Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 IV 305



129 IV 305

46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. und Y. AG gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.184/2003 vom 16. September 2003

Regeste

    Art. 28 ff. und 59 StGB. Einziehung von Vermögenswerten bei
Antragsdelikten.

    Die durch ein Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte sind auch
einzuziehen, wenn ein gültiger Strafantrag fehlt (E. 4).

    Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 und Art. 70 ff. aStGB, Art.  277ter
BStP. Verjährung der Strafverfolgung und des Einziehungsrechts bei
(teilweiser) Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde.

    Soweit die letztinstanzliche kantonale Verurteilung wegen bestimmter
Straftaten mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht oder
erfolglos angefochten worden ist und damit materiell rechtskräftig
bleibt, findet keine Strafverfolgung mehr statt und hört daher in Bezug
auf diese Straftaten die Verfolgungsverjährung mit der Ausfällung des
letztinstanzlichen kantonalen Entscheides definitiv zu laufen auf. Dies
gilt auch, wenn infolge (teilweiser) Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde
aus andern Gründen das angefochtene Urteil formal vollumfänglich
aufgehoben wird und die kantonale Instanz etwa wegen des Dahinfallens
von Verurteilungen des Beschuldigten in andern Punkten die Strafe neu
bemessen muss (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 6.2).

    Entsprechendes gilt in Bezug auf die Verjährung des Einziehungsrechts,
welches mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht oder erfolglos angefochten
worden ist (E. 6.3).

Sachverhalt

    A.- Die Firma Y. AG (Beschwerdeführerin 2) mit Sitz in Zug liess durch
die von ihr hiezu beauftragte Firma Z. AG von Prag aus im November 1994,
im Januar 1995, im November 1995 und im März/April 1997 an jeweils mehrere
hunderttausend Adressaten unter anderem in Grossbritannien, Australien,
Finnland, Schweden, Belgien, Italien und in der Türkei in der Aufmachung
Rechnungen ähnliche Offerten betreffend Einträge in internationale
Telex- und Telefaxverzeichnisse zum Preis von umgerechnet Fr. 1'300.-
zukommen. X. (Beschwerdeführer 1) war als wirtschaftlicher Beherrscher
und Geschäftsführer der Y. AG wie auch der Z. AG für die Ausgestaltung
der Formulare, den Zeitpunkt und den Ablauf ihres Versandes, die Auswahl
der Adressaten, die Preisgestaltung und die Erstellung der Verzeichnisse
verantwortlich. In der Zeit von November 1994 bis April 1997 gingen
insgesamt 43 Beschwerden aus dem Ausland bei schweizerischen Behörden
ein, darunter auch Strafanträge. Mit Eingabe vom 24. Mai 1995 stellte
auch das damalige Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA;
heute: Staatssekretariat für Wirtschaft, seco) namens der Schweizerischen
Eidgenossenschaft beim Verhöramt des Kantons Zug gestützt auf Art. 10
Abs. 2 lit. c UWG (SR 241) Strafantrag gegen die verantwortlichen
Personen der Y. AG wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b und h
UWG. Den diversen Eingaben lag zusammengefasst der Vorwurf zu Grunde,
die von der Y. AG versandten Formulare seien täuschend und irreführend,
indem sie auf Grund ihrer Ausgestaltung bei den Adressaten den falschen
Eindruck erweckten, es handle sich um fällige Rechnungen für bereits
erfolgte Einträge in internationale Telex- und Telefaxverzeichnisse,
wodurch die Adressaten verleitet worden seien, irrtümlich den für das
Angebot der Y. AG geforderten Betrag an diese zu überweisen. Das BIGA
vertrat in seinem Strafantrag zudem den Standpunkt, die Y. AG habe durch
ihr als besonders aggressive Verkaufsmethode zu qualifizierendes Vorgehen
die Entscheidungsfreiheit der Adressaten beeinträchtigt.

    B.

    B.a  Am 7. Dezember 2001 verurteilte der Einzelrichter des Kantons
Zug X. wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b und h
UWG zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 45 Tagen. Die bei
der Firma Y. AG beschlagnahmten und bei der Zuger Kantonalbank angelegten
Vermögenswerte (Festgeldanlage von Fr. 200'000.- sowie Kontokorrentguthaben
von Fr. 3'716.72, Stand 30.09.2001) wurden gestützt auf Art. 59 Ziff.
1 StGB zu Händen des Staates eingezogen.

    B.b  Am 3. Juli 2002 sprach das Strafgericht des Kantons Zug
X. in Gutheissung von dessen Berufung von der Anklage der mehrfachen
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im
Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b und h UWG frei. Es ordnete zudem an,
dass die beschlagnahmten Vermögenswerte nach Ablauf der Rechtsmittelfristen
beziehungsweise nach Ausfällung von allfällige Rechtsmittel abweisenden
Bundesgerichtsentscheiden an die Berechtigten herauszugeben seien.

    C.- Mit Entscheid des Bundesgerichts vom 18. Dezember 2002 wurde die
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zug teilweise gutgeheissen, das Urteil des Strafgerichts vom 3. Juli
2002 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

    Das Bundesgericht erkannte, dass der Versand der Formulare im
November 1994, im Januar 1995, im November 1995 sowie auch der Versand
der Formulare im März/April 1997 entgegen der Auffassung der Beschwerde
führenden Staatsanwaltschaft nicht unlauter im Sinne von Art. 3 lit. h UWG
seien, da die Verkaufsmethoden nicht als besonders aggressiv qualifiziert
werden könnten. Hingegen seien die im November 1994, im Januar 1995 und
im November 1995 versandten Formulare nach der zutreffenden Auffassung
der Beschwerde führenden Staatsanwaltschaft unlauter im Sinne von Art. 3
lit. b UWG, da sie unrichtige beziehungsweise irreführende Angaben über die
Geschäftsverhältnisse enthielten. Die Vorinstanz werde prüfen, ob insoweit
die weiteren Voraussetzungen für eine Verurteilung von X. wegen unlauteren
Wettbewerbs im Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b UWG erfüllt seien.

    Da nach Ausfällung des Urteils des Strafgerichts vom 3. Juli
2002, durch welches der Beschuldigte freigesprochen wurde, die
Verfolgungsverjährung weiterlief, hatte sich der Kassationshof auch mit
der Frage der Verjährung zu befassen, insbesondere mit der Frage, ob das
am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene neue Recht der Verjährung für den
Beschuldigten das mildere sei. Der Kassationshof verneinte dies; somit
sei das alte Verjährungsrecht anwendbar. Der Kassationshof wies darauf
hin, dass im Zeitpunkt der Ausfällung seines Urteils vom 18. Dezember
2002 der Versand der Formulare im November 1994 und der Versand der
Formulare im Januar 1995 bereits mehr als 7 ½ Jahre zurücklagen und
somit, für sich allein betrachtet, absolut verjährt seien und einzig der
Versand der Formulare im November 1995 zurzeit noch nicht absolut verjährt
sei. Die Vorinstanz werde zu entscheiden haben, ob zwischen dem Versand
der Formulare im November 1995 einerseits sowie im Januar 1995 und im
November 1994 andererseits eine verjährungsrechtliche Einheit bestehe
(siehe BGE 129 IV 49 E. 5).

    Soweit die Vorinstanz im neuen Verfahren zum Ergebnis gelangen werde,
dass strafbare Handlungen im Sinne von Art. 59 StGB begangen worden
seien, werde sie prüfen müssen, ob und gegebenenfalls im welchem Umfang
durch diese strafbaren Handlungen Vermögenswerte erlangt worden seien.

    D.- Das Strafgericht des Kantons Zug sprach X. am 28. März 2003 der
mehrfachen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb gemäss Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b UWG im Zusammenhang mit
den Formularversendungen der Y. AG im November 1994, im Januar 1995 und im
November 1995 schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 15'000.-,
bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

    Das Gericht ordnete zulasten der Firma Y. AG gestützt auf Art. 59
Ziff. 1 StGB die Einziehung eines Vermögenswerts im Betrag von Fr. 40'000.-
an und verpflichtete die Y. AG gestützt auf Art. 59 Ziff. 2 StGB, dem
Staat eine Ersatzforderung in der Höhe von Fr. 165'804.45 zu bezahlen.

    E.- X. und die Firma Y. AG führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, das Urteil des Strafgerichts des Kantons Zug sei aufzuheben
und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.

    4.1  Die Beschwerdeführerin 2 macht wie bereits im kantonalen Verfahren
geltend, bei Antragsdelikten falle eine Einziehung (Art. 59 Ziff. 1 StGB)
wie auch eine Ersatzeinziehung (Art. 59 Ziff. 2 StGB) ausser Betracht,
soweit es an einem gültigen Strafantrag fehle.

    Die Vorinstanz hat diesen Einwand verworfen. Beim Strafantrag handle
es sich um eine Prozessvoraussetzung, deren Fehlen nichts daran ändere,
dass ein Straftatbestand objektiv und subjektiv erfüllt sei. Das Fehlen
einer Prozessvoraussetzung stehe einer Vermögenseinziehung gemäss Art. 59
StGB nicht von vornherein entgegen, wie sich auch aus BGE 117 IV 233
ff. sowie aus dem Urteil des Bundesgerichts 6S.477/2001 vom 9. Oktober
2001 betreffend die Zulässigkeit der Einziehung bei verjährter Anlasstat
ergebe. Das UWG schütze den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im
Interesse aller Beteiligten, unter anderem auch der Konsumenten. Der Wille
des Einzelnen, dass die Anlasstat verfolgt beziehungsweise nicht verfolgt
werde, könne bei der Frage der Einziehung nicht entscheidend sein, zumal
auch ein öffentliches Interesse an einem lauteren Wettbewerb bestehe.

    4.2  Der Richter verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die
durch eine strafbare Handlung erlangt worden sind oder dazu bestimmt
waren, eine strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, sofern
sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes
ausgehändigt werden (Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Sind die der Einziehung
unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt der Richter
auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe (Art. 59 Ziff. 2
Abs. 1 erster Satzteil StGB).

    4.2.1  Strafbare Handlung im Sinne von Art.  59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ist
eine objektiv und subjektiv tatbestandsmässige und rechtswidrige Tat. Bei
Vorsatzdelikten muss mithin der Vorsatz, der zum subjektiven Tatbestand
gehört, gegeben sein. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Handlung
schuldhaft ist. Die Einziehung von Vermögenswerten ist auch zulässig, wenn
der Beschuldigte in Bezug auf die Anlasstat zurechnungsunfähig (Art. 10
StGB) oder einem - schuldausschliessenden - Rechtsirrtum (Art. 20 StGB)
erlegen ist. Die Vermögenseinziehung ist, wie die Sicherungseinziehung,
ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person anzuordnen,
auch wenn Art. 59 StGB dies im Unterschied zu Art. 58 StGB nicht
ausdrücklich vorsieht (siehe zum Ganzen BGE 125 IV 4 E. 2a/bb; SCHMID,
Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Bd. I,
1998, Art. 59 StGB N. 25; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Kurzkommentar, 2. Aufl., 1997, Art. 59 StGB N. 3; FLORIAN BAUMANN, Basler
Kommentar, StGB I, 2003, Art. 59 StGB N. 17).

    Die Vermögenseinziehung setzt mithin zum einen eine strafbare Handlung
im umschriebenen Sinne voraus und ist zum andern unabhängig von der
Strafbarkeit einer bestimmten Person anzuordnen.

    Daraus folgt, dass die Einziehung der durch eine strafbare Handlung
erlangten Vermögenswerte auch möglich ist, wenn die Straftat wegen eines
Verfahrenshindernisses oder wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung
nicht verfolgt werden kann.

    4.2.2  So können Vermögenswerte, die etwa durch Übertretungen erlangt
worden sind, auch noch eingezogen werden, wenn die Übertretung bereits
verjährt ist. Das Strafgesetzbuch sieht für das Recht zur Einziehung
längere Verjährungsfristen als für die Verfolgung von Übertretungen vor;
die Fristen betragen nach dem vorliegend anwendbaren alten Verjährungsrecht
mindestens 5 Jahre respektive 1 Jahr und nach dem seit 1. Oktober 2002 in
Kraft stehenden Verjährungsrecht sowie auch nach dem künftigen Allgemeinen
Teil des Strafgesetzbuches gemäss Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002
(siehe Art. 70 Abs. 3 und Art. 109 nStGB; BBl 2002 S. 8240 ff., 8267 f.,
8282) mindestens 7 Jahre respektive 3 Jahre (vgl. auch BGE 117 IV 233
ff. zum alten Einziehungsrecht, welches die Verjährung des Rechts zur
Einziehung nicht ausdrücklich regelte).

    4.2.3  Der Strafantrag ist nach der Rechtsprechung und der heute wohl
herrschenden Lehre eine Prozessvoraussetzung (BGE 69 IV 69 E. 5; 81 IV
90 E. 3; 105 IV 229 E. 1; 128 IV 81 E. 2a, je mit Hinweisen; TRECHSEL,
aaO, N. 4 vor Art. 28 StGB; CHRISTOF RIEDO, Basler Kommentar, StGB I,
2003, N. 30 ff. vor Art. 28 StGB, je mit Hinweisen). Bei Fehlen eines
gültigen Strafantrags fällt eine Strafverfolgung und damit eine Bestrafung
ausser Betracht. Daraus folgt aber nicht, dass auch die Einziehung der
durch ein Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte unzulässig sei, wenn
ein gültiger Strafantrag fehlt. Die Einziehung von Vermögenswerten ist,
wie die Sicherungseinziehung (Art. 58 StGB), nicht eine Nebenstrafe,
sondern eine Massnahme.

    4.2.4  Die wohl herrschende Lehre neigt indessen zur Auffassung, dass
jedenfalls die Einziehung von Vermögenswerten (Art. 59 StGB), allenfalls im
Unterschied zur Sicherungseinziehung (Art. 58 StGB), ausser Betracht fällt,
wenn die Anlasstat nur auf Antrag strafbar ist und ein Strafantrag fehlt
(SCHMID, aaO, Art. 59 StGB N. 26; FLORIAN BAUMANN, Deliktisches Vermögen,
Dargestellt anhand der Ausgleichseinziehung, Diss. Zürich 1997, S. 18;
LOUIS GAILLARD, La confiscation des gains illicites, Le droit des tiers,
in: Le rôle sanctionnateur du droit pénal, 1985, S. 155 ff., 162; JEAN
GAUTHIER, Quelques aspects de la confiscation selon l'article 58 du CPS,
in: Lebendiges Strafrecht, Festgabe Hans Schultz, ZStrR 94/1974 S. 364 ff.,
371 f.; MARLÈNE KISTLER, La vigilance requise en matière d'opérations
financières, Diss. Lausanne 1994, S. 74; wohl auch JÜRG LUZIUS MÜLLER,
Die Einziehung im schweizerischen Strafrecht [Art. 58 und Art. 58bis],
Diss. Basel 1993, S. 46/47). Begründet wird dies im Wesentlichen mit der
Überlegung, der Verletzte, der keinen Strafantrag stelle, bringe damit
zum Ausdruck, dass er keine staatliche Sanktionierung des täterischen
Verhaltens unter Einschluss der Vermögenseinziehung wünsche (SCHMID,
aaO, Art. 59 StGB N. 26). Wenn das Gesetz bei Antragsdelikten die
Strafverfolgung der Initiative des Verletzten überlasse, sei anzunehmen,
dass dasselbe auch für die Einziehung der durch das Antragsdelikt
erlangten Vermögenswerte gelte (LOUIS GAILLARD, aaO, S. 162; FLORIAN
BAUMANN, Deliktisches Vermögen, S. 18; MARLÈNE KISTLER, aaO, S. 74). Es
bestehe kein Grund, dass der Staat bei Fehlen eines Strafantrags
stellvertretend Restitution betreibe (JÜRG LUZIUS MÜLLER, aaO, S.
47). Einzelne Autoren schliessen eine Einziehung von Vermögenswerten
bei Fehlen des Strafantrags in Bezug auf die Anlasstat jedenfalls aus,
wenn das Vorliegen eines Strafantrags nicht als Prozessvoraussetzung,
sondern als objektive Strafbarkeitsbedingung qualifiziert wird (SCHULTZ,
Die Einziehung, der Verfall von Geschenken und anderen Zuwendungen sowie
die Verwendung zugunsten des Geschädigten gemäss StrGB rev. Art. 58 f.,
in: ZBJV 114/1978 S. 305 ff., 324).

    Die damit von der wohl herrschenden Lehre zum Ausdruck gebrachten
Überlegungen erfassen indessen lediglich den Fall, dass der Geschädigte
in Kenntnis der Sach- und Rechtslage freiwillig auf einen Strafantrag
verzichtet hat. Sie erfassen nicht die Fälle, in denen der Geschädigte
zwar einen Strafantrag eingereicht hat, dieser aber aus irgendeinem
Grunde ungültig ist, oder in denen der Verletzte in Verkennung der
Sach- oder Rechtslage irrtümlich davon ausging, die Tat werde von
Amtes wegen verfolgt. Zudem kann unter Umständen durch eine strafbare
Handlung ein Vermögenswert erlangt werden, ohne dass dadurch eine andere
Person nachweisbar geschädigt worden ist; eine solche Konstellation ist
beispielsweise bei unlauterem Wettbewerb im Sinne von Art. 23 UWG möglich
(vgl. JEAN GAUTHIER, aaO, S. 373). Auch wenn aber der Geschädigte in
Kenntnis der Sach- und Rechtslage auf einen Strafantrag verzichtet,
weil er, etwa bei Delikten unter Angehörigen und Familiengenossen, eine
Bestrafung des Täters nicht wünscht, kann er gleichwohl ein berechtigtes
Interesse daran haben, dass ihm der abhanden gekommene Vermögenswert auf
dem Wege eines selbständigen Einziehungsverfahrens gemäss Art. 59 Ziff. 1
Abs. 1 in fine StGB restituiert wird.

    4.2.5  Die Einziehung von Vermögenswerten beruht auf der Überlegung,
dass sich strafbares Verhalten nicht lohnen darf (siehe BGE 125 IV 4
E. 2a/aa; 119 IV 17 E. 2a mit Hinweisen). Es ist nicht ersichtlich,
weshalb sich strafbares Verhalten wirtschaftlich doch lohnen dürfe, wenn
aus irgendeinem Grunde der erforderliche gültige Strafantrag fehlt. Der
Umstand, dass bei Fehlen eines gültigen Strafantrags eine Strafverfolgung
ausser Betracht fällt, rechtfertigt es nicht, auch auf die Einziehung
der durch das Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte zu verzichten.

    4.2.6  Die durch ein Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte sind
mithin auch einzuziehen, wenn ein gültiger Strafantrag fehlt. Dies
ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach die durch
eine strafbare Handlung erlangten Vermögenswerte ohne Rücksicht auf
die Strafbarkeit einer bestimmten Person einzuziehen sind, als auch aus
Sinn und Zweck der Vermögenseinziehung, wonach sich strafbares Verhalten
nicht lohnen darf. Das Gesetz enthält auch keine Anhaltspunkte für eine
differenzierende Lösung etwa in dem Sinne, dass die Einziehbarkeit der
durch ein Antragsdelikt erlangten Vermögenswerte davon abhängen könnte,
aus welchen Gründen im konkreten Einzelfall ein gültiger Strafantrag
fehlt und/oder eine bestimmte Straftat nur auf Antrag verfolgt wird;
diese Gründe liessen sich im Übrigen ohnehin oft nur schwer ermitteln.

    4.3  Die Vermögenswerte, welche die Beschwerdeführerin 2 durch die
Widerhandlungen im Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b UWG, begangen
durch den Versandder Formulare im November 1995, erlangt hat, unterliegen
somit nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz auch insoweit der
Einziehung (Art. 59 Ziff. 1 StGB) beziehungsweise der Ersatzeinziehung
(Art. 59 Ziff. 2 StGB), als es an rechtsgültigen Strafanträgen in Bezug
auf die Anlasstaten fehlt.

    (...)

Erwägung 6

    6.  (...)

    6.1  Die Vorinstanz wird im neuen Verfahren die Strafe neu bemessen und
die Höhe der einzuziehenden Vermögenswerte beziehungsweise der staatlichen
Ersatzforderung neu bestimmen.

    6.2

    6.2.1  Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hört die
Verfolgungsverjährung mit der Ausfällung des in Rechtskraft erwachsenen
letztinstanzlichen kantonalen Entscheides, durch welchen der Beschuldigte
verurteilt wird, zu laufen auf. Die Verfolgungsverjährung wird durch
die Einreichung einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht
wieder in Gang gesetzt. Nur wenn der Kassationshof in Gutheissung der
vom Verurteilten eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde den kantonalen
Entscheid aufhebt und die Sache zur Fortsetzung der Strafverfolgung an
die kantonale Instanz zurückweist, nimmt die Verfolgungsverjährung ihren
Fortgang und läuft der noch verbliebene Rest der Frist ab Eröffnung des
bundesgerichtlichen Urteils weiter (BGE 111 IV 87 E. 3a S. 90 f. mit
Hinweisen; Urteile 6S.683/2001 vom 28. Januar 2002 und 6S.556/1992 vom
14. Juni 1993; siehe auch BGE 121 IV 64 E. 2; 116 IV 80 E. 1; 115 Ia 321
E. 3e).

    6.2.2  In Präzisierung der Rechtsprechung ist festzuhalten,
dass diese Praxis nur gilt, soweit die kantonale Instanz infolge der
(teilweisen) Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
erneut über die Verurteilung wegen bestimmter Straftaten befinden muss.
Soweit aber die letztinstanzliche kantonale Verurteilung wegen bestimmter
Straftaten nicht oder erfolglos angefochten worden ist und damit materiell
rechtskräftig bleibt, findet keine Strafverfolgung mehr statt und hört
daher in Bezug auf diese Straftaten die Verfolgungsverjährung - wie der
Kassationshof bereits im Urteil 6S.683/2001 vom 28. Januar 2002 angedeutet
hat - mit der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Entscheides
definitiv zu laufen auf. Dies gilt auch, wenn infolge der (teilweisen)
Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde aus anderen
Gründen das angefochtene Urteil formal vollumfänglich aufgehoben wird
und die kantonale Instanz etwa wegen des Dahinfallens von Verurteilungen
des Beschuldigten in anderen Punkten die Strafe neu bemessen muss. Denn
soweit eine Verurteilung mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
nicht oder erfolglos angefochten worden ist, kann weder die Vorinstanz
(siehe Art. 277ter Abs. 2 BStP) noch das Bundesgericht in einem allfälligen
weiteren Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde darauf zurückkommen (BGE
123 IV 1 E. 1; 110 IV 116; 106 IV 194 E. 1c, je mit Hinweisen).

    Diese Präzisierung der Rechtsprechung zum - vorliegend anwendbaren -
alten Verjährungsrecht ist auch in Anbetracht des am 1. Oktober 2002 in
Kraft getretenen neuen Verjährungsrechts geboten, wonach die Verjährung
nicht mehr eintreten kann, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein
erstinstanzliches Urteil ergangen ist, die Verjährung also bereits mit
der Ausfällung des erstinstanzlichen Urteils zu laufen aufhört.

    6.2.3  Der Beschwerdeführer 1 hat die Verurteilung wegen unlauteren
Wettbewerbs im Sinne von Art. 23 i.V.m. Art. 3 lit. b UWG, begangen
durch den Versand der Formulare im November 1995, in der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde erfolglos angefochten; seine Rüge, er habe
nicht eventualvorsätzlich gehandelt, ist unbegründet. Daher läuft die
Verfolgungsverjährung in Bezug auf diese Straftaten ab der Eröffnung
des vorliegenden Bundesgerichtsentscheids nicht weiter, obschon das
angefochtene Urteil in teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde
aus anderen Gründen formal vollumfänglich aufgehoben wird und die
Vorinstanz infolge Wegfalls der übrigen Verurteilungen (Versand der
Formulare im November 1994 und Januar 1995) wegen Eintritts der Verjährung
die Strafe neu bemessen muss.

    6.3  Entsprechendes gilt in Bezug auf das Recht zur Einziehung
der durch den Versand der Formulare im November 1995 erlangten
Vermögenswerte. Diese Einziehung wurde in der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde erfolglos angefochten; die Rüge, die Einziehung
falle insoweit mangels gültiger Strafanträge ausser Betracht, ist
unbegründet (siehe E. 4 hievor). Mit der Eröffnung des vorliegenden
Bundesgerichtsentscheids läuft die Verjährung in Bezug auf dieses
Einziehungsrecht nicht weiter. Unerheblich ist, dass das angefochtene
Urteil in teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde aus anderen
Gründen formal vollumfänglich aufgehoben wird und die Vorinstanz
infolge der Verjährung des Rechts zur Einziehung der Vermögenswerte,
welche durch den Versand der Formulare im November 1994 und im Januar
1995 erlangt wurden, neu die Vermögenswerte beziffern muss, welche die
Beschwerdeführerin 2 durch den Versand der Formulare im November 1995
allein erlangt hat.