Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 II 1



130 II 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. A. und B. gegen Departement für Justiz und Sicherheit sowie
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.91/2003 vom 4. November 2003

Regeste

    Art. 17 Abs. 2 ANAG; Art. 8 EMRK; Art. 16 Abs. 2 FZA; Art. 3 Anhang
I FZA; persönliche Tragweite der Regelungen des Freizügigkeitsabkommens
über den Familiennachzug; Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften.

    Verweigerung des auf Art. 17 Abs. 2 ANAG und Art. 8 EMRK gestützten
nachträglichen Familiennachzugs bei getrennt lebenden Eltern mangels
besonderer stichhaltiger Gründe (E. 2).

    Familiennachzugsregelung des Freizügigkeitsabkommens (E.
3). Anwendbarkeit des Abkommens auf EU-Bürger, die sich bei dessen
Inkrafttreten bereits in der Schweiz aufhalten (E. 3.4). Anwendbarkeit
für leibliche Nachkommen nur eines Ehegatten (E. 3.5)? Die Berufung auf
den in Art. 3 Anhang I FZA vorgesehenen Familiennachzug entfällt, wenn
sich der nachzuziehende Familienangehörige, der nicht Staatsangehöriger
eines Vertragsstaates ist, nicht bereits rechtmässig in einem
Vertragsstaat aufhält. Berücksichtigung der nach Unterzeichnung des
Freizügigkeitsabkommens ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (E. 3.6).

Sachverhalt

    Die heute im Kanton Thurgau wohnhafte slowakische Staatsangehörige
B., geb. 1966, ist Mutter des 1986 geborenen Sohnes C., der die
gleiche Staatsangehörigkeit besitzt. Ohne ihren Sohn reiste sie 1994
erstmals in die Schweiz ein und arbeitete als Kurzaufenthalterin. Dabei
kehrte sie mehrmals in ihre Heimat zurück. Während ihren Aufenthalten
in der Schweiz lernte sie den italienischen Staatsangehörigen A.,
geb. 1945, kennen. Dieser lebt seit 1961 in der Schweiz und verfügt
über die Niederlassungsbewilligung. Beide heirateten im Dezember 1997.
Hierauf erhielt B. im Januar 1998 eine Aufenthaltsbewilligung. Am 15. Juni
2001 ersuchte sie um Familiennachzug für ihren Sohn C. Das Ausländeramt
des Kantons Thurgau lehnte das Gesuch am 16. Juli 2001 ab. Die Eheleute
A. und B. wandten sich hiergegen erfolglos an das Departement für Justiz
und Sicherheit des Kantons Thurgau (Rekursentscheid vom 24. Mai 2002)
und anschliessend an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (Entscheid
vom 22. Januar 2003).

    Die Eheleute A. und B. haben mit Postaufgabe vom 6.  März
2003 beim Bundesgericht eine auf den 12. Februar 2003 datierte
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen, den Entscheid
des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Ausländeramt des Kantons Thurgau
anzuweisen, "die nachgesuchte Familienzusammenführung zu gewähren" und
dem Sohn C. die anbegehrte "Bewilligung ordnungsgemäss zu erteilen".

    Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit
es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Das Verwaltungsgericht hat auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung zu Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG (SR 142.20) und Art. 8 EMRK
bei getrennten Elternteilen Bezug genommen. Es ist davon ausgegangen,
der Nachzug des Sohnes habe sich nicht als zu dessen Pflege notwendig
erwiesen. Die Beschwerdeführerin habe die Familientrennung ursprünglich
selbst freiwillig herbeigeführt. C. sei, obwohl ein Nachzug schon früher
hätte begehrt werden können, bei den Grosseltern belassen worden. Die
Grosseltern, welche ihn seit dem Auslandsaufenthalt der Mutter betreuen,
könnten sich weiterhin um ihn in altersgerechter Weise kümmern. Es sei
nicht geltend gemacht worden, deren Gesundheitszustand habe sich innert
Kürze derart verschlechtert, dass eine andere Betreuungsmöglichkeit nun
unumgänglich sei. Anlässlich der Einreichung des Nachzugsgesuchs habe
die Beschwerdeführerin ausgeführt, es gehe ihr darum, ihrem Sohn eine
gute Ausbildung zu ermöglichen, da eine solche in ihrer Heimat nicht
geboten werde. Es entspreche jedoch nicht Sinn und Zweck des Instituts des
Familiennachzugs, wenn ein Kind erst nach Absolvierung der Schulausbildung
nachgezogen werde, um ihm in der Schweiz eine bessere berufliche Ausbildung
zu ermöglichen (vgl. BGE 125 II 585 E. 2d S. 590).

    2.2  Die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts
zur Anwendung und Auslegung von Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG bzw. von Art. 8
EMRK erweisen sich als im Wesentlichen zutreffend. Auf diese kann daher
verwiesen werden. Für eine Änderung der bisherigen Verhältnisse bestehen
keine überwiegenden familiären Interessen (zu dieser Voraussetzung
vgl. BGE 129 II 11 E. 3.1 und 3.4 S. 14 f. und 17, 249 E. 2.1 und 2.4
S. 252 f. und 256; 126 II 329 E. 2a/b und 3a S. 330 ff., mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführer werden nicht daran gehindert, die bisherigen
familiären Beziehungen fortzuführen.

    Was die Beschwerdeführer einwenden, führt nicht zu einer anderen
Beurteilung. Entgegen ihrer Ansicht ergibt sich aus dem von ihnen
vorgelegten Arztzeugnis vom 31. Mai 2002 nicht, dass die Grosseltern den
damals knapp 16-jährigen Sohn nicht mehr betreuen können. Im Übrigen war
der Gesundheitszustand der Grosseltern bei Einreichung des Nachzugsgesuchs
noch nicht geltend gemacht worden. Auch der Verweis auf einen Entscheid
des Regierungsrates des Kantons Zürich ist unbehelflich. Dort ging es
offensichtlich um den Kindernachzug durch die zusammenlebenden leiblichen
Eltern. Insoweit hat das Bundesgericht anerkannt, dass keine besonderen
stichhaltigen Gründe die beabsichtigte Änderung der Betreuungsverhältnisse
rechtfertigen müssen; ein Nachzug ist in solchen Fällen grundsätzlich
jederzeit zulässig; vorbehalten bleibt einzig das Missbrauchsverbot (BGE
129 II 11 E. 3.1.2 S. 14; 126 II 329 E. 3b S. 332). Vorliegend ist aber
eine der in BGE 129 II 11 E. 3.1.3 und 3.1.4 S. 14 f. beschriebenen
Situationen gegeben, wonach nicht eine beide leiblichen Eltern und das
Kind umfassende Gesamtfamilie hergestellt werden soll; ausserdem haben
die Grosseltern die Betreuung bisher wahrgenommen, obwohl die Mutter den
Nachzug schon früher hätte beantragen können. Somit durften die kantonalen
Instanzen besondere stichhaltige Gründe für den Nachzug verlangen. Keine
Rolle spielt, dass das Verwaltungsgericht den Sohn versehentlich als
"jungen Erwachsenen" bezeichnet hat. Dem Gericht war klar, dass der
Knabe im Zeitpunkt seines Entscheides noch nicht 18 Jahre alt und damit
noch minderjährig war. Die Beschwerdeführer können auch nichts für sich
daraus ableiten, dass ihnen die Gemeinde möglicherweise zu einem früheren
Zeitpunkt mitgeteilt hat, der Nachzug könne bis zum sechzehnten Lebensjahr
stattfinden. Diese Aussage ist nicht geeignet, einen Bewilligungsanspruch
aus Vertrauensschutz zu vermitteln (vgl. zu den allg. Voraussetzungen des
Vertrauensschutzes BGE 121 II 473 E. 2c S. 479; 117 Ia 285 E. 2b S. 287;
insbes. im Ausländerrecht ALAIN WURZBURGER, La jurisprudence récente
du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, RDAF 1997 I S.
305 f., mit Hinweisen). Nicht nur ist die Gemeinde für fremdenpolizeiliche
Auskünfte erkennbar nicht zuständig. Das Vorbringen zeigt auch auf,
dass es den Beschwerdeführern offenbar nicht um die Herstellung eines
baldmöglichsten Zusammenlebens mit dem Kind ging, sie das Kind vielmehr
- zumindest temporär - weiterhin von den Grosseltern erziehen lassen
wollten. Schliesslich stellte diese Auskunft für die Beschwerdeführer
kein Hindernis dar, den Familiennachzug schon früher zu beantragen.

    2.3  Nach dem Gesagten verletzt der angefochtene Entscheid weder
Art. 17 ANAG noch Art. 8 EMRK noch Art. 13 Abs. 1 BV (vgl. hiezu
BGE 126 II 377 E. 7 S. 394). C. ist weder der (leibliche) Sohn des
beschwerdeführenden italienischen Ehemannes noch hat er jemals mit ihm
zusammengelebt. Mithin kommt auch eine Verletzung des Nachzugsanspruchs,
der sich aus - dem von sämtlichen Beteiligten nicht erwähnten - Art. 13
des Abkommens vom 10. August 1964 zwischen der Schweiz und Italien
über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz
(sog. Italienerabkommen; SR 0.142.114.548) ergibt, nicht in Frage.

Erwägung 3

    3.  Am 1. Juni 2002 ist das Abkommen vom 21.  Juni 1999 zwischen
der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) in Kraft getreten. Dieses
Abkommen gewährt Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen
Gemeinschaft und einem Teil ihrer Familienangehörigen ein Recht auf
Aufenthalt in der Schweiz (vgl. Art. 4 und 7 FZA in Verbindung mit Anhang
I zum Abkommen; vgl. auch BGE 129 II 249 E. 3.3 S. 257 f. und Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und
Auswanderung (IMES; vormals Bundesamt für Ausländerfragen) geht in seiner
Vernehmlassung davon aus, dass dieses Abkommen vorliegend Anwendung findet.

    3.1  Übergangsrechtlich gilt der Grundsatz, dass für Verfahren, die
bei Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens hängig sind, neues Recht
zur Anwendung kommt (vgl. Art. 37 der Verordnung über die Einführung des
freien Personenverkehrs [VEP; SR 142.203]; BGE 129 II 249 E. 3.3 S. 258
in fine). Auch wenn sich die Beschwerdeführer nicht auf das Abkommen
berufen haben und das Verwaltungsgericht von sich aus keine entsprechende
Prüfung vorgenommen hat, kann das Bundesgericht gemäss den Ausführungen
in Erwägung 1.3 (Anwendung des Bundesrechts von Amtes wegen) das Abkommen
berücksichtigen; als der angefochtene Entscheid erging, war das Abkommen
seit knapp acht Monaten in Kraft.

    3.2  Art. 3 Abs. 1 und 2 Anhang I FZA lauten wie folgt:

    "1. Die Familienangehörigen einer Person, die

         Staatsangehörige einer Vertragspartei ist und ein Aufenthaltsrecht

         hat, haben das Recht, bei ihr Wohnung zu nehmen. Der Arbeitnehmer

         muss für seine Familie über eine Wohnung verfügen, die in dem

         Gebiet, in dem er beschäftigt ist, den für die inländischen

         Arbeitnehmer geltenden normalen Anforderungen entspricht; diese

         Bestimmung darf jedoch nicht zu Diskriminierungen zwischen

         inländischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmern aus der anderen

         Vertragspartei führen.

      2. Als Familienangehörige gelten ungeachtet ihrer

         Staatsangehörigkeit: a) der Ehegatte und die Verwandten in

         absteigender Linie, die noch

            nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird;

         b) die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in

         aufsteigender

            Linie, denen Unterhalt gewährt wird;

         c) im Falle von Studierenden der Ehegatte und die

            unterhaltsberechtigten Kinder.  (...)."

    Das Freizügigkeitsabkommen gewährt mit Art. 3 Anhang I FZA teilweise
weiter gehende Ansprüche auf Familiennachzug als Art. 17 Abs. 2 ANAG,
Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV. Zwar ist gemäss Abkommen nicht
wie bei den erwähnten Vorschriften eine Niederlassungs- oder eine
Aufenthaltsbewilligung im Sinne des ANAG zu erteilen, sondern eine
"Aufenthaltserlaubnis" (vgl. Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 3 Anhang
I FZA, aber auch Art. 4 VEP). Die Erteilung einer unbefristeten
Niederlassungsbewilligung richtet sich auch für die unter das
Freizügigkeitsabkommen fallenden Personen nach wie vor nach dem
Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG)
sowie den von der Schweiz abgeschlossenen Niederlassungsverträgen (Art. 5
VEP; BGE 129 II 249 E. 3.3 S. 258). Es ist aber davon auszugehen, dass
das Begehren der Beschwerdeführer, das nur allgemein auf Gewährung der
Familienzusammenführung lautet, auch die Familiennachzugsmöglichkeit
gemäss Freizügigkeitsabkommen umfasst.

    3.3  Das Freizügigkeitsabkommen hat - seinem Titel entsprechend -
zum Ziel, die Freizügigkeit der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten
im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei auf der Grundlage der in
der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen zu verwirklichen
(vgl. Präambel, Art. 1 und Art. 16 Abs. 1 FZA). Dementsprechend ist
der im Abkommen geregelte Familiennachzug den in der Europäischen
Gemeinschaft geltenden Regeln nachgebildet, namentlich Art. 10 der
Verordnung Nr. 1612/68 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer
innerhalb der Gemeinschaft (kurz: VO [EWG] Nr. 1612/68, ABl. L 257 vom
19. Oktober 1968, S. 2). Der im Folgenden interessierende erste Absatz
dieser Bestimmung lautet:

      "Bei dem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines

       Mitgliedstaats besitzt und im Hoheitsgebiet eines anderen

       Mitgliedstaats beschäftigt ist, dürfen folgende Personen ungeachtet

       ihrer Staatsangehörigkeit Wohnung nehmen: a) sein Ehegatte sowie

       die Verwandten in absteigender Linie, die noch

          nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird;

       b) seine Verwandten und die Verwandten seines Ehegatten in

          aufsteigender Linie, denen er Unterhalt gewährt."

    3.4  Zunächst ist zu prüfen, ob der persönliche Anwendungsbereich
des Freizügigkeitsabkommens die Beschwerdeführer erfasst: A. ist
Italiener und damit Staatsangehöriger einer Vertragspartei des
Freizügigkeitsabkommens. Er verfügt über eine Niederlassungsbewilligung. Im
Rahmen von Art. 3 Anhang I FZA ist aber entscheidend, dass er sich
seit Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens auf ein sich daraus
ergebendes Aufenthaltsrecht berufen kann. Als in der Schweiz beschäftigter
Arbeitnehmer kann er dies mit Blick auf Art. 2 Anhang I FZA in Verbindung
mit Art. 10 Abs. 5 FZA. Der Anwendung von Art. 3 Anhang I FZA steht
nicht entgegen, dass sich A. bereits vor Inkrafttreten des Abkommens in
der Schweiz aufgehalten hat und ein Arbeitsverhältnis eingegangen war
(vgl. auch Art. 10 Abs. 5 FZA, Art. 36 VEP und Ziff. 15 der Weisungen und
Erläuterungen des Bundesamts für Ausländerfragen über die schrittweise
Einführung des freien Personenverkehrs, Stand Februar 2002 [Weisungen
VEP]; vgl. auch Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften
[im Folgenden: Gerichtshof] vom 26. Mai 1993 in der Rechtssache C-171/91,
Tsiotras, Slg. 1993, I-2925, Randnr. 9 ff.; ALBRECHT RANDELZHOFER/ULRICH
FORSTHOFF, in: Eberhard Grabitz/Meinhard Hilf [Hrsg.], Das Recht der
Europäischen Union, Bd. I, München 1990 ff., Stand April 2003, N. 71 zu
Art. 39 EG-Vertrag).

    3.5  Es stellt sich sodann die Frage, ob der Sohn der
Beschwerdeführerin als Familienangehöriger im Sinne von Art. 3 Abs. 2
lit. a Anhang I FZA anzusehen ist. Aus den Akten ergibt sich nicht,
dass er von A. adoptiert worden wäre. Die Beschwerdeführer haben
auch nichts dergleichen vorgetragen. Mangels Adoption gälte C. somit
nicht als gemeinsames Kind der Beschwerdeführer. Aus dem Wortlaut der
erwähnten Bestimmung ergibt sich - im Gegensatz zur lit. b für Verwandte
in aufsteigender Linie - nicht eindeutig, ob auch Nachkommen nur eines
Ehepartners, gar desjenigen, der sich nicht auf das Freizügigkeitsabkommen
berufen kann, insbesondere weil er nicht Staatsangehöriger eines
Vertragsstaats ist, von der Bestimmung erfasst werden.

    Der Gerichtshof hat in einem Urteil vom 17. September 2002
erstmals ausgeführt, der im Wesentlichen gleich lautende Art. 10 VO
(EWG) Nr. 1612/68 (s. oben E. 3.3) sei dahin auszulegen, dass er
sowohl die Nachkommen des Arbeitnehmers als auch diejenigen seines
Ehegatten mit umfasst. Eine enge Auslegung, wonach nur die gemeinsamen
Kinder des Wanderarbeitnehmers und seines Ehegatten zum Aufenthalt
bei diesen berechtigt wären, liefe der bezweckten Freizügigkeit
der Arbeitnehmer zuwider (Rechtssache C-413/1999, Baumbast und R.,
Slg. 2002, I-7091, Randnr. 57; ebenso schon zuvor: MICHAEL FUNKE-KAISER,
in: Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht, Neuwied 1992 ff., Stand
Juli 2002, N. 91 zu II-§ 2 ; JEAN-CLAUDE SÉCHÉ, in: Joly Communautaire,
Paris 1995 ff., Stand März 2001, Bd. 2, Thème 4, Entrée et séjour, N. 26;
ULRICH WÖLKER, in: Hans von der Groeben/Jochen Thiesing/Claus-Dieter
Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Bd. 1, 5. Aufl., Baden-Baden
1997, N. 69 zu Art. 48 EG-Vertrag; MARCEL DIETRICH, Die Freizügigkeit
der Arbeitnehmer in der Europäischen Union, 1995, S. 324 f.; DENIS
MARTIN, La libre circulation des personnes dans l'Union européenne,
Bruxelles 1994, S. 178 N. 61; PIERRE GARRONE, La libre circulation
des personnes, 1993, S. 38; JAN ZIEKOW, Der gemeinschaftsrechtliche
Status der Familienangehörigen, in: Die öffentliche Verwaltung 1991 S.
364; abweichend und nicht eindeutig: KAY HAILBRONNER, Ausländerrecht,
Heidelberg 1994 ff., Stand August 2002, N. 49 zu § 1 Aufenthaltsgesetz/EWG,
offenbar wegen des von Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 leicht abweichenden
deutschen Gesetzestextes; im Ergebnis wie der Gerichtshof, jedoch zum FZA:
MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, S. 396; MARC SPESCHA,
Lückenfüllung und Rechtsmissbrauch im Ausländerrecht, AJP 2002 S. 1424;
ders., Auswirkungen des Abkommens mit der EG über die Personenfreizügigkeit
auf das allgemeine Ausländerrecht, in: Bernhard Ehrenzeller [Hrsg.],
Aktuelle Fragen des schweizerischen Ausländerrechts, 2001, S. 113,
Fn. 8; MARC SPESCHA/PETER STRÄULI, Ausländerrecht, 2001, S. 312;
PHILIP GRANT, La protection de la vie familiale et de la vie privée en
droit des étrangers, Diss. Genf 2000, S. 252; ehemaliges Bundesamt für
Ausländerfragen [heute IMES] in seinen Rundschreiben vom 8. Juli 2002 zu
"Grundsatzfragen bei der Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens" und vom
5. Juni 2003 zur "Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens, Auswirkungen beim
Familiennachzug" in Bezug auf Art. 3 Abs. 1bis lit. a BVO [SR 823.21],
der gleich lautet wie Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA).

    Das erwähnte Urteil datiert indes aus der Zeit nach der Unterzeichnung
des Abkommens am 21. Juni 1999, so dass die Interpretation durch den
Gerichtshof laut Art. 16 Abs. 2 FZA für die Anwendung des Abkommens nicht
verbindlich ist. Aus den Materialien zum Freizügigkeitsabkommen lässt sich
nicht entnehmen, wie Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA zu verstehen ist
(vgl. BBl 1999 S. 6311; 1992 IV 221; 1992 V 336). Die Frage kann hier
letztlich offen bleiben, da das Abkommen vorliegend aus einem anderen
Grund nicht zur Anwendung gelangt.

    3.6  Es ist weiter zu prüfen, ob das Freizügigkeitsabkommen auch für
den Familiennachzug gilt, wenn sich der nachzuziehende Familienangehörige
nicht in einem Mitgliedstaat der EU aufhält, mithin von ausserhalb des
Gebiets der Mitgliedstaaten der EU in die Schweiz nachziehen soll.

    3.6.1  Der Gerichtshof hat vor kurzem entschieden, der mit einem
Unionsbürger verheiratete Drittstaatsangehörige müsse sich bereits
rechtmässig in einem Mitgliedstaat aufhalten, um in den Genuss
der Rechte aus Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 kommen zu können. Die
Verordnung Nr. 1612/68 betreffe nur die Freizügigkeit innerhalb der
Gemeinschaft. Sie begründe keine Rechte auf Zugang zum Gemeinschaftsgebiet
für Drittstaatsangehörige, die mit einem Unionsbürger verheiratet
sind. Begebe sich ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Unionsbürger,
der mit einem zum Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat berechtigten
Drittstaatsangehörigen verheiratet ist, in einen anderen Mitgliedstaat,
um dort eine unselbständige Berufstätigkeit auszuüben, so dürfe aufgrund
dieses Ortswechsels nicht die Möglichkeit verloren gehen, rechtmässig
zusammenzuleben, weshalb Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 dem Ehegatten das
Recht verleihe, sich in diesem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Begebe
sich dagegen ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Unionsbürger, der
mit einem zum Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat nicht berechtigten
Drittstaatsangehörigen verheiratet ist, in einen anderen Mitgliedstaat, um
dort zu arbeiten, so könne in dem Umstand, dass seinem Ehegatten aus der
genannten Bestimmung kein Recht erwachse, sich mit ihm in diesem anderen
Mitgliedstaat niederzulassen, keine ungünstigere Behandlung liegen als
die, die dem Ehepaar vor Inanspruchnahme der Freizügigkeit zuteil geworden
sei. Dass ein solches Recht nicht bestehe, könne den Unionsbürger nicht
davon abhalten, die Freizügigkeitsrechte wahrzunehmen. Gleiches gelte,
wenn der mit einem Drittstaatsangehörigen verheiratete Unionsbürger in den
Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger er sei, zurückkehre. Verfüge sein
Ehegatte über ein Recht zum Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat,
so finde Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 Anwendung, damit der Unionsbürger
nicht davon abgehalten werde, von seiner Freizügigkeit durch Rückkehr
in seinen Herkunftsstaat Gebrauch zu machen. Verfüge sein Ehegatte
dagegen nicht bereits über ein Recht zum Aufenthalt in einem anderen
Mitgliedstaat, so habe der Umstand, dass ihm aus der besagten Bestimmung
kein Nachzugsrecht erwachse, insoweit keine abschreckende Wirkung; in
diesem Fall müssten die zuständigen Behörden aber gleichwohl bei der
Prüfung des Nachzugsgesuchs das Recht auf Achtung des Familienlebens im
Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigen (Urteil vom 23. September 2003 in
der Rechtssache C-109/01, Secretary of State for the Home Department gegen
Akrich, noch nicht in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs publiziert,
jedoch in EuGRZ 2003 S. 607, Randnr. 49-54 und 58 f.).

    Der Gerichtshof hatte sich in früheren Urteilen, insbesondere vor dem
gemäss Art. 16 Abs. 2 Satz 1 FZA massgeblichen Zeitpunkt des 21. Juni 1999,
hierzu nicht geäussert. Damit ist das Bundesgericht an die Interpretation
der einschlägigen Bestimmungen durch den Gerichtshof im Urteil Akrich
nicht gebunden. Trotzdem kann der Entscheid des Gerichtshofs - wie die
seither ergangene Rechtsprechung überhaupt - bei der Auslegung von Art. 3
Anhang I FZA mitberücksichtigt werden (vgl. in Bezug auf Art. 16 FZA:
KAY HAILBRONNER, Freizügigkeit nach EU-Recht und dem bilateralen Abkommen,
Zeitschrift für Europarecht 5/2003 S. 51 f.; SUSANNE LEUZINGER-NAEF,
Sozialversicherungsgerichtsbarkeit und Personenfreizügigkeitsabkommen
Schweiz-EG, SJZ 99/2003 S. 201 f.; THOMAS COTTIER/ERIK EVTIMOV,
Probleme des Rechtsschutzes, in: Thomas Cottier/Matthias Oesch [Hrsg.],
Die sektoriellen Abkommen Schweiz-EG, 2002, S. 188 f. und 200; FABRICE
FILLIEZ, Application des accords sectoriels par les juridictions suisses:
quelques repères, in Daniel Felder/Christine Kaddous [Hrsg.], Bilaterale
Abkommen Schweiz-EU, 2001, S. 203-205; ALOIS LUSTENBERGER/RAYMOND SPIRA,
Das Verfahren in zwischenstaatlichen Fällen gemäss Abkommen, in Erwin Murer
[Hrsg.], Das Personenverkehrsabkommen mit der EU und seine Auswirkungen
auf die soziale Sicherheit der Schweiz, 2001, S. 77 und 91; TOBIAS
JAAG, Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union,
ZSR 119/2000 I S. 233 und 246 f.).

    3.6.2  In früheren Entscheiden, in denen es ebenfalls um den
Nachzug von Familienangehörigen ging, die als sog. Drittstaatsangehörige
unmittelbar von ausserhalb der EU zuziehen sollten, hat der Gerichtshof
auf etwas anderem Boden argumentiert als im Urteil Akrich, ohne aber
die in diesem Urteil entwickelte Abgrenzung auszuschliessen (vgl.
Urteile vom 27. Oktober 1982 in den Rechtssachen 35/1982 und 36/1982,
Morson und Jhanjan, Slg. 1982, 3723, Randnr. 15-18, vom 18. Oktober 1990
in den Rechtssachen 297/1988 und C-197/1989, Dzodzi, Slg. 1990, I-3763,
Randnr. 23-28, und vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-459/1999, MRAX,
Slg. 2002, I-6591, Randnr. 73-80). Zwar hat der Gerichtshof mit Urteil
vom 11. Juli 2002 erkannt, dass Art. 49 des EG-Vertrages (Recht auf freie
Dienstleistung) im Lichte des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens
unter Umständen verbiete, dass der Herkunftsmitgliedstaat eines in diesem
Staat ansässigen Dienstleistungserbringers, der Dienstleistungen in anderen
Mitgliedstaaten erbringt, dessen Ehegatten den Aufenthalt in seinem
Hoheitsgebiet verwehrt (Rechtssache C-60/2000, Carpenter, Slg. 2002,
I-6279). In dieser Sache stand fest, dass der Ehepartner, der nicht
Staatsangehöriger eines EU-Landes war, sich illegal in Grossbritannien
aufhielt und auch in keinem anderen Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt
war. Das deutet jedoch noch nicht auf eine vom Urteil Akrich abweichende
Rechtsprechung hin. Es ging dort nämlich nicht darum, die Rechte aus
Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 oder aus ähnlichen Regelungen (wie Art. 1
Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 4 der Richtlinie 73/148/EWG vom
21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen,
ABl. L 172 vom 28. Juni 1973, S. 14) zu gewähren, sondern in erster Linie
um das in Art. 8 EMRK garantierte Recht auf Familienleben.

    3.6.3  Aus dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 Anhang I FZA ergibt sich
die vom Gerichtshof vorgenommene Einschränkung nicht. Das Gleiche
gilt aber auch für den - vom Gerichtshof ausgelegten - Art. 10 VO (EWG)
Nr. 1612/68. In weiten Teilen der Verwaltungspraxis bis hin zur Kommission
der Europäischen Gemeinschaft ist offenbar eher davon ausgegangen
worden, Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 komme auch Familienangehörigen
aus Drittstaaten zugute, die sich noch nicht rechtmässig in einem
Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft aufhalten. Auch das IMES hat
dies betreffend Art. 3 Anhang I FZA bisher wohl angenommen. Die Botschaft
zum Freizügigkeitsabkommen behandelt die vorliegende Problematik nicht
(vgl. BBl 1999 S. 6128, insbes. S. 6309 ff.), ebenso wenig die darin
mehrmals erwähnte Botschaft zur Genehmigung des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum (BBl 1992 IV 1, insbes. S. 214 ff.; vgl. auch
BBl 1992 V 336 ff.).

    3.6.4  Hintergrund des Entscheids in der Rechtssache Akrich ist
der Umstand, dass das Recht auf Einwanderung in die Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaft bei Erlass der Regelung des Art. 10
VO (EWG) Nr. 1612/68 nahezu vollständig in die Zuständigkeit der
Mitgliedstaaten fiel (vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts in
dieser Rechtssache, Randnr. 2 und 38). Denkbar waren Eingriffe der
Europäischen Gemeinschaft in diese Kompetenzaufteilung zwar etwa dann,
wenn sie sich als zur Gewährleistung der Grundfreiheiten, wie hier der
Freizügigkeit, notwendig erwiesen. Die Europäische Gemeinschaft hatte
aber im Übrigen nur beschränkte Befugnisse zum Beschluss von Massnahmen
betreffend die Einreise und den Aufenthalt von aus Drittstaaten stammenden
Personen. Entsprechende Erweiterungen im Kompetenzbereich sind erst
mit dem Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (ABl. Nr. C 340 vom
10. November 1997, S. 1 und 173), der am 1. Mai 1999 in Kraft getreten
ist, eingeführt worden. Namentlich gestützt auf den neuen Art. 63 Abs. 1
Ziff. 3 und 4 des EG-Vertrages können seither im Rahmen der Europäischen
Gemeinschaft Massnahmen betreffend die Einreise und den Aufenthalt
von Drittstaatsangehörigen in die Mitgliedstaaten beschlossen werden
(vgl. auch Vorschlag der Europäischen Kommission vom 1. Dezember 1999 für
eine Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung,
insbes. Ziff. 1 der dortigen Begründung). Unter diesen Prämissen ist
die Feststellung des Gerichtshofs zu verstehen, die EWG-Verordnung
Nr. 1612/68 - vom 15. Oktober 1968 - betreffe nur die Freizügigkeit
innerhalb der Gemeinschaft und sage nichts im Hinblick auf den Zugang
zum Gemeinschaftsgebiet. Art. 3 Anhang I FZA, der Inhalt und Tragweite
des Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 im Wesentlichen übernimmt, um die
Freizügigkeit wie in der Europäischen Gemeinschaft zu realisieren, ist im
gleichen Sinne auszulegen. Es sind keine stichhaltigen Gründe ersichtlich,
diese Bestimmung des Freizügigkeitsabkommens in einem anderen, weiteren
Sinne anzuwenden. Zwar mag sie - wie erwähnt - aufgrund ihres Wortlauts
teilweise umfassender verstanden worden sein. Eine Interpretation über die
Bedeutung hinaus, wie sie der Gerichtshof mit dem Urteil in der Rechtssache
Akrich präzisiert hat, ist indes nicht erforderlich, um die mit dem
Freizügigkeitsabkommen beabsichtigte Freizügigkeit zwischen der Schweiz und
den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zu gewährleisten. Kann
ein Staatsangehöriger eines Vertragsstaats in seinem Herkunftsstaat nach
den für ihn relevanten nationalen Regelungen (vgl. erwähnte Urteile in
den Rechtssachen Dzodzi sowie Morson und Jhanjan und BGE 129 II 249 E. 4
S. 258 ff.) den begehrten Familiennachzug nicht erreichen, so steht der
Übersiedlung in einen anderen Vertragsstaat nicht entgegen, wenn er sich
auch dort lediglich auf das in diesem Staat geltende nationale Recht und
nicht auf Art. 10 VO (EWG) Nr. 1612/68 bzw. Art. 3 Anhang I FZA berufen
kann. Der Unionsbürger wird dadurch nicht schlechter gestellt, als wenn er
von der Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hätte. Will er anschliessend
in einen weiteren Vertragsstaat ziehen oder in seine Heimat zurückkehren,
besteht nur dann Anlass, die zuletzt erwähnten Bestimmungen anzuwenden,
wenn er seine Familienangehörigen zwischenzeitlich rechtmässig (nach
nationalem Recht) in den Aufenthaltsstaat nachholen konnte. Ist ihm dies
nicht gelungen, steht die weitere Nichtanwendung der interessierenden
Vorschriften der Ausübung des Freizügigkeitsrechts nicht entgegen.

    Das Gleiche muss im Übrigen gelten, wenn die Familienbande -
etwa durch Heirat - erst nach dem Wechsel eines Unionsbürgers in einen
anderen Vertragsstaat begründet werden, sofern die Familienangehörigen
nicht bereits über ein Recht zum Aufenthalt in einem Vertragsstaat
verfügen. Sollte im Heimatland oder in einem anderen Vertragsstaat als
dem Aufenthaltsstaat des Unionsbürgers im nationalen Recht eine für ihn
günstigere Familiennachzugsregelung gelten, so könnte dies den Unionsbürger
zwar dazu bewegen, den aktuellen Aufenthaltsstaat zu verlassen und sich
in das andere Land mit dem günstigeren (Nachzugs-)Regime zu begeben. Das
wäre dem Unionsbürger - bezüglich anderer Mitgliedstaaten - aufgrund
der ihm gewährten Freizügigkeit möglich. Dass er dann in einem anderen
Vertragsstaat eine bessere Behandlung in Bezug auf den Familiennachzug
erfahren könnte, käme aber nur einer Reflexwirkung gleich bzw. wäre allein
auf den Umstand unterschiedlicher nationaler Regelungen oder Praktiken
zurückzuführen.

    3.7  Nach dem Gesagten können sich die Beschwerdeführer vorliegend
für den Nachzug ihres (Stief-)Sohnes, der sich nicht rechtmässig in
einem Vertragsstaat des Freizügigkeitsabkommens aufhält, sondern in der
Slowakei lebt, nicht auf Art. 3 Anhang I FZA berufen. Aus Art. 8 EMRK
können die Beschwerdeführer, wie vorn in Erwägung 2 ausgeführt wurde,
ebenfalls keinen durchsetzbaren Nachzugsanspruch ableiten.