor
dem 1. Januar 1987 zu laufen begannen oder fällig wurden oder die vor
dem 1. Januar 2001 zu laufen begannen oder fällig wurden und auf einem
Vorsorgeverhältnis beruhten, das am 31. Dezember 1986 bereits bestanden
hatte, in Abstufungen je nach Finanzierung zu 60, 80 oder 100 Prozent
besteuert wurden (vgl. Art. 155 Abs. 1 BdBSt).

    7.4  Mit der Einführung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember
1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden (StHG; SR 642.14; in Kraft seit 1. Januar 1993; nachfolgend:
Steuerharmonisierungsgesetz) und der Ablösung des Bundessteuerbeschlusses
1940 durch das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte
Bundessteuer (DBG; SR 642.11; in Kraft seit 1. Januar 1995; nachfolgend:
Bundessteuergesetz) wurde die steuerliche Behandlung der beruflichen
Vorsorge und der gebundenen Selbstvorsorge in der bisherigen Ordnung
grundsätzlich weitergeführt (STEINMANN, aaO, S. 598; YERSIN, aaO, S. 137).
Die Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen
aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge können vom Einkommen abgezogen
werden (Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG; Art. 9 Abs. 2 lit. d StHG), und die
Leistungen werden vollständig besteuert (Art. 22 Abs. 1 und 2 DBG; Art.
7 Abs. 1 StHG). Auch die Übergangsregelung von Art. 155 BdBSt wurde ins
neue Recht übernommen (vgl. Art. 204 und 205 DBG).

    Geändert wurde hingegen namentlich der Steuersatz (vgl. Art. 38 DBG;
Art. 11 Abs. 3 StHG): Die Besteuerung zum Rentensatz wurde zu Gunsten einer
Vollbesteuerung zu einem Fünftel der ordentlichen Tarife nach Art. 36 DBG
aufgegeben (vgl. Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 1 und 2 DBG; STEINMANN,
aaO, S. 598 ff.; YERSIN, aaO, S. 137 f.).

    Für die kantonalen Steuern sieht Art. 11 Abs. 3 StHG vor, dass
Kapitalleistungen aus Vorsorgeeinrichtungen sowie Zahlungen bei Tod und
für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile für sich allein
besteuert werden. Sie unterliegen stets einer vollen Jahressteuer.
Harmonisierungsrechtlich bleibt aber die Bestimmung der Steuertarife,
Steuersätze und Steuerfreibeträge Sache der Kantone (Art. 1 Abs. 3 StHG).

    7.5  Zur neuen, seit dem 1. Januar 1987 gültigen Konzeption für die
steuerliche Behandlung der beruflichen Vorsorge, wie sie in den Art. 80-83
BVG vorgesehen ist, gehört die Schaffung steuerlich anerkannter Formen
der sog. gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a). Der Bundesrat hat dazu die
Verordnung vom 13. November 1985 über die steuerliche Abzugsberechtigung
für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3; SR 831.461.3) erlassen.

    Demnach werden die gebundene Vorsorgeversicherung bei
Versicherungseinrichtungen und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit
Bankstiftungen als Vorsorgeformen im Sinne von Art. 82 BVG anerkannt
(Art. 1 Abs. 1 BVV 3). Bankstiftungen, deren Einkünfte und Vermögenswerte
ausschliesslich der Vorsorge im Sinne der Verordnung dienen, sind für die
Steuerpflicht den Vorsorgeeinrichtungen nach Art. 80 BVG gleichgestellt
(Art. 6 BVV 3).

    Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen
aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge im Sinn und im
Umfang von Art. 82 BVG sind für Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende,
die der AHV-Pflicht unterstehen, seit Beginn der Berechnungsperiode für
die Veranlagungsperiode 1987/88, also seit Anfang 1985, steuerlich vom
Einkommen abziehbar (Art. 22 Abs. 1 lit. i BdBSt bzw. Art. 33 Abs. 1
lit. e DBG; Art. 9 Abs. 2 lit. e StHG).

    Quantitativ wird die Säule 3a in Art. 7 Abs. 1 BVV 3 umschrieben:
Steuerpflichtige, die einer Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehören,
können jährlich bis 8 Prozent des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1
BVG abziehen (Art. 7 Abs. 1 lit. a BVV 3; sog. kleine Säule 3a). Für
Steuerpflichtige, die keiner solchen Vorsorgeeinrichtung angehören,
sind es jährlich bis 20 Prozent des Erwerbseinkommens, jedoch höchstens
bis 40 Prozent des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 BVG (Art. 7
Abs. 1 lit. b BVV 3; sog. grosse Säule 3a).

    Im Gegenzug zu dieser steuerlichen Beitragsprivilegierung werden die
aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge bezogenen Leistungen
nach Art. 22 Abs. 1 lit. i BdBSt bzw. Art. 22 Abs. 1 DBG und Art. 7 Abs. 1
StHG vollumfänglich besteuert.

    Die Übergangsregelung von Art. 155 BdBSt bzw. Art.  204 und 205 DBG
gilt nur für die zweite Säule, nicht aber für die Säule 3a, da diese vor
1985 nicht existierte (vgl. STEINMANN, aaO, Ziff. 2.1.2 S. 601).

    7.6

    7.6.1  Bei der individuellen, nicht gebundenen Vorsorge der Säule
3b sind die Abzüge beschränkt. Einlagen, Prämien und Beiträge für die
Lebensversicherung können bis zu einem bestimmten Betrag vom steuerbaren
Einkommen abgezogen werden (Art. 33 Abs. 1 lit. g DBG; Art. 9 Abs. 2
lit. g StHG). Weil der pauschalisierte Abzug aber insbesondere
auch für die Prämien der Krankenkassen, der nicht obligatorischen
Unfallversicherung oder die Zinsen auf Sparkapitalien gilt, verbleibt
neben der Grundversicherungsprämie für die Krankenkasse in der Regel
(fast) kein Abzugsbetrag für anderweitige Versicherungen oder Sparzinsen
(vgl. Bericht der Expertenkommission zur Prüfung des Systems der direkten
Steuern auf Lücken [Expertenkommission Steuerlücken], Bern 1998, S. 107).

    7.6.2  Für die Leistungen aus der Säule 3b gilt der allgemeine
Grundsatz, dass alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der
Einkommenssteuer unterliegen (Art. 16 Abs. 1 DBG; Art. 7 Abs. 1 StHG;
vgl. Art. 21 BdBSt). Steuerbar sind nach Art. 23 lit. b DBG auch einmalige
oder wiederkehrende Zahlungen bei Tod sowie für bleibende körperliche
oder gesundheitliche Nachteile.

    Steuerfrei ist hingegen der Vermögensanfall aus rückkaufsfähiger
privater Kapitalversicherung, d.h. die in diesem Fall zur Auszahlung
gelangende Versicherungssumme, weil der Gesetzgeber durch einen besonderen
Anreiz für den Sparer die private Vorsorge fördern wollte (vgl. Art.
21bis Abs. 3 BdBSt, Art. 24 lit. b DBG, Art. 7 Abs. 4 lit. d StHG; LOCHER,
Kommentar, aaO, N. 21 zu Art. 24 DBG; PETER AGNER/BEAT JUNG/GOTTHARD
STEINMANN, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer,
Zürich 1995, N. 3 zu Art. 24 DBG; BGE 107 Ib 315 E. 3a S. 320 und E.
3b S. 321 f.; kritisch: Expertenkommission Steuerlücken, aaO, S. 105
ff., insbes. S. 111 ff.). Davon ausgenommen - und damit steuerbar - sind
Leistungen aus Freizügigkeitspolicen und privaten Kapitalversicherungen mit
Einmalprämie, letztere soweit sie nicht der Vorsorge dienen (vgl. Art. 24
lit. b in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG; Art. 7 Abs. 4 lit. d
in Verbindung mit Abs. 1ter StHG; GLADYS LAFFELY MAILLARD, Les assurances
sur la vie, notamment les assurances de capitaux à prime unique, et leur
traitement fiscal, ASA 66 S. 593-631, 618 ff.).

    Die nicht rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherungen
sind - wie unter der Geltung des Bundessteuerbeschlusses 1940 -
steuerbar. Allerdings werden sie seit 1995 nicht mehr zum Rentensatz
besteuert, sondern, weil es sich durchwegs um Kapitalleistungen aus
Todesfall und Invaliditätsversicherungen handelt, nach Art. 38 DBG mit
einer gesonderten Jahressteuer zu einem Fünftel der ordentlichen Tarife
(vgl. vorne E. 7.4; AGNER/JUNG/STEINMANN, aaO, N. 3 zu Art. 24 DBG).

    7.6.3  Die Bundessteuererlasse unterscheiden zwar zwischen
Kapital- und Rentenversicherung, definieren aber weder den Begriff
der Rückkaufsfähigkeit noch den der (Kapital-)Versicherung. Auch
das Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1)
enthält keine Definition der "Kapitalversicherung". Dort wird zwischen
Schadens- und Personenversicherung sowie zwischen rückkaufsfähigen und
nicht rückkaufsfähigen (Lebens-)Versicherungen unterschieden.

    Rückkaufsfähig ist eine Versicherung, wenn der Eintritt des
versicherten Ereignisses gewiss ist (Art. 90 Abs. 2 VVG). Bei der (reinen)
Risikoversicherung wird der Versicherer überhaupt nicht leistungspflichtig,
wenn sich das versicherte Risiko während der Vertragsdauer nicht
verwirklicht (ALFRED MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht,
3. Aufl., Bern 1995, S. 434). Es gibt deshalb in der Regel keinen Rückkauf
bei Risikoversicherungen, sondern nur bei Versicherungen, die mit einem
Sparvorgang verbunden sind und daher ein Deckungskapital ansammeln (MAURER,
aaO, S. 444).

    7.6.4  Anders als das Versicherungsvertragsgesetz unterscheiden
Versicherungswirtschaft und Wissenschaft nicht nur zwischen Schadens- und
Personenversicherung, sondern - etwas weitergehend - nach dem versicherten
Gegenstand: Sach-, Vermögens- oder Personenversicherungen (vgl. MORITZ
KUHN/R. LUKA MÜLLER-STUDER/MARTIN K. ECKERT, Privatversicherungsrecht,
2. Aufl., Zürich 2002, S. 102 f.; MAURER, aaO, S. 427; STEPHAN WEBER, in:
Münch/Geiser [Hrsg.], Schaden-Haftung-Versicherung, Basel/Genf/München
1999, N. 4.34 ff.; BERNARD VIRET, Droit des assurances privées, 3. Aufl.,
Zürich 1991, S. 155 ff.; Expertenkommission Steuerlücken, aaO, S. 94).

    Die Personenversicherung deckt Gefahren oder Tatbestände ab, die
mit Leben und Gesundheit eng zusammenhängen, d.h. Krankheit, Unfall,
Invalidität und Tod. Die Personenversicherung umfasst jedoch auch die
Vorsorge für das Alter. Innerhalb der Personenversicherung kann zwischen
Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Lebensversicherungen unterschieden
werden (MAURER, aaO, S. 430; KUHN/MÜLLER-STUDER/ECKERT, aaO, S. 110 f.;
WEBER, aaO, N. 4.47; VIRET, aaO, S. 158).

    Bei Lebensversicherungen ist der Versicherungsfall regelmässig mit
der Dauer des menschlichen Lebens verbunden: der Versicherer verspricht
dem Versicherungsnehmer gegen Prämienzahlung, im Todesfall oder bei
Erreichen eines bestimmten Alters (Erlebensfall) eine vereinbarte
Summe oder eine Rente zu bezahlen. Je nach Art des Versicherungsfalles
werden verschiedene Formen unterschieden (vgl. MAURER, aaO, S. 434 ff.;
KUHN/MÜLLER-STUDER/ECKERT, aaO, S. 112; WEBER, aaO, N. 4.49 f.).

    In der Todesfallversicherung muss der Versicherer die vereinbarte
Leistung erbringen, wenn die Person stirbt (lebenslängliche Vertragsdauer)
bzw. vor Ablauf der zum voraus begrenzten Versicherungsdauer stirbt
(sog. temporäre Lebensversicherung). Bei lebenslänglicher Vertragsdauer
tritt das versicherte Ereignis gewiss ein; die Versicherung ist
deshalb rückkaufsfähig (vgl. MAURER, aaO, S. 435; VIRET, aaO, S. 192;
KUHN/MÜLLER-STUDER/ECKERT, aaO, S. 214 f.).

    Bei der Erlebensfallversicherung hat der Versicherer nur zu leisten,
wenn der Versicherte einen bestimmten Termin erlebt. Der Vertrag kann als
reine Risikoversicherung ausgestaltet sein. Wird jedoch Prämienrückgewähr
vereinbart, bezahlt der Versicherer im Falle des vorzeitigen Ablebens des
Versicherten die einbezahlten Prämien (ohne Zins, aber mit Überschüssen)
zurück. In diesem Fall tritt das versicherte Ereignis sicher ein. Unsicher
ist nur der Zeitpunkt. Die Erlebensfallversicherung wird dadurch zu
einer rückkaufsfähigen Lebensversicherung gemäss Art. 90 Abs. 2 VVG
(Expertenkommission Steuerlücken, aaO, S. 95; vgl. MAURER, aaO, 435 f.;
MORITZ KUHN, in: Honsell/Vogt/Schnyder [Hrsg.], Basler Kommentar zum
schweizerischen Privatrecht, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag
[VVG], Basel/Genf/München 2001, N. 22 zu Art. 73 VVG).

    Werden Erlebensfall- und Todesfallversicherung kombiniert,
entsteht die so genannte gemischte Versicherung, d.h. der Versicherer
hat in jedem Fall eine Leistung zu erbringen, sei es, dass eine Person
einen bestimmten Termin erlebt oder vorher stirbt (MAURER, aaO, S. 436;
KUHN/MÜLLER-STUDER/ECKERT, aaO, S. 112, 214 f.). Die Leistungspflicht des
Versicherers ist damit gewiss und die gemischte Versicherung rückkaufsfähig
(KUHN, aaO, N. 21 zu Art. 73 VVG).

    Auf der Grundlage der gemischten Versicherung wurden und werden
verschiedene weitere Produkte kombiniert und entwickelt (MAURER, aaO,
S. 436; vgl. die Vielfalt der Produkte bei DANIEL JUNGO/WOLFGANG MAUTE,
Lebensversicherungen und Steuern, Muri/Bern 2003, S. 79 ff. bzw. 105 ff.),
deren steuerliche Qualifizierung im Einzelfall zu prüfen ist.

    7.6.5  Beruht die Versicherungsleistung nur teilweise auf einer
rückkaufsfähigen, teilweise aber auf einer nicht rückkaufsfähigen
Kapitalversicherung, wird die Auffassung vertreten, dass die Steuerfolgen
entsprechend unterschiedlich seien: Der eine Teil der Leistung sei
steuerfrei, der andere gemäss Artikel 38 steuerbar (AGNER/JUNG/STEINMANN,
aaO, N. 3 zu Art. 24 DBG; LAFFELY MAILLARD, aaO, S. 613; Merkblatt der
Eidgenössischen Steuerverwaltung vom Juni 1955 [auch publiziert in: ASA 23
S. 514], Ziff. V, in: Masshardt, Kommentar, aaO, N. 5 zu Art. 21bis BdBSt).

    Versicherungsleistungen bestehen teilweise aus durch
Prämien einbezahltem Kapital, das zurückerstattet wird. Der
Kapitalrückzahlungskomponente wird bei Leibrenten mit der reduzierten
Besteuerung der Zahlungen Rechnung getragen (zu 40 % seit dem 1. Januar
2001, vgl. Art. 22 Abs. 3 DBG in der Fassung vom 19. März 1999;
LOCHER, Kommentar, aaO, N. 52 zu Art. 22 DBG). Bei rückkaufsfähigen
Kapitalversicherungen ist die gesamte Leistung steuerfrei, obwohl nur
ein Teil davon auf einer Kapitalrückerstattung beruht.

    Auch wenn die Gründe für die unterschiedliche Privilegierung der
Einkünfte aus Versicherungen nicht leicht ersichtlich sind (BGE 107
Ib 315 E. 3a S. 320), ja die Gesetzessystematik "in sich unlogisch"
sein mag (Expertenkommission Steuerlücken, aaO, S. 121), darf die vom
Gesetzgeber gewollte, weitergehende Privilegierung der rückkaufsfähigen
Kapitalversicherungen nicht dadurch unterlaufen werden, dass eine als
Ganze rückkaufsfähige Versicherungspolice in ihre rückkaufsfähigen und
nicht rückkaufsfähigen Einzelteile zerlegt und dann entsprechend besteuert
wird. Vorbehalten bleibt die Prüfung einer Steuerumgehung (vgl. ASA 62
S. 705, 2A.361/1991 [i.S. Skandia Leben AG], E. 8e).

    7.6.6  Die Leistungen aus Gewinnbeteiligung (Überschussbeteiligung,
Bonus) teilen steuerlich stets das Schicksal der zu Grunde liegenden
Versicherungsleistung (AGNER/JUNG/STEINMANN, aaO, N. 3 zu Art. 24 DBG;
WOLFGANG MAUTE/MARTIN STEINER/ADRIAN RUFENER, Steuern und Versicherungen,
2. Aufl., Muri/Bern 1999, S. 270; LAFFELY MAILLARD, aaO, S. 614).

Erwägung 8

    8.  Zivilrechtlich fallen Leistungen der beruflichen Vorsorge (Säule
2a und 2b) sowie Freizügigkeitsleistungen im Normalfall nicht in den
Nachlass und unterliegen auch nicht der Herabsetzung (vgl. ausführlich zur
erbrechtlichen Behandlung von Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen im
Erbfall: BGE 129 III 305). Für individuell ausgestaltete oder wesentlich
über die normale Vorsorge hinausgehende Verträge von höheren Kadern
oder Unternehmern wie auch für Leistungen aus der dritten Säule hat
das Bundesgericht die Frage offen gelassen (BGE 129 III 305 E. 2.7
S. 311) und auch auf wesentliche Unterschiede bei der Säule 3a und den
Lebensversicherungsverträgen der nicht gebundenen Säule 3b hingewiesen
(BGE 129 III 305 E. 2.3 S. 309).

    Begünstigt der Erblasser durch eine Lebensversicherung auf seinen
eigenen Tod einen Dritten, ist der Rückkaufswert der Versicherung und nicht
die tatsächlich ausbezahlte Summe zur Berechnungsmasse hinzuzuzählen (vgl.
Art. 476 und 529 ZGB). Gesetzlich geregelt ist nur die erbrechtliche
Behandlung der reinen Todesfallversicherung. Ein Grundsatz, ob und in
welchem Umfang Leistungen aus Lebensversicherungen an Dritte im Allgemeinen
zum Nachlass hinzuzuzählen sind, fehlt im Gesetz, und die Frage ist in der
Literatur umstritten (vgl. die Hinweise in BGE 129 III 305 E. 2.2 S. 307
f.; DANIEL STAEHELIN, in: Honsell/Vogt/Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar
zum schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches Zivilgesetzbuch II,
2. Aufl., Basel/Genf/München 2003, N. 1 und 23 ff. zu Art. 476 ZGB).

    Die Frage, ob eine Begünstigung vorliegt, ist zivilrechtlich
von Bedeutung für die Beurteilung, ob ein Anspruch in den Nachlass
fällt (vgl. STAEHELIN, aaO, N. 5 zu Art. 476 ZGB). Nicht zum
Nachlass hinzuzuzählen sind zivilrechtliche Versicherungsansprüche,
welche begünstigte Erben oder Dritte durch den Tod des Erblassers
erwerben. Die Begünstigten erwerben mit dem Tod des Erblassers ein eigenes
Forderungsrecht gegen den Versicherer. Die Begünstigung bewirkt, dass der
Versicherungsanspruch beim Tod des Versicherungsnehmers nicht in dessen
Nachlass fällt (STAEHELIN, aaO, N. 4 f. zu Art. 476 ZGB).

Erwägung 9

    9.

    9.1  Diese erbrechtliche Qualifikation schliesst nicht aus, dass ein
kantonales Gesetz Ansprüche, die zivilrechtlich nicht in den Nachlass
fallen, mit der Erbschaftssteuer erfasst (BGE 103 Ia 124; LOCHER,
Kommentar, aaO, N. 29 zu Art. 24 DBG). Der kantonale Gesetzgeber
kann für die Umschreibung der steuerbaren Arten des erbrechtlichen
Vermögensübergangs auf die einschlägigen zivilrechtlichen Begriffe Bezug
nehmen oder eigene Begriffe verwenden, ohne dabei an die zivilrechtliche
Auffassung gebunden zu sein (vgl. ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System
des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 206).

    9.2  Für das Doppelbesteuerungsrecht ist der Nachlass unabhängig von
der zivilrechtlichen Definition zu bestimmen. Um eine einheitliche Regelung
zu schaffen, hat sich die Kollisionsnorm an der für die Bundesgesetzgebung
über die direkten Steuern (Steuerharmonisierungs-und Bundessteuergesetz)
getroffenen Regelung zu orientieren (BGE 121 I 75 E. 2a S. 76; 118 Ia 277
E. 3a S. 281; StR 55/2000 S. 331, 2P.252/1998, E. 4; StR 58/2003 S. 432,
2A.349/2002, E. 2.5.2, mit Hinweisen, vgl. auch StR 54/1999 S. 414,
2P.1/1998, E. 4c).

    9.3  Bei der kollisionsrechtlichen Zuteilung der Leistungen aus
Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen ist zu berücksichtigen, dass sich
das Verständnis und die Ausgestaltung der Vorsorge seit dem Entscheid
BGE 99 Ia 232 geändert haben. War die Vorsorge damals zu einem grossen
Teil der privaten Initiative überlassen, wird sie heute grundsätzlich im
Zusammenhang mit dem Einkommenserwerb gebildet. Sie hat sich wesentlich
aus dem privaten, steuerlich nicht abzugsberechtigten Bereich hin zur
beruflichen und steuerlich privilegierten (Selbst-)Vorsorge entwickelt. Die
Beiträge an diese Vorsorgeformen können seit der Einführung des BVG
steuerlich vom Einkommen abgezogen werden, und die Leistungen sind
entsprechend bei der Auszahlung als Einkommen steuerbar. Demgegenüber
sind die Einzahlungen an rückkaufsfähige private Kapitalversicherungen
faktisch (fast) nicht abzugsfähig (vgl. E. 7.6.1), die Kapitalauszahlungen
im Gegenzug aber von der Einkommenssteuer befreit (Art. 24 lit. b DBG;
Art. 7 Abs. 4 lit. d StHG).

    9.4  Ausgehend vom genannten Grundsatz der Abzugsfähigkeit der
Beiträge und der Steuerbarkeit der Leistungen ist die Zuteilung der
Besteuerungskompetenz an die Kantone danach vorzunehmen, wie die Leistungen
beim Empfänger - unabhängig davon, ob das der Versicherungsnehmer, der
Versicherte oder ein begünstigter Dritter ist - nach den Steuererlassen
des Bundes erfasst werden: Die als Einkommen steuerbaren Leistungen
sind im Wohnsitzkanton des Leistungsempfängers steuerbar, die von der
Einkommenssteuer befreiten Leistungen (Art. 24 lit. b DBG; Art. 7
Abs. 4 lit. d StHG) werden dem Kanton des letzten Wohnsitzes des
Erblassers zur Besteuerung zugewiesen. Damit kann auch dem Grundsatz
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127
Abs. 2 BV) Rechnung getragen werden, der bei der rein zivilrechtlichen
Bestimmung des Nachlasses keine Rolle spielt.

    9.5  Ob eine Vorsorge- oder Versicherungsleistung der Einkommenssteuer
unterliegt oder davon befreit ist, ist zunächst unabhängig von einer
allfälligen Begünstigungsklausel zu beurteilen. Da die Leistungen,
die der Einkommenssteuer unterliegen, beim Empfänger zu besteuern sind,
beeinflussen allfällige Begünstigungsklauseln aber insoweit indirekt die
kollisionsrechtliche Zuteilung.

    Hingegen ist bei rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherungen,
die von der Einkommenssteuer befreit sind (Art. 24 DBG; Art. 7
Abs. 4 StHG), doppelbesteuerungsrechtlich nicht massgebend, ob sie
mit einer Begünstigungsklausel versehen sind. Diese Leistungen sind
kollisionsrechtlich immer dem Nachlass zuzurechnen und dementsprechend
dem Kanton am letzten Wohnsitz des Erblassers zur Besteuerung zuzuweisen.

    Beim Nachlassvermögen handelt es sich im vorliegenden Zusammenhang
um einen Begriff des kantonalen Rechts: Jeder Kanton kann für sein
Erbschaftssteuerrecht den Nachlass selbständig definieren und dabei
insbesondere frei bestimmen, ob auf den Tod des Erblassers gestellte
private Kapitalversicherungen dazu gehören.

    9.6  Mit den interkantonalen Zuteilungsregeln verbunden ist
auch die Frage der Schuldenverlegung: Die Nachlassschulden werden
proportional zu den beweglichen und den unbeweglichen Nachlassaktiven
verlegt (KURT LOCHER/PETER LOCHER, Die Praxis der Bundessteuern,
III. Teil, Interkantonale Doppelbesteuerung, § 9 I B Nr. 5; PETER LOCHER,
Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 2. Aufl., Bern 2003, S. 141;
HÖHN/MÄUSLI, Interkantonales Steuerrecht, 4. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien
2000, § 24 N. 3 ff.; MAUTE/STEINER/RUFENER, aaO, S. 290). Nach Auffassungen
in der Lehre sollen nur Versicherungsansprüche, die zum Nachlassvermögen
gehören, an der Passivenverteilung teilnehmen und die Direktansprüche
Dritter davon ausgeschlossen bleiben (LOCHER, Einführung, aaO, S. 142;
HÖHN/MÄUSLI, aaO, § 24 N. 5).

    Wegen den kantonal verschiedenen Definitionen kann das
Kollisionsrecht nicht auf diese unterschiedlichen Bestimmungen des
Nachlassvermögens abstellen, sondern hat selbst festzulegen, welche Aktiven
doppelbesteuerungsrechtlich dem steuerlichen Nachlass zuzurechnen sind.

    Soweit Vorsorge- und Versicherungsleistungen mit der Einkommenssteuer
erfasst werden, fallen sie für die Schuldenverlegung im Verhältnis der
Nachlassaktiven ausser Betracht. Die von der Einkommenssteuer befreiten
Versicherungsleistungen stehen hingegen den Kantonen zur Besteuerung
mit der Erbschaftssteuer offen. Doppelbesteuerungsrechtlich werden sie
deshalb dem Kanton, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, zur
Besteuerung zugewiesen. Soweit ein Kanton damit die Möglichkeit erhält,
diese Versicherungsleistungen zu besteuern, ist es folgerichtig, ihn
auch anteilmässig an den Schulden partizipieren zu lassen. Ob der Kanton
von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch macht oder Versicherungsleistungen
erbschaftssteuerfrei lässt, ist dabei unerheblich. Massgebend ist, dass der
Kanton, der das Besteuerungsrecht erhält, auch die entsprechenden Lasten
(Schuldanteile) trägt. Macht ein Kanton von seinem Besteuerungsrecht
der Versicherungsleistungen keinen Gebrauch, ist hinzunehmen, dass der
Steuerpflichtige allenfalls nicht sämtliche diesem Kanton zugewiesenen
Schulden von dem dort steuerbaren Nachlass abziehen kann (sog. unechter
Ausscheidungsverlust).

    Die von der Einkommenssteuer befreiten Versicherungsleistungen sind
demnach doppelbesteuerungsrechtlich dem steuerlichen Nachlass im Kanton,
in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, als Aktiven zuzurechnen
und die Schulden proportional dazu zu verlegen.

Erwägung 10

    10.  Im vorliegenden Fall ist die Besteuerungshoheit für die
Vorsorgepolicen 1... und 2..., die Risikopolicen 3... und 4... sowie die
Zusatzpolice 5... umstritten. Hingegen ist die Besteuerung der Leistungen
aus der Vorsorgepolice "X." an die Beschwerdeführerin durch den Kanton
Luzern unbestritten. Die Besteuerung der übrigen Versicherungsleistungen
gemäss Erbschaftsinventar durch den Kanton Aargau blieb im bisherigen
Verfahren unbeanstandet und ist hier nicht weiter zu prüfen.

    10.1  Bei den beiden Vorsorgepolicen 1...  und 2... handelt es
sich auf Grund der Policen klarerweise um Versicherungen der gebundenen
Vorsorge. Sie sind auch entsprechend bezeichnet ("gebundene Vorsorgepolice"
bzw. "Vorsorgepolice") und auf dem Formular 563 als zur "Vorsorgeform
Säule 3a" gehörig deklariert worden. Sie stellen bei der begünstigten
Beschwerdeführerin Einkommen dar und sind ihrem Wohnsitzkanton Luzern
zur Besteuerung zuzuweisen.

    Ob der Erblasser bei der Äufnung der Versicherung zu hohe Abzüge
erwirkte, wie dies die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren
geltend gemacht hat, ändert nichts an der Qualifizierung der Leistungen
als Einkommen. Das kann zwar für die Steuerberechnung - Gewährung oder
Ausschluss des Privilegs nach Art. 38 DBG - eine Rolle spielen, ist aber
doppelbesteuerungsrechtlich nicht massgebend und hier auch nicht zu prüfen.

    10.2  Bei den Risikopolicen 4... und 3...  handelt es sich um
Versicherungen mit fallendem Risiko. Die Versicherungssumme beträgt
im ersten Jahr Fr. 200'000.- und fällt zu Beginn jedes folgenden
Versicherungsjahres um Fr. 5'882.- bzw. Fr. 4'545.-. Erlebt der
Versicherungsnehmer den Ablauf der Versicherung, verbleibt keine
auszuzahlende Sparsumme (vgl. JUNGO/MAUTE, aaO, Beispiel 4 S. 86),
abgesehen vom Bonus, der aber steuerlich das Schicksal der Hauptleistung
teilt (vgl. vorne E. 7.6.6). Demnach ist der Eintritt des versicherten
Ereignisses nicht gewiss, so dass keine rückkaufsfähige, sondern eine
reine Risikoversicherung vorliegt. Warum von der Versicherung auf
dem Meldeformular an die Steuerverwaltung trotzdem ein Rückkaufswert
von Fr. 9'971.90 bzw. Fr. 7'799.50 ausgewiesen wurde, ist nicht
nachvollziehbar.

    Als reine Risikoversicherungen unterliegen die Versicherungssummen von
Fr. 58'245.- bzw. Fr. 64'174.- sowie der Bonus von Fr. 13'481.50 bei den
Begünstigten der Einkommenssteuer. Das Besteuerungsrecht für den Anteil
der Beschwerdeführerin aus den Risikopolicen 4... und 3... ist deshalb
dem Kanton Luzern zuzuweisen.

    10.3  Die Zusatzpolice 5... ist als "Spar- und Risikoversicherung"
eine gemischte Risikoversicherung mit einem ausgewiesenen Rückkaufswert
von Fr. 53'362.90: neben einer Versicherungssumme, die sowohl im Todes-
wie im Erlebensfall auszahlbar ist, wird zusätzlich eine Leistung im
Todesfall versichert. Diese rückkaufsfähige private Kapitalversicherung
ist als Ganzes von der Einkommenssteuer befreit und kollisionsrechtlich
dem Kanton Aargau zuzuweisen. Der Kanton Luzern darf deshalb nicht den
Risikoteil aus der gemischten Gesamtversicherung herausbrechen und für
sich allein besteuern. Dass eine Steuerumgehung vorliegen würde, ist
weder behauptet noch ersichtlich.

Erwägung 11

    11.

    11.1  Demnach ist das Besteuerungsrecht für die Leistungen aus den
beiden Vorsorgepolicen 1... und 2... der Säule 3a und aus den reinen
Risikoversicherungen 3... und 4... dem Kanton Luzern als dem Wohnsitz der
Leistungsempfängerin zur Besteuerung mit der Einkommenssteuer zuzuweisen.

    Bei der Zusatzpolice 5... handelt es sich um eine rückkaufsfähige
private Kapitalversicherung, die von der Einkommenssteuer befreit und
kollisionsrechtlich dem Kanton Aargau, wo der Erblasser seinen letzten
Wohnsitz hatte, zur Besteuerung mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer
zuzuweisen ist.

    Die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb teilweise dahin
gutzuheissen, dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Luzern vom 3. Dezember 2001 sowie die Veranlagung der
Erbschaftssteuer des Steueramtes des Kantons Aargau vom 20. Januar 1998
aufzuheben und die Versicherungsleistungen den beteiligten Kantonen gemäss
den oben stehenden Ausführungen zur Besteuerung zuzuweisen sind.