Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 II 337



130 II 337

33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. X. gegen Bundesamt für Justiz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1A.80/2004 / 1A.116/2004 vom 8. Juli 2004

Regeste

    Art. 2 Ziff. 1, Art. 3 Ziff. 1 und Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe, Art. 1
und 2 EÜBT, Art. 3 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 2 IRSG; Auslieferungsersuchen
von Serbien-Montenegro gegen eine Person, die Organisationen unterstützt
haben soll, denen terroristische Anschläge vorgeworfen werden; Einrede
des politischen Delikts.

    Rechtsquellen (E. 1); Zuständigkeit und Verfahren bei der Einrede
des politischen Deliktes (E. 1.1); Sachurteilsvoraussetzungen,
Beschwerdegründe und Kognition (E. 1.2-1.4). Begriff des "politischen
Deliktes" im Auslieferungsrecht, besonders bei der Verfolgung von
Terrorismusverdächtigen; heikle Abgrenzung zwischen mutmasslichen
Terroristen bzw. bewaffneten politischen Widerstandskämpfern und
Bürgerkriegsparteien (E. 3). Anforderungen an die Verlässlichkeit und
Genauigkeit des Ersuchens im vorliegenden Fall (E. 6.1). Zusammenfassung
der Tatvorwürfe gegen den Verfolgten (E. 6.2). Auf Grund des Ersuchens und
der vorliegenden Akten können weder die Einrede des politischen Deliktes
noch die übrigen geltend gemachten Auslieferungshindernisse ausreichend
geprüft werden; Rückweisung zur Neubeurteilung (E. 7).

Sachverhalt

    Die Strafjustiz von Serbien und Montenegro ermittelt gegen X. und
Mitangeschuldigte wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation
und weiteren Straftaten. Auf Verhaftsersuchen von Interpol Belgrad hin und
gestützt auf eine provisorische Haftanordnung des Bundesamtes für Justiz,
Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung (BJ), wurde
X. am 14. Januar 2004 an seinem Wohnort im Kanton Glarus verhaftet und in
provisorische Auslieferungshaft versetzt. Anlässlich seiner gleichentags
erfolgten Befragung widersetzte sich der Verfolgte einer vereinfachten
Auslieferung an Serbien und Montenegro. Am 23. Januar 2004 ersuchte
die Botschaft von Serbien und Montenegro in Bern um Auslieferung des
Verfolgten. Das Ersuchen wurde mit Eingaben vom 9. Februar und 22. März
2004 ergänzt.

    Mit Entscheid vom 7. April 2004 bewilligte das BJ die Auslieferung des
Verfolgten an Serbien und Montenegro. Der Auslieferungsentscheid erging
"unter dem Vorbehalt eines allfälligen bundesgerichtlichen Entscheids über
die Einsprache des politischen Delikts". Gegen den Auslieferungsentscheid
des BJ gelangte X. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 5. Mai 2004 an
das Bundesgericht (Verfahren 1A.116/2004).

    Mit separater Eingabe vom 7. April 2004 stellte das BJ beim
Bundesgericht den Antrag, die Einrede des Verfolgten, wonach er politisch
verfolgt werde, sei abzulehnen (Verfahren 1A.80/2004).

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, tritt auf den Antrag,
es sei die Einrede des politischen Deliktes abzuweisen, nicht ein und
weist die Streitsache zur Neubeurteilung bzw. neuen Antragstellung zurück
an das BJ.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen des Staatenverbundes
von Serbien und Montenegro richtet sich nach dem Europäischen
Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1)
sowie den beiden Zusatzprotokollen zum EAUe vom 15. Oktober 1975
bzw. 17. März 1978 (SR 0.353.11-12), denen beide Staaten beigetreten
sind. Soweit dem Verfolgten die Beteiligung an einer terroristischen
Gruppierung vorgeworfen wird, ist sodann das Europäische Übereinkommen
vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (EÜBT; SR 0.353.3) zu
berücksichtigen, welches von beiden Staaten ebenfalls ratifiziert wurde
(vgl. BGE 128 II 355 E. 1 S. 357; 125 II 569 E. 9a S. 577). Das EÜBT ist
für Serbien und Montenegro seit dem 16. August 2003 in Kraft. Soweit die
genannten Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln,
ist das schweizerische Landesrecht anwendbar, namentlich das Bundesgesetz
vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG;
SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV;
SR 351.11; vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG; BGE 128 II 355 E. 1 S. 357).

    1.1  Der Verfolgte hat im Auslieferungsverfahren geltend gemacht,
er werde aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt.

    1.1.1  Über ausländische Auslieferungsersuchen entscheidet das BJ
(Art. 55 Abs. 1 IRSG). Macht der Verfolgte geltend, er werde eines
politischen Deliktes bezichtigt, oder ergeben sich bei der Instruktion
ernsthafte Gründe für den politischen Charakter der Tat, so entscheidet
das Bundesgericht darüber auf Antrag des Bundesamtes und nach Einholung
einer Stellungnahme des Verfolgten (Art. 55 Abs. 2 IRSG; vgl. BGE 128 II
355 E. 1.1.1 S. 357 f.). Das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
(Art. 25 IRSG bzw. Art. 97 ff. OG) ist dabei sinngemäss anwendbar (Art. 55
Abs. 3 IRSG).

    1.1.2  In BGE 128 II 355 hat das Bundesgericht die Zuständigkeiten
für Auslieferungsfälle im Rahmen der Bundesrechtspflege
präzisiert. Danach entscheidet das Bundesgericht (nur) über die
Einrede des politischen Deliktes als erste und einzige Instanz. Zu den
übrigen Auslieferungsvoraussetzungen hat das BJ einen erstinstanzlichen
Auslieferungsentscheid zu fällen. Dieser erfolgt unter dem Vorbehalt
des bundesgerichtlichen Entscheides über die Einsprache des politischen
Deliktes und ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht
anfechtbar (BGE 128 II 355 E. 1.1.3-1.1.4 S. 358 f.). Auch in Fällen,
bei denen Einreden des politischen Delikts erfolgen oder sich bei der
Instruktion entsprechende Fragen stellen, hat das BJ die notwendigen
Sachabklärungen hinsichtlich aller Auslieferungsvoraussetzungen
vollumfänglich vorzunehmen (BGE 128 II 355 E. 1.1.2 S. 358).

    1.1.3  Im vorliegenden Fall erliess das BJ am 7. April 2004 einen
Auslieferungsentscheid. Dieser erfolgte "unter dem Vorbehalt eines
allfälligen bundesgerichtlichen Entscheids über die Einsprache des
politischen Delikts". Gegen den Auslieferungsentscheid des BJ hat der
Verfolgte am 5. Mai 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Mit
separater Eingabe vom 7. April 2004 stellte das BJ beim Bundesgericht den
Antrag, die Einrede des politischen Deliktes sei abzulehnen; zur Begründung
verweist das BJ auf die Erwägungen des Auslieferungsentscheides. Es
erfolgte in beiden Verfahren ein doppelter Schriftenwechsel.

    1.1.4  Da im Beschwerdeverfahren und im Verfahren betreffend Einrede
des politischen Deliktes inhaltlich konnexe auslieferungsrechtliche
Fragen zu behandeln sind, rechtfertigt sich eine gemeinsame Behandlung
im Rahmen des vorliegenden Urteils. Die Bestimmungen über die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind in beiden Verfahren (sinngemäss)
anwendbar (Art. 55 Abs. 3 IRSG).

    1.2  Der Auslieferungsentscheid des BJ kann mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden
(Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG). Die Sachurteilsvoraussetzungen
von Art. 97-114 OG sind erfüllt.

    1.3  Zulässige Beschwerdegründe sind sowohl die Verletzung
von Bundesrecht, inklusive Staatsvertragsrecht (einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens), als auch die Rüge der
unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts; der Vorbehalt von Art. 105 Abs. 2 OG trifft hier nicht zu
(Art. 104 lit. a-b OG; vgl. BGE 117 Ib 64 E. 2b/bb S. 72). Soweit die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben (und die staatsrechtliche Beschwerde
daher ausgeschlossen) ist, kann auch die Verletzung verfassungsmässiger
Individualrechte (bzw. der EMRK und des UNO-Paktes II) mitgerügt werden
(BGE 124 II 132 E. 2a S. 137; 123 II 153 E. 2c S. 158 f.; 122 II 373
E. 1b S. 375).

    1.4  Das Bundesgericht ist an die Begehren der
Parteien nicht gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG). Es prüft die
Auslieferungsvoraussetzungen grundsätzlich mit freier Kognition. Im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde befasst es sich jedoch nur mit Tat-
und Rechtsfragen, die Streitgegenstand des Verfahrens bilden (vgl. BGE
123 II 134 E. 1d S. 136 f.; 122 II 367 E. 2d S. 372, je mit Hinweisen).

Erwägung 2

    2.  Der Verfolgte erhebt die Einrede, er werde aus politischen Gründen
verfolgt. Es handle sich um einen "propagandistischen Schuldvorwurf in
einem politisch motivierten Prozess". Ziel des serbischen Ersuchens
sei es, die kosovo-albanischen Bürgerkriegsgegner (namentlich die
Nachfolgeorganisationen der UCK) sowie die durch die UNO und die
OSZE eingesetzten "multiethnischen" Polizeikräfte im Kosovo (MEP) als
"Terroristen" zu diskreditieren. Auch die Auslieferungsvoraussetzung
der beidseitigen Strafbarkeit sei nicht erfüllt. "Abgesehen von
einem diffusen, politisch motivierten und schwammig gehaltenen
Terrorismusvorwurf" werde aus dem Ersuchen sowie dessen Ergänzungen
und Beilagen "nicht einmal ansatzweise klar, was dem Beschwerdeführer
eigentlich zur Last gelegt wird". Zwar werde diesem vorgeworfen, er sei
(in den Jahren 1999-2000 sowie 2002-2003) in Südserbien an Straftaten
gegen serbische Sicherheitskräfte beteiligt gewesen und anschliessend in
die Schweiz geflüchtet. Diesbezüglich habe der Verfolgte jedoch Alibis
nachgewiesen. Die Lage in Südserbien sei nach wie vor bürgerkriegsähnlich
und sehr angespannt. Dem Beschwerdeführer als Repräsentanten der verhassten
und von der serbischen Regierung bekämpften albanischen Minderheit drohe
in Serbien eine menschenrechtswidrige Behandlung. Die vom BJ verfügte
Auslieferung verstosse gegen verschiedene Bestimmungen der EMRK und des
UNO-Paktes II.

Erwägung 3

    3.  Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die strafbare Handlung,
derentwegen sie begehrt wird, vom ersuchten Staat als eine politische oder
eine mit einer solchen zusammenhängende strafbare Handlung angesehen wird
(Art. 3 Ziff. 1 EAUe; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 IRSG).

    3.1  Gemäss Art. 2 Ziff. 1 EÜBT kann der ersuchte Staat im Falle von
Auslieferungsgesuchen entscheiden, dass eine schwere Gewalttat gegen das
Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit einer Person nicht
als politische oder mit einer solchen zusammen hängende Straftat angesehen
wird (sofern die Tat nicht ohnehin unter Art. 1 EÜBT fällt). Analoges
gilt für den Versuch, eine solche schwere Gewalttat zu begehen, oder
für die Beteiligung daran als Mittäter oder Gehilfe (Art. 2 Ziff. 3
EÜBT). Keine politische Straftat im Sinne des EÜBT liegt namentlich
bei schweren Straftaten vor, die in einem Angriff auf das Leben, die
körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit völkerrechtlich geschützter
Personen einschliesslich Diplomaten bestehen (Art. 1 lit. c EÜBT). Das
gleiche gilt für Entführungen, Geiselnahmen, schwere widerrechtliche
Freiheitsentziehungen oder für Straftaten, bei deren Begehung eine
Bombe, eine Handgranate, eine Rakete, eine automatische Schusswaffe oder
ein Sprengstoffbrief oder -paket verwendet wird, wenn dadurch Personen
gefährdet werden (Art. 1 lit. d-e EÜBT). Keine politische Straftat stellt
schliesslich der Versuch dar, eine der genannten Straftaten zu begehen,
oder die Beteiligung daran als Mittäter oder Gehilfe (Art. 1 lit. f EÜBT).

    3.2  In der Praxis des Bundesgerichtes wird zwischen so
genannt "absolut" politischen und "relativ" politischen Delikten
unterschieden. "Absolut" politische Delikte stehen in unmittelbarem
Zusammenhang mit politischen Vorgängen. Darunter fallen namentlich
Straftaten, welche sich ausschliesslich gegen die soziale und politische
Staatsorganisation richten, wie etwa Angriffe gegen die verfassungsmässige
Ordnung, Landes- oder Hochverrat (BGE 128 II 355 E. 4.2 S. 364; 125
II 569 E. 9b S. 578; 115 Ib 68 E. 5a S. 85, je mit Hinweisen). Ein
"relativ" politisches Delikt liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn einer
gemeinrechtlichen Straftat im konkreten Fall ein vorwiegend politischer
Charakter zukommt. Der vorwiegend politische Charakter ergibt sich aus
der politischen Natur der Umstände, Beweggründe und Ziele, die den Täter
zum Handeln bestimmt haben und die in den Augen des Rechtshilferichters
vorherrschend erscheinen. Das Delikt muss stets im Rahmen eines Kampfes um
die Macht im Staat begangen worden sein und in einem engen Zusammenhang mit
dem Gegenstand dieses Kampfes stehen (BGE 128 II 355 E. 4.2 S. 365; 125 II
569 E. 9b S. 578; 124 II 184 E. 4b S. 186 ff.; 117 Ib 64 E. 5c S. 89; 115
Ib 68 E. 5 S. 84 ff., je mit Hinweisen; vgl. Claude Rouiller, L'évolution
du concept de délit politique en droit de l'entraide internationale en
matière pénale, ZStrR 103/1986 S. 24 ff.; Robert Zimmermann, La coopération
judiciaire internationale en matière pénale, 2. Aufl., Bern 2004,
Rz. 385). Darüber hinaus müssen die fraglichen Rechtsgüterverletzungen in
einem angemessenen Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen, und die
auf dem Spiel stehenden politischen Interessen müssen wichtig und legitim
genug sein, um die Tat zumindest einigermassen verständlich erscheinen
zu lassen (BGE 128 II 355 E. 4.2 S. 365; 125 II 569 E. 9b S. 578).

    3.3  Zu denken ist hier insbesondere an den Einsatz von
illegalen Mitteln gegen diktatorische oder systematisch die
Menschenrechte verletzende Regimes. Bei schweren Gewaltverbrechen,
namentlich Tötungsdelikten, wird der politische Charakter in der
Regel verneint. Ausnahmen könnten allenfalls bei eigentlichen offenen
Bürgerkriegsverhältnissen gegeben sein, oder wenn das betreffende Delikt
(etwa im Falle eines "Tyrannenmordes") das einzige praktikable Mittel zur
Erreichung wichtiger humanitärer Ziele darstellen würde (BGE 128 II 355
E. 4.2 S. 365; 109 Ib 64 E. 6a S. 71 f.; vgl. Rouiller, aaO, S. 31;
Zimmermann, aaO, Rz. 385 S. 431). Diese Praxis des Bundesgerichtes
gilt auch bei der Prüfung der Frage, ob es sich beim Verfolgten um
einen mutmasslichen Terroristen oder einen bewaffneten politischen
Widerstandskämpfer handelt (vgl. BGE 128 II 355 E. 4 S. 363 f., E. 4.2
S. 365 mit Hinweisen; Marc Forster, Die Strafbarkeit der Unterstützung
[insbesondere Finanzierung] des Terrorismus, ZStrR 121/2003 S. 423 ff.,
430 f., 438 f.).

    Der heiklen Unterscheidung zwischen "legitimen" Widerstandskämpfern
bzw. Bürgerkriegsparteien und Terroristen hat der Eidgenössische
Gesetzgeber auch beim Erlass des neuen Art. 260quinquies
StGB (Terrorismusfinanzierung, in Kraft seit 1. Oktober 2003)
Rechnung getragen. So sehen die Absätze 3 und 4 dieser Bestimmung
Strafbarkeitsausschlüsse vor bei Personen, welche namentlich (das
humanitäre Kriegsvölkerrecht respektierende) Bürgerkriegsparteien
finanziell unterstützen oder auch Freiheitskämpfer gegen Unterdrückung
und Besatzung bzw. politische Aktivisten, die zur Durchsetzung ihrer
ideellen und politischen Anliegen angemessene Mittel des gewalttätigen
Widerstands einsetzen (vgl. Botschaft des Bundesrates, BBl 2002 S. 5439;
Kommissionspräsident Ständerat Epiney, AB 2002 S S. 1080; Ursula
Cassani, Le train de mesures contre le financement du terrorisme:
une loi nécessaire?, SZW 2003 S. 293 ff., 301 f.; Forster, aaO, S.
444 f.). Auch die Anwendung von Art. 260ter Ziff. 1 StGB (Unterstützung
bzw. Beteiligung an einer terroristischen Organisation) verlangt eine
analoge Abgrenzung zwischen Terroristen und politischen Widerstandskämpfern
(vgl. Forster, aaO, S. 438 f., 445). Die vom Gesetzgeber - bewusst -
an die Gerichte delegierte Aufgabe, zu bestimmen, was im Einzelfall eine
straflose "politisch legitime" Gewaltanwendung darstelle und was nicht,
muss allerdings als sehr delikat bezeichnet werden (vgl. Cassani, aaO,
S. 299 f., 301 f.; Forster, aaO, S. 445; s. auch Botschaft, BBl 2002
S. 5439; Ständerat Pfisterer, AB 2002 S S. 1081).

    3.4  Da weder das EAUe noch das EÜBT den Begriff des politischen
Deliktes näher definieren, verfügen die Vertragsstaaten hier über ein
weites Ermessen. Das Bundesgericht prüft die Frage, ob ein politisches
Delikt vorliegt, welches eine Auslieferung ausschliesst, mit freier
Kognition (BGE 128 II 355 E. 4.3 S. 365; 125 II 569 E. 9b S. 577 f.). Das
schweizerische Strafrecht unterscheidet zwischen kriminellen Organisationen
(Art. 260ter StGB), staatsgefährdenden rechtswidrigen Vereinigungen (Art.
275ter StGB) sowie gemeinrechtlichen Formen kollektiver Kriminalität
bzw. der Teilnahme an Straftaten. Unter den Begriff der kriminellen
Organisationen fallen neben den mafiaähnlichen Verbrechersyndikaten auch
hochgefährliche terroristische Gruppierungen. Nicht zu den kriminellen
Organisationen gezählt werden hingegen (grundsätzlich) extremistische
Parteien, oppositionelle politische Gruppen sowie Organisationen, die
mit angemessenen (nicht verbrecherischen) Mitteln um die politische Macht
in ihrem Heimatland ringen oder einen Freiheitskampf gegen diktatorische
Regimes führen (BGE 128 II 355 E. 4.3 S. 365 f.; 125 II 569 E. 5c S. 574,
je mit Hinweisen).

    (...)

Erwägung 6

    6.  Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage,
inwieweit die Sachdarstellung des Ersuchens und die eher knappen
Sachabklärungen des BJ es dem Bundesgericht ermöglichen, die Einrede
des politischen Deliktes und die übrigen (beschwerdeweise erhobenen)
Auslieferungshindernisse ausreichend zu prüfen. Die Abgrenzung zwischen
"legitimen" Freiheitskämpfern bzw. Bürgerkriegsparteien und mutmasslichen
Terroristen gehört zu den schwierigsten Fragen des internationalen
Strafrechts ("one man's terrorist is another man's freedom fighter";
vgl. dazu Cassani, aaO, S. 299 f., 301 f.; Forster, aaO, S. 430 f., 433
f., 438 f.; Laurent Moreillon/Frédérique de Courten, La lutte contre
le terrorisme et les droits du suspect, ZStrR 121/2003 S. 117 ff.,
118 f.; Yves Sandoz, Lutte contre le terrorisme et droit international:
risques et opportunités, RSDIE 2002 S. 319 ff., 353; Tobias Schrader,
Terrorismus und das Problem seiner Definition, Kriminalistik 56/2002 S. 570
ff., 570-572). Dies gilt besonders im vorliegenden Fall bzw. vor dem
Hintergrund des serbisch-kosovarischen Bürgerkrieges. Die Zulässigkeit
einer allfälligen Auslieferung eines angeblichen "Terroristen" an
Serbien-Montenegro, dem vorgeworfen wird, er habe der kosovo-albanischen
Widerstandsbewegung UCK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen nahe gestanden
und sich dabei an Straftaten gegen serbische Sicherheitskräfte beteiligt,
kann nur auf der Basis von eingehenden Sachabklärungen beurteilt werden.

    6.1  Im vorliegenden Fall sind höhere Anforderungen an die
Verlässlichkeit und Genauigkeit des Ersuchens zu stellen als in den
üblichen Fällen der Auslieferung wegen gemeinrechtlichen Straftaten
(wie z.B. Drogen- oder Vermögensdelikten) ohne starke politische
Konnotation und an Staaten, die keine (nur wenige Jahre zurückliegende)
Bürgerkriegsgeschichte zu bewältigen haben. Zwar weist das BJ darauf
hin, dass das Bundesgericht bereits im Jahre 2003 eine Auslieferung an
Serbien und Montenegro bewilligt habe. Beim zitierten Entscheid handelte
es sich allerdings um die Auslieferung eines rechtskräftig verurteilten
mehrfachen Vergewaltigers (Urteil 1A.159/2003 vom 15. September 2003). Im
Rahmen der Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit muss die
Sachdarstellung des Ersuchens namentlich die Prüfung ermöglichen, ob sich
die Ermittlungen wegen angeblich "terroristischer" Umtriebe gegen eine
terroristische Organisation im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 StGB richten
(vgl. BGE 128 II 355 E. 2.2-2.6 S. 360-363). Der vorliegende Fall verlangt
aber auch die Ausleuchtung des politischen und völkerrechtlich-humanitären
Kontextes. Weder darf die internationale Rechtshilfe in Strafsachen zu
politischen Zwecken missbraucht werden, noch dürfen Hinweise auf den
angeblich politischen Charakter einer Strafverfolgung dazu führen, dass
Schwerkriminelle oder Terroristen von Strafverfolgung verschont bleiben.

    6.2  Im angefochtenen Entscheid wird die Sachverhaltsdarstellung des
Ersuchens wie folgt zusammengefasst: In den Jahren 1999-2000 bzw. ab 2002
habe der Verfolgte den "terroristischen Organisationen" OVPMB bzw. ANA
("Albanian National Army"/"Armée nationale albanaise") angehört. Mit den
Mitgliedern dieser Organisationen habe er "einen ständigen Telefonkontakt
aufrecht erhalten" und "vor allem eine beratende Rolle gespielt". Ausserdem
habe er "seine Gesprächspartner zur Ausführung konkreter terroristischer
Aktionen gegen Angehörige des Sicherheitsdienstes in Südserbien angestiftet
und diese Aktionen vorbereitet bzw. koordiniert". Auch sei der Verfolgte
"für die Bereitstellung von Geldmitteln zur Beschaffung von Ausrüstung
sowie Waffen und Munition zuständig gewesen". Am 3. Februar 2003 habe die
Organisation ANA "in Serbien einen Sicherheitsbeamten getötet". Die Täter
hätten sich "danach im Haus des Verfolgten versteckt". Mitglieder der
ANA hätten ausserdem am 2. März und 23. September 2003 "in Serbien
Sprengkörper an verschiedenen Orten angebracht, welche in der Folge
nicht explodiert" seien. Dem Verfolgten werde allerdings "keine direkte
Tatbeteiligung" an konkreten terroristischen Straftaten vorgeworfen.

    (...)

Erwägung 7

    7.  Es fragt sich, ob ausreichend abgeklärt ist, in welchem speziellen
Kontext die Tatvorwürfe gegen den Verfolgten stehen.

    7.1  Bei den Opfern der als "terroristisch" eingestuften
"Untergrundaktionen" und Anschläge der ANA handelt es sich (nach
Darstellung des Ersuchens) in erster Linie um Angehörige der serbischen
Polizei- und Militärstreitkräfte in Südserbien. Angeschuldigt werden von
serbischer Seite primär kosovo-albanische Sicherheitskräfte Südserbiens
bzw. der "autonomen Provinz" Kosovo, nämlich Angehörige der von UNO/UNMIK,
OSZE/OMIK und NATO/KFOR ab Mai 2001 eingesetzten und überwachten
"multiethnischen" Polizei (MEP/"UNMIK Police"), die überwiegend aus
ethnischen Albanern und teilweise auch aus Serben zusammengesetzt ist.
Unbestrittenermassen sind vier der Mitbeschuldigten Angehörige der
"multiethnischen" Polizeikräfte. Vor diesem Hintergrund stellt sich die
Frage, inwieweit die ehemaligen Bürgerkriegsparteien (kosovo-albanischer
Widerstand und kosovarische Polizei sowie serbische Sicherheitskräfte)
und deren Nachfolgeorganisationen sich gegenseitig gewaltsamer
bzw. "terroristischer" Aktivitäten im südserbischen Krisengebiet
bezichtigen.

    Aber auch bei der Prüfung der beidseitigen Strafbarkeit bleiben
wesentliche Fragen offen. So ist nicht ausreichend abgeklärt, ob die
Organisationen, die der Verfolgte angeblich unterstützte bzw. denen
er angehört haben soll (1999-2000 OVPMB bzw. UCPMB, ab 2002 ANA)
aufgrund von verlässlichen Informationen überhaupt als "terroristisch"
eingestuft werden können. Trotz entsprechenden Nachfragen des BJ haben die
serbischen Behörden keine Informationen zum Aufbau und zur Struktur der
Organisationen OVPMB und ANA vorgelegt. Nach Angaben des Bundesamtes für
Polizei (Dienst für Analyse und Prävention) hat die ANA "keine einheitliche
militärisch-operative Führung". Über die Strukturen der OVPMB "liegen
keine gesicherten Erkenntnisse vor". Die ursprüngliche UCK kann kaum als
"terroristisch" bezeichnet werden, zumal es sich dabei unbestrittenermassen
um eine völkerrechtlich anerkannte Bürgerkriegspartei handelte. Namentlich
war die Führung der UCK (zusammen mit anderen Repräsentanten der
kosovo-albanischen Bevölkerung) als offizielle Verhandlungspartei an
den (fehlgeschlagenen) Friedensgesprächen von Rambouillet im Februar
1999 beteiligt. Auch die Gleichstellung der Nachfolgegruppierungen
OVPMB und ANA mit terroristischen Organisationen wie den italienischen
"Brigate Rosse" oder der baskischen ETA erscheint problematisch. Zwar
verweist das BJ auf einen Bericht des Bundesamtes für Polizei, wonach
Politiker der US-Regierung und ein ehemaliger Leiter der UNO-Verwaltung
im Kosovo die Nachfolgeorganisation ANA angeblich als "terroristisch"
bezeichnet hätten. Es sind zu diesen Fragen jedoch keine Berichte der
zuständigen internationalen Gremien (UNO, OSZE, ICTY) bzw. von deren
Terrorismusexperten beigezogen worden, welche z.B. über die zuständigen
Dienste des EDA eingeholt werden könnten. Verlässliche Informationen zur
Struktur und zum Aufbau von OVPMB und ANA liegen wie erwähnt nicht vor.

    7.2  Näher zu prüfen ist, ob die Vorwürfe gegen den Verfolgten
politisch motiviert sein könnten und ob sie die Beurteilung der
beidseitigen Strafbarkeit erlauben.

    Die im Ersuchen dargelegten Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den
fraglichen albanischen Gruppierungen um terroristische Organisationen im
Sinne des schweizerischen und internationalen Strafrechts handelt, müssen
als vage bezeichnet werden. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den
Hauptbetroffenen der als "terroristisch" eingestuften Untergrundaktionen
und Anschläge der ANA nach Darstellung des Ersuchens um serbische
Sicherheitskräfte. Angeschuldigt werden von serbischer Seite vorwiegend
kosovo-albanische Sicherheitskräfte, nämlich Angehörige der ab 2001 von
UNMIK und OSZE eingesetzten "multiethnischen" Polizei (MEP). Vier der
Mitbeschuldigten (bzw. die Hauptangeschuldigten) sind unbestrittenermassen
Angehörige dieser multiethnischen Polizeikräfte. Gemäss dem bei den Akten
liegenden Kosovo-Bericht des U.S. State Department vom 25. Februar 2004 sei
es vor allem der Einsetzung der "multiethnischen" Polizei zu verdanken,
dass es ab 2002 zu einer starken Abnahme von Übergriffen der (ehemals
serbischen) Polizei gegen ethnische Albaner in Südserbien gekommen
ist. Bei der vorliegenden Strafuntersuchung stehen sich somit faktisch
die ehemaligen Bürgerkriegsparteien gegenüber.

    7.3  Dem Verfolgten wird sodann keine direkte Tatbeteiligung an
konkreten terroristischen Straftaten vorgeworfen (vgl. auch angefochtener
Entscheid, S. 7 in fine). Vielmehr habe ein Mitbeschuldigter die
Polizistenattentäter am 3. Februar 2003 für einen Tag im Haus des
Verfolgten "untergebracht". Unklar erscheint auch, ob das betreffende Haus
sich in Bujanovac oder in Veliki Trnovac befindet. Dem Verfolgten wird
zwar die logistische Unterstützung der albanischen Organisationen OVPMB und
ANA vorgeworfen. Nähere Informationen dazu sind jedoch gemäss den Angaben
der serbischen Behörden nicht vorhanden. Dies gilt namentlich für die Art
und Weise, die Umstände oder die Zeitpunkte der mutmasslichen Beschaffung
von Geldmitteln und Waffen. Die vagen und teilweise widersprüchlichen
Angaben im Ersuchen und dessen Ergänzungen kontrastieren mit den
Medienmitteilungen der serbischen Regierung, wonach es sich beim (mit
vollem Namen genannten) Verfolgten um den "main financier" und "mastermind
of terrorism in Southern Serbia" handle. Sachdienliche Angaben dazu oder
zum persönlichen, beruflichen und politischen Umfeld des Verfolgten bzw. zu
seinem Werdegang und Verhalten in seiner Heimat und in der Schweiz enthält
auch der angefochtene Entscheid nicht. Ebenso wenig wurden Informationen
(etwa bei der UNMIK/OMIK) über die Hauptangeschuldigten eingeholt, bei
denen es sich unbestrittenermassen um Angehörige der MEP handle.

    7.4  Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe bestimmt, dass Zeit, Ort und Umstände
der Begehung der fraglichen Delikte "so genau wie möglich" anzugeben
seien. Im vorliegenden Fall weisen die dem Verfolgten vorgeworfenen
Delikte zweifelsohne einen politischen Konnex auf. Es sind daher
erhöhte Anforderungen an die Ausführlichkeit, Widerspruchsfreiheit und
Verlässlichkeit des Ersuchens zu verlangen. Zum einen erscheint dies
erforderlich, damit die Einrede des politischen Deliktes sachgerecht
beurteilt werden kann (vgl. oben, E. 3). Zum andern sind nähere
verlässliche Angaben notwendig, um - im Falle einer Auslieferung -
gegenüber dem ersuchenden Staat genau festlegen zu können, für welche
Straftaten die Auslieferung erfolgt (vgl. BGE 128 II 355 E. 2.2-2.6
S. 360-363).

    Das vorliegende Ersuchen und seine (sich teilweise widersprechenden)
Ergänzungen genügen diesen Anforderungen nicht. Dieser Mangel kann nicht
dadurch wettgemacht werden, dass die Auslieferung mit dem Hinweis versehen
wird, die serbischen Behörden dürften den Verfolgten wegen allfälliger
politischer Hintergründe nicht verfolgen oder bestrafen. Ohne ausreichende
Abklärungen zum Sachverhalt ist es im vorliegenden kontroversen Fall
nicht möglich, die Einrede des politischen Deliktes zu beurteilen
(vgl. BGE 128 II 355 E. 4.2 S. 365, E. 4.3 S. 365 f.). Ebenso wenig kann
geprüft werden, inwieweit hier das Rechtshilfeerfordernis der beidseitigen
Strafbarkeit erfüllt ist. Dies gilt namentlich für die Tatbestandsmerkmale
von Art. 260ter Ziff. 1 StGB (vgl. BGE 128 II 355 E. 2.2-2.6 S. 360-363)
oder Art. 260quinquies StGB (vgl. dazu FORSTER, aaO, S. 443 ff.).

    7.5  Im vorliegenden Fall bedürfte auch die Frage des Alibis
weiterer Abklärungen. Im Ersuchen wird dem Verfolgten die Beteiligung an
"terroristischen" Aktivitäten in Südserbien im Zeitraum von 3. Februar
bis 9. März 2003 bzw. 23. September 2003 vorgeworfen. Wie im angefochtenen
Entscheid eingeräumt wird, hat der Verfolgte diesbezüglich Alibis geltend
gemacht und dokumentiert. Insbesondere will er sich an den fraglichen Daten
nicht in Serbien, sondern nachweisbar an seinem Wohn- und Arbeitsort in
der Schweiz aufgehalten haben. Das BJ verweist darauf, dass die serbischen
Behörden über die Alibihinweise "informiert" worden seien; "ein Rückzug
des Auslieferungsersuchens" sei jedoch nicht erfolgt. Das BJ vertritt
die Auffassung, selbst wenn sie zuträfen, änderten die Alibis nichts
an der Zulässigkeit der Auslieferung, da sie sich nicht auf sämtliche
Anklagepunkte bezögen.

    Diese Argumentation greift zu kurz. Alibis für die Tatvorwürfe
im Jahre 2003 könnten zumindest zu einer Begrenzung der Rechtshilfe
(auf die allfälligen verbleibenden Anklagepunkte) führen. Im Übrigen
ist aufgrund der vorliegenden Akten darauf hinzuweisen, dass bei einem
Wegfall der Tatvorwürfe betreffend das Jahr 2003 nur noch sehr vage und
strafrechtlich kaum qualifizierbare Vorwürfe gegen den Verfolgten übrig
blieben. Nähere Angaben zur angeblichen logistischen Unterstützung (Art
und Weise - insbesondere Zeitpunkte und Bezugskanäle - der Beschaffung
von Geld und Waffen) werden im Ersuchen und dessen Ergänzungen nicht
gemacht. Die ersuchende Behörde hat demgegenüber das Protokoll der
untersuchungsrichterlichen Einvernahme eines Mitangeschuldigten vom
1. Oktober 2003 eingereicht. Danach habe es sich beim Verfolgten "sicher
nicht" um ein Mitglied der ANA gehandelt.

    7.6  Schliesslich ist auch auf alarmierende Berichte des UNHCR, der
OSZE und von diversen Menschenrechtsorganisationen aus den Jahren 2003
und 2004 hinzuweisen über verschiedene Fälle von menschenrechtswidriger
erniedrigender Behandlung durch serbische Polizeikräfte, namentlich gegen
inhaftierte mutmassliche kosovo-albanische Nationalisten und Extremisten.
Aus dem Rechtshilfedossier ergeben sich sodann ernsthafte Anhaltspunkte für
die Befürchtung, dass im vorliegenden Fall Mitbeschuldigte des Verfolgten
im serbischen Polizeigewahrsam massiv misshandelt wurden. Daher ist
die Menschenrechtslage in Serbien und Montenegro - im Hinblick auf die
politische Relevanz der erhobenen Tatvorwürfe - näher abzuklären.

    7.7  Nach dem Gesagten können aufgrund des Ersuchens und der
vorliegenden Akten weder die Einrede der politischen Verfolgung noch
die übrigen geltend gemachten Auslieferungshindernisse ausreichend
geprüft werden. Dies gilt namentlich für die Rechtshilfevoraussetzung
der beidseitigen Strafbarkeit. Was die Einrede des politischen Deliktes
betrifft, so hat zwar das Bundesgericht erstinstanzlich darüber
zu entscheiden. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Bundesgerichtes,
in Auslieferungsfällen die notwendigen Sachabklärungen selber zu
treffen. Auch in Fällen, bei denen Einreden des politischen Delikts
erfolgen oder sich bei der Instruktion entsprechende Fragen stellen,
hat daher das zuständige BJ tatsächliche Abklärungen hinsichtlich aller
Auslieferungsvoraussetzungen vollumfänglich vorzunehmen (vgl. BGE 128 II
355 E. 1.1.2 S. 358). Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt,
drängen sich im vorliegenden Fall weitere Sachabklärungen auf.

    Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid
aufzuheben. Auf den Antrag des BJ, es sei die Einrede des politischen
Deliktes abzuweisen, kann zurzeit nicht eingetreten werden. Das
Rechtshilfedossier ist zu ergänzenden Sachverhaltsabklärungen, zur
Neubeurteilung (betreffend Auslieferungsvoraussetzungen) und zur neuen
Antragstellung (betreffend die Einrede des politischen Delikts) an das
BJ zurückzuweisen.