Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 II 377



130 II 377

35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. X. gegen Migrationsamt des Kantons Zürich sowie Haftrichter des
Bezirksgerichts Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.342/2004 vom 15. Juli 2004

Regeste

    Art. 5 Ziff. 1 lit. b und f EMRK; Art. 10 Abs. 2 BV; Art. 13b Abs. 1
lit. d und Art. 13f ANAG in der Fassung vom 19. Dezember 2003; Art. 32
Abs. 2 lit. a-c bzw. Art. 33 AsylG; Ausschaffungshaft nach asylrechtlichem
Nichteintretensentscheid.

    Allgemeine Voraussetzungen für eine Ausschaffungshaft (E. 1). Verletzt
ein Asylsuchender seine grundlegenden verfahrensrechtlichen
Mitwirkungspflichten oder verhält er sich anderweitig missbräuchlich
im Sinne von Art. 32 Abs. 2 lit. a-c bzw. Art. 33 AsylG, besteht eine
"objektivierte" Untertauchensgefahr, welche den Schluss zulässt, dass er
sich (auch) dem Vollzug der Ausschaffung widersetzen bzw. einen solchen
zu vereiteln versuchen wird. Die Ausschaffungshaft ist in einem solchen
Fall weder konventions- noch verfassungswidrig (E. 2 und 3).

Sachverhalt

    Der nach eigenen Angaben aus Guinea-Bissau stammende X. (geb. 1980)
reiste am 27. April 2004 in die Schweiz ein, wo er tags darauf um
Asyl nachsuchte. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat am 11. Mai 2004
auf sein Gesuch nicht ein, wies ihn weg und hielt ihn an, spätestens
am Tag nach Eintritt der Rechtskraft seines Entscheids das Land zu
verlassen. Das Bundesamt ging davon aus, X. habe ohne entschuldbare
Gründe nicht innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung seines Gesuchs
Reisepapiere oder andere Dokumente abgegeben, die es erlauben würden,
ihn zu identifizieren; zudem lägen keine Hinweise auf eine Verfolgung vor,
die sich nicht als offensichtlich haltlos erwiesen (Art. 32 Abs. 2 lit. a
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG; SR 142.31]). Diese Verfügung
erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

    Am 27. Mai 2004 wandte sich X. mit einem Gesuch um Nothilfe (Art. 12
BV) an das Migrationsamt des Kantons Zürich; dabei erklärte er, sich den
Behörden in der ihm zugewiesenen Notunterkunft zur Verfügung halten zu
wollen. Er wurde gleichentags verhaftet, mit Strafbefehl vom 28. Mai
2004 wegen illegalen Verbleibs in der Schweiz zu 30 Tagen Gefängnis
bedingt verurteilt und anschliessend in Ausschaffungshaft genommen. Der
Haftrichter am Bezirksgericht Zürich prüfte diese am 29. Mai 2004 und
bestätigte sie bis zum 27. August 2004.

    Das Bundesgericht weist die von X. hiergegen eingereichte
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft
nehmen bzw. in dieser belassen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b
des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung
der Ausländer (ANAG; SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich,
dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger
Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt, dessen Vollzug (z.B. wegen
fehlender Papiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (vgl.
Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG
genannten Haftgründe bestehen, der Vollzug der Wegweisung mit dem nötigen
Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG; "Beschleunigungsgebot")
und die Haft als Ganzes verhältnismässig sein (vgl. zu den allgemeinen
Haftvoraussetzungen: BGE 130 II 56 E. 1 mit zahlreichen Hinweisen).
Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens bildet regelmässig nur die
Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Ausschaffungshaft, nicht auch
die Bewilligungs- oder Wegweisungsfrage; über diese entscheiden in einem
Fall wie dem vorliegenden die Asylbehörden abschliessend (vgl. Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 2 und 4 OG; Art. 105 Abs. 1 lit. a AsylG; BGE 130
II 56 E. 2 in fine; 128 II 193 E. 2.2 S. 197; 125 II 217 E. 2 S. 220;
121 II 59 E. 2b).

Erwägung 2

    2.  Der Beschwerdeführer ist durch das Bundesamt für Flüchtlinge
rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen und von den Vollzugsbehörden
gestützt auf den seit dem 1. April 2004 geltenden, im Rahmen des
Entlastungsprogramms 2003 in das Bundesgesetz über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer aufgenommenen Haftgrund von Art. 13b Abs. 1
lit. d inhaftiert worden (Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 über das
Entlastungsprogramm 2003; AS 2004 S. 1633 ff.). Danach kann ein Ausländer
zur Sicherung des Vollzugs seiner Wegweisung in Ausschaffungshaft genommen
werden, wenn das zuständige Bundesamt gestützt auf Art. 32 Abs. 2 lit. a-c
bzw. Art. 33 des Asylgesetzes einen Nichteintretensentscheid getroffen hat.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass dies bei ihm der Fall ist;
er macht indessen geltend, der entsprechende Haftgrund bzw. dessen
Anwendung verletze Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK und Art. 10 Abs. 2 BV
(Persönliche Freiheit). Die gegen ihn angeordnete Haft diene nicht
der Sicherung des Wegweisungsvollzugs, sondern Sparzwecken. Er habe
kein Verhalten an den Tag gelegt, welches auf eine Untertauchensgefahr
schliessen lasse; eine erhebliche Gefährdung des Wegweisungsvollzugs sei
nicht erkennbar, weshalb kein überwiegendes öffentliches Interesse daran
bestehe, ihn in Ausschaffungshaft zu nehmen; eine solche erweise sich für
Personen, die sich - wie er - unverzüglich und freiwillig bei den für den
Wegweisungsvollzug zuständigen Behörden meldeten, als unverhältnismässig
und verfassungs- bzw. konventionswidrig.

Erwägung 3

    3.  Die Kritik ist unbegründet, weshalb sich allgemeine Ausführungen
dazu erübrigen, ob und in welchem Umfang das Bundesgericht die umstrittene,
in einem Bundesgesetz enthaltene Regelung auf ihre Konventions- und
Verfassungsmässigkeit hin prüfen kann bzw. selbst bei deren Unvereinbarkeit
mit übergeordnetem Recht an den darin zum Ausdruck gebrachten Willen
des Gesetzgebers gebunden wäre (Art. 191 BV; BGE 130 I 26 E. 2.2; Yvo
Hangartner, St. Galler Kommentar, Rz. 25-28 zu Art. 191 BV):

    3.1  Nach Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK darf einem Menschen die Freiheit
entzogen werden, wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft
gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet
einzudringen, oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs-
oder Auslieferungsverfahren betroffen ist. Die gesetzlich vorzusehende und
in einem rechtlich korrekten Verfahren anzuordnende Haft darf einzig dem
in Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK vorgesehenen Zweck, d.h. der Sicherstellung
eines schwebenden und zielgerichtet voranzutreibenden Ausweisungs-
oder Auslieferungsverfahrens dienen (vgl. BGE 128 II 193 E. 2.1 S. 196;
Urteile EGMR i.S. Slivenko gegen Lettland vom 9. Oktober 2003, Ziff. 146
[Nr. 48321/98]; i.S. Conka gegen Belgien vom 5. Februar 2002, Recueil
CourEDH 2002-I S. 47, Ziff. 38; i.S. Dougoz gegen Griechenland vom
6. März 2001, Recueil CourEDH 2001-II S. 273, Ziff. 54 f.; i.S. Chahal
gegen Grossbritannien vom 15. November 1996, Recueil CourEDH 1996-V
S. 1831, Ziff. 112; WALTER KÄLIN, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht:
Materielles Recht, in: AJP 1995 S. 835 ff., dort S. 839; Peter Uebersax,
Menschenrechtlicher Schutz bei fremdenpolizeilichen Einsperrungen,
in: recht 13/1995 S. 53 ff., dort S. 59; Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel/
Genf/München 2002, Rz. 7.5 ff.). Der Freiheitsentzug muss dabei nicht zur
Verhinderung von Straftaten oder eines Untertauchens des Betroffenen als
"vernünftigerweise erforderlich" ("raisonnablement nécessaire") erscheinen
(Urteile Conka und Chahal, aaO, Ziff. 38 bzw. 112). Art. 5 Ziff. 1 lit. f
EMRK sieht selber keine Haftgründe im engeren Sinn vor; die Festhaltung hat
jedoch in einem sachlichen Zusammenhang zum Verfahrenszweck zu stehen. Bei
der Umschreibung der Haftvoraussetzungen geniesst der nationale Gesetzgeber
einen weiten Ermessensspielraum (vgl. Stefan Trechsel, Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, in: AJP 1994 S. 43 ff., dort S. 53). Der Freiheitsentzug
darf sich in seiner Gesamtheit nicht als willkürlich und mit Blick auf
den zulässigen Verfahrenszweck missbräuchlich erweisen; hiervor schützt
Art. 5 EMRK (Urteile Conka und Chahal, aaO, Ziff. 39 bzw. 118; Urteil
des EGMR i.S. Bozano gegen Frankreich vom 18. Dezember 1986, Serie A,
Bd. 111, Ziff. 54). Der mit einem Freiheitsentzug verbundene Eingriff in
das durch Art. 10 Abs. 2 BV geschützte Recht auf persönliche Freiheit
ist seinerseits zulässig, soweit er auf einer gesetzlichen Grundlage
beruht, daran ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, er
verhältnismässig erscheint und überdies der Kerngehalt des Grundrechts
dadurch nicht berührt wird (vgl. Art. 36 BV).

    3.2

    3.2.1  Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen des Entlastungsprogramms
2003 am 19. Dezember 2003 beschlossen, Asylsuchende, auf deren Gesuch
in Anwendung von Art. 32-34 AsylG rechtskräftig nicht eingetreten wurde,
nicht mehr der Asyl-, sondern der ordentlichen Ausländergesetzgebung zu
unterstellen; sie haben demnach keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen
mehr und müssen als Personen mit unbefugtem Aufenthalt das Land umgehend
verlassen ("Primat des Wegweisungsvollzugs"; vgl. Art. 44a AsylG in der
Fassung vom 19. Dezember 2003; BBl 2003 S. 5755-5757; AB 2003 S 791 f.
[Kommissionssprecher Inderkum], S. 796 u. 800 [Bundesrätin Metzler],
S. 1050 [Kommissionssprecher Inderkum]; AB 2003 N 1595 [Kommissionssprecher
Zuppiger], S. 1597 ff. [Bundesrätin Metzler], S. 1839 [Walker]; vgl. zu
den einzelnen Neuerungen auch: Jürg Schertenleib, Das Bundesgesetz
über das Entlastungsprogramm 2003 im Asyl- und Ausländerbereich, in:
Asyl 2/2004 S. 3 ff., sowie Urs Ebnöther, Entlastungsprogramm 2003:
Fragen bei der praktischen Umsetzung, in: Asyl 2/2004 S. 12 ff.). Ist
dies nicht möglich, erhalten sie auf Gesuch hin im Rahmen von Art. 12 BV
lediglich noch eine Nothilfe durch die Kantone (vgl. Art. 14f ANAG in der
Fassung vom 19. Dezember 2003; BBl 2003 S. 5754). Gestützt auf Art. 13b
Abs. 1 lit. d ANAG können solche Personen zur Sicherung des Vollzugs des
Wegweisungsentscheids neu in Ausschaffungshaft genommen werden, falls auf
ihr Asylgesuch nicht eingetreten wurde, weil (1) sie ohne entschuldbare
Gründe nicht innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des Gesuchs Papiere
abgegeben haben, die ihre Identifikation ermöglichen, und keine Hinweise
auf eine Verfolgung bestehen, die sich nicht als offensichtlich haltlos
erweisen (Art. 32 Abs. 2 lit. a AsylG); (2) sie die Behörde über ihre
Identität getäuscht haben, wobei diese Täuschung aufgrund der Ergebnisse
der erkennungsdienstlichen Behandlung oder anderer Beweismittel feststeht
(Art. 32 Abs. 2 lit. b AsylG); oder (3) sie anderweitig schuldhaft ihre
Mitwirkungspflicht grob verletzt haben (Art. 32 Abs. 2 lit. c AsylG);
die Ausschaffungshaft ist zudem möglich, (4) wenn auf ein missbräuchlich
nachgereichtes Asylgesuch nicht eingetreten wurde (Art. 33 AsylG).

    3.2.2  Nicht jeder asylrechtliche Nichteintretensentscheid vermag
somit einen Haftgrund zu setzen (vgl. Art. 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d-f,
Art. 34 AsylG), sondern nur die in Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG ausdrücklich
genannten. Nach dem gesetzgeberischen Willen liegt in diesen Fällen eine
"objektivierte" Untertauchensgefahr vor (BBl 2003 S. 5753), d.h. es
besteht gestützt auf das im Asylverfahren festgestellte missbräuchliche
Verhalten die Vermutung, dass sich der Betroffene (auch) dem Vollzug der
Ausschaffung widersetzen bzw. einen solchen zu vereiteln oder zumindest
zu erschweren versuchen wird (vgl. zur ähnlichen Ausgangslage bei der
Vorbereitungshaft: Hugi Yar, aaO, Rz. 7.40 u. 7.42). Es liegt in der
Kompetenz des Gesetzgebers, die Verhaltensweisen zu bestimmen, welche
geeignet sind, dies nahe zu legen; hierbei kommt ihm ein weiter Spielraum
zu (vgl. E. 3.1). Die neue Regelung will vorab die selbstverantwortliche
Ausreise der Betroffenen fördern (BBl 2003 S. 5753; AB 2003 S 800
und AB 2003 N 1599 [Bundesrätin Metzler]); die Administrativhaft soll
gegen jene Personen Platz greifen können, die sich im Asylverfahren
missbräuchlich verhalten haben und ihrer gesetzlichen Ausreisepflicht nach
der Wegweisung nicht freiwillig nachgekommen sind (BBl 2003 S. 5753). Dies
ist nicht unzulässig: Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK setzt - wie dargelegt -
nicht voraus, dass für einen rechtmässigen Freiheitsentzug über das im
Bewilligungsverfahren festgestellte missbräuchliche Verhalten hinaus eine
konkrete Untertauchensgefahr bestehen müsste (vgl. die bereits zitierten
Urteile i.S. Conka und Chahal, aaO, Ziff. 38 bzw. 112). Zwar hat das
Bundesgericht seinerseits rein passives Verhalten bei der Papierbeschaffung
zur Annahme einer Untertauchensgefahr im Sinne von Art. 13b Abs. 1 lit. c
ANAG bisher nicht genügen lassen (BGE 129 I 139 E. 4.2.1 S. 146 f.;
122 II 49 E. 2a; Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal
fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 I S. 267 ff.,
dort S. 332 f.; Andreas Zünd, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts
zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: ZBJV 132/1996 S. 72 ff.,
dort S. 83 ff.; Hugi Yar, aaO, Rz. 7.66 ff.), doch hat der Gesetzgeber die
entsprechenden Voraussetzungen nun gerade in Reaktion hierauf verschärft
und ausdrücklich eine verstärkte Mitwirkungspflicht vorgesehen, welche
das passive Verhalten einer aktiven Vereitelung des Wegweisungsvollzugs
gleichsetzt (Art. 13b Abs. 1 lit. c und Art. 13f ANAG in ihrer Fassung
vom 19. Dezember 2003; BBl 2003 S. 5753: "Mit der neuen Formulierung
soll nun auch die Passivität bei der Beschaffung von Reisepapieren zur
Anordnung der Ausschaffungshaft führen können"; AB 2003 S 799 [Schmid],
AB 2003 N 1594 [Heberlein]; vgl. auch die Botschaft vom 8. März 2002 zum
Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, BBl 2002 S. 3709 ff.,
dort S. 3767 und 3816).

    3.2.3  An einem umgehenden Vollzug der Wegweisung von Personen, die das
Asylverfahren zu institutionsfremden Zwecken missbraucht haben, besteht
ein gewichtiges - auch finanzielles - öffentliches Interesse; sie sollen
das Land möglichst rasch verlassen. Wer die Behörden im Asylverfahren über
seine Identität täuscht, ohne entschuldbaren Grund seine Identifikation
verhindert oder sein Asylgesuch nur stellt, um den Vollzug einer drohenden
Weg- oder Ausweisung zu verunmöglichen, bzw. seine Mitwirkungspflicht
anderweitig schuldhaft grob verletzt, zeigt durch dieses Verhalten, dass
er nicht bereit ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich für einen
möglichst umgehenden Wegweisungsvollzug zur Verfügung zu halten. Seine
Inhaftierung erscheint im Rahmen des schwebenden Ausschaffungsverfahrens
verhältnismässig und vollzugsorientiert (vgl. BBl 1994 I 322). Im
Wegweisungsverfahren sollen möglichst keine Anreize mehr bestehen, den
illegalen Aufenthalt durch renitentes - nunmehr auch passives - Verhalten
bei der Identitätsabklärung und Papierbeschaffung weiter zu verlängern und
sich hierdurch der umgehenden Ausschaffung zu entziehen (AB 2003 N 1596
[Kommissionssprecher Favre]). Zweck der Ausschaffungshaft ist zwar vorab,
den zwangsweisen Vollzug der Wegweisung sicherzustellen, und nicht den
Ausländer durch eine Beugehaft dazu anzuhalten, freiwillig auszureisen;
will dieser indessen - entgegen der ihm obliegenden Pflicht - das Land
nicht aus freien Stücken verlassen und ist er bereits im Asylverfahren
grundlegenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, liegt ein
erwünschter Nebeneffekt seiner Festhaltung auch darin, ihn zur Mitwirkung
beim Vollzug der Wegweisung und insbesondere bei der Papierbeschaffung
zu veranlassen (vgl. Art. 13f ANAG in der Fassung vom 19. Dezember 2003).
Nach Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK ist eine Haft auch zulässig "zur Erzwingung
der Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung",
soweit diese - wie hier - spezifisch und konkret definiert ist und der
hierzu angeordnete Freiheitsentzug verhältnismässig erscheint (vgl. BGE
130 II 56 E. 4.2.3 S. 63; Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl.,
Kehl/Strassburg/ Arlington 1996, Rz. 68-70 zu Art. 5 EMRK).

    3.2.4  Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der neue Haftgrund
ermögliche eine vom konkreten Verhalten des Betroffenen unabhängige
Ausschaffungshaft (so auch Jürg Schertenleib, Zum Entlastungsprogramm,
in: Asyl 1/2004 S. 22), übersieht er, dass dem asylrechtlichen
Nichteintretensentscheid seinerseits ein missbräuchliches Verhalten
zu Grunde liegt. Die entsprechenden Verhaltensweisen werden durch die
Schweizerische Asylrekurskommission näher umschrieben, wobei deren
Rechtsprechung tendenziell eher einschränkend erscheint. So soll die
"schwere prozessuale Sanktion eines Nichteintretensentscheids" bloss
mit "grösster Zurückhaltung" angewendet werden; sie rechtfertigt sich
nur bei einer Kumulation von Irreführungen, welche die Abklärungen
effektiv behindern (Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen
Asylrekurskommission [EMARK] 1995 Nr. 18). Als haltlos im Sinne von
Art. 32 Abs. 2 lit. a AsylG dürfen nur Verfolgungshinweise gelten,
welche bereits auf den ersten Blick als unglaubhaft erkennbar sind
(EMARK 2003 Nr. 19 und Nr. 20). Der Umstand, dass ein Asylbewerber vor
Einreichen seines Asylgesuchs andernorts unter einer abweichenden Identität
aufgetreten ist, genügt - trotz erheblicher Zweifel an der Richtigkeit
seiner Angaben im schweizerischen Verfahren - nicht zum Nachweis, dass
die schweizerischen Asylbehörden tatsächlich über die wahre Identität
getäuscht worden sind (EMARK 2003 Nr. 27, 2004 Nr. 4). Damit führen aber
nur grobe Fälle von Verletzungen der Mitwirkungspflicht oder offensichtlich
unbegründete bzw. missbräuchliche Gesuche zu Nichteintretensentscheiden,
welche die Ausschaffungshaft gestützt auf Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG
zu rechtfertigen vermögen. In den meisten Fällen bestünden dabei
bereits nach der bisherigen Rechtsprechung hinreichend konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass sich der Betroffene der Ausschaffung
entziehen will ("Untertauchensgefahr"; vgl. BGE 130 II 56 E. 3.1 sowie
nachstehende E. 3.3.3). Der Umstand, dass Wegweisungsentscheide (auch)
aus finanziellen Gründen konsequenter und rascher durchgesetzt und
keine längeren illegalen Aufenthalte mehr gestützt auf missbräuchliche
Asylgesuche geduldet werden sollen, ändert nichts daran, dass es sich bei
diesen erweiterten Haftgründen um eine vollzugsorientierte Festhaltung
im Rahmen eines schwebenden Ausweisungsverfahrens handelt, welche der
Missbrauchsbekämpfung dient und sich hierfür aufgrund der in der Praxis
gemachten Erfahrungen als notwendig erweist (vgl. BBl 2002 S. 3766 ff.).

    3.3

    3.3.1  Nicht zu überzeugen vermag in diesem Zusammenhang der
Hinweis des Beschwerdeführers auf die Ausführungen von WALTER KÄLIN,
wonach fraglich und höchst problematisch sei, ob wirklich bei jedem
Nichteintretensentscheid der Asylbehörden automatisch auf die Gefahr
des Untertauchens geschlossen werden könne, d.h. insbesondere auch
bei Asylsuchenden ohne Papiere, welche mit ihrem Verhalten lediglich
den Aufenthalt in der Schweiz verlängern wollten. Diese seien an
einem Untertauchen nicht interessiert, sondern an der Verlängerung des
Verfahrens bzw. des Aufenthalts. Hier diene eine Ausschaffungshaft,
welche nicht erst kurz vor dem tatsächlichen Vollzug einsetze, sondern
für die ganze Dauer der Papierbeschaffung angeordnet werde, kaum der
Sicherstellung des Vollzugs, und sie bekomme deutlich den Charakter einer
Sanktion für Fehlverhalten, was nach Art. 5 EMRK kein Haftgrund sein dürfe
(Walter Kälin, Rechtsfragen im Zusammenhang mit der geplanten Revision
des Asylgesetzes, in: Asyl 4/2001 S. 3 ff., dort S. 15).

    3.3.2  Die Europäische Menschenrechtskonvention verschafft weder
ein Recht auf Asyl (vgl. BGE 126 II 335 E. 3a) noch ein solches auf
Einreise oder Aufenthalt in einem bestimmten Staat (BGE 2A.472/2003 vom
1. Juni 2004, E. 3.1). Wer im Asylverfahren seine Identitätsfeststellung
missbräuchlich vereitelt oder erschwert, belegt, dass es ihm in erster
Linie nicht um ein faires Verfahren, sondern um die Erschleichung eines
zumindest vorübergehenden Aufenthalts (vgl. Art. 42 Abs. 1 AsylG) geht,
was das hängige Bewilligungsverfahren aushöhlt und das damit verbundene
Wegweisungsverfahren ernstlich in Frage stellt (vgl. Hugi Yar, aaO, Rz.
7.42). Es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse daran,
Personen, die über ein Asylverfahren in missbräuchlicher Weise
(unentschuldigte Nichtabgabe von Identitätspapieren bei haltlosem
Gesuch; Täuschung der Behörden über die Identität; schuldhafte und grobe
Verletzung der Mitwirkungspflicht; missbräuchliches Nachreichen eines
Asylgesuchs) einen vorübergehenden Aufenthalt erwirken konnten und nach
dem rechtskräftigen Wegweisungsentscheid nicht freiwillig ausreisen,
sondern illegal im Land verbleiben, zwangsweise zum Verlassen des
Staatsgebiets zu bewegen und renitentem Verhalten nötigenfalls mit
einer Inhaftierung zu begegnen. Hierin liegt keine Zweckentfremdung der
administrativen Festhaltung. Eine solche ist auch nicht unverhältnismässig,
wenn der Betroffene einerseits die Schweiz nicht termingerecht freiwillig
verlassen hat und er andererseits durch wahrheitsgemässe Angaben bzw. durch
Mitwirkung bei der Papierbeschaffung in den meisten Fällen eine relativ
kurzfristige Ausreise ermöglichen kann. Von 1995 bis 2000 wurde die
Ausschaffungshaft in zwischen 5'500 und 7'000 Fällen pro Jahr angeordnet;
dabei betrug die durchschnittliche Haftdauer weniger als 23 Tage (vgl. BBl
2002 S. 3766). Ist die Ausreise im Rahmen eines den gesamten Umständen
des konkreten Falles angemessenen Zeitraums selbst bei Kooperation des
Betroffenen zum Vornherein nicht absehbar, erweist sich die Haft bereits
gestützt auf Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG als unverhältnismässig (BGE
130 II 56 E. 4.1.3 S. 61); zudem gilt auch nach der Gesetzesrevision im
Rahmen des Entlastungsprogramms 2003 das Beschleunigungsgebot, welches die
Behörden anhält, die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung notwendigen
Vorkehren während der Haft "umgehend" zu treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG;
BGE 124 II 49 ff.; Hugi Yar, aaO, Rz. 7.70 ff.).

    3.3.3  Das Verhalten des Beschwerdeführers lässt vorliegend - entgegen
seinen Einwendungen - im Übrigen auch konkret befürchten, dass er sich der
Ausschaffung entziehen will; dies ist nach der Praxis zu Art. 13b Abs. 1
lit. c ANAG regelmässig der Fall, wenn der Betroffene durch erkennbar
unglaubwürdige oder widersprüchliche Angaben die Vollziehungsbemühungen
zu erschweren versucht oder sonst klar zu erkennen gibt, dass er nicht
in seinen Heimatstaat zurückzukehren bereit ist (BGE 130 II 56 E. 3.1):

    3.3.3.1  Trotz abgeschlossenem Asylverfahren und rechtskräftiger
Wegweisung hat sich der Beschwerdeführer am 27. und 29. Mai 2004
geweigert, in seine angebliche Heimat zurückzureisen. Gemäss seinen
Angaben im Asylverfahren will er aus Guinea-Bissau stammen, doch kennt
er kein Wort der dortigen Amtssprache (Portugiesisch); zudem konnte er
keine substantiierten Angaben zu diesem Land machen; so wusste er weder,
wie dessen Flagge aussieht, noch vermochte er den Nationalfeiertag zu
nennen oder die Landesgeographie in groben Zügen zu beschreiben. Er
dürfte nach Ansicht des Bundesamts für Flüchtlinge deshalb aus einem
anderen afrikanischen Land stammen. Seine angebliche Heimat will er 1998
verlassen und sich seither gemäss seinen Aussagen vom 30. April 2004
illegal unter anderem in Spanien ("qualche mesi") und Frankreich ("3
anni") aufgehalten haben; gemäss seinen Erklärungen vom 6. Mai 2004 hat
er indessen in Spanien das Schiff nie verlassen und ist er angeblich in
Frankreich in "Paris 2" an Land gegangen. Damit hat er auch über seinen
Reiseweg und bisherigen Aufenthalt unterschiedliche und widersprüchliche
Aussagen gemacht. Gestützt hierauf bietet er keine Gewähr dafür, dass er
sich nunmehr den Behörden freiwillig zur Verfügung halten und im Rahmen
des zwangsweise zu organisierenden Vollzugs der Wegweisung mit ihnen
kooperieren wird, zumal er sich inzwischen schon seit Jahren illegal
in Europa aufhält (vgl. auch BGE 128 II 241 E. 2.1 S. 243; 125 II 369
E. 3b/aa S. 375; 122 II 49 E. 2a S. 51).

    3.3.3.2  Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass er sich für eine
Unterkunft und die Nothilfeleistungen freiwillig bei den Behörden meldete;
aufgrund seines bisherigen, die Identitätsabklärung und einen allfälligen
Wegweisungsvollzug erschwerenden Verhaltens rechnete er nicht damit,
dass er ausgeschafft werden könnte, weshalb für ihn wegen des erhofften
weiteren Aufenthalts und der damit verbundenen staatlichen Leistungen
(noch) keine Veranlassung bestand, sich den Behörden nicht zur Verfügung
zu halten (vgl. zur Untertauchensgefahr nach bisherigem Recht bei einem
missbräuchlichen Asylgesuch und vordergründiger Kooperationsbereitschaft:
Urteil 2A.112/1999 vom 17. März 1999, E. 2b). Sein Einwand, durch die
Haft werde sein verfassungsmässiger Anspruch auf Nothilfe vereitelt
(Art. 12 BV), verkennt, dass während seiner administrativen Festhaltung
für Hilfe und Betreuung sowie für die für ein menschenwürdiges Dasein
unerlässlichen Mittel gesorgt ist (vgl. zu den Haftbedingungen: BGE 122
I 222 ff.; 122 II 299 ff.; 123 I 221 ff.).

    3.4  Da auch alle übrigen Haftvoraussetzungen erfüllt sind -
insbesondere nicht gesagt werden kann, dass sich die Ausschaffung nicht
in absehbarer Zeit organisieren liesse (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG;
BGE 125 II 217 E. 2 S. 220) oder die Behörden sich nicht mit dem nötigen
Nachdruck hierum bemühen würden (vgl. Art. 13b Abs. 3 ANAG; BGE 124 II
49 ff.) -, verletzt der angefochtene Entscheid somit kein Bundesrecht
und ist die Beschwerde deshalb abzuweisen.