Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 IV 6



129 IV 6

2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. und Mitb. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.118/2002 vom 25. September 2002

Regeste

    Art. 181 StGB (Nötigung); Art. 32-34 StGB (Rechtfertigungsgründe);
Wahrnehmung berechtigter Interessen; Art. 20 StGB (Verbotsirrtum);
Art. 48 Ziff. 2, Art. 63 StGB (Strafzumessung).

    Blockadeaktionen von "Greenpeace"-Aktivisten gegen die Kernkraftwerke
Beznau, Gösgen und Leibstadt. Objektiver und subjektiver Tatbestand der
Nötigung (E. 2).

    Prüfung der Rechtfertigungsgründe der Wahrnehmung berechtigter
Interessen, der Notstandshilfe, der Putativnotwehr und der Gesetzespflicht
(E. 3). Rechtswidrigkeit der Nötigung (E. 3.4-3.7).

    Voraussetzung für den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter
Interessen ist grundsätzlich, dass zuvor der Rechtsweg mit legalen Mitteln
beschritten und ausgeschöpft worden ist. Die inkriminierte Handlung muss
ein zum Erreichen des angestrebten berechtigten Ziels notwendiges und
angemessenes Mittel darstellen und offenkundig weniger schwer wiegen
als die Interessen, die der Täter zu wahren sucht. Dies gilt auch, wenn
vermeintliche Missstände öffentlich gemacht werden sollen (E. 3.3).

    Verbotsirrtum (E. 4).

    Substanziierungsanforderungen der Nichtigkeitsbeschwerde (E.  5).

    Strafzumessung (E. 6).

Sachverhalt

    A.- 37 Angeklagten wird die Teilnahme an "Greenpeace"-Protestaktionen
gegen den Transport von nuklearen Brennelementen zum Zwecke der
Wiederaufbereitung vorgeworfen. Die Aktivisten haben sich (vom
9.-20. März 1997, am 17. November 1997 bzw. am 29. März 1998) in jeweils
unterschiedlichen personellen Zusammensetzungen an Blockaden der Zufahrten
bzw. Werksgeleise zu den Kernkraftwerken Beznau, Gösgen und Leibstadt
sowie an weiteren Störaktionen beteiligt. Das Bezirksamt Zurzach fällte
am 13. bzw. 14. Dezember 1999 Strafbefehle gegen sie aus (nach Massgabe
ihrer jeweiligen Beteiligung wegen Nötigung, versuchter Nötigung, Hinderung
einer Amtshandlung, Sachbeschädigung bzw. Hausfriedensbruchs), und es
verfügte Bussen zwischen Fr. 500.- und Fr. 2'000.-.

    B.- Auf Einsprache der Gebüssten hin sprach das Bezirksgericht
Zurzach am 3. Mai 2000 zwei Angeklagte der mehrfachen, teilweise
versuchten Nötigung sowie der Hinderung einer Amtshandlung schuldig,
ein Angeklagter wurde wegen versuchter Nötigung, Hinderung einer
Amtshandlung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch verurteilt, ein
weiterer wegen mehrfacher, teilweise versuchter Nötigung, Sachbeschädigung
und Hausfriedensbruch, sieben Angeklagte wegen versuchter Nötigung
und Hinderung einer Amtshandlung, sowie 26 Angeklagte wegen Nötigung.
In einzelnen Anklagepunkten erfolgte ein Freispruch. Das Bezirksgericht
sprach gegen die Verurteilten Bussen zwischen Fr. 400.- und Fr. 1'700.-
aus.

    C.- Gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Zurzach erhoben die 37
Verurteilten Berufung. Mit Entscheid vom 23. Mai 2001 hiess das Obergericht
(2. Strafkammer) des Kantons Aargau die Berufung von Y. teilweise gut. Es
sprach ihn von der Anklage der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung
frei und verurteilte ihn wegen mehrfacher, teilweise versuchter Nötigung zu
einer Busse von Fr. 1'500.-. Im Übrigen wurden die Berufungen abgewiesen.

    D.- Die Verurteilten beantragen mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides. Das
Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.  Die Beschwerdeführer machen geltend, die Voraussetzungen des
Nötigungstatbestandes seien nicht gegeben. Bei den blockierten Transporten
von abgebrannten nuklearen Brennelementen zur Wiederaufbereitung handle
es sich um eine rechtswidrige technische Vorkehr, welche nicht in den
Schutzbereich des Nötigungstatbestandes falle.

    2.1  Gemäss Art. 181 StGB wird wegen Nötigung mit Gefängnis oder
mit Busse bestraft, wer jemanden durch Gewalt, Androhung ernstlicher
Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt,
etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. Das Zwangsmittel der "anderen
Beschränkung der Handlungsfreiheit" muss, um tatbestandsmässig zu sein,
das üblicherweise geduldete Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise
eindeutig überschreiten, wie es für die im Gesetz ausdrücklich genannten
Zwangsmittel der Gewalt und der Androhung ernstlicher Nachteile gilt
(BGE 119 IV 301 E. 2a S. 305 mit Hinweisen).

    Als geschütztes Rechtsgut von Art. 181 StGB gilt nach der
Bundesgerichtspraxis die Handlungsfreiheit bzw. die Freiheit der
Willensbildung und Willensbetätigung des Einzelnen (BGE 108 IV 165 E. 3
S. 167; 106 IV 125 E. 2a S. 128). Ein Teil der Lehre betont, dass Art. 181
StGB die "rechtlich garantierte" Freiheit gewährleiste (vgl. JIRI EHRLICH,
Der "sozialwidrige Zwang" als tatbestandsmässige Nötigung gemäss Art. 181
StGB, Diss. Bern 1984, S. 7 ff.; JÖRG REHBERG/NIKLAUS SCHMID, Strafrecht
III: Delikte gegen den Einzelnen, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 339; MARTIN
SCHUBARTH, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Bd. 3, Bern 1984,
N. 1 zu Art. 181 StGB; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N. 1 zu Art. 181 StGB). Einzelne
Autoren vertreten die Auffassung, Art. 181 StGB schütze (nur) "zentrale,
wesentliche oder wichtige, insbesondere das Individuum betreffende Werte"
bzw. "grundrechtlich geschützte Handlungen" (JONAS PETER WEBER/RENÉ
WIEDERKEHR, Ende der Blockade bei der Nötigung?, in: recht 19/2001 S. 214
ff., 219, 223, mit Hinweis auf ARNDT SINN, Die Nötigung im System des
heutigen Strafrechts, Baden-Baden 2000, S. 55 f.). Die Beschwerdeführer
leiten daraus ab, dass nur die rechtmässige Ausübung von Handlungsfreiheit
strafrechtlich geschützt sei, weshalb Zwangsmassnahmen gegen strafbares
oder illegales Verhalten grundsätzlich nicht tatbestandsmässig seien.

    2.2  In BGE 107 IV 113 E. 3b S. 116 hat das Bundesgericht die
Tatbestandsvariante der "anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit"
als "gefährlich weit" bezeichnet. Sie müsse aus rechtsstaatlichen
Gründen einschränkend ausgelegt werden. Die 5-10 Minuten dauernde
(politisch motivierte) Weigerung einer 20-köpfigen Studentendelegation,
das Sitzungszimmer für eine Fakultätssitzung zu räumen, beurteilte
der Kassationshof als nicht tatbestandsmässig (BGE 107 IV 113 E. 3c
S. 117). Als Nötigung gilt hingegen die massive akustische Verhinderung
eines öffentlichen Vortrages durch organisiertes und mit Megaphon
unterstütztes "Niederschreien" (BGE 101 IV 167 E. 2b S. 170). Ebenso
hat das Bundesgericht die Bildung eines "Menschenteppichs" durch 24
Demonstranten vor dem Zugang zur militärischen Ausstellung "W 81" auf
dem Gelände der Winterthurer Eulachhalle als Nötigung qualifiziert. Die
politische Aktion (bei der Transparente mit der Aufschrift "Wer über uns
geht, geht auch über Leichen" aufgestellt wurden) verhinderte während
ca. 15 Minuten die Wegfahrt eines Motorfahrzeuges und behinderte
den Zugang zur Ausstellung für Fussgänger (BGE 108 IV 165; vgl. dazu
kritisch NICCOLÒ RASELLI, Menschenteppich: Grundrecht oder Nötigung?,
in: Plädoyer 1990 6 S. 44 ff.; MARC SPESCHA, Rechtsbruch und sozialer
Wandel. Über Ursachen und Wirkungen demonstrativer Normverletzungen
im sozialen Konflikt und in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen,
Diss. Zürich 1988, S. 187 ff., 202 ff.; derselbe, Nötigung gemäss Art. 181
StGB - Maulkorb für Politisches?, in: Plädoyer 1994 6 S. 30 ff.). Am
21. Januar 1991 demonstrierten drei Personen an einem Bahnübergang in
Winterthur mit einem Transparent gegen den Golfkrieg. Zur Unterstützung
ihrer Aktion sabotierten sie den Bahnschranken-Mechanismus, indem sie den
Rotor verstopften und mit Schnellleim verklebten und die Bahnschranke
mit Ketten blockierten. Durch die Aktion wurde der Strassenverkehr für
10 Minuten unterbunden. Auch in diesem Fall erkannte das Bundesgericht
auf Nötigung (BGE 119 IV 301 E. 3b-d S. 306-309).

    2.3  Am 11. Dezember 1998 bestätigte das Bundesgericht eine
Verurteilung von 16 "Greenpeace"-Aktivisten wegen Nötigung (Urteil
des Bundesgerichtes 6S.671/1998 vom 11. Dezember 1998). Diese
hatten am 12. März 1996 auf dem Areal des Verwaltungsgebäudes der
Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK) in Baden gegen das geplante
Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Würenlingen (ZWILAG) protestiert
und dabei den Haupteingang zum Verwaltungsgebäude während anderthalb
Stunden blockiert. Sie errichteten unmittelbar vor dem Haupteingang mittels
vorfabrizierter Teile einen Holzverschlag (in Form eines überdimensionalen
Briefkastens mit der Aufschrift "ZWILAG Postfach NOK"/"Stop! Atommüllager
ohne Gewähr"). Ausserdem wurden auf der Treppe zum Haupteingang leere
Fässer aufgestellt und Kies gestreut. Das Verwaltungsgebäude konnte
nur noch über einen Seiteneingang betreten und verlassen werden. Bei
Eintreffen der Polizei brachen die Aktivisten ihre anderthalbstündige
Aktion ohne weiteres ab (vgl. zu diesem Urteil kritisch KELSANG TSÜN,
Tierschützer, Greenpeace-Aktionen, Globalisierungsgegner - Begründung
und Grenzen eines strafrechtlichen Widerstandsrechts, Diplomarbeit
St. Gallen 2002, S. 54 ff.). Mit Verordnung vom 15. Juni 1998 erteilte
der Bundesrat der privaten Umweltschutzorganisation "Greenpeace Schweiz"
das Verbandsbeschwerderecht in Umweltfragen (AS 1998 S. 1570, 1572).

    2.4  Gemäss den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz haben 29 der beschwerdeführenden Personen am 9. März 1997
die Zufahrtsgeleise des Kernkraftwerks (KKW) Beznau blockiert. Sie
besetzten die Gleise, einige Personen ketteten sich mit Handschellen an
diese an, und sie errichteten einen improvisierten Turm. In Missachtung
des gleichentags erlassenen polizeilichen Räumungsbefehls wurde die
Blockade fortgesetzt und erst am 20. März 1997 nach einem Polizeieinsatz
beendet. Durch die Blockade wurden die Betreiber des KKW Beznau am
Abtransport von nuklearen Brennelementen gehindert. Am 17. November 1997
kettete sich der Beschwerdeführer Y. an eine Schiene des Werkgeleises
zum KKW Gösgen an, im Wissen, dass ein Transport von Brennelementen
unmittelbar bevorstand. Das beladene Spezialfahrzeug wurde durch fünf
Umweltaktivisten, darunter Y., an der Wegfahrt gehindert. Die Aktion
wurde von Y. in der Folge abgebrochen, weil es sehr kalt war und er sich
schlecht fühlte. Am 29. März 1998 ketteten sich "Greenpeace"-Aktivisten
in neuer Zusammensetzung mittels Bügelschlössern und Handschellen an die
Zufahrtsgeleise zum KKW Leibstadt, um den Abtransport von Brennstäben
zur Wiederaufbereitung mittels "Castor"-Bahnwagen zu verhindern. Da die
Blockade jedoch keinen Erfolg hatte, erkannten die kantonalen Instanzen
in diesem Anklagepunkt auf versuchte Nötigung.

    2.5  Die inkriminierten Tathandlungen fallen nach der oben dargelegten
Praxis unter den objektiven Tatbestand der Nötigung. Die Behinderungen
und Blockadeaktionen gingen über das im Rahmen einer umweltpolitischen
Auseinandersetzung duldbare Mass an Einflussnahme und Protest deutlich
hinaus und sind auch durch das verfassungsmässige Recht auf Meinungs-
und Versammlungsfreiheit (Art. 16 und 22 BV) nicht mehr geschützt.
Ihre Intensität und Dauer war noch erheblicher als in den in E.
2.2-2.3 dargelegten Fällen von politisch motivierter Nötigung. Dabei ist
namentlich zu berücksichtigen, dass die Blockade gegen das KKW Beznau
11 Tage dauerte, dass in Beznau, Gösgen und Leibstadt technische Mittel
eingesetzt wurden (Bügelschlösser und Handschellen für das Anketten an
die Geleise, Turmbau usw.) und dass es sich um konzertierte, minutiös
geplante und zentral gesteuerte Blockadeaktionen handelte.

    Es bleibt zu prüfen, ob das Vorbringen, die Beschwerdeführer seien
gegen rechtswidriges Verhalten der Kernkraftwerkbetreiber eingeschritten,
die Tatbestandsmässigkeit dahinfallen lässt.

    2.6  Zwar vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, es liege
"auf der Hand", dass es sich bei "Transporten von abgebrannten nuklearen
Brennelementen in die Wiederaufbereitung" um "durch die Rechtsordnung
missbilligtes" Verhalten handle. Sie erläutern diese Auffassung jedoch
nicht näher. Insbesondere legen sie nicht dar, gegen welche Rechtsnormen
die fraglichen Transporte ihrer Ansicht nach verstiessen. Noch viel
weniger wird begründet, inwiefern die inkriminierten Blockade- und
Störaktionen sich gegen "Verbrechen und Vergehen" gerichtet hätten,
welche nicht unter den Schutz des Nötigungstatbestandes fielen. Auf die
Hinweise in den schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführer im kantonalen
Verfahren ist nicht einzutreten (vgl. BGE 122 IV 139 E. 1-2 S. 141 f.;
106 IV 283 E. 2 S. 284 mit Hinweis). Mit den diesbezüglichen Erwägungen
des angefochtenen Entscheides und den gutachterlichen Stellungnahmen der
Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) beim Bundesamt
für Energie setzt sich die Beschwerdeschrift nicht auseinander.

    Gemäss den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz wurden zwischen September 1995 und April 1998 im
Transportverkehr mit den Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield/GB
bzw. La Hague/F im Innern von Transportbehältern und Waggons zwar
vereinzelte Grenzwertüberschreitungen gemessen. Es wurden jedoch keine
Aussenkontaminationen der Fahrzeuge und Behälter konstatiert. Bei
radiologischen Untersuchungen an 151 SBB-Mitarbeitern, die regelmässig
in unmittelbarer Nähe von Transportcontainern und Waggons arbeiteten,
wurde denn auch keine erhöhte Strahlenexposition nachgewiesen. Gemäss
den Feststellungen der HKS, auf die sich die Vorinstanz stützt, hat auch
für die Anwohner der Geleise keine Gefährdung durch radioaktive Strahlung
bestanden.

    2.7  Der Umstand, dass der Transport von nuklearen Brennelementen zur
Wiederaufbereitung gegen die umweltpolitischen und ideellen Überzeugungen
der Beschwerdeführer verstösst, lässt ihn nicht als rechtswidrig erscheinen
und entzieht ihn auch nicht dem Schutzbereich von Art. 181 StGB. Aber
selbst wenn sich (im betreffenden hängigen Verfahren) herausstellen
sollte, dass die fraglichen Spezialtransporte gegen rechtliche Vorschriften
verstiessen, folgte daraus nicht automatisch die Straflosigkeit der hier zu
beurteilenden Blockade- und Störaktionen. Die Ansicht der Beschwerdeführer,
die beanstandeten Vorkehren der Kernkraftwerkbetreiber seien rechtswidrig,
ist zumindest umstritten. Von offensichtlich strafbarem Verhalten kann
jedenfalls nicht die Rede sein. Dementsprechend haben die Beschwerdeführer
ihre juristische Auffassung auf dem Rechtsweg prüfen zu lassen, bevor
sie diese gegenüber den Betroffenen zwangsweise, unter Anwendung von
nötigenden Mitteln, durchsetzen. Dies war den Beschwerdeführern umso
mehr zuzumuten, als nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
von den blockierten Transporten keine unmittelbare Gefahr ausging,
die ein sofortiges Einschreiten zum Schutze hochwertiger Rechtsgüter
hätte notwendig erscheinen lassen. Anders zu entscheiden hiesse, der
privaten Selbstjustiz gegenüber vermeintlich rechtswidrigem Verhalten
Vorschub zu leisten. Der in einem Teil der Literatur geäusserten
Ansicht, Sitzblockaden, Menschenteppiche oder das Blockieren von
Bahnübergangen fielen "grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des
Art. 181 StGB" (WEBER/WIEDERKEHR, aaO, S. 227), kann schon deshalb nicht
gefolgt werden. Im vorliegenden Fall braucht auch nicht entschieden zu
werden, inwieweit nötigende Abwehrmassnahmen gegenüber offensichtlich
rechtswidrigem oder strafbarem Verhalten unter dem Gesichtspunkt der
Tatbestandsmässigkeit straflos sein könnten.

    2.8  Gemäss den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz wussten die Beschwerdeführer, dass der Abtransport von
nuklearen Brennelementen geplant war bzw. unmittelbar bevorstand, und
sie beabsichtigten, die Kernkraftwerkbetreiber zumindest vorübergehend
am Abtransport der Brennstäbe zu hindern. Damit ist auch der subjektive
Nötigungstatbestand erfüllt (Art. 18 Abs. 2 StGB).

    Nach dem Gesagten erweist sich die Bejahung des Nötigungstatbestandes
durch die Vorinstanz als bundesrechtskonform.

Erwägung 3

    3.  Die Beschwerdeführer berufen sich sodann auf den aussergesetzlichen
Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen sowie
auf Putativnotwehr. Sie hätten Vorkehren behindert, welche "gegen
schweizerisches Straf- und Verwaltungsrecht verstossen" hätten. Zwar
werde nicht bestritten, dass Massnahmen, welche die Wiederherstellung
der öffentlichen Ordnung bezwecken, grundsätzlich nur dem Staat zustehen
sollen. "Entwickeln sich die staatlichen Organe aber zu Gehilfen von
unrechtmässigen Vorgängen", müsse sich "der Bürger unter eingeschränkten
Voraussetzungen gegen solche Vorgänge zur Wehr setzen können". Zu prüfen
bleibt sodann, ob die eingesetzten Nötigungsmittel - vom Vorliegen
besonderer Rechtfertigungsgründe abgesehen - rechtswidrig erscheinen
(vgl. BGE 122 IV 322 E. 2a S. 326; 120 IV 17 E. 2a/bb S. 20; 119 IV 301
E. 2b S. 305 f.).

    3.1  In einem demokratischen Rechtsstaat sind politische und ideelle
Anliegen grundsätzlich auf politischem Wege bzw. auf dem Rechtsweg
zu verfolgen. Der blosse Umstand, dass die legalen politischen und
rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft erscheinen und die demokratisch
legitimierten politischen Gremien bzw. Justizorgane die Auffassungen der
Beschwerdeführer nicht oder nur partiell teilen, gibt Letzteren kein Recht,
ihre Anliegen mit strafbaren Methoden zu verfolgen. Eine Ausnahme wäre
allenfalls denkbar, wenn eine notstandsähnliche Gefahrenlage gegeben ist
bzw. wenn hochwertige Rechtsgüter unmittelbar bedroht sind und ihr Schutz
durch die zuständigen Behörden nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann.

    3.2  Notwehr im Sinne von Art. 33 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der
Täter ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht
wird. In diesem Fall ist der Angegriffene bzw. unmittelbar Bedrohte (und
auch jeder Dritte im Rahmen der so genannten Notwehrhilfe) berechtigt, den
Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (BGE 122 IV 1
E. 2a S. 3 f., E. 3a S. 5; 102 IV 1 E. 2-3 S. 3 ff., je mit Hinweisen).
Notstand (Art. 34 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) liegt vor, wenn die Straftat
notwendig war, um die Rechtsgüter des Täters aus einer unmittelbaren und
nicht anders abwendbaren Gefahr zu erretten. Unmittelbar im Sinne des
Gesetzes sind nur aktuelle und konkrete Gefahren. Die Tat ist straflos,
wenn die Gefahr vom Täter nicht verschuldet war und ihm nach den Umständen
nicht zugemutet werden konnte, das gefährdete Rechtsgut preiszugeben. Auch
Notstandshilfe durch Dritte ist möglich. Rechtfertigender Notstand setzt
voraus, dass das gerettete Rechtsgut wertvoller ist als das vom Täter
(bzw. vom Notstandshelfer) verletzte Rechtsgut (BGE 125 IV 49 E. 2 S. 55
ff.; 122 IV 1 E. 2b S. 4, E. 3a-c S. 5-7; 116 IV 364 E. 1a S. 366 f.,
je mit Hinweisen). Ein Fall von Putativnotwehr bzw. Putativnotstand ist
gegeben, wenn der Täter einem Sachverhaltsirrtum (Art. 19 Abs. 1 StGB)
unterliegt, indem er irrtümlich annimmt, es sei ein rechtswidriger Angriff
im Sinne von Art. 33 StGB gegenwärtig oder unmittelbar bevorstehend
bzw. es drohe eine nicht anders abwendbare unmittelbare Gefahr im Sinne
von Art. 34 StGB (BGE 125 IV 49 E. 2d S. 56; 122 IV 1 E. 2b S. 4 f.;
93 IV 81 E. b S. 84 f., je mit Hinweisen).

    3.3  Lehre und Praxis anerkennen sodann gewisse (im Strafgesetzbuch
nicht ausdrücklich geregelte) so genannte "übergesetzliche"
bzw. "ausserstrafgesetzliche" Rechtfertigungsgründe. Dazu gehören
namentlich notstandsähnliche Rechtfertigungsgründe wie die "rechtfertigende
Pflichtenkollision", das "notstandsähnliche Widerstandsrecht" bzw.
die "Wahrung" oder "Wahrnehmung berechtigter Interessen" (vgl. BGE 127
IV 122 E. 5c S. 135, 166 E. 2b S. 168 f.; 126 IV 236 E. 8 S. 254; 120
IV 208 E. 3a S. 213; 103 IV 73 E. 6b S. 75, je mit Hinweisen; s. auch
PHILIPP DOBLER, Recht auf demokratischen Ungehorsam, Widerstand in der
demokratischen Gesellschaft - basierend auf den Grundprinzipien des
Kritischen Rationalismus, in: Peter Gauch [Hrsg.], Arbeiten aus dem
Juristischen Seminar der Universität Freiburg/Schweiz, Diss. Freiburg
1995; NICO H. FLEISCH, Ziviler Ungehorsam oder: Gibt es ein Recht auf
Widerstand im schweizerischen Rechtsstaat?, Diss. Bern 1988; WINFRIED
HASSEMER, Ziviler Ungehorsam - ein Rechtfertigungsgrund?, in: Christian
Broda et al. [Hrsg.], Festschrift für Rudolf Wassermann, Darmstadt 1985,
S. 325 ff.; THEODOR LENCKNER, Die Wahrnehmung berechtigter Interessen,
ein "übergesetzlicher" Rechtfertigungsgrund? in: Robert Hauser et
al. [Hrsg.], Gedächtnisschrift für Peter Noll, Zürich 1984, S. 243 ff.;
RENÉ RHINOW, Widerstandsrecht im Rechtsstaat?, Bern 1984; FRANZ RIKLIN, Zum
Rechtfertigungsgrund der Wahrung [Wahrnehmung] berechtigter Interessen, in:
Andreas Donatsch/Marc Forster/Christian Schwarzenegger [Hrsg.], Festschrift
für Stefan Trechsel, Zürich 2002, S. 537 ff.; CLAUS ROXIN, Strafrechtliche
Bemerkungen zum zivilen Ungehorsam, in: Peter-Alexis Albrecht [Hrsg.],
Festschrift für Horst Schüler-Springorum, Köln 1993, S. 441 ff.; MARTIN
SCHUBARTH, Der Journalist als Medienopfer, in: sic! 4/2002 S. 297 ff.,
298). Es besteht allerdings die Gefahr, dass unter pauschaler Berufung auf
schutzbedürftige private oder öffentliche Interessen der strafrechtliche
Rechtsgüterschutz ausgehöhlt und unterlaufen werden könnte. Voraussetzung
für den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen
ist daher grundsätzlich, dass zuvor der Rechtsweg mit legalen Mitteln
beschritten und ausgeschöpft worden ist (BGE 115 IV 75 E. 4b S. 80;
94 IV 68 E. 2 S. 71). Im Übrigen muss die inkriminierte Handlung ein zum
Erreichen des angestrebten berechtigten Ziels notwendiges und angemessenes
Mittel darstellen und offenkundig weniger schwer wiegen als die Interessen,
die der Täter zu wahren sucht. Dies gilt gerade auch für das Anliegen
politischer Aktivisten oder Medienschaffender, vermeintliche Missstände
öffentlich zu machen (vgl. BGE 127 IV 122 E. 5c S. 135, 166 E. 2b S. 169;
120 IV 208 E. 3a S. 213; 117 IV 170 E. 3b S. 178; 115 IV 75 E. 4b S. 80,
je mit Hinweisen; teilweise a.M. RIKLIN, aaO, S. 50 ff.).

    3.4  Die weite Umschreibung des Nötigungstatbestandes hat zur
Folge, dass nicht jedes tatbestandsmässige Verhalten bei Fehlen
von Rechtfertigungsgründen auch rechtswidrig ist. Vielmehr bedarf
die Rechtswidrigkeit bei Art. 181 StGB einer zusätzlichen, besonderen
Begründung. Eine Nötigung ist nur unrechtmässig, wenn das Mittel oder der
Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im
richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an
sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich
oder sittenwidrig ist (BGE 122 IV 322 E. 2a S. 326; 120 IV 17
E. 2a/bb S. 20; 119 IV 301 E. 2b S. 305 f., je mit Hinweisen). Bei der
Beurteilung der Rechtswidrigkeit ist gerade bei politischen Aktionen den
verfassungsmässigen Rechten der Beteiligten Rechnung zu tragen (BGE 119
IV 301 E. 2b S. 306; vgl. TRECHSEL, aaO, N. 10 zu Art. 181 StGB).

    3.5  Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass mit den
inkriminierten Blockadeaktionen gegen die Kernkraftwerke Beznau, Gösgen
und Leibstadt eine unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben (im Sinne
von Art. 34 StGB) hätte abgewendet werden sollen. Gemäss Stellungnahme
der zuständigen Behörde bestand für die Bevölkerung keine Gefährdung
durch erhöhte Strahlenexposition. Die theoretische Möglichkeit eines
Transportunfalls mit nuklearer Kontamination stellt keine unmittelbare
Gefahr im Sinne des Gesetzes dar (vgl. BGE 122 IV 1 E. 3a-b S. 5 f.). Dies
umso weniger, als bereits hunderte solcher Spezialtransporte stattgefunden
haben und die Beschwerdeführer nicht geltend machen, es habe sich dabei
jemals ein schwerwiegender Unfall mit Strahlengefährdung ereignet. Noch
viel weniger lag ein rechtswidriger Angriff (Art. 33 StGB) seitens der
Kernkraftwerkbetreiber vor. Die Beschwerdeführer stellen sich zwar auf
den Standpunkt, der Transport von abgebrannten nuklearen Brennelementen
zur Wiederaufbereitung sei illegal. Wie bereits (oben E. 2.6) dargelegt,
wird diese Ansicht jedoch in der Beschwerde nicht näher begründet. Im
Übrigen wollten die Beschwerdeführer mit ihrer spektakulären Blockadeaktion
primär auf ihre energie- und umweltpolitischen Anliegen hinweisen, die
Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit gewinnen und ihrer
Überzeugung Ausdruck verleihen, dass Kernkraft durch erneuerbare
Energieträger ersetzt werden sollte. Zur Verfolgung dieser Ziele
(bzw. für dieses "symbolhafte" politische Verhalten) war es allerdings
nicht notwendig, strafbare Methoden einzusetzen. Um für umweltpolitische
Anliegen bzw. für den Ausstieg aus der Kernenergie bzw. aus der nuklearen
Wiederaufbereitungstechnologie zu werben, steht eine grosse Palette legaler
(insbesondere politischer und medialer) Möglichkeiten zur Verfügung. Von
einer notstandsähnlichen Situation oder einer rechtfertigenden "Wahrnehmung
berechtigter Interessen" im Sinne der dargelegten Lehre und Praxis kann
bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden.

    3.6  Daran vermag auch das Argument nichts zu ändern, es sei den
"Greenpeace"-Aktivisten darum gegangen, Umweltverschmutzungen
bzw. radioaktive Belastungen in den Gebieten um die
Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague zu verhindern. Zum
einen sind für die Umwelt- und Energiepolitik in England und Frankreich
die dortigen Behörden zuständig. Zum anderen könnte die Umweltbelastung im
Bereich der Wiederaufbereitungsanlagen nur durch eigentliche Lieferstopps
spürbar beeinflusst werden. Die von den Beschwerdeführern angestrebte (eher
appell- und symbolhafte) vorübergehende Störung der Spezialtransporte
in der Schweiz trug daher zum Umweltschutz in England und Frankreich
nichts Konkretes bei. Es ging den Beschwerdeführern denn auch primär um
den öffentlichen politischen Aufruf, es sei künftig auf schweizerische
Lieferungen zur Wiederaufbereitung zu verzichten. Für diesen Zweck hätten
sie jedoch, wie bereits dargelegt, nicht auf strafbare Handlungen wie
Nötigung und Sachbeschädigung zurückgreifen müssen. Es kann somit offen
bleiben, ob Umweltbelastungen im Ausland überhaupt eine notstandsähnliche
Situation darstellen könnten, welche in der Schweiz getroffene strafbare
Abwehrmassnahmen zu rechtfertigen vermögen.

    3.7  Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass die eingesetzten
Nötigungsmittel - über das Fehlen von besonderen Rechtfertigungsgründen
hinaus - rechtswidrig erscheinen (vgl. BGE 122 IV 322 E. 2a S. 326;
120 IV 17 E. 2a/bb S. 20; 119 IV 301 E. 2b S. 305 f.). Die von
den Beschwerdeführern gewählten Methoden der umweltpolitischen
Auseinandersetzung stehen zum angestrebten Zweck in keinem sachgerechten
Verhältnis. Wie dargelegt, übersteigt die Intensität und Dauer der
Protestmassnahmen auch das duldbare Mass an politischer Einflussnahme
in einem demokratischen Rechtsstaat. Die Nötigungshandlungen sind daher
durch die verfassungsmässigen politischen Rechte nicht geschützt.

    3.8  Ebenso wenig liegt der Rechtfertigungsgrund der Gesetzes-
bzw. Amtspflicht (Art. 32 StGB) oder Putativnotwehr (Art. 33 i.V.m. Art. 19
StGB) vor. Mangels Straftat waren die Voraussetzungen für eine private
Festnahme (vgl. § 72 StPO/AG) nicht erfüllt. Putativnotwehr würde
einen Sachverhaltsirrtum im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB voraussetzen,
nämlich die irrtümliche Annahme eines gegenwärtigen oder unmittelbar
bevorstehenden rechtswidrigen Angriffes (BGE 122 IV 1 E. 2b S. 4 f.;
93 IV 81 E. b S. 84 f., je mit Hinweisen). Wie sich den verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz entnehmen lässt, waren die
Beschwerdeführer über den massgeblichen Sachverhalt im Bilde. Insbesondere
haben sie sich über den Gegenstand des Transportes und die getroffenen
Sicherheitsmassnahmen nicht getäuscht. Die Beschwerdeführer machen jedoch
geltend, sie seien gestützt auf Rechtsgutachten von "Greenpeace Schweiz"
davon ausgegangen, ihre Blockadeaktion sei rechtmässig. Damit wird kein
Sachverhaltsirrtum geltend gemacht, sondern ein Verbotsirrtum im Sinne
von Art. 20 StGB.

Erwägung 4

    4.  Weiter berufen sich die Beschwerdeführer auf Verbotsirrtum. Sie
hätten sich auf ihre Einschätzung der Rechtslage bzw. auf diejenige von
"Greenpeace" verlassen dürfen.

    4.1  Gemäss Art. 20 StGB kann der Richter die Strafe nach
freiem Ermessen mildern oder von einer Bestrafung Umgang nehmen,
wenn der Täter aus zureichenden Gründen angenommen hat, er sei zur Tat
berechtigt. Vermeidbar ist ein Verbotsirrtum regelmässig dann, wenn der
Täter selbst an der Rechtmässigkeit seines Verhaltens zweifelte oder
hätte Zweifel haben müssen. Dasselbe gilt, wenn er durch die zuständige
Behörde ausdrücklich auf die Rechtslage hingewiesen worden ist oder sich
über behördliche Anordnungen hinwegsetzt. Falls Anlass zu Zweifeln an der
Rechtmässigkeit des Verhaltens besteht, hat sich der Täter grundsätzlich
bei der zuständigen Behörde zuvor näher zu informieren (BGE 121 IV 109
E. 5b S. 126 f.; 120 IV 208 E. 5 S. 214 f.; 118 IV 167 E. 4 S. 174 f.; 116
IV 56 E. II/3a S. 68; 115 IV 162 E. 3 S. 166 f., je mit Hinweisen). Soweit
die Entschuldbarkeit des geltend gemachten Verbotsirrtums zu verneinen ist,
kann die Frage offen bleiben, ob der Täter sein Verhalten überhaupt für
rechtmässig hielt (BGE 120 IV 208 E. 5a S. 215). In BGE 121 IV 109 E. 5b
S. 126 erwog das Bundesgericht, dass sich der damalige PTT-Generaldirektor
zur Frage der Strafbarkeit pornographischer Gesprächsangebote ("Telekiosk")
nicht ohne weiteres auf die Gutachten des Rechtsdienstes der PTT habe
verlassen dürfen. Dies umso weniger, als die betreffende Rechtsauffassung
von der Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt ausdrücklich bestritten und
zuvor schon in einem Bundesgerichtsurteil in Frage gestellt worden war.

    4.2  Der blosse Umstand, dass die Beschwerdeführer einen
Rechtsstandpunkt vertreten, der von der publizierten Bundesgerichtspraxis
abweicht, begründet keinen Verbotsirrtum. Analoges gilt für den Hinweis
auf die von "Greenpeace" in Auftrag gegebenen Gutachten. Zum einen
handelt es sich bei der privaten Umweltschutzorganisation "Greenpeace
Schweiz" (bzw. den von ihr beauftragten Privatgutachtern) nicht um eine
für verbindliche Rechtsauskünfte zuständige staatliche Behörde. Zum
anderen sind die fraglichen Rechtsauffassungen zumindest umstritten;
grossenteils stehen sie mit der dargelegten Lehre und Praxis sogar in
Widerspruch. Bei dieser Sachlage durften sich die Beschwerdeführer nicht
ohne weiteres auf die Ansicht verlassen, die inkriminierten Behinderungen
und Sachbeschädigungen seien rechtmässig. Dies umso weniger, als einige der
Beschwerdeführer bereits mit Urteil des Bundesgerichtes 6S.671/1998 vom
11. Dezember 1998 (nach ähnlichen "Greenpeace"-Aktionen) wegen Nötigung
verurteilt worden sind (Blockade des NOK-Verwaltungsgebäudes in Baden am
12. März 1996).

Erwägung 5

    5.  Die Beschwerdeführer beanstanden sodann, die Vorinstanz habe
"die Regeln über die Teilnahme an strafbaren Handlungen nicht richtig
angewendet". Sie habe es unterlassen, "die Tatbeiträge der mehrere Tage
dauernden Aktion zu gewichten und zu untersuchen, ob jeweils Mittäterschaft
oder blosse Gehilfenschaft oder blosse Anwesenheit vorlag".

    5.1  Die Rüge erweist sich als unbegründet, soweit sie in dieser
pauschalen Form überhaupt ausreichend substanziiert erscheint. Zwar gilt
im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde (anders als im
staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren) kein strenges Rügeprinzip. Es muss
in der Beschwerde allerdings wenigstens kurz dargelegt werden, welche
Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid
verletzt seien. Dafür reicht es nicht aus, einfach die Bestimmungen
aufzuzählen, deren Verletzung behauptet wird, ohne darzulegen, inwiefern
die angefochtene Verurteilung bundesrechtswidrig sei. Insbesondere
hat sich die Beschwerdebegründung mit den wesentlichen Erwägungen des
angefochtenen Entscheides auseinander zu setzen. Soweit die Beschwerde
diesen Anforderungen nicht entspricht, kann auf sie grundsätzlich
nicht eingetreten werden (BGE 122 IV 139 E. 1-2 S. 141 f.; vgl. MARTIN
SCHUBARTH, Nichtigkeitsbeschwerde 2001, Bern 2001, Rz. 194; ERHARD SCHWERI,
Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Bern 1993, Rz. 331,
435, 442; HANS WIPRÄCHTIGER, Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, in:
Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel 1998,
Rz. 6.128 f.).

    5.2  Die kantonalen Instanzen haben die jeweiligen Tatbeiträge der
Beschwerdeführer einzeln untersucht und rechtlich gewürdigt. Dabei
wurde berücksichtigt, dass sich nicht alle Angeklagten in gleicher
Weise an den Nötigungshandlungen beteiligt haben. Insbesondere wurde
dem Umstand Rechnung getragen, dass einige nicht selber an physischen
Blockaden teilnahmen, indem sie sich etwa an Geleise anketteten oder
diese besetzten. Sie hätten jedoch (im Interesse einer effizienten
Arbeitsteilung) andere wichtige Funktionen im Rahmen der konzertierten
Blockadeaktion ausgeübt, beispielsweise als Wachen oder als Betreuer
der Angeketteten (Logistik, Verpflegung usw.). Da sie dadurch einen
massgeblichen Tatbeitrag zur Durchführung der Blockadeaktionen geleistet
hätten, sei von Mittäterschaft auszugehen.

    Demgegenüber legen die Beschwerdeführer nicht dar, bei welchen
Verurteilten welche Normen oder Grundsätze des Bundesstrafrechtes unrichtig
angewendet worden wären. Keiner der 37 Beschwerdeführer macht - auf seinen
konkreten Fall bezogen - geltend, er sei zu Unrecht wegen Mittäterschaft
verurteilt worden. Die Beschwerde enthält keine Ausführungen zu den
einzelnen Tatbeiträgen und ihrer teilnahmerechtlichen Qualifikation und
auch keine ausreichend substanziierten bzw. individualisierten Rügen der
Verletzung von Bundesrecht. Insofern setzt sie sich auch mit den Erwägungen
der kantonalen Urteile nicht auseinander und ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Eine Verletzung von Bundesrecht würde im Übrigen auch aus dem
angefochtenen Urteil nicht ersichtlich. Dieses geht von einem zutreffenden
Begriff der Mittäterschaft aus (vgl. dazu BGE 120 IV 17 E. 2d S. 22-24).

Erwägung 6

    6.  Die Beschwerdeführer machen schliesslich geltend, die kantonalen
Instanzen hätten bei der Strafzumessung dem Umstand keine Rechnung
getragen, dass die Straftaten sich ihrerseits gegen rechtswidrige
Handlungen der Kernkraftwerkbetreiber gerichtet hätten. Die Bussen seien
auch im Lichte von BGE 111 IV 167 "erheblich zu hoch", weshalb ein Verstoss
gegen Art. 63 ff. StGB vorliege.

    6.1  Nach der Praxis des Bundesgerichtes bezieht sich der Begriff
des Verschuldens im Sinne von Art. 63 StGB auf den gesamten Unrechts- und
Schuldgehalt der konkreten Straftat. Im Rahmen der sog. "Tatkomponente"
sind insbesondere folgende Faktoren zu beachten: das Ausmass des
verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses
Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und
die Beweggründe des Schuldigen. Die "Täterkomponente" umfasst das
Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der
Tat und im Strafverfahren. Geldstrafen bemisst der Richter je nach den
Verhältnissen des Täters so, dass dieser durch die Einbusse die Strafe
erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist. Für die Verhältnisse
des Täters relevant sind namentlich sein Einkommen und sein Vermögen,
sein Familienstand und seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb,
sein Alter und seine Gesundheit (Art. 48 Ziff. 2 StGB). Einerseits hat
sich der Strafrichter an diese gesetzlichen Vorgaben zu halten. Anderseits
steht ihm bei der Gewichtung der einzelnen Strafzumessungskomponenten
innerhalb des jeweiligen Strafrahmens ein erheblicher Ermessensspielraum
zu. Der Kassationshof kann daher auf Nichtigkeitsbeschwerde hin in das
Ermessen des Sachrichters nur eingreifen, wenn die kantonale Vorinstanz
den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie
von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wenn sie
wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. (in Überschreitung
oder Missbrauch ihres Ermessens) falsch gewichtet hat (BGE 127 IV 101
E. 2a S. 103, E. 2c S. 104; 124 IV 286 E. 4a S. 295; 123 IV 150 E. 2a
S. 153, je mit Hinweisen).

    6.2  Wie bereits dargelegt, ist das Vorbringen der Beschwerdeführer
unzutreffend, das inkriminierte Verhalten habe sich gegen einen
rechtswidrigen Angriff der Kernkraftwerkbetreiber gerichtet. Dass die
kantonale Vorinstanz in diesem Zusammenhang keinen Strafmilderungs- oder
Strafminderungsgrund erkannte, ist bundesrechtskonform. Die Strafdrohung
für Nötigung beträgt Gefängnis oder Busse bis zu Fr. 40'000.- (Art. 181
i.V.m. Art. 48 Ziff. 1 StGB). Bei vollendetem Versuch kann der Täter
(nach Art. 65 StGB) milder bestraft werden (Art. 22 Abs. 1 StGB); bei
echter Konkurrenz mit anderen Straftaten tritt Strafschärfung (nach Art.
68 StGB) ein. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern die
kantonalen Instanzen bei der Festlegung der Bussen (zwischen Fr. 400.-
und Fr. 1'700.-) von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen
wären oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen hätten. Ebenso
wenig machen sie geltend, das angefochtene Urteil verletze Art. 48 Ziff. 2
StGB bzw. bei der Bemessung der Bussen sei den jeweiligen persönlichen
Verhältnissen der Verurteilten keine Rechnung getragen worden.

    Die Höhe der ausgefällten Geldstrafen widerspricht auch BGE 111 IV
167 nicht. In jenem Fall war eine politisch motivierte Demonstration
("Bummelfahrt" aus Protest gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen und andere
verkehrspolitische Massnahmen des Bundesrates) des westschweizerischen
Fahrlehrerverbandes und des "Trucker-Teams Schweiz" zu beurteilen, welche
am 30. November 1984 auf den Autobahnen rund um Bern erfolgt war. Durch
organisiertes langsames Fahren (50-60 km/h) auf der ganzen Breite
der Fahrbahn kam es zu Staus, Verkehrsunfällen und einer zeitweiligen
Blockierung des Autobahnnetzes. Einer der Verantwortlichen wurde wegen
Teilnahme an einer nichtbewilligten Demonstration und grober Verletzung von
Verkehrsregeln vom Obergericht des Kantons Bern mit Fr. 500.- gebüsst. Zwar
mochte dieses Strafmass (aus heutiger Sicht) relativ milde erscheinen. Wie
in BGE 111 IV 167 E. 1 S. 168 ausdrücklich erwähnt wird, richtete sich
die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde jedoch ausschliesslich gegen
die Verurteilung wegen grober Verkehrsregelverletzung (im Sinne von
Art. 90 Ziff. 2 SVG). Die Strafzumessung wurde nicht angefochten, und
das Bundesgericht hatte sich zur Höhe der Busse von Fr. 500.- nicht zu
äussern. Aus dem genannten Urteil ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte
für die Bundesrechtswidrigkeit der hier angefochtenen Strafzumessung.