Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 IV 124



129 IV 124

16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Y. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.712/2000 vom 8. Januar 2003

Regeste

    Art. 159 Abs. 1 aStGB; ungetreue Geschäftsführung.

    Die Entgegennahme von Schmiergeldern erfüllt den Tatbestand
der ungetreuen Geschäftsführung nur, wenn der Geschäftsführer durch
die Zuwendung zu einem Verhalten verleitet wird, das sich gegen die
Vermögensinteressen des Geschäftsherrn richtet und sich schädigend
auswirkt. Die blosse Verletzung der arbeitsvertraglichen Herausgabepflicht
bleibt straflos (E. 4.1).

Sachverhalt

    A.- Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte Y. mit Urteil vom
5. Mai 2000 in zweiter Instanz der Gehilfenschaft zu qualifizierter
ungetreuer Geschäftsführung im Sinne von Art. 25 in Verbindung mit Art. 159
Abs. 1 und 2 aStGB schuldig und verurteilte ihn zu 3 Monaten Gefängnis,
unter Anrechnung von 10 Tagen Untersuchungshaft, mit bedingtem Strafvollzug
bei einer Probezeit von 2 Jahren. Von weiteren Anklagepunkten sprach es
ihn frei.

    B.- Y. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil sei aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.1  Die Vorinstanz stellt folgenden, für den Kassationshof
verbindlichen Sachverhalt fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP):

    Der Beschwerdeführer war im Tatzeitraum Inhaber der von ihm gegründeten
E. AG mit Sitz in Zug, welche auf die Platzierung von ausländischen
Wertpapieren in der Schweiz spezialisiert war. A. und B. waren bei der
Alpha Bank, Zürich, (heute Gamma Bank [Namen geändert]), im Range eines
Vizedirektors als Börsenchef und Anlageberater angestellt.

    Am 6./7./8. Juli 1993 kaufte die Alpha Bank, für welche A.
die Verkaufsverhandlungen führte, von der E. AG 500'000 Aktien der
Firma Hanover Gold Corporation (Hanover Gold) zu Kursen zwischen USD
3.25 und USD 3.75. A. hatte mit dem Beschwerdeführer zuvor für den Fall
des erfolgreichen Geschäftsabschlusses vereinbart, dass dieser (der
Beschwerdeführer) seine Kommission von 10% (bezogen auf den Bezugspreis
von USD 3.25) und einen Differenzbetrag, "der daraus resultierte, dass bei
einem Teil der Aktien ein schlechterer Kurs als der ursprünglich offerierte
in Anschlag gebracht wurde" an ihn weiterleiten würde. A. kassierte auf
diesem Weg eine Schwarzzahlung in der Höhe von USD 380'000.-, an welcher
er B., der sich im Anlagekomitee nach Absprache mit A. für das Investment
eingesetzt hatte, beteiligte. Die Vorinstanz erklärte A. und B. der
qualifizierten ungetreuen Geschäftsführung und den Beschwerdeführer der
Gehilfenschaft dazu schuldig. In Bezug auf den Beschwerdeführer nimmt sie
an, es könne keinem Zweifel unterliegen, dass er zu jenem Zeitpunkt gewusst
habe, dass A. die Schwarzzahlung nicht habe der Alpha Bank zukommen lassen,
sondern für sich privat habe verwenden wollen. (...)

Erwägung 3

    3.

    3.1  Der ungetreuen Geschäftsführung gemäss Art.  159 Abs. 1 aStGB
macht sich strafbar, wer jemanden am Vermögen schädigt, für das er
infolge einer gesetzlichen oder einer vertraglich übernommenen Pflicht
sorgen soll. Der am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Tatbestand der
ungetreuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158 Ziff. 1 StGB ist nicht milder.
Die kantonalen Behörden sind deshalb zu Recht von der Anwendbarkeit von
Art. 159 aStGB ausgegangen (Art. 2 Abs. 2 StGB).

    Der Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung ist ein Verletzungs-,
nicht ein Gefährdungsdelikt. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn der Täter
in der Stellung eines Geschäftsführers treuwidrig eine Schutzpflicht
zur Wahrung fremder Vermögensinteressen verletzt hat und es dadurch
zu einer Schädigung des anvertrauten Vermögens gekommen ist. In
subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz
genügt. Ein Vermögensschaden liegt nach der Rechtsprechung vor bei
tatsächlicher Schädigung durch Verminderung der Aktiven, Vermehrung der
Passiven, Nicht-Verminderung der Passiven oder Nicht-Vermehrung der
Aktiven sowie dann, wenn das Vermögen in einem Masse gefährdet wird,
dass es in seinem wirtschaftlichen Wert vermindert ist. Letzteres ist
der Fall, wenn der Gefährdung im Rahmen einer sorgfältigen Bilanzierung
durch Wertberichtigung oder Rückstellung Rechnung getragen werden muss
(BGE 120 IV 190 E. 2b; 121 IV 104 E. 2c; 122 IV 279 E. 2; 123 IV 17 E. 3;
ANDREAS DONATSCH, Aspekte der ungetreuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158
StGB, ZStrR 114/1996 S. 202 f.; MARTIN SCHUBARTH, Vermögensschaden durch
Vermögensgefährdung, Mélanges Jean Gauthier, Berne 1996, S. 71 ff.).

    Geschäftsführer im Sinne von Art. 159 aStGB ist, wer in tatsächlich
oder formell selbständiger und verantwortlicher Stellung im Interesse
eines andern für einen nicht unerheblichen Vermögenskomplex zu sorgen
hat. Geschäftsführer ist nicht nur, wer Rechtsgeschäfte nach aussen
abzuschliessen hat, sondern auch, wer entsprechend seiner Fürsorgepflicht
im Innenverhältnis für fremde Vermögensinteressen sorgen soll (BGE 123
IV 17 E. 3b; 120 IV 190 E. 2b; 118 IV 244 E. 2a, je mit Hinweisen).

    Dass A. als Vizedirektor der Alpha Bank mit weitreichenden
Entscheidungskompetenzen die Stellung eines Geschäftsführers zukam,
steht ausser Frage.

    3.2  Als Gehilfe ist nach Art. 25 StGB strafbar, wer zu einem
Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet. Nach der
Rechtsprechung gilt als Hilfeleistung jeder kausale Beitrag, der die
Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders
abgespielt hätte. Der Gehilfe fördert eine Tat, wenn er sie durch einen
untergeordneten Tatbeitrag unterstützt bzw. wenn er die Ausführung
der Haupttat durch irgendwelche Vorkehren oder durch psychische Hilfe
erleichtert. Die Hilfeleistung muss tatsächlich zur Tat beitragen und
die Erfolgschancen der tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen. Nicht
erforderlich ist, dass es ohne die Beihilfe nicht zur Tat gekommen wäre
(BGE 121 IV 109 E. 3a; 120 IV 265 E. 2c/aa).

    Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten
grundsätzlich im Sinne von Art. 25 StGB Hilfe geleistet hat. Die
Strafbarkeit des Gehilfen hängt aber von Tatbestandsmässigkeit
und Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Haupttäters ab (limitierte
Akzessorietät). Zu prüfen ist im Folgenden somit, ob A. sich der ungetreuen
Geschäftsführung schuldig gemacht, namentlich ob er mit seinem Verhalten
das Vermögen der Alpha Bank geschädigt hat.

Erwägung 4

    4.  Der an A. überwiesene Betrag setzt sich zusammen aus der
Kaufpreisdifferenz und der dem Beschwerdeführer selbst zustehenden
Kommission von 10% des Erlöses.

    4.1  Bei der Überlassung der Kommission an A. hat der Beschwerdeführer
vollständig auf den ihm zustehenden Gewinn aus der Platzierung der Aktien
verzichtet. Die beiden Beteiligten haben diese Vereinbarung bereits im
Verlaufe der Vertragsverhandlungen, mithin vor Abschluss der Transaktion
getroffen. Im Gegensatz zum Anklagepunkt IV.C, bei welchem nach den
verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz der Mitangeklagte X. die von
der Brokerin ausgerichteten Zuwendungen erst nach Abschluss des Geschäfts
empfangen hat, so dass sie keinen Einfluss auf die Geschäftsführung haben
konnten (vgl. Parallelfall 6S.711/2000 vom 8. Januar 2003), hat sich
hier die Absprache auf die konkrete Geschäftsführung ausgewirkt. Denn das
Zustandekommen des Geschäfts hing unbestrittenermassen vom Einverständnis
des Beschwerdeführers mit der geforderten Zuwendung ab, was sich
auch aus der Aussage des Beschwerdeführers im Untersuchungsverfahren
ergibt, wonach für ihn nach dem ersten Geschäft klar geworden sei, dass
A. "nur etwas macht, wenn er etwas zurück erhält dafür". Damit kommt
dieser Geldleistung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers der
Charakter eines Bestechungs- oder Schmiergeldes zu. Nach Art. 321b OR
wäre A. verpflichtet gewesen, diese Schwarzzahlung seiner Arbeitgeberin
herauszugeben, der sie ursprünglich auch zugedacht war (vgl. REHBINDER,
Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 2. Aufl., Art. 321b OR N. 1;
ders., Berner Kommentar, Art. 321b OR N. 3; STAEHELIN, Zürcher Kommentar,
Art. 321b OR N. 3). Indem A. die Zahlung nicht der Alpha Bank ablieferte,
sondern in die eigene Tasche abzweigte, hat er seine Treuepflicht gegenüber
seiner Arbeitgeberin verletzt.

    Zwar ist davon auszugehen, dass das Ausrichten bzw.  Empfangen von
privaten Schmier- oder Bestechungsgeldern - jedenfalls zum heutigen
Zeitpunkt - grundsätzlich nicht verboten ist, sofern dies nicht unter
Art. 4 lit. b UWG (SR 241) fällt (NIKLAUS SCHMID, Die strafrechtliche
Verantwortlichkeit für Wirtschaftsdelikte im Tätigkeitsbereich der
Aktiengesellschaft, Schweizerische Aktiengesellschaft 46/1974 S. 116;
HANS DUBS, Strafbarkeit der Privatbestechung, in: Wirtschaft und
Strafrecht, Festschrift für Niklaus Schmid, Zürich 2001, S. 385;
zu den gesetzgeberischen Bestrebungen s. Botschaft zur Revision des
Korruptionsstrafrechts vom 19.4.1999, BBl 1999 S. 5522 f., und GÜNTER
HEINE, Korruptionsbekämpfung im Geschäftsverkehr durch Strafrecht, ZBJV
138/2002 S. 533 ff. mit rechtsvergleichender Übersicht). Auch liegt in der
Verletzung der Herausgabepflicht allein noch keine strafwürdige ungetreue
Geschäftsführung (ALEX VOLLMAR, Die ungetreue Geschäftsführung [Art. 159
StGB], Diss. Zürich 1978, S. 135 f., 139; DONATSCH, aaO, ZStrR 114/1996
S. 214; a.M. SCHMID, aaO, S. 118). Sofern die Vorinstanz den Schuldspruch
der ungetreuen Geschäftsführung allein mit dieser Vertragsverletzung
begründet, steht das angefochtene Urteil nicht im Einklang mit Bundesrecht.

    Der Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung ist nur erfüllt,
wenn der Empfänger durch die Zahlung von Provisionen oder Schmiergeldern
(als Gegenleistung für eine Bevorzugung) zu einem Verhalten verleitet
wird, das sich gegen die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn richtet
und sich somit schädigend auswirkt (SCHMID, aaO, S. 117; VOLLMAR, aaO,
S. 137). Dies ist hier der Fall. Denn das Schmiergeld war ursprünglich als
Gegenleistung für die getätigten Transaktionen für die Alpha Bank selbst
bestimmt gewesen. Indem A. den Abschluss des Geschäfts von dieser Zuwendung
an ihn persönlich abhängig machte und sich nur deshalb im Anlagekomitee
für das Engagement der Bank in die Titel der Hanover Gold stark machte,
stellte er seine privaten Interessen pflichtwidrig vor diejenigen seiner
Arbeitgeberin. Damit hat er deren Vermögensinteressen verletzt. Hierin
hat die Vorinstanz zu Recht eine ungetreue Geschäftsführung i.S. von Art.
159 StGB erblickt, wozu der Beschwerdeführer ohne Zweifel Hilfe geleistet
hat (vgl. auch BGE 110 Ib 173 E. 5b S. 1181 f.). Der Tatbestand der
ungetreuen Geschäftsführung fällt bei Zahlungen an Angestellte im privaten
Geschäftsverkehr nur dann ausser Betracht, wenn sich diese nicht schädigend
auf das Vermögen des Geschäftsherrn auswirken, was etwa dann der Fall ist,
wenn die Zahlung als Schenkung erst nach Geschäftsabschluss erfolgt und
auf diesen keinen Einfluss gehabt hat (vgl. Parallelfall 6S.711/2000 vom
8. Januar 2003).

    Was der Beschwerdeführer hiegegen einwendet, führt zu keinem anderen
Ergebnis. Dass sich die Vereinbarung auf den Preis der Aktien ausgewirkt
hat, trifft nicht zu. Denn A. hat die Titel an der Börse zum aktuellen
Börsenpreis erstanden, auf dessen Entwicklung er keinen unmittelbaren
Einfluss hatte. Entsprechend lässt sich die Schwarzzahlung auch nicht
als eine Art Rabatt verstehen, der zivilrechtlich im Hinblick auf eine
korrekte Preisgestaltung hätte an die Kunden weitergeleitet werden
müssen (vgl. ANDREAS VON PLANTA, Basler Kommentar, Obligationenrecht I,
2. Aufl., Art. 433 OR N. 3). Es mag zutreffen, dass er bereit gewesen
wäre, den Preis der Titel zu senken, um deren Verkauf zu fördern. A. hat
die Titel aber, wie ausgeführt, an der Börse erworben. Die Täter haben
somit in diesem Anklagepunkt nicht einen verdeckten Aufschlag auf
dem ursprünglich offerierten Preis vereinbart, der sich unmittelbar
auf die Vermögensinteressen der Kunden ausgewirkt hätte. Fragen könnte
sich höchstens, ob A., indem er die Titel an der Börse und nicht direkt
beim Beschwerdeführer bzw. der von ihm beauftragten Abwicklungsbank zum
günstigeren Platzierungspreis erwarb, nicht auch die Vermögensinteressen
der Bankkunden verletzte. Wie es sich damit im Einzelnen verhält,
muss hier aber nicht geprüft werden, da der Beschwerdeführer nicht
deswegen verurteilt wurde. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt
als unbegründet.

    4.2  Die an A. geleistete Schwarzzahlung bestand neben der Kommission
des Beschwerdeführers aus einem Differenzbetrag beim Kaufpreis, der sich
nach den Erwägungen der Vorinstanz daraus ergab, dass bei einem Teil der
Aktien ein schlechterer Kurs als der ursprünglich offerierte in Rechnung
gestellt wurde. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, es liege dieselbe
Konstellation vor wie bei Kursschnittgeschäften, bei denen den Kunden
Preise berechnet werden, die über denjenigen liegen, welche die Bank
effektiv bezahlt. Das trifft bei der hier zu beurteilenden Konstellation
nicht zu. Die Alpha Bank kaufte die Aktien der Hanover Gold direkt über
ihre Broker an der Börse zu marktkonformen Preisen zwischen USD 3.25
und 3.75 pro Stück. Der Platzierungspreis der E. AG lag demgegenüber
bei USD 3.-, zu welchem Preis A. die Aktien hätte kaufen können, wenn er
sie wie bei früheren Geschäften mit der E. AG von deren Abwicklungsbank
erworben hätte. Den Kunden wurden somit die offiziellen Marktpreise in
Rechnung gestellt. Der Beschwerdeführer führt denn auch selbst aus, die
Alpha Bank habe die Aktien der Hanover Gold an der Börse erworben und
zwar 10'000 Titel zum Preis von USD 3.25, 90'000 Titel zu USD 3.50 und
400'000 Titel zu USD 3.75. Was er somit zusätzlich zu seiner Kommission
an A. weiterleitete, waren keine betrügerisch erlangten Beträge, sondern
lediglich die Differenz zwischen dem Kurs von USD 3.25 und den höheren
Börsenkursen. Der Beschwerdeführer hat auch insofern auf einen Teil
seines Gewinns verzichtet. Das ergibt sich deutlicher als im angefochtenen
Urteil aus der Anklageschrift, welche ausführt, der Beschwerdeführer habe
"seinen Gewinnanteil von 10% (bezogen auf den Bezugspreis von USD 3.25)
zuzüglich den diesen Kurs von USD 3.25 übersteigenden Teil des Preises"
an A. vergütet. Die Täter haben in diesem Anklagepunkt den Kunden
somit keine überhöhten Preise verrechnet. Letztere sind daher insofern
auch nicht geschädigt. Der an A. überwiesenen Kaufpreisdifferenz kommt
derselbe Charakter zu wie der Erstattung der Kommission. Was zu dieser
ausgeführt wurde (oben E. 4.1), gilt im selben Masse auch hier. Was
der Beschwerdeführer im Weiteren hiegegen einwendet, geht an der Sache
vorbei. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.