Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 III 312



130 III 312

39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. SA gegen
B. S.A.M. (Berufung)

    4C.123/1997 vom 2. März 2004

Regeste

    Legalzession im Treuhandverhältnis und Verrechnungsrecht des Dritten;
Verrechnung von Forderungen in unterschiedlichen Währungen.

    Gutgläubigkeit des Dritten als Voraussetzung seines Verrechnungsrechts
(E. 5.1 und 5.2).

    Gesetzliches und vertragliches Verrechnungsrecht im Fall, dass die
verrechneten Forderungen auf verschiedene Währungen lauten (E. 6.2).

    Ungenügende Substantiierung der Forderung auf Zahlung von Verzugszins
im Sinne von Art. 104 Abs. 2 OR (E. 7.1).

Sachverhalt

    A.- Die A. SA (Klägerin) stand seit 1985 in geschäftlichem Kontakt zur
B. S.A.M. (Beklagte). Im Rahmen dieser Interbankenbeziehung tätigten die
Banken gegenseitig Anlagen, wobei sie die üblichen Bestätigungsdokumente
austauschten. Am 27. April 1989 entzog die Eidgenössische Bankenkommission
der A. SA die Bankbewilligung, worauf diese in Liquidation trat. Am
18. Januar 1991 wurde über sie der Konkurs eröffnet.

    Im Zeitpunkt des Bewilligungsentzugs hatte die Klägerin bei der
Beklagten 91 Anlagen mit einem Gesamtbetrag von DM 2'998'627.29,
FF 5'847'000.-, GBP 1'862'635.- und USD 9'381'828.73, während
Verbindlichkeiten ihrerseits gegenüber der Beklagten von GBP 758'580.70 und
USD 11'739'111.11 offen waren. Bei den Anlagen der Beklagten handelte es
sich um eigene Gelder (Nostro-Anlagen), während der Charakter der Anlagen
der Klägerin bei der Beklagten in der Folge streitig war. Nach den Angaben
der Klägerin handelte es sich - abgesehen von zwei Anlagen in der Höhe
von CHF 200'000.- und USD 55'000.- - um Treuhandanlagen für Rechnung
ihrer Kunden. Die Beklagte bestritt den Treuhandcharakter der Anlagen.

    Mit Schreiben und Telex vom 14. und 15. Juni 1989 teilte die
Beklagte der Klägerin mit, dass sie alle ihre auf 48 Stunden kündbaren
Anlagen nicht mehr erneuere, und verlangte Gutschrift des Gegenwertes
bei ihrer Korrespondenzbank in New York. Gleichzeitig kündigte sie an,
ihre Forderungen mit den Guthaben der Klägerin zu verrechnen, falls die
Zahlung ausbleiben sollte. Die Klägerin bestritt unter Berufung auf den
Treuhandcharakter der Anlagen die Zulässigkeit der Verrechnung für alle
Gelder mit Ausnahme der beiden Nostro-Anlagen.

    Am 17. Januar 1992 erwirkte die Klägerin bei der Arrestbehörde
des Kantons Zürich gegenüber der Beklagten einen Arrestbefehl für eine
Forderungssumme von rund 9,242 Mio. Franken nebst Zins. Am 13. April
1992 bewilligte ihr das Kassationsgericht des Kantons Zürich ergänzend
einen Arrest für zusätzlich 18,18 Mio. Franken nebst Zins. Durch
diese beiden Verarrestierungen wurden Vermögenswerte von insgesamt Fr.
363'936.28 beim Schweizerischen Bankverein und bei der C. & Co AG mit
Beschlag belegt. Zur Aufrechterhaltung des Arrestes leitete die Klägerin
am 30. Januar 1992 in Zürich gegen die Beklagte die Betreibung ein,
wobei letztere Rechtsvorschlag erhob.

    B.- Mit ihrer am 27. April 1992 beim Handelsgericht des Kantons
Zürich eingereichten Klage verlangte die Klägerin die Zahlung von
Fr. 27'423'906.70 nebst 7.05 % Zins seit 1. Oktober 1991. Dieser
Betrag entsprach den per 27. April 1989 offenen Anlagen in DM, FF,
GBP und USD mit Ausnahme der beiden anerkannten und durch Verrechnung
erledigten Nostro-Anlagen, umgerechnet in Schweizer Franken per 1. Oktober
1991. Die Beklagte beantragte unter Berufung auf ihr Verrechnungsrecht
die vollständige Abweisung der Klage. Mit Urteil vom 16. Januar 1997
verpflichtete das Handelsgericht des Kantons Zürich die Beklagte zur
Zahlung von Fr. 2'801'480.75 nebst 5 % Zins seit 1. Oktober 1991 und wies
im Übrigen die Klage ab.

    Gegen das Urteil des Handelsgerichts reichte die Klägerin beim
Kassationsgericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde ein, welche
von diesem mit Entscheid vom 31. Oktober 2000 abgewiesen wurde, soweit
auf sie eingetreten werden konnte.

    Mit Eingabe vom 5. November 2001 stellte die Klägerin beim
Handelsgericht des Kantons Zürich ein Revisionsbegehren und verlangte
die vollumfängliche Aufhebung des Urteils vom 16. Januar 1997 und die
Gutheissung ihrer Klage. Dieses Revisionsbegehren wies das Handelsgericht
mit Entscheid vom 10. Mai 2002 ab, soweit es darauf eintrat. Die
dagegen eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wurde vom
Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 12. August 2003
abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden konnte.

    C.- Mit ihrer am 21. Februar 1997 eingereichten Berufung beantragt die
Klägerin dem Bundesgericht die Aufhebung des Urteils des Handelsgerichts
vom 16. Januar 1997 und die Gutheissung der Klage, eventuell die
Rückweisung der Sache an das Handelsgericht zu neuer Entscheidung sowie
subeventuell die Gutheissung der Klage im Betrag von Fr. 3'231'084.50 nebst
7.05 % Zins seit 1. Oktober 1991. Die Beklagte schliesst auf Abweisung
der Berufung.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.  Das Handelsgericht ist davon ausgegangen, dass das Rechtsverhältnis
zwischen den Parteien dem schweizerischen Recht untersteht, das auch
auf die Fragen der Legalzession gemäss Art. 401 OR und der Verrechnung
anwendbar ist. Für eine Treuhandanlage von FF 756'000.- hat es die
Aktivlegitimation der Klägerin verneint, da es die Voraussetzungen für
den Übergang der Forderung auf ihren Kunden als erfüllt betrachtete und
dieser der Beklagten den Forderungsübergang angezeigt hatte. Für die
übrigen Treuhandanlagen hat das Handelsgericht die von der Beklagten
erklärte Verrechnung mit ihren eigenen Forderungen zugelassen. Nach
seinen Feststellungen enthielten die der Beklagten im Zusammenhang mit den
einzelnen Anlagen zugestellten Dokumente keine direkten Hinweise auf den
Treuhandcharakter. Von wesentlicher Bedeutung war für das Handelsgericht,
dass die Klägerin der Beklagten in drei schriftlichen Äusserungen
ausdrücklich bestätigt hatte, deren Anlagen bei ihr seien garantiert
durch die von ihr platzierten Anlagen bzw. es handle sich bei letzteren
um Nostro-Anlagen. Das Handelsgericht hat die Verrechenbarkeit der
gegenseitigen Forderungen sodann trotz des Umstandes bejaht, dass diese zum
Teil auf verschiedene Währungen lauteten. Für die Umrechnung in Schweizer
Franken stellte es mit Ausnahme der Forderungen in GBP bei den am 16. Juni
1989 bereits fälligen Forderungen auf die Devisenmittelkurse dieses Tages,
für die später fällig werdenden Anlagen auf jene am Fälligkeitstermin
ab. Die gegenseitigen Forderungen in GBP wurden demgegenüber zuerst in
Fremdwährung belassen und gegeneinander verrechnet mit Umrechnung des
verbleibenden Saldos in Schweizer Franken am Tag der letzten Fälligkeit
(11. Oktober 1989).

    (...)

Erwägung 5

    5.  (...)

    5.1  Gemäss Art. 401 Abs. 1 OR gehen Forderungsrechte, die der
Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen gegen Dritte
erworben hat, auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen
Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnis nachgekommen ist. Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichts findet Art. 401 OR auch im
Treuhandverhältnis Anwendung (BGE 115 II 468 E. 2b S. 471; 99 II 393 E. 6
S. 396 ff.). In BGE 117 II 429 E. 3a S. 430 hat das Bundesgericht zwar
bemerkt, es lasse sich die Frage stellen, ob die Anwendung der Norm nicht
auf diejenigen Fälle zu beschränken sei, in welchen die Treuhandschaft
sich weitestgehend in einem blossen Auftrag erschöpfe mit dem Ziel, dem
Treugeber raschmöglichst die durch den Treuhänder erworbenen Rechte zu
verschaffen, dagegen für echte Treuhandverhältnisse, in denen die volle
Rechtsmacht bis zur Beendigung der fiducia beim Treuhänder verbleiben soll,
abzulehnen sei. In einem späteren Urteil 5C.95/1999 vom 10. September
1999, E. 3, hat es dann aber die zum Ausdruck gebrachten Zweifel als nicht
stichhaltig bezeichnet und die uneingeschränkte Anwendung von Art. 401
OR auf Treuhandverhältnisse bestätigt.

    5.2  Für die Legalzession gemäss Art. 401 OR gelten die Bestimmungen
von Art. 164 ff. OR über die rechtsgeschäftliche Abtretung von Forderungen
(BGE 115 II 468 E. 2c S. 471; 99 II 393 E. 8). Hat der Fiduziant seine
Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis gegenüber dem Fiduziar
erfüllt, gehen dessen Forderungen gegen Dritte auf ihn über und diese
können mit befreiender Wirkung nur noch an ihn leisten, wenn ihnen die
Zession angezeigt worden ist. Den Dritten bleiben gemäss Art. 169 OR alle
Einreden aus dem Schuldverhältnis zum Fiduziar erhalten (BGE 99 II 393
E. 8a S. 399; FELLMANN, Berner Kommentar, N. 70 zu Art. 401 OR; WEBER,
Basler Kommentar, N. 11 zu Art. 401 OR).

    Zu den Einreden, welche dem Dritten erhalten bleiben, gehört auch
das Recht zur Verrechnung mit Gegenforderungen gegen den Fiduziar
(FELLMANN, aaO, N. 60 zu Art. 401 OR; GAUTSCHI, Berner Kommentar,
N. 24e zu Art. 401 OR; WEBER, Basler Kommentar, N. 11 zu Art. 401 OR;
BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl.,
Zürich 1988, S. 579; WATTER, Die Treuhand im Schweizer Recht, ZSR
114/1995 II S. 229). Dieses Verrechnungsrecht kann grundsätzlich auch dem
Fiduzianten entgegen gehalten werden, auf den eine Forderung gemäss Art.
401 OR übergegangen ist (BGE 99 II 393 E. 8a S. 399), und zwar nicht nur
für solche Forderungen des Dritten gegenüber dem Fiduziar, die mit der
Treuhandanlage zusammenhängen, sondern auch für Forderungen aus anderen
Rechtsgründen, insbesondere aus Krediten, welche der Dritte dem Fiduziar
gewährt hat (Urteil des Bundesgerichts C.52/1980 vom 8. Juli 1980, E. 3a,
publ. in: NOBEL, Praxis zum öffentlichen und privaten Bankenrecht der
Schweiz, Ergänzungsband, Bern 1984, S. 204 ff.). Indessen gestehen Lehre
und Rechtsprechung das Verrechnungsrecht nur dem gutgläubigen Dritten
zu, welcher den Treuhandcharakter der Forderung nicht kannte und nicht
kennen musste (zit. Urteil des Bundesgerichts vom 8. Juli 1980, E. 3b;
GUGGENHEIM, Die Verträge der Schweizerischen Bankpraxis, 3. Aufl.,
Zürich 1986, S. 265; WATTER, aaO, ZSR 114/1995 II S. 229; GIOVANOLI,
Les opérations fiduciaires au regard du droit suisse: bilan, stratégies
et perspectives, in: Droit et pratique des opérations fiduciaires en
Suisse, Lausanne 1994, S. 203 ff.; MARTIN HATEBUR, Die Treuhandanlage,
ein fiduziarisches Bankgeschäft, Diss. Basel 1992, S. 134 ff.; Urteil
der Cour de justice civile du canton de Genève vom 20. März 1992, E. 8,
zusammengefasst bei CUENDET, Un arrêt genevois: rapports fiduciaires et
bonne foi en affaires, in: Der Schweizer Treuhänder 1993 S. 100 f.; gegen
die Einschränkung auf gutgläubige Dritte de lege lata hingegen PIERRE HELG,
Le placement et le crédit fiduciaires en droit suisse, Diss. Genf 1982,
S. 338; THÉVENOZ, La fiducie, cendrillon du droit suisse, ZSR 114/1995
II S. 289 und 329 ff.).

    Die Zulässigkeit der Verrechnung und die Möglichkeit ihrer Beschränkung
haben auch in der Bankengesetzgebung Niederschlag gefunden. Mit Wirkung
ab 1. Januar 1990 ist in Art. 44 der Verordnung vom 17. Mai 1972 über
die Banken und Sparkassen (SR 952.02) unter lit. g die Bestimmung
eingefügt worden, dass die bankengesetzlichen Revisionsstellen in den
Revisionsberichten jeweils Stellung zu nehmen haben zur Angemessenheit
des Schutzes der Treugeber vor dem Risiko der Verrechnung ihrer
Guthaben mit Forderungen des Empfängers des Treuhandgeschäftes gegen
die Bank. Damit wird vorausgesetzt, dass solche Schutzvorkehren möglich
sind, wozu unter anderem die Aufdeckung des Treuhandcharakters der
Anlagen gezählt wird (Schweizerische Bankiervereinigung, Empfehlungen
betreffend Treuhandgeschäfte vom 22. Juni 1993, Ziff. III.1.b, in: Bank-
und Finanzmarktrecht 2003 Nr. 45-8; ebenso GIOVANOLI, aaO, S. 206 f.;
HATEBUR, aaO, S. 136).

    Bisher nicht geklärt ist allerdings die dogmatische Begründung der
Differenzierung zwischen "gutgläubigen" und solchen Dritten, die vom
Treuhandcharakter der Anlagen wissen. Im zweiten Fall kommt in der Regel
die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Verrechnungsausschlusses
zwischen dem Fiduziar und dem Dritten in Frage (so das zit. Urteil der Cour
de justice civile de Genève vom 20. März 1992, E. 8c). Der Schuldner hat
die Befugnis, auf die Verrechnung zu verzichten (Art. 126 OR). Ein solcher
Verzicht kann auch stillschweigend oder konkludent erfolgen, wobei das
Verhalten des Schuldners nach dem Vertrauensprinzip auszulegen ist (BGE
87 II 24 E. 2 S. 26 mit Hinweisen). Ein konkludenter Verrechnungsverzicht
kann sich daraus ergeben, dass der Schuldner weiss, dass der Gläubiger
dessen Leistung für einen Zweck verwenden will, welcher eine tatsächliche
Erfüllung verlangt (AEPLI, Zürcher Kommentar, N. 30 zu Art. 126 OR). Eine
solche Situation liegt bei Treuhandanlagen im Interbankengeschäft vor,
deren Verwendbarkeit als Anlageinstrument davon abhängt, dass keine
Verrechnung durch die Drittbank erfolgt. Diesfalls verlangen die Natur
des Geschäfts und die allgemeine Pflicht zum Handeln nach Treu und Glauben
(Art. 2 Abs. 1 ZGB) einen Verrechnungsverzicht.

    (...)

Erwägung 6

    6.  (...)

    6.2  Die Klägerin wendet sich weiter gegen die Verrechnung
gegenseitiger Forderungen, welche auf verschiedene Währungen lauteten, und
verneint diesbezüglich die von Art. 120 Abs. 1 OR verlangte Gleichartigkeit
der Forderungen.

    Die Verrechnung von Forderungen mit unterschiedlicher Währung ist
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zulässig, ausser wenn eine
Effektivleistung vereinbart ist (BGE 63 II 383 E. 5 S. 391 ff.; PETER,
Basler Kommentar, N. 10 zu Art. 120 OR; AEPLI, Zürcher Kommentar, N. 64
ff. zu Art. 120 OR; HENN, Die Verrechnung von Fremdwährungsforderungen
nach schweizerischem Obligationenrecht, ZSR 1958 I S. 142 ff.; mit
Bedenken WEBER, Berner Kommentar, N. 364 f. zu Art. 84 OR; ebenfalls
einschränkend KLEINER, Internationales Devisen-Schuldrecht, Zürich
1985, Rz. 22.66 ff.). Eine weitere - hier unstreitig vorliegende -
Voraussetzung ist die Existenz eines Umrechnungskurses zwischen den
jeweiligen Währungen. Die Klägerin macht keine Gründe geltend, weshalb
von diesen Grundsätzen abgewichen werden sollte. Entgegen ihrer Auffassung
findet sich im Urteil C.52/1980 vom 8. Juli 1980 keine Abweichung. Die von
ihr zitierte Stelle (E. 2 S. 9) bezieht sich gemäss dem Sachzusammenhang
nicht auf die Frage der Gleichartigkeit der Forderungen, sondern auf das
depositarrechtliche Kompensationsverbot von Art. 125 Ziff. 1 OR. Nur
ergänzend wurde dort darauf hingewiesen, dass auch die massgeblichen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Verrechnungsmöglichkeit generell
und unabhängig von der Währung vorsähen, was aber nicht eine notwendige
Voraussetzung für die Zulassung der Verrechnung darstellte.

    Das Handelsgericht hält fest, im Interbankenverkehr sei generell davon
auszugehen, dass Effektivität vereinbart sei. Die Klägerin habe aber im
Telex vom 5. Mai 1988 ausdrücklich und ohne Einschränkungen bestätigt,
dass die Forderungen der Beklagten durch die bei ihr getätigten Anlagen
gesichert seien. Eine solche Sicherstellung ergab sich im vorliegenden
Fall nur über die Verrechnungsmöglichkeit. Die Sicherstellungsfunktion
konnten die in diversen Währungen bestehenden Anlagen der Klägerin indessen
nur erfüllen, wenn die Verrechnungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf die
Verschiedenheit der Währungen bestand. Mit dieser Bestätigung hat die
Klägerin somit nach dem Vertrauensprinzip gegenüber der Beklagten die
Verrechnungsmöglichkeit unabhängig von den jeweiligen Währungen anerkannt.

    (...)

Erwägung 7

    7.  (...)

    7.1  Das Handelsgericht hat den Verzugszins zu 5 % gemäss Art. 104
Abs. 1 OR zugesprochen. Den für die einzelnen Anlagen zwischen den
Parteien vereinbarten Zinssatz betrachtete es als nicht massgeblich, da
er jeweils bloss für die jeweilige Laufzeit der Anlagen gegolten habe und
marktabhängig gewesen sei. Die in der Folge jeweils gültigen LIBOR-Sätze
seien hingegen nicht substantiiert behauptet.

    Sind durch Vertrag direkt oder indirekt höhere Zinsen als 5 %
ausbedungen worden, so können sie gemäss Art. 104 Abs. 2 OR auch
während des Verzuges gefordert werden. Im Unterschied zum Verzugszins
gemäss Art. 104 Abs. 3 OR ist der Verzugszinssatz gemäss Abs. 2 wie der
gesetzliche Zinssatz von Abs. 1 ein starrer Zinsfuss, welcher auf die
Schwankungen der Marktzinsen keine Rücksicht nimmt (vgl. WEBER, Berner
Kommentar, N. 67 ff. zu Art. 104 OR). Er ist im Unterschied zum Zinssatz
gemäss Abs. 3 vergangenheitsbezogen. Der Gesetzgeber hat damit - wie
auch mit dem gesetzlichen Zinssatz von Abs. 1 - in Kauf genommen, dass der
geschuldete Verzugszins allenfalls höher liegt als der während des Verzugs
geltende Marktzins. Darin kommt das dem Verzugszins innewohnende pönale
Element zum Ausdruck. Die sich aus Art. 104 OR ergebende gesetzliche
Festlegung der Höhe des Verzugszinses lässt sich weder durch den Nachweis
erschüttern, dass der Gläubiger während der Verzugszeit keinen oder
geringeren Nutzen gezogen hätte, noch richterlich ermässigen (WEBER, Berner
Kommentar, N. 36 zu Art. 104 OR). Übersteigt der vom Gläubiger erlittene
Verspätungsschaden die Höhe des gesetzlich geschuldeten Verzugszinses,
ist demgegenüber der Schuldner gemäss Art. 106 OR auch zum Ersatz dieses
Schadens verpflichtet, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei
Verschulden zur Last fällt (BGE 123 III 241 E. 4b S. 245).

    Die Restforderung, die sich nach der Verrechnung zugunsten der
Klägerin ergibt, resultiert aus ihren Anlagen bei der Beklagten, für
welche die Parteien vertraglich einen bestimmten Zinssatz festgelegt
hatten. Der Verzugszins richtet sich somit gemäss Art. 104 Abs. 2 OR nach
dem seinerzeitigen vertraglichen Zinssatz. Dabei besteht allerdings die
Schwierigkeit, dass für die einzelnen Anlagen unterschiedliche Zinssätze
galten und diese zudem von der Währung abhängig waren. Nicht mit Art. 104
Abs. 2 OR vereinbar ist hingegen die Auffassung des Handelsgerichts,
diese Zinssätze seien unter dem Gesichtspunkt von Art. 104 Abs. 2 OR
nicht massgeblich, da sie auf die Laufzeit der Anlagen beschränkt und
marktabhängig gewesen seien.

    Die Klägerin hat in der Klageschrift auf gleichzeitig eingereichte
Zusammenstellungen der in den verschiedenen Währungen geltenden
LIBOR-Zinssätze für die Monate Januar 1989 bis September 1991
verwiesen. Daraus sind indessen die vertraglichen Zinssätze, welche für
die einzelnen Anlagen, die Gegenstand der Klage bilden, gegolten haben,
nicht ersichtlich. Nach den Angaben der Klägerin entspricht der geforderte
Durchschnittssatz von 7.05 % dem gewichteten Durchschnitt für Anlagen in
den verschiedenen relevanten Währungen per 1. Oktober 1991. Der Art. 104
Abs. 2 OR entsprechende höhere vertragliche Zinssatz ist damit tatsächlich
ungenügend substantiiert. An der angegebenen Stelle in der Klageschrift
hat die Klägerin dazu auch keine Beweise beantragt. Ihr Vorwurf, das
Handelsgericht habe ihr Recht auf Zulassung zum Beweis (Art. 8 ZGB)
verletzt, erweist sich damit als unbegründet.