Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 III 345



130 III 345

43. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. gegen B. (Berufung)

    4C.230/2003 vom 23. Dezember 2003

Regeste

    Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter; Vertrauenshaftung
(Art. 2 ZGB).

    Die Haftung eines Liegenschaftenschätzers aus Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter wäre selbst nach Auffassung der Befürworter dieser
Rechtsfigur nur denkbar, wenn der Verkäufer der Liegenschaft im
Einverständnis mit den Käufern einen Schätzungsauftrag in eigenem Namen
erteilt und dem Liegenschaftenschätzer die gemeinsame Interessenlage
offen gelegt hätte (E. 1).

    Ein Gutachter kann bereits bei einer mittelbaren Beziehung gegenüber
einem vertragsfremden Dritten aus erwecktem Vertrauen haftbar werden. Dabei
spielt keine Rolle, ob der Gutachter den Dritten kennt oder zumindest
weiss, um wen es sich handelt, denn das Haftungsrisiko richtet sich nach
den davon unabhängigen Kriterien des Inhalts der Expertise und deren
Verwendungszweck (E. 2).

    Haftung im vorliegenden Fall verneint (E. 3).

Sachverhalt

    A.- A. (der Beklagte) ist Architekt und ein in der Gegend anerkannter
Liegenschaftenschätzer. Er verfasste im Jahre 1994 im Auftrag der
Eigentümer einen Schätzungsbericht über die Liegenschaft D. in C. Darin
finden sich keine Hinweise auf Mängel der Liegenschaft. In der Absicht,
das Haus zu verkaufen, liessen die Eigentümer den Schätzungsbericht samt
der Verkaufsdokumentation den Kaufsinteressenten E. und S. B. (den Klägern)
zukommen. Diese erwarben die Liegenschaft am 21. November 1996.

    B.- Kurz nach dem am 1. März 1997 erfolgten Besitzantritt wurden die
Kläger gewahr, dass sich beim Vordach Probleme stellen könnten, weshalb sie
das Haus begutachten liessen. Die beigezogenen Holzbaufachleute stellten in
ihrer Expertise vom 27. August 1997 Mängel betreffend Dachkonstruktion,
Vordach, Statik und Feuchtigkeit im Keller fest. Am 29. August 1997
erhoben die Käufer deswegen Mängelrüge mit Kopie an den Beklagten, und
sie verlangten vorsorgliche Beweissicherung beim zuständigen Gericht. Die
im Rahmen dieses Verfahrens beauftragten Fachleute konstatierten im
Wesentlichen dieselben Mängel wie die privaten Gutachter, unter anderen
die nicht fachgerechte Ausführung der Holzbauarbeiten im Dachgeschoss
und im Keller sowie der Isolation der Kellerdecke. Die Kosten für die
Sanierung dieser und weiterer, hier nicht interessierender Mängel wurden
auf insgesamt Fr. 63'900.- veranschlagt. Die Kläger liessen den Beklagten
wissen, dass sie ihn - neben den Verkäufern und dem Architekten, der das
Haus umgebaut hatte - für die Schäden haftbar machen würden. Der Beklagte
lehnte seine Haftung ab.

    C.- Mit Klage vom 5. Mai 1999 beantragten die Kläger dem Bezirksgericht
Werdenberg, den Beklagten zu verpflichten, ihnen Fr. 68'228.65 nebst
gestaffeltem Zins zu bezahlen. Sie beriefen sich darauf, dass der
Schätzbericht des Beklagten bei ihnen Vertrauen auf die Mängelfreiheit der
Liegenschaft geschaffen habe, welches ihren Kaufentschluss mitbestimmt
habe. In diesem Vertrauen seien sie jedoch enttäuscht worden. Das
Bezirksgericht kam zum Ergebnis, der Schätzungsbericht des Beklagten sei
mangelhaft, weil die bei dessen Abfassung erkennbaren Mängel betreffend
Holzbauarbeiten im Dachgeschoss und im Keller sowie Isolation der
Kellerdecke darin nicht erwähnt seien. Das Bezirksgericht bejahte
insoweit eine Vertrauenshaftung des Beklagten und schützte die Klage im
Umfang von Fr. 30'960.50 nebst Zins. Das hierauf mit der Sache befasste
Kantonsgericht St. Gallen wies mit Entscheid vom 2. Juni 2003 sowohl die
Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung der Kläger ab.

    D.- Der Beklagte beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer
Berufung die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts und die Abweisung
der Klage, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz
zu angemessener Berücksichtigung des Mitverschuldens der Kläger und
entsprechender Reduktion der Forderung.

    Die Kläger schliessen auf Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Die kantonalen Gerichte kamen übereinstimmend und zutreffend zum
Ergebnis, eine ausservertragliche Haftung scheitere am Erfordernis der
Widerrechtlichkeit, da den Beklagten keine Rechtspflicht zum Schutze des
Vermögens eines Dritten treffe. Auch eine Haftung des Beklagten aus Vertrag
mit Schutzwirkung zugunsten Dritter lehnten die Vorinstanzen zu Recht
ab. Eine solche Haftung ist in der bisherigen Praxis nie grundsätzlich
bejaht worden. Die Frage braucht auch vorliegend nicht entschieden zu
werden. Denn sie wäre nur denkbar, wenn der Verkäufer im Einverständnis
mit den Käufern den Schätzungsauftrag in eigenem Namen erteilt und
dem Beklagten diese gemeinsame Interessenlage offen gelegt hätte. Dies
trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu. Damit aber sind die Interessen
der Vertragsparteien gegenläufig: Der Verkäufer ist an einem möglichst
hohen, die Käufer an einem möglichst tiefen Verkehrswert interessiert. In
einem solchen Fall scheidet die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter auch nach Auffassung der in der neueren Rechtslehre
vertretenen Befürworter dieser Rechtsfigur aus (vgl. HANS PETER WALTER,
Vertrauenshaftung im Umfeld des Vertrages, in: ZBJV 132/1996 S. 291 f.;
anders die Praxis in Deutschland: Urteil des Bundesgerichtshofes [BGH]
vom 10. November 1994 - III ZR 50/94 [Köln], publ. in: Neue Juristische
Wochenschrift 1995 S. 392; im Ergebnis zustimmend DIETER MEDICUS,
Anmerkung, Juristenzeitung 1995 S. 308 f.; wie hier CLAUS-WILHELM CANARIS,
Schutzwirkungen zugunsten Dritter bei "Gegenläufigkeit" der Interessen:
zugleich eine Besprechung der Entscheidung des BGH vom 10. November 1994 -
III ZR 50/94, publ. in: Juristenzeitung 1995 S. 441 ff.).

    Auch eine Haftung des Beklagten als Gehilfe oder Mittäter aus culpa
in contrahendo scheidet aus. Eine absichtliche Täuschung (Art. 28 OR)
der Kläger durch den Beklagten ist nach den tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz nicht auszumachen. Ob Fahrlässigkeit für die culpa in
contrahendo genügt (bejahend WALTER, aaO, ZBJV 132/1996 S. 292; CANARIS,
aaO, S. 445), kann offen bleiben, weil die erforderliche Sachnähe des
Gutachtens zu den Verhandlungen des Kaufvertrages fehlte. Das Gutachten
wurde nicht im Hinblick auf diese Vertragsverhandlungen erstellt, sondern
zwei Jahre nach der Ablieferung dazu verwendet. Auf diese zeitliche
Distanz erscheint eine culpa in contrahendo ausgeschlossen (vgl. WALTER,
aaO, ZBJV 132/1996 S. 293). Zudem ginge diese auf das negative Interesse,
wogegen die Kläger inhaltlich einen Erfüllungsschaden geltend machen
(BGE 105 II 75 E. 3 S. 81).

    Die kantonalen Gerichte schützten die Klage indessen auf Grund der
in jüngster Zeit vom Bundesgericht als eigenständige Haftungsgrundlage
anerkannten Rechtsfigur der Vertrauenshaftung.

Erwägung 2

    2.

    2.1  Die Haftung aus erwecktem Vertrauen, welche als Oberbegriff
jene aus culpa in contrahendo und die weiteren interessenmässig gleich
gelagerten Tatbestandsgruppen umfasst (BAUMANN, Zürcher Kommentar, N. 108
und 123 zu Art. 2 ZGB; KRAMER, Berner Kommentar, Allgemeine Einleitung
in das schweizerische OR, N. 151), ist zwischen Vertrag und Delikt
angesiedelt. Es handelt sich dabei um die Haftung eines vertragsfremden
Dritten, bei welcher das von diesem erweckte Vertrauen die Rechtsgrundlage
eines Schadenersatzanspruchs bildet, wenn es anschliessend enttäuscht
wird. Schutzwürdiges Vertrauen setzt ein Verhalten des Schädigers voraus,
das geeignet ist, hinreichend konkrete und bestimmte Erwartungen des
Geschädigten zu wecken (BGE 124 III 297 E. 6a S. 304; 121 III 350 E. 6c
S. 355; 120 II 331 E. 5a S. 336; Urteile des Bundesgerichts 4C.299/1998
vom 7. Januar 1999, E. 4a, publ. in: SJ 2000 I S. 537 f.; 4C.280/1999
vom 28. Januar 2000, E. 3a, publ. in: SJ 2000 I S. 554 f.; KRAMER,
aaO, N. 150; BUCHER, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 69a ff. zu Art. 1
OR). Trifft der Geschädigte sich als nachteilig erweisende Dispositionen,
hat der Schädiger für den Schaden einzustehen, sofern und soweit die
nicht verwirklichte Erwartung dafür adäquat kausal war.

    2.2  Die Haftung aus erwecktem und enttäuschtem Vertrauen setzt voraus,
dass die Beteiligten in eine so genannte "rechtliche Sonderverbindung"
zueinander getreten sind, welche erst rechtfertigt, die aus Treu und
Glauben (Art. 2 ZGB) hergeleiteten Schutz- und Aufklärungspflichten greifen
zu lassen (BGE 120 II 331 E. 5a S. 336). Eine derartige Sonderverbindung
entsteht aus bewusstem oder normativ zurechenbarem Verhalten der in
Anspruch genommenen Person. Ein zufälliges und ungewolltes Zusammenprallen,
wie es im Regelfall einer auf Fahrlässigkeit gründenden Deliktshaftung
eigen ist (BGE 128 III 324 E. 2.2 S. 327; Urteil des Bundesgerichts
4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a, publ. in: SJ 2000 I S. 554
f.; KRAMER, aaO, N. 141; HANS PETER WALTER, Die Vertrauenshaftung:
Unkraut oder Blume im Garten des Rechts?, in: ZSR 120/2001 I S. 97),
schafft dagegen keine derartige Sonderverbindung. Die Eigenhaftung eines
Erfüllungsgehilfen kommt damit nur in Betracht, wenn er selbst in engen
persönlichen Beziehungen zum Kunden seines Auftraggebers stand oder wenn
er diesem aufgrund seines gesamten Verhaltens gleichsam persönliche
Gewähr für das Gelingen des übernommenen Geschäfts bot (Urteil des
Bundesgerichts 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a, mit Hinweis auf
WIEGAND/BERGER, Zur rechtssystematischen Einordnung von Art. 11 BEHG,
in: ZBJV 135/1999 S. 713 f. und 743). Ein unmittelbarer Kontakt zwischen
Ansprecher und Schädiger ist demnach nicht unabdingbar. Es genügt,
dass die in Anspruch genommene Person explizit oder normativ zurechenbar
kundgetan hat, für die Richtigkeit bestimmter Äusserungen einzustehen und
der Ansprecher im berechtigten Vertrauen darauf Anordnungen getroffen
hat, die ihm zum Schaden gereichten. Eine derartige Konstellation lag
BGE 120 II 331 E. 5a S. 337 zugrunde, wo hervorgehoben wurde, dass
sich die Haftung aus Konzernvertrauen, wenn sich dieses aus bestimmten
Aussagen der Muttergesellschaft ergibt, mit der Haftung aus falschem Rat
und mangelhafter Auskunft berührt. Daraus folgt, dass unter denselben
Voraussetzungen auch ein Experte, dessen Auftrag im Wesentlichen stets
darin besteht, bestimmte Fragen aus seinem Fachbereich zu beantworten,
bereits bei einer mittelbaren Beziehung gegenüber einem vertragsfremden
Dritten aus erwecktem Vertrauen haftbar werden kann. Die Analogie zur
culpa in contrahendo-Haftung lässt sich herstellen durch Anknüpfung an
den intendierten Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber des
Experten, auf den die Expertise Einfluss zu nehmen bestimmt ist. Der
Experte, der ein Schriftstück erarbeitet, welches dann von seinem
Auftraggeber an den Dritten weitergegeben wird, tritt jedenfalls dann
in mittelbare Beziehung zum Empfänger, wenn die Weitergabe mit seinem -
wirklichen oder vertrauenstheoretisch zurechenbaren - Einverständnis
erfolgt (CLAUS-WILHELM CANARIS, Die Reichweite der Expertenhaftung
gegenüber Dritten, in: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und
Wirtschaftsrecht 163/1999 S. 224 ff.). Dabei spielt keine Rolle, ob der
Experte den Dritten kennt oder zumindest weiss, um wen es sich handelt oder
nicht, denn das Haftungsrisiko richtet sich nach den davon unabhängigen
Kriterien des Inhalts der Expertise und deren Verwendungszweck (vgl. Urteil
des Bundesgerichts 4C.202/2002 vom 30. Oktober 2002, E. 4.1; CANARIS,
aaO, S. 235; ihm folgend ALAIN HIRSCH, La responsabilité de l'expert
envers les tiers, in: Chappuis/Winiger, La responsabilité fondée sur
la confiance, Journée de la responsabilité civile 2000, Zürich 2001,
S. 83; REGULA FEHLMANN, Vertrauenshaftung - Vertrauen als alleinige
Haftungsgrundlage, Diss. St. Gallen 2002, S. 147 mit Hinweisen). Ob
der Gutachter mit der Begebung seiner Expertise an den ihn belangenden
Dritten rechnen musste, entscheidet sich nach den konkreten Umständen,
dem gesellschaftlichen und beruflichen Kontext und der sozialen Rolle der
Betroffenen (RAINER GONZENBACH, Culpa in contrahendo im schweizerischen
Vertragsrecht, Diss. Bern 1987, S. 37; ERNST A. KRAMER, Diskussionsbeitrag
zum Thema "Vertrauenshaftung" in: Chappuis/Winiger, aaO, S. 190). Diese
bestimmen auch über die Intensität der Sonderverbindung, nach welcher
sich wiederum der Umfang der Haftung richtet (EUGEN BUCHER, Was man aus
einem Fall von "Putativ-Vertrauenshaftung" lernen kann, in: recht 19/2001
S. 79; WALTER, aaO, ZSR 120/2001 I S. 97). So hat das Bundesgericht im
Urteil 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a (publ. in: SJ 2000 I S. 554
f.) eine Sonderverbindung zwischen einem vom bauenden Grundeigentümer
zur Baugrundabklärung und Begleitung der Aushubarbeiten beauftragten
Geologen und den Eigentümern der durch die Bauarbeiten beschädigten
Nachbarliegenschaft verneint. Zur Begründung führte es aus, weder sei
festgestellt, dass eine persönliche Beziehung zwischen den Parteien
stattgefunden habe noch dass der Beklagte den Klägern zugesichert habe,
die Bautätigkeit werde ihr Eigentum nicht tangieren. Dispositionen der
Kläger gestützt auf eine vom Beklagten geschaffene Vertrauensposition
seien ebenfalls nicht auszumachen. Der Kontakt zwischen den Parteien sei
ausschliesslich durch die als Folge von Bauarbeiten auf dem klägerischen
Grundstück verursachten Schäden bedingt. Demgegenüber gelangte die
Vorinstanz in Würdigung der Umstände im vorliegenden Fall zum Ergebnis, für
den Beklagten sei die Weitergabe seines Schätzungsberichts an potenzielle
Käufer voraussehbar gewesen. Ob sie dabei Bundesrecht verletzte, ist
nachstehend zu prüfen.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe
in keiner Weise begründet, worin die besondere Intensität der mittelbaren
Beziehung zwischen den Parteien bestanden haben soll. Eine solche liege
auch nicht vor, denn die Kläger hätten es unterlassen, den Beklagten
vor Vertragsschluss zu kontaktieren und anzufragen, wie umfassend er
seinerzeit die Liegenschaft untersucht habe und ob sie sich mit Bezug
auf die Mängelfreiheit auf das zwei Jahre zuvor erstellte Gutachten
verlassen könnten. Sie hätten daher die alleinige Verantwortung für ihre
Vertrauensseligkeit zu tragen.

    3.2  Im vorliegenden Fall bestand zwischen dem Eigentümer
der Liegenschaft D. in C. und dem Beklagten ein Auftragsverhältnis
gemäss Art. 394 ff. OR. Der Beklagte verpflichtete sich gegenüber dem
Liegenschafteneigentümer, ein Schätzungsgutachten über die genannte
Liegenschaft zu erstellen. Wie die Kläger selbst angaben, diente das
Gutachten dem damaligen Liegenschafteneigentümer dazu, bei der Bank eine
Erhöhung des Hypothekarkredits zu erlangen. Die Kläger erhielten erst
zwei Jahre später Kenntnis vom besagten Gutachten, als es ihnen im Rahmen
einer Verkaufsdokumentation vorgelegt wurde.

    Der Beklagte konnte zwar nicht völlig ausschliessen, dass das von ihm
erstellte Gutachten von irgendwelchen Personen in irgendeinem Zusammenhang
zu einem späteren Zeitpunkt einmal eingesehen werden könnte. Allein die
Möglichkeit einer zufälligen Kenntnisnahme vom Gutachten genügt aber
nicht zur Begründung der Vertrauenshaftung. Dem angefochtenen Urteil
ist nicht zu entnehmen, dass zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der
Erstellung des Gutachtens ein direkter Kontakt bestand oder dass der
Beklagte von den Klägern und deren späteren Kaufsabsichten wusste. Auch
liegen keine Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten, dass der Beklagte
von den Klägern hätte wissen müssen. Es ist deshalb davon auszugehen,
dass zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens
keine Verbindung bestand, die ein legitimes Vertrauen der Kläger in die
Richtigkeit des vom Beklagten erstellten Gutachtens hätte begründen können.

    Ebenso wenig war für den Beklagten voraussehbar, dass der
Liegenschafteneigentümer das Gutachten, welches dieser im Hinblick auf ein
Gesuch um die Erhöhung des Hypothekarkredits bestellt hatte, zwei Jahre
später in einem anderen Zusammenhang, dem Verkauf der Liegenschaft,
nochmals verwenden würde. Eine Vertrauensbasis hätte das Gutachten
höchstens gegenüber der Bank darstellen können, wenn diese gestützt auf im
Gutachten enthaltene falsche Angaben nachteilige Dispositionen getroffen
hätte. Das Gutachten zirkulierte aber im zeitlichen Abstand von zwei
Jahren innerhalb eines Personenkreises, der mit dem ursprünglichen Zweck
des bestellten Gutachtens nichts mehr zu tun hatte. Diese Personen,
von denen der Beklagte nichts wusste und nichts wissen musste, waren
nicht berechtigt, sich auf die Richtigkeit der Angaben im Gutachten zu
verlassen. Die Haftung des Beklagten für das bei den Klägern erweckte
Vertrauen dennoch zu bejahen, würde dazu führen, dass die Vertrauenshaftung
zu einer Haftung gegenüber jeder zufällig mit dem Gutachten in Berührung
kommenden Person und mithin zu einer Haftung gegenüber jedermann (erga
omnes) ausufern würde. Die Haftung des Beklagten ist deshalb zu verneinen.