Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 130 III 113



130 III 113

16. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. gegen Assoziation
Montessori (Schweiz) (Berufung)

    4C.165/2003 vom 3. November 2003

Regeste

    Art. 2 lit. a MSchG; Markenschutz; Freizeichen.

    Begriff des Freizeichens. Voraussetzungen der Umwandlung einer Marke
in ein Freizeichen. Bestätigung der Rechtsprechung hinsichtlich der
differenzierten Beurteilung von registrierten und nicht registrierten
Zeichen (E. 3.1-3.3). Anforderungen an den Beweis der Entartung einer
eingetragenen Marke zum Freizeichen (E. 3.4).

    Art. 2 ZGB; Rechtsverwirkung im Markenrecht.

    Die Verwirkung von markenrechtlichen Abwehransprüchen zufolge
widersprüchlichen Verhaltens führt nicht zu einem umfassenden
Rechtsuntergang, sondern hemmt bloss die Rechtsdurchsetzung gegenüber
bestimmten Personen, zwischen denen eine Sonderverbindung besteht (E. 4).

Sachverhalt

    A.

    A.a  Die "Assoziation Montessori (Schweiz)" (Klägerin) ist ein im
Jahre 1982 gegründeter Verein. Sie ist der "Association Montessori
Internationale" (AMI) angeschlossen und bezweckt die Förderung des
von der italienischen Ärztin Maria Montessori (1870-1952) begründeten
Erziehungsweges und die Verbreitung deren Ideen. Sie organisiert im
Bereiche des Vereinszwecks Versammlungen, Kolloquien und Ausstellungen,
veröffentlicht Schriften, fördert die Aus- und Weiterbildung von
Erziehenden und bekämpft missbräuchliche Verwendungen des Namens
"Montessori".

    Die Klägerin ist Inhaberin der am 16. April 1997 für Dienstleistungen
der Markenklasse 41 (Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und
kulturelle Aktivitäten; Nizza-Abkommen [SR 0.232.112.8]) eingetragenen
CH-Marke Nr. 447525 "Montessori".

    International wurde die Marke "Montessori" bereits am 6. Juni 1939
zu Gunsten von Mario M. Montessori, Amsterdam, für die Markenklassen 9,
16 und 28 registriert (Nr. R220723). Für Teile der Klasse 16 (diplômes,
imprimés de propagande et de publicité sur le domaine de l'enseignement)
wurde die internationale Marke im Jahre 1998 an die Klägerin abgetreten,
die dafür seit dem 25. Juli 2000 als Berechtigte im internationalen
Register eingetragen ist (Nr. 2R220723A; Hinterlegungsdatum 5. Juni 1999).

    A.b  Die Beklagte, ausgebildete Arztgehilfin, betreibt seit dem
Jahre 1996 einen Kindergarten in X., den sie "Montessori-Kindergarten"
nennt. Sie verfügt über ein Lehrdiplom der "X. Montessori Society",
über ein Diplom des "Institut(s) Y." sowie über ein Diplom des "Z."
als Spielgruppenleiterin.

    A.c  Die Klägerin betreibt nach ihren Angaben ein System selektiver
Markenlizenzierung, in welchem sie die Verwendung des Kennzeichens
"Montessori" nur Institutionen gestatte, die ihrer Auffassung nach
von hinreichend, ihren eigenen Richtlinien entsprechend ausgebildeten
Personen geleitet werden. Die Ausbildung der Beklagten anerkennt sie
nicht als genügende Grundlage für die Zulassung zur selbständigen Leitung
einer "Montessori"-Einrichtung. Sie forderte die Beklagte daher auf, die
Verwendung des Namens "Montessori" für die Bezeichnung ihres Kindergartens
zu unterlassen. Diese widersetzte sich dem Begehren.

    B.- Mit Klage vom 5. Februar 2001 und Schlussanträgen vom 22. Januar
2003 beantragte die Klägerin dem Obergericht des Kantons Luzern als
einziger kantonaler Instanz, der Beklagten unter Strafandrohung zu
verbieten, ihre Kindergartendienstleistungen im geschäftlichen Verkehr
unter Verwendung des Namens "Montessori" zu kennzeichnen. Sie berief sich
auf Marken-, Wettbewerbs- und Namensrecht.

    Die Beklagte beantragte, auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sie
abzuweisen. Sie bestritt ein genügendes Rechtsschutzinteresse der Klägerin
am eingeklagten Anspruch, machte für sich eine hinlängliche Ausbildung
als Leiterin einer "Montessori"-Einrichtung geltend und beanspruchte
gegenüber der schweizerischen Marke ein durch Gebrauchspriorität
begründetes Weiterbenützungsrecht am Kennzeichen "Montessori", welches
sie zudem als markenentartetes Freizeichen ausgab.

    Mit Urteil vom 28. Februar 2003 untersagte das Obergericht,
I. Kammer, der Beklagten unter Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB, ihre
Kindergartendienstleistungen im geschäftlichen Verkehr unter Verwendung
des Namens "Montessori" zu kennzeichnen (Ziff. 1 Dispositiv). Die übrigen
Begehren der Parteien wies es ab (Ziff. 2 Dispositiv). Das Verbot stützte
es auf Markenrechte der Klägerin.

    Das Obergericht erwog im Wesentlichen, die Bezeichnung des
Kindergartens der Beklagten sei mit der Marke "Montessori" der Klägerin
verwechselbar. Einerseits präge das Kennzeichen den Gesamteindruck
der Geschäftsbezeichnung und anderseits würden insoweit gleichartige
Dienstleistungen angeboten, als das Publikum die Leistungen der Beklagten
mit denen der Klägerin gedanklich in Verbindung bringe. Die Beklagte könne
zwar gegenüber der CH-Marke "Montessori" ein Weiterbenützungsrecht gemäss
Art. 14 Abs. 1 MSchG (SR 232.11) beanspruchen, doch vermöge die Klägerin
ihren Unterlassungsanspruch dennoch auf die ihr an der internationalen
Marke abgetretenen Rechte und den notorischen Bekanntheitsgrad dieser
Marke (Art. 3 Abs. 2 lit. b MSchG) zu stützen. Dieser Schutz werde
nicht rechtsmissbräuchlich beansprucht, und den Nachweis, dass die Marke
"Montessori" zum Freizeichen entartet sei, habe die Beklagte nicht zu
erbringen vermocht.

    C.- Die Beklagte führt dagegen eidgenössische Berufung mit folgenden
Anträgen:

      "1. Es sei der Beklagten und Berufungsklägerin in Abänderung

      von Ziffer

          1 Urteilsspruch im Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern

          im Prozess Nr. 12 01 1 vom 28. Februar 2003 die Kennzeichnung

          ihrer Kindergartendienstleistungen im geschäftlichen Verkehr

          unter Verwendung des Namens 'Montessori' zu bewilligen.

       2. Eventualiter sei in Abänderung von Ziff. 2 Urteilsspruch

       im Urteil

          des Obergerichts des Kantons Luzern im Prozess Nr. 12 01 1

          vom 28.  Februar 2003 betreffend die Markenklasse 41 (Erziehung,

          Ausbildung, Unterricht und Training für Kinder und Erwachsene)

          das markenrechtliche Weiterbenützungsrecht der Beklagten und

          Berufungsklägerin im Umfang des Gebrauchs bis zur Entstehung

          des Schutzes an der Marke 'Montessori' 447527 festzustellen.

          Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der

          Klägerin und Berufungsbeklagten."

    Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht, auf die Berufung nicht
einzutreten, eventuell sie abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

    Eine gegen das angefochtene Urteil parallel eingereichte
staatsrechtliche Beschwerde der Beklagten hat das Bundesgericht mit
heutigem Datum abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.  Die Beklagte macht nicht geltend, die Marke "Montessori" sei
als Zeichen des Gemeinguts von je her schutzunfähig gewesen, doch ist
sie ihrer Auffassung nach im Laufe der Zeit zu einem Freizeichen entartet
(zur rechtlichen Bedeutung dieser Unterscheidung etwa BGE 114 II 171 E. 2a;
84 II 429 E. 3b und 4a oder Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich
vom 2. Dezember 1999, sic! 4/2000 S. 291 ff.).

    3.1  Freizeichen sind Zeichen, die an sich kennzeichnende Kraft hätten
und Marken sein könnten oder es einmal waren, eine Kennzeichnungskraft
aber nicht mehr besitzen und daher Gemeingut sind. Sie entstehen
namentlich, wenn auch nicht ausschliesslich dadurch, dass sie von
mehreren unter sich unabhängigen Unternehmen frei zur Kennzeichnung
gleichartiger Waren oder Dienstleistungen verwendet werden und daher
ihre Unterscheidungs- und Individualisierungsfunktion einbüssen. Sie
werden von den massgebenden Verkehrskreisen nicht mehr als spezifische
Herkunfts- oder Produktebezeichnungen verstanden, sondern sind in deren
Verständnis zu reinen Sach- oder Gattungsbezeichnungen degeneriert
(BGE 114 II 171 E. 2a; ALOIS TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. Aufl.,
Basel 1983, Bd. I, S. 300; DAVID, Basler Kommentar, Markenschutzgesetz,
Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., Basel 1999, N. 25 zu Art. 2 MSchG;
WILLI, Kommentar MSchG, Zürich 2002, N. 130 zu Art. 2 MSchG; MARBACH,
Markenrecht, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter-
und Wettbewerbsrecht, Bd. III, Kennzeichenrecht, Basel 1996, S. 45 [im
Folgenden zit. als "MARBACH, SIWR"]; VON BÜREN/MARBACH, Immaterialgüter-
und Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., Bern 2002, S. 105; EUGEN MARBACH, Die
eintragungsfähige Marke, Diss. Bern 1984, S. 61; SCHLUEP, Das Markenrecht
als subjektives Recht, Basel 1964, S. 15; FRANZ MANSER, Die Entartung von
Marken zu Freizeichen, Diss. St. Gallen 1971, S. 28 ff.; IRÈNE JENE-BOLLAG,
Die Schutzunfähigkeit von Marke und Ausstattung unter dem Gesichtspunkt
des Freihaltebedürfnisses, Basel 1981, S. 139 ff.; SIMONE BRAUCHBAR,
Die Verwirkung im Kennzeichenrecht, unter Berücksichtigung der Regelung
in der Europäischen Union, Diss. Basel 2001, S. 43 f.). Der verbreitete
Gebrauch hat dazu geführt, dass der Verkehr den individualisierenden
Begriff nicht mehr als solchen, sondern bloss noch als Bezeichnung der
räumlich-zeitlichen oder wesensmässigen Gegebenheiten auffasst (SCHLUEP,
aaO). Dies ist der Fall, wenn das Zeichen zum blossen Hinweis auf eine
allgemeine Eigenschaft, zur üblichen Bezeichnung oder zur gebräuchlichen
Ausschmückung einer bestimmten Ware oder Dienstleistung geworden ist
(DAVID, aaO, mit Hinweisen).

    Als solche Freizeichen hat die Rechtsprechung beispielsweise gewertet:
"EILE MIT WEILE" für Würfelspiele (BGE 114 II 171), "SPANDEX" für
elastomere Kunstfasern (BGE 94 II 44 E. 6), "ROSSKOPF" oder "ROSKOPF" für
billige Taschenuhren (BGE 46 II 416 E. 2) sowie "UPERISIERT" und "UP" für
im Ultra-Hochtemperatur-Erhitzungsverfahren behandelte Milch (Urteile des
Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Juni 1971 und des Bundesgerichts
vom 1. Februar 1972, ZR 71/1972 S. 110 Nr. 37). Demgegenüber hat sie
beispielsweise als Freizeichen verneint: Bild eines "Kopfes mit gewellten
Haaren" für Haarpflege-Produkte (BGE 100 II 411 E. 1), "FARMERHÖSLI" und
"FARMERLI" für Kinderbekleidung (BGE 84 II 429 E. 4), "EAU DE BOTOT"
für Mundwasser (BGE 62 II 317 E. 3), "BEL PAESE" für Käse (BGE 60 II
249 E. 1b), "LYSOL" für Desinfektionsmittel (BGE 57 II 603 E. 4) sowie
"DUDEN" für Rechtschreibebücher (Urteil des Handelsgerichts des Kantons
St. Gallen vom 29. September 1971, SJZ 69/1973 S. 225).

    3.2  Die aus der Zugehörigkeit eines Zeichens zum Gemeingut folgende
absolute Schutzunfähigkeit von Marken beurteilt sich für Waren und
Dienstleistungen nach denselben generell-abstrakten Kriterien, sofern
von einer hier nicht interessierenden Ausnahme bezüglich Wappen und
Hoheitszeichen (Art. 75 Ziff. 3 MSchG; WILLI, aaO, N. 4 zu Art. 75
MSchG) abgesehen wird. Individuell-konkrete Differenzierungen können sich
allerdings aus produktespezifischen Überlegungen rechtfertigen (MARBACH,
SIWR, aaO, S. 28; WILLI, aaO, N. 11 zu Art. 2 MSchG; KASPAR LANDOLT,
Die Dienstleistungsmarke, Diss. Zürich 1993, S. 57 ff.).

    Soweit hier von Interesse spielt sodann für die Beurteilung der
Markenfähigkeit keine Rolle, ob das Zeichen national oder international
hinterlegt wurde. Unabhängig vom Weg der Registrierung sind alle Zeichen
des Gemeinguts vom Markenschutz ausgeschlossen (MARBACH, SIWR, aaO, S.
27; DAVID, aaO, N. 5 zu Art. 45 MSchG, N. 3 zu Art. 46 MSchG; WILLI,
aaO, N. 8 zu Art. 2 MSchG, N. 5 f. zu Art. 46 MSchG).

    Ob ein Zeichen Gemeingut geworden ist, beurteilt sich, soweit nicht
Herkunftsangaben in Frage stehen (BGE 117 II 327 E. 2; vgl. auch BGE
125 III 193 E. 1d S. 203 f.), nach der Sachlage in der Schweiz (BGE 99
Ib 10 E. 4; 129 III 225 E. 5.5; 127 III 33 E. 2a). Massgebend sind die
tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entscheids (DAVID, aaO,
N. 7 zu Art. 2 MSchG; WILLI, aaO, N. 145 zu Art. 2 MSchG; MARBACH,
SIWR, aaO, S. 43). Ausländischen Entscheidungen kommt daher keine
bindende präjudizielle Wirkung zu. Doch können sie im Rahmen einer
rechtsvergleichenden Auslegung durchaus mitberücksichtigt werden, sofern
die Rechtslage vergleichbar ist und die ausländische Rechtsprechung sich
auf dieselbe Marke bezieht (BGE 114 II 171 E. 2c; 62 II 317 E. 3 S. 329
f.; 60 II 249 E. 1b; DAVID, aaO, N. 7 zu Art. 2 MSchG; WILLI, aaO, N. 9
zu Art. 2 MSchG; MARBACH, SIWR, aaO, S. 30 f.). Dies schliesst indessen
nach konstanter Rechtsprechung nicht aus, dass ein auch international
registriertes Zeichen im Ausland keinen Schutz geniesst, wohl aber in der
Schweiz, und umgekehrt (BGE 114 II 171 E. 2c; 89 I 290 E. 7; 82 I 49 E. 3;
79 I 252 E. 4; 76 I 168 E. 1; 57 II 603 E. 4 S. 605; TROLLER, aaO, S. 304).

    3.3  Bei der Beurteilung der Entartung eines markenfähigen Zeichens
zum Freizeichen differenziert die Rechtsprechung zwischen registrierten
und nicht registrierten Zeichen: Bei registrierten Zeichen ist die
Umwandlung einer Marke in ein Freizeichen erst abgeschlossen, wenn
alle an der Herstellung, dem Vertrieb und dem Erwerb der Ware bzw.
der Inanspruchnahme der Dienstleistung beteiligten Kreise das Zeichen
nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb bzw. eine
spezifische Ware oder Dienstleistung, sondern als Gemeingut, d.h. als
Waren- oder Gattungsname ansehen. Demgegenüber ist ein nicht als Marke
geschütztes Zeichen schon dann Gemeingut, wenn nur ein bestimmter Kreis,
z.B. die Fachleute oder die Abnehmer, es allgemein als Gattungsbezeichnung
verwenden (BGE 114 II 171 E. 2a mit Hinweisen). Diese Differenzierung wird
damit begründet, dass dem Interesse des Markeninhabers an der Erhaltung
seines eingetragenen Zeichens besonders Rechnung zu tragen sei; solange
dieses in gewissen Kreisen seine hinweisende Kraft nicht verloren habe,
solle der Markeninhaber den Schutz weiterhin beanspruchen können.
Verzichte er auf die Eintragung des Zeichens oder die Erneuerung der
Marke, stelle sich für ihn die Frage der Umbildung des Zeichens in ein
Freizeichen nicht mehr. Für Dritte sei die Lage in der Folge gleich,
wie wenn das Zeichen nie als Marke eingetragen gewesen wäre; das Wort sei
insoweit als nicht oder nicht mehr als Marke geschütztes Zeichen bereits
dann Gemeingut, wenn nur ein bestimmter Kreis es als Gattungsbezeichnung
verwende (BGE 94 II 44 E. 6). Im einen wie im andern Fall muss indessen
die Degenerierung in allen Landesteilen und Sprachgebieten der Schweiz,
in denen das betreffende Zeichen Verwendung findet, vollendet sein (BGE
60 II 249 E. 1b; TROLLER, aaO, S. 304; vgl. analog für die Durchsetzung
eines Zeichens als Marke BGE 127 III 33 E. 2).

    Diese Rechtsprechung ist in der Lehre auf Zustimmung und Kritik
gestossen. Unbestritten scheint jedenfalls die Auffassung, dass die
Umwandlung einer Marke in ein Freizeichen nicht leichthin angenommen werden
dürfe (DAVID, aaO, N. 27 zu Art. 2 MSchG; WILLI, aaO, N. 140 zu Art. 2
MSchG). Hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen einer Entartung
scheint die Lehre überwiegend der Auffassung des Bundesgerichts zu folgen
(TROLLER, aaO, S. 302 ff.; DAVID, aaO, N. 29 zu Art. 2 MSchG; MANSER, aaO,
S. 46 ff.; JENE-BOLLAG, aaO, S. 150 ff.; analog für das deutsche Recht
FEZER, Markenrecht, München 1997, N. 278 f. zu § 8 MarkenG). Namentlich
TROLLER (aaO, S. 303 f.) vertritt dezidiert die Auffassung, dass von
der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht abzuweichen sei und keine
Ausnahmen zuzulassen seien. Insbesondere dürfe die Umwandlung nicht bereits
angenommen werden, wenn die Wissenschaft sich des Zeichens bemächtigt und
es in Lehrbüchern, Lexika und dergleichen als Sachbezeichnung aufgenommen
habe, oder wenn amtliche Veröffentlichungen oder private Publikationen
irgendwelcher Art es als Beschaffenheitsangabe verwendeten (vgl. auch
die Hinweise bei TROLLER, aaO, Fn. 285; gl. M. DAVID, aaO, N. 28 zu
Art. 2 MSchG). Andere Autoren sind skeptischer. MARBACH (SIWR, aaO,
S. 48) hält die Privilegierung des Inhabers registrierter Marken nicht
für unproblematisch, da Art. 2 MSchG hierfür dogmatisch keine Grundlage
liefere, die Rechtsprechung des ungeachtet aber nicht für unbillig,
jedenfalls soweit sich der Markeninhaber aktiv um die Markenpflege
bemüht habe und sich der Sprachentwicklung zu widersetzen versuche. WILLI
(aaO, N. 139 ff. zu Art. 2 MSchG) lehnt eine unterschiedliche Behandlung
registrierter und nicht registrierter Zeichen ab und unterstellt den Schutz
eines wohlerworbenen Besitzstandes ausschliesslich dem Gebot von Treu
und Glauben; es obliege dem Inhaber einer eingetragenen Marke, geeignete
Massnahmen gegen deren Umwandlung in ein Freizeichen zu ergreifen.

    Zur Änderung der bisherigen Rechtsprechung besteht kein Anlass. Dem
Tatbestand des Freizeichens eignet ein verändertes Verständnis, ein sich in
aller Regel über längere Zeit hinziehender Sprach- und Bedeutungswandel,
eine repetitive Bewusstseinsbildung. Insofern ist das Freizeichen
gewissermassen das Spiegelbild der durchgesetzten Marke (MARBACH, SIWR,
aaO, S. 45). Je bekannter aber eine Marke ist, umso grösser wird die
Gefahr, dass das Publikum sie als Gattungsname verwendet, vor allem wenn
die Marke keine zusätzliche Sachbezeichnung enthält, und umso schwerer
fällt es, alle Verletzungen zu erfassen und gegen alle Täter vorzugehen
(TROLLER, aaO, S. 301 und 304). Mit der Hinterlegung der Marke bekundet
der Inhaber den Willen, das Zeichen ausschliesslich zu beanspruchen. Wer
nicht hinterlegt oder die Marke nicht erneuert, bekundet diesen Willen
nicht und muss sich daher entgegenhalten lassen, den Anschein erweckt zu
haben, eine Ausschliesslichkeit nicht zu beanspruchen. Insoweit kann die
Eintragung durchaus auch im Sinne von WILLI als vertrauenstheoretische
Massnahme zur Wahrung eines Besitzstandes verstanden werden. Die
differenzierte Rechtsprechung zur Entartung bloss markenfähiger oder
zusätzlich markengeschützter Zeichen trägt damit auch dem Schutzbedarf
eines nach der gesetzlichen Ordnung erst durch Registrierung geschaffenen
subjektiven Rechts Rechnung (Art. 5 MSchG). Die Entartung als solche wird
begrifflich einheitlich als Bedeutungswandel verstanden, differenziert
wird bloss in den tatsächlichen Voraussetzungen für dessen abgeschlossene
Durchsetzung. Diese Differenzierung rechtfertigt sich aus subjektiven
Überlegungen des Markenschutzes weiterhin.

    3.4  Das Obergericht hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur
Freizeichenbildung übernommen und damit kein Bundesrecht verletzt. Seines
Erachtens hat sodann die Beklagte den Beweis einer Markenentartung nicht
umfassend angetreten und hätte ihn daher nicht zu erbringen vermocht.

    Die Feststellungen über die in den massgebenden Kreisen
herrschenden Auffassungen sind tatsächlicher Natur (BGE 57 II 603 E. 4
S. 606). Beweispflichtig für den umfassenden Verständniswandel ist die
Beklagte, wobei an den Beweis strenge Anforderungen zu stellen sind,
weil die Umwandlung einer eingetragenen Marke in ein Freizeichen etwas
Aussergewöhnliches bedeutet (BGE 84 II 429 E. 4a). Eine Beweisführung
erübrigt sich bloss, soweit das umfassende Verständnis einer Bezeichnung
als Gattungsbegriff gerichtsnotorisch ist (BGE 114 II 171 E. 2b), da über
allgemein bekannte Tatsachen kein Beweis geführt werden muss (BGE 117 II
321 E. 2). Dies trifft für den Begriff "Montessori" offensichtlich nicht
zu. Folglich oblag der Beklagten zu beweisen, dass diese Marke nach den
genannten Kriterien zum Freizeichen degeneriert ist. Wenn das Obergericht
dazu festhält, mit den Angeboten der Beklagten wäre dieser Beweis nicht zu
erbringen gewesen, ist diese Feststellung grundsätzlich tatsächlicher Natur
und für das Bundesgericht verbindlich. Eine Verletzung von Bundesrecht
käme höchstens in Betracht, wenn das Obergericht ein bundesrechtswidriges
Beweismass verlangt oder den gebotenen Überzeugungsgrad bundesrechtswidrig
verstanden hätte. Davon kann indessen nicht die Rede sein. Dass
"Montessori" allenfalls in den Vereinigten Staaten von Amerika als
Freizeichen gilt, ist für das schweizerische Recht nach dem Gesagten nicht
bestimmend, weil auf die hiesigen Verhältnisse abzustellen ist. Zudem ist
der Begriff des Freizeichens im amerikanischen und im schweizerischen
Recht nicht derselbe, was die rechtsvergleichende Berücksichtigung
der angerufenen amerikanischen Entscheidung vermindert (TROLLER, aaO,
S. 301; vgl. auch JENE-BOLLAG, aaO, S. 151). Ebenso wenig ist die von
der Beklagten behauptete Tatsache entscheidend, die Marke "Montessori"
sei gegenüber unbefugtem Drittgebrauch nicht hinreichend verteidigt
worden. Der verbreitete und nicht oder nur ungenügend bekämpfte Gebrauch
eines Markenzeichens durch Drittpersonen und -unternehmen vermag die
Entartung der Marke wohl zu bewirken, doch abgeschlossen ist diese erst,
wenn das markenrechtliche Herkunfts- oder Individualzeichen sich im
Verständnis aller interessierten Kreise zum allgemeinen Gattungsbegriff
gewandelt, d.h. der Verkehr sich umfassend an den üblichen Gebrauch der
Bezeichnung gewöhnt hat (TROLLER, aaO, S. 304; DAVID, aaO, N. 28 f. zu
Art. 2 MSchG). Dazu ist beweismässig weit auszuholen und sind Beweise aus
allen und landesweit verteilten massgebenden Verkehrskreisen anzubieten
(TROLLER, aaO, S. 307; JENE-BOLLAG, aaO, S. 153). Allenfalls ist auf
demoskopische Untersuchungen oder fachkundige Befragungen der massgebenden
Verkehrskreise abzustellen (BGE 128 III 441 E. 1; REHBINDER, Demoskopie
als Beweismittel im Markenrecht, in: INGRES [Hrsg.], Marke und Marketing,
Bern 1990, S. 355 ff.; MANSER, aaO, S. 233; KLETT, Die durchschnittlich
aufmerksame Verbraucherin und der durchschnittlich gut ausgebildete
Fachmann, GRUR 2001 S. 549 ff., 551). Dass die Beklagte aber in diesem
Sinne umfassenden Beweis angeboten hätte, ist den Feststellungen der
Vorinstanz nicht zu entnehmen und wird in der Berufungsschrift nicht
dargelegt.

    Hat das Obergericht demnach keine übersetzten Anforderungen an
den Beweis der Markenentartung gesetzt und auch anderweitig keine
bundesrechtlichen Beweisvorschriften verletzt, bleibt es bei der
Verbindlichkeit seiner tatsächlichen Feststellung, der erforderliche
Beweis wäre mit den Angeboten der beweisbelasteten Beklagten nicht
zu erbringen gewesen. Damit durfte es eine Umwandlung der Marke
"Montessori" in ein Freizeichen bundesrechtskonform ohne Abnahme der
angebotenen Beweise verneinen. Offen bleiben kann dabei, ob ein als Marke
eingetragener Familienname überhaupt degenerierungsfähig ist (dazu Urteil
des Bundesgerichts 4C.355/1992 vom 1. März 1993 ["Gucci"], SMI 1994 S. 211
ff., E. 4b/bb).

Erwägung 4

    4.  Die Beklagte macht sodann geltend, die Klägerin handle mit ihrem
Unterlassungsbegehren wider Treu und Glauben.

    4.1  Soweit die Beklagte auch unter diesem Rechtstitel geltend
macht, die Marke "Montessori" sei namentlich nach dem Entscheid des US
Patent Office Trademark Trial and Appeal Board nicht mehr verteidigt
worden und damit zum Freizeichen entartet, ist auf das bisher Gesagte zu
verweisen (E. 3 hiervor). Danach ist die Markenentartung erst mit einem
Verständniswandel der massgebenden Verkehrskreise abgeschlossen und nicht
bereits mit fehlenden Aktivitäten des Markeninhabers zur Verteidigung
des Zeichens gegen unbefugten Drittgebrauch. Der Einwand des treuwidrigen
Verhaltens stösst insoweit ins Leere.

    4.2  Der Grundsatz von Treu und Glauben oder besser das Verbot
des Rechtsmissbrauchs kann indessen Bedeutung erlangen, wenn die
Rechtsausübung des Markeninhabers ein widersprüchliches Verhalten
darstellt, das keinen Rechtsschutz verdient, indem der Rechtsinhaber sich
mit der Rechtsausübung zu seiner früheren Untätigkeit in Widerspruch
setzt. Lehre und Rechtsprechung pflegen in diesem Zusammenhang von
einer Verwirkung zu sprechen (statt aller MERZ, Berner Kommentar,
N. 511 ff. zu Art. 2 ZGB). In diesem Sinne ist eine Rechtsverwirkung
auch im Markenrecht möglich (so schon der Entscheid des Bundesgerichts
vom 8. Dezember 1931, Markenschutz und Wettbewerb 1932 S. 209 ff., E. 7;
vgl. auch BGE 127 III 357 E. 4c/bb S. 364; 125 III 193 E. 1e; 117 II 575
E. 4; 114 II 338 E. 2a S. 340; aus der Literatur namentlich BRAUCHBAR,
aaO, passim). Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Anwendung von
Art. 2 ZGB eine Sonderverbindung, eine rechtlich relevante, d.h. über den
reinen Zufallskontakt hinausgehende Beziehung mehrerer Rechtssubjekte
voraussetzt und sich in dieser Sonderverbindung erschöpft, weil die
Bestimmung letztlich auf dem Vertrauensschutz gründet (BGE 128 III
324 E. 2.2; 108 II 305 E. 2b S. 311; MERZ, aaO, N. 34 zu Art. 2 ZGB;
HAUSHEER/JAUN, Die Einleitungsartikel des ZGB, Bern 2003, N. 62 ff. zu
Art. 2 ZGB; vgl. auch BAUMANN, Zürcher Kommentar, N. 6, 11 und 12 zu
Art. 2 ZGB). Die Verwirkung markenrechtlicher Abwehransprüche zufolge
widersprüchlichen Verhaltens führt daher - im Gegensatz zur Entartung zum
Freizeichen - nicht zu einem umfassenden Rechtsuntergang, sondern hemmt
bloss die Rechtsdurchsetzung gegenüber bestimmten Personen (BRAUCHBAR, aaO,
S. 44 und 137 f.). Mit andern Worten hat die Beklagte zu beweisen, dass
die Klägerin - oder allenfalls deren Rechtsvorgänger - sich ihr gegenüber
widersprüchlich verhalten hat und nunmehr rechtsmissbräuchlich vorgeht.

    4.3  Das Obergericht hat einen Rechtsmissbrauch der Klägerin geprüft
und verworfen. Mit diesen Ausführungen setzt die Beklagte sich nicht,
jedenfalls nicht rechtsgenüglich (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG) auseinander.
Aber auch sonst wird in der Berufungsschrift nicht, namentlich
nicht gestützt auf die verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz dargelegt, inwieweit sich die Klägerin der Beklagten gegenüber
widersprüchlich und damit rechtsmissbräuchlich verhalten haben soll. Eine
- ohnehin nur mit Zurückhaltung anzunehmende (BGE 127 III 357 E. 4c/bb
S. 364 mit Hinweisen; HONSELL, Basler Kommentar, N. 49 zu Art. 2 ZGB) -
Rechtsverwirkung zufolge verzögerter Rechtsausübung ist nicht ersichtlich.

    Wenn die Beklagte darüber hinaus geltend macht, die Klägerin versuche
eine Marke durchzusetzen, die zufolge Verzichts längst untergegangen sei,
ist dies zum einen keine Frage des Handelns nach Treu und Glauben, sondern
der Rechtszuständigkeit oder des Rechtsbestandes. Zum anderen übersieht
die Beklagte, dass die Vorinstanz einen Verzichtswillen der Inhaber der
internationalen Marke in tatsächlicher Hinsicht ausgeschlossen hat, da
sie die internationalen Markenrechte umfassend an die Klägerin abgetreten
und die Klägerin verpflichtet hätten, hinsichtlich deren Gebrauchs die
Förderung der "Montessori-Pädagogik" in der Schweiz fortzusetzen. Diese
für das Bundesgericht verbindliche Feststellung steht der Annahme eines
Rechtsverzichts und damit des Untergangs der Marke entgegen (zum Verzicht
vgl. BRAUCHBAR, aaO, S. 38 f.).

    4.4  Somit erweist sich der Einwand des treuwidrigen Verhaltens
ebenfalls als unbegründet.