Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 III 258



130 III 258

33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. B. & Co. gegen
C. (Berufung)

    4C.198/2003 vom 13. November 2003

Regeste

    Art. 39 Abs. 1 CISG; Anforderungen an den Inhalt einer Anzeige von
Vertragswidrigkeiten; Beweislast bezüglich der Vertragskonformität der
gelieferten Ware.

    Die Anzeige einer Vertragswidrigkeit hat deren Natur bzw.  Wesensart
anzugeben (E. 4).

    Nach der Übernahme der Ware durch den Käufer hat er deren
Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Die A. GmbH mit Sitz in Deutschland verkaufte der B. & Co. mit
Sitz in der Schweiz eine gebrauchte Textilreinigungsmaschine Seco
SS 240. Diese war auf KWL als Arbeitsstoff umgestellt worden, was
zusätzlich zur Reinigungsmaschine eine Destillationsanlage und einen
Stickstoffgenerator erforderlich machte. Der Kaufpreis wurde auf DEM
55'600.- festgesetzt. Die Maschine wurde der Käuferin am 29. Juli 1996
geliefert. Mit Schreiben vom 26. August 1996 rügte die Käuferin, dass
die Destillation der Maschine mangelhaft sei und der Nierosterbehälter
rinne und dringend ausgetauscht werden müsse. Am 29. August 1996 hat ein
Vertreter der Verkäuferin die Maschine untersucht, um einen "Befundbericht"
zu erstellen. Mit Schreiben vom 5. September 1996 teilte die Käuferin
der Verkäuferin unter dem Betreff "UNBRAUCHBARE MASCHINEN-LIEFERUNG" mit:

      "Wie im Schreiben vom 28.[recte: 26.]08.1996 sowie div.

      Telefongesprächen mit Ihnen wissen Sie, dass die gelieferte Maschine

      nicht brauchbar ist.  Ihr Besuch am 29.08.1996 mit unserer Frau

      D. und gemäss telefonischer Informationen zwischen Ihnen und

      unserem Hr. D. hat ergeben, dass das Maschinen-Destillationssystem

      nicht funktioniert.  Sie bestätigen, dass bei der Lieferung

      einiges vergessen wurde und Sie verpflichtet sind, dies zu

      vervollständigen.  Gerne geben wir nochmals die defekten Mängel an.

      a. Der Destillationsregler (Schwimmkopf) ist defekt und die Folgen

         sind: Die Destillation schaltet nicht automatisch ab und zieht

         Luft ins System, [was] wiederum weitere Folgeschäden mit sich

         bringt.

      b. Der Nierosterbehälter für die Leichtsieder rinnt. (Die Folgen:

         Überschwemmung am Boden mit KWL.).

      c. Das Kondenswasser wird nicht abgetrennt.  d. Die

      Reinigungsverstärkerpumpe wurde nicht angeschlossen und

         eingestellt.

      e. Die Imprägnierpumpe wurde nicht geliefert. (...)  (...)  Die Pumpe

      haben wir bis heute noch nicht erhalten.  (...)  Unsere Abklärung

      beim Rechtsdienst hat ergeben, dass wir sofort vom Kaufvertrag

      zurücktreten können, wenn diese Garantiearbeiten nicht innert 10

      Tagen erledigt werden.  Von diesem Recht werden wir Gebrauch machen,

      sollte es nicht anders lösbar sein. Die ganze Rechnung verrechnen wir

      zurück, da die gelieferten Maschinenkomponenten nicht funktionieren.

      (...)  Wir geben ihnen 10 Tage Zeit, sämtliche Missstände zu beheben,

      ansonsten wir gezwungen wären, rechtliche Schritte einzuleiten."

    Am 6. September 1996 trat die Verkäuferin ihre Kaufpreisforderung an
C. mit Wohnsitz in Deutschland ab. Am 9. September 1996 wurde über die
Verkäuferin der Konkurs eröffnet.

    In ihrem Schreiben vom 18. September 1996 teilte die Käuferin der
Verkäuferin sinngemäss mit, sie mache auf Grund der unterlassenen Reparatur
der Maschine eine Schadenersatzforderung in der Höhe von DEM 59'600.-
geltend, welche innert 30 Tagen zu begleichen sei. Zudem kündigte die
Käuferin an, sie werde die Maschine zur Entsorgung freigeben, wenn bis
zum 30. September 1996 keine Reparaturarbeiten ausgeführt würden.

    C. verlangte mit Schreiben vom 27. September 1996 von der Käuferin
die Begleichung der an ihn abgetretenen Kaufpreisforderung bis zum
4. Oktober 1996.

    Am 16. April 1998 klagte C. beim Amtsgericht Luzern-Land gegen Herrn
D. auf Bezahlung des Kaufpreises. Die Klage wurde am 21. Januar 1999
wegen fehlender Passivlegitimation des Beklagten kostenfällig abgewiesen.

    B.- Am 2. August 1999 erhob C. beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage
gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreises von DEM 55'600.- zuzüglich
Verzugszins zu 4 % seit dem 30. Juli 1996. Zudem machte der Kläger eine
Schadenersatzforderung in der Höhe von Fr. 12'902.- zuzüglich Zins zu 5
% seit dem 21. Januar 1999 geltend. Die Käuferin schloss auf Abweisung
der Klage, wobei sie insbesondere geltend machte, sie sei auf Grund der
Mangelhaftigkeit der gelieferten Maschine vom Kaufvertrag zurückgetreten.

    Die Beklagte wurde auf den 31. Dezember 2000 liquidiert und
im Handelsregister gelöscht. Die Löschung wurde im Schweizerischen
Handelsamtsblatt am 25. April 2001 publiziert.

    Das Amtsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6.  April 2001
ab. Dagegen appellierte der Kläger beim Obergericht des Kantons
Luzern. Dieses nahm an, die Beklagte könne auf Grund der gegen sie
erhobenen Forderung nicht als liquidiert gelten, weshalb sie unabhängig
von ihrer Löschung im Handelsregister weiterbestehe und damit auch
parteifähig sei. Mit Verfügung vom 30. November 2001 gab das Obergericht
eine Expertise zur Abklärung der Mängel der gelieferten Maschine in
Auftrag, welche dem Gericht am 27. August 2002 eingereicht wurde. Am
12. Mai 2003 hob das Obergericht das Urteil des Amtsgerichts auf, hiess
die Klage im Umfang von DEM 55'600.- nebst 4 % Zins seit 14. April 1999
gut und wies die Schadenersatzforderung ab.

    C.- Die Beklagte erhebt eidgenössische Berufung mit den Anträgen,
das Urteil des Obergerichts vom 12. Mai 2003 sei aufzuheben und die Klage
abzuweisen. Zudem sei der Kläger anzuweisen, die gelieferte Maschine
bei der Beklagten abzuholen. Eventuell sei der Kaufpreis angemessen zu
mindern oder die Angelegenheit zur Abklärung des Minderanspruchs an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

    Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf
einzutreten sei.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.

    4.1  Das Obergericht hat angenommen, mit der Mängelanzeige vom
5. September 1996 habe die Beklagte gerügt, der Destillationsregler
sei defekt, der Nierosterbehälter rinne, das Kondenswasser werde nicht
abgetrennt, die Reinigungsverstärkerpumpe sei nicht angeschlossen und
eingestellt und die Imprägnierpumpe sei nicht geliefert worden. Weiter
führte das Obergericht aus, zwar habe der Experte angegeben, die
Funktionsfähigkeit der Maschine sei nicht gewährleistet, da sie den
Ansprüchen eines Prototyp-Standards nicht zu genügen vermöge. Indessen habe
die Beklagte diesen Mangel nicht gerügt. Ebenso wenig habe die Beklagte
gerügt, dass die Messzelle am Stickstoffgenerator defekt und dieser selber
verdreckt und schlecht gewartet sei. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts
könne die Beklagte daher aus diesem Mangel keine Rechte ableiten.

    4.2  Die Beklagte macht geltend, das Obergericht habe zu Unrecht bloss
die Mängel geprüft, welche sie in ihrem Schreiben vom 5. September 1996
im Einzelnen erwähnt habe. Es habe dabei ausser Acht gelassen, dass die
Beklagte darin generell eine "unbrauchbare Maschinen-Lieferung" gerügt habe
und die einzelnen Mängel nur als Hinweis auf Problemkreise zu verstehen
seien, auf welche die Funktionsuntüchtigkeit nach der Einschätzung der
Beklagten zurückzuführen sei. Damit habe die Beklagte hinreichend gerügt,
dass die Maschine unbrauchbar sei.

    4.3  Das UN-Kaufrecht wurde auf Arabisch, Englisch, Französisch,
Spanisch, Russisch und Chinesisch verfasst. Es wurde u.a. ins Deutsche
übersetzt. Bei Unklarheiten über den Wortlaut ist auf die Originaltexte
abzustellen, wobei der englischen und sekundär der französischen
Fassung eine erhöhte Bedeutung zukommt, da Englisch und Französisch die
offiziellen Konferenzsprachen waren und die Verhandlungen hauptsächlich auf
Englisch geführt wurden (WITZ, in: International Einheitliches Kaufrecht,
Praktiker-Kommentar und Vertragsgestaltung zum CISG von Witz/Salger/Lorenz,
N. 20 zu Art. 7 CISG; ACHILLES, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen
[CISG], N. 4 zu Art. 7 CISG; vgl. auch SIEHR, in: Honsell [Hrsg.],
Kommentar zum UN-Kaufrecht, N. 6 zur Präambel; FERRARI, in: Schlechtriem
[Hrsg.], Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. Aufl., N. 35
zu Art. 7 CISG). Nach der deutschen Übersetzung von Art. 39 Abs. 1
des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den
internationalen Warenkauf (United Nations Convention on Contracts for
the International Sale of Goods, CISG bzw. UN-Kaufrecht; SR 0.221.211.1)
hat der Käufer bei der Anzeige der Vertragswidrigkeit deren Art genau zu
bezeichnen. Der englische und französische Konventionstext sprechen von
"specifying the nature of the lack of conformity" bzw. von "en précisant
la nature de ce défaut". Die Anzeige muss damit die Natur, d.h. die Art
oder Wesensart, das Wesen bzw. den Charakter der Vertragswidrigkeit
spezifizieren (vgl. Merriam-Webmaster Dictionary, der "nature" als
Synonym von "essence" als "the inherent character or basic constitution
of a person or thing" definiert; vgl. auch Le Grand Robert de la langue
française, der "nature" mit "essence" gleichsetzt). Zu beachten ist, dass
die Verben "specify" bzw. "préciser" nicht nur mit "genau bezeichnen",
sondern auch mit "bezeichnen" bzw. "angeben" übersetzt werden können. Die
Originaltexte stellen daher an die Genauigkeit der Bezeichnung weniger
hohe Anforderungen, als dies die deutsche Übersetzung erwarten lässt
(SCHWENZER, in: Schlechtriem [Hrsg.], Kommentar zum Einheitlichen
UN-Kaufrecht, 3. Aufl., N. 6 zu Art. 39 CISG; MICHAEL G. GERNY,
Untersuchungs- und Rügepflichten beim Kauf nach schweizerischem,
französischem und US-amerikanischem Recht sowie nach CISG, Diss. Basel
1999, S. 196). Demnach genügt eine Mängelanzeige, welche die Natur
bzw. die Wesensart der Vertragswidrigkeit (genau) angibt. Eine präzisere
Umschreibung verlangt der Wortlaut von Art. 39 Abs. 1 CISG nicht. Dies ist
auch nicht erforderlich, da dem Verkäufer im Zeitalter der elektronischen
Kommunikation ohne weiteres zumutbar ist, Rückfragen zu stellen, wenn
er vom Käufer genauere Angaben haben möchte (vgl. SCHWENZER, aaO, N. 7
zu Art. 39 CISG; DAVID RÜETSCHI, Substanziierung der Mängelrüge, recht
21/2003 S. 115 ff., 121; GERNY, aaO, S. 199). Zur Umschreibung der Natur
bzw. Art der Vertragswidrigkeit genügt es, wenn der Käufer mitteilt,
eine Maschine bzw. Teile davon würden nicht funktionieren und er die
entsprechenden Symptome angibt. Nicht erforderlich ist, dass er auch die
Ursachen der Funktionsstörungen bezeichnet (SCHWENZER, aaO, N. 8 zu Art. 39
CISG; LÜDERITZ/SCHÜSSLER-LANGEHEINE, in: Soergel [Hrsg.], Kommentar zum
Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl., Bd. 13 CISG, N. 8 zu Art. 39 CISG;
HANS-JOSEF VOGEL, Die Untersuchungs- und Rügepflicht im UN-Kaufrecht,
Diss. Bonn 2000, S. 98 f.). Sofern der Verkäufer den Erklärungswillen
des Käufers nicht kennt, sind seine Mängelanzeige und sein sonstiges
Verhalten so auszulegen, wie eine vernünftige Person in gleicher Stellung
wie die des Verkäufers sie unter den gleichen Umständen aufgefasst hätte
(Art. 8 Abs. 2 CISG).

    4.4  Die Beklagte gab in ihrem Schreiben vom 5. September 1996
an, dass die gelieferte Maschine nicht brauchbar sei. Diese Angabe
ist im Zusammenhang zu würdigen. So führte die Beklagte daneben
einzelne Funktionsstörungen bzw. fehlende Teile an und verlangte
die Behebung der Missstände. Aus dem Nachbesserungsbegehren und den
im Einzelnen aufgelisteten Störungen ergibt sich, dass die Beklagte
nicht die generelle konstruktionsbedingte Funktionsuntauglichkeit der
Maschine rügte, sondern die Maschine als defekt aber grundsätzlich
funktionstauglich ansah. Das Obergericht hat daher zu Recht angenommen,
die vom Experten festgestellte Funktionsunfähigkeit der Maschine auf
Grund des mangelnden Prototyp-Standards sei von der Beklagten nicht
gerügt worden. Die Formulierung, dass die Beklagte nochmals die Mängel
angebe, zeigt, dass die nachstehende Liste der Vertragswidrigkeiten als
abschliessend zu verstehen war. Da der Stickstoffgenerator in dieser Liste
nicht angeführt wurde, konnte die Verkäuferin annehmen, er werde nicht
beanstandet. Damit hat das Obergericht zu Recht angenommen, dass insoweit
eine Mängelrüge fehlt und die Beklagte daher aus der Mangelhaftigkeit
des Stickstoffgenerators und dem ungenügenden technischen Standard der
Maschine keine Rechte ableiten könne.

Erwägung 5

    5.

    5.1  Alsdann führte das Obergericht aus, das eingeholte Gutachten
ergebe zusammengefasst, dass mit Ausnahme der fehlenden Imprägnierpumpe
bezüglich der im Schreiben vom 5. September 1996 gerügten Mängel weder für
das Bestehen noch für deren Nichtbestehen ein Beweis vorliege. Da diese
Mängel innerhalb der Frist von Art. 39 CISG gerügt worden seien, müsse
grundsätzlich der Verkäufer beweisen, dass diese Vertragswidrigkeiten im
massgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht bestanden. Im vorliegenden Fall
habe jedoch die Beklagte die Anlage demontiert, was dazu geführt habe,
dass der Experte mit Ausnahme der fehlenden Imprägnierpumpe zu den gerügten
Mängeln keine Aussage habe machen können. Die Beweisschwierigkeiten seien
demnach von der Beklagten verursacht worden, weshalb es gerechtfertigt
erscheine, sie die Folgen der Beweislosigkeit tragen zu lassen. Damit könne
die Beklagte alleine aus dem Fehlen der Imprägnierpumpe Rechte ableiten,
da die übrigen angezeigten Mängel nicht hätten nachgewiesen werden können.

    5.2  Die Beklagte rügt, das Obergericht habe zu Unrecht angenommen,
sie habe die rechtzeitig gerügten Mängel zu beweisen. Es habe ausser
Acht gelassen, dass die Unmöglichkeit des Beweises der Verkäuferin
anzulasten sei, da sie keine Schaltpläne geliefert habe und daher
die Wiederinbetriebnahme der drei an verschiedenen Orten gelagerten
Maschinenkomponenten verunmöglicht habe.

    5.3  Die Verteilung der Beweislast gehört gemäss der herrschenden
Lehre zu den im UN-Kaufrecht geregelten Gegenständen (SIEHR, in:
Honsell [Hrsg.], Kommentar zum UN-Kaufrecht, N. 10 zu Art. 4 CISG;
MAGNUS, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,
Wiener UN-Kaufrecht [CISG], 13. Bearbeitung, N. 63 zu Art. 4 CISG;
FERRARI, aaO, N. 49 zu Art. 4 CISG, mit weiteren Hinweisen). Fehlt
im UN-Kaufrecht eine ausdrückliche Beweislastregel, so ist diese Lücke
nach den allgemeinen Grundsätzen zu schliessen, die diesem Übereinkommen
zugrunde liegen (Art. 7 Abs. 2 CISG; SCHNYDER/STRAUB, in: Honsell [Hrsg.],
Kommentar zum UN-Kaufrecht, N. 68 zu Art. 45 CISG). Als solcher Grundsatz
ist anerkannt, dass in der Regel jede Partei für die tatsächlichen
Voraussetzungen der ihr günstigen Norm beweispflichtig ist (MAGNUS,
aaO, N. 67 zu Art. 4 CISG; FERRARI, aaO, N. 52 zu Art. 4 CISG; ACHILLES,
Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen [CISG], N. 15 zu Art. 4 CISG;
WITZ, aaO, N. 93 zu Art. 7 CISG). Weiter hat die Partei, welche sich auf
eine Ausnahmeregel beruft, grundsätzlich deren tatsächliche Voraussetzungen
zu beweisen (MAGNUS, aaO, N. 68 zu Art. 4 CISG; FERRARI, aaO, N. 50
zu Art. 4 CISG, mit weiteren Hinweisen; vgl. auch SCHNYDER/STRAUB, aaO,
N. 68 zu Art. 45 CISG, welche insoweit zwischen Grund- und Gegentatbestand
unterscheiden). Schliesslich wird als Grundsatz anerkannt, dass Tatsachen
aus einem Bereich, welcher einer Partei deutlich besser bekannt ist als
der anderen, diejenige Partei nachweisen muss, welche die Herrschaft
über diesen Bereich hat (MAGNUS, aaO, N. 69 zu Art. 4 CISG; FERRARI,
aaO, N. 51 zu Art. 4 CISG; SCHNYDER/STRAUB, aaO, N. 68 zu Art. 45 CISG;
CLEMENS ANTWEILER, Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht, Diss. Mainz 1994,
S. 96 ff.). Mit der Beachtung der Beweisnähe, bzw. der Möglichkeit einer
Partei, Tatsachen zu beweisen, sollen Beweisprobleme vermieden werden.

    Nach dem Prinzip, dass die Partei die Voraussetzungen einer
für sie günstigen Norm nachweisen muss, hat der Verkäufer, der den
Kaufpreis verlangt, die vertragskonforme Lieferung zu beweisen und
der Käufer, der aus der Vertragswidrigkeit der Ware Gegenansprüche
(z.B. auf Rücktritt vom Vertrag oder auf Minderung) ableitet, die
Vertragswidrigkeit nachzuweisen. Damit sind nach dem genannten Grundsatz
beide Parteien bezüglich der Vertragskonformität beweispflichtig, soweit
sie aus deren Vorliegen bzw. Fehlen Rechte ableiten. Da insoweit keine
Ausnahmeregel vorliegt, ist die Abgrenzung der Beweislast bezüglich der
Vertragswidrigkeit der Ware unter Berücksichtigung der Beweisnähe zu
bestimmen. Diesem Prinzip folgend ist auf den Übergang der Ware in den
Herrschaftsbereich des Käufers abzustellen. Dem entspricht, dass nach
der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) der Käufer
nach der rügelosen Abnahme der Ware deren Vertragswidrigkeit zu beweisen
hat, wobei unter der Abnahme gemäss Art. 60 lit. d CISG die körperliche
Übernahme der Ware verstanden wird (Urteil des BGH vom 8. März 1995, BGHZ
129 S. 75 ff., 81, CISG-online Nr. 144, E. 1b/aa; vgl. auch Urteil des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juni 1991, NJW 1991 S. 3102,
CISG-online Nr. 23; im Ergebnis ebenso: Urteil der Cour d'Appel, Mons
[Belgien] vom 8. März 2001 [R.G.1999/242]; zustimmend: ACHILLES, aaO,
N. 15 zu Art. 4 CISG; FERRARI, aaO, N. 52 zu Art. 4 CISG; BURGHARD
PILTZ, Neue Entwicklungen im UN-Kaufrecht, NJW 2003 S. 2056 ff., 2061;
im Ergebnis ebenso: SCHNYDER/STRAUB, aaO, N. 58 zu Art. 50 CISG; BIANCA,
in: Commentary on the International Sales Law, the 1980 Vienna Sales
Convention, Bianca/Bonell [Hrsg.], N. 3.1 zu Art. 36 CISG). Demgegenüber
wird auch die Auffassung vertreten, eine rügelose Abnahme sei erst nach
unbenutztem Ablauf der Frist zur Untersuchung der Ware und Anzeige von
Vertragswidrigkeiten anzunehmen. Würden während dieser Frist Mängel
angezeigt, so habe der Verkäufer deren Nichtbestehen im Zeitpunkt
des Gefahrenübergangs zu beweisen (HUBER, in: Schlechtriem [Hrsg.],
Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. Aufl., N. 13 zu Art. 45
CISG; SCHWENZER, aaO, N. 49 zu Art. 35 CISG; ANTWEILER, aaO, S. 169;
vgl. auch Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 30. November 1998,
SZIER 1999 S. 185 ff., 188). Diese Auffassung trägt indes dem Umstand
keine Rechnung, dass sich die Ware nach der Übernahme durch den Käufer
in seinem alleinigen Herrschaftsbereich befindet und er daher besser
in der Lage ist, den Bestand einer Vertragswidrigkeit zu beweisen als
der Verkäufer dessen Abwesenheit. So hat dieser insbesondere während
der angemessenen Anzeigefrist gemäss Art. 39 CISG keine Möglichkeit zur
Beweissicherung. Demnach rechtfertigt es sich, vom Käufer, der die Ware
übernommen und daran die Sachherrschaft erlangt hat, den Nachweis der
Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware zu verlangen, soweit er daraus
Rechte ableitet.

    5.4  Aus dem Gesagten folgt, dass die Beklagte, welche die gelieferte
Maschine übernommen und in Besitz genommen hat, deren Vertragswidrigkeit
beweisen muss, soweit sie daraus das Recht auf Vertragsrücktritt oder
Minderung ableitet. Das Obergericht hat daher im Ergebnis die Beweislast
bundesrechtskonform verteilt. Unbedeutend ist jedoch, dass die Maschine von
der Beklagten demontiert wurde, da diese damit ihre eigene Beweisführung
und nicht diejenige des Klägers erschwerte (vgl. Urteil des BGH vom
25. Juni 1997, NJW 1997 S. 3311 ff., CISG-online Nr. 277, E. 2).
Unerheblich ist auch, ob die Verkäuferin Schaltpläne geliefert hat,
da die Beklagte das Fehlen solcher Pläne nicht rechtzeitig gerügt hat
und sie deshalb daraus auch in beweisrechtlicher Hinsicht keine Rechte
ableiten kann.