Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 V 378



129 V 378

57. Auszug aus dem Urteil i.S. Sozialversicherungsanstalt des Kantons
St. Gallen gegen G. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen

    P 1/03 vom 13. Juni 2003

Regeste

    Art. 3b Abs. 2 und Art. 3d Abs. 1 ELG; Art. 11, 12 und 14 ELKV:
Vergütungsfähige Krankheits- und Behinderungskosten sowie anerkannte
Ausgaben von Heimbewohnern.

    Die zusätzlichen Mehrkosten für den vorübergehenden Aufenthalt eines
Heimbewohners in einer anderen Pflege- und Betreuungsstätte während der
betriebsferienbedingten Schliessung seines angestammten Heimes sind weder
unter dem Titel "Erholungskuren" (Art. 11 ELKV) noch als "Badekuren"
(Art. 12 ELKV) oder als "Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung von
Behinderten in Tagesstrukturen" (Art. 14 ELKV) zu vergüten.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.

    3.1  In Art. 3d Abs. 1 ELG hat der Gesetzgeber die Krankheits- und
Behinderungskosten, die Bezügern einer Ergänzungsleistung vergütet werden,
detailliert aufgezählt. Der Konkretisierungsgrad der Regelung lässt darauf
schliessen, dass der Gesetzgeber die zu vergütenden Kosten im Einzelnen
bestimmen wollte, was auf eine abschliessende Regelung hindeutet. Dies
wird durch die Beschränkung der Delegationsmöglichkeiten bestätigt, denn
die in Art. 3d Abs. 4 ELG enthaltene Delegationsnorm sieht einzig vor,
dass der Bundesrat die Kosten, die nach Absatz 1 vergütet werden können,
zu bezeichnen hat. Zusätzliche, vom Gesetz nicht genannte Kosten, können
nicht übernommen werden. Die Aufzählung der in Art. 3d Abs. 1 ELG genannten
Kosten ist daher abschliessend (AHI 2002 S. 74 f. Erw. 4a).

    3.2  Die in Art. 11 und 12 ELKV aufgeführten Kosten von Erholungs-
und Badekuren werden nur vergütet, sofern sie ärztlich verordnet sind. Die
genannten Ausführungsbestimmungen stehen im Zusammenhang mit der Hilfe,
Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen (vgl. Art. 3d Abs. 1
lit. b ELG) und finden daher die gesetzliche Grundlage im abschliessenden
Katalog der vergütungsfähigen Krankheits- und Behinderungskosten
gemäss Art. 3d Abs. 1 ELG (AHI 2002 S. 75 Erw. 4d). Derartige Kosten
sind im vorliegenden Fall gerade nicht entstanden: Der Aufenthalt im
Alterspflegeheim R. war weder ärztlich verordnet noch medizinisch als
Erholungs- oder Badekur begründet. Vielmehr fielen die zusätzlichen
Kosten für die vorübergehende Unterkunft im Alterspflegeheim R. einzig
deshalb an, weil das Arbeitsheim für Behinderte in A. (ABA), in welchem
der Beschwerdegegner sonst lebt, in dieser Zeit wegen Betriebsferien
geschlossen blieb, mithin aus betrieblichen, nicht medizinischen Gründen.

    3.3  Art. 3d Abs. 1 ELG bietet demnach keine gesetzliche Grundlage für
die Vergütung von Heimkosten als Krankheitskosten (vgl. ERWIN CARIGIET,
Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Soziale Sicherheit, S. 36 Fn 166). Es ist daher entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht möglich, die zusätzlich
anfallenden Kosten gestützt auf Art. 14 ELKV als solche für die Hilfe,
Pflege und Betreuung von Behinderten in Tagesstrukturen zu vergüten,
da auch derartige Kosten medizinisch begründet sein müssen und sich die
genannte Bestimmung zudem nicht auf Heimkosten (vgl. Art. 14 Abs. 3
lit. b ELKV) bezieht.

    3.4  Etwas anderes lässt sich auch nicht aus Rz 4012 WEL (vom
Bundesamt für Sozialversicherung herausgegebene Wegleitung über die
Ergänzungsleistungen zur AHV/IV in der seit Januar 2000 gültigen Fassung)
ableiten. Danach dürfen bei Heimbewohnern, bei denen eine Rückkehr nach
Hause noch möglich ist und deren Wohnung daher noch beibehalten wird,
als zusätzliche Ausgabe nebst den Heimkosten der Mietzins und die damit
zusammenhängenden Nebenkosten für eine Wohnung bis zu einem Jahr vergütet
werden. Diese Verwaltungsweisung bezieht sich selbstredend nur auf
Rentenbezüger, welche sich nicht dauernd, d.h. nicht länger als ein Jahr
(vgl. Rz 4013 WEL in der seit Januar 1998 gültigen Fassung), in einem Heim
aufhalten. Sie ist daher hier nicht anwendbar, da der Beschwerdegegner
dauernd auf eine Heimbetreuung angewiesen ist.

    3.5  Nach dem Gesagten steht fest, dass die zusätzlichen Mehrkosten
infolge der betriebsferienbedingten Schliessung des ABA nicht als
ungedeckte Krankheits- und Behinderungskosten im Sinne von Art. 3d Abs. 1
ELG vergütet werden können.