Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 II 202



130 II 202

19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. X. gegen Stadt Uster und Finanzdirektion sowie Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.311/2003 vom 2. März 2004

Regeste

    Art. 129 BV; Art. 1 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und 3
lit. e, Art. 72 Abs. 1 und Art. 73 Abs. 1 StHG; § 216 Abs. 3
lit. i StG/ZH; Grundstückgewinnsteuer; Steuerharmonisierung;
Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Steueraufschub; Ersatzbeschaffung; teilweise
Reinvestition des Erlöses.

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 73 Abs. 1 StHG ist
auch zulässig, soweit den Kantonen im Rahmen des harmonisierten Rechts
Freiräume belassen worden sind (E. 1).

    Die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist vom Gestaltungsspielraum
abhängig, der den Kantonen eingeräumt worden ist (E. 3.1).

    Kein Spielraum für die Kantone bei der Frage der teilweisen
Reinvestition des Erlöses in ein Ersatzobjekt im Sinne von Art. 12 Abs. 3
lit. e StHG (E. 3.2).

    Darstellung der verschiedenen Berechnungsweisen bei teilweiser
Reinvestition des Erlöses (E. 4).

    Der Steueraufschub gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG ist nur zu
gewähren, wenn und soweit der in das Ersatzgrundstück reinvestierte Erlös
höher ist als die Anlagekosten der ursprünglichen Liegenschaft (E. 5).

Sachverhalt

    Im September 2001 erwarb X. eine Eigentumswohnung zur Selbstnutzung
in der Zürcher Gemeinde Y. zum Preis von Fr. 892'477.-. Ihre bis dahin in
der Stadt Uster selbst bewohnte Liegenschaft veräusserte sie im folgenden
Monat für Fr. 1'165'000.-. Aus diesem Geschäft ermittelte die Kommission
für Grundsteuern der Stadt Uster durch Anrechnung von Anlagekosten in der
Höhe von knapp Fr. 950'700.- einen Gewinn von Fr. 214'300.- und forderte
von X. eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 53'335.-. Dies bestätigte sie
mit Einspracheentscheid vom 12. März 2002.

    Den von X. dagegen erhobenen Rekurs hiess die Steuerrekurskommission
III des Kantons Zürich (im Folgenden: Steuerrekurskommission) am
29. Oktober 2002 gut und setzte die zu leistende Grundstückgewinnsteuer
auf Fr. 12'475.05 herab.

    Auf Beschwerde der Stadt Uster hin setzte das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich mit Urteil vom 21. Mai 2003 die von X. geschuldete
Grundstückgewinnsteuer wieder auf Fr. 53'335.- fest.

    X. hat am 26. Juni 2003 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Begehren, das Urteil
des Verwaltungsgerichts "aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen".

    Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Nach Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
(Steuerharmonisierungsgesetz; StHG; SR 642.14) unterliegen Entscheide der
letzten kantonalen Instanz, die eine in den Titeln 2-5 und 6 in Kapitel
1 geregelte Materie betreffen, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht. Die Grundstückgewinnsteuer, um die es im vorliegenden
Fall geht, ist im zweiten Titel dieses Gesetzes geregelt (Art. 12 StHG).
Die interessierende Veräusserung mit Gewinnerzielung fand im Herbst 2001
statt; mithin ist der Gewinn im Jahre 2001 steuerbar (Art. 19 StHG),
d.h. nach Ablauf der den Kantonen gemäss Art. 72 Abs. 1 StHG zur Anpassung
ihrer Gesetze eingeräumten Frist. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erweist sich daher als zulässig, obwohl sich der angefochtene Entscheid
unmittelbar auf kantonales Recht stützt. Es spielt in diesem Zusammenhang
keine Rolle, ob sich die Streitsache auf den Bereich abschliessender
bundesrechtlicher Regelungen bezieht oder den Kantonen im Rahmen des
harmonisierten Rechts Freiräume verblieben sind (vgl. zum Ganzen BGE 128
II 56 E. 1 S. 58 f.; Urteil 2A.349/2002 vom 6. März 2003, publ. in: StR
58/2003 S. 432, E. 1.1.1; ULRICH CAVELTI, in: Martin Zweifel/Peter Athanas
[Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl.,
2002, N. 5-10 zu Art. 73 StHG; DANIELLE YERSIN, Harmonisation fiscale:
procédure, interprétation et droit transitoire, RDAF 2003 II S. 2-4;
dies., Harmonisation fiscale: La dernière ligne droite, ASA 69 S. 316-322
Rz. 21-25; ADRIAN KNEUBÜHLER, Durchsetzung der Steuerharmonisierung, ASA 69
S. 226 f.; THOMAS MEISTER, Rechtsmittelsystem der Steuerharmonisierung,
Diss. St. Gallen 1994/95, S. 292-296; MARKUS REICH, Gedanken zur
Umsetzung des Steuerharmonisierungsgesetzes, ASA 62 S. 601; PAUL RICHLI,
Schlussbestimmungen, ASA 61 S. 487).

Erwägung 2

    2.  Zwischen den Beteiligten sind die Anlagekosten für das Grundstück
in Uster, der bei dessen Veräusserung erzielte Gewinn sowie der Aufwand
für die Ersatzbeschaffung nicht umstritten. Sämtliche Beteiligten
beanstanden auch nicht, dass die Ersatzliegenschaft schon rund einen
Monat vor der interessierenden Veräusserung gekauft worden ist. Uneinig
sind sie sich aber, wie ein etwaiger Steueraufschub nach § 216 Abs. 3
lit. i des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 (StG/ZH),
der im Wesentlichen gleich formuliert ist wie Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG,
zu ermitteln ist.

    2.1  Das Verwaltungsgericht ist - ebenso wie zuvor die Kommission
für Grundsteuern der Stadt Uster - von der sog. absoluten Methode
ausgegangen. Danach wird ein Steueraufschub nur gewährt, wenn der in
das Ersatzgrundstück reinvestierte Erlös höher ist als die Anlagekosten
der ursprünglichen Liegenschaft. Da der von der Beschwerdeführerin
für den Erwerb der Ersatzliegenschaft verwendete Betrag niedriger ist
als die Anlagekosten des veräusserten Grundstücks in Uster, haben das
Verwaltungsgericht und die Kommission für Grundsteuern der Stadt Uster
den Steueraufschub verweigert.

    2.2  Die Steuerrekurskommission sowie die Beschwerdeführerin
sind hingegen der Ansicht, die Anwendung der absoluten Methode
sei gesetzwidrig. Vielmehr sei ein Steueraufschub gemäss § 216
Abs. 3 lit. i StG/ZH nach dem Verhältnis des reinvestierten Erlöses
zum Gesamterlös zu gewähren (auch als relative oder proportionale
Methode bezeichnet). Dabei gehen sie wie folgt vor: Vom Gesamterlös von
Fr. 1'165'000.- für das in Uster veräusserte Grundstück wurde ein Betrag
in der Höhe von 76.61 % (nämlich Fr. 892'477.-) für die Anschaffung der
Ersatzliegenschaft benötigt. Bei einem Gesamtgewinn von Fr. 214'300.-
würde an sich nach den Zürcher Steuersätzen (vgl. § 225 StG/ZH) eine
Grundstückgewinnsteuer von Fr. 53'335.- anfallen. Allerdings soll -
nach Ansicht der Steuerrekurskommission und der Beschwerdeführerin -
für 76.61 % dieses Steuerbetrages (d.h. für Fr. 40'859.95) die Steuer
aufgeschoben werden, so dass nurmehr ein Steuerbetrag von Fr. 12'475.05
(= Fr. 53'335.- abzüglich Fr. 40'859.95) geschuldet ist.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Seit dem 1. Januar 2001 ist die den Kantonen zur Anpassung
ihrer Gesetzgebung an das Steuerharmonisierungsgesetz eingeräumte
Frist abgelaufen (vgl. Art. 72 Abs. 1 StHG und AS 1991 S. 1286). Auf
Steuersachverhalte, die ab 2001 steuerbar sind, findet das Bundesrecht
direkt Anwendung, wenn ihm das kantonale Steuerrecht widerspricht
(vgl. Art. 72 Abs. 2 StHG). Damit ist zunächst zu klären, ob und inwieweit
das Steuerharmonisierungsgesetz verbindliche Regelungen enthält.
Das Bundesgericht kann sodann mit freier Kognition prüfen, ob das
kantonale Recht und dessen Anwendung durch die kantonalen Instanzen mit
den Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes übereinstimmen. Soweit der
Bundesgesetzgeber dem kantonalen Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum
einräumt, richtet sich die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts allerdings
nach den für die staatsrechtliche Beschwerde geltenden Grundsätzen,
auch wenn die Verwaltungsgerichtsbeschwerde das richtige Rechtsmittel
ist (vgl. BGE 128 II 56 E. 2b S. 60; THOMAS MEISTER, aaO, S. 293, 315
f. und 331; DANIELLE YERSIN, aaO, RDAF 2003 II S. 4; dies., aaO, ASA 69
S. 322 Rz. 25; ANDREAS KLEY-STRULLER, Die Beschwerde an das Bundesgericht
gemäss Art. 73 StHG, in: Francis Cagianut/Klaus A. Vallender [Hrsg.],
Steuerrecht, Festschrift zum 65. Geburtstag von Ernst Höhn, 1995, S.
129-131; MARKUS REICH, aaO, ASA 62 S. 601; ULRICH CAVELTI, aaO, N. 10 zu
Art. 73 StHG; ders., Die Durchsetzung der Steuerharmonisierungsgrundsätze,
ASA 62 S. 366).

    3.2  Gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG wird die Besteuerung
aufgeschoben bei "Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich
selbstgenutzten Wohnliegenschaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung),
soweit der dabei erzielte Erlös innert angemessener Frist zum Erwerb
oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz
verwendet wird".

    Mit den Vorinstanzen ist festzuhalten, dass der Wortlaut dieser
Bestimmung noch keinen Schluss auf die Anwendung einer bestimmten
Methode zur Ermittlung der aufzuschiebenden Steuer bei bloss teilweiser
Reinvestition des Erlöses in eine Ersatzliegenschaft erlaubt. Der
Wortlaut ist so offen, dass sich beide erwähnten Betrachtungsweisen auf
ihn abstützen lassen. Daraus kann jedoch nicht ohne weiteres abgeleitet
werden, dass den Kantonen überlassen sei, wie sie den Steueraufschub in
Fällen der teilweisen Reinvestition ermitteln wollen (vgl. BGE 128 II 56
E. 4 S. 62; 130 II 65 E. 4.1 S. 70). Ein Teil der Doktrin bemerkt zwar,
das Steuerharmonisierungsgesetz enthalte bei der Grundstückgewinnsteuer zu
etlichen Fragen keine oder zumindest keine präzisen Regelungen. Daraus
folgert sie entsprechend Art. 1 Abs. 3 StHG, dass den kantonalen
Gesetzgebern in diesem Bereich ein grosser Spielraum eingeräumt worden sei
(BERNHARD ZWAHLEN, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], aaO, Bd. I/1,
N. 2 zu Art. 12 StHG). Das macht auch die Steuerrekurskommission geltend.

    Dieser Schluss kann indes nicht unbesehen auf die hier interessierende
Problematik übertragen werden. Der Bundesgesetzgeber hat nicht nur
verbindlich festgelegt, dass die Kantone den Mehrwert, welcher bei
Veräusserungen von Grundstücken realisiert wird, zu besteuern haben. Er
hat unter anderem auch entschieden, dass insoweit nur ein Aufschub
der Besteuerung in Frage kommt und die zuvor von einigen Kantonen
vorgesehenen Steuerbefreiungen nicht mehr zulässig sind (BERNHARD
ZWAHLEN, aaO, N. 61 zu Art. 12 StHG). Zwar hat der Bundesgesetzgeber den
Kantonen freigestellt, ob sie Grundstückgewinne auf Geschäftsvermögen
wie die übrigen Grundstückgewinne mit der Grundstückgewinnsteuer (als
besonderer Einkommensteuer in der Form einer Objektsteuer) oder mit
der ordentlichen Einkommens- und Gewinnsteuer (als Subjektsteuer)
erfassen wollen. Diese Freiheit der Kantone hat er aber im Gesetz
ausdrücklich vorgesehen (vgl. Art. 12 Abs. 4 StHG; monistisches und
dualistisches System, siehe dazu Urteil 2P.439/1997 vom 27. Oktober
1999, Pra 89/2000 Nr. 25 S. 143, E. 3c). Ausserdem hat er trotz dieser
den Kantonen eingeräumten Wahlmöglichkeit vorgeschrieben, dass gewisse
Steueraufschubstatbestände sowohl im monistischen als auch im dualistischen
System zu gelten haben (vgl. Art. 12 Abs. 4 StHG; BERNHARD ZWAHLEN, aaO,
N. 10 f. zu Art. 12 StHG; PAUL SCHERER/PRISKA RÖSLI, Die Harmonisierung
der steuerneutralen Ersatzbeschaffung, Der Schweizer Treuhänder [ST]
2001 S. 262). Im Weiteren hat er für die Steueraufschubstatbestände einen
abschliessenden Katalog aufgestellt (Botschaft zur Steuerharmonisierung,
BBl 1983 III 102; AB 1986 S 141; BERNHARD ZWAHLEN, aaO, N. 61 zu Art. 12
StHG; FERDINAND ZUPPINGER, Grundstückgewinn- und Vermögenssteuer,
ASA 61 S. 318). Ausserdem stellt der in Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG
vorgesehene Aufschubstatbestand für etliche Kantone, die bis anhin bei
der Ersatzbeschaffung von Wohnliegenschaften keine Steuerprivilegierung
vorsahen, eine Neuerung dar. Der Bundesgesetzgeber hat dabei - entgegen
den ursprünglichen Vorstellungen des Ständerats (AB 1986 S 141) - im
Sinne einer gesamtschweizerischen Lösung davon abgesehen, den Kantonen
zu überlassen, ob sie diesen Aufschiebungsgrund einführen wollen,
und deshalb eine "verbindliche Bundeslösung" angestrebt (vgl. AB 1989
N 50 und AB 1990 N 442; GABRIEL RUMO, Die Liegenschaftsgewinn- und die
Mehrwertsteuer des Kantons Freiburg, Diss. Freiburg 1993, S. 372 f.). Die
Kantone müssen demnach bei Erfüllung der in Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG
vorgesehenen Voraussetzungen den Steueraufschub gewähren. Damit hat der
Bundesgesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er insoweit eine Harmonisierung
der kantonalen Regelungen anstrebt. Dem würde es widersprechen, den
Kantonen bei Fragen, die die Wiederverwendung des Gewinns und damit das
Prinzip des Steueraufschubs betreffen, einen weiten Spielraum einzuräumen
(ebenso Kreisschreiben Nr. 19 des Vorstandes der Schweizerischen
Steuerkonferenz vom 31. August 2001 über die Ersatzbeschaffung mit nur
teilweiser Reinvestition [im Folgenden: Kreisschreiben Nr. 19], Ziff. 1,
publ. im Zürcher Steuerbuch Teil II Nr. 51/130). Wie ein Blick auf die
sehr unterschiedlichen Ergebnisse der verschiedenen Methoden aufzeigt
(siehe auch E. 4 hiernach), würde eine von Kanton zu Kanton divergierende
Handhabung des Begriffs der Reinvestition dem beabsichtigten Ziel der
Harmonisierung zuwiderlaufen. Die Anwendung einer in der ganzen Schweiz
einheitlichen Methode drängt sich umso mehr auf, als die Ersatzbeschaffung
kraft des Steuerharmonisierungsgesetzes auch über die Kantonsgrenzen
hinweg zulässig ist (mit entsprechenden doppelbesteuerungsrechtlichen
Fragestellungen) und nicht mehr - wie zuvor - nur dann berücksichtigt
werden kann, wenn sie innerhalb eines Kantons vorgenommen wird (vgl. zu
Letzterem AB 1989 N 49; dem Eidgenössischen Finanzdepartement erstatteter
Bericht der Expertenkommission zur Prüfung des Einsatzes des Steuerrechts
für wohnungs- und bodenpolitische Ziele, Bern 1994 [im Folgenden:
Bericht der Expertenkommission 1994], S. 143). Gewiss soll gemäss
Art. 1 Abs. 3 Satz 2 StHG die Bestimmung der Steuertarife, Steuersätze
und Steuerfreibeträge Sache der Kantone bleiben (vgl. zudem Art. 129
Abs. 2 BV). Auch wenn sich die - allenfalls teilweise - Anerkennung einer
privilegierten Wiederverwendung auf die Höhe der einstweilen geschuldeten
Grundstückgewinnsteuer auswirkt, geht es hierbei jedoch nicht um den
Steuersatz oder -tarif, geschweige denn um (bei Ersatzbeschaffung von
Wohneigentum nicht mehr vorgesehene) Steuerfreibeträge, sondern um die
für die Steuerpflicht bedeutsame Grundsatzfrage der Gewährung eines
Steueraufschubs (vgl. Art. 129 Abs. 1 BV).

Erwägung 4

    4.  Nach dem Gesagten ist somit nach einem für die ganze Schweiz
einheitlichen Massstab zu prüfen, wann und in welchem Umfang eine
Reinvestition in ein Ersatzobjekt im Sinne von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG
vorliegt. In Erwägung 3.2 ist bereits festgehalten worden, der Wortlaut
dieser Bestimmung allein lasse noch keinen Schluss auf eine bestimmte
Methode zu. Abgesehen von den beiden in Erwägung 2 aufgezeichneten
Vorgehensweisen werden in Lehre und Praxis noch weitere Modelle vertreten
bzw. angewendet. Weder in der Doktrin noch in der Rechtsprechung findet
sich eine umfassende Auseinandersetzung mit den verschiedenen Methoden.

    4.1  Eine Ansicht geht davon aus, aus dem Erlös für die ursprüngliche
Liegenschaft werde für die Ersatzliegenschaft zuerst der Gewinn und erst
danach der auf die Anlagekosten entfallende Teil eingesetzt (JÜRG

BAUR/MARIANNE KLÖTI-WEBER/WALTER KOCH/BERNHARD MEIER/URS URSPRUNG,
Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 1991, S. 728 f., N. 10 zu § 70;
MICHAEL LEYSINGER, Aktuelle Entscheide des Solothurnischen Kantonalen
Steuergerichts, ST 1990 S. 322). Sie geht demnach spiegelbildlich - d.h.
umgekehrt - vor wie das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, das zunächst
den Einsatz des auf die Anlagekosten entfallenden Teils des Erlöses
und erst, wenn dieser vollständig benötigt worden ist, den Einsatz des
Gewinns annimmt (vgl. E. 4.3 hiernach). Auf den vorliegenden Fall bezogen
hätte die Beschwerdeführerin mit dieser Methode den gesamten Gewinn für
das Ersatzobjekt eingesetzt. Denn dessen Anschaffungskosten liegen über
dem Gewinn, der aus der Veräusserung der Liegenschaft in Uster erzielt
wurde. Der Beschwerdeführerin wäre mithin ein Steueraufschub für den
gesamten Gewinn zu gewähren.

    4.2  Als relative bzw. proportionale Methode wird nicht nur der von
der Steuerrekurskommission des Kantons Zürich und der Beschwerdeführerin
vertretene Lösungsansatz (E. 2.2) bezeichnet, sondern auch eine weitere,
davon abweichende Vorgehensweise. Diesen Ansätzen ist gemeinsam,
dass sie bei teilweiser Reinvestition auf das Verhältnis zwischen dem
Veräusserungserlös und dem Aufwand für das Ersatzobjekt abstellen. Die
Ansichten gehen aber auseinander, wo bzw. wie die sich daraus ergebende
Quote (vorliegend 76.61 %) auswirken soll:

    Die Steuerrekurskommission ermittelt zunächst die ohne Reinvestition
geschuldete Grundstückgewinnsteuer und schiebt alsdann die Steuer in Höhe
der erwähnten Quote auf.

    Eine andere Betrachtungsweise setzt mit der Quote nicht erst am
Steuerbetrag an, sondern bereits am Gewinn. Danach wäre hier für 76.61
% des Gewinns von Fr. 214'300.- (mithin für Fr. 164'175.23) die Steuer
aufgeschoben; zu versteuern bliebe der restliche Gewinn von Fr. 50'124.77
(so GUIDO JUD, Anwendungsfälle zur Ersatzbeschaffung von Eigenheimen, StR
55/2000 S. 604; FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN KAUFMANN, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 1999, N. 38 zu § 219; KURT WEIBEL, Die
steuerliche Behandlung der Ersatzbeschaffung in der Schweiz, Diss. Zürich
1988, S. 125-127; wohl ebenso BERNHARD MADÖRIN [Hrsg.], Basler
Steuerrecht, Materialiensammlung zum neuen baselstädtischen Steuergesetz
2001, 2001, S. 231; vgl. auch die im erwähnten Kreisschreiben Nr. 19 in
Ziff. 4 dargestellte Berechnung). Dabei bleibt aber offen, nach welchem
Steuertarif der (sofort) zu versteuernde Gewinn erfasst werden soll, wenn
der Tarif je nach Höhe des Gewinns variiert (so in den Kantonen Zürich
gemäss § 225 Abs. 1 StG/ZH, Uri, Schwyz, Obwalden, Bern, Luzern, Glarus,
Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell I. Rh., Graubünden, St. Gallen,
Wallis, Neuenburg und Jura): Ist der dem Gesamtgewinn entsprechende Tarif
massgebend, resultiert trotz unterschiedlichem Vorgehen dasselbe Ergebnis
wie nach der Berechnungsweise der Steuerrekurskommission. In Frage kommt
aber auch der der Höhe des sofort zu versteuernden (niedrigeren) Betrages
entsprechende Tarif.

    Nach ihren gesetzlichen Regelungen stellen insbesondere die Kantone
Neuenburg, Nidwalden, Appenzell A. Rh. und Basel-Stadt auf die relative
Methode ab (vgl. Art. 33 Abs. 3 des règlement général d'application
de la loi sur les contributions directes des Kantons Neuenburg; §
69 Abs. 1 Satz 1 der Nidwaldner Steuerverordnung vom 19. Dezember
2000; Art. 52 Abs. 3 der Steuerverordnung des Kantons Appenzell A.
Rh. vom 8. August 2000 und § 105 Abs. 2 Satz 1 des baselstädtischen
Steuergesetzes vom 12. April 2000). Dieser Methode zuzuneigen scheint im
Weiteren auch der Kanton Basel-Landschaft (vgl. Basellandschaftliche und
Baselstädtische Steuerpraxis Bd. XIV [1998/99] S. 151; PETER CHRISTEN,
Die Grundstückgewinnsteuer des Kantons Basel-Landschaft, 1998, S. 157).

    4.3  Nach der - vom Verwaltungsgericht vertretenen - absoluten
Methode (auch Abschöpfungsmethode genannt) wird der Steueraufschub nur
für denjenigen Teil des Gewinns gewährt, der nach Wiederverwendung der
Anlagekosten des veräusserten Objekts (und allfälliger Drittleistungen)
zusätzlich in den Erwerb des Ersatzobjekts investiert wird (so ausdrücklich
Art. 85 Abs. 3 des Genfer loi générale sur les contributions publiques
vom 9. November 1887; § 191 Abs. 2 des Zuger Steuergesetzes vom 25.
Mai 2000 [StG/ZG]; Art. 135 Abs. 1 des bernischen Steuergesetzes vom
21. Mai 2000; zuvor schon die Praxis im Kanton Bern bei einer dem
Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG vom Wortlaut her vergleichbaren Regelung:
Entscheid der Steuerrekurskommission Bern vom 6. April 1993, publ. in:
StR 48/1993 S. 431 und Die neue Steuerpraxis [NStP] 1993 S. 91;
Praxisfestlegung der bernischen Steuerverwaltung, in: NStP 1993 S. 123
f. Ziff. 4 und NStP 1995 S. 2 ff.; Steuerverwaltung des Kantons Jura - in
ausdrücklicher Aufgabe der von ihr zuvor angewendeten relativen Methode -
gemäss ihrer Direktive vom 29. Juni 1992, publ. in: Revue Jurassienne de
Jurisprudence 2/1992 S. 169). Dahin gehen auch verschiedene Erläuterungen
und Lehrmeinungen (SAMUEL BUSSMANN, Die Grundstückgewinnsteuer nach dem
Zuger Steuergesetz vom 25. Mai 2000, Diss. Freiburg 2002, S. 149 f.;
MARKUS LANGENEGGER, Handbuch zur bernischen Grundstückgewinnsteuer 2001,
2002, N. 3 und 4 zu Art. 134 und N. 1 und 2 zu Art. 135, S. 95 und 108;
ders., Ersatzbeschaffung im Privatvermögen nach bernischem Steuerrecht,
Der bernische Notar 1993 S. 85 f.; PAUL SCHERER/PRISKA RÖSLI, aaO,
ST 2001 S. 257 ff., insbes. S. 261; ALESSANDRO SOLDINI/ANDREA PEDROLI,
L'imposizione degli utili immobiliari delle persone fisiche e giuridiche,
in: Marco Bernasconi/Andrea Pedroli [Hrsg.], Lezioni di diritto fiscale
svizzero, 1999, S. 518 f.; dies., L'imposizione degli utili immobiliari,
1996, S. 134-137; PETER VON RECHENBERG/ANDREA VON RECHENBERG, Bündner
Grundstückgewinnsteuern, 1999, N. 9 zu Art. 44, S. 45 f., allerdings
mit dem Hinweis, dass die Bündner Praxis wohl nach der relativen
Methode verfährt; erwähntes Kreisschreiben Nr. 19, insbes. Ziff. 5;
eher in diesem Sinne auch HANS ULRICH MEUTER, Ersatzbeschaffung,
Zürcher Steuerpraxis 10/2001 S. 262). Welcher Steuersatz im Falle eines
progressiven Steuertarifs für den ohne Aufschub steuerbaren Betrag gelten
soll - derjenige nach dem Gesamtgewinn oder nur derjenige für den Betrag
des nicht reinvestierten Gewinns - wird teilweise offen gelassen (für
die Versteuerung zum Steuersatz des Gesamtgewinns: § 191 Abs. 2 StG/ZG;
SAMUEL BUSSMANN, aaO, S. 149 f.).

Erwägung 5

    5.

    5.1  Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut der
Bestimmung. Ist der Text - wie hier - nicht ganz klar und sind verschiedene
Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht
werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente; dabei kommt es
namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zu Grunde liegenden
Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die
Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber
als Hilfsmittel, den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 128 II 56 E. 4 S. 62;
125 II 192 E. 3a S. 196; 130 II 65 E. 4.2 S. 71, je mit Hinweisen).

    5.2  Der Regelung des Art. 12 StHG liegt zunächst der Gedanke zugrunde,
dass alle Gewinne aus der Veräusserung eines Grundstücks besteuert werden
sollen (vgl. auch Bericht der Expertenkommission 1994, S. 145). Als Gewinn
wird die Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und den Anlagekosten
verstanden; dabei setzen sich die Anlagekosten aus dem Erwerbspreis
oder dem Ersatzwert zuzüglich den Aufwendungen zusammen (Art. 12 Abs. 1
StHG). Entgegen der Absicht des Bundesrats, der sich grundsätzlich gegen
jeden Aufschub aussprach (BBl 1983 III 102 f. und AB 1989 N 51), hat
die Bundesversammlung nebst anderen den Aufschubstatbestand von Art. 12
Abs. 3 lit. e StHG in das Gesetz aufgenommen (vgl. BERNHARD ZWAHLEN,
Privatvermögen, Vermögensertrag, Vermögensgewinn, in: Ernst Höhn/Peter
Athanas [Hrsg.], Das neue Bundesrecht über die direkten Steuern, 1993,
S. 105). Dem Steuerpflichtigen soll dank dem Steueraufschub wenn nötig
der gesamte Verkaufserlös für die Finanzierung eines Ersatzobjekts
zur Verfügung stehen. Ungeachtet der Gründe für einen Wohnortwechsel
wollte der Gesetzgeber damit die Mobilität der Steuerpflichtigen
fördern oder zumindest in keiner Weise hemmen (AB 1989 N 50 f.; AB 1990 N
442). Weitere Motive - wie die Entschärfung der Wohnmarktsituation oder die
Wohneigentumsförderung - fanden in der parlamentarischen Beratung keine
mehrheitliche Unterstützung. Der vorliegende Steueraufschubstatbestand
wirkt sich somit allenfalls indirekt positiv auf die Wohneigentumsförderung
aus (Bericht der Expertenkommission 1994, S. 143); er dient jedoch nicht
ausdrücklich diesem Ziel. Ein zusätzlicher, vom Nationalrat gewünschter
Aufschubstatbestand, der mit wohnbaupolitischen Motiven begründet wurde
(vgl. AB 1990 N 441-444), fand bezeichnenderweise keinen Eingang ins
Gesetz.

    5.3  Der Grundsatz, dass Grundstückgewinne zu versteuern sind, wird
damit insofern durchbrochen, als der Steuerpflichtige im Interesse der
Mobilität nicht durch Steuern daran gehindert werden soll, den vollen
Veräusserungserlös für eine Ersatzliegenschaft einzusetzen. Übersteigen
die für das Ersatzobjekt eingesetzten Mittel - wie hier - jedoch die
Anlagekosten der veräusserten Liegenschaft nicht, so steht die vollständige
Besteuerung des Grundstückgewinns dem Erwerb des Ersatzobjekts und damit
der Mobilität nicht entgegen. Die Besteuerung des Veräusserungsgewinns
ohne Steueraufschub verringert die zur Ersatzbeschaffung benötigten
Mittel in diesem Fall nicht. Zusätzlich zum Ersatzobjekt steht dem
Steuerpflichtigen noch der volle Veräusserungsgewinn zur Verfügung;
er ist nicht im Ersatzobjekt gebunden. Der Gewinn muss insoweit - wie
das Verwaltungsgericht richtig bemerkt - als realisiert gelten. Somit
entfällt in einem solchen Fall der Grund für den Steueraufschub. Die
vom Gesetz vorgesehene Besteuerung des Grundstückgewinns ist nach
dem Sinn und Zweck von Art. 12 StHG sofort vorzunehmen, was auch dem
Leistungsfähigkeitsprinzip entspricht.

    Das bedeutet, dass sich nur die vom Verwaltungsgericht angewandte
absolute Methode (vgl. oben E. 4.3) als harmonisierungskonform
erweist. Die relativen Berechnungsweisen und die in Erwägung 4.1 hiervor
dargestellte Betrachtungsweise führen zu einer ungerechtfertigten, durch
Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG nicht gedeckten Privilegierung (vgl. auch
XAVER METTLER, Die Grundstückgewinnsteuer des Kantons Schwyz, Diss. Zürich
1989/90, S. 139). Die gleichen Überlegungen gelten sinngemäss auch, wenn
das Ersatzobjekt nicht bereits aus den frei gewordenen Anlagekosten des
früheren Eigenheims bezahlt werden kann, sondern zusätzlich ein Teil des
Liegenschaftsgewinns reinvestiert werden muss. In solchen Fällen erfordert
das Steuerharmonisierungsgesetz ebenso die Anwendung der absoluten
Methode. Im Übrigen entspricht diese der üblichen Betrachtungsweise
bei Ersatzbeschaffungen von betriebsnotwendigem Anlagevermögen im
Unternehmenssteuerrecht (hiezu erwähntes Kreisschreiben Nr. 19,
Ziff. 3.1 in fine; Konferenz Staatlicher Steuerbeamter, Kommission
Steuerharmonisierung, Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts, 1995,
S. 49; FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN KAUFMANN, Handkommentar zum DBG,
2003, N. 4 zu Art. 64 DBG; PAUL SCHERER/PRISKA RÖSLI, aaO, S. 257 ff.;
PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, 2001, N. 18 zu Art. 30 DBG; MARKUS
REICH/MARINA ZÜGER, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2000, N. 1 ff., insbes. N. 24
zu Art. 30 DBG; PETER AGNER/BEAT JUNG/GOTTHARD STEINMANN, Kommentar zum
Gesetz über die direkte Bundessteuer, N. 6 zu Art. 64 DBG, S. 273 f.;
KURT WEIBEL, aaO, S. 122 f.; PETER GURTNER, Ersatzbeschaffung, ST 1985
S. 155 ff., insbes. S. 157; vgl. auch Art. 12 Abs. 4 StHG). Schliesslich
steht die absolute Methode auch nicht im Widerspruch zum Konzept der
Steuerharmonisierung, wonach diese sich auf Steuerpflicht, Gegenstand
und zeitliche Bemessung der Steuern erstreckt, während die Bestimmung
der Steuertarife und -sätze Sache der Kantone bleibt (vgl. Art. 129 BV,
Art. 1 Abs. 3 Satz 2 StHG).

    5.4  Demnach erweist sich der Entscheid des Verwaltungsgerichts - im
Gegensatz zu demjenigen der Steuerrekurskommission und den in E. 4.1 und
4.2 dargestellten Vorgehensweisen - als bundesrechtmässig. Die Anwendung
von § 216 Abs. 3 lit. i StG/ZH durch das Verwaltungsgericht entspricht der
für die Kantone verbindlichen Regelung in Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG. Ob
und gegebenenfalls wie lange vor der steuerauslösenden Veräusserung eine
Ersatzbeschaffung stattfinden darf, um in den Genuss des Steueraufschubs
gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG zu gelangen, kann hier nach dem Gesagten
offen bleiben.