Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 I 140



130 I 140

12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. A. und Mitb. gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz (staatsrechtliche
Beschwerde)

    1P.523/2003 / 1P.572/2003 vom 12. Mai 2004

Regeste

    Verordnung des Schwyzer Regierungsrats über vorläufige Regelungen
zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts (GemeindebürgerrechtsV) zur
Gewährleistung verfassungskonformer Einbürgerungsverfahren in den
Schwyzer Gemeinden; Verletzung des Stimmrechts durch Erlass einer dem
ordentlichen Gesetzgeber vorbehaltenen Regelung der politischen Rechte
auf Verordnungstufe?

    Überblick über die Zuständigkeitsordnung nach Schwyzer Verfassungsrecht
(E. 3).

    Handlungsbedarf für den Regierungsrat als Aufsichtsbehörde der
Gemeinden im Anschluss an die bundesgerichtlichen Entscheide zum
Einbürgerungsverfahren vom 9. Juli 2003 (E. 4.2).

    Prüfung, ob es sich bei der angefochtenen Verordnung um eine
Vollziehungsverordnung handelt, die als solche in die Kompetenz des
Regierungsrats fällt (E. 5).

    Die Verordnung, die an der Zuständigkeit der Gemeindeversammlung
festhält, erscheint nicht von vornherein ungeeignet, verfassungskonforme
Einbürgerungsentscheide der Schwyzer Gemeinden zu ermöglichen (E. 5.3.6).

    Vorläufiger Charakter der angefochtenen Verordnung (E.  5.3.7).

Sachverhalt

    A.- Am 9. Juli 2003 erklärte das Bundesgericht eine Initiative,
mit der Einbürgerungsgesuche in der Stadt Zürich der Urnenabstimmung
unterstellt werden sollten, für ungültig (BGE 129 I 232). Gleichentags
hiess es eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des
Regierungsrats des Kantons Luzern gut, der die Nichteinbürgerung der
Beschwerdeführer durch die Emmener Stimmbürger an der Urne geschützt
hatte (BGE 129 I 217). Das Bundesgericht ging in beiden Urteilen davon
aus, dass negative Einbürgerungsentscheide nach Art. 29 Abs. 2 i.V.m.
Art. 8 Abs. 2 BV zu begründen seien. Da dies bei Volksabstimmungen an
der Urne systembedingt nicht möglich sei, sei die Urnenabstimmung über
Einbürgerungsgesuche verfassungswidrig.

    B.- Im Kanton Schwyz wird das Gemeindebürgerrecht durch die
Gemeindeversammlung erteilt (§ 7 Abs. 1 lit. m des Gesetzes über
die Organisation der Gemeinden und Bezirke vom 29. Oktober 1969
[GOG] und § 10 des Gesetzes über Erwerb und Verlust des Kantons- und
Gemeindebürgerrechts vom 19. Februar 1970 [kBüG]). Entschieden wird
entweder im Versammlungssystem mit offenem Handmehr oder, nach Vorberatung
an der Gemeindeversammlung, durch Urnenabstimmung. Das Versammlungssystem
wird noch in fünf kleineren Gemeinden angewendet; in den restlichen 25
Gemeinden wird über Einbürgerungsgesuche an der Urne entschieden.

    Nach den bundesgerichtlichen Entscheiden vom 9. Juli 2003 herrschte
Unsicherheit über das fortan bei Einbürgerungen zu beachtende Verfahren. Am
10. Juli 2003 erliess der Vorsteher des Departements des Innern die
Empfehlung, einstweilen für anstehende Gemeindeversammlungen keine
Einbürgerungsgesuche zu traktandieren.

    C.- Am 26. August 2003 erliess der Regierungsrat des Kantons
Schwyz gestützt auf § 46 der Kantonsverfassung eine Verordnung
über vorläufige Regelungen zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts
(GemeindebürgerrechtsV). Diese umfasst folgende sechs Paragraphen:

      § 1 Geltungsbereich 1 Diese Verordnung regelt Zuständigkeit und

      Verfahren für die Erteilung

        des Gemeindebürgerrechts.

      2 Sie geht abweichenden Vorschriften des Gesetzes über Erwerb und

        Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts und des Gesetzes

        über die Organisation der Gemeinden und Bezirke vor.

      § 2 Anhörung der Bewerber Der Gemeinderat oder eine gemeinderätliche

      Delegation ist verpflichtet, alle Bewerber persönlich anzuhören

      und die formellen und materiellen Voraussetzungen zu überprüfen,

      bevor er seine Stellungnahme zur Erteilung der eidgenössischen

      Einbürgerungsbewilligung an den Kanton weiterleitet.  § 3

      Zuständigkeit und Verfahren 1 Die Gemeindeversammlung entscheidet

      in offener Abstimmung über die

        Erteilung des Gemeindebürgerrechts.

      2 Der Antrag des Gemeinderates zu einem Einbürgerungsgesuch gilt als

        angenommen, wenn aus der Versammlungsmitte nicht ein begründeter

        Gegenantrag gestellt wird.

      § 4 Weisungen Das Departement des Innern erlässt Weisungen zur

      Behandlung von Einbürgerungsgesuchen durch den Gemeinderat

      und die Gemeindeversammlung.  § 5 Übergangsbestimmungen 1

      Einbürgerungsverfahren, die beim Inkrafttreten dieser Verordnung

        hängig sind, werden nach den Bestimmungen dieser Verordnung zu

        Ende geführt.

      2 Für Bewerber mit eidgenössischer Einbürgerungsbewilligung, die noch

        nicht persönlich angehört wurden, ist die persönliche Anhörung im

        Sinne von § 2 vor der Antragsstellung an die Gemeindeversammlung

        nachzuholen.

      § 6 Inkrafttreten und Geltungsdauer 1 Diese Verordnung tritt mit

      der Publikation im Amtsblatt in Kraft. Sie

        gilt solange bis das kantonale Recht im ordentlichen

        Gesetzgebungsverfahren angepasst ist.

      2 Diese Verordnung wird während ihrer Geltungsdauer in die

        Gesetzessammlung aufgenommen.

    Die Verordnung wurde am 29. August 2003 im Amtsblatt veröffentlicht.

    Am 26. August 2003 erliess das Departement des Innern "Weisungen zur
Behandlung von Gesuchen zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts". Diese
richten sich an die Bezirks- und Gemeinderäte sowie die Versammlungsleiter
von Bezirksgemeinden und Gemeindeversammlungen.

    D.- Gegen die GemeindebürgerrechtsV erhob A. (im Folgenden:
Beschwerdeführer 1) am 9. September 2003 Stimmrechtsbeschwerde ans
Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung der regierungsrätlichen
Verordnung.

    E.- Am 25. September 2003 erhoben B. und acht weitere Stimmberechtigte
(im Folgenden: Beschwerdeführer 2) staatsrechtliche Beschwerde
und Stimmrechtsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen, die
GemeindebürgerrechtsV und die Weisungen zur Behandlung von Gesuchen zur
Erteilung des Gemeindebürgerrechts vom 26. August 2003 seien aufzuheben.
Zudem sei ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

    F.- Der Regierungsrat des Kantons Schwyz beantragt, die Beschwerden
seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.  Der Regierungsrat stützt seine Verordnung auf § 46 der Verfassung
des eidgenössischen Standes Schwyz vom 23. Oktober 1898 (KV/SZ) und
damit unmittelbar auf Verfassungsrecht. Der Beschwerdeführer 1 wirft
dem Regierungsrat vor, er habe sich ein Notverordnungsrecht angemasst,
das die Schwyzer Kantonsverfassung nicht kenne.

    3.1  Gesetze werden im Kanton Schwyz vom Kantonsrat beschlossen
und sodann obligatorisch der Volksabstimmung unterstellt (§ 30 Abs. 1
KV/SZ). In einigen wichtigen Rechtsgebieten räumt § 40 KV/SZ dem Kantonsrat
ein selbständiges Verordnungsrecht ein. Schliesslich wird der Kantonsrat
generell als befugt erachtet, Vollziehungsverordnungen zu erlassen
(FRIEDRICH HUWYLER, Die Gesetzesbegriffe im schwyzerischen Recht, in:
Andreas Auer/Walter Kälin, Das Gesetz im Staatsrecht der Kantone,
Chur/Zürich 1991, S. 231 ff., insbes. S. 246; derselbe, Gesetz und
Verordnung im Kanton Schwyz, Diss. Zürich 1969, S. 119 f.; PAUL REICHLIN,
Verfassung, Gesetz und Verordnung im Kanton Schwyz, ZBl 44/1943 S. 201
ff., insbes. S. 206 ff.; OTTO HEINRICH MÜLLER, Die Verordnungskompetenzen
der kantonalen Legislativen, Diss. Zürich 1942, S. 50 f. und 129). Alle
kantonsrätlichen Verordnungen unterliegen dem fakultativen Referendum (§
31 Abs. 1 KV/SZ).

    3.2  Der Regierungsrat ist oberste Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde
des Kantons (§ 46 Abs. 1 KV/SZ). Er übt die Aufsicht über die Verwaltung
der Bezirke und Gemeinden aus und wacht über die Erhaltung des Vermögens
derselben (§ 53 KV/SZ). Aus dieser Stellung ergibt sich die Kompetenz
des Regierungsrats, Verwaltungsverordnungen zu erlassen (HUWYLER, Gesetz
und Verordnung, S. 135; REICHLIN, aaO, S. 206). Diese Befugnis ist in §
88 Abs. 2 GOG gesetzlich verankert: Danach erlässt der Regierungsrat die
ihm nötig scheinenden Weisungen an die Gemeinderäte über den richtigen
Vollzug von Rechtssätzen des Bundes und des Kantons und sorgt für den
Vollzug seiner Verfügungen.

    3.3  Die Kantonsverfassung gibt dem Regierungsrat keine ausdrückliche
Kompetenz zum Erlass von Vollziehungsverordnungen. Diese Kompetenz wurde
jedoch vom Regierungsrat schon früh in Anspruch genommen (HUWYLER,
Gesetz und Verordnung, S. 133/134) und wird heute als notwendiges
Mittel anerkannt, um dem verfassungsmässigen Auftrag nachzukommen,
Erlasse des Volkes und des Kantonsrats zu vollziehen (vgl. HUWYLER,
Gesetz und Verordnung, S. 134; REICHLIN, aaO, S. 206 ff.; ZACCHARIA
GIACOMETTI, Das Staatsrecht der Schweizerischen Kantone, Zürich 1941,
S. 495). Im vorliegenden Fall ermächtigt § 22 kBüG den Regierungsrat
ausdrücklich zum Erlass der für den Vollzug erforderlichen Vorschriften
im Bereich des Bürgerrechts, weshalb offen bleiben kann, wie die
Vollziehungsverordnungskompetenzen des Kantonsrats (mit fakultativem
Referendum) und des Regierungsrats (ohne Mitwirkungsmöglichkeit des
Volkes) voneinander abzugrenzen sind (vgl. dazu einerseits HUWYLER,
Gesetzesbegriffe, S. 246; derselbe, Gesetz und Verordnung, S. 121 und
andererseits REICHLIN, aaO, S. 208 f.).

    3.4  Für den Vollzug von Bundesrecht kennt die Kantonsverfassung keine
besonderen Regeln. Früher wurde kantonales Einführungsrecht zu Bundesrecht
häufig als Vollziehungsverordnung erlassen (HUWYLER, Gesetzesbegriffe,
S. 247). Dagegen wird heute die Auffassung vertreten, dass die allgemeine
kantonalverfassungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gilt, soweit im
Bundeserlass keine andere Vorschrift besteht (für Schwyz: HUWYLER, Gesetz
und Verordnung, S. 147; derselbe, Gesetzesbegriffe, S. 247; REICHLIN,
aaO, S. 209 f.; so schon BGE 63 I 8 E. 2 S. 10; allgemein: BGE 98 Ia 281
E. 6b S. 287; WALTER KÄLIN, Das Gesetz im Staatsrecht der Kantone: Ein
Überblick, in: Auer/Kälin, Das Gesetz im Staatsrecht der Kantone, S. 3 ff.,
insbes. S. 18 f.; YVO HANGARTNER, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund
und Kantonen, Bern 1974, S. 160 ff.). Der Regierungsrat ist somit nur
berechtigt, Vollzugsvorschriften zu Bundesrecht zu erlassen; der Erlass
primärer Normen ist dagegen dem Kantonsrat im Gesetzgebungsverfahren
bzw. auf dem Verordnungswege vorbehalten.

    3.5  Der Regierungsrat nimmt allerdings für sich in Anspruch,
vorläufige Regelungen zur Einführung von Bundesrecht in Form von
Verordnungen erlassen zu dürfen, bis zum Erlass definitiver Bestimmungen
auf dem ordentlichen Gesetzgebungsweg. Als Beispiele erwähnt er die
Verordnung des Regierungsrats über vorläufige Regelungen zum Bundesgesetz
über Fuss- und Wanderwege vom 2. November 1988, die Verordnung über
vorläufige Regelungen der Raumplanung vom 17. Dezember 1979 und den
Regierungsratsbeschluss betreffen vorläufige Baugebietsabgrenzung für
Gemeinden ohne Zonenplan vom 30. August 1988.

    In den erwähnten Fällen konnte sich der Regierungsrat jedoch auf
bundesrechtliche Ermächtigungen stützen: Sowohl Art. 16 Abs. 2 des
Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985 über Fuss- und Wanderwege (FWG; SR 704)
als auch Art. 36 Abs. 2 RPG (SR 700) ermächtigen die Kantonsregierungen
zum Erlass vorläufiger Regelungen (BGE 117 Ia 352 E. 5c S. 358; 108 Ib
479 E. 2a S. 481). Insofern lässt sich aus dem Erlass der erwähnten
Verordnungen nicht auf eine generelle, verfassungsmässige Kompetenz
des Regierungsrats zum Erlass vorläufiger Regelungen zur Einführung von
Bundesrecht schliessen.

    3.6  Darüber hinaus kennt die Schwyzer Kantonsverfassung keine
selbständigen Verordnungskompetenzen des Regierungsrates (HUWYLER, Gesetz
und Verordnung, S. 136; derselbe, Gesetzesbegriffe, S. 248; REICHLIN, aaO,
S. 228 oben). Ein Notverordnungsrecht steht dem Regierungsrat gestützt
auf §§ 43 und 50 KV/SZ allenfalls in Kriegszeiten oder bei Gefährdung
der Sicherheit im Innern und Äussern zu, wenn der Kantonsrat nicht oder
nicht rechtzeitig einschreiten kann (HUWYLER, Gesetz und Verordnung, S.
136 Fn. 16; REICHLIN, aaO, S. 229 f.; Urteil des Bundesgerichts vom
22. Oktober 1914, publ. in: Rechenschaftsbericht des Regierungsrates Schwyz
1914 S. 116 ff., insbes. S. 121). Ansonsten müssen alle Verordnungen des
Regierungsrats, die über blosse Vollziehungsverordnungen hinausgehen,
d.h. selbständige Rechtssätze enthalten, auf einer Kompetenzdelegation
des Gesetzgebers oder des Kantonsrats (als Verordnungsgeber) beruhen.

Erwägung 4

    4.  Zu prüfen ist im Folgenden, ob der Regierungsrat durch den Erlass
der GemeindebürgerrechtsV seine oben skizzierten Befugnisse überschritten
hat.

    4.1  Der Regierungsrat betont, dass er sich beim Erlass der streitigen
Verordnung nie auf Notrecht berufen habe. Als oberste Vollziehungs-
und Verwaltungsbehörde des Kantons habe er vielmehr nach den Urteilen
des Bundesgerichts vom 9. Juli 2003 für einen rechtskonformen Zustand
besorgt sein müssen. Dies sei einerseits notwendig gewesen, weil die
Rechtsunsicherheit in den Gemeinden gross gewesen sei; andererseits
seien in den Gemeinden viele Einbürgerungsgesuche hängig, die innerhalb
angemessener Frist behandelt werden müssten, wolle sich die zuständige
Behörde nicht dem Vorwurf der Rechtsverweigerung aussetzen. In dieser
Situation hätten sich der Regierungsrat und das Departement des Innern
veranlasst gesehen, Rechtssicherheit und -klarheit mit einer Verordnung
über vorläufige Regelungen und mit ergänzenden Weisungen zu schaffen. Der
Regierungsrat betont, dass die Verordnung nur vorläufigen Charakter
habe und er dem Kantonsrat im gegebenen Zeitpunkt eine Vorlage zur
Gesetzesrevision zuleiten werde.

    4.2  Die Ausführungen des Regierungsrates belegen, dass Handlungsbedarf
bestand:

    Nach den bundesgerichtlichen Entscheiden vom 9. Juli 2003 stand
fest, dass das von den meisten Schwyzer Gemeinden praktizierte
Einbürgerungsverfahren nicht mit der Bundesverfassung vereinbar
war und geändert werden musste, um eine Begründung negativer
Einbürgerungsentscheide zu ermöglichen. Diese Begründungspflicht ist keine
bloss formelle Anforderung; sie ist vielmehr unabdingbare Voraussetzung
für die Überprüfung von Einbürgerungsentscheiden unter dem Blickwinkel
des Diskriminierungsverbots (BGE 129 I 232 E. 3.4.1 S. 240). Sie dient
somit der Verhinderung von Herabsetzungen und Ausgrenzungen wegen der
Herkunft, der Sprache, der Religion, usw., und damit letztlich dem Schutz
der Menschenwürde (so auch DANIEL THÜRER/MICHAEL FREI, Einbürgerung
im Spannungsfeld zwischen direkter Demokratie und Rechtsstaatlichkeit,
ZSR 123/2004 I S. 205 ff., insbes. S. 213). Der Regierungsrat musste
deshalb als Aufsichtsbehörde der Gemeinden (§ 53 KV/SZ; § 88 Abs. 2 GOG)
verhindern, dass weiter an der Urne über Einbürgerungsgesuche abgestimmt
werde.

    Andererseits aber sind die Gemeinden verpflichtet, die bei
ihnen hängigen Einbürgerungsverfahren innert angemessener Frist zu
entscheiden, um keine Rechtsverweigerung zu begehen und damit ein anderes
Verfassungsrecht der Gesuchsteller zu verletzen (Art. 29 Abs. 1 BV). Dabei
ist zu bedenken, dass die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung, die
Voraussetzung für die Einbürgerung auf Kantons- und Gemeindeebene ist,
auf drei Jahre befristet ist (Art. 13 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom
29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts
[Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0]). Insofern durften die Gemeinden die
Einbürgerungsverfahren nicht einfach bis zur förmlichen Anpassung des
GOG und des kBüG durch den Gesetzgeber sistieren.

    Bei den Gemeinden bestand deshalb grosse Rechtsunsicherheit: Sie
waren zur Behandlung von Einbürgerungsgesuchen verpflichtet, wussten aber
nicht, in welchem Verfahren dies zu geschehen habe. Urnenabstimmungen
waren nicht mehr zulässig, so dass nach geltendem Schwyzer Recht nur noch
die Möglichkeit der Abstimmung an der Gemeindeversammlung verblieb. Dies
setzte aber voraus, dass ein Weg gefunden würde, den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an Einbürgerungsentscheide an der Gemeindeversammlung zu
genügen (vgl. dazu unten, E. 5.3.5).

    In dieser Situation war der Regierungsrat, der die Aufsicht über
die Verwaltung der Gemeinden ausübt (§ 53 KV/SZ, § 88 GOG), gehalten,
den Gemeinden einen Weg zur verfassungskonformen Durchführung von
Einbürgerungsverfahren in der Übergangszeit, bis zur förmlichen Anpassung
des kBüG und des GOG im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, aufzuzeigen.

    4.3  Fraglich ist jedoch, ob die hierfür vom Regierungsrat gewählte
Form der Verordnung der richtige Weg war.

    4.3.1  Zur Sicherstellung einer gesetzeskonformen Verwaltung,
namentlich in den Gemeinden und Bezirken, steht dem Regierungsrat das
Recht zu, Weisungen zu erteilen (§ 88 Abs. 2 GOG). Dies umfasst nicht nur
die Möglichkeit, Anordnungen im Einzelfall zu erteilen, sondern auch das
Recht, generell-abstrakte Regelungen in Form von Verwaltungsverordnungen
zu erlassen. Diese sind jedoch nur für die untergeordneten Behörden
verbindlich, nicht aber im Aussenverhältnis gegenüber den Bürgern.

    Im vorliegenden Fall wählte der Regierungsrat dagegen die Form
der auch nach aussen verbindlichen Verordnung. Dies belegen der Titel
der Verordnung, deren Veröffentlichung in der Systematischen Sammlung
des Schwyzer Rechts (SRSZ 110.113) sowie § 1 Abs. 2 der Verordnung. Der
Erlass einer auch für den Bürger verbindlichen, in der amtlichen Sammlung
für jedermann zugänglichen Verordnung anstelle bloss verwaltungsinterner
Weisungen liegt im Interesse der Rechtssicherheit. Er setzt aber eine
entsprechende Rechtssetzungskompetenz des Regierungsrates voraus.

    4.3.2  Der Regierungsrat nimmt für sich die Kompetenz in Anspruch,
auf dem Verordnungswege vorläufige Regelungen zu treffen, bis zum Erlass
definitiver Bestimmungen auf dem ordentlichen Gesetzgebungswege, um den
Anforderungen des Bundesrechts gerecht zu werden (vgl. oben, E. 3.5).

    Die angefochtene Verordnung regelt Zuständigkeit und Verfahren für
die Erteilung des Gemeindebürgerrechts und damit ein Rechtsgebiet, das
im Wesentlichen in die Gesetzgebungszuständigkeit der Kantone fällt:
Der Bund kann gemäss Art. 38 Abs. 2 BV nur Mindestvorschriften über
die Einbürgerung von Ausländern und Ausländerinnen durch die Kantone
aufstellen; das Bürgerrechtsgesetz beschränkt sich darauf, das Vorliegen
der Einbürgerungsbewilligung des zuständigen Bundesamts zu verlangen
(Art. 12 Abs. 2 BüG). Bei der umstrittenen GemeindebürgerrechtsV geht es
somit nicht um den Vollzug von Bundesrecht. Vielmehr soll die angefochtene
Verordnung die Einhaltung von Art. 29 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 BV im
kantonalrechtlich geregelten Einbürgerungsverfahren gewährleisten.

    Die Grundrechte der Bundesverfassung gelten unmittelbar in allen
Kantonen, ohne dass hierfür der Erlass von Ein- oder Ausführungsgesetzen
erforderlich wäre. Selbstverständlich müssen die Kantone bei ihrer
Rechtssetzung die Grundrechte der Bundesverfassung respektieren. Diese
Verpflichtung trifft jedoch alle staatlichen Organe gleichermassen (Art. 5
Abs. 1 und Art. 35 BV) und kann keine selbständige Verordnungskompetenz des
Regierungsrats begründen: Jede Rechtsanwendungsbehörde ist zur Beachtung
des Vorranges von Bundesrecht verpflichtet (Art. 26 Abs. 2 der Schwyzer
Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege vom 6. Juni 1974; vgl. dazu
FRIDOLIN SCHIESSER, Die akzessorische Prüfung, Diss. Zürich 1984, S. 148;
ROBERT ZIMMERMANN, Le contrôle préjudiciel en droit fédéral et dans les
cantons suisses, Diss. Genf 1986, S. 179). Der Regierungsrat als oberste
Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde ist daher befugt und gegebenenfalls
verpflichtet, durch Weisungen dafür zu sorgen, dass bundesrechtswidrige
kantonale Erlasse nicht mehr angewendet werden und die Verfahrensgarantien
der Bundesverfassung respektiert werden. Im Rahmen seiner Kompetenz,
Vollziehungsverordnungen zu erlassen, ist er auch befugt, für den
verfassungskonformen Vollzug kantonalen Rechts zu sorgen (vgl. dazu unten,
E. 5). Die förmliche Aufhebung oder Änderung einer verfassungswidrigen
Norm kann dagegen nur durch einen Erlass derselben oder einer höheren
Normstufe erfolgen (Erfordernis der Parallelität der Form; vgl. BGE 112 Ia
136 E. 3c S. 139 mit Hinweisen; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 59 B/I/a, S. 185 f.).

Erwägung 5

    5.  Zu prüfen ist deshalb, ob es sich bei der angefochtenen Verordnung
um eine Vollziehungsverordnung handelt, die als solche in die Kompetenz
des Regierungsrats fällt.

    5.1  Vollziehungsverordnungen haben den Gedanken des Gesetzgebers durch
Aufstellung von Detailvorschriften näher auszuführen und auf diese Weise
die Anwendbarkeit der Gesetze zu ermöglichen. Sie dürfen das auszuführende
Gesetz - wie auch alle anderen Gesetze - weder aufheben noch abändern;
sie müssen der Zielsetzung des Gesetzes folgen und dürfen dabei lediglich
die Regelung, die in grundsätzlicher Weise bereits im Gesetz Gestalt
angenommen hat, aus- und weiterführen (ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER,
Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., Rz. 1860 S. 543; ANDREAS
AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse,
Bd. I, Bern 2000, Rz. 1503 S. 523). Durch eine Vollziehungsverordnung
dürfen dem Bürger grundsätzlich keine neuen Pflichten auferlegt werden,
selbst wenn diese durch den Gesetzeszweck gedeckt wären (BGE 124 I 127
E. 3b S. 132 mit Hinweisen; HÄFELIN/HALLER, aaO, Rz. 1860 S. 543).

    5.2  Die angefochtene Verordnung regelt Zuständigkeit und
Verfahren für die Erteilung des Gemeindebürgerrechts (§ 1 Abs. 1
GemeindebürgerrechtsV). Dieses ist im Gesetz über Erwerb und Verlust
des Kantons- und Gemeindebürgerrechts (kBüG) geregelt. Danach ist für
die Erteilung des Gemeindebürgerrechts die Gemeindeversammlung zuständig
(§ 10 kBüG). Die Gemeindeversammlung ist in den §§ 7 ff. GOG normiert:
Danach wird entweder offen an der Gemeindeversammlung selbst abgestimmt
(§§ 21 ff., insbes. 26 ff. GOG), oder die Beschlussfassung erfolgt nach
Beratung an der Gemeindeversammlung in einer späteren Abstimmung an der
Urne (§§ 10 ff. GOG).

    § 22 kBüG ermächtigt den Regierungsrat, die für den
Vollzug des Gesetzes erforderlichen Vorschriften zu erlassen.
Gestützt darauf erliess der Regierungsrat am 7. Dezember 1970 die
Vollziehungsverordnung zum eidgenössischen und kantonalen Gesetz über
Erwerb und Verlust des Bürgerrechts, die im Wesentlichen nur die
Zuständigkeiten des Regierungsrats und des Departements des Innern
in Bürgerrechtsangelegenheiten festlegt. Der Regierungsrat hat der
Ermächtigung in § 22 kBüG weder in der Vergangenheit noch heute einen über
den Erlass blosser Vollzugsvorschriften hinausgehenden Inhalt beigemessen.

    Vergleicht man die GemeindebürgerrechtsV einerseits und die Regelungen
des kBüG und des GOG andererseits, so enthält die Verordnung Abweichungen
von der gesetzlichen Regelung. § 1 Abs. 2 GemeindebürgerrechtsV beansprucht
gar für abweichende Bestimmungen der Verordnung den Vorrang gegenüber
der gesetzlichen Regelung, was gegen eine blosse Vollziehungsverordnung
spricht.

    5.3  Der Regierungsrat macht jedoch geltend, dass sich die
GemeindebürgerrechtsV darauf beschränke, die Auswirkungen der
bundesgerichtlichen Entscheide vom 9. Juli 2003 auf das kantonale
Recht festzuhalten. Nachdem das Bundesgericht entschieden habe, dass
Urnenabstimmungen betreffend Einbürgerungen verfassungswidrig seien, stehe
fest, dass § 10 kBüG und § 7 lit. m GOG verfassungswidrig seien, soweit der
Begriff "Gemeindeversammlung" nicht nur das Versammlungssystem, sondern
auch die Urnenabstimmung umfasse. In verfassungskonformer Auslegung
könnten also § 10 kBüG und § 7 lit. m GOG nur noch als "Versammlungssystem"
verstanden werden. Mit der angefochtenen Verordnung habe der Regierungsrat
nichts anderes gemacht, als diese verfassungskonforme Auslegung aus
Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten.

    Aus diesen Erläuterungen lässt sich schliessen, dass der Regierungsrat
- entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 GemeindebürgerrechtsV -
keine gesetzesvertretende Verordnung, sondern eine Verordnung zum
Vollzug des nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verbleibenden
verfassungskonformen Restbestands des schwyzerischen Einbürgerungsrechts
erlassen wollte. Ob sich die Verordnung an diesen - durch Gesetz und
Verfassung vorgegebenen - Rahmen hält und die oben skizzierten Grenzen
einer Vollziehungsverordnung einhält, ist im Folgenden für jede Bestimmung
der Verordnung gesondert zu prüfen.

    5.3.1  Von vornherein unproblematisch erscheinen § 1 Abs. 1
(Geltungsbereich), § 5 Abs. 1 (Übergangsbestimmung) und § 6 (Inkrafttreten
und Geltungsdauer) der Verordnung. Gemäss § 4 erlässt das Departement
des Innern Weisungen zur Behandlung von Einbürgerungsgesuchen durch den
Gemeinderat und die Gemeindeversammlung; damit wird die dem Regierungsrat
kraft seiner Aufsichtskompetenz zustehende Weisungsbefugnis (vgl.
oben, E. 3.2) an das Departement delegiert. Insoweit überschreitet der
Regierungsrat nicht die ihm zustehenden Kompetenzen.

    5.3.2  § 1 Abs. 2, der den Vorrang der Verordnung vor abweichenden
Bestimmungen des kBüG und des GOG anordnet, stellt die Hierarchie
zwischen Gesetz und Verordnung auf den Kopf und sprengt die Grenzen
einer Vollziehungsverordnung. Die Unzulässigkeit der Urnenabstimmung über
Einbürgerungsentscheide folgt aus Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 BV;
die Unanwendbarkeit der kantonalen Gesetze, welche die Urnenabstimmung für
Einbürgerungen zulassen, ergibt sich somit aus dem Vorrang von Bundesrecht
vor kantonalem Recht und von Verfassungsrecht vor Gesetzesrecht. Die
Verordnung als solche kann dagegen keinen Vorrang vor Gesetzesrecht
beanspruchen.

    5.3.3  § 2 der Verordnung schreibt die Anhörung der Bewerber durch
den Gemeinderat oder eine gemeinderätliche Delegation vor. Damit wird der
Anspruch der Gesuchsteller auf rechtliches Gehör im Einbürgerungsverfahren
gewährleistet, der sich bereits aus Art. 29 Abs. 2 BV ergibt. Weder
das kBüG noch das GOG enthalten hierzu abweichende Vorschriften. Die
politischen Rechte der Stimmbürger werden durch diese Anhörungspflicht
nicht tangiert. Insofern begründet die Bestimmung keine neuen Rechte oder
Pflichten des Bürgers. Sie ist somit als zulässige Vollzugsvorschrift
zur Konkretisierung des Einbürgerungsverfahrens zu betrachten. Gleiches
gilt für die Übergangsvorschrift (§ 5 Abs. 2), wonach die Anhörung vor
der Antragstellung an die Gemeindeversammlung nachgeholt werden muss,
wenn der Bewerber noch nie persönlich angehört worden ist.

    5.3.4  Gemäss § 3 Abs. 1 der Verordnung entscheidet die
Gemeindeversammlung in offener Abstimmung über die Erteilung des
Gemeindebürgerrechts. Soweit damit die Abstimmung an der Urne in
Einbürgerungssachen ausgeschlossen wird, ergibt sich dies bereits aus der
zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen
Begründungspflicht in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot. Aus
diesem Grund bleibt nur noch die Möglichkeit der Beschlussfassung an der
Gemeindeversammlung selbst (§§ 21 ff. GOG). Diese erfolgt nach geltendem
schwyzerischen Recht mit offenem Handmehr (§ 72 Abs. 1 KV/SZ; §§ 27
f. GOG). Dann aber formuliert § 3 Abs. 1 der Verordnung nur das, was sich
ohnehin schon aus dem Gesetz i.V.m. Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 8 Abs. 2
BV ergibt. Ist die gesetzliche Lage unklar, weil Teile des Gesetzesrechts
bundesrechtswidrig sind und nicht mehr angewendet werden dürfen, ist es
zweckmässig, wenn die Rechtslage in der Vollziehungsverordnung nochmals
zusammengefasst und damit klargestellt wird.

    5.3.5  Gemäss § 3 Abs. 2 der Verordnung gilt der Antrag des
Gemeinderates zu einem Einbürgerungsgesuch als angenommen, wenn aus der
Versammlungsmitte nicht ein begründeter Gegenantrag gestellt wird.

    Diese Regelung weicht von derjenigen des GOG über die
Geschäftsbehandlung an der Gemeindeversammlung ab, wonach grundsätzlich
(soweit nicht die Rückweisung oder Verschiebung des Geschäfts beschlossen
wird) über jeden Antrag abzustimmen ist. § 3 Abs. 2 GemeindebürgerrechtsV
hat dagegen zur Folge, dass eine Abstimmung unterbleibt, wenn kein
begründeter Gegenantrag gestellt wird, und der Antrag des Gemeinderats
als angenommen gilt.

    Diese Bestimmung dient der Durchsetzung des verfassungsrechtlichen
Begründungsanspruchs im Einbürgerungsverfahren. Sie stellt sicher, dass
ein ablehnender Entscheid der Gemeindeversammlung begründet werden
kann. Sie verhindert somit, dass es in der Gemeindeversammlung zu
Abstimmungsergebnissen kommt, die sich nachträglich nicht begründen
lassen und die deshalb rechtsstaatlich ebenso bedenklich wären wie
Einbürgerungsentscheide an der Urne.

    Das geltende kantonale Recht enthält keine Regelung zur Begründung
von Gemeindeversammlungsentscheiden. Zwar sieht § 25 GOG vor, dass
jedes Geschäft nach der Berichterstattung durch den Gemeinderat beraten
wird, bis niemand mehr das Wort verlangt oder die Versammlung den
Schluss der Beratung verfügt. In der Praxis wurden jedoch immer wieder
Einbürgerungsgesuche abgelehnt, obwohl bei der Beratung niemand das Wort
verlangt und dem Einbürgerungsantrag des Gemeinderats opponiert hatte,
so dass über die Ablehnungsgründe nur gemutmasst werden konnte (vgl.
NZZ vom 10. Januar 2003 Nr. 7 S. 12: "Einbürgerungen in Schwyz bleiben ein
Versteckspiel"). Insoweit erweist sich das GOG für Einbürgerungsentscheide
der Gemeindeversammlung als ergänzungsbedürftig.

    Diese Ergänzung ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers: Ihm
obliegt es, in diesem sensiblen Bereich - im Spannungsfeld zwischen
Grundrechten und Verfahrensrechten der Gesuchsteller, politischen Rechten
der Stimmbürger und Autonomie von Gemeinden und Bezirken - die Auswahl
zwischen verschiedenen, verfassungsrechtlich möglichen Wegen zu treffen.

    Der Regierungsrat räumt in seiner Vernehmlassung ein, dass es mehrere
Alternativen für ein verfassungskonformes Einbürgerungsverfahren
gebe - wie z.B. die Übertragung der Einbürgerungsbefugnis an
Einbürgerungskommissionen, Gemeindeparlamente oder Gemeinderäte. Solche
Lösungen bedingten jedoch die Änderung der geltenden Zuständigkeitsordnung
und seien deshalb dem ordentlichen Gesetzgeber vorbehalten. Die
Verordnung beschränke sich darauf, das geltende Schwyzer Recht, wonach
Einbürgerungsentscheide von der Gemeindeversammlung getroffen werden,
in verfassungskonformer Weise zu konkretisieren.

    Wird an der nach Schwyzer Recht geltenden Zuständigkeit der
Gemeindeversammlung festgehalten, erscheint der Spielraum für
verfassungsmässige Lösungen in der Tat gering. Die vom Regierungsrat
gewählte vorläufige Regelung beschränkt sich darauf, das aus der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgende Minimum anzuordnen, um - unter
möglichster Beibehaltung der gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeits-
und Verfahrensordnung - die Einhaltung der verfassungsrechtlichen
Begründungspflicht zur gewährleisten und zugleich eine Rechtsverweigerung
zu verhindern.

    Dieses Vorgehen war unter den besonderen Umständen des vorliegenden
Falles zulässig: Eine Aussetzung der hängigen Einbürgerungsverfahren
bis zum Inkrafttreten eines förmlichen Gesetzes kam nach dem oben
(E. 4.2) Gesagten nicht in Betracht. In den Gemeinden herrschte grosse
Rechtsunsicherheit; diese erwarten vom Regierungsrat Vorgaben zum vorläufig
anzuwendenden Verfahren. Unter diesen besonderen Umständen durfte der
Regierungsrat, zur Verhinderung einer Rechtsverweigerung und zur Wahrung
der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit, eine vorläufige, das Gesetz
ergänzende Regelung im Wege der Vollziehungsverordnung erlassen.

    5.3.6  Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch
unter dem Regime der GemeindebürgerrechtsV zu verfassungswidrigen
Einbürgerungsentscheiden kommen kann, die Grundrechte der Bewerber
verletzen. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der Stimmrechtsbeschwerde
ist jedoch nur zu prüfen, ob die angefochtene Verordnung von vornherein
ungeeignet erscheint, ihren Zweck zu erreichen, d.h. verfassungskonforme
Einbürgerungsentscheide der Schwyzer Gemeinden zu ermöglichen. Wäre dies
der Fall, so erwiese sich die in § 3 Abs. 2 der Verordnung vorgesehene
Beschränkung des Stimmrechts (Abstimmung nur bei Vorliegen eines
begründeten Gegenantrags) als ungeeignet und damit als unverhältnismässig.

    Werden an der Gemeindeversammlung selbst Gründe für die Ablehnung einer
konkreten Einbürgerung genannt und darüber unmittelbar im Anschluss an
die Diskussion abgestimmt, so kann angenommen werden, dass die ablehnenden
Gründe von der Mehrheit der Abstimmenden mitgetragen werden.In der Regel
wird damit ein ablehnender Gemeindeversammlungsbeschluss hinreichend
begründet werden können, so dass der abgelehnte Bewerber weiss, weshalb
sein Gesuch abgewiesen wurde, und der Entscheid gegebenenfalls in einem
Rechtsmittelverfahren überprüft werden kann (so auch THÜRER/FREI, aaO,
S. 225 f.; YVO HANGARTNER, Neupositionierung des Einbürgerungsrechts,
AJP 2004 S. 3 ff., insbes. S. 16/17).

    Auch unter dem Blickwinkel des Schutzes der Privatsphäre (Art. 13 BV)
kann die Verfassungsmässigkeit von Gemeindeversammlungsbeschlüssen nicht
von vornherein in Frage gestellt werden. Es wird in jedem Einzelfall, unter
Berücksichtigung der Natur und des Umfangs der persönlichen Daten sowie
der Art und Weise ihrer Bekanntgabe an der Gemeindeversammlung, geprüft
werden müssen, ob das Persönlichkeitsrecht der Gesuchsteller gewahrt wurde.

    5.3.7  Schliesslich ist der vorläufige Charakter der angefochtenen
Verordnung zu betonen: Der Schwyzer Gesetzgeber wird bei der
Schaffung einer definitiven Lösung die Möglichkeit haben, andere, unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mitunter vorzuziehende und leichter
handhabbare Alternativen zu prüfen.

    Es wird Aufgabe des Regierungsrats sein, das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Dagegen war er nicht
verpflichtet, seine Verordnung zeitlich zu befristen: Zieht sich das
Gesetzgebungsverfahren in die Länge oder scheitert eine erste Vorlage in
der Volksabstimmung, muss die Verordnung weiter anwendbar bleiben, damit
über hängige Einbürgerungsgesuche innert angemessener Frist entschieden
werden kann. Die GemeindebürgerrechtsV muss deshalb so lange in Kraft
bleiben, bis das kantonale Recht im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
angepasst worden ist (so auch § 6 Abs. 1 der Verordnung).

    5.4  Nach dem Gesagten ist § 1 Abs. 2 der Verordnung aufzuheben; im
Übrigen ist die Verordnung als Vollziehungsverordnung zu qualifizieren und
durfte deshalb vom Regierungsrat in eigener Kompetenz erlassen werden,
ohne das Stimmrecht des Beschwerdeführers 1 oder die Gemeindeautonomie
zu verletzen.